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Der Markt für Kapitalanlagen - Stürmische Zeiten
Newsletter 10 / 2012
Sehr verehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser,
Jahreszeiten bedingt erleben wir in diesen Tagen die ersten Herbststürme. Die von den Blättern
entkleideten Bäume erlauben den einen oder anderen Blick, der in den letzten Monaten verborgen
war. An anderen Stellen wird hingegen heftig und kontrovers diskutiert, wie ein solcher „Durchblick“
wieder geschaffen werden kann. So stehen nach wie vor hinter verschiedenen Bestimmungen der
AIFM-Richtlinie und des Kapitalanlagegesetzbuch-Entwurfs Fragezeichen. Beispielsweise legt Art. 61
Abs. 3 der AIFM-Richtlinie fest, dass Manager, die vor dem 22.07.2013 geschlossene Fonds
verwalten, die nach diesem Datum keine zusätzlichen Anlagen tätigen, diese Fonds weiter verwalten
können. Sie bedürfen dann keiner Zulassung gem. der AIFM-Richtlinie. Eine diese Vorgabe
aufgreifende Regelung findet sich in § 321 KAGB-E. AIF-Verwaltungsgesellschaften, die
ausschließlich geschlossene inländische AIF verwalten, deren Zeichnungsfrist vor dem 22.07.2013
abgelaufen ist und die nach dem 22.07.2013 keine zusätzlichen Anlagen tätigen, bedürfen künftig
keiner Registrierung oder Erlaubnis. Was ist aber, wenn bei einem notleidenden Fonds eine
Kapitalerhöhung durchgeführt wird? Was ist, wenn sich für einen voll investierten Fonds eine gute
Verkaufsmöglichkeit ergibt und die Anleger beschließen, das Geld neu zu investieren? Was ist mit
Ansparfonds, bei denen die Anleger schon vor dem 22.07.2013 zur Gänze beigetreten sind, aber nach
dem 22.07.2013 noch weitere Raten zu erbringen haben?
Es bleibt zu hoffen, dass hier im Rahmen des weiteren Gesetzgebungsverfahrens schnell für Klarheit
und sinnvolle Übergangslösungen gesorgt wird.
Die Rechtsprechung deutscher Gerichte steht dagegen auch in diesen stürmischen Zeiten so fest wie
der Fels in der Brandung. Der BGH hat in den letzten Wochen neue Grundsätze zur Haftung im
Konzernverbund für fehlerhafte Prospekte aufgestellt und sich mit der Frage der Haftung einer GmbH
für eine fehlerhafte Anlageberatung durch eine namensgleiche Einzelfirma befasst. Für Unternehmen,
die beim Absatz ihrer Produkte mit Handelsvertretern zusammenarbeiten, hat der BGH noch einmal
im Einzelnen den Pflichtenkatalog aufgegeben, der bei stornogefährdeten Verträgen zu beachten ist.
Wir stellen Ihnen im Rechtsprechungsspiegel diese Entscheidungen vor. Nicht minder interessant ist
die Frage, ob sich ein Versicherungsvertreter, der eine Netto-Police vermittelt und mit dem
Versicherungsnehmer eine Honorarvereinbarung trifft, unlauter verhält. Und wenn Sie in diesen
stürmischen Zeiten spezielle Fragen haben, auf die Sie in diesem Newsletter noch keine Antwort
finden, wissen Sie ja: Wir sind gerne für Sie da!
Ihre Fachkanzlei im Kapitalanlage- und Immobilienbereich
Kanzlei Klumpe, Schroeder + Partner GbR Newsletter 10 / 2012
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Unsere Themen in der Übersicht
Rechtsprechungsspiegel
• Zur Haftung im Konzernverbund für fehlerhafte Prospekte • Zur Frage der Haftung einer GmbH für eine fehlerhafte Anlageberatung durch eine
namensgleiche Einzelfirma • Zur Schutzwirkung bei Verwendung der Muster-Widerrufsbelehrung • Zur Frage, wann ein Bereicherungsanspruch des Mieters wegen Zahlung eines
Abgeltungsbetrages für nicht durchgeführte Schönheitsreparaturen verjährt • Eigenbedarfskündigung auch aus beruflichen Zwecken möglich • Grundsätzlich kein Rücktritt vom Bauvertrag bei Setzung einer Nachfrist vor Fälligkeit • Zur Frage, ob sich ein Versicherungsvertreter, der eine Netto-Police vermittelt und mit dem
Versicherungsnehmer eine Honorarvereinbarung trifft, unlauter verhält • Zur Frage, wann ein Mehrfachagent dem Kunden gegenüber als Versicherungsmakler in
Erscheinung tritt (Mehrfachagent als Pseudomakler) • Zu den Anforderungen an eine Nachbearbeitungspflicht eines Versicherers bei notleidenden
(stornogefährdeten) Versicherungsverträgen • Zur Berücksichtigung von Verlusten aus Vermietung bei Sanierung einer leer stehenden
Wohnung und anschließender Selbstnutzung Kurz und bündig
• Family Office und AIFM-Richtlinie • Kausalitätsvermutung bei Verletzung einer Aufklärungspflicht auch bei mehreren
Handlungsalternativen des Anlegers (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung) • Haftung des GmbH-Geschäftsführers wegen Zahlung trotz Insolvenzreife - Pflicht zur
Überprüfung der wirtschaftlichen Lage bei krisenhaften Anzeigen • Die Verwaltung alternativer Investmentvermögen nach dem KAGB-E • Auswirkungen der AIFM-Richtlinie auf geschlossene Fonds • PIB: Ein neues Risiko im Rahmen der Prospekthaftung? • Nachschusspflicht bei geschlossenen Immobilienfonds • Zur Frage der Wirksamkeit von Klauseln in der Lebens- und Rentenversicherung betreffend
Abschlusskosten, Stornoabzüge und anderes - Anmerkungen von Präve zum BGH-Urteil vom 25.07.2012, IV ZR 201/10
• Prospektpflicht von Bezugsrechtsemissionen • Zur Neufassung des KapMuG und zur Verjährungshemmung bei
Prospekthaftungsansprüchen • Zur Aufrechnung der Treugeber-Anleger in Publikums-oHG gegen Freistellungsanspruch des
Treuhandgesellschafters
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RECHTSPRECHUNGSSPIEGEL
Zur Haftung im Konzernverbund für fehlerhafte Prosp ekte (BGH, Urt. v. 18.09.2012, XI ZR
344/11)
Sachverhalt
Die Wohnungsbau Leipzig-West AG (nachfolgend: Emittentin) legte in den Jahren 1999 bis 2006
insgesamt 25 Inhaberschuldverschreibungen ohne Börsenzulassung auf. Dazu gehörte auch eine mit
einem Prospekt „ausgewogene Konditionen“ beworbene Anleihe. Eine solche erwarb der klagende
Anleger im April 2005. Er nimmt mit der Begründung, der Emissionsprospekt sei unvollständig, den
Mehrheitsaktionär der Emittentin persönlich in Anspruch. Dieser sei wegen eines Gewinnabführungs-
und Beherrschungsvertrages herrschender Unternehmer. Unstreitig erfolgten hohe Zahlungen von der
Emittentin an den beklagten Mehrheitsaktionär.
Entscheidung
Das Gericht geht zunächst der Frage nach, ob der Prospekt „ausgewogene Konditionen“ fehlerhaft ist.
Bejaht wird eine Unvollständigkeit, weil aus dem Prospekt nicht ersichtlich ist, dass der
Mehrheitsaktionär als Begünstigter des Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrages dem
Vorstand der Emittentin nachteilige Weisungen erteilen konnte. Die Möglichkeit, dass derartige
nachteilige Weisungen durch eine beherrschende Konzern-Muttergesellschaft an eine beherrschte
Konzern-Tochtergesellschaft erteilt werden, und die damit verbundene erhöhte Gefahr für an die
Konzern-Tochtergesellschaft gezahlte Anlegergelder, bei Fälligkeit keine Rückzahlung leisten zu
können, ist ein Umstand, der richtig und vollständig in einem Wertpapierverkaufsprospekt darzustellen
ist. Hier wendet sich der Emissionsprospekt ausdrücklich auch an das unkundige und
börsenunerfahrene Publikum. An den Fähigkeiten und Erkenntnismöglichkeiten des angesprochenen
Adressatenkreises bestimmt sich, welche Maßstäbe an Inhalt und Verständlichkeit eines Prospektes
anzulegen sind.
