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Untersuchungen zur Zerspanbarkeit von austenitisch-ferritischem Gusseisen mit Kugelgraphit (ADI) Von der Fakultät für Maschinenwesen der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Ingenieurwissenschaften genehmigte Dissertation vorgelegt von Diplom-Ingenieur Carsten Felix Klöpper aus Erlangen Berichter: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. F. Klocke Univ.-Prof. Dr.-Ing. E. Abele Tag der mündlichen Prüfung: 28.09.2006 Diese Dissertation ist auf den Internetseiten der Hochschulbibliothek online verfügbar

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Untersuchungen zur Zerspanbarkeit von

austenitisch-ferritischem Gusseisen mit Kugelgraphit (ADI)

Von der Fakultät für Maschinenwesen der

Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen

zur Erlangung des akademischen Grades eines

Doktors der Ingenieurwissenschaften

genehmigte Dissertation

vorgelegt von

Diplom-Ingenieur Carsten Felix Klöpper

aus Erlangen

Berichter: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. F. Klocke

Univ.-Prof. Dr.-Ing. E. Abele

Tag der mündlichen Prüfung: 28.09.2006

Diese Dissertation ist auf den Internetseiten der Hochschulbibliothek online verfügbar

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Vorwort und Danksagung

Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Laboratorium für Werkzeugmaschinen und Betriebslehre (WZL) der Rheinisch-Technischen Hoch-schule Aachen.

Herrn Prof. Dr.-Ing. E.h. F. Klocke, Inhaber des Lehrstuhls für Technologie der Fertigungsverfah-ren, danke ich für die gute Zusammenarbeit und die wohlwollende Förderung meiner Arbeit.

Ebenso danke ich Herrn Prof. Dr.-Ing. E. Abele und Prof. Dr.-Ing. J. Feldhusen für die Übernahme der Prüfungsämter sowie Herrn D. Lung für die konstruktive Zusammenarbeit und die Durchsicht des Manuskripts.

Mein besonderer Dank gilt den Zerspanern und allen Kolleginnen und Kollegen, mit denen ich ei-nen unvergessenen Abschnitt meines Berufslebens verbringen durfte. Die offene und freundschaft-liche Atmosphäre hat mir stets Motivation und Arbeitsfreude gegeben und die vielen längeren Tage am WZL ausgesprochen belebt. In dieser Weise haben Markus Fallböhmer, Dirk Friedrich, Bruno Hüstermann, Andreas Kopner, Hubert Kratz, Sebastian Mader, Bastian Maier, Gregor Messner, Jan Mielke, Brigitte Niederbach, Rainer Ohler, Hans-Willi Raedt, Martin Reuber, Karsten Röttger, Re-né Schmitz, Robert Seidner, Axel Stegen, Drazen Veselovac, Willi Weiss, Holger Willms und Christoph Zeppenfeld wesentlich zum Erfolg meiner Arbeit beigetragen.

Weiterhin möchte ich mich bei den allen Partnern des ADITECH-Projekts für die konstruktive Zu-sammenarbeit und die belebenden Diskussionen auf Meetings und Konferenzen bedanken. Heraus-heben möchte ich vor allem Matti Johansson und Rainer W. Kaiser sowie natürlich Markus Fall-böhmer, ohne dessen erfolgreiche Beantragung dieses Dissertationsthema erst gar nicht entstanden wäre. Ein weiterer Dank gilt der DaimlerChrysler AG in Person von Herrn Dr. Lahres und Michael Grüner für die Zusammenarbeit in den Projekten zur Spanwurzelanalyse von ADI.

Für die Durchsicht des Dissertationsmanuskripts danke ich Sebastian Mader, Klaus Gerschwiler, Mustapha Abouridouane, Drazen Veselovac, Rainer W. Kaiser und Stefanie Kaehler sowie vor al-len Dingen Martin Reuber, durch dessen Detailkorrektur diese Arbeit erst rund geworden ist.

Schließlich gilt mein Dank meinen studentischen Hilfskräften sowie Studien- und Diplomarbeitern und natürlich vor allem meiner Familie, die mich in meinem beruflichen Werdegang gefördert und auch in schwierigen Zeiten zum Ende der Promotion immer unterstützt hat.

Köln, im August 2007

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Inhalt I

Inhalt

1 Einleitung 1

Introduction 3

2 Stand der Erkenntnisse 5

2.1 Austenitisch-ferritisches Gusseisen mit Kugelgraphit (ADI-Gusseisen) 6

2.1.1 Gefüge von Gusseisenwerkstoffen 6

2.1.2 Austenitisch-ferritisches Gusseisen mit Kugelgraphit (ADI): Herstellung, Einflussparameter und Gefügeeigenschaften 9

2.2 Bearbeitbarkeit von Gusseisenwerkstoffen 16

2.2.1 Spanbildung bei der Zerspanung von Gusseisenwerkstoffen 16

2.2.2 Einflussfaktoren auf den Werkzeugverschleiß bei der Zerspanung von Gusseisen 18

2.2.3 Beschreibung und Beurteilung von Untersuchungen zur Bearbeitung von ADI-Gusseisen 20

3 Ausgangssituation und Zielsetzung 23

3.1 Voruntersuchungen zur Zerspanbarkeit von ADI 24

3.1.1 Spanbruch und Spanform 25

3.1.2 Zerspankraft und Oberflächengestalt 25

3.1.3 Standzeit und Verschleißverhalten 26

3.2 Zwischendiskussion und Zielsetzung der Arbeit 30

4 Ableitung relevanter Werkstoffeigenschaften und Kontaktbedingungen aus tribologischer Sicht 33

4.1 Beschreibung des tribologischen Systems „Werkzeug – Werkstück“ 33

4.2 Verschleißmechanismen und deren Einflussgrößen 35

4.2.1 Abrasion und Oberflächendeformation 35

4.2.2 Adhäsion 37

4.2.3 Oberflächenzerrüttung 39

4.2.4 Tribochemische Reaktion und Diffusion 39

4.3 Zwischenfazit 41

5 Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 43

5.1 Charakterisierung des austenitisch-ferritischen Gefüges 43

5.1.1 Gefüge und Eigenschaften der untersuchten Werkstoffe 43

5.1.2 Charakterisierung der Gefügestrukturen mittels Mikrohärteanalyse 48

5.1.3 Strukturanalyse mittels „Heat Tinting“ 51

5.1.4 Analyse der Adhäsionsneigung im Stift-Scheibe-Tribometer 54

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II

5.2 Werkstoffverhalten bei hohen Dehnungen und Dehngeschwindigkeiten 58

5.2.1 Stauchversuche an Schulterproben 58

5.2.2 Schlag-Druck Versuche mit dem Split-Hopkinson-Bar 60

5.2.3 Ermittlung eines Materialmodells zur Beschreibung der Fließspannungen bei hohen Dehngeschwindigkeiten 72

5.3 Analyse der Spanbildungskenngrößen bei der Bearbeitung von ADI 80

5.3.1 Theorien zur Bildung von Scherspänen 80

5.3.2 In-situ Spanbildungsphotographie zur Ermittlung der Stadien während der Segmentspanbildung von Gusseisen mit Kugelgraphit 84

5.3.3 Span- und Spanwurzelanalysen zur Bestimmung des Verformungszustandes vor der Schneidkante 86

5.3.4 Abschätzung der mittleren Schnitttemperatur unter der Spanfläche mittels 2-Farben-Pyrometrie 96

5.3.5 Analyse der statischen und dynamischen Schnittkräfte 101

5.4 Zwischenfazit: zerspanbarkeitsrelevante Werkstoffeigenschaften des ADI-Gusseisens 107

6 FE-Modellierung der Spanbildung und Bestimmung der Kontaktbedingungen zwischen Material und Schneidkante 109

6.1 Ermittlung eines hinreichenden Versagenskriterium für die Scherspanbildung des ADI-Gusseisens 111

6.1.1 Versagen durch thermoplastische Scherung 112

6.1.2 Überschreitung des Formänderungsvermögens 115

6.1.3 Anwendung von Schadenshypothesen für die Scherspanbildung 118

6.2 FE-Simulation der Scherspanbildung und Ermittlung der zeitabhängigen Kontaktbedingungen in der Zerspanzone 124

6.3 Zwischenfazit: Abschätzung eines werkstoffspezifischen Lastkollektivs 131

7 Untersuchung und Optimierung von Schneidwerkzeugen 133

7.1 Verschleißuntersuchungen im kontinuierlichen Schnitt 133

7.1.1 Verschleißmechanismus bei der Bearbeitung von duktilem ADI 133

7.1.2 Einflussgrößen auf den Werkzeugverschleiß 136

7.2 Anwendung der Erkenntnisse für die Werkzeugoptimierung beim Bohren und Fräsen von ADI-900 139

7.3 Entwicklung einer neuen Geometrie zum Gewindebohren von ADI-900 141

8 Zusammenfassung und Ausblick 145

Summary and Outlook 148

9 Literatur 151

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Einleitung 1

1 Einleitung

Gewichtsreduzierung und Kosteneinsparung sind zeitlose Treiber für die Entwicklung neuer Kon-struktionswerkstoffe. Werkstofforientierte Strategien zur Gewichtsreduzierung sind die Verwen-dung von Werkstoffen geringer Dichte oder höherer Festigkeit durch spezielle Legierungen oder Wärmebehandlungen. Welcher Weg beschritten wird, ist abhängig von den mechanischen und thermischen Belastungen auf das zu konstruierende Bauteil, aber auch von weiteren Randbedingun-gen wie Herstellungskosten, Recyclebarkeit, öffentlicher Akzeptanz und auch der Bearbeitbarkeit /KETS99, BART06/.

In diesem Spannungsfeld werden zurzeit auch intensiv neue Gusseisenwerkstoffe diskutiert. Dabei werden dem Gusseisen mit Vermikulargraphit und dem austenitisch-ferritischen Gusseisen mit Ku-gelgraphit (ADI) ein sehr großes Potential zur Erschließung neuer Anwendungsbereiche zuge-schrieben /ABEL05/. Gusseisen mit Vermikulargraphit erreicht bereits eine bedeutende Anwen-dungsbreite bei hochbelasteten Motorengehäusen, da es einen optimalen Kompromiss zwischen höheren Festigkeiten ähnlich eines Gusseisens mit Kugelgraphit und guten Gieß-, Dämpfungs- und Wärmeleitungseigenschaften ähnlich eines Gusseisens mit Lamellengraphit bietet. Das austenitisch-ferritische Gusseisen mit Kugelgraphit (ADI) erschließt neue Anwendungen jenseits der konventio-nellen Kugelgraphitsorten und erreicht durch eine besondere Wärmebehandlung Festigkeiten wie hochwertige Schmiedestähle und dazu eine für Gusswerkstoffe eher ungewöhnlich hohe Zähigkeit und Bruchdehnung.

Nach seiner Entwicklung in Europa Anfang der 70er Jahre /JOHA77/ hat das ADI-Gusseisen per-manent neue Anwendungen im Land- und Schienenfahrzeugbau, in Land- und Erdbewegungsma-schinen sowie im Maschinen- und Getriebebau erschlossen /KEOU02/. Der endgültige Durchbruch in Hochleistungsserienanwendungen ist allerdings bis heute noch nicht gelungen. In einer Eupho-riephase in den 80er Jahren wurden Prototypen von Großserienkompo-nenten, wie Kurbelwellen unter-sucht. Diese sind aber zum größten Teil nicht umgesetzt worden, da keine konstante Werkstoffqualität und vor allem keine ausreichende Zerspanbarkeit gewährleistet wer-den konnte /World Conference on ADI, Bloomingdale (Chicago), 12.-14.03.1991, IL, USA/.

Neues Wissen über die Betriebsei-genschaften von ADI-Komponenten, über Legierungs-, Gieß- und Wärmebehandlungspa-rameter sowie neue Entwicklungen in der Wärmebehandlungstechnik haben dazu geführt, dass die Pro-

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geschätzt 2002Andere

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Asien

USA

Bild 1-1: Weltweite Entwicklung der ADI-Produktion (nach Fa. Componenta, 2001; J.R. Keough, 2002)

Worldwide Production of ADI

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2

duktionszahlen in den USA und in Europa in jüngerer Zeit deutlich gestiegen sind (Bild 1-1) und erneute Entwicklungstätigkeiten in Bezug auf die Konstruktion von Großserienbauteilen aus ADI-Gusseisen in Angriff genommen wurden /HAYR95, MOHR05/. Voraussetzung für eine erfolgrei-che Umsetzung in Serienanwendungen ist allerdings, dass der Werkstoff unter den Randbedingun-gen der Großserienproduktion, d.h. auf bestehenden Produktionsanlagen und in wirtschaftlichen Taktzeiten bearbeitbar ist. Deshalb ist eine genaue Kenntnis über die Zerspanbarkeitsmechanismen notwendig, um geeignete Optimierungen der Schneidwerkzeuge und Bearbeitungsparameter durch-führen zu können. Bisher sind die Zerspanbarkeitseigenschaften des austenitisch-ferritischen Guss-eisens mit Kugelgraphit nur ungenügend bekannt. Der Einfluss der sowohl für Eisenguss- als auch für Stahlwerkstoffe ungewöhnlichen Werkstoffeigenschaften auf die Zerspanbarkeit wird im Rah-men dieser Arbeit intensiv untersucht.

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Introduction 3

Introduction

Weight reduction and cost savings are drivers for the development of new construction materials. Material-oriented strategies for weight reduction are the application of materials with low density or higher strength by special alloys or heat treatments. Which line is taken, is dependent on the me-chanical and thermal loads on the construction design and further boundary conditions such as manufacturing costs, recyclability, public acceptance as well as machinability /KETS99, BART06/.

In this regard also new cast iron materials are intensively discussed. Compacted graphite iron (CGI) and austempered ductile iron (ADI) are attributed a very large potential to enter new ranges of ap-plications /ABEL05/. Compacted graphite iron is already applied for highly loaded engine blocks due to its optimal combination of high strength, good cast ability, damping capacity and thermal properties. Austempered ductile iron (ADI) opens new applications beyond conventional ductile iron materials and offers tensile properties like high-quality forging steels due to a special heat treatment as well as a rather high toughness unusual for cast iron materials.

After its development in Europe beginning of the 70's /JOHA77/ ADI has permanently gained new applications in agricultural and railway vehicles, agricultural and mining machinery as well as gear applications /KEOU02/. However, the final break-through in series-production applications did not succeed so far. In the 80's prototypes of mass production components such as crankshafts were studied. However, these prototypes were mostly not converted into real applications due to a miss-ing constant material quality and particularly no sufficient ma-chinability /World Conference on ADI, Bloomingdale (Chicago), 12.-14.03.1991, IL, USA/.

Recently, new knowledge of the operating properties of ADI com-ponents, of alloying, casting and heat treatment parameters as well as new developments in the heat treatment technology resulted in rising production values in the USA and in Europe (Fig. 1-1). Further-more, new development activities regarding the design of series-production applications in ADI were tackled /HAYR95, MOHR05/. However, precondition for a successful realisation of series applications is a good machinability of this material under the conditions of mass production, i.e. existing production plants and in eco-nomic cycle times. Therefore it is necessary to have an exact knowledge of the cutting properties in order to be able to perform cutting tool and cutting parameter optimisations. So far the cutting prop-

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Fig. 1-1: Weltweite Entwicklung der ADI-Produktion (nach Fa. Componenta, 2001; J.R. Keough, 2002)

Worldwide Production of ADI

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erties of austempered ductile iron are insufficiently well-known. The influence of the material prop-erties, which are unusual both for cast iron and for steel, on the cutting properties is examined in-tensively in this work.

Page 11: Adi

Stand der Erkenntnisse 5

2 Stand der Erkenntnisse

Die Eisengusswerkstoffe unterteilen sich in die Werkstoffgruppen der Stahlguss- und der Gussei-senlegierungen. Eine Abgrenzung erfolgt im Wesentlichen über den Kohlenstoffgehalt. Als Gussei-sen werden diejenigen Eisengusswerkstoffe bezeichnet, die einen Kohlenstoffgehalt von mindestens 2% besitzen. Stahlgusslegierungen enthalten dagegen weniger als 2% Kohlenstoff. Darüber hinaus sind Stahlgusslegierungen im Allgemeinen dadurch gekennzeichnet, dass sie auch im wärmebehan-delten Zustand keinen Kohlenstoff in Form von Graphit im Gefüge aufweisen. Bei Gusseisenlegie-rungen liegt diese Gefügephase dagegen entweder bereits im Gusszustand vor oder sie entsteht durch eine Wärmebehandlung. Die einzige Ausnahme stellt der Hartguss dar, bei dem der gesamte Kohlenstoff in karbidischer Form vorliegt /BRUN78, KNOT90/.

Die Werkstoffgruppe der Gusseisenlegierungen unterteilt sich in die weißen und die grauen Gussei-sen. Zu den weißen Gusseisenwerkstoffen zählen der Hartguss sowie der Temperguss, bei dem nach einer karbidischen Erstarrung die Gefügephase des Graphits durch eine nachfolgende Wärmebe-handlung gebildet wird. Bei den grauen Gusseisenwerkstoffen wird in Abhängigkeit von der Form des Graphits zwischen dem Gusseisen mit Lamellengraphit, dem Gusseisen mit Vermikulargraphit und dem Gusseisen mit Kugelgraphit unterschieden /SPUR81, KÖNI95/.

