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Post on 21-Oct-2020
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KIT – Universität des Landes Baden-Württemberg und
nationales Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft
Biomass steam processing (BSP) – Konvertierung von Biomassen zu Kohle mittels Dampfkonditionierung
J. Steinbrück a, L. Walz b, H. Bockhorn a,* a Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Engler-Bunte-Institut, Engler-Bunte-Ring 7, 76131 Karlsruhe b Energie Baden-Württemberg AG, Durlacher Allee 93, 76131 Karlsruhe
Limitierte Ressourcen erfordern neue Energieträger
Angesichts der knapper werdenden fossilen Ressourcen
(siehe Abbildung) und des fortschreitenden Klima-
wandels (siehe Abbildung) steigt das Interesse an
Energieträgern aus Biomassen. Der Einsatz von
kohlehydratbasierten biogenen Reststoffen, wie Stroh,
Holzresten und -abfällen, Grasschnitt, vegetabilen
Abfällen, Gärresten oder Klärschlamm, als Energieträger
anstelle von sog. „Energiepflanzen“ vermeidet die
Konkurrenz zur Nahrungsmittelherstellung. Biomasse
weist einen hohen Anteil an chemisch gebundenem
Wasser sowie häufig einen hohen Feuchtegehalt auf.
Daraus resultiert ein niedriger massebezogener Energie-
gehalt.
Um die Energiedichte von Biomasse zu erhöhen, sind
verschiedene Verfahren verfügbar. Abhängig von
Parametern wie Temperatur, Druck, Reaktionszeit und
Engler-Bunte-Institut –Verbrennungstechnik
Die weltweite Erdölförderung von 1900 – 2150 (Quelle : BGR)
Biomasseanteil lassen sich dabei feste, flüssige oder
gasförmige kohlenstoffhaltige Stoffe gewinnen. Generell
gilt: Mit steigender Schärfe der Reaktionsbedingungen,
vor allem Temperatur und Reaktionszeit, nimmt die
Tendenz zur Gasbildung zu, und es entstehen kleinere
organische Moleküle.
Kohlenstoff stellt einen vielfältig einsetzbaren effektiven
Energiespeicher dar. Verfahren zur Konditionierung von
Biomasse, die auf Kohlenstoff als Feststoff abzielen,
treffen auf wachsendes Interesse. Bei der Karboni-
sierung wird der Kohlenstoffanteil der Einsatzbiomasse
durch thermische Behandlung in Inertgasatmosphäre
(Pyrolyse) oder mit Hilfsstoffen wie heißem, flüssigem
Druckwasser (hydrothermale Karbonisierung – HTC)
als feste Kohle gewonnen. Sowohl Pyrolyse als auch
HTC erfordern lange Reaktionszeiten, um in der Kohle
hohe Kohlenstoffanteile zu erreichen. So wird bei der
Pyrolyse die Biomasse für viele Stunden bis Tage auf
rund 450°C gehalten. Bei der HTC sind mit etwa acht
bis 24 Stunden bei 180 °C bis 240 °C die Reaktions-
zeiten etwas kürzer und die Temperaturen niedriger,
der verfahrenstechnische Aufwand ist allerdings durch
das flüssige, heterogene Reaktionsmedium und den
anzuwendenden Druck erheblich höher. Zudem wirkt
das Reaktionsmedium durch die in der Biomasse
enthaltenen Salze und organische Säuren, die im
Prozess gebildet werden, äußerst korrosiv, was hohe
Anforderungen an das Material der Reaktoren stellt.
Vorteilhaft bei der HTC ist die Möglichkeit feuchte
Biomasse einzusetzen. Dabei lassen sich äußerst
variable Strukturen erreichen.
BSP – einfach und schnell
Um die verfahrenstechnischen Nachteile der HTC und
der Pyrolyse zu umgehen, untersucht eine Gruppe von
Forschern unter der Leitung von Prof. Bockhorn am
Engler-Bunte-Institut, Bereich Verbrennungstechnik,
des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) im Projekt
„Green Coal“ eine alternative Methode – die
atmosphärische Dampfkonditionierung. Beim „Biomass
Steam Processing“ (BSP) wird der Einsatzstoff unter
Atmosphärendruck mit Wasserdampf bei Temperaturen
zwischen 250°C und 400°C bei Reaktionszeiten von
Minuten bis wenigen Stunden behandelt.
