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Waschke Böckers Paulsen
Sobotta
AnatomieDas Lehrbuch
LESE
PRO
BE
BIST DU ANNA ODER
TOMMIE?
VERRATE UNS, WAS DU BIST UND
GEWINNE!
KLINISCHER FALL
Akute AppendizitisAnamneseEine 24-jährige Studentin kommt in die Ambulanz der chirurgischen Klinik. Sie berichtet, sie habe seit 2 Tagen starke Bauchschmerzen – zuerst diffus im Oberbauch und seit gestern verstärkt im rechten Unterbauch. Seit gestern habe sie sich wegen Übelkeit zweimal erbre-chen müssen und wegen der Bauchschmerzen das Bett nicht mehr verlassen, Durchfall sei dagegen nicht aufgetreten. Ihr sei aufgefal-len, dass die Schmerzen nachlassen, wenn sie im Liegen das rechte Bein leicht anwinkelt. Beim Fiebermessen habe sie eine Temperatur von 38 °C festgestellt.Die Menstruation ist regelmäßig und war zuletzt vor einer Woche zu Ende. Die Vorgeschichte ergibt keine Vorerkrankungen, Voroperatio-nen im Bauchraum hätten nicht stattgefunden.
UntersuchungsbefundDie Patientin hat starke Schmerzen. Herz- (70/min) und Atemfre-quenz (20/min) sowie Blutdruck (120/80 mmHg) sind regelgerecht; Temperatur 38 °C rektal, 37 °C axillär; Gewicht ca. 56 kg bei 165 cm Körpergröße, Darmgeräusche in allen 4 Quadranten spärlich. Die Schmerzen im rechten Unterbauch sind am stärksten bei Druck, treten aber auch auf, wenn der Druck auf den linken Unterbauch wieder vermindert wird (gekreuzter Loslassschmerz). Das Anheben des rechten Beins gegen Widerstand verstärkt die Schmerzen ebenfalls. Die rektale Untersuchung ist unauffällig.
DiagnostikAußer einer Leukozytose (> 11 000 Leukozyten/µl) sind alle Laborwer-te unauffällig. Die Sonografie des Bauchraums ergibt wegen Überblähung keine eindeutigen Hinweise.Der Schwangerschaftstest ist negativ.
Wie lautet die vorläufige Diagnose?Der klinische Befund lässt am ehesten an eine akute Entzündung des Wurmfortsatzes (Appendizitis) denken. Typisch sind neben der Schmerzausbreitung der Druckschmerz besonders über dem McBURNEY-Punkt und etwas weniger über dem LANZ-Punkt sowie der gekreuzte BLUMBERG-Loslassschmerz . Die von der Bewegung und Position des rechten Beins abhängigen Schmerzen deuten ein positives Psoaszeichen an, bei dem die Dehnung und Anspannung des M. iliopsoas aufgrund der Reizung der Muskelfaszie schmerzhaft ist. Differenzialdiagnosen sind ein akuter gastrointestinaler Infekt und bei Frauen eine Entzündung der Eierstöcke oder eine Schwanger-schaft mit fehlerhafter Einnistung des Embryos (Extrauteringravidi-tät). Auch eine Entzündung eines MECKEL-Divertikels und ein im Ureter eingeklemmter Nierenstein kommen infrage.
TherapieEntfernung der Appendix vermiformis durch eine Bauchspiegelung (laparoskopische Appendektomie). Hier fällt eine stark gerötete und geschwollene Appendix in retrozäkaler Lage auf, die zur Sicherung der Diagnose in die Pathologie geschickt wird.
Weiterer VerlaufDer Patientin geht es noch am Abend nach dem Eingriff schlagartig besser und sie wird am Folgetag nach Hause entlassen.
Der stressigste Tag in der Ambulanz ever … Mc Burney, Lanz,Blumberg
A.: 24-jährige Pat., Studentin, seit 2 d starke
Bauchschmerzen, zuerst diffus, jetzt rechter UB
außerdem Übelkeit und 2x Erbrechen, kein Durchfall, Temp. 38 ° C
Schmerzen besser im Liegen u. bei angewinkeltem re. Bein
Menstr. regelm., zuletzt vor 1 Wo., Vorerkrankungen u. -OPs
KU: starker Druckschmerz im rechten UB, gekreuzter Loslass-
Schmerz, Schmerzen beim Anheben des re Beins gg. Widerstand,
DG über allen 4 Quadranten spärlich, DRU unauffällig
Proc.: Blut abgenommen, Schwangerschaftstest neg.
Sono Abdomen
V.a. akute Appendizitis!!
Blut abgenommen, Schwangerschaftstest neg.
306
7 Baucheingeweide
7.1 Magen
Kompetenzen Nach Bearbeitung dieses Lehrbuchkapitels sollten Sie in der Lage sein:• die Lageverhältnisse des Magens zu den übrigen Ober-
bauchorganen am Präparat zu zeigen und aus seiner Ent-wicklung heraus zu beschreiben
• die Abschnitte des Magens und ihre Verschlussmechanis-men zu Oesophagus und Dünndarm zu erläutern
• die Arterien des Magens mit ihrer Herkunft am Präparat zu zeigen und ihren Verlauf in den verschiedenen Bauchfelldu-plikaturen zu verstehen
• die Verbindungen der Magenvenen zum Pfortadersystem und den Venen des Oesophagus in ihrer Bedeutung zu er-kennen
• die klinische Bedeutung der Lymphabflusswege des Magens zu erklären
• die vegetative Innervation des Magens am Präparat darzulegen
7.1.1 Überblick
Der Magen, Gaster , bildet mit dem Darm (häufi g als Gastrointesti-naltrakt bezeichnet) und zusammen mit den vorgeschalteten Ab-schnitten Mundhöhle, Rachen und Speiseröhre sowie den Verdau-ungsdrüsen (Kopfspeicheldrüsen, Bauchspeicheldrüse, Leber und Gallenwege) das Verdauungssystem (› Abb. 7.1, › Tab. 7.1). Beim Verdauungskanal unterscheidet man Kopf- und Rumpfdarm, die sich in ihrem histologischen Wandbau unterscheiden.Als Hohlorgan dient der Magen der Zwischenspeicherung der Nahrung und der Einleitung der Verdauung. Er liegt intraperito-neal im linken Oberbauch und nimmt hier zwischen linkem Le-berlappen und Milz je nach Füllungszustand unterschiedlich viel Raum ein („zwischen Leber und Milz passt noch ein Pils“). Wie
auch die übrigen Verdauungsorgane ist der Magen außer für den Allgemeinmediziner und Hausarzt für verschiedene medizinische Teilgebiete wie den Gastroenterologen und den Viszeralchirurgen von großer Bedeutung. Während für den Internisten und Radiolo-gen Bau und Lage besonders für die Diagnostik verschiedener Er-krankungen wichtig sind, benötigen Viszeralchirurgen zusätzlich detaillierte Kenntnisse über die Leitungsbahnen und die genauen topografi schen Verhältnisse.