Gusseisen mit Kugelgraphit wird erst seit rund 60 Jahren industriell gefertigt. Bereits in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden die günstigen Eigenschaften eines Gusseisens mit möglichst kugeliger Graphitausbildung zwar vorhergesagt und daher eine Entwicklung eines derartigen Werk-stoffs gefordert. Aber erst mit der zufälligen Entdeckung der Wirkung einer Magnesiumbehandlung auf die Bildung globularer Graphiteinschlüsse wurde der Grundstein einer industriellen Produktion gelegt. Bis Anfang der 70er Jahre war vorzugsweise der Maschinenbau Abnehmer von Gussstücken aus Gusseisen mit Kugelgraphit, wobei sehr häufig Gusseisen mit Lamellengraphit und legierter Stahlguss durch Gusseisen mit Kugelgraphit ersetzt wurden. Ab Mitte der 70er Jahre fand der Werkstoff zunehmend Anwendung im Motoren- und Fahrzeugbau anstelle von legiertem Schmie-destahl und Temperguss. Die Substitutionstendenzen von anderen Gusseisensorten sowie von ge-gossenem und geschmiedetem Stahl in Gusseisen mit Kugelgraphit haben dazu geführt, dass seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts nur das Gusseisen mit Kugelgraphit durch eine deutliche Zu-nahme der Produktionsmengen gekennzeichnet ist. Die anderen Gusseisensorten haben dagegen eine Abnahme der Produktionsmengen auch durch die wachsende Konkurrenz der Leichtmetallle-gierungen zu verzeichnen /LOPE94a, LOPE94b, KETS99, HACH88, N.N.99/.

Wärmebehandlungen an Gussstücken aus Gusseisen mit Kugelgraphit werden mit unterschiedlichen Zielsetzungen durchgeführt. Hierzu gehören

� das Einstellen der Werkstoffsorte von ferritischem bis perlitischem Gusseisen mit Kugelgra-phit über das Ändern der Menge des gebundenem Kohlenstoffs,

� das Steigern von Zugfestigkeit, Härte und Verschleißbeständigkeit über Härtungs- und Ver-gütungsgefüge sowie

� das Vermeiden von Verzug und Rissbildung durch das Beseitigen von Gussspannungen.

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6

Die konventionelle, von der Wärmebehandlung der Stahlwerkstoffe bekannte Vergütungsbehand-lung, bestehend aus Austenitisieren, Abschrecken und Anlassen, wird für Gusseisen mit Kugelgra-phit nur selten eingesetzt, da Gusseisen beim Anlassen zur Graphitisierung neigen. Weiterhin wer-den nur verhältnismäßig geringere Bruchdehnungen erreicht /RÖHR87/. Deutlich höhere Bruch-dehnungen können mit der für ADI typischen Zwischenstufenvergütung erzielt werden. Das dabei entstehende austenitisch-ferritische Gefüge, das für die besonderen Eigenschaften verantwortlich ist, wurde sehr wahrscheinlich in den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts von DEMIDOVA und RUTKOWSKY zum ersten Mal entdeckt und als Bainit-Austenit bezeichnet /MÜHL85/. Erste An-wendungsversuche des ADI-Gusseisens und Untersuchungen zu den mechanischen Eigenschaften wurden Ende der 60er Jahre von GENERAL MOTORS anhand von Differenzialgetrieberädern unter-nommen. Der erste Einsatz von Serienprodukten für Land- und Erdbewegungsmaschinen erfolgte in den 70er Jahren, wobei vor allem die hervorragenden Verschleißeigenschaften genutzt wurden /KEOU95a, KEOU95b, JOHA77/. Die Optimierung des ADI-Gusseisens mit Ziel höchster Bruch-dehnungen und Zähigkeiten wurde von MÜHLBERGER beschrieben und patentiert /MÜHL85/.

2.1 Austenitisch-ferritisches Gusseisen mit Kugelgraphit (ADI-Gusseisen)

2.1.1 Gefüge von Gusseisenwerkstoffen

Das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm (Bild 2-1) beschreibt als metastabiles System (volle Linien) die Gleichgewichte der Eisenmischkristalle mit der metastabilen Phase Zementit (Fe3C) und als stabiles System (gestrichelte Linien) mit der stabilen Phase Graphit. Als weitere Merkmale weist das Sys-tem Eisen-Kohlenstoff ein Eutektikum (C, C’), bedingt durch die Phasenumwandlung des Eisens ein Peritektikum (I) und ein Eutektoid (S, S’) auf. Das Eisenkarbid Fe3C (Zementit) als stabilste Eisen-Kohlenstoff-Verbindung kristallisiert orthorombisch. Je nach Bildung bei der Primärkristalli-sation bzw. bei Ausscheidungen aus dem �- (Austenit) und dem �-Mischkristall (Ferrit) werden Primär-, Sekundär- und Tertiärzementit unterschieden. Bei einer Wärmebehandlung treten Karbide auf, die in der Zusammensetzung zwischen Fe2C und Fe3C schwanken und hexagonal kristallisie-ren. Diese werden als �-Karbide bezeichnet. Graphit als die stabile Kohlenstoffphase kristallisiert hexagonal. Analog zum Zementit entstehen bei einer Abkühlung Primär-, Sekundär- und Tertiär-graphit /BRUN78, KNOT90, SPUR81/.

Bedingt durch die Wirkung des Siliziums auf die Erstarrungs- und Umwandlungsvorgänge von gra-phithaltigen Gusseisenlegierungen ist auch das 3-Stoff-System Eisen-Kohlenstoff-Silizium zu be-achten, wobei im Wesentlichen die stabilen Umwandlungsvorgänge im Vordergrund stehen. Von Bedeutung ist hier vor allem die verringerte Kohlenstofflöslichkeit des Austenits mit steigendem Siliziumgehalt, wodurch die Umwandlungspunkte S’, E’ und C’ zu geringeren Kohlenstoffkonzent-rationen verschoben werden. Weiterhin erweitert sich die eutektoide Umwandlung zu einem Tem-peraturintervall /MACH92/.

Gusseisenlegierungen sind dadurch charakterisiert, dass die gefügebildenden Vorgänge während der Erstarrung und bei der Wärmebehandlung nach dem stabilen und dem metastabilen System des Fe-C-Si-Zustandsschaubildes ablaufen. Gusseisen mit Lamellengraphit (GJL), Gusseisen mit Kugel-graphit (GJS) und Gusseisen mit Vermikulargraphit (GJV) erstarren weitgehend stabil und wandeln in Abhängigkeit der Erstarrungsgeschwindigkeit bzw. der Wanddicke und Legierungsbestandteile

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Stand der Erkenntnisse 7

metastabil bis stabil um. Im Gegensatz dazu verläuft beim Temperguss und Hartguss die Erstarrung ausschließlich metastabil, wobei beim Temperguss ein nachträglicher Graphitisierungsprozess mit-tels einer Wärmebehandlung angeschlossen wird.

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K723°C

738°C

1147°C

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D

D‘Fe3C(Zementit)

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B

A 1536°C

1493°C

1392°C

HI

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1400

1200

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800

600

Q 1 2 3 4 5 6 7L

Massengehalt an Kohlenstoff / %

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Massengehalt an Zementit / %

Tem

pera

tur

/ °C

Bild 2-1: Zustandsschaubild des Systems Eisen-Kohlenstoff

Phase diagram iron-carbon

Der Einfluss der Legierungszusammensetzung auf die Erstarrung nach dem stabilen oder dem meta-stabilen System geht auf die Kohlenstoffaktivität in der Schmelze zurück. Elemente, die die Aktivi-tät erhöhen, erniedrigen zugleich die Kohlenstofflöslichkeit und fördern die Erstarrung nach dem stabilen System. Aktivitätserniedrigende Elemente erhöhen die Kohlenstofflöslichkeit und begün-stigen die metastabile Erstarrung. Dazu zählen vor allem die karbidbildenden Elemente Mn, Cr, Mo, W, Ta, V, Nb und Ti. Die stabile Erstarrung wird durch die Elemente Si, Al, Cu, Ni, Co, Zr, P und S begünstigt /RÖHR87/.

Die eutektoide Umwandlung bestimmt die Ausbildung der metallischen Matrix des Gussgefüges. Diese wird maßgeblich durch die Diffusionsbedingungen des Kohlenstoffs beeinflusst. Im Fall einer metastabilen Erstarrung erfolgt auch die eutektoide Umwandlung nach dem metastabilen System. Bei graphithaltigen Erstarrungsgefügen diffundiert zunächst Kohlenstoff in die Graphiteinlagerun-gen. Unter ungünstigen Diffusionsbedingungen, z.B. bei erhöhten Abkühlgeschwindigkeiten, wird die stabile Umwandlung eingeschränkt und der Austenit wandelt sich über eine Keimbildung und das Wachstum von Perlit vollständig metastabil um. Auch hier wird die Umwandlung durch die Legierungszusammensetzung beeinflusst, wobei die Zusammenhänge deutlich komplexer sind.

Page 14: Adi

8

Die Erstarrung von graphithaltigen Gusseisenlegie-rungen ist auf Grund der möglichen Zusammenset-zungen, die vom untereutektischen bis in den übereu-tektischen Bereich reichen, durch eine Primärkristalli-sation und eine eutektische Kristallisation gekenn-zeichnet. Bei einer untereutektischen Zusammenset-zung kristallisiert primär Austenit, bei einer übereu-tektischen Zusammensetzung dagegen Primärgraphit aus der Schmelze. Die eutektische Kristallisation ver-läuft bei einer stabilen Erstarrung unter Bildung von eutektischen Körnern, in denen der Graphit in zusam-menhängenden Raumformen vorliegt. Die Anzahl der Körner und damit die Größe und Verteilung der Gra-phiteinschlüsse hängt von den Keimbildungsbedin-gungen und der Abkühlgeschwindigkeit ab. Die Gra-phitform wird wesentlich durch die Legierungszu-sammensetzung beeinflusst und weist als Grenzfälle Lamellen- und Kugelgraphit auf (Bild 2-2). Form III kann als typisch für Gusseisen mit Vermikulargraphit angesehen werden. Die Formen IV und V charakteri-sieren die Einlagerungen im Temperguss. Für die Er-zielung von globularen Graphiteinschlüssen sind nie-drige Gehalte an Phosphor und Schwefel erforder-lich, die ggf. durch eine Vorbehandlung erreicht werden. Weitere Verfahrensschritte sind die Mag-nesiumbehandlung und das Impfen zur Einstellung eines günstigen Keimzustands für die gezielte Graphitausscheidung /N.N.90, KETS99/.

Die Vorgänge bei der Austenitumwandlung nach einer vollständigen Erstarrung entsprechen mit Ausnahme einiger Besonderheiten denen der Um-wandlung von Stählen und Stahlgusslegierungen. Es bilden sich ebenfalls die Umwandlungsstufen Perlit, Zwischenstufe und Martensit aus (Bild 2-3). Besonderheiten liegen in dem Umwandlungsinter-vall, das durch den Siliziumgehalt entsteht, der möglichen Austenitstabilisierung und der indirek-ten Ferritisierung. Die oberste Umwandlungsstufe des stabilen Ferrit-Graphit-Eutektoids geht mit zunehmender Unterkühlung unter der A1.1-Temperatur in die Perlitstufe über. Lange Haltezei-ten im Bereich der Perlitstufe haben einen Perlit-zerfall zu Ferrit und Graphit zur Folge. Dieser Vorgang wird als indirekte Ferritisierung bezeich-

Form I Form II

Form III Form IV

Form V Form VI

Bild 2-2: Graphitformen nach VDG-Merkblatt P441

Graphite inclusions ac-

cording to P441

A1,2

A1,1

Ms

Mf

Perlit

Bainit

Martensit

Ferrit + GraphitAnfang

Anfang

Anfang

Ende

Ende

Ende

Anfang

Ende

Ende des Perlit-zerfalls zu

Ferrit + Graphit

1 10 100 1000 10000

Zeit / s

100

0

200

300

400

500

600

700

800

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Tem

pera

tur

/ °C

Bild 2-3: ZTU-Schaubild für isotherme Umwandlung von Gusseisen /RÖHR79/

Isothermal time-temperature

diagram for cast iron

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Stand der Erkenntnisse 9

net. Der Perlit wird mit zunehmender Unterkühlung feinstreifiger. Bei hohen Abkühlgeschwindig-keiten und einer Unterschreitung der Ms-Temperatur besteht das Gefüge aus Martensit. Zwischen der Martensit- und der Perlitstufe wird in der Bainitstufe zwischen einem unteren und einem oberen Bainit unterschieden. Die Umwandlungen in dieser Zwischenstufe werden durch Silizium verändert /VÉLE96/. Es verhindert die Karbidausscheidung und führt so zu einer Kohlenstoffanreicherung des Austenits, der dadurch stabilisiert wird. Dies kann zur Folge haben, dass die Umwandlung nicht vollständig verläuft und ein Restaustenit im Gefüge erhalten bleibt /DORA79/. In ähnlicher Weise wird diese Eigenschaft bei der Wärmebehandlung von Gusseisen für die Herstellung von ADI ge-zielt genutzt und bildet die theoretische Grundlage für die Entstehung des speziellen austenitisch-ferritischen Gefüges.

2.1.2 Austenitisch-ferritisches Gusseisen mit Kugelgraphit (ADI): Herstellung, Ein-flussparameter und Gefügeeigenschaften

Die Herstellung von ADI-Gusseisen erfolgt durch eine spezielle Wärmebehandlung in der Bai-nitstufe, die daher mit einem Zwischenstufenvergüten vergleichbar ist (Bild 2-4). Das Gussstück wird zur gleichmäßigen Austenitisierung und Kohlenstoffsättigung des Austenits auf 840 bis 950 °C erhitzt (Punkt B bis C) und dann auf eine Umwandlungstemperatur zwischen 230 und 400 °C abgeschreckt (Punkt D). Bei dieser Temperatur wird es isothermisch gehalten. Hierbei er-folgt eine „Zwangsausscheidung“ des Ferrits in feinnadeliger Ausprägung und gleichzeitig eine Anreicherung des Rest-Austenits mit Kohlenstoff, so dass dieser stabilisiert ist. Dieses so umge-wandelte austenitisch-ferritisches Gefüge wird auch als Ausferrit bezeichnet (Punkt G). Danach wird das Gussstück auf Raumtemperatur abgekühlt /DAY99, RÖHR01/.

Umwandlungszeit

Tem

pera

tur Perlit

Bainit

Austenit

A

B C

D E F G H

Ausferritca. 300 °C

ca. 350 °C

ca. 400 °C

0

20

40

Res

taus

ten

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0

4

8

12

16

Bru

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0

400

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1200

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200

400

600

10 102 103 104 105

Umwandlungszeit / s

- 300 °C- 350 °C- 400 °C

- 300 °C- 350 °C- 400 °C

Bild 2-4: Schematische Darstellung der ADI-Wärmebehandlung /KOVA96/ und Einfluss der isothermen Umwandlung auf die Werkstoffeigenschaften am Beispiel einer Legie-rung mit 0,34% Mn und 0,53% Ni /DORA82a, DORA82b/

Schematic diagram of the ADI heat treatment and influence of the isotheral trans-

formation on the material properties

Page 16: Adi

10

Die isotherme Umwandlung in der Bainitstufe erfolgt in verschiedenen Phasen /KOVA96/. Voraus-setzung für eine einwandfreie Gefügeumwandlung ist, dass die gesamte Grundmasse im Punkt D vollständig aus Austenit besteht, bevor die Keimbildung des Ferrits im Punkt E beginnt. Die Aus-gangstemperatur des Gussstückes und die Abkühlungsgeschwindigkeit auf den Umwandlungsstart-punkt D müssen daher so gewählt werden, dass weder voreutektoider Ferrit entsteht, noch die Per-litstufe im gesamten Querschnitt des Gussteils durchlaufen wird. Nach dem Start der Keimbildung im Punkt E hat sich die gesamte Grundmasse am Punkt F in nadeligen Ferrit und Austenit umge-wandelt. Während der Verweilzeit zwischen den Punkten E und F diffundiert Kohlenstoff aus dem sich bildenden Ferrit in den verbleibenden Austenit, so dass dessen Kohlenstoffgehalt auf etwa 1,2 bis 1,6% ansteigt. Dieser Kohlenstoffgehalt reicht aber nur aus, um den Austenit metastabil zu ma-chen. Bei einer Abkühlung unter Raumtemperatur oder bei erhöhten mechanischen Spannungen kann der Austenit in Martensit umwandeln. Im Bereich F – G der Wärmebehandlungskurve tritt keine merkliche Keimbildung des Ferrits auf. Die bereits vorliegenden Ferritkörner wachsen aber weiter und geben daher weiteren Kohlenstoff an den Austenit ab. In diesem Stadium der Umwand-lung erhöht sich der Kohlenstoffgehalt des Austenits auf 1,8 bis 2,2%, abhängig von der chemi-schen Zusammensetzung des Gussstückes /YESC01/. Bei diesem Kohlenstoffgehalt wird der Auste-nit weitestgehend thermisch und mechanisch stabil. In der Praxis wird auch häufig vor Punkt G ab-gekühlt, da eine längere Haltedauer im Salzbad unwirtschaftlich ist /RÖHR01/. In diesem Fall müs-sen ggf. Einbußen in der Austenitstabilität in Kauf genommen werden.

Wenn die Umwandlungstemperatur in der Bainitstufe niedriger eingestellt wird, ergibt sich ein Werkstoff mit höherer Festigkeit. Mit sinkender Umwandlungstemperatur wird das Gefüge immer feiner. Die Austenitplatten werden schmaler /KOVA96/. Der Gehalt an stabilisiertem Austenit wird zugunsten von Ferrit und Karbiden sowie unter Umständen gewisser Martensitanteile verringert. Dadurch wird die Festigkeit erhöht und die Duktilität vermindert.

