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Post on 18-Sep-2018
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SE: Verdichtete Erfahrung. Literatur als Laboratorium des Sprachunterrichts, SoSe 2017
LV-Leitung: Dr. Tobias Heinrich
Mathias Henning 09607513, Constanze Guczogi 01201633
Didaktisierung zu Thomas Bernhard: „Alte Meister“
Workshop zum Thema: Beschwerdebrief und Hassposting
Der Workshop findet innerhalb einer Woche statt, in der die Themen Beschwerdebrief/Reklamation/Anfrage zwecks Prüfungsvorbereitung zum ÖSD/Goethe Zertifikat/Telc B2 behandelt und geübt werden. Der Workshop dient zur kultur-, sprach- und literaturreflexiven Vertiefung dieses Themas.
Zielgruppe: Erwachsene, privatwirtschaftliches Institut, Fach-, Berufs-, Wirtschaftssprache (B2-C2), Notwendigkeit eine Prüfung über die Niveaustufen B2 bzw. C1 abzulegen, besteht bei manchen, aber nicht allen TeilnehmerInnen.
Textstellen:
Thomas Bernhard, Alte Meister, Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008, S. 11 – 12, 146 – 148, 152 – 153
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1. Einheit
Grobziel:
Gewinnen von Einsichten bezüglich literarischer Kontexte zu den Themen Beschwerdeführung und Hassposting.
Feinziele:
· Gewinnen der Erkenntnis, dass Hasspostings kein neues Phänomen des „Internetzeitalters“ sind, sondern eine Transformation historischer und literarischer, psychologischer und sozialer Prototypen und Schemata in ein neues Medium.
· Literarische Formen von Beschwerdeführung und Hass reflektieren können und Analogien zu Hasspostings und Beschwerdebriefen finden können.
· Übertreibung/Hyperbel, Graduierung und Modulation als literarische Stilmittel reflektieren und ihre Übertragung in die gegenwärtige Sprache/Pragmatik analysieren.
Einheit: (45 Min.)
· Die Studierenden werden angeleitet, die Textausschnitte aus „Alte Meister“ von
Thomas Bernhard zu lesen.
· Sie sollen sich einzeln über folgende Fragen Gedanken machen: o Empfinden Sie den Textausschnitt als einen Ausdruck von Klage, Beschwerde
oder Hass? Oder als Ausdruck von etwas anderem? Sind Ihnen solche Ausdrücke und Redemittel schon irgendwo begegnet?
· Sie sollen nach 5 Minuten eine Kleingruppe zu 3-5 Personen bilden und folgende Aufgabe bewältigen:
o Diskutieren Sie Ihre Erkenntnisse. Suchen Sie im Text sprachliche Analogien zu Hasspostings und Beschwerdebriefen. Notieren Sie Ihre Ergebnisse und präsentieren Sie diese nach 15 Minuten im Plenum.
· Die Lehrperson teil nun ein Arbeitsblatt mit Beispielen für die sprachlichen Mittel Übertreibung, Graduierung und Modulation aus.
· Die Studierenden sollen die sprachlichen Mittel gemeinsam mit ihrer LP analysieren. (15 Min.)
· Anschließend werden sie angeleitet mit ihren SitznachbarInnen ein Team zu bilden und folgende Fragen auszuarbeiten:
o Finden Sie eigene Beispiele für Graduierung, Übertreibung und Modulation, welche Analogien zum Bernhard Text aufweisen! Präzisieren Sie dies. Kann Modulation schriftlich eingesetzt werden? Kommen Graduierungen in Hasspostings vor? Kann eine Hyperbel/Übertreibung auch rhetorischer Stil sein?
o Präsentieren Sie Ihre Ergebnisse im Plenum. (20 Min.)
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2. Einheit
Grobziel:
Ausbau der Fähigkeit über Stereotypen und Perspektiven in Bezug auf Heimat und Staat zu reflektieren.
Feinziele:
· Gewinnen der Erkenntnis, dass die eigene Heimat gehasst und beschimpft werden kann.
