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1. Regionales Zukunftskonzept
Der eigentliche Kern der Bewerbung des Landkreises St. Wendel als Modellvorhaben
Land(auf)Schwung liegt in dem damit verfolgten ganzheitlichen Ansatz der künftigen
Regionalentwicklung des St. Wendeler Landes - inhaltlich-thematisch wie auch organisatorisch-
strukturell. Denn der Wettbewerb bietet eine nahezu perfekte Chance die etablierten und bewährten
Ansätze und Initiativen der Regionalentwicklung (v. a. Wirtschaftsförderung St. Wendeler Land; LAG
KulturLandschaftsInitiative St. Wendeler Land; Zukunfts-Energie-Netzwerk; Region Vital) synergetisch
zu bündeln und bezüglich der sich für die Region weiter darstellenden Herausforderungen gezielt zu
ergänzen.
Thematische Schwerpunkte für das Modellvorhaben Land(auf)Schwung Landkreis St. Wendel wurden
demgemäß in den Bereichen Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur (Schwerpunkt a: „Nachhaltige
Siedlungs- und Wirtschaftsstrukturen – Wertschöpfung neu interpretiert“) und andererseits im
Bereich der Sozial- und Versorgungsstruktur (Schwerpunkt b: „Netzwerk Dorf – Mitmacher aktivieren
– Miteinander gestalten“) definiert. Im Schwerpunkt (a) sollen eigentliche Problemfelder der Region
(Leerstände & Ortskernverödung, Fachkräftemangel) durch innovative Organisationsstrukturen,
Netzwerke und Anschubsysteme nicht nur aktiv reduziert, sondern gleichzeitig auch als
Wertschöpfungspotenziale (Immobilien, Bauhandwerk, Tourismus, Vermeidung Arbeitskraft
bedingter Wertschöpfungsverluste) erkannt und genutzt werden. Die Minderung des
Facharbeitskräftemangels soll dabei mit der ebenso drängenden Herausforderung des Umgangs mit
zunehmenden Zahlen neu ankommender Migranten (Flüchtlinge, EU-Zuwanderer) gekoppelt
werden, wobei diese bewusst als demografisch-gesellschaftliche wie auch wirtschaftliche Potenziale
für die Region erkannt und integriert werden sollen. Im Schwerpunkt (b) will der Landkreis St.
Wendel gezielt neue Netzwerke und Organisationsformen zwischen öffentlichen, privat-
gewerblichen und ehrenamtlichen Akteuren fördern, um auch in einer Gesellschaft mit immer mehr
älteren Menschen, zentralisierter Infrastruktur und zunehmenden Bedeutungsverlust tradierter
Sozialstrukturen (Vereine, Großfamilie, Kirche) soziale Notlagen zu vermeiden, ein intaktes
Sozialleben und Miteinander sowie die Wohnstandortqualität in allen Teilräumen zu erhalten.
Einer solch ganzheitlichen und integrierten Regionalentwicklung sollen auch die künftigen
Organisationsstrukturen im St. Wendeler Land Rechnung tragen, wofür mit dem Modellvorhaben
Land(auf)Schwung ebenfalls die Basis gelegt werden soll. Mit der für die Umsetzung des
Modellvorhabens vorgesehenen „Zukunftsmanufaktur“ soll unter dem Dach der
Wirtschaftsförderung gleichzeitig das notwendige Bindeglied für alle bestehenden Strukturen
geschaffen werden. Im Sinne eines integrierten Entwicklungs- und Service-Center St. Wendeler Land
sollen hier das Regionalentwicklungs-KnowHow gebündelt, personelle Synergie-Effekte genutzt,
Zukunftsstrategien für alle Teilbereiche abgestimmt, den verschiedenen Akteuren (Politik, Vereine,
Unternehmer, Bürger/Immobilienbesitzer, etc.) Beratung aus einer Hand geboten und so eine
integrierte Zukunftsentwicklung des St. Wendeler Landes koordiniert und gesteuert werden.