Wenn das Gussstück bei der Wärmebehandlung über den Punkt G in Bild 2-4 hinaus auf der Um-wandlungstemperatur gehalten wird, kann der Austenit den hohen Kohlenstoffgehalt nicht länger in Lösung halten. Schließlich wandelt sich bis Punkt H aller Austenit in Ferrit um (Bild 2-4 links), während fast der gesamte Kohlenstoff in Form von bainitischen �-Karbiden ausgeschieden wird /SHIE95a, SHIE95b/. Das Gussstück hat dann eine ferritisch-karbidische Grundmasse, die dem üblichen Bainit von Vergütungsstählen entspricht. Dieses Gefüge ist bei der Herstellung von ADI-Gusseisen aber in jedem Fall zu vermeiden, da die Bildung von Karbiden mit einer starken Reduzie-rung der Bruchdehnung verbunden ist /DORA82a/.

Die visuelle Ähnlichkeit des feinstreifigen austenitisch-ferritischen Gefüges im ADI und des ferri-tisch-karbidischen Gefüges im Stahl haben dazu geführt, dass in vielen älteren Veröffentlichung (z.B. /HASS96, MOTZ85/) der Werkstoff als bainitisches Gusseisen mit Kugelgraphit und das Ge-füge mit Bainit bezeichnet werden. Auf Grund der eindeutigen Unterschiede der Gefügebestandteile und der Notwendigkeit, insbesondere bei hochduktilen ADI-Sorten die Bildung von Karbiden zu vermeiden, wird diese Bezeichnung heute vermieden. Auch die häufig verwendete Bezeichnung „zwischenstufenvergütetes Gusseisen“ ist wegen einer möglichen Verwechslung mit der Zwischen-stufe im Stahl unerwünscht. Im Allgemeinen wird für den Werkstoff daher heute der amerikanische Begriff ADI – Austempered Ductile Iron – oder die Bezeichnung „austenitisch-ferritisches Gussei-sen mit Kugelgraphit“ angegeben /WALZ06, BART06, DEMI05, MOHR05, RÖHR04/.

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Stand der Erkenntnisse 11

Die Herstellung einwandfreier Gussstücke – insbesondere bei den hochduktilen Sorten mit hohen Anforderungen an die Dauerfestigkeit – setzt ein Ausgangsgefüge voraus, das nahezu frei von typi-schen Gussfehlern wie schlechter Nodularität, Einschlüssen, Poren oder Mikrolunkern ist. Weiter-hin müssen die Parameter der Wärmebehandlung und die chemische Zusammensetzung genau auf-einander und auf die Form des Gussstückes (Wanddicke) abgestimmt werden /BAHM94/. Insbe-sondere bei den hochduktilen ADI-Sorten ist das Prozessfenster zur Erzielung optimaler Eigen-schaften sehr schmal /RÖHR01/. Einflussgrößen sind Temperatur und Dauer der isothermen Um-wandlung, Temperatur und Dauer der Austenitisierung, die die Menge des zum Umwandlungsstart gebundenen Kohlenstoffs bestimmt, sowie die Legierungszusammensetzung /DORA82a, DORA87/. Bei Gussstücken größerer Wanddicke kann eine vollständige Umwandlung über den gesamten Querschnitt nur durch eine Zugabe von Legierungselementen erreicht werden, die die austenitisch-ferritische Umwand-lung verzögern. Eine besondere Bedeutung haben in diesem Zu-sammenhang die Basiselemente gebundener Kohlenstoff und Sili-zium sowie Zulegierungen von Mangan, Molybdän und Nickel. Problematisch ist hierbei, dass sich die Karbidbildner Mangan und Molybdän bei der Erstarrung in der Restschmelze zwischen den eutektischen Körnern anrei-chern. Die entstehenden Konzent-rationsunterschiede führen zum Teil zu extrem unterschiedlichen Prozessfenstern, die ein vollstän-diges Umwandeln des gesamten Gefüges nicht mehr zulassen (Bild 2-5). Die Folge sind Berei-che mit nicht vollständig stabili-siertem Austenit in der Nähe der Korngrenzen, der bei einer fol-genden Abkühlung in Martensit umklappt. Weiterhin können Pri-märkarbide (z.B. Molybdänkar-bid) entstehen /BAHM97, ELLI97/.

2.1.2.1 Eigenschaften und Werkstoffsorten

Die mechanischen Eigenschaften der ADI-Gusswerkstoffe lassen sich durch die isotherme Um-wandlungstemperatur in einem weiten Bereich verändern. Bei geringen Umwandlungstemperaturen zwischen 280 und 350 °C entsteht ein hartes und sehr verschleißfestes Gefüge mit geringer Bruch-dehnung. Im Umwandlungsbereich zwischen 350 und 390 °C wird ein Werkstoff mit einer für

10 100 1000

300

400

320

340

360

380

Umwandlungsdauer / min

Um

wa

nd

lun

gste

mp

era

tur

/ °C

ho

ch

du

kti

le A

DI-

So

rten

ho

ch

feste

AD

I-S

ort

en

- 0,25% Mn- 0,37% Mn- 0,67% Mn

- 0,25% Mn- 0,37% Mn- 0,67% Mn

Bild 2-5: Veränderung des Prozessfensters zwischen Start der Austenitstabilisierung und Beginn der Karbidausscheidung in Abhängigkeit des Man-gangehalts /ELLI97/

Change of the process window depending on

the manganese content

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Gusseisenwerkstoffe ungewöhnlichen Kombination aus hoher Festigkeit und hoher Bruchdehnung erzielt.

Die Mindestwerte der mechanischen Eigenschaften für die verschiedenen ADI-Sorten sind in Euro-pa und in den USA genormt. Die DIN EN 1564 enthält vier verschiedene Sorten. In den USA gilt die etwas anspruchsvollere Norm ASTM A 897M-90 mit fünf Sorten. Die in beiden Richtlinien genormten Eigenschaften dieser Werkstoffe sind in Tab. 2.1 zusammengestellt. Anhaltswerte zu weiteren wichtigen, nicht in der Normung festgelegten Werkstoffeigenschaften nennt Tab. 2.2.

Tab. 2.1: Mechanische Eigenschaften der ADI-Werkstoffe nach DIN EN 1564 und ASTM A 897M-90

Mechanische Eigenschaften

ASTM DIN EN Rm

[N/mm²] Rp 0,2

[N/mm²] A5 [%]

Hmin*)

[HB30] Hmax

*) [HB30]

- GJS-800-8 800 500 8 260 320

Grade 1 - 850 550 10 269 321

- GJS-1000-5 1000 700 5 300 360

Grade 2 - 1050 700 7 302 363

- GJS-1200-2 1200 750 2 340 440

Grade 3 - 1200 850 4 341 444

- GJS-1400-1 1400 1100 1 380 480

Grade 4 - 1400 1100 1 388 477

Wer

ksto

ffe

Grade 5 - 1600 1300 - 444 555

*) Anhaltswerte

Tab. 2.2: Weitere typische mechanische Eigenschaften nach ADI PROMOTION GROUP /ADI02/

Werkstoffsorte

GJS-800-8 GJS-1000-5 GJS-1200-2 GJS-1400-1

Schlagarbeit ungekerbt *) A [J] 100 80 60 30

Bruchzähigkeit *) KIC [MPa·m1/2] 62 58 54 50

Biegewechselfestigkeit (ungekerbt) *) � [N/mm²] 375 425 450 375

Biegewechselfestigkeit (gekerbt) *)**) � [N/mm²] 225 260 280 275

E-Modul E [kN/mm²] 170 168 167 165

Poisson-Zahl � 0,27 0,27 0,27 0,27

Schubmodul G [kN/mm²] 65 64 63 62

Dichte � [g/cm³] 7,1 7,1 7,1 7,1

Wärmeleitfähigkeit � [W/(m·K)] 22,1 21,8 21,5 21,2

*) bis Wanddicke 50 mm **) nach der Wärmebehandlung gekerbt

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Stand der Erkenntnisse 13

Im Vergleich zu konventionellen Gusseisenwerkstoffen mit Kugelgraphit besitzen die duktilen ADI-Sorten bei gleicher Zähigkeit eine etwa doppelt so hohe Festigkeit /HAYR96/. Diese ist mit vielen Vergütungsstählen vergleichbar. Auf Grund der etwa 10% geringeren Dichte als Stahl ergibt sich daher ein gutes Verhältnis von Dichte zu 0,2%-Dehngrenze, das als Beschreibungsmerkmal für das Leichtbaupotential eine wichtige Rolle spielt /BART06/. Ein weiterer Vorteil von ADI gegen-über Stahl und Leichtmetall ist die höhere Dämpfungsfähigkeit, die den Werkstoff interessant für geräuscharme Getrieberäder macht /YAMA97/.

Die für Gusseisenwerkstoffe hohen Dauerfestigkeiten in Kombination mit hohen Zähigkeiten wer-den insbesondere bei den duktilen ADI-Varianten erreicht. Diese Werkstoffe werden daher verstärkt für dynamisch belastete Bauteile eingesetzt. Eine weitere deutliche Steigerung der Dauerfestigkeit wird durch eine Kaltverfestigung erzielt /HASS96/, wie Ergebnisse zur Biegewechselfestigkeit von kugelgestrahlten Zahnradzähnen zeigen /RÖHR79, JOHA77/. Die nahezu doppelte Biegewechsel-festigkeit nach dem Kugelstrahlen wird auf eine verformungsinduzierte Umwandlung des Austenits zu Martensit in der Randzone zurückgeführt. Ähnliche Ergebnisse sind nach einem Festwalzen von ADI festzustellen /HIRS93, ALBR86/. Die Verschleißbeständigkeit von ADI ist erheblich höher als die der perlitischen Sorten und übertrifft vor allem die von Vergütungsstählen gleicher Härte deut-lich /ZHOU93/. Die Beständigkeit gegen abrasiven Verschleiß nimmt mit steigender Härte des austenitisch-ferritischen Gefüges zu, wobei die Härteabhängigkeit der Verschleißbeständigkeit we-niger ausgeprägt ist als bei Vergütungsstählen /RÖHR88/. Hoher Widerstand gegen abrasiven Ver-schleiß und Wälzverschleiß wird ebenfalls mit der Kaltverfestigung des Austenits erklärt /ZHOU93, GUND87, DOMM98/.

Theoretisch ist die spezielle Wärmebehandlung in der Bainitstufe auf alle Gusseisen anwendbar. Neben den klassischen ADI-Sorten werden daher auch einige Werkstoffvarianten in der Literatur diskutiert, die bisher allerdings noch keine nennenswerte technische Bedeutung haben. Darunter fallen Studien über zwischenstufenvergütetes Gusseisen mit Lamellen- /KOVA94a, KOVA94c, BRAN01b/ und Vermikulargraphit /HSU95, SIM98/. Weiterhin werden das Potential von karbidi-schem ADI /KEOU00/, die parallele Verformung und Vergütung von ADI (Ausforming) /BURK98/ und ein ADI mit voreutektoidem Ferrit zur Verbesserung der Zerspanbarkeit diskutiert /GUND01, GUND02/.

2.1.2.2 Charakterisierung der austenitisch-ferritischen Gefügestruktur und Stabilität des

Austenits

Das Gefüge eines hochduktilen ADI-Gusseisens besteht nach einer fehlerfrei durchgeführten Wär-mebehandlung aus einem nadeligen Ferrit (engl. acicular ferrite), der frei von bainitischen �-Karbiden ist, und einem hochkohlenstoffhaltigen Austenit (engl. reacted stable austenite), der nach der Abkühlung auf Raumtemperatur sowohl thermisch als auch mechanisch weitestgehend stabil ist /KOVA94d, KOVA96, DAY99, RÖHR01/ (Bild 2-6). Bei reduzierten isothermen Umwandlungs-temperaturen wird dieses austenitisch-ferritische Gefüge zunehmend feinstreifiger /YAN96/. Wei-terhin ist die Diffusion des aus dem Ferrit freiwerdenden Kohlenstoffes durch die geringere Um-wandlungstemperatur gehemmt, so dass mit sinkender Umwandlungstemperatur verstärkt �-Karbide an den Rändern der Ferritlamellen ausgeschieden werden. Diese Gefügeausprägung wird als bainiti-

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scher Ferrit (engl. bainitic ferrite) bezeichnet und ist dem Gefüge in bainitischem Stahl ähnlich. ADI höchster Festigkeit besteht nahezu ausschließlich aus bainitischem Ferrit /SIDJ92/.

Wird das Gussstück während der Wärmebehandlung bei zu niedrigen Temperaturen austenitisiert oder bei der Abkühlung auf die Umwandlungstemperatur zu lange im eutektoiden Temperaturinter-vall gehalten, wird so genannter voreutektoider Ferrit vor dem eigentlichen Start der Ausferritbil-dung ausgeschieden /KOBA96/. Dieser voreutektoide Ferrit bleibt unabhängig von der folgenden isothermen Umwandlung im Gefüge enthalten. Er senkt die Festigkeit und erhöht die Bruchdeh-nung /GUND01, GUND02/. DRUSCHITZ und FITZGERALD beschreiben ein Verfahren, um gezielt voreutektoiden Ferrit zur Verbesserung der Zerspanbarkeit in das Gefüge einzubinden, und be-zeichnen diesen Werkstoff als MADI (Machinable ADI) /DRUS03/.

50 µm50 µm 10 µm10 µm

Kugelgraphit stabilisierterAustenit

nadelförmigerFerrit

austenitisch-ferritischesGrundgefüge

ursprünglicheAustenitkorngröße

Rest-austenit

Bild 2-6: Gefüge eines hochduktilen ADI-Gusseisens mit einer Mindestzugfestigkeit von Rm = 900 N/mm²

Microstructure of a ductile ADI grade (tensile strength Rm = 900 N/mm²)

Der Austenit, der durch die Kohlenstoffdiffusion vollständig stabilisiert wird, wird als reagierter stabiler Austenit (engl. reacted stable austenite) bezeichnet. Wird die Umwandlungszeit zu kurz gewählt, wird der Austenit nicht vollständig stabilisiert. Es entsteht ein reagierter metastabiler Austenit (engl. reacted metastable austenite) /KOVA94d/. Um Gussstücke in der Praxis durchver-güten zu können, werden im Allgemeinen Legierungszusätze in Form von Mangan, Molybdän, Ni-ckel und Kupfer zugegeben. Auf Grund von Seigerungen an die Korngrenzen, insbesondere der Elemente Mangan und Molybdän, wird die austenitisch-ferritische Reaktion über den gesamten Gefügequerschnitt unterschiedlich verzögert /GORY05/. Der Austenit wird in den Korngrenzberei-chen sowohl durch den Kohlenstoff als auch durch die karbidbildenden Legierungselemente stabili-siert. Während in den übrigen Bereichen des Gefüges die Umwandlung in der Bainitstufe abge-schlossen ist, können die Korngrenzbereiche noch hohe Anteile an ursprünglichem Austenit enthal-ten. Dieser Austenit wird als unreagierter Austenit (engl. unreacted austenite) bezeichnet /KOVA94b/. Er ist zu vermeiden, da er mechanisch und thermisch sehr instabil ist und schon bei der Abkühlung auf Raumtemperatur in Martensit umklappen kann.

Page 21: Adi

Stand der Erkenntnisse 15

Der reagierte stabile Austenit ist nur durch die Verfügbarkeit einer definierten Menge Kohlenstoffs und durch die Gegenwart des Legierungselements Silizium möglich, das die Ausscheidung von Eisenkarbiden verhindert. In Stahlwerkstoffen wird diese Gefügeform nur in einige speziellen Mehrphasenstählen angetroffen, die ebenfalls mit Silizium legiert sind. Diese so genannten TRIP-Stähle (TRansformation Induced Plasticity) zeichnen sich durch eine extrem hohe Umformbarkeit aus, da sich der enthaltene Restaustenit während der Verformung in Martensit umwandelt /DREW99, ENGL98, SCHA02, PYSH02/.

Bei einer plastischen Verformung erfolgt auch im ADI eine Umwandlung des Austenits in Marten-sit. Dies gilt auch für die Gefügeform, die als reagierter stabiler Austenit bezeichnet wird /CHEN97, YAJI01/. Sie ist verantwortlich für die gute Verschleißfestigkeit des ADI-Gusseisens /MÜHL85, OWHA98/ und wird technisch bei einer mechanischen Oberflächenverfestigung genutzt /HIRS93/. VUORINEN hat die Stabilität des Austenits in Abhängigkeit einer plastischen Verformung anhand von Stauchversuchen genau untersucht /VUOR86/. Bis zu einem Stauchgrad von 10% nimmt der Austenitanteil von 38% um etwa 3,5% ab. Ab diesem Wert können erste Anzeichen von Verfor-mungsmartensit im Gefüge erkannt werden. Mit steigendem Stauchgrad nimmt der Anteil des Mar-tensits stetig zu, bis bei einem Wert von 35% nahezu kein Austenit mehr im Gefüge vorhanden ist. Im Zugversuch wird die Umwandlung des Austenits ebenfalls festgestellt und gilt als die Ursache für die hohe Bruchdehnung des ADI /YAJI06/. Durch eine Martensitbildung wird der Werkstoff lokal verfestigt. Eine Einschnürung wird dadurch verhindert und die Verformung wandert in einen unverformten Bereich /CHEN97/. Mit steigender Umformgeschwindigkeit haben EATWELL und CORNISH geringere Martensitgehalte festgestellt /EATW95/. Bei einer Verformung unter erhöhten Temperaturen (> 300 °C) vermuten SHIEH ET AL. eine Ausscheidung von Karbiden, die den Anteil des Austenits reduzieren /SHIE95a, SHIE95b/.