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Weltweite CO2-Emission von 1950 – 2010 (Quelle : CDIAC)
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KIT – Universität des Landes Baden-Württemberg und
nationales Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft
Vergleich der Reaktionsbedingungen von Pyrolyse, Hydro-
thermaler Karbonisierung und Biomass Steam Processing
Dabei entsteht mit wesentlich geringerem
verfahrenstechnischen Aufwand als bei der HTC und
bei viel kürzeren Reaktionszeiten als bei der Pyrolyse
braunkohleähnliche Biokohle. Auch sind die BSP-
Reaktionsbedingungen besser beherrschbar und die
Biokohlen-Elementarzusammensetzung ist variabel.
Die Projektgruppe erforscht das BSP-Verfahren mit
Modellbiomassen und realen Biomassen wie Stroh,
Holz, Gras, Orangenschalen, Bioabfälle und
Klärschlamm theoretisch und experimentell.
Entwicklung des Verfahrens
Als Versuchsträger setzen die Wissenschaftler unter
anderem mehrere Laborreaktoren und Technikums-
reaktoren vom Gramm- bis zum Kilogramm-Maßstab
ein.
Nach ersten Versuchen zum BSP-Verfahren in einem
Laborreaktor wurde eine kontinuierlich arbeitende
Technikumsanlage für das BSP-Verfahren entwickelt
und realisiert. Nach positiven Ergebnissen wurde eine
Anlage im Pilotmaßstab gebaut, um weitere
Betriebsparameter für verschiedene Biomassen zu
ermitteln und Erfahrungswerte für einen Upscale zu
erlangen.
Engler-Bunte-Institut –Verbrennungstechnik
Die Pilotanlage mit bis zu ca. 50 kg/h Durchsatz,
welche die letzte Stufe vor einer Markteinführung
darstellt, wurde erfolgreich in Betrieb genommen.
Schema der Technikumsanlage
Ergebnis: Ein hochwertiges Produkt
Die Charakterisierung der Biokohle erfolgt anhand von
Thermogravimetrie, Spektroskopie, Gasanalyse, Flüs-
sigkeitsanalyse, Elementaranalyse, Heizwertbestim-
mung und Elektronenmikroskopie.
Aus der Charakterisierung werden auch mechanis-
tische Erkenntnisse gewonnen.
Untersuchte Biomassen mit entsprechender Kohle nach
Umsetzung im BSP-Verfahren
Der Heizwert von unbehandeltem Stroh oder Holz liegt
bei circa 15 bzw. 18 MJ/kg; typische Heizwerte von
Braunkohlen liegen bei circa 20 bis 28 MJ/kg. Durch
das BSP-Verfahren gewinnt man bei 300 °C bis 350 °C
und einer Reaktionszeit von nur 30 bis 120 Minuten
braunkohleähnliche Biokohlen, wobei typischerweise 40
bis 70 Prozent des Kohlenstoffs der Biomassen im
Festkörper zu finden sind.
Versuchsanlagen für das
BSP-Verfahren: BSP-Labor-
reaktor (links oben), BSP-
Technikumsreaktor (rechts
oben),BSP-Pilotanlage
(rechts unten)
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KIT – Universität des Landes Baden-Württemberg und
nationales Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft
Diese Biokohlen weisen mit 21 bis 29 MJ/kg ähnliche
Heizwerte wie typische HTC-Produkte (22 bis 28
MJ/kg) auf und folgen bezüglich der Zusammensetzung
dem natürlichen Inkohlungsprozess (siehe Abbildung).
Produkte der HTC und BSP im Inkohlungsdiagramm (van
Krevelen Diagramm)
Verglichen mit dem HTC-Verfahren sind die Verfahrens-
parameter beim BSP-Verfahren bedeutend günstiger.
Auch lassen sich gewisse Strukturparameter und
Reaktionsmechanismen besser einstellen.
