buchbesprechung: kunststoffe – synthesen, herstellungsverfahren, apparaturen. von w. keim (hrsg.)

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Keine Panik vorThermodynamikD. Labuhn, O. RombergVieweg GWVFachverlage GmbH,Wiesbaden 2005303 Seiten, Broschur,I 22,90ISBN 3-8348-0024-4

Kein Zweifel: Der Titel diesesBuchs ist Programm, undspätestens durch den Unter-titel „Erfolg und Spaß im klas-sischen Dickbrettbohrerfachdes Ingenieurstudiums“ wird

auch dem Letzten klar sein,dass es sich hier nicht um einnormales Thermodynamik-Lehrbuch handelt.

Wer das Buch aufschlägt,dem springen sofort zahl-reiche Cartoons ins Auge, vondenen er zumindest einigedurchaus lustig finden wird.Auf humorvolle Weise versu-chen die Autoren, den bereitsvon Generationen von Stu-denten als recht trocken emp-fundenen Stoff der techni-schen Thermodynamik mitzwei Zielen nahe zu bringen.Zum einen soll der Leserbeim Lernen Spaß empfin-den, zum anderen soll erzumindest so viel Wissenansammeln, dass er seineThermodynamik-Klausur be-steht.

Entsprechend ist der Stoffausgewählt und zusammen-gestellt. Wer dieses Buch un-befangen durchliest, wird zuseiner Überraschung feststel-len, dass in ihm tatsächlichein großer Teil der Themen,die üblicherweise in Thermo-dynamik-Vorlesungen für In-

genieure dargeboten werden,angeschnitten wird. Dies ge-schieht auf eine Weise, die ge-rade denjenigen, der sich mitdiesem Fach schwer tut, be-sonders ansprechen kann. Eswird deutlich, dass die Auto-ren für die Nöte des durch-schnittlichen und unter-durchschnittlichen Studentengroßes Verständnis haben.Sie versuchen daher, denStoff in einem sehr locker-flockigen Schreibstil undillustriert mit zahlreichenanschaulichen Beispielen ausdem Alltag durch die Hinter-tür zu vermitteln. Man darfzuversichtlich sein, dass diesauch bei Vielen gelingen wird.

Schon hierdurch hat dasBuch seinen Wert. Man wirdihm daher nicht gerecht,wenn man es mit üblichenMaßstäben bewertet und imDetail Kritik übt, was zweifel-los leicht möglich ist. So feh-len manche Themen, es fehltgrundsätzlich an Tiefgang,und man kann den Autorenvorwerfen, dass sie gelegent-lich lieber auf eine präzise

Aussage als auf einen Kalauerverzichten.

Schon deshalb richtet sichdas Buch auch nicht an Jeden.Am meisten werden Studen-ten profitieren, denen dieThermodynamik als ein ver-meintlich unüberwindlichesHindernis ihres Studiums er-scheint. Mit diesem Buchallein werden sie eine Ther-modynamik-Klausur nicht be-stehen, jedoch hoffentlich zu-versichtlicher andere Lehr-bücher und Skripte zur Handnehmen. Eine andere Gruppevon Lesern werden Menschensein, die sich ernsthaft mitThermodynamik beschäfti-gen, aber dennoch über dasFach und sich selbst schmun-zeln können. Der Rezensentgesellt sich gern dazu undfreut sich mit den Autoren,dass ihr originelles Buchbereits einen großen Ver-kaufserfolg aufweist.

D. Brüggemann, Bayreuth[BB 3494]

Kunststoffe –Synthesen, Her-stellungsverfahren,ApparaturenW. Keim (Hrsg.)Wiley-VCH Verlag GmbH &Co. KGaA, Weinheim 2006,XVI + 363 S., I 89,00ISBN 3-527-31582-9

Bücher über Kunststoffe kon-zentrieren sich meist auf dieBeziehungen zwischen Struk-tur und Eigenschaften vonPolymeren. Nicht so diesesBuch. Nach kurzen Abrissender Polymerisationsmecha-nismen (Polymerisation, Poly-kondensation usw.; 16 S.) undder physikalisch-chemischenVerfahrensführung (Suspen-sion, Emulsion usw.; 17 S.) be-handelt es zunächst techni-sche Polymerisationsappara-turen (Reaktoren, Rührerusw.; 21 S.), um sich dann volldem ersten Hauptthema zu-zuwenden, der industriellenSynthese von Polymeren fürKunststoffe (212 S.). Synthe-sen von Polymeren für Fasern,Elastomere, Überzüge usw.wurden bewusst ausgespartebenso wie die Beschreibungvon Additiven, die ja ca. die

Hälfte der Kosten von Kunst-stoffen ausmachen.