2.1.2.3 Anwendungsbeispiele von austenitisch-ferritischem Gusseisen

Als erste kommerzielle Serienanwendung wird gemeinhin eine Kompressorkurbelwelle aus ADI angesehen, die von der amerikanischen Firma TECUMSEH ab 1972 in Millionen Stückzahlen gefer-tigt wurde. 1977 wurde von GENERAL MOTORS ein Hypoidgetrieberadpaar aus ADI, bestehend aus Ritzel und Tellerrad, für ein Differenzial entwickelt, das eine einsatzgehärtete Variante ablöste. Durch den erheblich einfacheren Fertigungsablauf konnten Kostenreduzierungen von 20% erreicht werden /KEOU02/.

Nach diesen Schlüsselanwendungen stiegen die Produktionszahlen erheblich an, wobei in den ers-ten Jahren im Wesentlichen einfache und eher auf Verschleißfestigkeit ausgelegte Bauteile im Vor-dergrund standen. Einsatzbereiche fanden sich im Landmaschinen- und Bergbau, im allgemeinen Maschinenbau, im Eisenbahnwesen, bei Erdbewegungs- und Baumaschinen sowie in der Wehr-technik /HARD93, MÄDL99/. Typische primitive Anwendungen sind Dünge- und Pflugmesser, Baggerzähne oder Kettenräder. Weitere Anwendungsbereiche sind Fahrwerkskomponenten in Last-wagen, Bussen, Off-Road Fahrzeugen oder Traktoren. Dazu gehören Achsschenkel, Motorkonso-len, Federböcke, Querlenker, Achslager und Schubstangen /DAY99, KEOU00, WARR00/.

Erste wichtige Anwendungen in Europa waren Zahnräder für LKW-Anwendungen bzw. für Indus-triegetriebe /RÖHR84, MANN85/. Insbesondere bei Kegelrädern mit vorgegossenen Zähnen z.B.

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für LKW-Hinterachsen und Hohlrädern für Planetengetriebe werden sowohl geringere Herstel-lungskosten als auch eine bessere Laufruhe und bessere Notlaufeigenschaften erzielt. Weiterhin wird der Einsatz von ADI für Ventilsteuerräder beschrieben /YAMA97/.

Ziel vieler aktueller Forschungsarbeiten ist der Einsatz von ADI für Sicherheitsbauteile im Fahr-werksbereich sowie für Komponenten im Antriebsstrang, um geschmiedete Werkstücke zu ersetzen. Für diese dynamisch hochbelasteten Bauteile spielt die Dauerfestigkeit eine wesentliche Rolle /ROUS99, DEMI05, GRÜN03/. Der Einsatz von ADI für PKW-Kurbelwellen wurde Anfang der 90er Jahre bereits untersucht /PANA91/ und in den letzten Jahren wieder aufgenommen /WALZ06, ROUS02/. Eingesetzt wird bereits eine ADI-Kurbelwelle für einen Sportwagen /BRAN01a/. Ein weiteres Hochleistungsbauteil ist eine Räderkassette für einen TDI-10-Zylinder-Moter, die das Herzstück eines integrierten Steuer- und Nebenaggregatantriebes darstellt /GRÜN03/.

2.2 Bearbeitbarkeit von Gusseisenwerkstoffen

Konventionelle Gusseisenwerkstoffe mit Lamellen- oder Kugelgraphit werden im Allgemeinen als gut zerspanbar beschrieben /TÖNS78, ABEL90, TREN00, SRIV00/. Die Ursache für eine gute Zerspanbarkeit wird vornehmlich in den Graphiteinlagerungen gesehen, die zum einen die Reibung zwischen Werkzeug und Werkstück reduzieren und zum anderen das metallische Grundgefüge un-terbrechen /KÖNI97/. Die Folge sind geringe Schnittkräfte, die auf Grund der dadurch möglichen hohen Grenzvorschübe zu verhältnismäßig hohen Standvolumina führen /STAU85/. Außerdem rea-giert der Schnittprozess unempfindlicher auf Schnittkraftschwankungen auf Grund eines unterbro-chenen Schnittes /STAU86/ oder auf Grund von Aufmaßschwankungen /KLOS92a/. Als weiteres Argument für eine gute Zerspanbarkeit werden kurzbrechende Späne angeführt, wobei mit der Ein-führung der Trockenbearbeitung das Problem der Beseitigung von Spanpartikeln und Graphitstäu-ben entsteht /DÖPP00/. Im Vergleich zur Zerspanung graphitfreier Stahlwerkstoffe ergeben sich geringere Schnitttemperaturen /DEAR85/ und eine geringere Gratbildung. Die hohe werkstoffspezi-fischen Dämpfung führt zu reduzierten Werkstückschwingungen /ABEL90, TREN00/.

Ein Großteil der grundlegenden Untersuchungen über die Zerspanbarkeit der konventionellen Guss-eisenwerkstoffe beschäftigt sich mit dem Einfluss der Graphitform, -menge und -verteilung sowie der gusstypischen Gefügebestandteile auf den Werkzeugverschleiß und die Schnittkräfte. Gegen-stand zahlreicher Forschungsarbeiten ist weiterhin die Beeinflussung des Verschleißverhaltens durch die für die Gussherstellung erforderlichen Legierungszusätze und Spurenelemente. Die Eig-nung hochharter Schneidstoffe, wie Keramik und PCBN für die Hochgeschwindigkeitsbearbeitung von Gusseisen und die damit verbundenen Zerspanungsmechanismen bildet einen weiteren Schwer-punkt. Behandelte Werkstoffe sind im Wesentlichen Gusseisen mit Lamellengraphit, Gusseisen mit Kugelgraphit, zum Teil auch Temperguss und Hartguss. In neuerer Zeit ist durch die steigende Nachfrage nach höherfesten Werkstoffen auch eine intensivere Untersuchung von Gusseisen mit Vermikulargraphit zu verzeichnen.

2.2.1 Spanbildung bei der Zerspanung von Gusseisenwerkstoffen

Die Spanbildung bei der Zerspanung von Gusseisenwerkstoffen wird in erster Linie durch die Form der Graphiteinlagerungen bestimmt. Bei Gusseisen mit Lamellengraphit folgt dem Stauchvorgang

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Stand der Erkenntnisse 17

die Spanabtrennung entlang einer Trennfläche, die sich entlang des geringsten Trennwiderstandes an den in der Werkstückrandschicht liegenden Graphitlamellen orientiert /WARN74/. Die Graphit-lamellen fungieren somit als bevorzugte Gleitebenen und innere Kerben, an deren Spitzen sich bei einer äußeren Belastung Risse bilden. Die Spanbruchstücke werden zum Teil aus der Werkstück-oberfläche herausgelöst, so dass die Schnittfläche entsprechende Poren aufweist. Dieser Spanbil-dungsmechanismus wird als Reißspanbildung bezeichnet /KÖNI97/.

VOIGT ET AL. haben die Zone der Spanentstehung bei lamellaren Gusseisenwerkstoffen in drei Be-reiche aufgeteilt /VOIG99, MARW00a/. Der erste Bereich bildet die Dekohäsion der Graphitein-schlüsse vom metallischen Basisgefüge. In der zweiten Zone entstehen an den Lamellenenden Mi-krorisse, die sich bei einer weiteren Stauchung der Spanwurzel vereinigen und in der dritten Zone zur Abtrennung von der Werkstückrandzone führen. Die Größe der mit Mikrorissen durchsetzten Zone erreicht in Abhängigkeit von der Größe und Verteilung der Graphitlamellen unterschiedliche Ausdehnungen vor und unterhalb der Schneidkante. Bei kleineren, fein verteilten Graphitlamellen ist die Zone kleiner. Die Größe der Spanbruchstücke sinkt somit und die Poren in der bearbeiteten Oberfläche werden kleiner.

Durch die Mikrorissbildung während der Spanentstehung erfolgt die Spanbildung nahezu ohne plas-tische Verformung des Werkstoffes. Die Mikrohärte der Späne liegt nur unwesentlich über der des Grundgefüges /DEAR85/. Es wird daher nur wenig Energie bei der Spanbildung umgesetzt. Die Schnittkräfte und -temperaturen sind verhältnismäßig gering /LAUS88/.

Mit zunehmender Schnittgeschwindigkeit wird die Spanbildung gleichmäßiger und geht in eine Scherspanbildung über, bei der die Spansegmente über die Fließschicht aneinanderhängen /KÜMM91/. Die Ausbreitung der Trennrisse bei der Spanbildung erfolgt nicht mehr bevorzugt über die Graphitlamellen. Der Übergang zur Scherspanbildung wird ebenfalls durch geringere Spa-nungsdicken, größere Spanwinkel, schärfere Schneidkanten und ein ferritreicheres Grundgefüge unterstützt /KLOS93/.

Bei der Zerspanung von Gusseisen mit Kugelgraphit entstehen in erster Linie Scherspäne. Nur bei einer sehr scharfen Schneidkante entsteht ein Fließspan, der schon bei einer kleinen Schneidkanten-verrundung in einen Scherspan übergeht /KLOS93/. Mit zunehmendem Perlitgehalt und größerer Spanungsdicke werden die Segmentierung und damit der Scherspancharakter verstärkt. Bei kleinen Spanungsdicken wird die Spansegmentierung sehr ungleichmäßig und maßgeblich durch die Menge und die Verteilung der Graphitsphäroliten beeinflusst.

Im Gegensatz zu Gusseisen mit Lamellengraphit erfolgt die Spanbildung bei Gusseisen mit Kugel-graphit nicht durch eine Rissbildung an den Graphiteinschlüssen. Das metallische Grundgefüge und die darin eingebetteten Graphitkugeln werden plastisch verformt /DEAR85, LAUS88/. Nach VOIGT

ET AL. ergibt sich der Charakter der Scherspanbildung durch eine Verformungslokalisierung vor der Schneidkante, die nach einer Bildung von Mikrorissen in der Scherebene zu einem Abtrennen des Spansegments führt /VOIG98/.

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2.2.2 Einflussfaktoren auf den Werkzeugverschleiß bei der Zerspanung von Gusseisen

Einfluss von Form, Menge und Verteilung des eingelagerten Graphits

Der Werkzeugverschleiß wird stark von der Menge und der Ausbildung des eingelagerten Graphits beeinflusst. In Abhängigkeit von der Form der Graphiteinschlüsse verändern sich die plastische Verformbarkeit und damit die Zerspankräfte und -temperaturen, die den Werkzeugverschleiß direkt beeinflussen. Bei einer Bearbeitung mit Hartmetallwerkzeugen im konventionellen Schnittge-schwindigkeitsbereich nimmt die Standzeit deshalb in der Rangfolge Gusseisen mit Lamellengra-phit, Gusseisen mit Vermikulargraphit und Gusseisen mit Kugelgraphit ab /LAUS88, KLOS92b/.

Der Graphit nimmt auch in anderer Weise als durch die Form seiner Einschlüsse Einfluss auf das Verschleißverhalten der Schneidwerkzeuge. In Übereinstimmung mehrerer Forschungsarbeiten wirken sich ein hoher Graphitanteil, eine hohe eutektische Zelldichte sowie gröbere Graphitein-schlüsse bei der Bearbeitung von Gusseisen mit Lamellengraphit positiv auf den Werkzeugver-schleiß aus /SIMM99, LORI54, SRIV00, KAHL81, KLOS94/. Dem Graphit wird dabei eine Schmierwirkung nachgesagt /MARW00a/.

LAMPIC-OPLÄNDER merkt allerdings an, dass Graphit in einzelnen Kristallrichtungen eine sehr hohe Härte besitzt. Insbesondere an der Gefügegrenze Graphit/Eisen liegen diese Bedingungen kristal-lographisch gesehen vor. Er vermutet daher, dass sich der Graphitanteil nur bei Gusseisen mit La-mellengraphit auf Grund des Abgleitens innerhalb der Lamellen positiv auswirkt. Bei Gusseisen mit Vermikulargraphit und Gusseisen mit Kugelgraphit wirken die Graphiteinschlüsse dagegen eher schmirgelnd als schmierend /LAMP01/.

Bestärkt wird ein negativer Einfluss des Graphits auf den Werkzeugverschleiß bei einer Gegenüber-stellung der Zerspanung von Gusseisen mit Kugelgraphit mit einem Stahl gleicher Härte /TÖNS78, TÖNS82/. Bei einer vorgegebenen Standzeit von 20 min kann ein schmiedeperlitischer C35 im kon-tinuierlichen Schnitt mit mehr als der doppelten Schnittgeschwindigkeit bearbeitet werden als ein ferritisch-perlitisches Gusseisen mit Kugelgraphit. Während bei der Stahlzerspanung eine relativ breite, vom Verschleiß wenig angegriffene Kolklippe entsteht, beginnt der Kolk bei der Guss-zerspanung unmittelbar an der Schneidkante und schwächt so den Schneidkeil. Durch die Duktilität des Stahls beginnt der Span erst in einem bestimmten Abstand von der Schneidkante auf der Span-fläche abzugleiten. Die weniger verformungsfähigen Gusswerkstoffe bewirken dagegen eine Rei-bung in der gesamten Kontaktzone /TÖNS78, DEAR85/. Im Gegensatz zu den Vermutungen von LAMPIC-OPLÄNDER sehen TÖNSHOFF und WARNECKE somit den Grund für den höheren Verschleiß nicht in den Wechselwirkungen zwischen Graphit und Schneidstoff sondern in der Spanbildung.

Einfluss der Bestandteile des metallischen Grundgefüges

Neben den Graphiteinlagerungen übt auch das metallische Grundgefüge einen Einfluss auf den Werkzeugverschleiß aus. Es besteht bei Gusswerkstoffen mit einem guten Standzeitverhalten zum überwiegenden Teil aus Ferrit. In Rangfolge der weiteren Gefügebestandteile Perlit, Bainit, Sorbit, Martensit und freien Karbiden erhöht sich der Werkzeugverschleiß /SRIV00, CHRI93, LI05a, LI05b/. Das Beurteilungskriterium für den Einfluss auf den Werkzeugverschleiß ist dabei weniger

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Stand der Erkenntnisse 19

die Globalhärte des Werkstoffs, die eine Mischhärte aus Graphit und Grundgefüge darstellt, sondern die Mikrohärte des Grundgefüges /RÖHR87/.

Die Härte der Perlitphase kann in einem großen Bereich zwischen 250 und 330 HB schwanken /SIMM99/. Maß für die Härte des Perlits ist der gebundene Kohlenstoff in Form von Zementit, der durch das große Kohlenstoffangebot in Gusswerkstoffen im Vergleich zu Stahlwerkstoffen einen deutlich größeren Anteil einnehmen kann /BATE98, GRIF02/. Feinstreifiger, hoch zementithaltiger Perlit ist demnach schlechter zu zerspanen als grobstreifiger Perlit /RÖHR87, LORI54/. Silizium legiertes, perlitfreies Gusseisen mit Kugelgraphit ist besser bearbeitbar als ein ferritisch-perlitisches Gusseisen gleicher Härte /BJÖR01/. Dies gilt in geringem Maße ebenso für eine hochfeste ferriti-sche Randzone, falls diese frei von Einschlüssen ist /KLOS92b/.

Einfluss von Legierungszusätzen und Spurenelementen

Der Zusatz von Legierungselementen erhöht Festigkeit und Härte der Gusseisenwerkstoffe und ver-schlechtert dadurch unvermeidlich die Bearbeitbarkeit /RÖHR87/. Ein erhöhter Siliziumgehalt führt zu einer Verfestigung des Ferrits, so dass ein hitzebeständiges ferritisches Gusseisen mit 5% Silizi-um dieselbe Härte und eine ähnliche Zerspanbarkeit wie ein ferritisch-perlitisches Gusseisen besitzt /MÖCK76, GAGN99/. Das Legierungselement Kupfer wirkt ebenfalls mischkristallverfestigend, verstärkt die Perlitisierung und führt zu einem geringfügig feineren Perlit /KLOS94/. Falls die Här-tezunahme des Perlits bei einem Zulegieren von Kupfer auf einem feineren Perlit und nicht auf ei-nem höherem Zementitgehalt beruht, kann es zu einer Verbesserung der Zerspanbarkeit kommen /RÖHR87/.

Mit Chrom, Vanadin, Mangan oder Titan legierte Gusseisen sind meist schwierig zu bearbeiten, da diese Legierungselemente starke Karbidbildner sind. Freie Karbide haben zwar nur einen geringfü-gigen Einfluss auf die Härte des Gusseisens, wirken durch ihre hohe Einzelhärte allerdings extrem abrasiv /LI05c, PATE97/. Spuren von 0,05% Titan reduzieren den erreichbaren Standweg bei der Bearbeitung von Gusseisen mit Vermikulargraphit beispielsweise auf ein Viertel /ABEL02, REUT03, FISC05/. Vollkarbidische Gusseisenwerkstoffe können nur mit CBN bearbeitet werden /WEIN00/.

Gusseisen mit Lamellengraphit weisen zwei Besonderheiten auf. Der erhöhte Gehalt an Phosphor führt zu einem Phosphideutektikum, das mit 420 - 560 HV eine verhältnismäßig hohe Härte besitzt. Bei geringen Schnittgeschwindigkeiten kommt es dadurch zu einer Verschlechterung der Zerspan-barkeit /SIMM99, N.N.03/. Da das Phosphideutektikum mit 950 °C allerdings einen relativ niedri-gen Schmelzpunkt besitzt, kann es bei hohen Schnittgeschwindigkeiten auch reibungsvermindernd wirken /KLOS94/. Ein weiteres Kennzeichen von Gusseisen mit Lamellengraphit ist ein erhöhter Schwefelgehalt, der mit dem Legierungselement Mangan Mangansulfide bildet. Diese lagern sich bei der Bearbeitung von Gusseisen mit Lamellengraphit bei hohen Schnittgeschwindigkeiten (ca. 800 m/min) auf der Schneidkante ab und wirken extrem verschleißreduzierend /REUT02/.