7.1.2 Funktionen des Magens
Der Magen hat verschiedene Funktionen, die zu einem großen Teil von den Zellen seiner Magendrüsen erfüllt werden. Wie die meis-ten Hohlorgane ist der Magen jedoch nicht absolut lebensnotwen-dig und kann daher ganz oder teilweise entfernt werden.
Tab. 7.1 Gliederung des Verdauungssystems .
Abschnitt Bestandteile
Verdauungskanal
Kopfdarm • Mundhöhle (Cavitas oris) (› Kap. 9.7.1)• Rachen (Pharynx) (› Kap. 10.7)
Rumpfdarm • Speiseröhre (Oesophagus) (› Kap. 6.3)• Magen (Gaster)• Dünndarm (Intestinum tenue) (› Kap. 7.2)• Dickdarm (Intestinum crassum) (› Kap. 7.2)
Verdauungsdrüsen
Speicheldrüsen • Mundspeicheldrüsen (Glandulae salivariae majores) (› Kap. 9.7.9)
• Bauchspeicheldrüse (Pancreas ) (› Kap. 7.5)
Leber (Hepar) • › Kap. 7.3
Gallenwege • Gallenblase (Vesica biliaris) (› Kap. 7.4)• Gallengänge (Ductus hepaticus communis ,
Ductus cysticus , Ductus choledochus ) (› Kap. 7.4)
Abb. 7.1 Projektion des Magens und der übrigen inne-ren Organe auf die Körperober-fläche. a Ansicht von ventral. b Ansicht von dorsal.
Gaster
a b
DER ÜBERBLICK
Übersichts ab bildungen zum Einstieg ins Th ema
Am Kapitelanfang helfen dir einfache Grafi ken bei der Orientierung – so behältst du selbst bei komplexen Th emen stets den Überblick.
Studi-Steckbrief zumklinischen Fall
Egal ob in Praktikum, Famulatur oder PJ – so verschaff st du dir später beim Patientenkontakt mit kurzen Notizen Übersicht zum Fall.
Kompetenzen und ärztliche Fähigkeiten in Anlehnung an die neuen Lernzielkataloge (NKLM und NKLZ)
Nicht nur Fakten wissen, sondern kompetent werden – hier zeigen wir dir, mit welchen anatomischen Kompetenzen du ein gutes Funda -ment für deine spätere Rolle als Arzt legst.
BIST DU THEORIE
ODERPRAXIS?
Einleitendes Fallbeispiel aus der Klinik
Hier erfährst du, warum sich die Anatomie für dein ganzes Studium und deinen zukünfti-gen Berufsalltag als Arzt lohnt.
BIST DU STUDENT
ODER ARZT?
BIST DU NAVI ODER
KARTE?
LESEPROBE SOBOTTA – DAS LEHRBUCH.
2
312
7 Baucheingeweide
A. gastrica posterior, ein inkonstantes Gefäß in der Mitte der Hin-terwand, aus der A. splenica abgehen. Die A. gastroomentalis sinis-tra und die Aa. gastricae breves verlaufen im Lig. gastrosplenicum.
Klinik Da die Magenarterien direkt an und teilweise auch in der Ma-genwand verlaufen, können Magengeschwüre (Ulcera ventri-culi) tödliche Magenblutungen verursachen.Bei einer operativen Entfernung des Oesophagus aufgrund eines Ösophaguskarzinoms wird meist der Magen als Ersatz gewählt (Magenhochzug). Dabei wird ein Magenschlauch gebildet, für dessen Versorgung allein die A. gastroomentalis dextra ausreicht.
7.1.9 Venen des Magens
Die Venen entsprechen den Arterien und begleiten diese entlang der Magenkurvaturen. Sie unterscheiden sich jedoch in ihrem An-schluss an die Pfortader: Nur die Vv. gastricae dextra et sinistra münden direkt in die Pfortader, während alle anderen Venen das Blut zu den Hauptstämmen der Pfortader leiten (› Tab. 7.3).
Tab. 7.3 Venen des Magens.
Aufnehmendes Gefäß Zuflüsse
Einmündung direkt in die Pfortader
• V. gastrica sinistra • V. gastrica dextra und über diese V. prepylorica
(inkonstant), die ventral den Pylorus überquert
Einmündung in V. splenica • V. gastroomentalis sinistra (aus der A. splenica)• Vv. gastricae breves • V. gastrica posterior (inkonstant, meist vorhan-
den, wenn Arterie ausgebildet ist)
Einmündung in V. mesente-rica superior
• V. gastroomentalis dextra
Klinik Bei Hochdruck im Pfortaderkreislauf (portale Hypertonie), z. B. bei Leberzirrhose, können sich über die Verbindungen der
V. gastrica sinistra zu den Ösophagusvenen, die ihrerseits über die Azygos-Venen an die obere Hohlvene angeschlossen sind, portokavale Anastomosen ausbilden. Diese Verbindun-gen sind höchst gefährlich, weil die erweiterten Ösophagusve-nen (Ösophagusvarizen) platzen und zu lebensgefährlichen Blutungen führen können.
7.1.10 Lymphgefäße des Magens
Der Magen hat 3 Lymphabfl ussgebiete sowie 3 hintereinanderge-schaltete Lymphabfl ussstationen (› Abb. 7.8):Lymphabfl ussgebiete sind:• Cardiabereich und kleine Kurvatur: Nodi lymphoidei gastrici
direkt an der kleinen Kurvatur• oberer linker Quadrant: Nodi lymphoidei splenici am Hilum
der Milz• untere zwei Drittel der großen Kurvatur und Pylorus: Nodi lym-
phoidei gastroomentales und Nodi lymphoidei pylorici Von diesen regionären Lymphknoten entlang der Kurvaturen fl ießt die Lymphe durch 2 weitere Stationen, bevor sie durch die Trunci intestinales dem Ductus thoracicus zugeleitet wird.Damit bestehen in den 3 großen Lymphabfl ussgebieten 3 hinterei-nandergeschaltete Lymphabfl ussstationen:• erste Station (› Abb. 7.8, grün): regionäre Lymphknoten der
3 Abfl ussgebiete• zweite Station (› Abb. 7.8, gelb): Lymphknoten entlang der
Äste des Truncus coeliacus• dritte Station (› Abb. 7.8, blau): Lymphknoten am Abgang des
Truncus coeliacus (Nodi lymphoidei coeliaci); von hier fl ießt die Lymphe über die Trunci intestinales in den Ductus thoracicus
Klinik Die Abflussstationen der Lymphe (› Abb. 7.8) spielen für die operative Therapie des Magenkarzinoms eine Rolle (D-Level der Chirurgen). Die Lymphknoten der ersten und zweiten Stati-on werden in der Regel zusammen mit dem Magen entfernt, was als D2-Gastrektomie bezeichnet wird. Wenn dagegen während der Operation festgestellt wird, dass auch Lymph-
Abb. 7.8 Lymphabflussstatio-nen des Magens. Ansicht von ventral (Nach [S010-1-16]).