2. Vorstellung der Region – Wer sind wir?
Die Modellregion entspricht exakt dem Gebiet des Landkreises St. Wendel. Im nördlichen Saarland
gelegen und topografisch von den Ausläufern des Hunsrücks und des Saar-Nahe-Berglandes geprägt,
ist die Landeshauptstadt Saarbrücken als nächstes Oberzentrum in durchschnittlich 40 Kilometern
bzw. 40 Minuten PKW-Fahrzeit erreichbar. Zum Kreis gehören die Kreisstadt St. Wendel und sieben
Gemeinden Freisen, Marpingen, Namborn, Nohfelden, Nonnweiler, Oberthal, Tholey mit 72 Dörfern
und aktuell ca. 90.000 Einwohner. Im Rahmen des Regional- und Tourismusmarketings hat sich der
Kreis als regionale Einheit und Marke „St. Wendeler Land“ etabliert und ist zudem mit der LAG
KulturLandschaftsInitiative (KuLanI) St. Wendeler Land bereits seit 2004 (3. Förderperiode)
Leaderregion mit etablierten Akteursstrukturen. Mit der nördlich angrenzenden rheinland-
pfälzischen Nachbarregion, vor allem dem Kreis Birkenfeld (Vorgängerwettbewerb LandZukunft) und
der diesen umfassenden Leaderregion Erbeskopf besteht eine enge Zusammenarbeit, die im Rahmen
der neuen Nationalparkregion Hunsrück-Hochwald (ab Mai 2015) weiter intensiviert werden soll.
Das St. Wendeler Land verfügt bereits über günstige Entwicklungsansätze mit weiteren Potenzialen
für die Zukunft. Hervorzuheben ist die touristische Standortdynamik. Mit dem Bostalsee, dem 2013
eröffneten CenterParcs und weiteren Attraktionen (Keltischer Ringwall, Schaumberg, Saar-Hunsrück-
Steig) hat sich die Region zu dem touristischen Kristallisationspunkt des Saarlandes (2014: 211.000
Ankünfte & 866.000 Übernachtungen) entwickelt, was sich durch den neuen „Nationalpark
Hunsrück-Hochwald“ nahtlos fortsetzen wird.
Demgegenüber werden im Landkreis St. Wendel aber auch typisch ländliche Strukturdefizite, allen
voran durch den demografisch-gesellschaftlichen Wandel und dessen vielfältige Folgen, immer
deutlicher spürbar und stellen den Kreis und seine Kommunen bei gleichzeitig angespannter
Finanzlage vor große Herausforderungen. Die drängendsten Probleme und
Zukunftsherausforderungen, wie auch Potenziale sind in der folgenden Tabelle dargestellt.
Wichtigste Standortpotenziale Größte Standortherausforderungen
relative Verkehrsgunst – Anbindung BAB 1, BAB 62 & Bahnstrecke Saarbrücken
Touristischer Kristallisationspunkt Bostalsee & CenterParcs
Keltischer Ringwall, Schaumberg, Saar-Hunsrück-Steig als Zusatzpotenziale
Neuer Nationalpark Hunsrück-Hochwald
Vielfältige & Stabile Gewerbe-/ Arbeitsplatzstruktur mit vielen KMUs
Und einzelnen Playern (Wagner-Nestlé, Globus, Fresenius, Hörmann)
Energiepotenziale (insbes. Windkraft)
Sozialinidizes: geringe Arbeitslosigkeit, überdurchschnittliches Einkommen/Kaufkraft, Familienfreundlichkeit
Etablierte Regionalentwicklungsstrukturen: Wirtschaftsförderung, LAG KuLanI, ZukunftsEnergieNetzwerk, Region Vital
Ausgeprägtes Bürgerengagement
Weiche Wohn- und Unternehmensstandortfaktoren
Lage abseits der Metropolregionen
Prognostizierter Einwohnerrückgang: 2030 -12,5% auf 78.000 EW
Alterung: 2030 jeder Dritte älter als 65 Jahre & nur noch 15% unter 20 Jahre
Zunehmend konzentrierte Infrastruktur (Handel, Medizin) führt zu Versorgungsengpässen, v.a. bei älteren Menschen in kleineren Dörfern
Bedeutungsverlust tradierter Stützen des Sozial-, Freizeit- & Gemeinschaftslebens (Vereine, Kirche, Ehrenamt)
Mangelnde Effizienz Gemeinschafts-Infrastruktur (Kultur, Sport, etc.) mit Bedarf Kooperation & Funktionenteilung
Wenig Innovationsimpulse (Uni/ F&E) & hoch qualifizierter Arbeitsplätze (6,6%)
Abwanderung junger, innovativer Menschen (18-24 Jahre: -32/1000 EW)
Fachkräftemangel: bis 2030 20-65 jährige minus 25% bzw. -13.500 Personen
Zunehmende Langzeitleerstände als Hemmnis für Dorfvitalität & Tourismus
Nachlassende Wohnstandortattraktivität in kleineren/dezentralen Dörfern
Kommunale Finanznot: 3.132 € Schulden/EW
3. Was wollen wir erreichen?
Die für das Modellvorhaben Land(auf)Schwung Landkreis St. Wendel definierten
Schwerpunktthemen sind genau auf diese regionsspezifischen Handlungserfordernisse sowie in
Ergänzung zu den bestehenden Initiativen der Regionalentwicklung und den dort bereits aktiv
bearbeiteten Themen abgestimmt.