Der erste Hauptteil be-schreibt detailliert die techni-schen Synthesen praktischaller Standard- und Inge-nieurpolymeren von den ver-wendeten Monomeren, Kata-lysatoren und Reaktoren überdie Verfahrensführung biszu Wirtschaftlichkeitsbetrach-tungen, Produktportfoliosund -anwendungen. Der Her-ausgeber erreichte dies durchdie Mitarbeit von nicht weni-ger als 39 Coautoren, die zwarim Vorspann namentlich ge-nannt werden, nicht jedochals Verfasser der einzelnenTeilabschnitte (das Autoren-kollektiv selig lässt grüßen).Da 90 % der Coautoren ausder Industrie stammen, liegtdas Schwergewicht der Aus-führungen auf der Techno-

logie: ca. 25 % der über 1000Literaturzitate sind Patente.

Nun sagt man ja, dass vieleKöche den Brei verderben,aber davon ist bei diesemBuch nicht viel zu spüren. Esliest sich recht homogen, ob-wohl natürlich sowohl dieLänge als auch die Informa-tionsdichte der Teilabschnittevariiert. Die Verfahrenstech-nologie der Standardpolyme-ren ist beispielsweise rechtausführlich beschrieben (z. B.Polyethylene 20 Seiten, Poly-styrole 26 Seiten), währendflüssig-kristalline Polymeremit drei Seiten auskommenund der Abschnitt über Fluor-polymere (11 S.) im Wesent-lichen nur die Kenndaten der13 besprochenen Polymerenaufzählt. Merkwürdigerweisewird Polyamid 66 nur in zweiNebensätzen erwähnt.

Buchbesprechungen 323Chemie Ingenieur Technik 2007, 79, No. 3

© 2007 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.de

Die Beschreibungen dereinzelnen Verfahren sindqualitativ, was bei einemBuch dieses Umfanges unddieser Konzeption auch nichtanders zu erwarten ist. Ent-sprechend findet man nichtsüber Verweilzeitspektren,Scale up und Modellierung,was jedoch durch die vielenanderen Detailinformationenmehr als aufgewogen wird.Produkteigenschaften sindmeist in Tabellen aufgelistet.

Wie das Vorwort ausführt,ist das Buch im Wesentlichenein Fortschrittsbericht für inder Industrie Tätige. Und wiees denn so ist, wenn Expertenfür andere Fachleute schrei-ben, schleichen sich Terminitechnici ein, die Novizen rat-

los lassen. Unerklärt sindz. B. MFR (S. 56), ppb (S. 44;immerhin amerikanische Bil-lionen, nicht deutsche), Mt(hier nicht ISO-konform für„Million Tonnen“; in der eng-lischsprachigen Literatur,z. B. bei FAO, dagegen ebensofalsch für „metric ton“) sowie„single-site“ (S. 65) und „mul-ti-site“ (S. 79) Katalysatoren.Im letzteren Fall wären Bei-spiele für Strukturen hilfreichgewesen. Ansonsten ist nichtallzu viel durchgerutscht,aber ich hätte doch ganz gerngewusst, wie die in Abb. 4.2-11 gezeigten Teilchenstruktu-ren erhalten wurden und wo-her diese Abbildung stammt,deren Legende nur kryptisch„Bild 32 alte Auflage“ lautet.

Der zweite Hauptteil desBuches behandelt die „Ver-arbeitung von thermoplas-tischen Formmassen undPolyurethan-Rohstoffen“ undspricht damit einen ganz an-deren Personenkreis an, näm-lich Kunststoffverarbeiter.Hier wird zunächst auf fünfSeiten die Materialvorberei-tung besprochen (Aufberei-ten, Mischen, Granulieren,Zerkleinern, Trocknen), ge-folgt vom Urformen (32 S.;verschiedene Extrusions- undSpritzgussverfahren), Umfor-men (2 S.) und Fügen (4 S.).Den Abschluss bildet ein Un-terkapitel über Fortschrittebeim Verarbeiten von Poly-urethan-Rohstoffen. In alldiesen Abschnitten stehen

maschinentechnische Fort-schritte im Vordergrund.