Nodi lymphoideigastroomentales
Nodi lymphoideisplenici
Nodi lymphoideicoeliaci
Nodi lymphoideipylorici
Nodi lymphoideigastrici
Abb. 7.8 Lymphabflussstatio-nen des Magens. Ansicht von ventral (Nach [S010-1-16]).
Nodi lymphoideigastroomentales
Nodi lymphoideigastricigastrici
7.1 Magen
313
knoten der dritten Station mit den umliegenden retroperitone-alen Lymphknoten entlang der Aorta und der V. cava inferior (D3-Level) betroffen sind, ist keine Heilung möglich. In diesem Fall erspart man dem Patienten die Entfernung des Magens. Diese Entscheidung, von der das Leben des Patienten ab-hängt, muss der Chirurg am OP-Tisch treffen. Dieses Beispiel belegt sehr eindrucksvoll, wie wichtig bei manchen Organen die Kenntnis der Lymphdrainagewege ist.
M E R K EDer Magen hat 6 eigene Arterien und 3 Lymphabflussgebiete mit 3 Lymphabflussstationen.Das Omentum majus wird, entsprechend seiner Entwicklung aus dem Mesogastrium dorsale von den Leitungsbahnen an der großen Magen-kurvatur versorgt und gehört daher zum Magen, nicht zum Kolon.
7.1.11 Innervation des Magens
Der Magen ist sympathisch und parasympathisch innerviert (› Abb. 7.9):• Der Parasympathikus fördert die Magensäureproduktion sowie
die Peristaltik und Entleerung des Magens.• Der Sympathikus wirkt antagonistisch zum Parasympathikus,
indem er Magensäuresekretion, Peristaltik und Durchblutung drosselt und die Magenentleerung durch Aktivierung des M. sphincter pyloricus verhindert.
Die vegetativen Nervenfasern bilden auf der Vorder- und Rückseite des Magens Nervengefl echte (Plexus gastrici).Sympathische Nervenfasern aus den Nn. splanchnici zu den Gang-lia coeliaca verlaufen nach Umschaltung entlang der Arterien. Die präganglionären sympathischen Fasern treten als Nn. splanchnici major et minor auf beiden Seiten durch die lumbalen Schenkel des Zwerchfells und erreichen die Ganglia coeliaca am Abgang des Truncus coeliacus, wo sie auf postganglionäre Neurone umgeschaltet werden. Diese erreichen zusammen mit den präganglionären para-sympathischen Nervenfasern als periarterielle Nervengefl echte ent-lang der Magenarterien die verschiedenen Abschnitte des Magens. Der Sympathikus besitzt auch aff erente Schmerzfasern. Die Zone des übertragenen Schmerzes auf der Rumpfwand (HEAD-Zone) ent-
spricht den Dermatomen T5–8 in der linken Regio epigastrica, in der der Magen im Magenfeld der vorderen Rumpfwand anliegt.Parasympathische Fasern gelangen als Trunci vagales an die kleine Kurvatur sowie die Vorder- und Rückseite des Magens, zur großen Kurvatur dagegen indirekt über den Plexus coeliacus als periarterielle Gefl echte. Die präganglionären parasympathischen Fasern erreichen den Magen als Trunci vagales anterior et posterior in Begleitung der Speiseröhre und verlaufen entlang der kleinen Kurvatur. Von dort strahlen die Rr. gastrici auf die Vorder- und Hinterwand des Magens aus und versorgen den Großteil von Corpus und Fundus. Aufgrund der Magendrehung bei der Entwicklung geht der vordere Truncus vagalis überwiegend aus dem linken, der hintere Truncus vagalis da-gegen aus dem rechten N. vagus [X] hervor. Die Pars pylorica wird von eigenen Ästen innerviert (Rr. pylorici), die zunächst mit den Rr. hepatici aus dem Truncus vagalis anterior zur Leber abgehen und dann im Omentum minus zur Pylorusregion ziehen. Zur großen Magenkurvatur gelangen einzelne Nervenfasern aus dem Truncus vagalis posterior und nehmen einen Umweg über den Plexus coelia-cus, werden allerdings hier nicht umgeschaltet und schließen sich dann den Magenarterien aus dem Truncus coeliacus an.Die postganglionären Neurone liegen meist in der Magenwand und sind daher bei der Präparation nicht darstellbar. Zur allgemeinen Organisation des vegetativen Nervensystems im Bauchraum › Kap. 7.8.5.
Klinik Früher war die Durchtrennung des N. vagus (Vagotomie) die einzig effektive Möglichkeit, um bei Magengeschwüren die Säuresekretion zu reduzieren. Dabei wurden entweder der ge-samte N. vagus [X] unterhalb des Zwerchfells (totale Vagoto-mie) oder die Äste zum Magen (selektiv proximale Vagotomie) durchtrennt, um bei Magengeschwüren die Säuresekretion zu reduzieren. Der Verlauf der Nervenfasern erklärt, warum es da-durch häufig zur Störung der Magenentleerung (Rr. pylorici) und zur Bildung von Gallensteinen (Rr. hepatici) gekommen ist. Seit es jedoch die Möglichkeit der medikamentösen Säu-reblockade und der Entfernung der auslösenden Helicobacter-pylori-Bakterien durch Antibiotika gibt, hat der Stellenwert dieses Eingriffs drastisch an Bedeutung verloren.
Abb. 7.9 Vegetative Nervenver-sorgung des Magens (Gaster); sympathische Innervation (grün), parasympathische Inner-vation (violett) (Nach [S010-1-16]).
BIST DU ÄSTHET
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WELCHEM ATLAS.
Sobotta – der Richtige
für dich.
3
Prof. Dr. Friedrich Paulsen
Professor Friedrich Paulsen (geb. 1965)
absolvierte nach dem Abitur zunächst
eine Ausbildung als Krankenpfleger.
Im Anschluss an das Humanmedizin-
studium in Kiel war er zunächst an
der Christian-Albrechts-Universität
Kiel. Von 2003 bis 2010 hatte er den
Lehrstuhl für Anatomie an der Mar-
tin-Luther-Universität Halle. Seit 2010
leitet er den Lehrstuhl II am Institut für
Anatomie der Friedrich-Alexander-Uni-
versität Erlangen. Er ist mehrfach für
gute Lehre ausgezeichnet worden,
zuletzt 2014 als bester vorklinischer
Dozent.