3.1 Schwerpunkt (a) – Nachhaltige Siedlungs- und Wirtschaftsstrukturen - Wertschöpfung neu interpretiert
Strategische Ziele Schwerpunkt (a)
Ziel 1a: Aktive Förderung der Dorfinnentwicklung im Sinne von Infrastruktureffizienz, lebendigen Ortskernen und regionaler Wertschöpfung (Immobilien, Bauhandwerk, Tourismus)
Ziel 2a: Sicherung und Weiterentwicklung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie Wertschöpfungs- und Arbeitsplatzentwicklung des St. Wendeler Landes, v. a. in Handwerk/ Gewerbe, Dienstleistung, Sozial- & Gesundheitswesen und Tourismus,
Ziel 3a: insbesondere auch durch schnelle Integration von Menschen mit Migrationshintergrund sowie Bindung von jungen qualifizierten Menschen aus der Region („Regionale Karriereplanung“)
IST-Zustand: Im Kreis St. Wendel werden die Wirkungen des demografisch-gesellschaftlichen
Wandels auf Siedlungsstrukturen, Ortsbilder und Immobilienmärkte einerseits sowie Gewerbe- und
Arbeitsmarktstrukturen andererseits immer mehr sicht- bzw. spürbar.
Die Zahl der dauerhaft leerstehenden Wohngebäude, die Demografie bedingt frei werden
(Sterbefälle, Wegzüge) und sich nicht mehr selbst über den Immobilienmarkt revitalisieren, nimmt im
Kreis zu. Bei einer Kreis weiten Leerstandserfassung (ohne Stadt St. Wendel) 2012 standen schon 485
Wohngebäude leer – Tendenz steigend. Hinzu kommen einige nicht oder nur minder genutzte
öffentliche Gebäude und Immobilien (ehemalige Schulen, Sportplätze, Tennisplätze, etc.). Hier liegt
ein nicht zu unterschätzender Bestand immobilienwirtschaftlicher Potenziale in Form voll
erschlossener Grundstücke brach, der zudem die Auslastung und Kosteneffizienz der Infrastruktur in
den betroffenen Bereichen reduziert. Nicht zu unterschätzen ist auch die negative Wirkung, die von
den meist verwahrlosten Objekten auf das Ortsbild ausgeht. Da solche Objekte häufig an markanten
Stellen von Ortskernen und Ortsdurchfahrten („Visitenkarten“ Dörfer & Region) stehen, wirkt sich
dies zunehmend als Hemmnis für die dynamische Tourismusentwicklung der Region aus. Nicht
zuletzt verlieren einige Ortskerne durch zunehmende Leerstände gestalterisch, funktional und sozial
an Attraktivität und Vitalität, was sich letztendlich auch auf die Wohnstandortattraktivität der
betroffenen Dörfer insgesamt auswirkt.
Gleichzeitig werden aus immer mehr Unternehmen der Region Probleme geäußert, in Folge der
demografischen Strukturveränderungen ausreichend qualifizierte Facharbeitskräfte zu rekrutieren.
So ist die Zahl der Einwohner des Kreises St. Wendel im erwerbsfähigen Alter zwischen 20 und 65
Jahren seit 2002 bereits um 2.400 Personen (-4,2%) zurück gegangen und könnte gemäß der
Prognose des Statistischen Landesamtes Saarland bis 2030 sich um weitere 13.500 (-12,5%)
reduzieren. Hier könnten Facharbeitskräfte in eigentlichen gesunden und Auftrags starken
Unternehmen zum limitierenden Faktor werden und so weitere Wertschöpfungszuwächse
verhindern bzw. sogar zu effektiven Wertschöpfungsverlusten im St. Wendeler Land führen. Dies
wird verstärkt dadurch, dass der Landkreis St. Wendel eine überdurchschnittliche Abwanderung
junger, vor allemgut ausgebildeter Menschen verzeichnet. 2012 wanderten aus dem Kreis pro 1.000
Einwohner -32 18-24jährige mehr weg als zu ( Saarland: + 1,7). Neben der begrenzten
Innovationsinfrastruktur sowie höher qualifizierten Arbeits- und Ausbildungsplätzen trägt hierzu in
Teilen auch die noch unzureichende Transparenz regionaler Berufs- und Karrierechancen (Schule –
Wirtschaft) bei.
