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Alimenta Fachzeitschrift für die Lebensmittelwirtschaft Publication du secteur alimentaire 2.11.2010 21 Alimenta Schwerpunkt: Hygiene Point fort: Hygiène Marketing Das Summen der Konsumenten Additionner les consommateurs Sial 2010: A la sauce chinoise! Hygiene: Risk-Management ist eine Daueraufgabe EU: Das Ende der Milchquote naht

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Page 1: Alimenta - sachsse-kommunikation.ch · Marketing Das Summen der Konsumenten ... im Ofen von Maggi getestet und ihre Meinung ... WoM-Agentur Buzzer (von «to buzz», sum-

AlimentaFachzeitschrift für die Lebensmittelwirtschaft • Publication du secteur alimentaire

2.11.2010 21Alimenta

Schwerpunkt: Hygiene • Point fort: Hygiène

Marketing

Das Summen der KonsumentenAdditionner les consommateurs

Sial 2010 : A la sauce chinoise!

Hygiene : Risk-Management ist eine Daueraufgabe

EU : Das Ende der Milchquote naht

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3Alimenta 21/2010

Editorial

Überraschend einfach

Welche Marketingfachfrau und welcher -fach-

mann haben nicht schon davon geträumt, mit

ihrem neu lancierten Produkt genau den Ge-

schmack der Konsumenten zu treffen? Dieser

Traum wird Realität. Mund-zu-Mund-Wer-

bung oder englisch «Word of Mouth» heissen

die Zauberworte. Die älteste Art der Werbung

und Empfehlung wurde ursprünglich in

den USA wiederentdeckt und den heutigen

Ge gebenheiten angepasst, bevor sich in den

Benelux-Staaten einige findige Werber daran

machten, das System zu verbessern und den

europäischen Gegebenheiten anzupassen. In-

zwischen hat «das Summen der Konsumen-

ten» nach Deutschland und Österreich auch

die Schweiz erfasst (Seite 14).

Bald schon sollen die Milchquoten auch

in der EU der Geschichte angehören. Wie

ist die Stimmung viereinhalb Jahre vor dem

grossen Ereignis? Hans Peter Schneider ist

dieser Frage nachgegangen und auf Über-

raschendes gestossen (Seite 35).

Michael Grossenbacher, Chefredaktor

La simplicité même

Quel spécialiste en marketing n’a-t-il pas déjà

rêvé pouvoir toucher précisément le goût du

consommateur avec son dernier produit? Le

rêve devient réalité. Les mots magiques sont

la publicité bouche-à-oreille ou, en anglais,

«Word of Mouth». Le plus vieux moyen de

publicité et de recommandation a tout d’abord

été redécouvert aux USA, pour être ensuite

adapté aux conditions actuelles, avant que

des publicitaires inventifs des Etats du

Benelux n’améliorent encore le système pour

l’adapter aux réalités européennes. Entre-

temps, le «bour donnement des consomma-

teurs» a conquis l’Allemagne et l’Autriche, et

même la Suisse (page 14).

Bientôt, le contingentement laitier sera

aussi de l’histoire ancienne dans l’UE. Com-

ment se sent-on quatre ans et demi avant le

grand saut? Hans Peter Schneider a tenté de

trouver une réponse à cette question et, ce fai-

sant, a fait quelques découvertes surprenantes

(page 35).

Michael Grossenbacher, rédacteur en chef

Grafik der Woche • Graphique de la semaine

Nach dem Bericht der EU-Kommission für das Quotenjahr 2008/2009 wurde EU-weit die Quote um 4,2 Prozent (5,7 Mio. Tonnen) unterliefert. Frankreich war grösster Unterlieferer mit 1,2 Mio. Tonnen. Die Milchquote steigt seit 2004 wegen zusätzlicher EU-Mitglieder, aber auch wegen einer schrittweisen Aufstockung der Menge (Seite 35). • Selon le rapport de la Commission UE pour l’année laitière 2008/09, sur l’ensemble de l’UE, les sous-livraisons de lait représentent 4,2%, soit 5,7 millions de tonnes. La France était le pays le plus en sous-livraison avec 1,2 million de tonnes. Depuis 2004, le quota laitier européen a augmenté avec les nouveaux membres, mais aussi des augmentations controversées (page 35).