Im zweiten Schritt geht das Gericht der Frage nach, ob der Mehrheitsaktionär für den fehlerhaften
Prospekt auch verantwortlich ist. Prospektveranlasser gem. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BörsG in der
zwischen Juli 2002 und Oktober 2007 geltenden Fassung sind Personen, die ein eigenes
wirtschaftliches Interesse an der Emission der Wertpapiere haben und darauf hinwirken, dass ein
unrichtiger oder unvollständiger Prospekt veröffentlicht wird. Es gehe darum - so das Gericht weiter -
mit dieser Regelung eine Lücke bei den Haftungsverpflichteten zu schließen. Insbesondere sollen
auch Konzern-Muttergesellschaften in die Haftung einbezogen werden, wenn eine Konzern-
Tochtergesellschaft Wertpapiere emittiert.
Der Mehrheitsaktionär hatte als unmittelbar Begünstigter des Gewinnabführungs- und
Beherrschungsvertrages ein erhebliches wirtschaftliches Eigeninteresse an der Einwerbung weiterer
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Anlegergelder. Er hatte durch Erteilung von Weisungen zu Zahlungsflüssen auch tatsächlich in das
Geschäft der Emittentin eingegriffen. Das Gericht bejahte deshalb eine Schadenersatzpflicht des
Mehrheitsaktionärs.
Fazit
Nach § 44 BörsG kann der Erwerber von Wertpapieren von denjenigen, die für den Prospekt die
Verantwortung übernommen haben und von denjenigen, von denen der Erlass des Prospektes
ausgeht, die Übernahme der Wertpapiere gegen Erstattung des Erwerbspreises verlangen, wenn der
Wertpapierprospekt unrichtig oder unvollständig ist. Nach § 13 VerkProspG gilt diese Vorschrift für die
Haftung bei einem fehlerhaften Prospekt gem. § 13 VerkProspG a.F. entsprechend. Die
Schutzbedürftigkeit des Anlegers ist dieselbe wie in den Fällen, in denen der BGH die persönliche
Prospektverantwortung und Haftung von Hintermännern bejaht hat.
§ § §
Zur Frage der Haftung einer GmbH für eine fehlerhaf te Anlageberatung durch eine
namensgleiche Einzelfirma (BGH, Urt. v. 05.07.2012, III ZR 116/11)
Sachverhalt (vereinfacht)
Eine Anlegerin beteiligte sich als atypisch stille Gesellschafterin an einer AG. Sie leistete eine
Einmalanlage und sollte des Weiteren monatliche Raten erbringen. Die Beteiligung hatte ein
Anlageberater empfohlen. Es war strittig, ob dieser Anlageberater im eigenen Namen aufgetreten ist
oder als Mitarbeiter einer Einzelfirma mit deren Vertretungsbefugnis. Neben der Einzelfirma wurde
eine GmbH gegründet. Zwischen der Einzelfirma und der GmbH bestand Namensgleichheit. Die
Anlegerin forderte von der GmbH Schadenersatz unter den Gesichtspunkten der Firmenfortführung
der Einzelfirma und Rechtsscheingesichtspunkten. Der Anlageberater hatte Visitenkarten, die das
Logo und den Namen der Einzelfirma trugen. Im Zeichnungsschein ist in der Rubrik „Vermittler“ die
Einzelfirma angegeben. Der Anlageberater hatte in seiner Befragung als Zeuge des Weiteren
angegeben, sowohl für die Einzelfirma als auch für die GmbH tätig gewesen zu sein.
Entscheidung
Der BGH hält eine Haftung der GmbH für denkbar. In Betracht kommt eine Haftung unter dem
Gesichtspunkt der Duldungs- und Einstandsvollmacht sowie eine Haftung nach § 25 Abs. 1 Satz 1
HGB unter dem Gesichtspunkt der Firmenfortführung.
Von einer Unternehmensfortführung geht der maßgebliche Rechtsverkehr aus, wenn ein Betrieb von
einem neuen Inhaber in seinem wesentlichen Bestand unverändert weitergeführt wird, der
Tätigkeitsbereich, die innere Organisation und die Räumlichkeiten ebenso wie die Kunden- und
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Lieferantenbeziehungen jedenfalls im Kern beibehalten und/oder Teile des Personals übernommen
werden.
Unerheblich ist dabei die Hinzufügung oder Weglassung eines auf eine Gesellschaftsform deutenden
Zusatzes. Der Anwendungsbereich für eine Haftung unter dem Gesichtspunkt der Firmenfortführung
wird auch eröffnet, wenn eine sukzessiv erfolgende Unternehmensübernahme vorliegt, also zeitweilig
Alt- und Neu-Unternehmen nebeneinander existieren. Hier sprachen zahlreiche Indizien für eine
Firmenfortführung der Einzelfirma durch die GmbH. Das Betätigungsfeld beider Firmen war identisch,
ferner die Firmierung, das Firmenlog, der Geschäftssitz, Telefon- und Telefaxnummer sowie auch die
Selbstdarstellung der GmbH, die im Internet eine 20 Jahre zurückreichende Unternehmensgeschichte
schilderte. Dies spricht für eine nach außen in Erscheinung getretene Unternehmenskontinuität. Dass
in der Firma der Zusatz „GmbH“ geführt wurde, sah das Gericht insoweit als belanglos an.
Sodann ging es noch um die Frage, ob der Anlageberater in eigenem Namen oder für die zum
Zeitpunkt der Zeichnung existente Einzelfirma gehandelt hat. Aufgrund der Visitenkarte und der
Angabe im Zeichnungsschein sowie auch der Einladung der Anlegerin zu einer
Informationsveranstaltung der Einzelfirma lag es nahe, von einem Handeln des Beraters für die
Einzelfirma auszugehen. In Betracht kommt ein Handeln als Vertretet sowohl unter den
Gesichtspunkten der Duldungs- als auch der Anscheinsvollmacht. Des Weiteren hatte der
Anlageberater als Zeuge ausgesagt, für beide Gesellschaften tätig gewesen zu sein (sowohl für die
Einzelfirma als auch für die GmbH).
Da noch Feststellungen tatsächlicher Art zu treffen waren, hob der BGH das die Klage abweisende
Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurück.
Fazit
Für die Frage, ob jemand im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten handelt, kommt es
darauf an, wie der Erklärungsempfänger die Erklärungen und das Gesamtverhalten der handelnden
Person verstehen und werten durfte. Entscheidend ist die objektivierte Empfängersicht. Diese Punkte
sprachen für ein Handeln des Beraters als Bevollmächtigter der damals (nur) existenten Einzelfirma.
Im konkreten Fall gab es auch zahlreiche Indizien dafür, dass die GmbH den wesentlichen Kern des
Geschäftsfeldes der Einzelfirma übernommen hatte. Der Gründer der GmbH versuchte offensichtlich
wieder einmal die Quadratur des Kreises. Einerseits wollte er die GmbH von Altlasten freihalten.
Andererseits warb er mit einer 20-jährigen Unternehmensgeschichte.
§ § §
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Zur Schutzwirkung bei Verwendung der Muster-Widerru fsbelehrung (BGH, Urt. v. 15.08.2012,
VIII ZR 378/11)
Sachverhalt
Eine Leasinggesellschaft stritt mit ihrem Leasingnehmer über die Zahlung von Leasingraten und
Schadenersatz. Die Parteien hatten einen Leasingvertrag abgeschlossen. Er enthielt Regelungen für
rückständige Leasingraten, Restwertausgleich sowie Sicherstellungskosten im Falle des
Zahlungsverzugs.