Weiterhin steigen seit zwei Jahren auch im Kreis St. Wendel die Zahlen der neu ankommenden
Migranten, zugewiesene Flüchtlinge aber auch EU-Zuwanderer, deutlich an. So sind zwischen
Oktober 2013 und März 2015 alleine 366 neue Flüchtlinge angekommen, wobei für 76 weitere
Familienangehörige der Nachzug vollzogen oder geplant ist (insgesamt immerhin 0,5% der
Kreisbevölkerung in 1,5 Jahren). Dies wird sich auf absehbare Zeit fortsetzen. Stand zunächst die
kurzfristigen Unterbringung im Vordergrund, rückt nun die Frage der bestmöglichen Integration in
den Vordergrund, um ein funktionierendes Sozial- und Gemeinschaftsleben, wobei diese Menschen
zunehmend auch als Potenziale erkannt werden.
Hier ist schnelles Handeln gefragt, um einem raschen Weiterzug der ankommenden Menschen in
Metropolen vorzubeugen. So ist schon jetzt bei 87 der in den letzten 1,5 angekommenen Personen
(20%) der erneute Wegzug aus dem Kreis vollzogen bzw. fest vorgesehen.
SOLL-Zustand & Ziele: Der Kreis St. Wendel will mit dem Schwerpunkt (a) „Nachhaltige Siedlungs-
und Wirtschaftsstruktur – Wertschöpfung neu interpretiert“ diesen Folgen des demografisch-
gesellschaftlichen Wandels aktiv entgegenwirken, diese abmildern und die eigentlichen Defizite
gleichzeitig auch als Wertschöpfungspotenziale erkennen und nutzen.
Die Zahl der Ortsbild störenden Langzeitleerstände soll mit öffentlichem Anschub schrittweise
reduziert werden, wobei Objekte mit besonderer Ortsbildprägung und/oder besonderem Potenzial
eine höhere Priorität genießen. Dabei sollen die Gebäude und Flächen durch Beseitigung der
derzeitigen Entwicklungshemmnisse wieder als immobilienwirtschaftliche Potenziale für Projekte in
den Bereichen Wohnen, Gewerbe oder Mischnutzung mit regionalem Wertschöpfungseffekt genutzt
werden. Dies trägt zur effizienten Nutzung und Auslastung vorhandener Infrastrukturen bei.
Gleichzeitig soll das regionale Bauhandwerk von der Herrichtung und Entwicklung der Flächen und
Gebäude im Sinne zusätzlicher Umsatzpotenziale profitieren. Nicht zuletzt sollen die Ortsbilder durch
die Beseitigung von „Schrottimmobilien“ gezielt aufgewertet werden und so neben der Verbesserung
der Wohnstandortattraktivität auch der touristischen Entwicklung Rechnung tragen und die
Abschöpfung sich hier bietender weiterer Wertschöpfungspotenziale unterstützen.
Um die sich der regionalen Wirtschaft heute und zukünftig bietenden Markt- und
Wertschöpfungspotenziale effizient zu nutzen, will der Kreis St. Wendel auch die Bedarfsdeckung der
regionalen Unternehmen mit qualifizierten Facharbeitskräften unterstützen. Hierbei setzt der
Landkreis im Schwerpunkt auf zwei Potenziale: a) die Förderung und Bindung junger Menschen aus
der Region und b) die schnelle Arbeitsmarktintegration neu in die Region kommender Menschen. Um
junge Talente frühzeitig zu fördern und in der Region zu halten sollen im Landkreis St. Wendel die
Vernetzung (Projekte, Austauschplattformen, etc.) zwischen Schulen/Schülern und Unternehmen
intensiviert und gleichzeitig die Präsentation und Transparenz der sich in der Region bietenden
Karrierechancen professionalisiert werden („Regionale Karriereplanung“). Eine ebenso hohe
Bedeutung und aktuelle Brisanz wird der Gewinnung neu ankommender Migranten (Flüchtlinge, EU-
Zuwanderer) als demografisch-gesellschaftliche aber auch wirtschaftliche Potenziale
(Facharbeitskräfte) für die Region beigemessen. Durch frühzeitige Ansprache und Eruierung deren
Qualifikationen sowie gezielte Förderangebote sollen diese schnell und passgenau zum
Unternehmensbedarf in den regionalen Arbeitsmarkt vermittelt werden. Die schnelle
Arbeitsmarktintegration und der Lohnerwerb werden dabei auch als Basis für die gesellschaftliche
Integration, deren langfristigen Verbleib in der Region und das funktionierende Miteinander
gesehen. Im Sinne moderner Dienstleistungsarbeitsplätze zur Bindung und Anlockung junger
Menschen sollen auch Projekte zur weiteren Nutzung der touristischen Wertschöpfungs- und
Arbeitsplatzpotenziale (anknüpfend an den Kristallisationspunkt Bostalsee) eine hohe Priorität
genießen.
