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Jutta AumüllerAssimilation
2009-05-14 14-23-35 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 02e9210204355270|(S. 1 ) T00_01 schmutztitel - 1236.p 210204355278
Jutta Aumüller (Dr. phil.) ist Politikwissenschaftlerin mit dem SchwerpunktMigrationsforschung.
2009-05-14 14-23-35 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 02e9210204355270|(S. 2 ) T00_02 seite 2 - 1236.p 210204355334
Jutta Aumüller
AssimilationKontroversen um ein migrationspolitisches Konzept
2009-05-14 14-23-35 --- Projekt: transcript.titeleien / Dokument: FAX ID 02e9210204355270|(S. 3 ) T00_03 titel - 1236.p 210204355422
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Inhalt
Abbildungen und Tabellen 9
Einleitung und Methode 11
Über diese Arbeit – Hintergründe und Interessen 11
Leitfragen und -thesen 13
Methodik 17
Über Migration sprechen 23
Zum Aufbau der Arbeit 25
Über den Begriff „Assimilation“ 27
Etymologischer Überblick 27
Diskurszusammenhänge von Assimilation – eine Analyse der sozialwissenschaftlichen Bedeutungskontexte 33
Bedeutungsdimensionen 36
Assimilation als evolutionistisches Prinzip 37
Nationalstaat und ethnisch-kulturelle Homogenität 39
Vereinnahmung und Entfremdung 40
Sozialstrukturelle Angleichung 42
Begriffssystematisierung: Assimilation – Akkulturation –Akkommodation – Integration 42
Klassische Theorien der Assimilation: Eine Bestandsaufnahme 47
Robert E. Park und die Chicago-Schule 48
Elemente des Park’schen Assimilationsbegriffs 51
Das Modell des „race relation cycle“ 54
Das Park’sche Assimilationsmodell im zeitgenössischen Kontext 54
Milton M. Gordon 58
Shmuel N. Eisenstadt 66
Zyklen- und Generationenmodelle 70
Jenseits des „melting pot“: Der „culturalist turn“ seit den sechziger Jahren 77
Zusammenfassung und Bewertung 79
Tradition oder Neukonzipierung? Neuere Modelle von Assimilation 83
Kritik an den klassischen Modellen 84
Assimilationstheorie für eine neue Ära der Einwanderung – eine Sichtung neuerer Konzepte 88
Abkehr von der Vorstellung einer vollständigen Assimilation 88
Alba und Nee und die „neue Assimilationstheorie“ 90
Kritik des Neoassimilationismus 95
Segmentierte Assimilation 97
Fazit: Eine neue Theorie der Assimilation? 102
Assimilationstheorie in der deutschsprachigen Migrationsforschung 105
Das handlungstheoretische Paradigma: Esser 106
Erweiterungen und alternative Konzeptionen: Integration und Assimilation bei Nauck, Heckmann und Hoffmann-Nowotny 113
Nauck 114
Heckmann 116
Integration und Assimilation bei Hoffmann-Nowotny 118
Zwischenresümee 1: Begriffliche Dimensionen von Assimilation 121
Transnationalismus als Herausforderung des Assimilationsparadigmas? 123
Zwischenresümee 2: Die Position der Assimilationstheorie innerhalb des deutschsprachigen Theoriefundus 126
Assimilation und Integration: Bedeutungsverschiebungen in der Verwendung zweier Begriffe 128
Exkurs: Assimilatorische Konzepte in Westeuropa 132
Die jüdische Assimilation im 19. Jahrhundert 139
Die jüdische Emanzipationsbewegung 140
Die innere Reform des Judentums 147
Assimilation aus jüdischer Sicht:Gershom Scholem und Hannah Arendt 149
Fazit: Das „Dilemma der Assimilation“ 157
Nationalismus und „Volkstumsforschung“: Assimilationsdiskurse im frühen 20. Jahrhundert 161
Migration und ethnische Beziehungen seit der Reichsgründung 1871 162
Einwanderungspolitik als Arbeitsmarktpolitik 162
Staatsangehörigkeit und Ausländerpolitik 163
„Situative Identität“: Zur Assimilation der Polen in Deutschland 165