Der Leasingantrag enthielt auf einer gesonderten Seite eine vom Leasingnehmer unterzeichnete
Widerrufsbelehrung. Sie stimmte mit dem Muster gem. Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB-InfoV inhaltlich
überein. Nachdem die Leasinggesellschaft das Fahrzeug wegen Zahlungsrückständen sichergestellt
hatte und verwertet hatte, widerrief der Leasingnehmer seine Vertragserklärung. Er berief sich darauf,
dass er nach wie vor zum Widerruf berechtigt sei. Die Leasinggesellschaft könne sich nicht darauf
berufen, die Muster-Widerrufsbelehrung verwandt zu haben. Diese sei ihrerseits fehlerhaft.
Entscheidung
Das Begehren der Leasinggesellschaft war gerechtfertigt, wenn der Leasingnehmer nicht mehr zum
Widerruf berechtigt war. Der BGH beanstandete zwar die Widerrufsbelehrung, die dem
Deutlichkeitsgebot, welches § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. forderte, nicht genüge. Eine Belehrung, die
sich hinsichtlich des Beginns der Widerrufsfrist auf die Aussage beschränke, dass die Frist frühestens
mit Erhalt dieser Belehrung beginnt, sei nicht in der erforderlichen Weise eindeutig und umfassend.
Dennoch führt dieser Mangel nicht dazu, dass ein Vertragspartner wegen nicht ordnungsgemäßer
Belehrung sein Widerrufsrecht unbegrenzt ausüben könne. Verwendet ein Vertragspartner für seine
Widerrufsbelehrung das Muster der BGB-InfoV in Textform, genügt er den gesetzlichen
Anforderungen. Die Gesetzlichkeitsfiktion, die der Verordnungsgeber der Musterbelehrung beigelegt
habe, werde trotz der Abweichung vom Deutlichkeitsgebot von der Ermächtigungsgrundlage des Art.
245 Nr. 1 EGBGB a.F. gedeckt.
Fazit
Bislang war es in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum umstritten, ob die Musterbelehrung
mangels hinreichender Ermächtigungsgrundlage und eines Verstoßes gegen die gesetzlichen
Belehrungsanforderungen nichtig ist. Der BGH hat entschieden, dass sich der Verwender einer
Muster-Widerrufsbelehrung auf die Schutzwirkungen des § 14 Abs. 1 BGB-InfoV berufen kann.
§ § §
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Zur Frage, wann ein Bereicherungsanspruch des Miete rs wegen Zahlung eines
Abgeltungsbetrages für nicht durchgeführte Schönhei tsreparaturen verjährt (BGH, Urt. v.
20.06.2012, VIII ZR 12/12)
Sachverhalt
Im Mietvertrag einer Genossenschaftswohnung aus dem Jahr 1980 war geregelt, dass der Mieter
nach einem Fristenplan zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet ist und er nicht ohne
Zustimmung der Genossenschaft von der bisherigen Ausführungsart abweichen darf.
Im Juli 2007 untersagte die Genossenschaft als Vermieterin dem Mieter wegen in der Wohnung
anstehender Modernisierungsarbeiten die Durchführung der Schönheitsreparaturen. Stattdessen
forderte sie einen Ausgleichsbetrag in Höhe von über 7.000,00 €. Diesen Betrag zahlte der Mieter im
August 2007. Das Mietverhältnis endete am 31.08.2007. Mit Schreiben vom November und Dezember
2009 forderte der frühere Mieter den früheren Vermieter erfolglos zur Rückzahlung des
Ausgleichsbetrages auf. Im April 2010 erhob er Klage.
Entscheidung
Die Schönheitsreparaturklausel im Mietvertrag war unwirksam. Der Mieter war deshalb weder zur
Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet noch zur Zahlung eines Abgeltungsbetrages.
Gleichwohl war die Forderung nach Erhebung der Einrede der Verjährung zurückzuweisen. Sämtliche
Ansprüche, die ein Mieter wegen der Durchführung von Schönheitsreparaturen gegen den Vermieter
hat, unterliegen der kurzen 6-monatigen Verjährung nach § 548 Abs. 2 BGB. Auch Ansprüche aus
ungerechtfertigter Bereicherung sind hierin eingeschlossen. Bei Einreichung der Klage im April 2010
war diese 6-Monatsfrist längst abgelaufen.
Fazit
Die Verjährungsfrist von 6 Monaten umfasst nicht nur ohne Rechtsgrund erbrachte Malerarbeiten des
Mieters, deren Kosten er erstattet, sondern auch zu Unrecht geleistete Abgeltungszahlungen.
§ § §
Eigenbedarfskündigung auch aus beruflichen Zwecken möglich (BGH, Urt. v. 26.09.2012, VIII ZR
330/11)
Sachverhalt
Der Vermieter ist Eigentümer einer Wohnung in Berlin, die er vermietet hat. Er selbst wohnt in einer
anderen ihm gehörenden Wohnung im selben Objekt. Mit Hinweis darauf, dass seine Ehefrau ihre
Anwaltskanzlei nach Berlin in die von den Mietern gemietete Wohnung verlegen möchte, kündigte er
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das Wohnraummietverhältnis wegen Eigenbedarfs. Die Mieter halten die Kündigung für unwirksam, da
sie zu rein beruflichen Zwecken erfolgt sei. Außerdem machen sie Härtegründe geltend.
Entscheidung
Nachdem die Gerichte erster und zweiter Instanz die Räumungsklage des Vermieters abgewiesen
hatten, hob der BGH diese Entscheidung auf. Auch dann, wenn ein Vermieter eine vermietete
Wohnung ausschließlich für seine berufliche Tätigkeit oder die berufliche Tätigkeit eines
Familienangehörigen nutzen will, kann ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des
Mietverhältnisses vorliegen. Die verfassungsrechtlich geschützte Berufsfreiheit ist nicht geringer zu
bewerten als der gesetzlich geregelte Eigenbedarf des Vermieters zu Wohnzwecken. Da das
Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat, ob Härtegründe des Mieters vorliegen, die höher
zu bewerten sind als das berechtigte Interesse des Vermieters an der Beendigung des
Mietverhältnisses, verwies der BGH den Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung an das
Berufungsgericht zurück.
Fazit
Auch wenn eine Mietwohnung für berufliche Zwecke des Vermieters oder eines nahen
Familienangehörigen benötigt wird, kann dies die Kündigung wegen Eigenbedarfs rechtfertigen. Wie
stets im Fall einer Kündigung, sind die maßgeblichen Umstände so genau wie es nur geht darzulegen.
§ § §
Grundsätzlich kein Rücktritt vom Bauvertrag bei Set zung einer Nachfrist vor Fälligkeit (BGH,
Urt. v. 14.06.2012, VII ZR 148/10)
Sachverhalt
Der Erwerber eines Grundstücks beauftragte die Grundstücksveräußerin zugleich mit der Errichtung
eines Fachmarktzentrums auf diesem Grundstück. Das Zentrum sollte bis zum 30.06.2008
bezugsfertig sein. Die Vertragsparteien vereinbarten, dass für Rücktrittsrechte die gesetzlichen
Regelungen gelten. Die Komplementärgesellschaft der Grundstücksveräußerin und Bauverpflichteten
teilte im Mai 2008 mit, dass der Übergabezeitpunkt auf den 01.09.2008 verschoben werden sollte. Mit
Schreiben vom 03.06.2008 setzte der Auftraggeber der Bauverpflichteten eine Frist zur Fertigstellung
des Fachmarktzentrums bis zum 31.07.2008. Zugleich kündigte sie für den Fall, dass die gesetzte
Frist fruchtlos verstreiche, an, vom Vertrag zurücktreten zu wollen. Nachdem am 31.07.2008 keine
Bezugsfertigkeit gegeben war, erklärte die Auftraggeberin mit Schreiben vom 01.08.2008 den Rücktritt
vom Vertrag und forderte Schadenersatz.