Prof. Dr. Jens Waschke
Professor Jens Waschke (geb. 1974)
hat sich – nach Medizinstudium und
Promotion an der Universität Würz-
burg – 2007 habilitiert. Zwischen 2008
und 2011 war er zunächst Lehrstuhl-
inhaber für Anatomie an der Universität
Würzburg und ist seit März 2011 In -
haber des Lehrstuhls I an der Anatomi-
schen Anstalt der Ludwig-Maximili-
ans-Universität München. Seit 2011
berät er die Bayerische Landes ärzte-
kammer als Fachgutachter und ist seit
2015 Sachverständiger beim Institut
für medizinische und pharmazeutische
Prüfungsfragen (IMPP).
Prof. Dr. Tobias M. Böckers
Professor Tobias M. Böckers (geb. 1964)
studierte Medizin an den Universitäten
Münster, Seattle (USA) und Wellington
(NZ). Er promovierte und habilitierte
sich. Im Jahr 2003 wurde er Direktor des
Instituts für Anatomie und Zell biologie
der Universität Ulm und seit 2010 ist
er Studiendekan der medizinischen
Fakultät. Er erhielt mehrere For-
schungs- und Lehrpreise und ist
Mitglied der AG Lehre des Medizini-
schen Fakultätentages (MFT). Diese
Arbeitsgruppe hat die neuen Nationa-
len Kompetenzbasierten Lern -
zielkataloge Medizin (NKLM) und
Zahnmedizin (NKLZ) verabschiedet.
DIE HERAUSGEBER
Sachverständiger IMPP
NKLM/NKLZ Bester vorklinischer Dozent
LESEPROBE SOBOTTA – DAS LEHRBUCH.
4
DAS INHALTSVERZEICHNIS
Allgemeine Anatomie und Embryologie
1 Allgemeine Anatomie1.1 Teilgebiete1.2 Bauplan des menschlichen
Körpers1.3 Haut und Hautanhangs gebilde1.4 Muskuloskelettales System1.5 Kreislaufsysteme1.6 Schleimhaut, Drüsen, seröse Höhlen1.7 Nervensystem
2 Allgemeine Embryologie2.1 Einführung2.2 Befruchtung2.3 Präimplantationsentwicklung2.4 Gastrulation2.5 Entwicklung des Ektoderms2.6 Entwicklung des Mesoderms2.7 Entwicklung des Entoderms2.8 Abfaltungsbewegungen des Embryos2.9 Extraembryonale Gewebe2.10 Frühentwicklung der
Extremitäten2.11 Frühentwicklung von Kopf
und Hals
Bewegungsapparat
3 Rumpf3.1 Ventrale Rumpfwand3.2 Dorsale Rumpfwand3.3 Wirbelsäule, Rückenmark
und Brustkorb
4 Obere Extremität4.1 Überblick4.2 Entwicklung von oberer und
unterer Extremität4.3 Schultergürtel4.4 Oberarm4.5 Unterarm und Hand4.6 Nerven der oberen Extremität4.7 Arterien der oberen
Extremität4.8 Venen der oberen Extremität4.9 Lymphgefäße der oberen
Extremität4.10 Topografisch wichtige
Aspekte des Arms
5 Untere Extremität5.1 Überblick5.2 Becken5.3 Oberschenkel5.4 Unterschenkel5.5 Fuß5.6 Nerven der unteren
Extremität5.7 Arterien der unteren
Extremität5.8 Venen der unteren Extremität5.9 Lymphgefäße der unteren Extremität5.10 Topografisch wichtige
Aspekte des Beins
Innere Organe
6 Brusteingeweide6.1 Herz6.2 Luftröhre und Lungen6.3 Oesophagus6.4 Thymus6.5 Brusthöhle6.6 Leitungsbahnen der
Brusthöhle
7 Baucheingeweide7.1 Magen7.2 Darm7.3 Leber7.4 Gallenblase und Gallenwege7.5 Bauchspeicheldrüse7.6 Milz7.7 Peritonealhöhle7.8 Leitungsbahnen der
Peritonealhöhle
8 Beckeneingeweide8.1 Niere8.2 Nebenniere8.3 Ableitende Harnwege8.4 Mastdarm und Analkanal8.5 Männliche Geschlechtsorgane8.6 Weibliche Geschlechtsorgane8.7 Retroperitonealraum und
Beckenhöhle8.8 Leitungsbahnen von
Extra peritonealraum und Beckenhöhle
8.9 Beckenboden und Damm region
Kopf und Hals
9 Kopf9.1 Schädel9.2 Weichteilmantel9.3 Hirnnerven9.4 Auge9.5 Ohr9.6 Nase9.7 Mundhöhle, Kauapparat,
Zunge, Gaumen, Mund boden, Speicheldrüsen
10 Hals10.1 Überblick10.2 Bewegungsapparat des Halses10.3 Halsfaszien und Bindege-
websräume10.4 Leitungsbahnen des Halses10.5 Schilddrüse und Neben-
schilddrüsen10.6 Larynx10.7 Pharynx
Neuroanatomie
11 Allgemeine Neuroanatomie
11.1 Embryologie11.2 Gliederung des
Nervensystems11.3 Meningen11.4 Ventrikelsystem und
angrenzende Strukturen11.5 Hirngefäße
12 Spezielle Neuroanatomie12.1 Telencephalon12.2 Diencephalon12.3 Hirnstamm12.4 Cerebellum12.5 Hirnnerven12.6 Rückenmark
13 Funktionelle Systeme13.1 Somatomotorisches System13.2 Somatosensibles System13.3 Visuelles System13.4 Auditives System13.5 Vestibuläres System13.6 Olfaktorisches System13.7 Gustatorisches System13.8 Nozizeptives System13.9 Vegetatives Nervensystem13.10 Limbisches System
Embry ologie auf den Punkt gebracht
Auch geeignet für Zahn mediziner
Komplexe Inhalte, einfach erklärt
5
KLINISCHER FALL
AchillessehnenrupturAnamneseEin 56-jähriger Mann wird abends von Freunden in die Notaufnahme der Klinik gebracht. Er gibt an, wie jeden Mittwochabend mit seiner Mannschaft Volleyball gespielt zu haben. Beim kraftvollen Absprung aus der Hocke habe er plötzlich einen Schlag hinten am rechten Unterschenkel verspürt. Gleichzeitig sei ein laut schnalzendes Geräusch zu hören gewesen. Seitdem habe er starke Schmerzen und könne nur noch humpeln. Er sei sonst als passionierter Läufer regelmäßig sportlich aktiv. Er gibt an, dass er nach langen Läufen ab und zu für einige Tage Schmerzen im hinteren Bereich der Unter-schenkel hatte.
UntersuchungsbefundDer Patient ist bei vollem Bewusstsein, die Vitalparameter sind im Normbereich. Am rechten Unterschenkel ist eine Schwellung des distalen Drittels auffällig. Bei der Untersuchung lässt sich eine etwa 1 cm lange Einsenkung eine Handbreit oberhalb des Fersenbeins tasten. Der Patient kann mit dem rechten Bein nicht auf Zehenspitzen stehen. Die Untersuchung der Sprunggelenke ist unauffällig.
