geschichte der migration in tirol · brasilien aus. der ehemalige landwirtschaftsminister andreas...
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www.imz-tirol.at
Migration, verstanden als jede Form von Zu- und Abwanderung, ist immer eng verbunden mit der
wirtschaftlichen und politischen Entwicklung eines Landes.
Auch in Tirol ist Migration kein neues Phänomen, sondern Teil der Tiroler Geschichte.
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IM 15. UND 16. JAHRHUNDERT ...
... war Tirol internationales Zentrum des Bergbaus. In Schwaz, Rattenberg und Kitzbühel wurden Kupfer und Silberabgebaut, in Hall Salz. Dadurch wurde Tirol zu einer der damals reichsten Regionen Europas.
15. JH 16. JH
Mittelalter
Silberbergwerk, Schwazer Bergbuch
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EIN BEISPIEL: DIE STADT SCHWAZ …
... war um das Jahr 1500 mit 20.000 EinwohnerInnen der zweitgrößte Ort Österreichs.
... Ca. 8.000 - 9.000 Menschen arbeiteten in den Minen.
... Tirol war dünn besiedelt, und die Nachfrage nach Arbeitskräften war groß: Knappen kamen aus anderen Gebieten,vermutlich vor allem aus Sachsen und der Steiermark, sowie aus Spanien, Norwegen und England.
... Als Ende des 16. Jahrhunderts die Erzvorkommen geringer werden, vor allem aber mit der „Entdeckung“ Amerikasund der großen Silberminen von Potosi und Oruro verschwinden auch die Arbeitsplätze wieder.
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1492: Entdeckung Amerikas
Bergbauzentrum Schwaz 20.000 Einwohner
Mittelalter
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17. JH - EMIGRATION NACH DEM 30JÄHRIGEN KRIEG / Wanderhandwerker ...
... Nach Ende des 3ojährigen Kriegs war die wirtschaftliche Lage katastrophal.Es gab wenig Arbeit, viele Tiroler emigrierten als Bauhandwerker ins Rheinland, nach Schwaben, Hessen,Ostpreußen, Belgien, nach Böhmen und Mähren und in die Niederlande.Dort gab es in der beginnenden Barockzeit mit ihren vielen Kirchen, Klöstern und Residenzbauten großeNachfrage nach guten Handwerkern. Im Jahr 1699 waren z.B. aus dem Lechtal (geschätzte Einwohnerzahl:1600) 644 Bau- und Zimmerhandwerker saisonal unterwegs.
... Die meisten dieser Handwerker waren auch Bauern, aber durch die Tiroler Tradition, den Hof auf alle Kinderaufzuteilen, waren viele Bauernhöfe unrentabel geworden. Während die Frauen die oft schwierig zubewirtschaftendenen Höfe führten, verdienten die Männer als Handwerker im Ausland ihr Geld.Diese Wanderung von Tiroler Handwerkern kann bis ins 19. Jahrhundert beobachtet werden.
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1618 – 1648: 30jähriger Krieg
1492: Entdeckung Amerikas
Mittelalter
Bergbauzentrum Schwaz 20.000 Einwohner
mehr als 1/3 der Lechtaler auf Wanderschaft
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DIE SCHWABENKINDER
... waren 7- 15jährige Kinder aus großen (vor allem Bauern-) Familien aus Tirol und Vorarlberg, die im 18. und 19.
Jahrhundert als Viehhirten, Kindermädchen und Hilfskräfte in Schwaben arbeiteten.
Hütekinder in Ravensburg oder FriedrichshafenFoto: Peter Scherer (1857 - 1857)
... Bis zum Bau der Eisenbahnlinie legten sie den Weg dorthin zu Fuß zurück, in sogenannten Kindermärkten wurden sie an ihre Arbeitgeber vermittelt. Die Kinder blieben von März bis November in Schwaben.
... 1840 wurde die Zahl der Schwabenkinder aufgrund einsetzender Kritik weniger, aber erst mit Beginn des 2. Weltkriegs endete das „Schwabengehen“ vollständig.
... Die Kindermärkte wurden 1915 abgeschafft, das Schwabengehen nahm jedoch erst 1921 rapide ab, nachdem in Württemberg die Schulpflicht auch für ausländische Kinder eingeführt wurde.