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Entscheidung
Der BGH verneinte das Vorliegen der Voraussetzungen für ein gesetzliches Rücktrittsrecht.
Voraussetzung für einen Rücktritt nach § 323 Abs. 1 BGB ist, dass bei einem gegenseitigen Vertrag
der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß erbringt und der Gläubiger dem
Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat. Hierzu
stellte der BGH fest, dass die Frist zur Leistung oder zur Nacherfüllung nicht wirksam vor der Fälligkeit
der Leistung gesetzt werden kann. Der Fall einer Erfüllungsgefährdung ist von § 323 Abs. 1 BGB
hingegen nicht erfasst. Diese Regelung betrifft vielmehr den Fall, dass die Leistung zum
Fälligkeitszeitpunkt nicht erbracht ist. Sie stellt dazu den Grundsatz auf, dass ein Rücktrittsrecht (nur)
besteht, wenn der Gläubiger dem Schuldner dann erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung
bestimmt hat.
Die Auftraggeberin konnte auch aus § 323 Abs. 4 BGB kein Rücktrittsrecht herleiten. Diese Vorschrift
gewährt dem Gläubiger bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit ein Rücktrittsrecht, wenn offensichtlich
ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden. Damit hat der Gesetzgeber im Falle
der Erfüllungsgefährdung dem Gläubiger eine gesetzliche Möglichkeit verschafft, den Rücktritt schon
vor der Fälligkeit zu erklären. Diese Möglichkeit besteht nicht mehr, wenn die Fälligkeit eingetreten ist.
Fazit
Der BGH verneint ein schützenswertes Interesse eines Gläubigers an einer Fristsetzung vor Fälligkeit
der Leistung. Einem Gläubiger ist es in der Regel zuzumuten, die Fälligkeit der Leistung bis zur
Fristsetzung abzuwarten. Ansonsten würde ein bloßer Gefährdungstatbestand dem Tatbestand der
Pflichtverletzung, der die Fälligkeit der Leistung immanent ist, gleichgesetzt.
§ § §
Zur Frage, ob sich ein Versicherungsvertreter, der eine Netto-Police vermittelt und mit dem
Versicherungsnehmer eine Honorarvereinbarung trifft , unlauter verhält (OLG Naumburg, Urt. v.
24.05.2012, 9 U 218/11, nrkr.)
Sachverhalt
Ein Versicherungsvertreter vermittelte sogenannte Netto-Policen. Im Zuge der Vermittlung der Netto-
Police schloss er mit dem Kunden eine Honorarvereinbarung. Beim Erstkontakt mit dem Kunden hatte
der Vermittler wahrheitsgemäß angegeben, als Versicherungsvertreter im Vermittlerregister
eingetragen zu sein. Ein Wettbewerber des Versicherungsvertreters forderte die Unterbindung des
Vertriebsmodells, weil dieses beim Versicherungsvertreter eine unlautere Wettbewerbshandlung
darstelle.
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Entscheidung
Das OLG Naumburg verneinte sowohl einen Verstoß gegen Marktverhaltensregeln noch eine
Unlauterkeit wegen Verwendung unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen. Es sei zwar
zutreffend, dass § 34d GewO nicht nur den Marktzugang regele, sondern auch das Marktverhalten
eines Versicherungsvermittlers. Der Versicherungsvertreter verstoße aber nicht gegen § 34d GewO,
wenn er als Versicherungsvertreter Netto-Policen vermittle und vom Kunden eine Vergütung über eine
separat zu vereinbarende Vergütungsvereinbarung fordere. Es gebe keinen Grundsatz, dass nur
Versicherungsmakler eine solche Vergütung zu fordern berechtigt seien. Auch ein
Versicherungsvertreter, der seine Agenturbindung offenlegt, könne eine Vergütungsvereinbarung
treffen.
Des Weiteren verneinte das Gericht ein unlauteres Wettbewerbsverhalten durch unwirksame
Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die formularmäßigen Vergütungsverträge stellten solche dar. Das
gesetzliche Regelungsmodell beim Versicherungsvertreter sehe auch den
Schicksalsteilungsgrundsatz vor, nach dem der Provisionsanspruch des Versicherungsvertreters das
Schicksal der Prämie teilt. Von diesem Vergütungsmodell werde bei einer Netto-Police mit
Honorarvereinbarung abgewichen. Da aber auch eine Ansparversicherung mit Brutto-Prämie in der
Regel mit nicht unerheblichen Verlusten verbunden ist, wenn diese vorzeitig gekündigt wird, seien die
Unterschiede allenfalls marginal. Außerdem weise eine Netto-Police größere Transparenz auf. Es
erscheine des Weiteren zweifelhaft, ob ein Kunde im Abschluss eines gesonderten
Vergütungsvertrages den Hinweis auf die Maklereigenschaft eines Vermittlers sehe. Der Makler steht
bekanntlich als treuhänderischer Sachwalter der Kundeninteressen im Lager des Kunden, während
der Versicherungsvertreter dem Lager des Versicherers zugerechnet wird. Wenn ein
Versicherungsvertreter im Rahmen der Erstkontaktinformation auf seinen Vertreterstatus hinweise,
könne der Kunde nicht irregeführt werden. Außerdem würde in der Vergütungsvereinbarung noch
einmal explizit auf die Vertretereigenschaft hingewiesen werden.
Fazit
Auch ein Versicherungsvertreter darf Netto-Policen vermitteln und separate
Vergütungsvereinbarungen treffen, wenn er seine Agenturbindung offenlegt. Er handelt in einem
solchen Fall nicht unlauter und verstößt weder gegen Marktverhaltensregeln noch verhält er sich
irreführend, weil er durch die separate Honorarvereinbarung vom Schicksalsteilungsgrundsatz
abweicht.
§ § §
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Zur Frage, wann ein Mehrfachagent dem Kunden gegenü ber als Versicherungsmakler in
Erscheinung tritt (Mehrfachagent als Pseudomakler) (LG Dortmund, Urt. v. 24.02.2012, 2 O
144/11)
Sachverhalt
Ein Versicherungsnehmer und eine Versicherung stritten darüber, ob eine Kranken- und
Krankentagegeldversicherung fortbesteht, obgleich der Versicherer den Rücktritt vom Vertrag erklärt
hat. Der Versicherer berief sich zur Begründung auf die Nichtangabe von Krankheitsbehandlungen im
Rahmen gestellter Gesundheitsfragen. Die Gesundheitsfragen fanden sich in einem Formular des
Versicherungsvermittlers, der dem Kunden gegenüber als „Ihr unabhängiger Finanzoptimierer“
gegenübertrat.
Entscheidung
Nach § 19 Abs. 2 VVG kann ein Versicherer vom Vertrag zurücktreten, wenn der
Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht nach § 19 Abs. 1 VVG verletzt. Hiernach muss ein
Versicherungsnehmer ihm bekannte erhebliche Gefahrumstände, nach denen der Versicherer in
Textform gefragt hat, diesem anzeigen. Das Gericht verneinte allerdings ein Rücktrittsrecht des
Versicherers, weil Gesundheitsfragen, die ein Versicherungsmakler stellt, dem Versicherer
grundsätzlich nicht zuzurechnen sind.
Der Versicherer hatte sich darauf berufen, der Vermittler sei Mehrfachagent. Schon deshalb seien die
vom Vermittler gestellten Fragen als Fragen des Versicherers anzusehen. Vertragliche Beziehungen
zwischen Versicherer und Vermittler sind aber irrelevant, soweit es um die Frage geht, welchen Status
ein Vermittler für den Versicherungsnehmer hat. Tritt ein Versicherungsvermittler als „unabhängiger
Finanzoptimierer“ auf, handelt er nach außen als Makler. Bei einem als Makler auftretenden
Mehrfachagenten ist aus Gründen der Rechtssicherheit zu fordern, dass die Agentenstellung
offengelegt wird. Nur dann können Fragen des Vermittlers dem Versicherer zugerechnet werden. Des
Weiteren ist es dem Versicherungsnehmer nicht anzulasten, wenn ihm sein Versicherungsmakler
verdeckt als Mehrfachagent gegenübertritt, ohne über die daraus folgende Interessenkollision
aufzuklären.