Zentraler Ansatzpunkt: Um Langzeitleerstände, Fachkräftemangel und Flüchtlingsintegration in einer
Art Neu-Interpretation nicht nur als Problem sondern als Wertschöpfungspotenzial zu erkennen und
zu nutzen, müssen Informationsdefizite und Entwicklungshemmnisse, die sich nicht von selbst über
die Märkte regeln, überwunden werden. Hierzu bedarf echt verantwortlicher Kümmerer als
Initiatoren und Koordinatoren, neue Netzwerke und geregelter Organisationsabläufe zwischen
zuständigen öffentlichen Stellen und privaten Unternehmen, passgenaue Konzepte (sowohl für die
Revitalisierung aus unterschiedlichen Hemmnissen brach liegende Immobilien als auch für die
Arbeitsmarktintegration unterschiedlich qualifizierter Migranten) sowie grundlegende finanzielle
Anschubsysteme. Die hierzu bislang fehlenden Möglichkeiten, will der Landkreis St. Wendel mit dem
Modellvorhaben Land(auf)Schwung schließen und entsprechende Strukturen aufbauen.
3.2 Schwerpunkt (b) „Netzwerk Dorf: Mitmacher aktivieren – Miteinander gestalten“
Strategische Ziele Schwerpunkt (b)
Ziel 1b: Anpassung der Versorgungssituation und Vermeidung alters- bzw. krankheitsbedingter Versorgungsprobleme, Vereinsamung und Notlagen bei immer mehr älteren Menschen und gleichzeitig konzentrierter Infrastruktur
Ziel 2b: Förderung ehrenamtlicher Selbsthilfe von Bürgern für Bürger sowie regionaler Netzwerke und Versorgungsverbünde von gewerblich-hauptamtlichen und ehrenamtlichen Akteuren („Soziale Verantwortungsgemeinschaft“)
Ziel 3b: Zukunftsfähige Weiterentwicklung von Vereinen & Ehrenamt als zentrale Stützen des Sozial- und Gemeinschaftslebens wie auch der Wohnstandortqualität der Region
Ziel 4b: Integration & Bindung von neu ankommenden Personen mit Migrationshintergrund als demografisch-gesellschaftliche und wirtschaftliche Potenziale für die Region.
IST-Zustand: Das Saarland ist eine der am stärksten vom demografischen Wandel betroffenen
Regionen in Westdeutschland. Dies ist auch im Kreis St. Wendel spürbar. Der Landkreis hat seit 2002
bereits 6.000 (-6,3%) Einwohner verloren und könnte laut aktueller Stala-Prognose bis 2030 um
weitere 12.000 Menschen (-12,5%) auf nur noch 78.000 Einwohner „schrumpfen“. Gleichzeitig ist
eine drastische Verschiebung der Altersstruktur im Gange. Gab es im Jahr 2002 im St. Wendeler Land
noch mehr junge Menschen unter 20 Jahren als Senioren, so hat sich dies 2012 bereits umgedreht.
2030 könnte fast jeder Dritte Bürger im Kreis über 65 Jahre sein, während nur noch jeder 6. bis 7.
unter 20 Jahren ist. Dies wird sich, wie schon im Schwerpunkt (a) erkennbar, auf alle Lebens- und
Arbeitsbereiche (Infrastruktur, Fachkräfte, etc.) im Kreis auswirken. Vor allem stehen aber auch die
sozialen Strukturen des alltäglichen Zusammenlebens und Miteinanders sowie die hierfür
vorzuhaltenden Infrastrukturangebote vor großen Veränderungen und entsprechendem
Anpassungsbedarf.
Angesichts des zunehmenden räumlichen Auseinanderbrechens familiärer Strukturen (Wegzug
Kinder & Enkelkinder) wird die Zahl allein lebender Senioren stetig größer. 2012 war in 2.600
Wohngebäuden (12%) im Kreis der jüngste Bewohner 70 Jahre oder älter. Gleichzeitig ist, wie in den
meisten ländlichen Regionen, eine zunehmende Zentralisierung der
Versorgungsinfrastrukturangebote (Handel, Medizin, personenbezogene Dienstleistungen, etc.)
feststellbar. Nur noch in 16 der 72 Dörfer des Kreises besteht ein komplettes
Nahversorgungsangebot. Gerade in den kleineren und dezentralen Dörfern und hier gerade für die
zunehmende Zahl älterer Menschen sind damit Versorgungsdefizite und eine abnehmende
Wohnstandortattraktivität verbunden. Bei mangelnder gesellschaftlich-nachbarschaftlicher
Integration und/oder bei Krankheit (Chronische Krankheiten; Rückkehr aus dem Krankenhaus)
entstehen hier spürbar häufiger echte soziale Notlagen, wie mangelnde Versorgung und/oder
Vereinsamung älterer Menschen, die nicht immer unmittelbar erkannt werden.