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Schwaben-kinder
1618 – 1648: 30jähriger Krieg
1492: Entdeckung Amerikas
Mittelalter 1618 – 1648: 30jähriger Krieg
Bergbauzentrum Schwaz 20.000 Einwohner
mehr als 1/3 der Lechtaler auf Wanderschaft
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MITTE DES 19. JH …
... stieg in Tirol die Nachfrage nach Arbeitskräften wieder an: Straßen und Schienennetze wurden gebaut(Arlbergbahn), aufkommende Industriezentren wie die Textilwerke in Landeck, Ziegelfabriken und Glashüttenbrachten Arbeitsplätze. Vor allem aus Norditalien kamen viele ArbeiterInnen. Zur gleichen Zeit wanderten vieleTirolerInnen in die USA und nach Kanada aus.
... Zwischen 1867 und 1913 wanderten mindestens 5 Millionen Menschen aus Österreich-Ungarn aus, mindestens 50%davon aus der österreichischen Reichshälfte.
... Etwa ein Drittel der Auswanderer kehrte später nach Österreich-Ungarn zurück.
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Zu- und Ab-wanderung
1618 – 1648: 30jähriger Krieg
1492: Entdeckung Amerikas
Mittelalter 1618 – 1648: 30jähriger Krieg
Frühe Industrialisierung
Schwaben-kinder
Bergbauzentrum Schwaz 20.000 Einwohner
mehr als 1/3 der Lechtaler auf Wanderschaft
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IM 20. JH.
… Zwischen 1933 und 1938 wanderten ca. 700 verschuldete Tiroler Bauern, vor allem aus der Wildschönau, nachBrasilien aus. Der ehemalige Landwirtschaftsminister AndreasThaler (früherer Vorsitzender des Antisemitenbundes) leitete dieGründung der Kolonie Dreizehnlinden, die bis heute besteht.
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Drei-zehnlinden
Die Bauernsiedlung Dreizehnlinden in Brasilien, Foto der 30er Jahre© Copyright Österreichisches Institut für Zeitgeschichte, Wien - Bildarchiv.
1618 – 1648: 30jähriger Krieg
1492: Entdeckung Amerikas
Mittelalter 1618 – 1648: 30jähriger Krieg
Frühe Industrialisierung 1914 – 18: 1. Weltkrieg1938 – 45: 2. Weltkrieg
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Zu- und Ab-wanderung
Schwaben-kinder
Bergbauzentrum Schwaz 20.000 Einwohner
mehr als 1/3 der Lechtaler auf Wanderschaft
20. JH
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1938 - 1945: Holocaust
... Nach dem Anschluss Österreichs wurde die jüdischeBevölkerung von den Nationalsozialistensystematisch vertrieben. Zwischen März 1938 undNovember 1941 mussten ca. 128.500 Jüdinnen undJuden emigrieren. Auch Ehepartner von Jüdinnenund Juden, verfemte KünstlerInnen, PolitikerInnenund Intellektuelle waren unter den Vertriebenen.
... Von 585 Personen, die in Tirol unter die NürnbergerRassengesetze fielen und deshalb verfolgt wurden,wurden zwischen 1938 und 1945 279zwangsumgesiedelt. 267 Personen flohen, 137wurden in KZs verschleppt. 185 Personen wurdenermordet. Anichstrasse 7 - Möbelfabrik Michael Brüll, 1938
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1618 – 1648: 30jähriger Krieg
1492: Entdeckung Amerikas
Mittelalter 1618 – 1648: 30jähriger Krieg
Frühe Industrialisierung 1914 – 18: 1. Weltkrieg1938 – 45: 2. Weltkrieg
Drei-zehnlinden
Zu- und Ab-wanderung
Schwaben-kinder
Bergbauzentrum Schwaz 20.000 Einwohner
mehr als 1/3 der Lechtaler auf Wanderschaft
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NACH DEM 2. WELTKRIEG
... gingen viele TirolerInnen in die Schweiz, um dort saisonal als Kindermädchen, Haushaltshilfen oder in derLandwirtschaft zu arbeiten.