DiagnostikDie Ultraschalluntersuchung zeigt eine Ruptur der Achillessehne. Die Lücke zwischen den beiden gerissenen Enden der Sehne ist 8 mm breit. Ein Röntgenbild im lateralen Strahlengang ergibt keine Hinweise auf einen Ausriss eines Knochenfragments am Ansatz der Sehne am Tuber calcanei oder auf sonstige Frakturen.
DiagnoseAchillessehnenruptur rechts.
TherapieNach sorgfältiger Aufklärung wird ein konservatives Vorgehen beschlossen. Der Patient bekommt einen Therapieschuh mit 3 cm Fersenerhöhung angepasst, sodass der Fuß in 20°-Plantarflexions-stellung fixiert wird. Eine Vollbelastung des Beins ist sofort möglich. Der Patient wird mit der Instruktion entlassen, den Schuh für 12 Wochen Tag und Nacht zu tragen. Außerdem muss der Fuß plantarflektiert gehalten werden, wenn der Schuh z. B. zum Duschen abgenommen wird.
Weiterer VerlaufNach 3 Wochen wird mit Physiotherapie begonnen. Die Fersenkeile werden schrittweise auf 2 cm und 1 cm Erhöhung reduziert. Nach 12 Wochen ist der Patient ohne Therapieschuh beschwerdefrei.
Chefarztvisite – Klappe die Erste
A: 56-jähriger Patient, Z.n. Achillessehnenruptur re
Auslöser: Sprung aus Hocke beim Volleyballspielen, dabei Schlag
US hinten re und schnalzendes Geräusch bemerkt.
Anamnestisch nach längerer Belastung (Joggen)
Schmerzen im hinteren US-Bereich für einige Tage
Aufnahmebefund: Schwellung distales Drittel re US,
Einsenkung von ca. 1cm 1 Handbreit oberhalb Fersenbein,
Zehenspitzenstand re nicht möglich, Sprunggelenk unauffällig
Weitere Dx.: Sono: Ruptur der Achillessehne, Lücke von 8 mm
Rx: keine Hinweise auf Ausriss Knochenfragment oder Frakturen
Th: lokal abschwellende Maßnahmen, im Verlauf konservatives
Vorgehen mit Fixierung des Fußes in 20° Plantarflexionsstellung
44080_Sobotta_Lehrbuch.indb 200 03.06.2015 20:08:03
DER INHALT
Kapitel 5Untere Extremität
LESEPROBE SOBOTTA – DAS LEHRBUCH.
6
5.1 Überblick
201
5.1 Überblick
Die obere und die untere Extremität sind grundsätzlich ähnlich aufgebaut, weisen jedoch als Anpassung an ihre unterschiedliche Funktion verschiedene Eigenheiten in ihrem Bau auf. Der Arm ist als Greifwerkzeug auf größtmögliche Bewegungsfreiheit zur Inter-aktion mit der Umgebung ausgelegt (z. B. durch Ermöglichung von Umwendbewegungen des Unterarms oder durch hohe Beweglich-keit des Daumens). Die untere Extremität dagegen hat sich evoluti-onär beim Übergang zum aufrechten Gang an die Aufgabe als Lauf- und Stützorgan angepasst. Die zum Tragen des Körpers nö-tige Stabilität wird durch eine feste Koppelung der Hüft knochen an die Wirbelsäule und durch massivere Knochen gewährleistet. Feste Bänder stabilisieren die Gelenke und schränken die Bewegungen derart ein, dass ein ermüdungsarmes Stehen bei gleichzeitig gut erhaltener Bewegungsmöglichkeit für das Laufen ermöglicht wird. Im Gegensatz zur oberen Extremität ist die Muskulatur des Beines und besonders des Fußes mehr auf Stabilität (z. B. durch Verspan-nung des Fußgewölbes) als auf Feinmotorik ausgelegt. Trotz dieser stabilen Konstruktion sind degenerative Gelenkerkrankungen wie Arthrose und traumatische Verletzungen (z. B. Oberschenkelhals-fraktur) extrem häufi g und daher für jeden Arzt relevant.
Die untere Extremität (Membrum inferius) gliedert sich in den Be-ckengürtel (Cingulum pelvicum) und das Bein (› Abb. 5.1). Das Bein wird weiterhin in Oberschenkel (Femur), Unterschenkel (Crus) und Fuß (Pes) unterteilt. Die Längsachsen des Schaft es von Ober- und Unterschenkelknochen bilden nach lateral den Knie-außenwinkel von 174°. Das Gewicht des Körpers lastet nicht genau auf den Längsachsen der langen Beinknochen, sondern auf der Verbindungslinie zwi-schen Hüft gelenk und der Mitte des oberen Sprunggelenks (MIKULICZ-Linie) (› Abb. 5.2). Diese als Traglinie des Beins be-zeichnete Achse verläuft im Idealfall weitgehend zentriert durch das Kniegelenk. Abweichungen des Kniegelenks von dieser Linie in der Frontalebene werden als X-Bein (Genu valgum) oder O-Bein (Genu varum) bezeichnet:• Beim X-Bein befi ndet sich das Kniegelenk medial der Traglinie,
der Knieaußenwinkel verringert sich. Der Abstand zwischen rechtem und linkem Knie ist verkleinert. Beim Genu valgum ist das laterale Kompartiment des Kniegelenks stärker belastet als das mediale.
• Beim O-Bein ist es umgekehrt, das Kniegelenk befi ndet sich lateral der Traglinie, der Knieaußenwinkel wird größer und der Abstand zwischen beiden Kniegelenken ist erhöht. Beim Genu varum ist das mediale Kompartiment durch größeren Druck betroff en.
Abb. 5.1 Knochen und Gelenke der unteren Extremität, Membri-um inferius, rechts. Ansicht von ventral.
44080_Sobotta_Lehrbuch.indb 201 03.06.2015 20:08:03
7
202
5 Untere Extremität
Tab. 5.1 Innere weibliche Beckenmaße (› Abb. 5.4a).
Name Verlauf Größe
Diameter vera Rückseite der Symphyse bis Promontorium 11 cm
Diameter anatomica Oberrand der Symphyse bis Promontorium 11,5 cm
Diameter diagonalis Unterrand der Symphyse bis Promontorium 12,5 cm
Diameter transversa Größter querer Durchmesser zwischen den beiden Lineae terminales
13,5 cm
Wenn die Traglinie mittig durch das Kniegelenk verläuft , werden die rechte und linke Seite des Kniegelenks gleichmäßig belastet (durch Pfeile in › Abb. 5.2 dargestellt).