Fazit
Tritt ein Vermittler als Pseudomakler auf, muss sich der Versicherer diesen Umstand zurechnen
lassen. Auf das Vertragsverhältnis zwischen ihm und dem Pseudomakler kommt es nicht an.
Gesundheitsfragen, die ein Pseudomakler stellt, können nur dann als Fragen des Versicherers gelten,
wenn sich der Versicherer die Fragen zu eigen macht, was für den Versicherungsnehmer bei der
Antragsaufnahme ersichtlich sein muss.
§ § §
Kanzlei Klumpe, Schroeder + Partner GbR Newsletter 10 / 2012
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Zu den Anforderungen an eine Nachbearbeitungspflich t eines Versicherers bei notleidenden
(stornogefährdeten) Versicherungsverträgen (BGH, Urt. v. 28.06.2012, VII ZR 130/11)
Sachverhalt
Ein Versicherer verlangt von einem für ihn vormals tätigen Mehrfachagenten die Rückzahlung von
Provisionsvorschüssen für eine Reihe von Versicherungsverträgen. Der Versicherer begründet seinen
Anspruch damit, dass die vom Mehrfachagenten vermittelten Vertragsverhältnisse nach Beendigung
des Versicherungsvertretervertrages storniert worden sind. Bis zum Ausscheiden des
Mehrfachagenten habe der Vertriebspartner selbst rechtzeitig Mitteilungen über stornogefährdete
Verträge erhalten. Nach seinem Ausscheiden habe der Versicherer eigene Stornoabwehrmaßnahmen
getroffen, die aber erfolglos geblieben seien.
Entscheidung
Bekanntlich entfällt der Anspruch des Handels- bzw. Versicherungsvertreters auf Provision im Fall der
Nichtausführung des Geschäfts durch den Unternehmer, wenn und soweit die Nichtausführung auf
Umständen beruht, die vom Unternehmer nicht zu vertreten sind. Eine Stornierung eines Vertrages ist
bereits dann vom Versicherer nicht zu vertreten, wenn notleidende Verträge in gebotenem Umfang
nachbearbeitet wurden.
Art und Umfang der dem Versicherer obliegenden Nachbearbeitung bestimmt sich nach den
Umständen des Einzelfalls. Entweder kann das Versicherungsunternehmen eigene Maßnahmen zur
Stornoabwehr ergreifen oder sich darauf beschränken, dem Versicherungsvertreter durch eine
Stornogefahrmitteilung Gelegenheit zu geben, den notleidend gewordenen Vertrag selbst
nachzubearbeiten.
Die Beweislast dafür, dass eine ordnungsgemäße Nachbearbeitung eines notleidenden
Versicherungsvertrages vorgenommen wurde, obliegt dem Versicherer.
Entschließt sich nun ein Versicherer, einer Stornogefahr durch Versendung von
Stornogefahrmitteilungen an den Versicherungsvertreter entgegenzuwirken, ist der Versicherer seiner
Pflicht zur Stornogefahrabwehr in ausreichendem Maß nachgekommen, wenn die
Stornogefahrmitteilung den Versicherungsvertreter in die Lage versetzt, seinerseits
Abwehrmaßnahmen gegen die Stornogefahr zu ergreifen. Der Versicherer muss die Mitteilung so
rechtzeitig versenden, dass der Vertreter sich sinnvoll und mit Aussicht auf Erfolg um eine Rettung
des Vertrages bemühen kann.
Ein Versicherer, der den Weg der Stornogefahrmitteilung wählt, muss sich daher sobald wie es ihm
nach den Umständen möglich und zumutbar ist, gegenüber einem Versicherungsvertreter erklären. Es
ist einem Versicherer dabei gestattet, sich in angemessener Zeit eine gewisse Klarheit zu verschaffen,
Kanzlei Klumpe, Schroeder + Partner GbR Newsletter 10 / 2012
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ob Anhaltspunkte für eine Vertragsgefährdung vorliegen. Es ist ihm des Weiteren gestattet, in dieser
Situation erst eine Entscheidung zu treffen, ob er eigene Nachbearbeitungsmaßnahmen ergreift oder
ob er sich darauf beschränkt, dem Versicherungsvertreter eine Stornogefahrmitteilung zu übermitteln.
Nicht ausreichend ist es, wenn ein Versicherer nur einem Nachfolger eines ausgeschiedenen
Versicherungsvertreters die Stornogefahrmitteilung übermittelt. In einem solchen Fall muss ein
Versicherer den Auftrag zur konkreten Nachbearbeitung erteilen und im Streitfall darlegen und
nachweisen. Wenn sich ein Versicherer auf einen Erfahrungssatz berufen möchte, nach dem aus der
Erfolglosigkeit bestimmter Rettungsbemühungen einzelner Verträge auf die Erfolglosigkeit von
Rettungsversuchen auch bei den weiteren Verträgen geschlussfolgert werden könne, bedarf es hierfür
tatsächlicher Anhaltspunkte. Weil die Instanzgerichte diese Grundsätze nicht richtig angewandt
hatten, hob der BGH das die Klage des Versicherers abweisende Urteil auf und verwies den
Rechtsstreit zur neuen Entscheidung zurück.
Fazit
Der BGH hat Unternehmen, die mit Handelsvertretern zusammenarbeiten, noch einmal im Einzelnen
den Pflichtenkatalog aufgegeben, der bei stornogefährdeten Verträgen zu beachten ist: Entweder
übermittelt der Prinzipal unverzüglich Stornogefahrmitteilungen, damit der Handelsvertreter selbst
Maßnahmen zur Rettung notleidender Verträge einleiten kann oder er ergreift eigene Maßnahmen, die
er dann entsprechend belegen muss. Die bloße Versendung einer Stornogefahrmitteilung an den
Nachfolger eines ausgeschiedenen Handelsvertreters ist hingegen keine ausreichende Maßnahme
der Stornogefahrenabwehr.
§ § §
Zur Berücksichtigung von Verlusten aus Vermietung b ei Sanierung einer leer stehenden
Wohnung und anschließender Selbstnutzung (FG Hamburg, Urt. v. 11.04.2011, 6 K 257/09 rkr.)
Sachverhalt
Erwerber einer Eigentumswohnung wohnten selbst ca. 300 m von der nunmehr erworbenen Wohnung
entfernt in einer Mietwohnung. Die erworbene Wohnung war vermietet. Zwei Jahre später nach dem
Erwerb kündigte der damalige Mieter das Mietverhältnis. Die 6-Zimmerwohnung stand für einen Monat
leer. Anschließend vermieteten die Eigentümer einzelne Zimmer der Wohnung durch jeweils separate
Mietverträge an eine Wohngemeinschaft. In allen Mietverträgen wurde darauf hingewiesen, dass die
Wohnung im Spätsommer des Folgejahres (rund weitere acht Monate später) komplett umgebaut
werden sollte und sich der Umbau über etwa drei Monate erstrecken würde. Wegen des nach dem
Umbau deutlich höheren Mietzinses wurde jedem der Mieter ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt.
In den Jahren bis zum Umbau erzielten die Vermieter nur Verluste. Nach erfolgtem Umbau boten die
Eigentümer zunächst für 2.500,00 € monatlicher Mietzins, später für 2.300,00 € monatlich an. Sie
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gaben im Zeitraum April bis November 2007 insgesamt zehn Inserate auf. Eine Vermietung erfolgte
nicht. Im November 2007 kündigten die Eigentümer ihren eigenen Mietvertrag. Sie nützen seit Juli
2008 die Eigentumswohnung selbst. Weil das Finanzamt Verluste im Streitjahr nur noch bis zum
Beginn der Umbaumaßnahmen anerkannte und nicht mehr für das gesamte Streitjahr, erhoben die
Eigentümer Klage.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Auffassung der Finanzverwaltung. Werbungskosten bei der Einkunftsart
Vermietung und Verpachtung sind abzuziehen, wenn sie bei dieser Einkunftsart erwachsen sind.
