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Astrophysik IISchwerpunkt: Galaxien und Kosmologie

1

Bachelor Physik mit (Nebenfach) Astronomie Wintersemester 2017/18

Dr. Benjamin Moster

Vorlesung 2: Unsere Milchstraße

Letzte Vorlesung: Unsere Milchstraße

2 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• Die meisten Sterne sind in der Scheibe

• Im Zentrum hohe Sterndichte: Bulge

• Um die Scheibe herum: stellarer Halo

• Gas und Staub hauptsächlich in der Scheibe: junge Sterne mit hoher Metallizität

• Außerhalb der Scheibe: meist alte Sterne mit niedriger Metallizität

• Sternentstehung daherin rotationsgestützter Scheibe

• Aus Bewegung der Sternekann auf Massenverteilunggeschlossen werden

• Rotationskurven können nichtdurch sichtbare Materie erklärtwerden

• Milchstraße ist eingebettet in Halo aus Dunkler Materie

• What’s the (dark) matter?

• Gas und Staub kann ausgeschlossen werden

• Entweder MACHOs (massive Objekte) oder WIMPs (nicht-baryonisch)

• Wenn Dunkle Materie aus MACHOsbesteht kann man sie mit dem Mikro- Gravitationslinseneffekt beobachten

• Magellanic Cloud Microlensing Experiment: (fast) keine Ereignisse ➙ DM = WIMPs

Letzte Vorlesung: Dunkle Materie

3 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

Heutige Vorlesung

• Die galaktische Scheibe

• Sternhaufen

• Sternkollisionen

• Gas in der Scheibe und 21 cm Linie

• Spiralarme

• Kugelsternhaufen

• Das Schwarze Loch im Zentrum

• Entstehung der Milchstraße

4 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

Die galaktische Scheibe

5 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• Wie können wir die Scheibe der Milchstraße beschreiben?

• Wo hört sie auf?

• Dichtprofil der stellaren Scheibe:

• l ist die Skalenlänge h ist die Skalenhöhe

• Gesamtmasse der stellaren Scheibe kann durch Integration berechnet werden:

⇢(R, z) = ⇢0 exp

✓�R

l⇤

◆exp

✓� z

h⇤

M = 2⇡

Z⇢(R, z)R dR dz

= 4⇡⇢0l2h

Sternhaufen

6 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• Welche Sterne sind in der Scheibe?

• Sterne entstehen nicht ‘allein’ sondern in Haufen / Assoziationen(Entstehung in Molekülwolken)

• Offene Sternhaufen (2-3 pc): wenige 10 - 100 Sterne, zusammen entstanden, gravitationsgebunden

• Kurze Lebensdauer (<1 Gyr), hauptsächlich in Spiralarmen. Warum?

• Starke Gezeitenkräfte bei Kollisionen/Vorübergängen mit H2-Wolken

• Mehrkörper-Interaktionen führen zum Ausstoßen einzelner Sterne

• Spezialfall: Sternassoziationen (Vermehrte Anzahl v. O/B-Sternen) Sehr massive und junge Sterne ➙ junge Haufen (Alter: ~ Myr)

Sterntypen in der Scheibe

7 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• Scheibe besteht primär aus Pop I Sternen

• 3 Subpopulationen (keine genaue Unterscheidung)

• Spiralarm-Sterne: jüngste Sterne (0.1 Gyr) entstehen in Spiralarmen und sind noch nicht gewandert (Cepheiden, T-Tauri-Sterne, Riesen) Meist in der Nähe von HII-Regionen

• Dünne Scheibe: älter als Spiralarm-Sterne (> 1 Gyr), aus Spiralarmen ‘entkommen’, Kreisbahnen um Zentrum der Milchstraße, nahe der Mittelebene (< 500 pc)

• Dicke Scheibe: älteste Scheibensterne (~10 Gyr) Kreisbahnen, aber weiter aus Mittelebene herausEigenschaften zwischen Pop I und II

• Deutet auf evolutionäre Geschichte der Scheibe hin

Einschub: Sternkollisionen

8 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• Wie oft kollidieren Sterne eigentlich? Problem für die Milchstraße?

• Hängt ab von: Anzahldichte n*, Relativgeschwindigkeit v*, kritischer Abstand bkrit

• Wirkungsquerschnitt , mittlere freie Weglänge

• Mittlere Zeitdauer zwischen Stößen:

• Direkt Zusammenstöße sehr unwahrscheinlich, aber gravitative Stöße?