Klinik Abweichungen des Kniegelenks von der Traglinie sind sehr häufig und gerade während des Wachstums nicht unnormal. So findet sich bei Säuglingen physiologisch ein Genu varum, das häufig nach einigen Jahren in ein Genu valgum übergeht. In der Regel „verwachsen“ sich diese Fehlstellungen innerhalb der ersten Dekade. Starke Fehlstellungen im Erwachsenenalter kön-nen jedoch aufgrund der andauernden Fehlbelastungen der Kniegelenksflächen und der Menisken zur Arthrose des Kniege-lenks (Gonarthrose) führen. Bei schweren Fehlstellungen kann zur Korrektur während des Wachstums ein Teil der Wachstums-fuge, z. B. des Femurs, verklammert werden (temporäre Epiphy-seodese, verhindert das Wachstum des lateralen oder medialen Knochenendes). Beim Erwachsenen kann unter Umständen eine bessere Zentrierung der Traglinie durch Entfernung eines Knochenkeils erreicht werden (Umstellungsosteotomie).
5.2 Becken
Kompetenzen Nach Bearbeitung dieses Lehrbuchkapitels sollten Sie in der Lage sein:• den Aufbau und die wesentlichen Strukturen des knöcher-
nen Beckens zu zeigen sowie die Unterschiede zwischen männlichem und weiblichem Becken zu erläutern
• die Verbindungen der Beckenknochen untereinander sowie zur Wirbelsäule darzulegen und hierbei den Verlauf und die Funktion der beteiligten Bänder zu erläutern
• die Funktion des Beckenrings für die Stabilität des aufrech-ten Gangs zu erklären
5.2.1 Aufbau und Form
Das Becken (Syn.: Beckengürtel , Cingulum pelvicum) bildet die Verbindung von Bein und Rumpf. Es ist aus rechtem und linkem Hüft bein (Os coxae) sowie aus dem Kreuzbein (Os sacrum) aufge-baut (› Abb. 5.3). Ventral sind die beiden Ossa coxae über eine Synarthrose, die Schambeinfuge (Symphysis pubica), verbunden. Dorsal vereinigen sich rechtes und linkes Hüft bein mit dem Kreuz-bein über je eine Amphiarthrose, das Sakroiliakalgelenk (Articula-tio sacroiliaca). Somit entsteht ein stabiler knöcherner Ring, der aber noch eine gewisse Flexibilität besitzt.Man unterscheidet kranial das große Becken (Pelvis major) vom kleinen Becken (Pelvis minor) kaudal. Der Übergang von großem zu kleinem Becken ist die Linea terminalis . Diese verläuft von der Sym-physis pubica über den Pecten ossis pubis und der Linea arcuata zum Promontorium des Kreuzbeins. Das kleine Becken bildet einen knöchernen „Kanal“ mit einer oberen Öff nung, Apertura pelvis su-perior , und einer unteren Öff nung, Apertura pelvis inferior . Männliches und weibliches Becken unterscheiden sich in ihrer Form. Bei der Frau ist der größte Durchmesser der Beckenein-
Abb. 5.2 Traglinie des Beins (MIKULICZ-Linie). Ansicht von ventral. Nor-males Kniegelenk (links), Genu valgum (Mitte) und Genu varum (rechts).
Abb. 5.3 Becken (Pelvis). Ansicht von ventral kranial.
Apertura pelvis inferiorSymphysis pubica
Lineaterminalis
Promontorium
Apertura pelvissuperior
44080_Sobotta_Lehrbuch.indb 202 03.06.2015 20:08:04
DER INHALTLESEPROBE SOBOTTA – DAS LEHRBUCH.
8
5.2 Becken
203
gangsebene horizontal gestellt (› Abb. 5.4a), beim Mann dagegen sagittal (› Abb. 5.4b). Beim Mann ist die Öff nung daher leicht herzförmig, bei der Frau queroval. Beim Mann treff en sich die unte-ren Schambeinäste an der Symphyse in einem relativ spitzen Winkel (Angulus subpubicus). Bei der Frau ist dieser Winkel dagegen fl a-cher und wird daher als Arcus pubicus bezeichnet. Auch sind bei der Frau die Beckenschaufeln größer und weiter ausladend. Die inneren Beckenmaße geben Aufschluss über die Weite des kleinen Beckens (› Abb. 5.4a). Dies ist bei der Frau wichtig zur Beurteilung, ob eine normale Geburt möglich ist. Dabei können die in › Tab. 5.1 genannten Maße angegeben werden.
Klinik Bei der normalen vaginalen Geburt durchquert das Kind das kleine Becken, das die engste Stelle des Geburtskanals darstellt. Ein Missverhältnis zwischen Größe des Kindes (relevant ist hier-bei der Kopfdurchmesser) und den Beckenmaßen kann eine nor-male Geburt unmöglich machen. Entscheidend ist hierbei primär die Diameter vera (klinisch Conjugata vera genannt), da diese den engsten Abstand der Wände des kleinen Beckens darstellt. Während der Schwangerschaft werden Sakroiliakalgelenk und Symphysis pubica durch Hormone gelockert (z. B. Relaxin). Dies führt zur Verlängerung der Diameter vera um etwa 1 cm.Bei Verdacht auf ein Missverhältnis zwischen Becken und Kopf des Kindes können vor der Geburt die Beckenmaße mittels MRT bestimmt werden. Ist wegen mangelnden Geburtsfort-schritts ein Kaiserschnitt (Sectio caesarea) nötig, kann wäh-rend der OP das Becken direkt ausgemessen werden. Somit kann bei einer erneuten Schwangerschaft rechtzeitig entschie-den werden, ob eine vaginale Geburt möglich oder ein geplan-ter Kaiserschnitt sinnvoller ist.
5.2.2 Knochen des Beckens
Das Becken ist aus dem Kreuzbein (Os sacrum, › Kap. 3.3.2) und 2 Hüft beinen (Ossae coxae) aufgebaut. Das Hüft bein (Os coxae) ist aus 3 Knochenanteilen aufgebaut (› Abb. 5.5, › Abb. 5.6):• Darmbein (Os ilium): bildet den kranialen Teil des Os coxae• Sitzbein (Os ischii): liegt kaudal dorsal• Schambein (Os pubis): befi ndet sich kaudal ventralDie anfangs vorhandenen Knorpelfugen zwischen den einzelnen Knochen verknöchern zwischen dem 13. und 18. Lebensjahr.
Os iliumDas Os ilium bildet die Darmbeinschaufel (Ala ossis ilii). Diese ist nach medial hin konkav geformt (› Abb. 5.5). Der vordere Ab-schnitt der Medialseite wird durch die Fossa iliaca eingesenkt, die den Ursprung des M. iliacus bildet. Dorsal der Fossa iliaca befi ndet sich die Facies sacropelvica, an der sich mit der Facies auricularis die Gelenkfl äche zum Kreuzbein befi ndet. Die Tuberositas iliaca ist ein wichtiger Befestigungspunkt für den Bandapparat des Sak-roiliakalgelenks (Articulatio sacroiliaca). Das kraniale Ende des Darmbeins ist die Crista iliaca. An ihrem Labium internum, der Linea intermedia und dem Labium externum befestigen sich je-weils Bauchmuskeln. Vorne bzw. hinten läuft die Crista iliaca in die Spina iliaca anterior superior und Spina iliaca posterior superi-or aus. Entsprechend befi ndet sich kaudal dieser beiden Strukturen jeweils ein weiterer Vorsprung, die Spina iliaca anterior inferior und Spina iliaca posterior inferior. Unter der Spina iliaca posteri-or inferior kerbt sich die Incisura ischiadica major ein. Auf der La-teralseite (Facies glutea) der Darmbeinschaufel sind mit der Linea glutea anterior, Linea glutea inferior und Linea glutea posterior
Abb. 5.5 Hüftbein, Os coxae, rechts. Ansicht von ventral.