Einsatzmöglichkeiten hochharter Schneidstoffe

Den größten Anteil bei der Bearbeitung von Gusseisenwerkstoffen nehmen beschichtete Hartmetal-le wegen ihrer flexiblen Einsetzbarkeit in den meisten Bearbeitungssituationen ein. Auf Grund der

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20

niedrigen spezifischen Schnittkräfte und der geringen thermischen Belastung ist die Gussbearbei-tung allerdings auch prädestiniert für die Hochleistungszerspanung mit Schneidkeramik und CBN /ABEL90, KLIN96/.

Für die Bearbeitung von Gusseisen mit Kugelgraphit eignen sich Aluminiumoxid-Schneidkeramiken sowohl für die Schlicht- als auch für die Schruppbearbeitung. Aus der Anwen-dung hoher Schnittgeschwindigkeiten resultieren kurze Bearbeitungszeiten. Auf Grund der hohen Warmverschleißfestigkeit werden dennoch lange Standwege erzielt /SCHN94/. Für die Schruppbe-arbeitung von Gusseisen mit Kugelgraphit eignet sich auch beschichtetes Siliziumnitrid /ABEL93/, im direkten Kontakt mit dem Ferrit des Gusseisens verschleißt es allerdings stark unter der Bildung von Silikaten /KLOS94/.

Die Zerspanung von Gusseisen mit Lamellengraphit mit hohen Schnittgeschwindigkeiten (vc = 700 - 1500 m/min) mit CBN, Misch- oder Siliziumnitridkeramik ist Stand der Technik /LAUS88, LIU02, SCHN94/. Verschleißreduzierender Mechanismus ist die Bildung von Mangan-sulfiden /REUT02/. Bekannt sind weiterhin die Fräsbearbeitung von EN-GJS-700-2 mit Cermet /GERS98/ und die Schlichtbearbeitung von GJV-Zylinderbohrungen mit PKD /KASS03/.

2.2.3 Beschreibung und Beurteilung von Untersuchungen zur Bearbeitung von ADI-Gusseisen

Eine Reihe von Untersuchungen zur Zerspanung von ADI-Gusseisen wurde Ende der 80er und An-fang der 90er Jahre im Rahmen von internationalen ADI-Konferenzen vorgestellt (2nd International Conference on ADI, 17.-19.03.1986, Ann Arbor, Michigan, USA; World Conference on ADI, Bloomingdale (Chicago), 12.-14.03.1991, Illinois, USA). Im Gegensatz zu bisherigen ADI-Anwendungen, die im Wesentlichen auf höhere Verschleißfestigkeit ausgelegt waren und daher gegebenenfalls vor der Wärmebehandlung spanend bearbeitet wurden, sollte das Potential von ADI für statische Fahrwerks- und oszillierende Antriebskomponenten ausgelotet werden. Hierfür waren auf Grund der erforderlichen Genauigkeiten Informationen über die Zerspanung im vergüteten Zu-stand notwendig. Wesentliches Schlüsselbauteil war in diesem Zusammenhang die Kurbelwelle. Die analysierte Fertigungsoperation war vor Allem das Bohren mit HSS-Werkzeugen. Untersucht wurden die erreichten Standzeiten in Abhängigkeit von der Legierungszusammensetzung und der Werkstofffestigkeit. Übereinstimmend wurde von DAWSON, OKAZAKI ET AL. und CHANG ET AL. festgestellt, dass sich Molybdän legierte ADI-Sorten im Vergleich zu Kupfer oder Nickel legierten Sorten deutlich schlechter zerspanen lassen /DAWS91, OKAZ91, CHAN91/. Einen ähnlichen Ein-fluss übt Mangan aus. Als Grund sehen sie das Vorliegen von instabilen Restaustenitbereichen, die während der Zerspanung in Martensit umklappen. Wesentliches Standzeitkriterium ist der Ver-schleiß der Bohrerspitze, die durch die Verfestigung des Gefüges extrem belastet wird. Weiterhin wurde festgestellt, dass der Verschleiß mit zunehmender Werkstofffestigkeit und steigender Anzahl nichtmetallischer Einschlüsse ansteigt /OKAZ91/.

Grundlegende Analysen über die Verschleißmechanismen bei der Bearbeitung von ADI sind nur von wenigen Forschern veröffentlicht /DRAU86, KRAU89, PASH93, MASU94, MONC98/. Im Fokus der Untersuchungen stehen die Auswahl geeigneter Schnittwerte, die Anwendbarkeit von Schneidkeramik für die Drehbearbeitung und der Einfluss von metastabilem Austenit auf den

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Stand der Erkenntnisse 21

Werkzeugverschleiß. Die Ergebnisse der Untersuchungen müssen allerdings mit dem heutigen Wis-sen über die komplexen Zusammenhänge bei der ADI-Herstellung teilweise skeptisch beurteilt werden. Vielfach entsprechen die gemessenen Werkstoffeigenschaften, die eingesetzten Legierun-gen oder angewendeten Wärmebehandlungsparameter nicht dem aktuellen Stand der Technik. Ex-emplarisch seien hier eine zu geringe Bruchdehnung (3,8% bei einem ADI-800) /MASU94/, ein zu hoher Mangangehalt (0,5%) /PASH93/, ein zu hoher Molybdängehalt (0,4%) /DRAU86/, eine zu kurze isotherme Umwandlung (25 min) /KRAU89/ und ein offensichtlicher Gehalt von Martensit im Gefüge /CAKI05/ genannt.

Umfangreiche Grundlagenuntersuchungen über die Zerspanbarkeit beim Bohren und Drehen von ADI-900 mit hohem Restaustenitgehalt wurden in den 80er Jahren am ISAF der Universität Claus-thal durchgeführt /DRAU84, DRAU86, KRAU89/. KRAUSE beobachtete dabei die Entstehung von Verformungsmartensit in der bearbeiteten Randzone bei erhöhten Vorschüben. Seinen Ausführun-gen nach ist sowohl beim Drehen als auch beim Bohren allerdings nicht mit einer Beeinträchtigung der Werkzeugstandzeit zu rechnen. Bei einer Schlichtbearbeitung kommt es zu keiner verformungs-induzierten Martensitbildung in der bearbeiteten Randzone. Die Dauerfestigkeit wird deshalb eher durch thermische Zugspannungen beeinträchtigt als durch Verformungsmartensit verbessert. Beim Drehen verschleißen Hartmetall- und Siliziumnitrid-Schneidwerkzeuge durch Abrasion insbesonde-re an der Freifläche. Obwohl Werkstoffablagerungen an der Spanfläche beobachtet werden, tritt keine schädigende Aufbauschneidenbildung auf. Sowohl beim Drehen als auch beim Bohren kann durch eine Hartstoffbeschichtung und durch den Einsatz von Kühlschmieremulsion eine Verbesse-rung der Standzeit erreicht werden.

Aktuellere Versuchsergebnisse liefern Arbeiten von PASHBY ET AL. /PASH93/, YAMAMOTO ET AL. /YAMA95/, MONCADA ET AL. /MONC98/, GOLDBERG ET AL. /GOLD99/ sowie von �EKER und HASIRCI /SEKE06/. Nach PASHBY ET AL. eignen sich Aluminiumoxid- und Mischkeramik gut, Sili-ziumnitridkeramik dagegen schlecht für die Drehbearbeitung von hochduktilem ADI. YAMAMOTO

ET AL. vermuten die Ursache der schlechten Bearbeitbarkeit von ADI in der hohen spezifischen Schneidkantenbelastung durch die Scherspanbildung. Vergleichende Untersuchungen beim Drehen von unterschiedlichen ADI-Sorten beschreiben MONCADA ET AL. Danach verringert sich die Zerspanbarkeit nach einer isothermen Umwandlung bei 360, 320 und 280 °C um 15, 40 bzw. 55% im Vergleich zu einem Werkstoff im Gusszustand. Weiterhin bemerken sie eine Verbesserung der Zerspanbarkeit beim Einsatz von Drehwerkzeugen mit positivem Spanwinkel. Goldberg et al. sowie �EKER und HASIRCI gehen im Wesentlichen auf die Schnittkräfte und die Oberflächengüte bei der Bearbeitung von ADI-1200 bzw. ADI-1400 ein.

Neben den beschriebenen Grundlagenuntersuchungen lassen sich häufig Äußerungen finden, die die Bearbeitung von ADI positiv darstellen /HAYR95, MÜHL85, SCHÜ97/. Dies wird allerdings in der Regel pauschal auf die Präsenz von Graphit im Grundgefüge zurückgeführt. Die Aussagen wer-den meist von Gussherstellern verbreitet, basieren auf Erfahrungen von konventionellem Gusseisen und sind nicht durch Versuche belegt.

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Ausgangssituation und Zielsetzung 23

3 Ausgangssituation und Zielsetzung

Gusseisenwerkstoffe decken durch die Bandbreite ihrer Eigenschaften – beeinflussbar durch Gra-phitform und Gefügezusammensetzung – einen großen Anwendungsbereich ab und besitzen inner-halb der Konstruktionswerkstoffe einen hohen Stellenwert (s.a. 2.1.2.3). In den mechanischen Ei-genschaften ergibt sich eine physika-lische Grenze meist durch das de facto heterogene Gefüge aus einer metallischen Matrix und den je nach Gusseisensorte unterschiedlich ein-geformten Graphiteinschlüssen. Die-se reduzieren einerseits die Gesamt-festigkeit nach der Mischungsregel und stellen andererseits bei mecha-nischer Belastung äußere und innere Kerben dar.

Bei Gusseisenwerkstoffen mit La-mellengraphit wirkt der innere Kerbeffekt durch die Form der Gra-phiteinschlüsse besonders stark und lässt daher nur geringe Zugspannun-gen zu. Sein breites Anwendungs-spektrum erhält der Werkstoff durch seine große gestalterische Freiheit und den kostengünstigen Herstel-lungsprozess in der Serienfertigung, wenn die mechanischen Belastungen auf geringerem Niveau oder im Druckbereich liegen. Durch den Übergang von lamellarem über vermikularem hin zu kugelförmi-gem Graphit sinkt die innere Kerbwirkung der Graphiteinschlüsse. Sowohl Zugfestigkeit als auch Bruchdehnung steigen daher an. Für viele Anwendungen, in denen konstruktiv Überbeanspruchun-gen berücksichtigt werden müssen, ergeben sich allerdings die Einsatzgrenzen dadurch, dass Bruchdehnung und Zähigkeit mit steigender Zugfestigkeit zu sehr abnehmen (Bild 3-1).

Durch den Zusatz von Legierungselementen wie Nickel, Molybdän, Aluminium oder zusätzlichem Silizium lassen sich hitzebeständige, korrosionsbeständige bzw. verschleißfeste Gusseisenvarianten erzeugen. Eine weitere Steigerung der mechanischen Eigenschaften ist allerdings nur durch eine nachfolgende Wärmebehandlung möglich. Grundsätzlich sind die bekannten Wärmebehandlungs-verfahren der Stähle auf Gusseisenwerkstoffe übertragbar. Dem klassischen Vergüten, bestehend aus Härten und Anlassen, kommt allerdings eine geringere Bedeutung zu. Zum einen entstehen durch den Härtungsprozess Spannungen im Gussteil, welche die Gefahr der Rissbildung oder des Verzugs mit sich bringen, und zum anderen wirken die beim Martensitzerfall entstehenden Karbide versprödend /DORA82a/.

Bru

ch

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/ Z

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EN-GJS-400-15

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ADI 800

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ADI 1200

Festigkeit / Härte

42CrMo4+QT

Wärmebehandlung

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Festigkeit / Härte

42CrMo4+QT

WärmebehandlungWärmebehandlung

Bild 3-1: ADI im Eigenschaftsvergleich zu anderen Konstruktionswerkstoffen /DIN1563, DIN1564/

Material properties of ADI compared to

other construction materials

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24

Die Gruppe der ADI-Werkstoffe entsteht durch das in Kapitel 2.1.2 beschriebene Vergüten von konventionellem Gusseisen mit Kugelgraphit in der Bainitstufe (siehe dazu 2.1.2). Das entstehende Gefüge besitzt trotz einer höheren Festigkeit und einer dem Gusseisen mit Kugelgraphit vergleich-baren inneren Kerbwirkung der Graphiteinschlüsse eine hohe Bruchdehnung und Zähigkeit. Es er-schließt dadurch einen Anwendungsbereich, der sonst eher von den Vergütungsstählen eingenom-men wird.

Eine Substitution von Serienanwendungen aus Stahl wie Fahrwerkskomponenten oder Komponen-ten des Antriebsstrangs durch vielfach kostengünstiger herstellbare ADI-Gussstücke wird aber nur dann in Betracht kommen, wenn bei der spanenden Endbearbeitung ebenfalls Kostenreduzierungen erzielbar sind oder zumindest keine Mehraufwendungen entstehen. Da über die Zerspanung von ADI allerdings nur wenige Erfahrungen vorliegen, werden bei einer Auswahl von Schneidwerkzeu-gen und Schnittparametern meist die Erfahrungen aus der Bearbeitung konventioneller Gusswerk-stoffe zugrunde gelegt.

Die Auswahl geeigneter Werkzeuge und Schnittparameter geschieht in der industriellen Praxis viel-fach über die Hauptanwendungsgruppen gemäß DIN ISO 513 /DIN513/. Der zu zerspanende Werk-stoff wird einer Anwendungsgruppe zugeordnet, die in Abhängigkeit von den Schnittbedingungen die Zusammensetzung des Schneidstoffes, das Beschichtungssystem und die Schneidkantengeome-trie vorgibt. Unterschieden werden die Gruppen Stahl (P), rostfreier Stahl (M), Gusseisen (K), Nichteisenmetalle (N), Superlegierungen (S) und gehärtete Stähle (H). Die eindeutige Zuordnung des Schneidstoffes und der Schneidkantengeometrie bedingt auch eine gewisse Übereinstimmung der Zerspanbarkeit innerhalb einer Gruppe. Die Schneidstoffhersteller geben daher weitere Unter-gruppen an. Für die Gusseisenwerkstoffe werden Gusseisen mit Lamellengraphit und Gusseisen mit Kugelgraphit unterschieden, die jeweils in ferritische und perlitische Sorten aufgeteilt werden. Für die Gruppe der ADI-Werkstoffe folgt aus dieser Systematik zwangsläufig eine Zuordnung zu den höherfesten perlitischen Gusseisen mit Kugelgraphit.

Auf Grund der sowohl für Stahl- als auch für Gusseisenwerkstoffe untypischen Material- und Gefü-geeigenschaften sowie mit Berücksichtigung der komplexen Zusammenhänge zwischen Werkstoff, Schneidstoff und den bei der Zerspanung auftretenden Verschleißmechanismen ist allerdings nicht davon auszugehen, dass der Werkstoff ADI im Hinblick auf die Zerspanbarkeit als höherfeste Gusseisenvariante anzusehen ist. Es ist erforderlich, die gusstypischen Eigenschaften (heterogene Gefügestruktur, kurzspanend etc.) sowie die gussuntypischen Eigenschaften (austenitisch-ferritisches Gefüge, Kombination aus Zähigkeit und Festigkeit etc.) grundlegend und möglichst isoliert auf ihre Auswirkungen bezüglich Spanbildungs- und Verschleißmechanismen zu untersu-chen. Hieraus ergeben sich die Anforderungen an die Gestaltung der Werkzeuge und die Kombina-tion geeigneter Schnittparameter. Gegebenenfalls ist ADI nicht einer klassischen Anwendungsgrup-pe zuzuordnen.

3.1 Voruntersuchungen zur Zerspanbarkeit von ADI

Die Auswahl geeigneter Grundlagen- und Analogieexperimente, die die Zerspanbarkeit von ADI näher charakterisieren sollen, bedarf objektiver Ergebnisse über die Zerspanbarkeitskenngrößen. Da die Literatur hierzu nur einen unzureichenden Überblick liefert, sind Standardzerspanversuche den

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Ausgangssituation und Zielsetzung 25

eigentlichen Grundlagenuntersuchungen vorangestellt worden, um die Kriterien Standzeit, Zerspankraft, Oberflächengüte und Spanbildung im Vergleich zu Werkstoffen der gleichen Gattung (EN-GJS-400-15 & EN-GJS-700-2, im Folgenden kurz GJS-400 & GJS-700) sowie zu Werkstoffen ähnlicher Eigenschafts- und Anwendungsprofile (42CrMo4+QT) zu ermitteln. Die Ergebnisse und die wesentlichen Erkenntnisse werden im Folgenden kurz zusammengefasst.

3.1.1 Spanbruch und Spanform

Je nach Ausbildung der Schneidkante und je nach Wahl der Schnittparameter ergibt sich eine mehr oder minder dominierende Scherspanbildung, wie sie auch bei konventionellen Gusswerkstoffen mit Kugelgraphit überwiegt. Beim Drehen mit negativen oder neutralen Spanwinkeln entstehen auch bei planen unprofilierten Schneiden und stabilen Maschinenbedingungen kurze Spiralspäne oder Spanlocken. Beim Einsatz stark negativer Schneidkantenfasen, wie sie beim Drehen mit Schneidkeramik üblich sind, werden die Späne an jeder Lammelle getrennt. Es bilden sich sehr fei-ne Nadelspäne. Erst bei geringen Spanungsdicken und Spanwinkeln über +10° kommt es annähernd zu einer Fließspanbildung. Daher sind beim Einsatz einiger Bohr- und Fräswerkzeugen, die scharfe positive Schneidgeometrien besitzen, kurze Wendelspäne zu beobachten.