EU-Milchquote wird nicht ausgefüllt • Le quota laitier UE n’est pas rempli

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Titel • Titre

14 Alimenta 21/2010

Marketing

Das Summen der Konsumenten

Kathrin Cuomo-Sachsse. «Ich habe ein Güg-

geli-Essen organisiert! … Ist supersaftig und

zart», sagt Michaela. «Meine 10-jährige Toch-

ter ist riesig stolz. Sie kann ganz alleine Poulet

machen», freut sich «Akinom». «Leider ist die

Paprika-Mischung etwas fade», bemängelt

«Schläckmul». «Wenn man es würziger haben

will, das Poulet vorher mit Senf einreiben»,

empfiehlt «Surri».

Ingesamt 2000 Personen haben diesen

Frühling eine neue Zubereitungsart für Poulet

im Ofen von Maggi getestet und ihre Meinung

dazu kundgetan. Über 130 Kommentare wur-

den im Internet ausgetauscht. Die Rede ist

von der ersten grossen Word-of-Mouth-Kam-

pagne (WoM) in der Schweiz. Initiantin ist

die im Jahr 2004 gegründete niederländische

WoM-Agentur Buzzer (von «to buzz», sum-

men), die auch in Belgien und Deutschland

erfolgreich agiert.

Die Idee hinter WoM ist nicht neu, doch

bestechend: Ausgesuchte Verbraucher testen

und bewerten kostenlos neue Produkte aus

den verschiedensten Bereichen wie Nahrung/

Getränke, Waschmittel, Filme, PC-Spiele oder

Reisen. Sind sie davon überzeugt, empfehlen

sie sie ihren Familien, Freunden und Be-

kannten weiter. «Konsumenten kommuni-

zieren so über ihre sozialen Beziehungsnetze

miteinander und verbreiten ihre ehrliche

Meinung in kurzer Zeit – ähnlich einem

Schneeballsys tem», erklärt Bjorn Cassier,

Geschäftsführer der WoM-Plattform Die In-

sider.

67 Prozent aller Käufe mit WoMAls effektives und effizientes Marketing-Ins-

trument hat WoM grosses Potenzial. Die

Kaufbereitschaft ist über diesen Weg um ein

Vielfaches höher als bei ausschliesslich her-

kömmlich beworbenen Produkten. Gemäss

Zwei führende Anbieter zeigen mit ihren Kampagnen, wie «Word of Mouth»-

Marketing in der Schweiz erfolgreich praktiziert wird. Buzzer und Die Insider

sorgen dafür, dass Produkte von Maggi und Danone in aller Munde sind.

einer Studie von McKinsey werden zwei Drit-

tel aller Kaufentscheidungen durch Mund-

propaganda beeinflusst.

Dies macht sich auch Die Insider zunutze.

Der auf WoM spezialisierte europäische

Dienst zählt in den Beneluxländern sowie in

Österreich, Frankreich und Deutschland rund

95 000 Mitglieder. Im Oktober fiel mit einer

Kampagne für Danone der Startschuss in

der Schweiz. Vor allem Schweizerinnen sind

hier aufgefordert, die probiotischen Activia-

Joghurts zu testen. Zu diesem Zweck erhalten

«Insider» mit geeignetem Profil Gutscheine

für sich und ihre Freunde, um gratis die

verdauungsfördernde Wirkung des Produkts

ihrer Geschmackswahl auszuprobieren. An-

hand von Marktforschungsdokumenten kön-

nen sie zudem die Meinungen und Reaktio-

nen anderer festhalten.