· Klärung, ob dies legitim sein kann.
· Klärung der Differenz zwischen Satire und Ernst.
· Klärung, ob Meinungs-, Rede- und Pressefreiheit notwendigerweise geschützt werden müssen, oder ob man diese einschränken darf.
Einheit: (45 Min.- 60 Min.)
· Die Lehrperson leitet eine Abstimmung und teilt rote und grüne Karten aus. · Über folgende Fragen wird abgestimmt:
o Darf die eigene Heimat gehasst und beschimpft werden?
· Durch Lehrperson angeleitete Diskussion (15 Min.) o Muss es eine Differenz zwischen Satire und Ernst geben? o Darf man die Grenze zwischen Satire und Ernst überschreiten?
· Durch Lehrperson angeleitete Diskussion (15 Min.) o Muss Meinungs-, Rede- und Pressefreiheit notwendigerweise geschützt werden?
· Durch Lehrperson angeleitete Diskussion (15 Min.)
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3. Einheit
Grobziel:
Schreiben eines Beschwerdebriefs oder einer Reklamation in ironischer und übertriebener Form zur Prüfungsvorbereitung Goethe Zertifikat B2. Schreiben eines Hasspostings in ironischer und übertriebener Form zur Dekonstruktion dieser Textsorte (Imitation des literarischen Stils Thomas Bernhards).
Feinziele:
· Verständnis für Struktur der Textsorte Beschwerdebrief vertiefen.
· Redemittel für Übertreibung/Hyperbel, Graduierung und Modulation erarbeiten. · Beschwerdebrief angemessen und Beschwerdebrief in übertriebener Form
gegenüberstellen und vergleichen.
· Hassposting diskutieren, Grenzen des Sagbaren und Unsagbaren kennenlernen.
· Position beziehen, ob man diese Aufgabe bewältigen will, wenn nein, warum nicht.
· Erfahrung machen, ob diese Textsorte Spaß macht, abschreckt, ernst zu nehmen ist. Fragen beantworten: Ist das legitim, ist es Satire? Ist es ernst und nicht legitim?
Einheit: (60 Min. – 90 Min.)
· Die LP präsentiert das Beispiel eines Beschwerdebriefs, der in einer vorhergehenden Kursstunde erarbeitet wurde und wiederholt diesen. (15 Min.)
· Die LP leitet an, einen unangemessenen und übertriebenen Beschwerdebrief zu schreiben. Dies soll in einer Partnerarbeit geschehen.
o Die Studierenden sollen sich dazu aussuchen, ob sie sich bei Amazon.com über ihre letzte Onlinebestellung eines Thomas Bernhard Buchs beschweren wollen, oder bei Airbnb über ihre letzte Wienreise.
o Der Brief soll so übertrieben wie möglich geschrieben werden. (25 Min.)
· Die Beschwerdebriefe sollen im Plenum vorgelesen werden. Es darf gelacht werden. (10 Min.)
· Die LP vergleicht den Muster-Beschwerdebrief mit den Ergebnissen. (15 Min.)
· Anschließend soll in die Kleingruppen ein Hassposting nach dem literarischen Vorbild entwickelt werden. Die Studierenden sollen zu folgenden Fragen Position beziehen:
o Wollen Sie diese Aufgabe bewältigen? Wenn ja, in welcher Art und Weise? Wenn nein, warum nicht? Was für ein Gefühl haben Sie dabei? Finden Sie es lustig, spannend? Sehen Sie es als legitimen literarischen Stil an? Ist es Satire? Ist es ernst?
o Notieren Sie Ihre Überlegungen. (10 Min.) o Präsentieren Sie Ihre Ergebnisse im Plenum und diskutieren Sie. (15 Min.)
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Arbeitsblatt zu „Alte Meister“ von Thomas Bernhard
1. Einheit – Lektüre und rhetorische Stilmittel 1. Lesen Sie die Textstellen aus „Alte Meister“ von Thomas Bernhard.
2. Machen Sie sich sich einzeln über folgende Fragen Gedanken:
· Empfinden Sie den Textausschnitt als einen Ausdruck von Klage, Beschwerde oder Hass? Oder als Ausdruck von etwas anderem? Sind Ihnen solche Ausdrücke und Redemittel schon irgendwo begegnet?