Summa summarum: Einhervorragender Fortschritts-bericht, dessen Studiumnicht nur den in der IndustrieTätigen empfohlen werdenkann, sondern auch den inHochschulen Lehrenden.Studenten mag es als Ergän-zung einschlägiger Lehr-bücher dienen, entweder sol-chen der makromolekularenChemie (erster Hauptteil)oder der Kunststofftechnik(zweiter Hauptteil).

H. G. Elias, Michigan, USA[BB 3495]

Successful TroubleShooting for ProcessEngineersD. R. WoodsWiley-VCH Verlag GmbH &Co. KGaA, Weinheim 2006,409 Seiten, zahlr.Abb. und Tab., geb., I 99,–ISBN 3-527-31163-7

Unter Ingenieuren zähltTrouble Shooting zu denKönigsdisziplinen. Analyti-sches Denken, Teamfähig-keit, Ideenreichtum und Er-fahrung werden vom TroubleShooter erwartet – und nichtzuletzt auch Geschwindig-keit.

Motiviert öffnet der Leserdas 400 Seiten starke Werkund staunt über die Textfülle.Doch davon sollte sich nie-mand aufhalten lassen. Denngleich zu Beginn der Lektürestellt der Autor klar, dassTrouble Shooting nicht nurder „Notfalleinsatz“ ist, son-dern ein zentrales Elementder Ingenieurtätigkeit. Trou-ble Shooting-Probleme sind„unerwartete Ereignisse miteinem solchen Ausmaß, dasskorrigierende Eingriffe wahr-scheinlich notwendig sind“.Und davon gibt es im betrieb-lichen Alltag so viele, dass dieTextfülle gerechtfertigt ist.

Außerdem schließt der Au-tor D. R. Woods eine Lückeim deutschen Ausbildungs-system: Das Fach „TroubleShooting“ oder „Lösung vonBetriebsproblemen“ gibt esallenfalls sehr vereinzelt andeutschen Hochschulen oderin Weiterbildungsprogram-men. Genau hier setzt dasBuch an: Der Leser kann sichtheoretische Grundlagen unddann mit 52 Beispielfällen,einer Reihe von Checklistenund einem Selbsttest Schlüs-selqualifikationen für erfolg-

reiches Trouble Shooting erar-beiten. Der Autor spricht denLeser häufig direkt an, wie esauch in einem Kursus üblichist, z. B. mit: „Developing skillis not a spectator sport. Parti-cipate.“ Hinter dem Ganzensteht die langjährige, mitAuszeichnungen gewürdigteLehr- und Forschungstätig-keit von D. R. Woods an derkanadischen McMaster-Uni-versity.

Die Schlüsselqualifikatio-nen lassen sich an einerHand abzählen: Problem-lösung, Prozesstechnik, Pro-zesssicherheit und Materialei-genschaften, Systemdenken,menschliche Fähigkeiten.

Nach Einführung undSelbsttest wird der mentaleProblemlösungsprozess be-handelt, und 18 griffig for-mulierte Eigenschaften erfah-rener Problemlöser werdenvorgestellt. Eine davon ist:„Focus on accuracy instead ofspeed!“ An erster Stelle stehtfür den Autor also die syste-matische und in der Abarbei-tung genaue Vorgehensweise.Zwar werden erfahrene undunerfahrene Trouble Shooterzumindest eine leicht unter-

schiedliche Systematik wäh-len. Aber beide werden Hypo-thesen für die Erklärungdes Betriebsproblems aufstel-len. Und diese Hypothesenungenau zu überprüfen,führt eher zu einer verlang-samten Lösung des Prob-lems.

Das nächste Kapitel reflek-tiert die Notwendigkeit pro-zesstechnischen Wissens undlistet mögliche Ursachen vontechnischen Problemen fürzahlreiche Apparate der Fest-stoff- und Fluidverfahrens-technik auf. Dem TroubleShooter sind sie ein guterEinstieg in die Analyse. Ander Oberfläche bleibt hinge-gen „Systems Thinking“. Zudiesem Thema würde der Ex-perte z. B. noch Bilanzrech-nungen erwarten. „Health,Fire, Stability“ ist mit zweiSeiten und ohne Hinweiseauf europäische Richtlinienebenfalls deutlich unterreprä-sentiert.

Fünf Ingenieure mit unter-schiedlichem Erfahrungs-horizont lässt der Buchautorim folgenden AbschnittBeispielfälle bearbeiten, umunterschiedliche Herange-

324 Chemie Ingenieur Technik 2007, 79, No. 3Buchbesprechungen

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