• Ablenkung der Bahn wenn wenn Anziehungskraft > globales Potential:

• Kritischer Abstand für starkegravitative Stöße:

⇡b2krit l = 1/(⇡b2kritn⇤)

�t = 1/(⇡b2kritn⇤v⇤)

�Epot

=GM⇤m

r� mv2⇤

2

b⇤ =2GM⇤v2⇤

Einschub: Sternkollisionen

8 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• Wie oft kollidieren Sterne eigentlich? Problem für die Milchstraße?

• Hängt ab von: Anzahldichte n*, Relativgeschwindigkeit v*, kritischer Abstand bkrit

• Wirkungsquerschnitt , mittlere freie Weglänge

• Mittlere Zeitdauer zwischen Stößen:

• Direkt Zusammenstöße sehr unwahrscheinlich, aber gravitative Stöße?

• Ablenkung der Bahn wenn wenn Anziehungskraft > globales Potential:

• Kritischer Abstand für starkegravitative Stöße:

⇡b2krit l = 1/(⇡b2kritn⇤)

�t = 1/(⇡b2kritn⇤v⇤)

�Epot

=GM⇤m

r� mv2⇤

2

b⇤ =2GM⇤v2⇤

• Milchstraße ist ‘kollisionsfrei’

Die mittlere Relativegeschwindigkeit beträgt v* = 40km/sDie Anzahldichte beträgt n* = 0.1 / pc3

Die Gravitationskonstante ist G = 4.302 x 10-3 (km/s)2 pc / M⦿

Wie hoch ist der kritische Abstand für typische Sterne (M=M⦿)?Wie hoch ist die mittlere Dauer zwischen Stößen?

Der kritische Abstand ist: b = 2 x 4.302 x 10-3 x 1 / 402 pc = 5.4 x 10-6 pc = 1.7 x 1011 m

Mittlere Dauer: !t = 1/(3.14 x (5.4x10-6)2 x 0.1 x 40) km s-1pc-1

= 2.7 x 1015 yr

Gas in der Scheibe

9 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• Sterne entstehen in Gaswolken und geben am Lebensende Metalle zurück ins Gas

• Massenanteil des Gases f = mGas / mScheibe = 0.1

• Viel Gas ist befindet sich in Tausenden von Wolken (Filamente/Bögen)

• Dazwischen sind ausgedehnte HI-Bereiche

• Wie findet man atomaren Wasserstoff?

• In der Scheibe ist ca. 50% des Gasesmolekular (hohe Dichte, niedrige Temperatur < 100K, niedriger UV-Flux)

• Gleichzeitig hoher Anteil von CO Wird als Indikator für H2 benutzt

• Auch Alkohol (CH3CH2OH)

Die 21cm-Linie

10 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• Wie misst man eigentlich neutralen atomaren Wasserstoff?

• Bei typische Dichten und Temperaturen keine Lyman, Balmer, etc. Übergänge

• Elektronspin ist entweder parallel oder anti- parallel zum Protonspin

• Zustände haben minimal unterschiedliche Energie ➙ Hyperfeinstrukturübergang 21cm

• Atome müssen in Umgebung sein, in der sie Energie bekommen um auf höheren Level zu kommen ➙ Kollisionen (thermische Bewegung)

• Temperatur: T > 0.046K also überall möglich

• Radialgeschwindigkeit kann durch Doppler- verschiebung gemessen werden

3kT/2 = ✏ = hc/�

Einschub: isotherme Scheibe

11 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• Welches vertikale Profil hat die Gasscheibe?

• Auf galaktischen Skalen ist die Gasscheibe isotherm:

• Hydrostatisches Gleichgewicht:

• Symmetrie des Problems:

• Also ist

• Benutze Poisson-Gleichung um Gravitationspotential zu finden:

• Dann etwas längere Rechnung mit Variablenwechsel

• Vertikales Profil der Gasscheibe: sech2(z/h)

P =kT

µmp⇢ = A⇢

rP/⇢ = Ar⇢/⇢ = �r

Ad

dzln ⇢ = � d

dz

⇢ = ⇢0 exp [�( � 0)/A]

� = 4⇡G⇢

d

2

dz2= 4⇡G⇢0 exp

✓� � 0

A

� 0 = 2A ln cosh

r2⇡G⇢0

Az

!⇢ = ⇢0/ cosh

2

r2⇡G⇢0

Az

!