Kampagnen zu Erlebnissen machen«Wichtig ist, eine Kampagne zu einem Erleb-

nis zu machen, das die Testpersonen mit ihren

Freunden teilen können. Die Kunst ist, das

Test objekt in eine spannende Story zu ver-

packen, die einen persönlichen Mehrwert

erbringt und deshalb gerne weitererzählt

wird», erklärt Willem Sodderland, Geschäfts-

leiter von Buzzer. Bei den Testpersonen gilt es

nicht nur die Entdeckungsfreude, sondern

vielmehr ihren Mitteilungsdrang zu wecken.

Sodderland: «WoM verwandelt neugierige

Leute in Käufer und Experten.»

Über eine halbe Million MarkengesprächeBeide WoM-Anbieter setzen bei ihren Kam-

pagnen auf unterhaltende Komponenten: So

können sich «Insider» und ihre Freunde in

Belgien beim gemeinsamen Backspass davon

überzeugen, dass Kuchen aus Fertigmischung

von der Nestlé-Tochter Herta genauso lecker

schmeckt wie selbst gemachter. In der Schwei-

zer «Huhntersuchung» konnten Buzzer die

Wartezeit beim Braten mit einem Hühner-

Pokerspiel überbrücken. Mancher wurde dazu

animiert, die neuen Würzmischungen nicht

nur zu testen, sondern eigene Rezepte zu

kreieren. Dank WoM war das neue Produkt

von Maggi in kurzer Zeit in aller Munde: Die

laut Sodderland sehr «disziplinierten und

humorvollen» Schweizer Buzzer generierten

über eine halbe Million Markengespräche.

Willem Sodderland, Buzzer

Bjorn Cassier, Die Insiderzv

g

zvg

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16 Alimenta 21/2010

Marketing

Der Anteil der daraus erzielten Kaufabsichten

war mit über 50 Prozent sehr hoch. Und

96 Prozent der Buzzer selbst gaben an, «Zart

und Saftig» wieder zu kaufen.

Die pro Kampagne erzeugten WoM-

Interaktionen rechnen sich. «Zwar sind die

gesamten Kosten für einen hergestellten

Kontakt doppelt so hoch wie bei einer TV-

Kampagne. Dafür sind sie zehn Mal effektiver

und erzielen einen entsprechend höheren Re-

turn on Investment», versichert Cassier. Dazu

kommt, dass die freiwilligen Tester kostenlos

wertvollen Input liefern. So liess auch Maggi

das eingehende Feedback in die Optimierung

seines Produkts einfliessen.

Kampagnen minutiös vorbereitenDie Macher von Die Insider und Buzzer berei-

ten ihre Kampagnen minutiös vor und statten

ihre Helfer reichlich mit Material aus: Dazu

erhalten die zuerst via E-Mail avisierten Test-

personen per Post ein Paket mit Produkt-

mustern und Gesprächsstartern. Doch damit

nicht genug. Wesentlich für den Erfolg sind

die enge Begleitung der Kampagnen und das

Coachen neuer Testpersonen. «Wir treten je-

weils mit allen Teilnehmern in Dialog und

werten jedes Feedback aus», betonen Cassier

und Sodderland.

Buzzer und Insider werden anhand eines

speziellen Erfassungs- und Auswahlsystems

sorgfältig rekrutiert und selektioniert. Ihre

spezifischen Kenntnisse und Interessen müs-

sen zum jeweiligen Testprodukt passen. Dazu

füllen die Teilnehmer auf das betreffende

Segment zugeschnittene Fragekataloge aus.

Buzzer werden häufig vor, während und nach

einer Marktlancierung beigezogen. «Das Be-

wusstsein, den Namen oder die Verpackung

eines Produkts mitzugestalten und die Kauf-

entscheide anderer zu beeinflussen, gibt man-

chem ein gutes Gefühl», so Sodderland.