Crista iliaca
Spina iliacaanterior superior
Spina iliacaanterior inferior
Acetabulum
Facies auricularis
Pecten ossis pubis
Facies symphysialis
Foramen obturatum
Tuber ischiadicum
Abb. 5.4 Becken, Pelvis. a Becken einer Frau. b Becken eines Mannes.
a b
44080_Sobotta_Lehrbuch.indb 203 03.06.2015 20:08:05
9
204
5 Untere Extremität
wichtige Ursprünge für die dorsolateralen Hüft muskeln ausgeprägt (› Abb. 5.6).
Os ischiiDas Os ischii trägt den Sitzbeinhöcker (Tuber ischiadicum). Nach kranial läuft der Körper des Sitzbeins (Corpus ossis ischii) in der Spina ischiadica aus, kaudal verbindet sich der Ramus ossis ischii mit dem Os pubis. Unter der Spina ischiadica befi ndet sich die In-cisura ischiadica minor (› Abb. 5.6).
Os pubisDas Os pubis gliedert sich in Corpus, Ramus inferior und Ramus superior und bildet mit der Facies symphysialis die Verbindung zur Gegenseite. Nahe dieser Gelenkfl äche dient das Tuberculum pubicum als Ansatz für das Leistenband (Lig. inguinale), das als Bindegewebsstrang mit Ursprung von der Spina iliaca anterior su-perior präparatorisch darstellbar ist (› Abb. 5.7). Das Leistenband ist daher kein Band im eigentlichen Sinne, sondern entsteht durch Vereinigung der Ansatzaponeurose des M. obliquus externus ab-dominis mit der Faszie des M. iliopsoas. Es ist eine wichtige Be-grenzung für 2 Durchtrittsstellen von Leitungsbahnen:• Boden des Leistenkanals (Canalis inguinalis): Durchtritt von der
Bauchhöhle zum äußeren Genitale (› Kap. 3.1.4)• Dach der Lacuna musculorum und Lacuna vasorum
(› Kap. 5.10.1)Auf dem R. superior ist ein Knochenkamm, der Pecten ossis pu-bis, ausgeprägt, der sich als Linea arcuata in Richtung Sakroiliakal-gelenk fortsetzt.Das Acetabulum ist die Gelenkpfanne des Hüft gelenks und nimmt den Kopf des Oberschenkelknochens auf. Sie wird aus Anteilen al-ler 3 Knochen des Hüft beins gebildet. Die Einsenkung (Fossa ace-tabuli) wird durch eine sichelförmige Fläche, die Facies lunata, fast vollständig umschlossen. Diese ist nur an der Incisura acetabuli nach kaudal unterbrochen. Im Limbus acetabuli ist das Acetabu-lum nach außen ringförmig aufgeworfen.Kaudal der Fossa acetabuli bilden Ramus und Corpus des Os ischii sowie Ramus superior und Ramus inferior des Os pubis einen knö-chernen Ring um die größte Öff nung im Beckenknochen, das Fo-ramen obturatum. Dieses ist von einer Bindegewebsplatte (Mem-brana obturatoria) ausgefüllt, die auf der Innen- und Außenseite
den gleichnamigen Muskeln (Mm. obturatorii internus et exter-nus) als Ursprung dient. Eine Öff nung (Canalis obturatorius) dient als Austritt von Leitungsbahnen (A./V. obturatoria, N. obturatori-us) aus dem kleinen Becken zum Bein (› Kap. 5.10.2).
Klinik Die Crista iliaca ist auch bei adipösen Menschen meist gut zu tasten, da sie nahe unter der Hautoberfläche gelegen ist. Da dort auch beim älteren Menschen noch blutbildendes, rotes Knochenmark vorhanden ist, wird bei Störung der Blutbildung oder Verdacht auf Erkrankungen der Blutzellreihen des Kno-chenmarks (z. B. bei Leukämien) eine Stanzbiopsie aus dem Beckenkamm gewonnen (Knochenmarkpunktion). Das so ge-wonnene Knochenmark wird histologisch aufgearbeitet und dann von einem Pathologen begutachtet.
5.2.3 Gelenke und Bandverbindungen des Beckens
Drei Gelenke lassen aus den Knochen des Beckens einen stabilen Ring werden (› Abb. 5.7):• Articulatio sacroiliaca dorsal jeweils rechts und links• Symphysis pubica ventralBei den Articulationes sacroiliacae handelt es sich um Diarthrosen, die Symphysis pubica dagegen ist eine Synarthrose. Bei der Articulatio sacroiliaca verbinden sich die Facies auricula-res des Hüft beins mit der Facies auricularis des Kreuzbeins. Die bogenförmigen Gelenkfl ächen sind durch Bänder straff verspannt und das Gelenk ist im Sinne einer Amphiarthrose nur sehr gering beweglich.Die Symphysis pubica wird durch die beiden Facies symphysiales der beiden Hüft beine (genauer: der Schambeine) gebildet. Beide Knochen sind durch den Discus interpubicus verbunden, der aus Faserknorpel besteht.Folgende Bänder sichern die Articulatio sacroiliaca:• Lig. sacroiliacum anterius, überbrückt den Gelenkspalt ventral• Lig. sacroiliacum interosseum
Abb. 5.6 Hüftbein, Os coxae, rechts. Ansicht von lateral.
Facies glutea
Incisura ischiadica major
Limbus acetabuli
Spina ischiadica
Incisura ischiadica minor
Tuber ischiadicum
Crista iliaca
44080_Sobotta_Lehrbuch.indb 204 03.06.2015 20:08:06
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LESEPROBE SOBOTTA – PRÄPARIERATLAS
2
79
4Untere Extremität
Gefäße und Nerven von Kniekehle und Unterschenkel
Abb. 4.16 [Abb. 4.196] Gefäße und Nerven von Kniekehle, Fossa poplitea, und Unterschenkel, Regio cruris posterior, rechts; Ansicht von dorsal; nach Abtragung der Fascia cruris und nach Durchtrennung des M. gastrocnemius.