Die Spiralstruktur der Scheibe

12 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• Spiralarme haben hohe Sternentstehungsraten (junge, helle Sterne)

• Können Sterne sich dauerhaft in den Spiralarmen aufhalten? Was passiert, wenn Spiralarme mit gleicher Geschwindigkeit rotieren? (Erinnerung: Rotationskurven sind flach!)

• Aufwickel-Dilemma: differenzielle Rotation führt zu Verzerrung der Spiralarme mit der Zeit

• Sterne bewegen sich relativ zu den Spiralarmen (hinein und heraus)

• Wie entstehen Spiralarme?

• Dichtewellentheorie

• Enstehung/Vernichtung von Spiralarmen durch Instabilitäten ausgelöst von Inhomogenität

Die Spiralstruktur der Scheibe

13 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• Dichtewellentheorie: Regionen mit erhöhter Dichte können entstehen Dichtewelle rotiert um Galaxie mit anderer Geschwindigkeit Radius, wo Geschwindigkeit gleich der Sterne ist: Corotationsradius

• Numerische Simulationen mit 100 Millionen Sternteilchen zeigen, dass Spiralarme durch Inhomogenitäten ausgelöst werdenZ.B. Molekülwolken. Spiralarme entstehen sind langlebig, verschwinden aber auch wieder

Der stellare Halo

14 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• Im stellaren Halo und im Bulge hat die Sternentstehung aufgehört Alte Sterne geben Hinweise auf die frühe Entwicklung der Milchstraße Hauptsächlich Pop II Sterne, mit exzentrischen Orbits

• Ungefähr 1% der Halosterne sind in Kugelsternhaufen (104-106 Sterne) kugelförmig angeordnet und bis zu 50 pc groß - ca. 150-200 Haufen

• Sterndichte im Zentrum: ~105x Dichte der Sonnenumgebung

• Kugelsternhaufen sind nicht gleichmäßigam Himmel verteilt (im Sternbild Schütze konzentriert) ➙ Zentrum Milchstraße

Der stellare Halo

14 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• Im stellaren Halo und im Bulge hat die Sternentstehung aufgehört Alte Sterne geben Hinweise auf die frühe Entwicklung der Milchstraße Hauptsächlich Pop II Sterne, mit exzentrischen Orbits

• Ungefähr 1% der Halosterne sind in Kugelsternhaufen (104-106 Sterne) kugelförmig angeordnet und bis zu 50 pc groß - ca. 150-200 Haufen

• Sterndichte im Zentrum: ~105x Dichte der Sonnenumgebung

• Kugelsternhaufen sind nicht gleichmäßigam Himmel verteilt (im Sternbild Schütze konzentriert) ➙ Zentrum Milchstraße

Wie groß ist die mittlere Entfernung zwischen Sternen im Zentrum?Die Anzahldichte dort beträgt 104/pc3.

Wie verhält sich das zum Abstand Sonne - Alpha Centauri (1.3 pc)?

Jeder Stern nimmt Volumen von V = 1/n = 10-4 pc3.Um keine Lücken zu lassen betrachten wir Würfel statt Kugeln:

L = V1/3 = 10-4/3 pc = 0.05 pc

Das entspricht 1/28 x der Entfernung zu Alpha Centauri.

Berühmte Astronomen: Harlow Shapley

15 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• 2. 11.1885 (Missouri) - 20.10.1972 (Colorado) Geboren auf Farm, Schulabgänger (5. Klasse)

• Kriminalistik-Journalist, dann holte er 6 Jahre High School in 2 Jahren nach

• Wollte 1907 in Missouri Journalismus studieren Verzögerung ➙ Studierte erstbestes Fach im VVZ

• Promovierte in Princeton bei Russell (Cepheiden) Bestimmte Entfernung zu Kugelsternhaufen ➙ Sonne ist nicht im Zentrum der (großen) Milchstraße

• Great Debate 26.4.1920 mit Herber Curtis: Sind ‘Spiralnebel’ Teil der Milchstraße oder eigene ‘Insel-Universen’? ➙ Curtis gewann

• Stritt sich mit Hubble über dessen Entdeckung (Junk Science) Ließ sich aber überzeugen durch ‘the letter that destroyed my universe’.