Spanbruch und Spanform werden somit bei der Zerspanung von ADI wesentlich durch die Gegen-wart von Graphit im Gefüge beeinflusst. Die Ergebnisse unterscheiden sich unwesentlich von ande-ren Gusseisenwerkstoffen mit Kugelgraphit. Die hohe Bruchdehnung des ADI-Gefüges wirkt sich auf die Spanbildung nicht aus.

3.1.2 Zerspankraft und Oberflächengestalt

Die Größe der mittleren Zerspankraft und die Qualität der bearbeiteten Oberfläche werden ebenfalls stark durch die Form der Graphiteinschlüsse und die damit verbundene Spanbildung beeinflusst. Durch die mit steigender Spanungsdicke prägnantere Scherspanbildung steigt die Zerspankraft über der Spanungsdicke weniger stark an als bei einem Vergütungsstahl vergleichbarer Festigkeit (Bild 3-2). Die mittlere Schnittkraft ergibt sich als Durchschnittswert der während der Spanseg-mentbildung vorherrschenden Maximalkraft und der beim Abscheren des Segments entstehenden Minimalkraft. Geht man davon aus, dass die Kraftmaxima einer Scherspanbildung dem Durch-schnittswert einer Fließspanbildung entsprechen, ist der Verlauf über der Spanungsdicke folgerich-tig. Trotz der höheren Festigkeit und Bruchdehnung wird für einen ADI-900 im Vergleich zu einem perlitischen Gusseisen mit Kugelgraphit (GJS-700) nur eine geringe Schnittkraftsteigerung festge-stellt.

Die Größe der mittleren Zerspankraft ist allerdings nur für die Abschätzung der Leistungsaufnahme der eingesetzten Werkzeugmaschine von Interesse. Für eine Beurteilung des Werkzeugverhaltens ist weniger der Mittelwert der Zerspankraft sondern eher die tatsächliche Schneidkantenbelastung zu berücksichtigen. Gerade bei höheren Spanungsdicken ist die mittlere Schnittkraft bei der Zerspa-nung eines ADI-900 durch eine starke Dynamik überlagert. Die messtechnische Erfassung dieser zeitabhängigen Schnittkraft gestaltet sich schwierig. Bei Einsatz eines konventionellen 3-Komponenten-Schnittkraftdynamometers wird die Eigenfrequenz des Systems durch die hohe La-mellierungsfrequenz (ca. 5500 Hz) weit übertroffen. Dies führt bei der Bearbeitung des ADI-900 zu

Page 32: Adi

26

einer offensichtlichen Resonanz des Messauf-baus, die sich bei einer hochfrequenten Auflö-sung der Schnittkraft durch eine gemessene Amplitude im Zug-Druckbereich äußert. Bei einer derartigen Resonanzerscheinung, bei der die Kraftmessplattform eine zu große Nach-giebigkeit im Kraftfluss darstellt, kann auch der eigentliche Schnittprozess verändert wer-den. Die Spanlamellierung wird somit nicht nur durch den Werkstoff sondern auch durch die Stabilität des Gesamtsystems verursacht. Die absoluten Messwerte sind daher nicht in-terpretierbar. Trotzdem scheint die dynamische Belastung bei der Bearbeitung des ADI-900 deutlich höher als bei der Zerspanung eines konventionellen perlitischen Gusseisens mit Kugelgraphit zu liegen. Zudem ist davon aus-zugehen, dass die dynamischen Kraftspitzen bei der Bearbeitung des ADI-900 die mittlere Schnittkraft eines 42CrMo4+QT übersteigen.

Die Form der entstehenden Oberfläche wird im Wesentlichen durch ausbrechende und ver-schmierende Graphitkugeln beeinflusst. Dieser Prozess ist identisch zu dem bei konventionellen Gusseisenwerkstoffen mit Kugelgraphit und führt bei gleichen Schnittparametern zu einer schlechteren Oberflächengüte als bei einem Stahlwerkstoff mit homogener Gefügestruktur.

Im Gegensatz zur Oberflächengüte, die durch die Graphiteinschlüsse beeinflusst wird, werden die Randzoneneigenschaften durch das austenitisch-ferritische Gefüge bestimmt. Es ist bekannt, dass der Austenit bei einer plastischen Verformung in Martensit umklappen kann (siehe dazu Kapitel 2.1.2.2). Um den Einfluss des Schnittprozesses auf mögliche Gefügeveränderungen zu untersuchen, wurde die Randzone nach der Bearbeitung mit Werkzeugen definierter Verschleißzustände analy-siert. Beim Längsdrehprozess erzeugt die Nebenschneide mit steigendem Verschleiß eine erhebli-che Verformung in der Randzone. Bei der Bearbeitung eines ADI-900 ergibt sich ein Anstieg der Mikrohärte von 200-300 HV in einer Tiefe bis zu 100-200 µm. Vergleichsmessungen nach der Be-arbeitung von ferritischem und perlitischem Gusseisen mit Kugelgraphit ergeben dagegen nur eine Härtesteigerung von 100-150 HV. Ein Beweis für die Entstehung von Martensit in der Randzone konnte mit Hilfe von Gefügeschliffen allerdings nicht geführt werden.

3.1.3 Standzeit und Verschleißverhalten

Aus dem Stand der Technik ist bekannt, dass neben den Graphiteinlagerungen auch das metallische Grundgefüge einen erheblichen Einfluss auf die Zerspanbarkeit ausübt. Es besteht bei Gusswerk-stoffen niedriger Festigkeit zum überwiegenden Teil aus Ferrit. Mit steigendem Perlitanteil kommt

EN-GJS-400-15 Fc' = 1133.3·h0.7006

EN-GJS-700-2 Fc' = 1112.8·h0.6222

42CrMo4+QT Fc' = 2291.4·h0.9124

EN-GJS-900-7 (ADI900) Fc' = 1099.6·h0.5732

EN-GJS-400-15 Fc' = 1133.3·h0.7006

EN-GJS-700-2 Fc' = 1112.8·h0.6222

42CrMo4+QT Fc' = 2291.4·h0.9124

EN-GJS-900-7 (ADI900) Fc' = 1099.6·h0.5732

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200

300

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0 0,10 0,20 0,30 0,40

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N/m

m)

vc = 100 m/minγ = -6°, λs = -6°K10 (Ti(C,N)-Al2O3-TiN) Trockenbearbeitung

Bild 3-2: Mittlere Schnittkräfte bei der Bearbeitung von Gusseisen und Vergütungsstahl

Mean cutting forces when ma-

chining ductile iron and q&t steel

Page 33: Adi

Ausgangssituation und Zielsetzung 27

es zu einer höheren Werkstofffestigkeit und somit insbesondere zu einem größeren Werkzeugver-schleiß. Das ADI-Mikrogefüge zeichnet sich neben einer erhöhten Festigkeit und Härte durch eine gesteigerte Zähigkeit aus. Inwieweit sich diese spezielle Eigenschaftskombination auf das Ver-schleißverhalten auswirkt wurde in Standzeitversuchen untersucht.

Der Einfluss des speziellen austenitisch-ferritischen Gefüges auf den Werkzeugverschleiß wurde in Standardverschleißversuchen im Längsschnitt untersucht. Als Vergleichswerkstoffe dienten ferriti-sches und perlitisches Gusseisen mit Kugelgraphit (GJS-400, GJS-700) und Vergütungsstahl 42CrMo4+QT mit einer Vergütungsfestigkeit von 1050 N/mm². Als Schneidwerkzeuge wurden beschichtete unprofilierte Wendeschneidplatten mit negativem Spanwinkel eingesetzt. Die Schneid-stoffe waren wolframkarbid-basierte Hartmetalle der Hauptanwendungsgruppe K mit einem Be-schichtungssystem aus einer ca. 8 µm dicken Al2O3-Schicht, einer TiCN-Grund- und einer TiN-Deckschicht. Bis auf den Vergleich zu Vergütungsstahl, der aus Gründen des Spanbruchs im unter-brochenen Schnitt durchgeführt werden musste, wurde bei allen Versuchen ein kontinuierlicher Schnitt angewendet.

Ein Ausschnitt der Versuchsergebnisse ist in Bild 3-3 dargestellt. Es ist zu erkennen, dass mit höhe-rer Grundfestigkeit des Gefüges (GJS-400 – GJS-700 – ADI-900) die anwendbare Schnittge-schwindigkeit abnimmt (Standzeitkriterium VB = 0,3 mm). Da mit der Festigkeit und Härte des zerspanten Werkstoffes die Reibbelastung an der Freifläche zunimmt, entspricht diese Erkenntnis der anerkannten Theorie.

Wesentlich bemerkenswerter erscheint allerdings die Tatsache, dass der Einfluss der Schnittge-schwindigkeit ebenfalls stark zunimmt. Das Prozessfenster der Schnittgeschwindigkeit ist somit klein. Wird für die Standzeit-Schnittgeschwindigkeits-Beziehung ein Potenzansatz nach der Taylor-Gleichung T = Cv·vc

k angesetzt, ergibt sich für den ADI-900 ein Gadientwert k von ca. -3,71, wo-hingegen der ferritische Sphäroguss einen Wert von -4,98 und der perlitische einen Wert von -2,77 besitzt. Der Einfluss der Schnittgeschwindigkeit sinkt von einem ferritischen zu einem perlitischen Gusseisen und steigt beim ADI-900 wieder an.

Schnittgeschwindigkeit / (m/min)

Sta

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zeit

bis

VB

= 0

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100 140 180 220 260 300 340 380 420

Sta

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45

100 140 180 220 260 300 340 380 420Bearbeitung vonEN-GJS-900-7 (ADI 900)vc = 140 m/min, tc = 18,8 min

250 µm

50 µm

250 µm

50 µm

250 µm

50 µm250 µm25 µm250 µm25 µm250 µm25 µm

Bearbeitung vonEN-GJS-400-15vc = 360 m/min, tc = 12,6 min

Längsdrehenf = 0,2 mm, ap = 1 mm κ = 75°, γ = -6°, λs = -6°HC-K10 (Ti(C,N)-Al2O3-TiN) Trockenbearbeitung

ADI 900EN-GJS-400-15

EN-GJS-700-2

Bild 3-3: Werkzeugverschleiß von Eisengusswerkstoffen im Vergleich

Tool wear when machining different ductile iron materials

Page 34: Adi

28

Bei einer steigenden Schnittgeschwindigkeit steigen in erster Linie der zurückgelegte Schnittweg und somit auch der zurückgelegte Reibweg nach identischer Schnittzeit. Des Weiteren steigt die in der primären und sekundären Scherzone umgesetzte Umformenergie pro Zeiteinheit und somit die Schnitttemperatur. Unterschiedlichen Gradienten der Standzeitkurve werden einem wachsenden Einfluss der Schnitttemperatur beigemessen. Bei konstanten Eingriffsverhältnissen und gleichem Schneidstoff-Beschichtungssystem können die unterschiedlichen Gradienten der verschiedenen Gusswerkstoffe durch eine jeweilige stärkere Dominanz von thermischen gegenüber mechanischen Verschleißmechanismen erklärt werden. Bei einer Gegenüberstellung der drei untersuchten Gussei-sen mit Kugelgraphit könnten somit Duktilität und Zähigkeit charakteristische Eigenschaften für den Einfluss auf das Verschleißverhalten darstellen. Die größere Duktilität bedeutet ein größeres Umformvermögen während der Spanbildung und somit eine größere Umformarbeit und damit hö-here Schnitttemperaturen.

Unterstützt wird diese These durch eine metallographische Analyse der eingesetzten Schneidwerk-zeuge. Sowohl bei der Zerspanung eines GJS-400 als auch eines ADI-900 ergibt sich ein eindeuti-ger Kolkverschleiß im jeweiligen Schnittgeschwindigkeitsbereich (Bild 3-3 links). Dieser wirkt bei der Bearbeitung von GJS-400 weniger destabilisierend auf die Schneidkante, da die maximale Kolktiefe in ausreichender Entfernung von der Schneidkante liegt. Beim ADI-900 liegt der Kolk deutlich näher an der Schneidkante und ist deutlich tiefer, so dass ab einem kritischen Kolkverhält-nis die Kolklippe abbricht. Aus diesem Grund musste das Standzeitendekriterium bei einem Tro-ckenschnitt auf 0,3 mm Freiflächenverschleiß begrenzt werden. Bei höheren Werten steigt der Frei-flächenverschleiß wegen des Durchbruches der Kolklippe exponentiell an.

Bei der Bearbeitung eines GJS-700 tritt nur sehr wenig Kolkverschleiß auf und das Standzeitende wird bis auf kleinere Schneidkantenausbrüche nahezu vollständig durch die Verschleißentwicklung an der Freifläche bestimmt. Ein weiterer Hinweis für die Dominanz von thermischen Verschleiß-vorgängen ist der Einfluss einer Kühlschmierung auf den Verschleiß bei der Zerspanung von ADI-900. Insbesondere bei erhöhter Schnittgeschwindigkeit kann die Standzeit (VB = 0,3 mm) bei Ein-satz von Emulsion (6%) deutlich gesteigert werden (bei vc = 200 m/min etwa um 80%). Außerdem ist der ermittelte Kolkverschleiß bei einer Nassbearbeitung sichtbar geringer, so dass ein Abbruch der Kolklippe nicht festgestellt wurde.

Ähnliche Zerspanversuche wurden für einen Vergleich des Verschleißverhaltens zwischen ADI-900 und 42CrMo4+QT einer Vergütungsfestigkeit von 1050 N/mm² durchgeführt. Vergütungsstahl die-ser Festigkeit besitzt bei einer etwas höheren Grundfestigkeit etwa dieselbe Oberflächenhärte und ist im Hinblick auf das diskutierte Anwendungsspektrum ein repräsentativer Konkurrenzwerkstoff für ähnliche Schmiedeteile. Bei der angewendeten Schneidengeometrie ohne Spanformrillen neigt er allerdings zur extremen Fließspanbildung. Die Versuche wurden daher beim Längsdrehen einer Welle mit eingearbeiteter Längsnut durchgeführt, um eine definierte Spanlänge zu erzielen.

Die Ergebnisse sind in Bild 3-4 dargestellt. Trotz des Einsatzes eines typischen Hartmetalls für die Gussbearbeitung, der extremen Fließspanbildung und der vorher diskutierten Abhängigkeiten ergibt sich sowohl auf der Frei- als auch auf der Spanfläche eine klar geringere Verschleißausprägung. Auf der Spanfläche ist die Kontaktzone durch die Fließspanbildung größer und der maximale Ver-schleißwert weit von der Schneidkante entfernt. Die Tiefe des Kolks überschreitet allerdings nicht die Dicke der Beschichtung, wohingegen durch die Bearbeitung von ADI-900 die Beschichtung

Page 35: Adi

Ausgangssituation und Zielsetzung 29

bereits durchbrochen und das Substrat freigelegt ist. An der Freifläche wird einerseits eine größere Verschleißmarkenbreite gemessen, die sich durch einen abrasiveren Charakter der verschleißfesten ADI-Werkstoffe erklären lässt. Andererseits wirkt die verschlissene Freifläche weitaus weniger gefurcht sondern durch Materialaufschmierungen eher glatt glänzend. Mit metallographischen Ana-lysen lassen sich Aufschmierungen an der Freifläche feststellen.

Schnittzeit / min

Ver

schl

eiß

mar

ken

brei

te /

mm

0

0,05

0,10

0,15

0,20

0,25

0,30

0,35

0 2 4 6 8 10 12 16 2014 18

Schnittzeit / min

Ver

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42CrMo4+QT (Rm = 1050 N/mm²)

EN-GJS-900-7 (ADI 900)

42CrMo4+QT (Rm = 1050 N/mm²)42CrMo4+QT (Rm = 1050 N/mm²)

EN-GJS-900-7 (ADI 900)EN-GJS-900-7 (ADI 900)

Bearbeitung von42CrMo4+QT

Bearbeitung vonEN-GJS-900-7 (ADI 900)

Längsdrehen (unterbrochener Schnitt/Längsnut zur Spanbruchkontrolle)vc = 160 m/min, f = 0,2 mm, ap = 2 mm, tc = 19,7 minκ = 75°, γ = -6°, λs = -6°K10 (Ti(C,N)-Al2O3-TiN), Trockenbearbeitung

Bild 3-4: Werkzeugverschleiß bei der Bearbeitung von ADI-900 und Vergütungsstahl

Tool wear when machining ADI and q&t steel

Weiterhin wurden Verschleißversuche bei der Bearbeitung unterschiedlicher ADI-Sorten durchgeführt. Bei diesen Versuchen wurde ein unbeschichtetes Wolframkarbidhartmetall bei entsprechend verringerter Schnittgeschwindig-keit eingesetzt, um einen direkten Einfluss auf den Substratverschleiß zu ermitteln. Im Rahmen dieser Versuche wurde zusätzlich eine Werk-stoffvariante mit erhöhtem Mangangehalt unter-sucht, der je nach Abmessung der herzustellen-den Bauteile die Durchvergütbarkeit bei der ADI-Herstellung reguliert.