3. Bilden Sie Kleingruppen und führen Sie folgende Aufgaben aus:
· Diskutieren Sie ihre Erkenntnisse. Suchen Sie im Text sprachliche Analogien zu Hasspostings und Beschwerdebriefen. Notieren Sie ihre Ergebnisse und präsentieren Sie diese nach 15 Minuten im Plenum.
4. Analyse des Arbeitsblattes mit Beispielen für die sprachlichen Mittel Übertreibung, Graduierung und
Modulation gemeinsam mit der Lehrperson.
5. Führen Sie folgende Aufgaben in Partnerarbeit aus:
· Finden Sie eigene Beispiele für Graduierung, Übertreibung und Modulation, welche Analogien zum Bernhard Text aufweisen! Präzisieren Sie dies. Kann Modulation schriftlich eingesetzt werden? Kommen Graduierungen in Hasspostings vor? Kann eine Hyperbel/Übertreibung auch rhetorischer Stil sein?
· Präsentieren Sie Ihre Ergebnisse im Plenum.
2. Einheit – Abstimmung und Diskussion
· Darf die eigene Heimat gehasst und beschimpft werden? · Muss es eine Differenz zwischen Satire und Ernst geben? · Darf man die Grenze zwischen Satire und Ernst überschreiten?
· Muss Meinungs-, Rede- und Pressefreiheit notwendigerweise geschützt werden?
3. Einheit – Beschwerdebrief und Hassposting 1. Schreiben Sie in Partnerarbeit einen unangemessenen und übertriebenen Beschwerdebrief.
· Suchen Sie sich aus, ob sie sich bei Amazon.com über Ihre letzte Onlinebestellung eines
Thomas Bernhard Buchs beschweren wollen, oder bei Airbnb über Ihre letzte Wienreise.
2. Schreiben Sie den Brief so übertrieben wie möglich. Die Beschwerdebriefe werden dann im Plenum
vorgelesen. Es darf gelacht werden.
3. Entwickeln Sie in Kleingruppen ein Hassposting nach dem literarischen Vorbild. Beziehen Sie zu
folgenden Fragen Position:
· Wollen Sie diese Aufgabe bewältigen? Wenn ja, in welcher Art und Weise? Wenn nein, warum
nicht? Was für ein Gefühl haben Sie dabei? Finden Sie es lustig und spannend? Sehen Sie es
als legitimen literarischen Stil an? Ist es Satire? Ist es ernst? Notieren Sie Ihre Überlegungen.
Präsentieren Sie Ihre Ergebnisse im Plenum und diskutieren Sie.
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Literatur:
Bernhard, Thomas (2008): Alte Meister, Suhrkamp, Frankfurt
Bredella Lothar et all. (2000): Fremdverstehen mit literarischen Texten, in: Grundzüge einer Theorie und Didaktik des Fremdverstehens beim Lehren und Lernen fremder Sprachen, 133 - 163
Mittermayer, Manfred (1999): Österreich Szenen, in: Bärnthaler, Tanzer (Hg.): Fächerübergreifender Literaturunterricht, 109 – 122, Studienverlag, Innsbruck- Wien
http://www.dsh-germany.com/_downloads/certificates/telc/pdf/telc-deutsch-b2-tipps-fuer-teilnehmer.pdf
abgerufen am 28. 6. 2017
http://www.joachimschmid.ch/docs/DMtStilmitt.pdf abgerufen am 28.6. 2017
http://www.li-go.de/definitionsansicht/rhetorik/hyperbel.pdf abgerufen am 28. 6. 2017
http://mein-deutschbuch.de/adjektivgruppen.html abgerufen am 28. 6. 2017
https://de.wikipedia.org/wiki/Modulation_(Linguistik) abgerufen am 28. 6. 2017
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