• Direktor des Harvard College Observatory und AAS Präsident (1947)

Einschub: Herzsprung-Russell-Diagramm

16 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• HR-Diagramm gibt Leuchtkraft vs. Temperatur. Kann beides nicht beobachtet werden ➙ Farb-Helligkeits-Diagramm Farbe entspricht Temperatur, Helligkeit entspricht Leuchtkraft

• Farbindex = Helligkeit im Blauen - Helligkeit im Grünen (B-V)

• Helligkeit wird als Magnitude ausgedrückt: 2.5 Magnituden Differenz entsprechen Faktor 10 in Leuchtkraft (logarithmisch!)

• Scheinbare Helligkeit m: auf der Erde beobachtete Helligkeit Absolute Helligkeit M: in Entfernung von 10 pc beobachtete Helligkeit

• Distanzmodul: M = m - 5 log10 (d/pc) + 5

• Wenn die absolute Helligkeit bekannt ist kann die Entfernung berechnet werden

Einschub: Herzsprung-Russell-Diagramm

17 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• HR-Diagramme von Kugelsternhaufen sehen sehr ähnlich aus

• Wasserstoffbrennende Sterne sind auf der Hauptreihe

• Umso älter der Haufen ist, umso mehr (massive) Sterne verlassen die Hauptreihe und werden Riesen

• Position der Hauptreihen-Abzweigung verrät uns, wie alt der Haufen ist!

• Theoretische Sternmodellesagen die Positionen im HRDvoraus (Isochronen)

• Durch Anpassen der Isochronenan die Beobachtung können dieEntfernung und das Alter bestimmt werden!

RR Lyrae Sterne

18 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• Wenige Kugelsternhaufen ➙ Ausmessen des Halos schwierig

• Sterne die die Hauptreihe und den Riesenast verlassen haben brennen Helium im Kern ➙ Horizontaler Ast (alle gleiche Helligkeit)

• Können als Standardkerzen benutzt werden um Distanz zu bestimmen

• Wie erkennt man einen RR Lyrae Stern?

• Pulsieren ähnlich den Cepheiden (Opazität von ionisierte Helium variert mit der Temperatur)

• Können bis mehrere 10 kpc beobachtet werden

• Sterndichte im Halo nimmt ab mit r -3

• Zentrum der Milchstraße: 8.5 kpc

Galaktischer Bulge und Bar

19 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• Besteht hauptsächlich aus Pop II Sternen (alt, niedrige Metallizität)

• Blick auf Bulge ist durch Staub verdeckt ➙ Beobachtung im IR

• Asymmetrie ist beobachtbar: Bulge ist zum Bar verzerrt

• Entsteht durch Instabilität (zu hohe Oberflächendichte der Scheibe)

Das zentrale Schwarze Loch

20 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• Im Zentrum befindet sich eine starke Radioquelle: Sagittarius A*

• Innerhalb von 0.04 pc liegt ein sehr junger Sternhaufen

• Beobachte Sternbewegung um das Zentrum (20 Jahre): Umlaufbahnen ergeben Masse von Zentralem Objekt M = 4.3 x 106M⦿

• Objekt ist sehr kompakt und sehr massive: Schwarzes Loch

Die Entstehung der Milchstraße

21 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

• Im frühen Universum entsteht der Halo aus Dunkler Materie und wächst durch Verschmelzung mit anderen Halos

• In diesen Halo fällt Gas ein und kühlt Das Gas behält Drehimpuls und bildet eine kalte Scheibe

• In dieser Scheibe können Sterne entstehen ➙ stellare Scheibe

• Supernovae erhitzen das Gas wieder ➙ Gleichgewicht

• Der Bulge entsteht durch Galaxienkollisionen im frühen Universum

• Vor der Hälfte des Alters des Universums fällt ein relative massiver Subhalo mit Satellitengalaxie in das System ein ➙ die Scheibe ‘heizt sich auf’ und wird dicker

• Danach entsteht aus dem kalten Gas wieder eine neue dünne Scheibe

• Durch Scheibeninstabilitäten entsteht der Bar im Zentrum

• Halo entsteht durch Zerbersten einfallender Satellitengalaxien

Die Entstehung der Milchstraße

22 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

Die Entstehung der Milchstraße

23 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

Die Entstehung der Milchstraße

24 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

Die Entstehung der Milchstraße

25 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

Die Entstehung der Milchstraße

26 Astrophysik II (Bachelor) 25.10.2017

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