Verstärkt wird dies dadurch, das auch im St. Wendeler Land tradierte Träger und Stützen des
dörflichen Sozial- und Gemeinschaftslebens an Bedeutung verlieren. Neben den Familienstrukturen
sind auch die Kirchen und insbesondere Vereine und Ehrenamt von demografischen
Strukturveränderungen und gesellschaftlichen Werteverschiebungen bzw. verändertem
Freizeitverhalten betroffen. Die vorwiegenden Gruppen des Vereinsnachwuchses unter 20 Jahren (-
8.000 bzw. -40%) sowie der Vereinsaktiven von 20 bis 65 Jahren (ca. -16.000 bzw. -30%) werden im
Kreis St. Wendel bis zum Jahr 2030 gegenüber 2002 drastisch zurückgehen. Es wird zunehmend
schwieriger Aktivennachwuchs aber insbesondere auch Ehrenamtler (Vorstände, Übungsleiter) zu
finden. In vielen Vereinen im Kreis, gerade in den Bereichen Gesang, Musik, Fußball, Tennis oder
Feuerwehr ist dies bereits deutlich spürbar. Hierunter leiden das soziale Miteinander,
Kommunikation und Gemeinschaft in den Dörfern, wie auch deren Freizeit- und
Wohnstandortattraktivität. Gleichzeitig wird die öffentliche Hand (Kommunen, Kreis) den in den
nächsten Jahren weiter deutlich zunehmenden Betreuungs- und Unterstützungsbedarf der
steigenden Zahl älterer Menschen nicht alleine leisten können.
Insgesamt bedarf es neuer Strukturen, Organisationsformen und Angebote für das alltägliche
Miteinander der Generationen in den Dörfern des St. Wendeler Landes, als Basis für deren
Attraktivität und Zukunftsfähigkeit.
SOLL-Zustand & Ziele: Der Landkreis St. Wendel will mit dem definierten Schwerpunkt (b) „Netzwerk
Dorf: Mitmacher aktivieren – Miteinander gestalten“ eine neue organisatorische Basis für das
zukünftige Zusammenleben und Miteinander und damit für die Freizeit- und
Wohnstandortattraktivität der Dörfer im St. Wendeler Land legen.
Ziel ist die schrittweise Stärkung einer sozialen Verantwortungsgemeinschaft. Im Landkreis St.
Wendel sollen grundsätzlich das Bewusstsein von Bürgern für das Miteinander gestärkt werden und
hierzu innovative Projekte der ehrenamtlichen Selbsthilfe von Bürgern für Bürger angeschoben und
gefördert werden. Gerade zur Sicherung von Daseinsvorsorge, Betreuungs-, Kommunikations- und
Freizeitangeboten für die deutlich größer werdende Zahl älterer und hochbetagter Menschen im
Kreis soll die bestehende Nachbarschaftshilfe in eine organisierte und qualifizierte
Ehrenamtstätigkeit („Freiwilligenakademie“) weiterentwickelt werden. Doch nicht das Ehrenamt
allein, sondern die richtigen Schnittstellen und Netzwerke mit den zuständigen Stellen der
öffentlichen Hand und den privat-gewerblichen Akteuren im Bereich Seniorenarbeit und
Versorgungsdienstleistungen stehen im Fokus neuer Strukturen im Landkreis St. Wendel.
In einem ersten Schritt soll in einem Verbund von Ärzten und ehrenamtlich aktiven Bürgern akuten
Versorgungsnotlagen und der Vereinsamung älterer Menschen vor allem bei chronischer Krankheit
oder im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt präventiv entgegengewirkt werden. In weiteren
mittel- bis langfristigen Schritten könnte dies unabhängig von Erkrankung und Arzt zu einem
ehrenamtlichen Netzwerk „Aufsuchender Seniorenarbeit“ sowie generell zu einer echten
Ehrenamtsbörse mit Austausch von Hilfs- und Unterstützungsangeboten zwischen Jung und Alt
weiterentwickelt und ausgebaut werden.
Neben der Neuorganisation der Fürsorge und Daseinsvorsorge für die steigende Zahl älterer
Menschen im Kreis, sollen auch die generellen Strukturen des gesellschaftlichen Miteinanders und
Gemeinschaftslebens als wichtiger Bestandteil der Wohn- und Lebensqualität der Dörfer des St.