Energiebilanz des BSP-Verfahrens
Ein wichtiger Aspekt ist die Energiebilanz, die das
Aufheizen sowie das Verdampfen oder Abkühlen der
Biomasse, der anhaftenden Feuchte, der Asche und
der gasförmigen und flüssigen Reaktionsprodukte
umfasst. Bei einem typischen BSP-Experiment mit
Holzpellets bei einer Einsatzmasse von 100 g, einer
Reaktionszeit von 34 Minuten und einer Temperatur
von 350 °C finden sich beispielsweise etwa 54 Prozent
der eingesetzten chemischen Energie in der Biokohle,
wobei sich der Brennwert um über 60 Prozent erhöht
hat. Auch mit Weizenstroh als Einsatzstoff und milderen
Bedingungen (Temperatur 300 °C und Reaktionszeit 56
min) kommt man zu ähnlichen energetischen
Wirkungsgraden (siehe Tabelle).
Zusammensetzungen und Eigenschaften von Einsatzbiomassen
und deren Kohlen
Engler-Bunte-Institut –Verbrennungstechnik
Weizenstroh und BSP-Kohlen aus Weizenstroh bei 250°C, 300°C,
325°C und 350°C (von links nach rechts)
Ein Teil der eingebrachten Energie findet sich als
chemische Energie in den kondensierbaren
organischen Molekülen wieder. Zusätzlich sind etwa
drei Prozent der eingebrachten chemischen Energie
zum Aufheizen von Biomasse und Feuchtigkeit auf
Reaktionstemperatur aufzubringen.
Über ein zweistufiges Kondensationssystem wirken
sich das aus den Kohlehydraten eliminierte Wasser und
kleinere organische kondensierbare Moleküle,
beispielsweise Hydroxymethylfurfural, über ihre
sensible Wärme und die Kondensationswärme positiv
auf die Energiebilanz aus.
Schema der Pilotanlage für das BSP-Verfahren
Die technische Umsetzung des BSP-Verfahrens wird in
einer Pilotanlage mit einem Umsatz von rund 50 kg
Biomasse pro Stunde untersucht. Durch die Rück-
führung des bei höherer Temperatur kondensierenden
Bioöls und der kohlenstoffhaltigen Dampfphase wird die
Ausbeute an Kohlenstoff in der Biokohle weiter
gesteigert.
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KIT – Universität des Landes Baden-Württemberg und
nationales Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft
Schnittbild des BSP-Piotreaktors
Der Pilotreaktor wurde in einem 7 Tage Dauerversuch
in Betrieb genommen. Dabei wurden Klärschlamm,
sowie Mischungen von Klärschlamm mit Holzpellets
und Klärschlamm mit Bioabfall erfolgreich prozessiert.
Die Einsatzstoffe wurden dabei getrocknet und
karbonisiert und deren Brennwerte erhöht.
Die Kohle der Klärschlamm-Holzpellets-Mischung
erreicht einen Brennwert von ca. 21 MJ/kg, die
Mischung von Klärschlamm mit Bioabfällen fast 15
MJ/kg.
Brennwerte von eingesetzten Biomassen und deren Kohlen
(links), Mischung von Klärschlamm und Bioabfall (rechts)
Die Entsorgung von Klärschlamm ist in Deutschland ein
wachsendes Problem, da sowohl die Nutzung in der
Landwirtschaft als auch die Verbrennung immer weiter
eingeschränkt werden. Auch hier kann das BSP-
Verfahren eine mögliche Lösung sein.
Die Methode lässt sich dank ihrer Einfachheit
problemlos auch in mobilen Anlagen einsetzen, so dass
Bioabfälle unmittelbar dort, wo sie anfallen,
kostengünstig und energetisch sinnvoll zu Kohle
verarbeitet werden können.
Das Verfahren ist zum Patent angemeldet. Gefördert
wird das Projekt mit Mitteln der EnBW Energie Baden-
Württemberg AG.
weitere Informationen:
Professor Dr. Henning Bockhorn
Engler-Bunte-Institut
Bereich Verbrennungstechnik (EBI-VBT)
Telefon: +49 721 608-47984
E-Mail: henning.bockhorn@kit.edu
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