... Anfang der 1960er Jahre, mit einsetzender Hochkonjunktur, stieg die Nachfrage nach Arbeitskräften wieder. Österreichschloss 1964 ein Anwerbeabkommen mit der Türkei, 1966 eines mit Jugoslawien. Die Wirtschaftskammer errichtetein Istanbul und Belgrad Anwerbestellen und holt Arbeitskräfte nach Österreich. Die Gastarbeiter sollen einige Jahrearbeiten, dann in ihre Heimatländer zurückkehren und bei schlechter Wirtschaftslage abgeschoben werden.
... Während 1963 2744 ausländische Arbeitnehmer in Tirol tätig waren, stieg die Zahl bis 1973 auf 19.800.
... Die Öl- und Wirtschaftskrise führte 1973 zu einem Anwerbestopp, es wurden keine neuen Arbeiter mehr aufgenommen.Der Familiennachzug setzte ein.
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Drei-zehnlinden Holocaust
Anwerbe-abkommen
Ölkrise - Anwerbestopp
1618 – 1648: 30jähriger Krieg
1492: Entdeckung Amerikas
Mittelalter 1618 – 1648: 30jähriger Krieg
Frühe Industrialisierung 1914 – 18: 1. Weltkrieg1938 – 45: 2. Weltkrieg
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FLUCHT NACH ÖSTERREICH ...nach Ende des 2. Weltkriegs kam es zu vier großen Fluchtbewegungen nach Österreich: 1956 aus Ungarn nach der
Niederschlagung des Volksaufstandes; 1986 aus der Tschechoslowakei nach dem Einmarsch russischer Truppen,die den Prager Frühling zu beendeten, 1981/82 aus Polen, nachdem dort das Kriegsrecht verhängt wurde, und1991 nach dem Beginn des Jugoslawienkriegs.
SEIT 1990 …...Der bisherigen Hilfsbereitschaft gegenüber Flüchtlingen (besonders jenen aus kommunistischen Staaten) stand ein
Zunehmen von Fremdenfeindlichkeit und Vorurteile gegenüber, das politisch instrumentalisiert wurde. 1993 initiiertedie FPÖ das so genannte „Ausländervolksbegehren“, das über 400.000 Unterschriften bekam. Gleichzeitig de-monstrierten 200.000 Personen in Wien am Heldenplatz beim „Lichtermeer“ gegen Fremdenfeindlichkeit.
...führen die Balkankriege und der Fall der Eisernen Mauer zu einer Neuregelung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes,es werden Quoten und Obergrenzen eingeführt. Bei der Integrationspolitik gibt es keine Änderung.
... Inzwischen zählen die österreichischen Gesetze, die Niederlassung und Aufenthalt regeln, zu den strengsten Europas
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Drei-zehnlinden Holocaust Anwerbe-
abkommenÖlkrise - Anwerbestopp
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Quellen
Quellen: (die mit BIM gekennzeichneten Werke können in der Bibliothek für Integration und Migration in Tirol unterder jeweils angeführten Signatur ausgeliehen werden. Siehe www.imz-tirol.at/de/bibliothek)
Neyer, Gerda. „Auswanderungen aus Österreich. Ein Streifzug durch die „andere Seite“ der österreichischenMigrationsgeschichte von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart.“
Gaismair-Jahrbuch 2006. Studienverlag: Innsbruck, 2005.[BIM: ALL/Schr]
Palme, Rudolf. „Hauptströmungen der gewerblichen Migration in Nordtirol vom Spätmittelalter bis zur Jetztzeit.“Gewerbliche Migration im Alpenraum. Athesia: Bozen, 1994.
Perchinig, Bernhard.“Migrationsgeschichte Europas“. Powerpointpräsentation.„Juden als Minderheit in Tirol vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Workshop zu Einsatz neuer Forschung im
Unterricht.“ Materialien zur Fortbildungsveranstaltung am 8. März 2003 am Grillhof.Stöger, Peter. Eingegrenzt und Ausgegrenzt. Tirol und das Fremde. Peter Lang Verlag: Frankfurt, 1998.
[BIM: KSR/Stö]
Links: www.mediathek.at//virtuelles-museum/Auslaendervolksbegehren_92/1992/1992_1/Seite_63_63.htm
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