Ausländer- und Zwangsarbeiterpolitik unter der nationalsozialistischen Herrschaft 170
Assimilation in den völkischen Diskursen seit den zwanziger Jahren 174
Karl Christian von Loesch 177
Rudolf Heberle 179
Max Hildebert Boehm 180
Fazit: Assimilationsabwehr und Antimodernismus 184
Assimilationsdiskurs nach 1945 186
Assimilation im bundesrepublikanischen Migrationsdiskurs 189
„Ausländerpolitik“ in der Phase der Gastarbeitereinwanderung 191
Deutschland wird Einwanderungsgesellschaft:Die Multikulturalismus-Debatte 195
„Parallelgesellschaften“ und „Leitkultur“: Ein neuer Nationalismus zu Beginn des 21. Jahrhunderts? 200
Exkurs: Die öffentliche Diskussion um „Parallelgesellschaften“ und „Leitkultur“ 202
„Integration ja – Assimilation nein“? 206
Fazit: Welche Rolle spielt Assimilation in der bundesrepublikanischen Ausländerpolitik? 210
Devianzen der Anpassung: Akkulturative Belastung und erzwungene Assimilation 215
Das Konzept der akkulturativen Belastung 216
Kulturelle Homogenisierung in der Sprach- und Schulpolitik 219
Minderheitenschutz und der globale Wandel seit 1989 224
Erzwungene Assimilation und Ethnozid 230
Fazit: Das Kontinuum zwischen freiwilliger und erzwungener Assimilation 231
Resultate und Schlussfolgerungen 235
Assimilationstheorien und ihre Stellung innerhalb der Migrationsforschung 235
Versuch der Systematisierung 237
Assimilation als diskursives Konzept 249
Literatur 255
9
Abbildungen und Tabellen
Abbildungen
Abb. 1: Hypothetische Kausalstruktur von Assimilation und personaler Integration 111
Abb. 2: Kausalstruktur des Assimilationsprozesses bei Migranten 114
Tabellen
Tab. 1: Variablen der Assimilation nach Gordon 60
Tab. 2: Assimilationstabelle („assimilation chart“) nach Taft 73
Tab. 3: Typen der Sozialintegration von Migranten 107
Tab. 4: Begriffliche Dimensionen der Eingliederung von Wanderern 115
Tab. 5: Divergierende Bedeutung von „Assimilation“ und „Integration“ bei Hoffmann-Nowotny und Esser 122
Tab. 6: Vier Akkulturationsstrategien als Variablen der beiden Faktoren interkultureller Austausch und Beibehaltung von Gruppenidentität 217
Tab. 7: Klassische Assimilationstheorien Thematische Systematisierung (1): Park, Gordon, Eisenstadt 238
Tab. 8: Klassische Assimilationstheorien: Thematische Systematisierung (2): Bogardus, Taft, Richardson 240
Tab. 9: Neoassimilationistische Modelle: Thematische Systematisierung (3): Barkan, Alba/Nee, Portes/Zhou 241
Tab. 10: Thematische Systematisierung (4): Esser 243
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Einleitung und Methode
Über diese Arbeit – Hintergründe und Interessen
„Assimilation“ ist ein Begriff, der sich durch eine eigentümliche Vieldeutig-keit auszeichnet: Einerseits bezeichnet Assimilation ein Ensemble von Theo-rien, die sich auf die Vergesellschaftung von Einwanderern beziehen und die sich um einige konzeptionelle Kerngedanken gruppieren. Andererseits hat sich Assimilation zu einem Kampfbegriff in den politischen Debatten der Einwanderungsländer in der westlichen Hemisphäre entwickelt. Dabei fällt auf, dass man sich weder in der öffentlichen Auseinandersetzung um Einwan-derung und daraus resultierende Prozesse um den verfügbaren Theoriebestand zu Assimilation kümmert, noch lässt sich die akademische Theorieproduktion sonderlich von dem kompromittierten Zustand des Begriffs in der öffentlichen Debatte beeindrucken. Das Resultat ist ein Begriff, der in der wissenschaftli-chen Forschung gleichermaßen wie im öffentlichen politischen Diskurs ver-wendet wird, ohne dass Bedeutungsgehalte miteinander abgeglichen werden.