Erforderlich ist die Einkünfteerzielungsabsicht. Das ist dann der Fall, wenn die Aufwendungen durch
diese Einkunftsart veranlasst sind. Dies wiederum erfordert, dass der Steuerpflichtige die Absicht hat,
auf Dauer aus der betreffenden Einkunftsart einen Einnahmeüberschuss zu erzielen.
Die Einkunftserzielungsabsicht muss anhand objektiver (äußerer) Umstände belegbar sein. Hat ein
Steuerpflichtiger den Entschluss, auf Dauer zu vermieten, endgültig gefasst, gilt die Vermutung der
Einkünfteerzielungsabsicht für die Dauer der Vermietungstätigkeit auch dann, wenn ein
Steuerpflichtiger das vermietete Objekt aufgrund eines neu gefassten Entschlusses veräußert oder
selbst nutzt. Ein gegen die Einkünfteerzielungsabsicht sprechendes Indiz liegt dann vor, wenn ein
Steuerpflichtiger ein bebautes Grundstück in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der
Anschaffung oder Herstellung - in der Regel innerhalb von bis zu fünf Jahren - wieder veräußert und
während dieser Zeit nur einen Werbungskostenüberschuss erzielt. Eine Vermietungsabsicht ist aber
auch im Falle des Leerstandes so lange nicht aufgegeben, solange sich ein Steuerpflichtiger ernsthaft
um die Vermietung bemüht. Für die Ernsthaftigkeit der Vermietungsbemühungen als Voraussetzung
einer fortbestehenden Einkünfteerzielungsabsicht trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast.
Diese Einkünfteerzielungsabsicht sei jedenfalls ab Beginn der Umbaumaßnahmen zweifelhaft. Zweifel
seien im Übrigen auch schon vorher angezeigt, weil die Eigentümer nur noch faktisch befristete
Mietverträge abgeschlossen hätten, indem sie Mieter einzelner Zimmer auf die geplanten
Umbaumaßnahmen und erhebliche Mieterhöhungen hingewiesen hatten.
Allein das Schalten von zehn Zeitungsinseraten könne die Zweifel nicht widerlegen. Gerade im
Hinblick auf die von den Steuerpflichtigen geschilderte finanzielle Doppelbelastung sei nicht
nachvollziehbar, warum die Eigentümer keinen Makler beauftragt hätten. Hochpreisige
Mietwohnungen in besonders gefragten Wohnlagen würden in Hamburg üblicherweise über Makler
angeboten. Deren Sachkunde und Marktkenntnis fördere eine Vermietung zum angemessenen
marktüblichen Mietzins. Zumindest hätten die Steuerpflichtigen den Marktwert der Wohnung durch
einen Fachmann bestimmen lassen müssen.
Aus diesen - äußeren - Umständen zieht das Gericht den Schluss, dass schon zu Beginn des
Streitjahres eine Eigennutzung der streitigen Wohnung im Vordergrund stand.
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Fazit
Vermietet ein Steuerpflichtiger eine von ihm erworbene Wohnung nach Auslaufen eines
übernommenen Mietverhältnisses nur noch zimmerweise mit - wegen angekündigter
Umbaumaßnahmen - faktisch befristeten Mietverhältnissen und nutzt er die Wohnung nach
Durchführung der Sanierung ca. vier Jahre nach Erwerb selbst, spricht dies für die Aufgabe der
Vermietungsabsicht. Behauptet der Steuerpflichtige, diese Absicht erst später aufgegeben zu haben,
muss er dies durch Fakten belegen können. Verbleibende Zweifel gehen zu seinen Lasten.
KURZ UND BÜNDIG
Family Office und AIFM-Richtlinie
Nach dem derzeit geltenden Merkblatt der BaFin (vgl. Merkblatt zur Erlaubnispflicht gem. § 32 Abs. 1
KWG für Family Offices vom 30.06.2008 Stand 10.02.2009) fallen Family Offices nicht in den
Anwendungsbereich des KWG. Krause und Klebeck gehen in ihrem Beitrag in Heft 34/2012 der
Zeitschrift Betriebs-Berater der Frage nach, ob sich an der bislang geltenden Erlaubnisfreiheit mit
Inkrafttreten der AIFM-Richtlinie etwas ändert. Zunächst befassen sich die Autoren mit der Frage, wer
Regelungsadressat der AIFM-Richtlinie ist und was ein AIF ist. Sodann beschreiben sie die
Tätigkeitsfelder von Family Offices. Ausgiebig befassen sie sich mit dem Erwägungsgrund 7 der
AIFM-Richtlinie, in der es heißt, dass Family Office-Vehicle, die das Privatvermögen von Anlegern
investieren, ohne Fremdkapital zu beschaffen, nicht als AIF gem. dieser Richtlinie betrachtet werden
sollen. Mit der Beschaffung von Fremdkapital ist in diesem Zusammenhang nicht etwa die Aufnahme
von Krediten oder der Einsatz einer Hebelwirkung gemeint, sondern das Einsammeln von
familienfremdem Kapital. Die Begründung hierfür ergibt sich aus der englischen Fassung der AIFM-
Richtlinie. Jedenfalls für Single Family Offices sind die Voraussetzungen einer Erlaubnisfreiheit erfüllt.
Für Multi Family Offices bleibt es bei einer gewissen Rechtsunsicherheit. Auf keinen Fall dürfen Multi
Family Offices auf eine Poolung der eingeworbenen Mittel abzielen. Sie müssen vielmehr für jede
Familie getrennt die Vermögensverwaltung und -steuerung betreiben. Identische
Investmentempfehlungen bzw. Parallelinvestments sollten nach Ansicht der Autoren allerdings
unschädlich sein.
* * *
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Kausalitätsvermutung bei Verletzung einer Aufklärun gspflicht auch bei mehreren
Handlungsalternativen des Anlegers (Aufgabe der bis herigen Rechtsprechung)
Bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung greift bekanntlich eine Beweislastumkehr ein. Es gilt
der Grundsatz aufklärungsrichtigen Verhaltens. Insoweit spricht eine Vermutung dafür, dass sich bei
durchgeführter Aufklärung der Anleger „aufklärungsrichtig“ verhalten hätte. Bislang galt dieser
Grundsatz nicht, wenn ein Anleger auch bei gehöriger Aufklärung nur eine Handlungsalternative
gehabt hätte. Mit Urteil vom 08.05.2012 (XI ZR 262/10) hat der BGH diesen Grundsatz aufgegeben.
Wolters bespricht in Heft 17/2012 der Zeitschrift EWiR dieses Urteil. Wolters hält es für tragfähig,
dass der XI. Zivilsenat ausschließlich an den Schutzzweck der Aufklärungspflicht anknüpft und
ausdrücklich nicht an die Vermutung eines bestimmten Verhaltens des Anlegers. Ob Anleger sich
regelmäßig rational verhalten, sei sehr fraglich. Das ändere aber nichts daran, dass ein Anleger das
Recht haben muss, in eigener Entscheidung und Abwägung des Für und Wider darüber zu befinden,
ob er in ein bestimmtes Projekt investieren will oder nicht. Auf dieser Grundlage sei es konsequent,
dass sich ein etwaiger Entscheidungskonflikt des Anlegers auf die Beweislastumkehr nicht auswirke.
* * *
Haftung des GmbH-Geschäftsführers wegen Zahlung tro tz Insolvenzreife - Pflicht zur
Überprüfung der wirtschaftlichen Lage bei krisenhaf ten Anzeigen
Der Geschäftsführer einer GmbH kann persönlich auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden,
wenn er nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Feststellung der Überschuldung Zahlungen an
Dritte leistet. Er muss für eine Organisation sorgen, die ihm die zur Wahrnehmung seiner Pflichten
erforderliche Übersicht über die wirtschaftliche und finanzielle Situation der Gesellschaft jederzeit
ermöglicht. Schodder bespricht in Heft 17/2012 der Zeitschrift EWiR das BGH-Urteil vom 19.06.2012,
in dem sich der BGH erneut mit der Verantwortlichkeit des GmbH-Geschäftsführers im Stadium der
Insolvenzreife zu befassen hatte. Nach Ansicht von Schodder ist das BGH-Urteil für die
Beratungspraxis äußerst hilfreich. Es ist ein weiterer höchst richterlicher Eintrag in das
„Pflichtenstammbuch“ des GmbH-Geschäftsführers.