Wendeler Landes eine zukunftsfähige Anpassung und Neuausrichtung erfahren. Dies betrifft
insbesondere das Vereinswesen, das ehrenamtliche Engagement und die für das Gemeinschaftsleben
notwendige soziale Infrastruktur. Vereine sollen als wichtige Träger des Sozial- und
Gemeinschaftslebens erhalten und bei den hierfür notwendigen Anpassungsmaßnahmen aktiv
beraten und unterstützt werden. Im Ziel sollen an die veränderten demografisch-gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen angepasste neue (kooperative) Organisationsstrukturen und auf veränderte
Zielgruppen angepasste neue Angebote der Vereine etabliert werden. Insbesondere sollen
angesichts des veränderten Freizeitverhaltens aber projektorientierte und dadurch
vereinsunabhängige sowie zeitlich begrenzte Engagement- und Freizeitangebote gestärkt werden.
Hierzu sollen Anreize und Austauschplattformen für ehrenamtliche Projektmacher und Mitmacher
geschaffen werden. Die Stärkung von Vereinen und Ehrenamt soll hierbei auch in Synergie zur
Integration von neu ankommenden Migranten gesehen werden. Nicht zuletzt führt in diesem
Zusammenhang kein Weg daran vorbei, im St. Wendeler Land die öffentliche Infrastruktur von Kreis
und Kommunen für Zwecke des Sozial- und Gemeinschaftslebens (Hallen, Bürger- & Vereinshäuser,
Sportplätze, Tennisplätze, etc.) an den tatsächlichen zukünftigen Bedarf und die öffentliche
Haushaltssituation anzupassen. Hier soll mit innovativen Kooperationsprojekten auch die notwendige
stärkere interkommunale Zusammenarbeit im St. Wendeler Land gefördert werden. Hier besteht ein
direkter Bezug zum Thema „DorfInnenEntwicklung“ (Schwerpunkt (a)).
Zentraler Ansatzpunkt: Das intensive Miteinander ist ein Wesensmerkmal des Sozialraumes Dorf, das
bislang als Selbstläufer über Familie, Nachbarschaften, Vereine, Kirche und Ehrenamt funktioniert
hat. Zukünftig bedarf es durch die sich demografisch bedingt Veränderungen bei den Bedürfnissen
(mehr ältere und hochbetagte Menschen) einerseits aber auch bei den ehrenamtlichen Strukturen
(weniger „Macher“) andererseits neuer und über das einzelne Dorf hinausgehender Akteurs- und
Organisationsstrukturen mit entsprechender Koordination. Die Bildung und Etablierung solch
überörtlicher, regionalen Organisationsstrukturen, Kooperationen und Netzwerke von gewerblichen,
politischen und ehrenamtlichen Akteuren wird deshalb als zentraler Ansatzpunkt zur zielführenden
Gestaltung des zukünftigen Für- und Miteinanders im St. Wendeler Land gesehen.
Aufgrund des noch verbreiteten „Kirchturm-Prinzipes“ aber auch fehlender überörtlicher Kümmerer
und Netzwerker sowie Plattformen, Strukturen und Anreize bedarf es eines entsprechenden
Anschubes und Koordination der öffentlichen Hand. Die kurzen Wege und persönlichen Kontakten
vieler Funktionsträger im Kreis bilden eine gute Ausgangsbasis für ein solch neues „Netzwerk Dorf“.
4. Bezug & Einpassung Land(auf)Schwung in bestehende Planungen
Das Modellvorhaben Land(auf)Schwung passt nahezu perfekt in die bestehenden Initiativen und
Ansätze zur Regionalentwicklung des St. Wendeler Landes. Sowohl inhaltlich als auch
organisatorisch-strukturell könnte Land(auf)Schwung den fehlenden Baustein und das Bindeglied für
den angestrebten integrierten und ganzheitlichen Regionalentwicklungsansatz liefern. Bislang sind im
Kreis unabhängig von der Kreisverwaltung folgende vier Initiativen mit unterschiedlichen
Themenschwerpunkten im Bereich der Regionalentwicklung etabliert:
Wirtschaftsförderungsgesellschaft St. Wendeler Land mit Fokus auf die Themen Bestandspflege,
Existenzgründung, Standortmarketing und Ansiedlung (www.wfg-wnd.de)
Region Vital St. Wendeler Land e. V. mit Fokus auf das Thema Förderung der Gesundheitswirtschaft und
medizinischen Daseinsvorsorge im Kreis (www.regionvital.com)
Zukunfts-Energie-Netzwerk St. Wendeler Land (ZEN) e. V. mit Fokus auf die Themen Klimaschutz sowie
nachhaltige & wertschöpfende regionale Energieversorgung (Integriertes Klimaschutzkonzept Null-
Emission-Landkreis St. Wendel; www.null-emission-wnd.de)
LAG KulturLandschaftsInitiative St. Wendeler Land (KuLanI) e. V. (Lokale Entwicklungsstrategie 2014-2020
in der dritten Leader-Förderperiode; www.kulani.de) mit drei Schwerpunkten:
Vermarktungsprogramm Lokalwarenmarkt St. Wendeler Land – Förderung Vermarktung und
Vertrieb regionaler Produkte
Bildungsprogramm „BildungsNetzwerk St. Wendeler Land“ – Aufbau kommunaler
Bildungslandschaften und außerschulische Lernorte
Kulturprogramm „St. Wendeler Land Steinreich“ – Inwertsetzung des kulturhistorischen Erbes der
Region für Identität, Bildung & Tourismus
In diesen Strukturbestand wurde das Modellvorhaben Land(auf)Schwung mit den für den Kreis St.