Die vorliegende Arbeit ist aus langjährigen Beobachtungen im Zusam-menhang mit wissenschaftlicher Forschungs- und Evaluationstätigkeit zu ver-schiedenen Aspekten von Migration und Integration entstanden. „Integration ja – Assimilation nein“ ist ein Schlagwort, das die öffentliche Debatte um die Eingliederung von Zuwanderern häufig begleitet. Wenn auch nur wenige Pro-tagonisten der wissenschaftlichen und der öffentlichen Debatte bekennen, wirklich zu wissen, was Integration eigentlich sei, so ist dem breiten Feld der Diskutierenden doch offensichtlich völlig klar, dass Integration ein positiv be-setzter, Assimilation hingegen ein negativ besetzter Begriff sei. „Assimilation ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, verlautbart der türkische Mi-nisterpräsident Erdo an bei einem Deutschland-Besuch vor türkischen Im-migranten – ob er dabei auch der politischen und kulturellen Unterdrückung von Minderheiten in der Türkei eingedenk ist, sei dahingestellt. „Assimilation
ASSIMILATION
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ist die beste Form der Integration“, äußert dagegen 2002 der damalige Bun-desinnenminister Schily und ruft damit einen Sturm öffentlicher Entrüstung hervor. „Wie kriegen wir es hin, dass Integration richtig verstanden wird und nicht als Assimilation?“, fragt in einem 2007 geführten Zeitungsinterview1 derschleswig-holsteinische Innenminister Stegner besorgt und drückt damit im-plizit die Vermutung aus, dass eine – nicht näher erklärte – Assimilationspoli-tik eher zu gesellschaftlicher Beunruhigung denn zum sozialen Frieden bei-tragen könnte. In diesen öffentlichen Debatten wird Assimilation entweder auf die Unterdrückung kultureller Eigenheiten reduziert oder – im Sinne Schi-lys – als Königsweg deklariert, um alle mit Zuwanderung verbundenen sozia-len Probleme in der Gesellschaft ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen. In der Wissenschaft wiederum wird seit den neunziger Jahren, unter Zufügung des Präfixes „Neo“, ein theoretisches Konzept von Assimilation aus dem Hut hervorgeholt, das jahrzehntelang unter pluralistischen Gesellschaftskonzep-tionen verschüttet lag. Soviel Polemik einerseits und wissenschaftliche Per-sistenz unter widrigsten Bedingungen andererseits verleitet zum Nachsehen und Nachdenken: Was hat es mit diesem vielfach diskreditierten, andererseits aber überlebenszähen Begriff der Assimilation auf sich?
Nach Jahren ostentativer politischer Ignoranz ist Integration seit den spä-ten neunziger Jahren in Deutschland zu einem dominanten öffentlichen The-ma geworden. Jahrzehntelang waren zuvor die rechtlichen, sozialen und schu-lischen Belange von Immigranten auf subalterner administrativer und kom-munaler Ebene bearbeitet worden, während auf der Bühne öffentlicher Poli-tikinszenierung Deutschland zum Nicht-Einwanderungsland erklärt wurde. Diese Kehrtwendung in der öffentlichen Einschätzung von Integrationspolitik, die unter der Regierung Schröder eingeleitet wurde, wirkt sich auf politischer Ebene darin aus, dass Mechanismen der Integration identifiziert und Strate-gien der Integrationssteuerung gesucht werden sollen. Politiker suchen das Fachwissen der Experten; nachgefragt werden wissenschaftliche Erkenntnisse über Prozesse und Bedingungsfaktoren von Integration. In einer solchen Situ-ation ist danach zu fragen, welchen Beitrag Theorien der Vergesellschaftung von Zuwanderern leisten können, um sinnvolle politische Steuerung zu er-möglichen. In diesem Kontext kann die Auseinandersetzung mit Assimila-tionstheorien bereichernd für die kritische Reflexion um die generelle Steuer-barkeit von Integrationsprozessen wirken. In einem ganz praktischen Sinn tragen Assimilationstheorien dazu bei, dass gegenwärtig viel von Messbar-keit, Integrationsindizes etc. die Rede ist. Hier wird die Theorie in einem pra-xisbezogenen Policy-Zugriff instrumentalisiert. Welchen Beitrag aber können Assimilationstheorien tatsächlich leisten, um die Frage nach der Kontingenz, nach der historischen Notwendigkeit oder Zufälligkeit, von migrationsbeding-
1 Süddeutsche Zeitung vom 12. Juni 2007.
EINLEITUNG UND METHODE
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ten Vergesellschaftungsprozessen zu klären? Auch dieser Frage soll in der vorliegenden Arbeit nachgegangen werden.
Die Arbeit ist daraufhin angelegt, erstens den verfügbaren Bestand an Theorien zur Assimilation zu sichten und zu systematisieren. Zweitens geht es darum, exemplarische historische und zeitgenössische Politikdiskurse um As-similation vorzustellen und aus ihrem jeweiligen zeitlichen Kontext heraus zu erklären. Die Eigenart des Assimilationsbegriffs ist es, in unterschiedlichen historischen und wissenschaftlichen Kontexten immer wieder rekonstituiert zu werden – obwohl sich die Rahmenbedingungen von Migration und die Migrationsbewegungen selbst im Verlauf des vergangenen Jahrhunderts stark gewandelt haben. Mein Interesse zielt dahin, inwieweit von einem Kontinuum des begrifflichen Verständnisses ausgegangen werden kann beziehungsweise inwieweit eine Kohärenz der Bedeutungen gegeben ist und wo offensichtlicheBrüche im Begriffsverständnis auftreten. Ist etwa der Assimilationsbegriff, der im 19. Jahrhundert auf die politische Emanzipation der Juden bezogen wurde, derselbe, der in den politischen Auseinandersetzungen um die Integra-tion von Zuwanderern im ausklingenden 20. Jahrhundert zur Anwendung kommt? Neben der Klärung eines historischen Begriffskontinuums geht es in dieser Untersuchung weiterhin darum, semantische Diskrepanzen zwischen dem politischen Assimilationsdiskurs und theoretischen Konzepten zur Assi-milation aufzuzeigen. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf der deutsch-sprachigen Debatte und nur gelegentlich wird ein Seitenblick auf die Integra-tionsdebatte in anderen europäischen Staaten geworfen. In der Diskussion der theoretischen Konzepte wird gegebenerweise ein Schwerpunkt auf die US-amerikanische Migrationssoziologie gelegt, in der zu Beginn des 20. Jahrhun-derts erstmals ein migrationsrelevanter Assimilationsbegriff geprägt wurde.