* * *
Die Verwaltung alternativer Investmentvermögen nach dem KAGB-E
Die Verwaltung von AIF ist ab 22.07.2013 grundsätzlich nur noch möglich, wenn der Verwalter (AIFM)
über eine Erlaubnis verfügt. In Deutschland soll die AIFM-Richtlinie durch das
Kapitalanlagegesetzbuch in nationales Recht umgesetzt werden. Am 20.07.2012 ist der
Gesetzesentwurf erschienen. Herring und Loff legen in ihrem Beitrag in Heft 36/2012 der Zeitschrift
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Der Betrieb dar, auf welche Weise zukünftig AIF verwaltet werden können, welche wesentlichen
Typen es gibt und welche Auswirkungen diese Auswahl auf die Verwaltung und die Art nutzbarer
Vermögensgegenstände hat. Beschrieben werden Möglichkeiten der internen und der externen
Verwaltung. Bei Auslagerung und Nutzung einer Master-AIF-KVG-Struktur gibt es wiederum
unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten, die die Autoren vorstellen. Das Kapitalanlagegesetzbuch
wird aber nicht nur auf der Ebene der Verwaltungsgesellschaft zu Änderungen gegenüber den
aktuellen Strukturen führen, sondern auch auf Ebene der AIF selbst. Das Gesetz unterscheidet
zwischen offenen und geschlossenen AIF, wobei dies Auswirkungen auf die Vermögensgegenstände
hat, die für den AIF erworben werden können. Geschlossene Publikums-AIF und offene Spezial-AIF
müssen grundsätzlich Risikomischungsvorgaben beachten. Nach derzeitiger Fassung des
Gesetzesentwurfs wird dies dazu führen, dass die aktuelle Struktur von Ein-Objekt-Fonds nur unter
eingeschränkten Bedingungen möglich ist. Besonderheiten gelten für Private Equity-Fonds, deren
Anteile nur noch von professionellen Anlegern gehalten werden dürfen. Private Equity-Fonds sind
deshalb zwingend als geschlossener Spezial-AIF auszugestalten. Privatkunden können in Private
Equity-Risiken nur noch über Dachfonds-Lösungen investieren.
* * *
Auswirkungen der AIFM-Richtlinie auf geschlossene F onds
Seit dem 01.06.2012 ist das Vermögensanlagengesetz in Kraft, welches das Verkaufsprospektgesetz
abgelöst hat. Bevor ein Verkaufsprospekt veröffentlicht werden darf, ist er von der BaFin zu billigen.
Die Umsetzung der AIFM-Richtlinie in nationales Recht wird den heutigen Rechtsrahmen erneut
erheblich modifizieren. Bußalb und Unzicker beleuchten in ihrem Beitrag in Heft 8/2012 der
Zeitschrift BKR die wesentlichen Kernregelungen der AIFM-Richtlinie für den Markt der
geschlossenen Fonds. Die Autoren sehen vor allem Gefahren für die Existenz kleinerer Anbieter und
Emittenten, weil künftig Vermögensanlagen, die bislang unter den Ausnahmetatbestand des § 2
VermAnlG fallen, grundsätzlich von der AIFM-Richtlinie erfasst werden dürften. Der Beitrag
berücksichtigt noch nicht die inzwischen absehbaren Änderungen, die das Kapitalanlagegesetzbuch
mit sich bringen werden. Vielmehr geht es um die Darstellung, inwieweit der Verwalter von AIF künftig
reguliert sein wird. Externe und interne Verwaltung von AIF’s werden gegenübergestellt. Ihre
Verhaltens- und Organisationspflichten werden beleuchtet. Außerdem behandeln die Autoren die
Themen „Verwahrstellen, Vertriebsanforderungen, EU-Pass und Veröffentlichungspflichten“.
* * *
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PIB: Ein neues Risiko im Rahmen der Prospekthaftung ?
Seit 01.07.2011 muss Privatkunden im Rahmen einer Anlageberatung vor dem Abschluss eines
Geschäfts über Finanzinstrumente ein Produktinformationsblatt (PIB) über das jeweilige
Finanzinstrument ausgehändigt werden. In diesem Informationsblatt soll das jeweilige
Finanzinstrument kurz und leicht verständlich beschrieben sein. Auch die Risiken müssen mitgeteilt
werden. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass es noch erhebliche Defizite und mithin
Verbesserungsbedarf gibt. Außerdem könnte das Produktinformationsblatt ein zusätzliches
haftungsrelevantes Dokument darstellen. Schlee und Maywald befassen sich in ihrem Beitrag in Heft
8/2012 der Zeitschrift BKR mit dem zwingenden Inhalt eines Produktinformationsblattes. Des
Weiteren beleuchten sie die haftungsrechtlichen Konsequenzen, die sich aus diesem neuen
Dokument ergeben können und gehen schließlich auf die praktischen Erwägungen und einem
möglichen Umgang mit neuen Haftungsrisiken ein.
* * *
Nachschusspflichten bei geschlossenen Immobilienfon ds
Gerät ein geschlossener Fonds in eine finanzielle Notlage, knüpft sich daran häufig die Frage,
inwieweit ein Rückgriff auf die beteiligten Gesellschafter möglich ist, um im schlimmsten Fall eine
drohende Insolvenz der Beteiligungsgesellschaft abzuwenden. Stoklassa und Feldner gehen in
ihrem Beitrag in Heft 2/2012 der Zeitschrift zum Immobiliensteuerrecht (ImmoStR) der Frage nach,
unter welchen Voraussetzungen Kapitalanleger zur Erbringung von Nachschüssen verpflichtet sind.
Die Empfehlung lautet, dass bei Beschlussfassung über ein Sanierungskonzept dieses auch
wirtschaftlich umsetzbar sein sollte, wenn nicht alle Gesellschafter einen auf sie entfallenden Anteil
nachschießen. Nützlich und hilfreich sei es sicherlich, im Vorfeld des Beschlusses allen Gesellschafter
vorzurechnen, wie hoch ihr persönlicher Nachschuss wäre, welchen Betrag sie im Falle einer
Liquidation ohnehin nachschießen müssten und wie hoch das derzeitige
Auseinandersetzungsguthaben ist.
Soweit gesellschaftsvertraglich Nachschüsse vereinbart sind, muss deren Höhe objektiv bestimmbar
sein oder durch sonstige Kriterien eingegrenzt sein.