Aus den Ergebnissen in Bild 3-5 ist ersichtlich, dass für die Werkstoffe ADI-1000 (Mn 0,2 vol. %), ADI-1000 (Mn 0,4 vol. %) und ADI-1200 die erreichte Standzeit mit steigender Schnittgeschwindigkeit gleichermaßen abnimmt. Bei dem ADI-1200 kann die höhere Materialhär-te für den höheren Verschleiß verantwortlich gemacht werden. Bei dem Werkstoff mit erhöh-tem Mangangehalt werden Karbidausscheidun-

Schnittgeschwindigkeit / (m/min)

Sta

nd

zeit

bis

VB

= 0

,3 m

m /

min

0

5

10

15

20

25

30

35

40

45

50 55 60 65 70 75 80 85

Längsdrehenf = 0,15 mm, ap = 1,5 mm κ = 75°, γ = -6°, λs = -6°HM-K10 (ohne Besch.) Trockenbearbeitung

EN-GJS-900-7 (ADI 900)

EN-GJS-1000-5 (ADI 1000), Mn = 0,2 vol.%

EN-GJS-1000-5 (ADI 1000), Mn = 0,4 vol.%

EN-GJS-1200-2 (ADI 1200)

Bild 3-5: Werkzeugverschleiß unterschied-licher ADI-Sorten im Vergleich

Tool wear when machining dif-

ferent ADI grades

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30

gen an den Seigerungszonen den Verschleiß beeinflussen. Prägnant ist allerdings im Vergleich zu diesen Werkstoffen das Verhalten des zäheren ADI-900. Trotz der etwas geringeren Festigkeit er-gibt sich ein deutlich geschwindigkeitsabhängiges Standzeitverhalten. Die Größenordnung dieser Abweichung ist nur schwer verständlich.

3.2 Zwischendiskussion und Zielsetzung der Arbeit

Bereits die Voruntersuchungen zeigen, dass eine eindeutige Einordnung der ADI-Werkstoffe in ein gängiges Schema zur Zerspanbarkeitsklassifizierung schwierig ist. Sowohl im Vergleich zu anderen Gusseisenwerkstoffen mit Kugelgraphit als auch zu Stahl ähnlicher äußerer mechanischer Eigen-schaften sowie zwischen den einzelnen ADI-Sorten gibt es eindeutige Unterschiede im Verschleiß-verhalten, die mit den gängigen Untersuchungsmethoden nicht geklärt werden konnten. Um die Bearbeitungsergebnisse, die nach dem gegenwärtigen Kenntnisstand für die Großserienfertigung unzureichend sind, zielgerichtet optimieren zu können, ist ein grundlegendes Verständnis über die Vorgänge in der Spankontaktzone zwingend erforderlich.

Bei der Suche nach einer möglichen Ursache für die uneindeutigen Zusammenhänge der Ver-schleißausbildung lässt sich im ersten Schritt nur das spezielle Grundgefüge der ADI-Werkstoffe heranziehen. Die fein strukturierte Kombination aus Austenit und Ferrit ist in konventionellen Stahl- und Gusswerkstoffen unbekannt. Die Frage der möglichen Umwandlung des nur durch Koh-lenstoff stabilisierten Austenits in Martensit und insbesondere die möglichen Auswirkungen auf den Zerspanprozess sind nicht hinreichend geklärt. Außerdem ist eine genauere Analyse des Prozesses der Scherspanbildung für die endgültige Beurteilung der mechanischen und thermischen Belastun-gen in der Kontaktzone erforderlich. Sowohl der Anteil der in der Spanbildungszone umgesetzten Umformenergie als auch die zeitlich veränderlichen mechanischen und thermischen Belastungen der Schneide werden durch die Ausprägung der Scherspanbildung direkt beeinflusst.

Beide Aspekte, die durch das spezielle austenitisch-ferritische Gefüge eingebrachten werkstoffspe-zifischen Einflüsse sowie die aus der Scherspanbildung resultierende Verteilung der mechanischen und thermischen Lasten auf der Schneide sollen in dieser Arbeit grundlegend untersucht werden. Ausgangspunkt für die Festlegung der zerspanbarkeitsrelevanten Werkstoffeigenschaften ist die Beschreibung des tribologischen Systems Werkstoff-Werkzeug-Umgebung. Mit Hilfe der in der Literatur beschriebenen Verschleißphänomene in der Zerspanung und den zugrunde liegenden phy-sikalischen Wirkmechanismen werden in einem ersten Schritt Einzelaspekte abgeleitet, die die beo-bachtete Form des Werkzeugverschleißes verursachen können. Mit diesem Wissen werden die Ei-genschaften des Werkstoffgefüges und die durch die Spanbildung bedingten Kontaktverhältnisse auf mögliche Korrelationen mit dem Verschleißverhalten untersucht. Die dafür notwendigen Unter-suchungen umfassen Analysen der Mikroeigenschaften des austenitisch-ferritischen Gefüges, Werkstoffreaktionen bei den in der Zerspanzone herrschenden thermoplastischen Bedingungen, Temperaturmessungen und Schnittkraftanalysen einschließlich der hochfrequenten Schnittkraftdy-namik. Wesentlich erscheint in diesem Zusammenhang die durch die segmentierte Spanbildung bedingte zeitliche Variation der möglichen Verschleißursachen bzw. die durch die zeitliche Variati-on erst ausgelöste Entstehung neuer Verschleißphänomene. Die Vorgänge bei der Bildung der ein-zelnen Spansegmente werden daher genau untersucht und modelliert, um Aussagen zu messtech-nisch nicht nachweisbaren Schneidenbelastungen machen zu können. Aus der Zusammenführung

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Ausgangssituation und Zielsetzung 31

dieser Einzelaspekte wird ein verschleißverursachendes Belastungskollektiv ermittelt und in ein Verschleißmodell übertragen. In ausgewählten Zerspanversuchen werden schließlich die Modell-vorstellungen verifiziert und für einzelne Werkzeuganwendungen daraus resultierende Optimierun-gen abgeleitet.

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Ableitung relevanter Werkstoffeigenschaften und Kontaktbedingungen aus tribologischer Sicht 33

4 Ableitung relevanter Werkstoffeigenschaften und Kontaktbedin-gungen aus tribologischer Sicht

Die Spanbildung ist wegen ihrer begrenzten lokalen Ausdehnung und ihrer schnellen und dynami-schen Vorgänge ein komplexer Prozess mit vielen Einflussgrößen. Die während der Kontaktzeit ablaufenden Mechanismen sind nur schwer zu ermitteln und Erkenntnisse aus Modellversuchen auf den Zerspanprozess nur schwer übertragbar. Der zerspante Werkstoff reagiert beim Eindringen des Schneidkeils durch elastische und plastische Deformationen sowie durch Scher- und Trennvorgän-ge, die zu einer Span- und Oberflächenausbildung führen. Gleichzeitig reagiert das System Werk-zeug-Maschine inklusive aller Koppelelemente auf die Belastungen des Spanformgebungsprozesses durch eine statische und dynamische Nachgiebigkeit. Im Zusammenwirken beider Prozesse stellt sich in der Kontaktzone zwischen Werkzeug und Werkstück ein charakteristisches mechanisch-thermisches Belastungskollektiv unter einer Gleitbeanspruchung ein. In Abhängigkeit von diesem Belastungskollektiv und der physikalischen und chemischen Eigenschaften der Kontaktpartner er-gibt sich eine komplexe tribologische Beanspruchung, in der verschiedene Arten von Verschleiß-mechanismen in Wechselwirkung stehen und die Funktionsfähigkeit und Leistungsfähigkeit des Schnittprozesses bestimmen.

Grundsätzlich sind für eine vollständige Analyse der Wechselwirkungen alle am Schneidprozess beteiligten Komponenten, also der tribologische Grundkörper (Schneidstoff/Beschichtung), der Ge-genkörper (Werkstück) und die weiteren beteiligten Medien (Kühlschmierstoff/Umgebungsluft), auf ihren Einfluss zu untersuchen. Fokus dieser Arbeit sollen primär die durch den Werkstoff ADI eingebrachten Einflussgrößen sein. Für ein Verständnis, welche dieser Einflussgrößen in welcher Ausprägung welche Art von Verschleißmechanismus hervorrufen können, ist eine theoretische Kenntnis des tribologischen Systems Werkzeug/Werkstück in Abhängigkeit von den beteiligten Komponenten erforderlich. Im Folgenden wird dieses Systems anhand bekannter Zusammenhänge mit Berücksichtigung der aus den Vorversuchen abgeleiteten Fragestellungen beschrieben. Es wer-den dazu die bekannten Zusammenhänge aus den Werken von CZICHOS und HABIG sowie ZUM

GAHR und der DIN 50320 zusammengefasst und mit Ergebnissen und Modellvorstellungen aus der Zerspantechnik ergänzt /CZIC03, HABI80, ZUMG92, N.N.79, N.N.88, N.N.93/.

4.1 Beschreibung des tribologischen Systems „Werkzeug – Werkstück“

Kennzeichen eines tribologischen Systems ist, dass zur Gewährleistung einer technischen Funktion – im Fall der Zerspanung die Trennung des Werkstoffs – Reibungs- und Verschleißprozesse ablau-fen, die durch eine Relativbewegung aufeinander einwirkender Oberflächen entstehen. Beteiligt an diesem tribologischen System sind ein dem Verschleiß ausgesetzter Grundkörper – das Werkzeug, bestehend aus Substrat und Beschichtung – und der zu zerspanende Werkstoff als Gegenkörper. Weiterhin nehmen an dem tribologischen System ein gegebenenfalls eingesetzter Schmierstoff und die meist gasförmige Umgebung teil. Unter hohem Druck und hoher Temperatur können in der Kontaktzone temporär Zwischenprodukte entstehen, die als Grenzschicht zwischen Werkstoff und Werkzeug das tribologische System beeinflussen. Es kann sich hierbei um Reaktionsprodukte des Werkzeugs /KRIE01/ oder um mehr oder weniger verschleißmindernde Beläge aus Legierungsele-

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34

menten des Werkstücks handeln. REUTER hat beispielsweise die tribologischen Eigenschaften von Mangansulfidbelägen bei der Bearbeitung von lamellarem Gusseisen untersucht /REUT02/.

Wesentlich für die Art und Ausprägung der Reibungs- und Verschleißprozesse ist das auf die Kon-taktfläche einwirkende Belastungskollektiv. Je nach Wahl der Schnittparameter und der dafür typi-schen Spanbildung ergibt sich eine charakteristische Verteilung von Normal- und Schubspannungen und der Temperatur. In diesem Zusammenhang ist der Einfluss der für die Bearbeitung von ADI typischen Scherspanbildung auf das Belastungskollektiv herauszustellen. Bei einer Fließspanbil-dung bildet sich der Werkstoff über eine schmale Scherzone kontinuierlich zu einem Span aus. Es stellt sich daher nach einer kurzen Zeit ein nahezu statischer Gleichgewichtszustand ein. Bei einer segmentierten Spanbildung, wie sie in den Vorversuchen für den ADI für die meisten Eingriffsver-hältnisse festgestellt wurde, sind die mechanischen und thermischen Belastungen dagegen zeitlich veränderlich. Außerdem entsteht durch die zyklische Verformung ein zeitlich variables Geschwin-digkeitsfeld in der Kontaktzone. Die Relativgeschwindigkeit zwischen Werkstoff und Schneide, die die Reibungs- und Verschleißprozesse beeinflusst, ist somit nicht konstant.

Neben dem Belastungskollektiv stellen die Topographie und die stofflichen Eigenschaften der Kon-taktpartner eine wesentliche Einflussgröße dar. Zu den relevanten Stoffeigenschaften gehören die mechanischen Werkstoffkennwerte wie Festigkeit, Härte und Elastizitätsmodul sowie physikalische und chemische Eigenschaften. Für den Zerspanprozess ist kennzeichnend, dass auf Grund der Stoff-trennung relativ reaktives Material in der Nähe der Schneidkante mit dem Werkzeug in Kontakt gerät. Außerdem kommt den thermischen Eigenschaften der Systempartner wie Wärmeleitfähigkeit und Wärmeübergangskoeffizient wegen der hohen Kontakttemperaturen eine hohe Bedeutung zu. Der Einfluss der Oberflächentopographie wird bei der Zerspanung im Wesentlichen durch die To-pographie des Werkzeugs bestimmt. Spanunterseite und Werkstückoberfläche liegen in einem plas-tischen bis viskoplastischen Zustand vor. Eine Ausnahme stellen harte Einschlüsse im Werkstoffge-füge dar, die ihre Geometrie bei den herrschenden Temperaturen beibehalten.

Adhäsion

oberflächennahe Deformation

Abrasion

Oberflächenzerrüttung

tribochemische Reaktion

Bildung von Zwischenschichten

Bild 4-1: Verschleißmechanismen /ZUMG92/

Wear mechanisms

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Ableitung relevanter Werkstoffeigenschaften und Kontaktbedingungen aus tribologischer Sicht 35

Auf Grund des Belastungskollektivs, der Topographie und der stofflichen Eigenschaften der Kon-taktpartner ergeben sich Wechselwirkungen in der Kontaktzone, die in Abhängigkeit von den Schnittbedingungen und der Werkstoff/Schneidstoff-Kombination zu einem charakteristischen Ver-schleiß führen. In der Tribologie werden die Verschleißmechanismen Adhäsion, Abrasion, tribo-chemische Reaktion und Oberflächenzerrüttung unterschieden (Bild 4-1). In der Zerspantechnik sind diese wegen der hohen thermischen Belastungen um die Diffusion erweitert. Für die hier rele-vante Analyse der Zerspanbarkeit eines Werkstoffs ist es erforderlich in erster Linie diejenigen Kri-terien herauszuarbeiten, die primär durch das Werkstückmaterial bestimmt werden. In einem zwei-ten Schritt können die werkstoffspezifischen Einflussgrößen mit möglichen Schneid-stoff/Beschichtungssystemen in Beziehung gesetzt werden.

4.2 Verschleißmechanismen und deren Einflussgrößen

4.2.1 Abrasion und Oberflächendeformation

Bei einem abrasiven Verschleiß dringen harte Rauheitsspitzen des Gegenkörpers oder harte Partikel in die Oberfläche des beanspruchten Werkstoffes ein und erzeugen durch Gleitbewegung Riefen bzw. Furchen. Bei der Gegenkörperfurchung erfolgt die tribologische Beanspruchung durch Rau-heitshügel oder durch harte Einschlüsse, die im Gegenkörper fest verankert sind. Bei der Teilchen-furchung sind mehr oder minder frei bewegliche harte Partikel für den Verschleiß verantwortlich. In Abhängigkeit von ihrer Wirkung auf den beanspruchten Körper werden vier verschiedene Erschei-nungsformen des Abrasionsverschleißes unterschieden (Bild 4-2). Beim Mikropflügen wird der Werkstoff durch die Wirkung der abrasiven Teilchen plastisch verformt und zu den Furchungsrän-dern aufgeworfen. Im Fall des reinen Mikropflügens tritt noch kein Materialabtrag auf. Durch wie-derholte plastische Verformung der beanspruchten Oberfläche wird der Werkstoff lokal ermüdet, so dass es zu einem Materialabtrag kommt (Mikroermüden). Beim Mikrospanen wird der vor dem abrasiven Teilchen verdrängte Werkstoff nicht seitlich aufgeworfen sondern vom Werkstoff abgetrennt. Im Idealfall entspricht der abgetrennte Mikrospan genau dem Querschnitt des eingedrungenen Teil-chens. Das Mikrobrechen tritt im Wesentlichen bei spröden Werkstof-fen auf und ist durch das Ausbilden von Rissen gekennzeichnet, die zu Materialausbrüchen längs der Ver-schleißfurche führen.

Das Verhältnis von der Härte des angreifenden Gegenkörpers zur Härte des beanspruchten Werkstoffes ist ein

Mikropflügen

Mikroermüden

Mikrospanen

Mikrobrechen

Bild 4-2: Schematische Darstellung der Einzelprozes-se bei der Abrasion /ZUMG88/

Schematic illustration of abrasion processes

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wesentliches Kriterium für das Auftreten eines abrasiven Verschleißabtrages. Erst wenn der Gegen-körper härter als der beanspruchte Werkstoff ist oder zumindest härtere Einschlüsse besitzt können die Partikel in den Werkstoff eindringen und einen nennenswerten Verschleiß hervorrufen. Ande-renfalls beschränkt sich die Materialabnahme nur auf eine thermisch oder chemisch veränderte oberflächennahe Randschicht. Das Verschleißvolumen sinkt mit steigender Härte des Verschleiß-körpers. Eine Erhöhung ergibt sich, wenn die in der Kontaktfläche wirkenden Normalspannungen oder die Reiblänge steigen.

Bei der Zerspanung wird der abrasive Verschleiß an einem bestimmten Schneidstoff folglich durch die Härte des zerspanten Werkstoffgefüges bzw. durch den Anteil an harten Einschlüssen bestimmt. Bei der Bearbeitung von Stahl- oder Gusswerkstoffen hat das Verhältnis der Gefügebestandteile Ferrit, Perlit, Austenit und Martensit einen maßgeblichen Einfluss auf den Abrasionsverschleiß. Wesentlich stärker wird der abrasive Verschleiß allerdings durch die Gegenwart harter, z.B. karbi-discher, nitridischer oder oxidischer Einschlüsse im zerspanten Werkstoff bestimmt. Bereits geringe Spuren derartiger Einschlüsse können die Zerspanbarkeit stark reduzieren.