M. semitendinosus
M. semimembranosus
A.; V. suralis
M. gastrocnemius, Caput mediale
A. inferior medialis genus
Vv. tibiales posteriores
Arcus tendineus musculi solei
M. plantaris, Tendo
N. tibialis
A.; V. tibialis posterior
M. tibialis posterior, Tendo
Retinaculum musculorum flexorum
Tendo calcaneus
M. biceps femoris
N. tibialis
V. poplitea
V. saphena parva
M. gastrocnemius, Caput laterale
A.; V. suralis
N. fibularis communis
Rr. musculares (N. tibialis)
M. soleus
M. gastrocnemius
M. fibularis [peroneus] longus
M. fibularis [peroneus] brevis
Malleolus lateralis
Retinaculum musculorum fibularium[peroneorum]
A. poplitea
Malleolenkanal
Abb. 4.16 [Abb. 4.196] Gefäße und Nerven von Kniekehle, Fossa poplitea, und Unterschenkel, Regio cruris posterior, rechts; der Fascia cruris und nach Durchtrennung des M. gastrocnemius.
M. fibularis [peroneus] brevisM. fibularis [peroneus] brevis
MalleolenkanalMalleolenkanal
80
4 Untere Extremität
Gefäße und Nerven von Kniekehle und Unterschenkel
Abb. 4.17 [Abb. 4.197] Gefäße und Nerven von Kniekehle, Fossa poplitea, und Unterschenkel, Regio cruris posterior, rechts; Ansicht von dorsal; nach Durchtrennung der Mm. gastrocnemius und soleus.
A. inferior medialis genus
A. poplitea
M. soleus
A. tibialis posterior
N. tibialis
M. tibialis posterior
M. flexor digitorum longus
M. tibialis posterior, Tendo
Malleolus medialis
Retinaculum musculorum flexorum
N. fibularis communis
V. poplitea
M. plantaris
M. soleus
A. fibularis
M. flexor hallucis longus
Malleolus lateralis
Retinaculum musculorum fibularium[peroneorum]
Tendo calcaneus
Malleolenkanal
poplitea, und Unterschenkel, Regio cruris posterior, rechts; Ansicht von
M. flexor hallucis longusM. flexor hallucis longus
Malleolus lateralisMalleolus lateralis
Retinaculum musculorum fibulariumRetinaculum musculorum fibularium[peroneorum][peroneorum]
Tendo calcaneusTendo calcaneus
81
4Untere Extremität
Gefäße und Nerven des Unterschenkels
Abb. 4.18 [Abb. 4.198] Gefäße und Nerven des Unterschenkels, Regio cruris posterior, rechts; Ansicht von dorsal; nach Abtragung der Fascia cruris und nach Durchtrennung der Mm. gastrocnemius, soleus und fl exor hallucis longus.
A. poplitea
A. inferior medialis genus
M. popliteus
A. tibialis anterior
(Truncus tibiofibularis)
M. soleus
A. tibialis posterior
M. tibialis posterior
M. flexor digitorum longus
M. tibialis posterior, Tendo
Rr. malleolares mediales
M. flexor hallucis longus, Tendo
Rr. calcanei
M. plantaris
M. soleus
A. fibularis
N. tibialis
M. fibularis [peroneus] longus
M. flexor hallucis longus
M. fibularis [peroneus] brevis
Rr. malleolares laterales
Tendo calcaneus
Rete calcaneum
Alle für das Präparieren wichtigen Zeichnungen und Fotos – gebündelt zum Mitnehmen in den Präpsaal. EGAL WELCHE UNI.
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BIST DU MÜNCHEN
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In aufeinanderfolgenden Abbil-dungen kannst du die einzelnen Präpariervorgänge nachvollziehen. SCHICHT FÜR SCHICHT.
Alle Körperregionen kapitelweise gebündelt – genau so, wie sie dich auch im Präpkurs erwarten.
SCHRITT FÜR SCHRITT.
3
50
3 Obere Extremität
Gefäße und Nerven des Oberarms
N. cutaneusantebrachiimedialis
M. triceps brachii, Caput mediale
N. suprascapularis
M. teres major
A. circumflexahumeri posterior
A. circumflexa humeri anterior
Fasciculus lateralis
A. axillaris
M. coracobrachialis
M. pectoralis major
N. musculocutaneus
Caput longum
Caput breve
N. musculocutaneus
A. brachialis
N. subscapularis
Fasciculus medialis
Fasciculus posterior
M. subscapularis
A. subscapularis
N. thoracodorsalis
M. latissimus dorsi
N. cutaneus brachii medialis M. triceps brachii,Caput longum
N. medianus
N. radialis
A. profunda brachii
N. ulnaris
Septum intermusculare brachii mediale
M. biceps brachii
Abb. 3.11 [Abb. 3.148] Gefäße und Nerven der Achselhöhle, Fossa axillaris, und der medialen Seite des Oberarms, Regio brachii anterior, rechts; Ansicht von ventral medial.
DER INHALT
REALITÄTSNAHE ABBILDUNGEN
HELFEN DIR DIE ZU PRÄPARIERENDEN
STRUKTUREN LEICHTER
ZU ERKENNEN.
LESEPROBE SOBOTTA – PRÄPARIERATLAS
4
51
Obere Extremität 3
Achselhöhle
Abb. 3.12 Achselhöhle, Fossa axillaris, rechts; Ansicht von lateral kaudal.
N. o
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A. c
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chii
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N. a
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N. s
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s
5
210
11 Hals
Gefäße und Nerven des Halses
Abb. 11.19 [Abb. 11.65] Gefäße und Nerven der vorderen und der seitlichen Halsregion, Regiones cervicales anterior et lateralis, links; Ansicht von lateral; nach Entfernung der oberfl ächlichen und der mittleren Halsfaszie.
V. retromandibularis
N. facialis [VII], R. colli
V. facialis
Glandula submandibularis
M. digastricus, Venter anterior
R. suprahyoideus (A. lingualis)
R. infrahyoideus(A. thyroidea superior)
A. carotis externa
A. laryngea superior
A. thyroidea superior
A. carotis communis
N. vagus [X]
M. omohyoideus,Venter superior
M. sternohyoideus
(Ansa cervicalis profunda),Radix superior (Plexus cervicalis)
M. sternothyroideus
A. transversa colli
V. jugularis externa
A. suprascapularis
A. subclavia
Plexus brachialis, Pars supraclavicularis
V. auricularis posteriorV. jugularis interna
M. sternocleidomastoideus
N. occipitalis minor
A.; V. occipitalis
N. occipitalis major
M. splenius capitis
Plexus cervicalis
N. accessorius [XI]
Plexus brachialis, Truncus superior
(A. transversa colli, R. superficialis, Var.)
M. omohyoideus, Venter inferior
Clavicula
(A. transversa colli, R. profundus, Var.)
M. deltoideusM. scalenus anterior
Sobotta_Praebband.indb 210 6/16/2015 3:34:18 PM
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6
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Herausgegeben von F. Paulsen und J. Waschke
SobottaPräparieratlas
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