Leit fragen und - thesen
In der vorliegenden Arbeit wird es um eine Fülle theoretischer Konzepte und diskursiver Zusammenhänge des Assimilationsbegriffs gehen. Es ist nicht mein Anspruch, aus der Fülle der Theorieproduktion ein „schlüssiges“, systematisches Konzept von Assimilation zu destillieren. Als theoretisches Konstrukt soll Assimilation weder gerechtfertigt noch verworfen werden. Vielmehr ist es meine Überzeugung, dass Vorstellungen von Assimilation der unendlich vielgestaltigen Realität von Zuwanderung und Vergesellschaf-tungsweisen von Immigranten und ihren Familien nicht gerecht werden. Assimilation ist jedoch ein wirkmächtiges diskursives Konzept, das in dieser Eigenart im Folgenden analysiert werden soll. An die Fülle des hier präsen-tierten Materials sollen strukturierend einige Leitfragen herangetragen wer-den, die mir wesentlich für die Einordnung der vielfältigen Konnotationen des
ASSIMILATION
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Begriffs erscheinen. Diese Leitfragen sollen im Folgenden eingeführt und be-gründet werden.
Wo lässt sich der Assimilationsbegriff theoretisch verorten? Der Assimilationsbegriff, so eine Ausgangsthese dieser Untersuchung, ist an-gesiedelt in sozialwissenschaftlichen Evolutionstheorien einerseits und psy-chologischen Theorien der individuellen Anpassung andererseits. Assimila-tion ist ein Begriff, der sowohl auf gesellschaftliche Systeme als auch auf das subjektive Verhalten von Individuen bezogen wird. Kennzeichnend für den Assimilationsbegriff ist es, dass verschiedene Wissenschaften auf ihn zurück-greifen, so die Ethnologie, die Sozialpsychologie, Soziologie, Politikwissen-schaft und sozialökonomische Strukturanalysen. In diesem Kontext entstehen unterschiedliche Konnotationen von Assimilation, die wiederum im politi-schen Debattengebrauch des Begriffs nicht differenziert werden. Eine Leit-frage bei der Analyse verschiedener Begriffskonzeptionen soll daher lauten, welches jeweils der genaue Bezugsrahmen der einzelnen Konzepte ist und welche Implikationen sich für den jeweiligen Bedeutungsgehalt des Begriffs ergeben.
Zu welchen Problemstellungen innerhalb der Migrationsforschung kann der Assimilationsbegriff einen Beitrag leisten? Die wissenschaftliche Erforschung von Migration stellt sich quer zu den etab-lierten akademischen Disziplinen, wodurch die Theoriebildung erschwert wird. Schließlich bildet Migration kein eigenständiges gesellschaftliches Sub-system, sondern tangiert vielfältige gesellschaftliche Sphären mit ihren jewei-ligen Subsystemen und spezifischen Problematiken. Das Phänomen Migration muss quasi auf den Theoriebestand der einzelnen Disziplinen herunter-gebrochen werden, damit man einen methodischen Zugang zu seiner Er-forschung erhält. Dies bedingt ein breites Spektrum von Forschungsansätzen, die in ihrer Partikularität oftmals schwierig zu einem Gesamtbild zusammen-zusetzen sind. Migrationsforschung erfordert jedoch, Wissen aus verschie-denen Disziplinen zusammenzutragen, etwa der Soziologie, Politikwissen-schaft, Demographie, Geographie und Geschichte. Migrationsforschung zeichnet sich aus durch das Fehlen der „großen Theorie“, des den Erkenntnis-prozess steuernden, vereinheitlichenden Paradigmas. In diese Lücke, so lautet eine Hypothese dieser Arbeit, stoßen die Assimilationstheorien, welche ver-suchen, eine umfassende Theorie der Vergesellschaftung von Zuwanderern in nationalen Gesellschaften zu formulieren. Zu fragen ist, inwieweit der Gene-ralisierungsanspruch „großer Theorie“ mit der Erklärungsbedürftigkeit realer Phänomene der Vergesellschaftung vereinbar ist.
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