Wendel definierten Schwerpunkten (a) Nachhaltige Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur
(DorfInnenEntwicklung, Fachkräftesicherung, Integration, Wertschöpfung) und (b) Netzwerk Dorf
(zukunftsfähige Gemeinschafts-, Versorgungs- und soziale Infrastrukturen) optimal eingepasst.
Handelt es sich hierbei doch um Schwerpunkte und Themen, die entsprechend der SWOT-Analyse für
den Kreis große und brisante Zukunftsherausforderungen darstellen, bislang jedoch nur
unzureichend aktiv und intensiv genug besetzt und bearbeitet werden konnten. Die bestehenden
Regionalentwicklungsinitiativen, allen voran die LAG KuLanI und das Zukunfts-Energie-Netzwerk St.
Wendeler Land, verfügen über etablierte und erfolgreich erprobte Akteurs- und
Organisationsstrukturen auf die das Modellvorhaben Land(auf)Schwung einerseits aufsatteln und
von diesen profitieren kann. Diese sind durch kurze Wege und organisatorisch-personelle
Verflechtungen im Landkreis St. Wendel bereits eng miteinander vernetzt, arbeiten bislang aber
dennoch weitestgehend getrennt voneinander. Deshalb will der Landkreis St. Wendel mit dem
Modellvorhaben Land(auf)Schwung hier andererseits auch ansetzen, um künftig eine noch
intensivere Abstimmung und Vernetzung im Sinne einer ganzheitlich-integrierten
Regionalentwicklung zu erreichen.
Zentrales Element hierbei soll die im Rahmen von Land(auf)Schwung vorgesehene regionale
Entwicklungsagentur „Zukunftsmanufaktur St. Wendeler Land“ werden. Mit dieser soll unter dem
Dach der Wirtschaftsförderungsgesellschaft St. Wendeler Land ein integriertes Service- und
Entwicklungscenter für die zukünftige Regionalentwicklung geschaffen werden. Die jeweils in ihrem
Bereich tätigen Regionalmanager und Assistenten (Land(auf)Schwung; KuLanI; Energie &
Klimaschutz; Region Vital; Wirtschaftsförderung) sollen weniger isoliert arbeiten, sondern im Sinne
von KnowHow-Bündelung, Synergieeffekten und effizientem Ressourceneinsatz einen Personalpool
bilden, der anhand eines geregelten engen Austausches die Basis für die gegenseitige Unterstützung
bei der Bewältigung aktueller Aufgaben der Regionalentwicklung schafft. Regelmäßige
(wöchentliche) Treffen zur Teambesprechung sollen die Grundlage für eine entsprechende
Aufgabenorganisation und eine im Gesamtzusammenhang abgestimmte Projekt- und
Regionalentwicklung sowie Akteursberatung sein. Mittel- bis langfristig soll die räumliche
Zusammenlegung aller im Bereich Regionalentwicklung aktiven Initiativen und Personen unter dem
Dach der Wirtschaftsförderung geprüft werden.
Auch auf Ebene der Gremien (insbesondere Lenkungsgruppe zur regionalen Partnerschaft „Inno-
Team St. Wendeler Land“, Vorstand KuLanI, Lenkungsgruppe Klimaschutz) soll durch Einrichtung fixer
Treffen, ein intensiverer Austausch gerade für die strategisch-konzeptionelle Gesamtausrichtung
forciert werden. Personelle Überschneidungen und Doppelbesetzungen einzelner Schlüsselpersonen
für die Lenkungsgruppe des Inno-Team St. Wendeler Land wurden im Sinne dieses Austausches und
der abgestimmten Entwicklung bewusst gewählt.
Zukunfts-
Energie-Netzwerk
St. Wendeler Land
Akteure & Projektträger
Wirtschaftsförderungsgesellschaft St. Wendeler Land e.V.
Wirtschaftsförderer WFG
Region Vital
Zukunftsmanufaktur
Energie- & Klimaschutzmanager
Regionalmanager KuLanI
KuLanI“Inno-Team“
St. Wendeler Land
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