* * *
Zur Frage der Wirksamkeit von Klauseln in der Leben s- und Rentenversicherung betreffend
Abschlusskosten, Stornoabzüge und anderes - Anmerku ngen von Präve zum BGH-Urteil vom
25.07.2012, IV ZR 201/10
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Der BGH hatte sich erneut mit der Frage der Wirksamkeit von Versicherungsbedingungen von Kapital-
Lebensversicherungen, Rentenversicherungen und fondsgebundenen Lebens- und
Rentenversicherungen auseinanderzusetzen. Im Urteil vom 25.07.2012 erklärte er verschiedene
Klauseln im Bedingungswerk eines Versicherers für unwirksam. Präve nimmt in Heft 27/2012 der
Zeitschrift Versicherungsrecht zu dieser Entscheidung Stellung. Er weist zunächst auf die
Vorgeschichte hin, die es zu dieser Entscheidung gibt und die für ihre Einordnung wichtig ist: Im Jahr
2001 hatte der BGH verschiedene Klauseln zu Rückkaufswerten und zur Verrechnung von
Abschlusskosten als intransparent verworfen und den Versicherern zugleich Hinweise an die Hand
gegeben, wie eine hinreichende Transparenz der Klauseln hergestellt werden kann. Im Jahr 2005
hatte der BGH dann entschieden, dass eine Heilung von Bedingungen, die wegen
Transparenzverstößen als unwirksam anzusehen waren, nicht dadurch erfolgen kann, dass diese
intransparenten Klauseln durch verständlichere aber inhaltlich identische Klauseln ersetzt werden
können. Es müsse jedenfalls im Falle der Unwirksamkeit von Klauseln ein sog. Mindestrückkaufswert
eingeräumt werden. Sodann hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2006 ohne nähere
Begründung festgehalten, eine Mindestleistung sei auch verfassungsrechtlich begründet. Der
Gesetzgeber hat im neuen VVG, welches im Jahr 2008 in Kraft getreten ist, Vorschriften über
Mindestrückkaufswerte vorgegeben. Einen nachträglichen Eingriff in die Kalkulation bereits
geschlossener Versicherungsverträge hatte der Gesetzgeber allerdings abgelehnt. Soweit Klauseln
über einen Stornoabschlag unwirksam sind, lässt sich für Alt-Verträge die entstehende
Regelungslücke nicht mehr schließen. Deshalb entfalle der Stornoabschlag ersatzlos. In Bezug auf
die Regelung zur Verrechnung der Abschlusskosten gestaltet sich die Beurteilung dagegen
schwieriger. Da auch hier eine Wiederherstellung einer für unwirksam erklärten Klausel nicht möglich
ist, biete die Rechtsprechung zum Mindestrückkaufswert einen ausreichenden Schutz auch zugunsten
des Versicherungsnehmers.
Präve kritisiert das Urteil vor allem deshalb, weil der BGH mehr und mehr an die Stelle des
verständigen Versicherungsnehmers den unmündigen Versicherungsnehmer treten ließ. Er weist
darauf hin, dass die Lebensversicherung als Altersvorsorge auf Langfristigkeit angelegt ist.
Grundsätzlich ist der Anlagehorizont, d.h. die Vertragsdauer, nicht auf Jahre fixiert, sondern
Jahrzehnte. Der Versicherer benötige deshalb eine Planungssicherheit, um eine hinreichende
Kalkulation vornehmen zu können. Präve weist des Weiteren darauf hin, dass die stärkere
Rechtsstellung eines kündigenden Versicherungsnehmers letztlich vom Kollektiv aller Versicherten
finanziert werden müsse.
* * *
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Prospektpflicht von Bezugsrechtsemissionen
Bis zum Inkrafttreten des Umsetzungsgesetzes zur Änderungsrichtlinie zur Prospektrichtlinie vertrat
die BaFin die Rechtsauffassung, dass Bezugsrechtskapitalerhöhungen, die sich ausschließlich an Alt-
Aktionäre richten, kein öffentliches Angebot im Sinne des § 2 Nr. 4 WpPG darstellen.
Dementsprechend konnten Kapitalerhöhungen, die sich lediglich im Rahme der bestehenden
Bezugsrechte bewegten, ohne die Erstellung eines Prospektes durchgeführt werden. Im Zuge der
Revision der Europäischen Prospektrichtlinie, die seit 01.07.2012 auch für das WpPG maßgeblich ist,
hat der Richtliniengeber die Prospektpflicht von Bezugsrechtsemissionen (auch in Deutschland)
eingeführt. Leuering und Stein stellen in Heft 19/2012 von NJW-Spezial die Prospektrichtlinie in
ihren Grundzügen vor.
* * *
Zur Neufassung des KapMuG und zur Verjährungshemmun g bei Prospekthaftungsansprüchen
Am 01.11.2012 tritt die Novelle des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes (KapMuG) in Kraft.
Halfmeier stellt in Heft 38/2012 der Zeitschrift Der Betrieb die wichtigsten Neuerungen vor. Des
Weiteren geht er auf die in der Praxis relevante Frage des Umfangs der Verjährungshemmung bei
Prospekthaftungsansprüchen ein. Halfmeier bedauert vor allem, dass der Gesetzgeber sich nicht zu
einem opt-in- oder opt-out-Verfahren durchringen konnte. Allerdings wurde die Variante der
„Anmeldung von Ansprüchen zum Musterverfahren“ eingeführt. Die Wirkung dieser Anmeldung
reduziert sich allerdings auf die Hemmung der Verjährung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 6a BGB n.F.. Ein
Anmelder nimmt weder am Musterverfahren teil noch wirkt dessen Ergebnis für oder gegen ihn. Nach
Beendigung des Musterverfahrens hat der Anmelder drei Monate Zeit zur Klageerhebung.
Anderenfalls entfällt die Hemmungswirkung. Neben der Forderungsanmeldung wurde die Möglichkeit
des opt-out-Vergleichs neu eingeführt. Der Musterkläger und der Musterbeklagte können dem Gericht
einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten, der den Anforderungen des § 17 Abs. 2 KapMuG
n.F. entsprechen muss. Dieser Vergleichsvorschlag kann anschließend vom Gericht unter den in § 18
Abs. 1 KapMuG n.F. genannten Voraussetzungen genehmigt werden.
Die fehlenden Erfahrungen mit der Verfahrensfortsetzung nach einem Musterentscheid nimmt der
Gesetzgeber auch jetzt zum Anlass, das Gesetz erneut zu befristen. Es muss seine Bewährung bis
zum 31.10.2020 unter Beweis stellen.
* * *
Kanzlei Klumpe, Schroeder + Partner GbR Newsletter 10 / 2012
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Zur Aufrechnung der Treugeber-Anleger in Publikums- oHG gegen Freistellungsanspruch des
Treuhandgesellschafters
Bei einer mittelbaren Beteiligung eines Anlegers an einer Publikums-Personengesellschaft hat
zunächst nur der Treuhänder den Status eines Gesellschafters. Er verschafft ihn im Innenverhältnis
aber regelmäßig dem Treugeber. Diesem steht, wenn er von einem Gesellschaftsgläubiger in
Anspruch genommen wird, regelmäßig ein Freistellungsanspruch gegen den Treugeber zu. Diesen
Anspruch kann der Treuhänder abtreten. Dadurch wandelt er sich in einen Zahlungsanspruch um. Vor
kurzem hat der BGH seine Grundsätze zur persönlichen Außenhaftung von Treugebern
weiterentwickelt und geurteilt, dass der Treugeber bei Inanspruchnahme durch einen
Gesellschaftsgläubiger nicht mit Schadenersatzansprüchen aus Prospekthaftung aufrechnen kann,
die dem Treugeber gegen den Treuhänder zustehen. Wertenbruch bespricht in Heft 18/2012 der
Zeitschrift EWiR diese Entscheidung. Er verweist auf § 129 HGB. Nach dieser Norm kann ein
einzelner Gesellschafter andere als persönliche Einwendungen nur insoweit geltend machen, als sie
von der Gesellschaft noch erhoben werden können. Etwaige Schadenersatzansprüche eines
Gesellschafters wegen Pflichtverletzung durch einen Dritten stehen der Gesellschaft aber nicht zu.
Diese Wirkung muss der Gesellschafter und damit auch der Treugeber, der wie ein unmittelbarer
beteiligter Gesellschafter zu behandeln ist, hinnehmen.
Gerne möchten wir wissen, wie Ihnen unser Newsletter gefällt, und freuen uns daher über Ihre Anregungen und Kritik:
Redaktion Newsletter Rechtsanwalt Ulrich A. Nastold Rechtsanwaltskanzlei Klumpe, Schroeder + Partner Gb R Luxemburger Str. 282e D- 50937 Köln Tel: +49 / 221 - 94 20 94 0 Fax: +49 / 221 - 94 20 94 25 eMail: info@rechtsanwaelte-klumpe.de Web: www.rechtsanwaelte-klumpe.de Nähere Angaben erhalten Sie hier: www.rechtsanwaelte-klumpe.de/html/ct_impressum.php
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