Praktisch für alle Produkte geeignetDer Einsatz von Mund-zu-Mund-Marketing

ist deshalb ideal für die Einführung von Inno-

vationen oder bei einer neuen Markenpositio-

nierung. «Neben Konsumgütern des täglichen

Bedarfs eignen sich grundsätzlich alle Produk te

dafür, solange sie sich abheben und authen-

tisch sind», sagt Cassier. Selbst abstrakte

Dienstleister aus der Finanz- und Versiche-

rungsbranche sind kein Tabu: «Im Gegensatz

zur kurzweiligen Werbung lassen sich mit

WoM selbst komplexe Sachverhalte kreativ

vermitteln und Probleme auflösen», betont

Sodderland, der das Geschäftsmodell dazu

als Jungunternehmer ohne Marketing-Budget

entwickelte. Neben dem «Business to Client»-

Segment will Buzzer künftig auch den B2B-

Bereich ansprechen, bei dem Firmen andere

Unternehmen und ihre Produkte bewerten.

Social Media im KommenWoM lässt sich beliebig mit anderen Marke-

ting-Instrumenten kombinieren und ergänzt

die klassischen Werbemittel. So entwickeln

die Marketing-Spezialisten von Die Insider

integrierte Kommunikationslösungen. Selbst

wenn WoM zu fast 90 Prozent noch im

persönlichen Kontakt stattfindet, werden

Social Media so weit wie möglich einbezogen:

Schliesslich liessen sich bei der Kampagne

mit der Fertigkuchenmischung von Herta

50 000 Kontakte über Foren, Blogs und Face-

book generieren. Und 40 bis 50 Prozent der

Buzzer geben an, auch online zu arbeiten. Egal

über welchen Kanal: Beide Anbieter werden in

der Schweiz noch kräftig für Gesprächsstoff

sorgen.

Marketing

Additionner les consommateurs Ce printemps, près de 2000 personnes ont

testé une nouvelle façon de préparer le pou-

let, proposée par Maggi, et ont donné leur

avis. Il s’agit de la première campagne Word-

of-Mouth (WoM) de Suisse. C’est l’agence

néerlandaise Buzzer, spécialisée dans ce genre

de campagnes, qui l’a organisée.

L’idée d’une telle campagne est de choisir

des consommateurs qui testent gratuitement

les produits et donnent leur commentaire.

S’ils sont convaincus, ils recomman dent

l’article à leurs proches. Ce système dispose

d’un grand potentiel. Selon une étude, deux

tiers des décisions d’achat sont influencées

par le bouche-à-oreille.

Une autre agence a lancé une campagne

de ce genre pour Activia de Danone. Les

consommateurs au profil requis ont reçu des

bons pour eux et leurs proches, afin de tester

l’effet de ce yogourt probiotique. Ils peuvent

du même coup faire part de leur avis.

Pour garantir le succès, il est important

de faire de la campagne un événement que

chaque testeur peut partager avec ses pro-

ches. Il faut entourer l’objet d’une histoire

passionnante. Dans la campagne de Maggi,

les testeurs étaient encouragés à organiser

une partie de pocker pendant la cuisson du

poulet. Cette campagne aurait généré un

demi-million de contacts sur la marque.

Les agences de pub relèvent pourtant

que le contact WoM coûte deux fois plus

cher que lors d’une campagne TV, il est

pourtant dix fois plus réel. A ne pas négliger

non plus, les retours des testeurs, qui peu-

vent être utilisés pour améliorer le produit.

Une telle campagne doit être minutieuse-

ment préparée, les testeurs sont tout d’abord

prévenus par mail, puis ils reçoivent le

paquet avec les échantillons et les arguments.

Il faut pourtant encore coacher les testeurs,

rester en dialogue avec eux et utiliser leurs

feedbacks. Si l’idée de départ reste un con tact

direct, les réseaux sociaux ou les blogs per-

mettent aussi de faire parler d’un produit. Et

c’est ça l’essentiel. Kathrin Cuomo-Sachsse

Die «Huhnuntersuchung» von Maggi und Buzzer überzeugte auch Schweizer Marketing- Experten wegen ihrer originellen Aufmachung. • «L’enquête sur les poules» de Maggi et Buzzer a convaincu également des experts suisses par sa conception originale.