Ein Beispiel dafür ist die Zerspanung von Gusseisen mit Vermikulargraphit, wenn für das zuverläs-sige Einstellen der gewünschten Graphitform geringe Zusätze von Titan beigefügt werden. Die Bil-dung von Titankarbiden ruft in diesem Fall eine extreme Erhöhung des Werkzeugverschleißes her-vor /REUT03/. Bei Gusseisenwerkstoffen sind eine Reihe weiterer Arten von harten Einschlüssen für eine Verschlechterung der Bearbeitbarkeit verantwortlich /BATE98, LORI54, RÖHR87, SIMM99/. Dazu gehören Einschlüsse in der Gussrandzone, die durch eine Reaktion mit dem Ab-formmaterial oder durch eine zu hohe Abkühlungsgeschwindigkeit entstehen. Weiterhin werden die festigkeitssteigernde Wirkung von Silizium und die Bildung von Steadit (Eisen-Phosphid-Eutektikum) bei Gusseisen mit Lamellengraphit diskutiert /N.N.03/. Die Wirkung von Graphit wird unterschiedlich beurteilt. Im Allgemeinen wird dem Graphit ein reibungsreduzierender Effekt bei-gemessen, der somit zu einem relativ geringen Werkzeugverschleiß führen sollte. LAMPIC-OPLÄNDER merkt allerdings an, dass Graphit in der Kristallrichtung senkrecht zur Gleitebene eine verhältnismäßig hohe Scherfestigkeit und Härte aufweist. Beim Durchtrennen der Graphiteinschlüs-se durch die Schneidkante kann somit auch ein erhöhter Verschleiß auftreten /LAMP98, LAMP01/.

Bei der Bearbeitung von ADI wird vielfach die Bildung von Martensit oder Korngrenzenkarbiden für eine Verschlechterung der Bearbeitbarkeit verantwortlich gemacht /RÖHR01/. Hierzu trägt die Wirkung der Legierungselemente Mangan und Molybdän maßgeblich bei, die zur besseren Durch-vergütbarkeit hinzugefügt werden. Molybdän ist direkt als Karbidbildner aktiv. Mangan wirkt da-gegen eher indirekt durch eine Seigerung an die Korngrenzen, an denen es durch die lokale Sen-kung der kritischen Umwandlungsgeschwindigkeit zu einer unvollständigen Austenit/Ferrit-Umwandlung kommt. Hierdurch werden die Entstehung von Martensit und die Ausscheidung von Karbiden hervorgerufen.

Ein Kennzeichen für abrasive Verschleißmechanismen ist häufig ein starker Freiflächenverschleiß. An der erzeugten Werkstückoberfläche, die der Freifläche gegenüber liegt, liegen im Gegensatz zur Spanunterseite relativ geringe Temperaturen vor. Der verschleißverursachende Werkstoff hat an dieser Stelle somit eine höhere Härte, so dass abrasive Verschleißmechanismen überwiegen.

Page 43: Adi

Ableitung relevanter Werkstoffeigenschaften und Kontaktbedingungen aus tribologischer Sicht 37

4.2.2 Adhäsion

Im Gegensatz zur Abrasion, die im Wesentlichen durch mechanische Kontaktvorgänge gekenn-zeichnet ist, spielen bei der Adhäsion eher stoffliche Wechselwirkungen auf atomarer oder moleku-larer Ebene eine Rolle. Der Vorgang der Adhäsion wird ausgelöst, wenn bei einer tribologischen Beanspruchung infolge hoher lokaler Normal- und Tangentialspannungen schützende Oberflächen-deckschichten durchbrochen werden und lokale Grenzflächenbindungen entstehen. Der Vorgang der Adhäsion ist somit eine Paarungseigenschaft und kann nur für eine spezifische Werk-stoff/Schneidstoffkombination beschrieben werden. Der Mechanismus der Adhäsion führt dann zu einem merklichen Verschleißvolumen, wenn bei einer Relativbewegung der Kontaktpartner die Trennung der adhäsiv gebundenen Materialbereiche nicht in der ursprünglichen Materialgrenzflä-che sondern im angrenzenden Volumen eines der Partner erfolgt.

An Adhäsionsvorgängen und dem daraus resultierenden Verschleißabtrag sind verschiedene Ein-zelprozesse beteiligt. Dazu gehören in zeitlicher Reihenfolge die Kontaktdeformation, der Durch-bruch der Grenzschicht, die Grenzflächenbindung und die Bildung des Verschleißpartikels. Die Wirksamkeit dieser Einzelprozesse wird durch einige Grundeigenschaften des tribologischen Kon-takts bestimmt /CZIC03/. Dazu zählen:

� die elasto-plastischen Eigenschaften und das Formänderungsvermögen der Kontaktpartner, die zu der Bildung einer wahren Kontaktfläche führen,

� die chemischen und mikrostrukurellen Eigenschaften der Oberflächenschichten, die den di-rekten Kontakt der adhäsiv wirkenden Werkstoffe gegebenenfalls verhindern,

� die chemischen und infolge dessen mechanischen Eigenschaften der adhäsiven Grenzflä-chenbindungen sowie die Elektronenstruktur der Kontaktpartner, der ein hoher Einfluss bei der Adhäsion metallischer Werkstoffe beigemessen wird, und

� die bruchmechanischen Eigenschaften der Kontaktpartner in Abhängigkeit von den herr-schenden thermischen und mechanischen Belastungen, die gegebenenfalls zu einer Bildung von Verschleißpartikeln führen.

Die Größe der wahren Kontaktfläche wird bei einem überwiegend plastischen Kontakt durch das Verhältnis FN/H mit der Normkraft FN und der Härte des weicheren Kontaktpartners H bestimmt. ARCHARD hat daraus für das Verschleißvolumen WV folgende Abhängigkeit angegeben /ARCH53, FINK72, FINK78/:

H

sF~W N

V

⋅ 4–1

mit WV Verschleißvolumen

s Reiblänge

FN Normalkraft

H Härte des weicheren Kontaktpartners

Die Größe der Proportionalitätskonstanten, die auch als Verschleißkoeffizient K bezeichnet wird, wird durch eine Vielzahl von Einflussgrößen bestimmt und lässt sich aus den Randbedingungen des tribologischen Kontakts nur äußerst grob abschätzen /RABI80/. Einflussgrößen auf die Adhäsions-

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38

neigung beziehen sich daher im Wesentlichen auf Einzelaspekte, die sich an den bekannten Grund-zusammenhängen orientieren. Eine aussagekräftige Kenngröße zur Beschreibung der Adhäsions-neigung ist der Adhäsionskoeffizient FA/FN, der das Verhältnis der adhäsiven Trennkraft FA zur vorher aufgebrachten Normalkraft FN angibt.

Das Formänderungsvermögen und die dafür ursächliche Anzahl der kristallographischen Gleitsys-teme bestimmt die Größe der wahren Kontaktfläche und ist somit ein Einflussfaktor, der die Stärke der adhäsiven Bindung bestimmt /HABI80/. Beim Kontakt kubisch-flächenzentrierter Metalle mit einer hohen Anzahl kristallographischer Gleitsysteme wird daher im Allgemeinen ein höherer Ad-häsionskoeffizient gemessen als bei kubisch-raumzentrierten Metallen oder Metallen mit hexagona-ler Gitterstruktur. Weiterhin wird angenommen, dass die Elektronenstruktur bei Metallen für die Stärke der Adhäsion maßgeblich ist. Edelmetalle neigen deshalb eher zur Adhäsion als z.B. Über-gangmetalle /CZIC03/.

Das metallische Grundgefüge von ADI besteht aus einer Mischung aus Austenit und Ferrit. Auf Grund der kubisch-flächenzentrierten Struktur des Austenits wäre somit ein verstärkter adhäsiver Verschleiß bei einem Kontakt mit ADI möglich. In praktischen Versuchen wurde dies bisher aller-dings nicht bestätigt /LERN97/. Es wird sogar eher ein geringer Adhäsionsverschleiß wegen der Schmierwirkung des Graphits erwartet. Nach längeren Kontaktzeiten im Gleit- oder Wälzkontakt bilden oberflächennahe Graphitkugeln eine Öffnung zur Kontaktfläche aus und wirken wie ein an-haltendes Graphitreservoir /MÄDL99/. Es ist allerdings anzumerken, dass diese Adhäsionsuntersu-chungen im Hinblick auf Anwendungen in der Getriebetechnik und im Transportwesen (z.B. Eisen-bahnräder) durchgeführt wurden. Die dafür charakteristischen Belastungen differieren weit von denen in der Zerspankontaktzone.

In der Zerspantechnik ist die Adhäsion ein Prozess, der im Wesentlichen an der Spanfläche wirk-sam ist. Während der Spanbildung werden diejenigen Werkstoffbereiche, die sich nach der Tren-nung der Grenzschicht zwischen Spanfläche und der Spanunterseite befinden, durch die hohen Flä-chenpressungen stark plastisch verformt. Der Werkstoff und insbesondere die frisch entstandenen Oberflächen befinden sich deshalb in einem durch Erwärmung, Verformung und Trennung äußerst aktivierten Zustand. Die Folge ist ein Verschleiß durch Mikroausbröckelungen /KÖNI97/.

Beim Vorgang der Aufbauschneidenbildung, die bei niedrigen Schnittgeschwindigkeiten wirksam ist, führen abgleitende Anhaftungen zu einem Verschleiß an der Freifläche. An der Spanfläche glei-tet der Span über die Aufbauschneide ab. Der Kolk ist somit vernachlässigbar. TRENT stellt sich den Kontakt zwischen Span und Schneide als nahezu vollständig adhäsiv vor. Die Abgleitung des Spans vollzieht sich nur innerhalb der sekundären Scherzone /TREN00/. QI und MILLS haben dieses Mo-dell verfeinert, indem sie einen kontinuierlichen Übergang von einer Adhäsionszone in eine Gleit-zone definiert haben. Die Relativgeschwindigkeit steigt von einem Wert Null an der Schneidkante kontinuierlich auf die Spanablaufgeschwindigkeit an /QI99/. USUI und SHIRAKASHI haben über den Ansatz nach ARCHARD einen Zusammenhang zwischen Adhäsion und Verschleiß auf der Spanflä-che ermittelt. Den Verschleißkoeffizienten K haben sie dabei als thermisch aktivierte Größe inter-pretiert /USUI78, USUI84/. Adhäsion ist nach ihrem Ansatz somit vorwiegend durch die Tempera-turverteilung in der Kontaktzone beeinflusst. Zu einem temperaturunabhängigen Ergebnis kommen dagegen BHAGAT ET AL., die das Verschleißvolumen über bruchmechanischen Kennwerte im Kon-takt Span/Hartmetall berechnen /BHAG96/.

Page 45: Adi

Ableitung relevanter Werkstoffeigenschaften und Kontaktbedingungen aus tribologischer Sicht 39

4.2.3 Oberflächenzerrüttung

Die thermischen und mechanischen Belastungen sind bei einer tribologischen Beanspruchung in vielen Fällen periodischer Natur. Makroskopisch gesehen kann dies durch die Prozesskinematik vorliegen. Dies gilt für den Wälzverschleiß in Zahnradpaarungen oder für den Strahlverschleiß. Auf mikroskopischer Ebene können periodische Berührungen von Rauheitsspitzen oder zyklische Adhä-sionsvorgänge für eine wechselnde Beanspruchung verantwortlich sein. Durch zyklische Adhäsio-nen werden hohe lokale Tangential- und Zugspannungen in den beanspruchten Körper eingebracht /TERH88/. Folge dieser periodischen Belastungen ist eine fortschreitende Ermüdung des Werk-stoffs, die nach einer Schadensakkumulation zu einem Ablösen einzelner Partikel und somit zum Verschleiß führt. Wie auch die volumenbezogene Ermüdung wird die Oberflächenzerrüttung durch die Belastungsamplitude und die Zyklenzahl beeinflusst. Daher wird zwischen einer Kurzzeit- und einer Langzeitermüdung unterschieden /CZIC03/. Der Ort der möglichen Rissentstehung ist abhän-gig von der lokalen Belastungsverteilung. So liegt bei Hertz´schen Pressungen die größte Spannung unterhalb der Werkstückoberfläche.

In der Zerspanung wird der Verschleißmechanismus der Oberflächenzerrüttung im Wesentlichen mit der Bearbeitung im unterbrochenen Schnitt in Zusammenhang gebracht. Auf Grund von dyna-mischen Druckschwellbelastungen kann es zu Querrissen an der Freifläche und durch thermische Wechselbeanspruchungen zu Kammrissen auf der Spanfläche kommen. Aber auch die Bildung von Lamellenspänen kann zu einer Entstehung von Querrissen beitragen, z.B. bei der Bearbeitung von Titanwerkstoffen /KREI73/. Nach UHLMANN und BRÜCHER ist der Einfluss der Oberflächenzerrüt-tung bedeutend für die Haftung von Beschichtungen /UHLM03/.

In den Vorversuchen zur Zerspanbarkeit von ADI ist eine sehr hohe Dynamik der Zerspankräfte durch die prägnante Scherspanbildung festgestellt worden. Ein Einfluss durch Oberflächenzerrüt-tung bei der Zerspanung von ADI ist somit zu untersuchen.

4.2.4 Tribochemische Reaktion und Diffusion

Wie die Adhäsion stellt die tribochemische Reaktion eine stoffliche Wechselwirkung dar. Zusätz-lich zu den Wechselwirkungen zwischen Werkstoff und Schneide können allerdings auch solche mit Hilfs- und Umgebungsstoffen die Stärke der Verschleißmechanismen beeinflussen. Die an dem tribologischen Kontakt beteiligten Komponenten reagieren miteinander und bilden Grenzschichten, die periodisch erzeugt und abgerieben werden. Durch den Einfluss von tribochemischen Reaktionen kann der Verschleiß allerdings nicht nur erhöht sondern auch erniedrigt werden, wenn die Reakti-onsschichten mechanisch stabil bleiben und einen unmittelbaren Kontakt von Grund- und Gegen-körper verhindern.

In der Zerspanung treten tribochemische Reaktionen verhältnismäßig stark in Erscheinung, da in der Kontaktzone hohe Temperaturen vorliegen und die chemischen Reaktionen gerade durch diese besonders beeinflusst werden. Allerdings sind die tatsächlichen Vorgänge in der Kontaktzone nur schwer ermittelbar. Ausgangspunkt ist die genaue metallographische Untersuchung der eingesetzten Schneide und der darauf gefundenen Beläge. Außerdem müssen alle möglichen chemischen Reakti-onen und gegenseitigen Löslichkeiten der in den Kontaktpartnern vorhanden Legierungselemente sowie aller möglichen Zwischenprodukte bei den Analysen berücksichtigt werden. In der Literatur

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40

werden viele mögliche Reaktionsschichten diskutiert, die zu teilweise unterschiedlichen Einschät-zungen führen.

Die Tribooxidation ist ein Teilaspekt der tribochemischen Reaktion und beschreibt einen Oxidati-onsvorgang des Schneidstoffes mit dem umgebenden Luftsauerstoff an den Randbereichen der Kontaktzone. Gerade an der Nebenschneide wirkt sich die Tribooxidation z.B. bei unbeschichteten WC-Hartmetallen nachteilig auf das Verschleißverhalten aus /KÖNI97/. GESCHWILER hat die Wir-kung der Oxidation an einem HM-K10 eindrucksvoll gezeigt, indem er den Schneidstoff bei einer Temperatur von 1000 °C unter Luftsauerstoff geglüht hat. Dieser hat nach einer Glühzeit von 3 h seinen Zusammenhalt durch einen Massezuwachs von ca. 18% vollständig verloren /GERS98/.

Oxidische Reaktionen können allerdings nicht nur mit Luftsauerstoff sondern auch mit gebundenem Sauerstoff des zerspanten Werkstoffs ablaufen. Die dabei entstehenden oxidischen Reaktionspro-dukte lagern sich in der Kontaktzone ab. TÖNSHOFF und DENKENA vermuten, dass Oxidation auch durch Luftsauerstoff zu Belägen in der Kontaktzone führen kann /TÖNS90/. Oxidische Reaktions-produkte in der Kontaktzone können verschiedene Verschleißmechanismen hervorrufen. Es können Beläge entstehen, deren Löslichkeit für Elemente des Schneidstoffs größer ist als die im ursprüngli-chen Werkstoff. In diesem Fall nimmt die Diffusion und damit der Spanflächenverschleiß zu. BRANDT und MIKUS diskutieren die chemische Löslichkeit von Al2O3-Oxidkeramik in Magnesium-oxidbelägen bei der Bearbeitung von Vergütungsstahl /BRAN87a/ sowie die Löslichkeit in Silikat-belägen (SiO2) bei der Bearbeitung von Gusseisen mit Lamellengraphit /BRAN87b/. TÖNSHOFF und DENKENA vermuten die Bildung von Fe2O3 in der Kontaktzone, das mit Al2O3 spezielle Fe2O3·Al2O3-Spinelle bildet.

Eine Verringerung des Werkzeugverschleißes entsteht, wenn sich mechanisch und chemisch stabile Oxidbeläge bilden, in denen nach einem Konzentrationsausgleich keine Schneidstoffbestandteile mehr in Lösung gehen. Diese Beläge wirken als Diffusionsblockade und reduzieren abrasive und adhäsive Verschleißvorgänge /QI96/.

Neben den oxidischen wird vor allem sulfidischen Belägen eine positive Beeinflussung des Ver-schleißverhaltens zugeschrieben. Bekannt ist die Bildung von verschleißreduzierenden Mangansul-fidschichten bei der Bearbeitung von Automatenstahl und Gusseisen mit Lamellengraphit. Eine Verschleißreduzierung wird allerdings erst ab einer bestimmten Schnittgeschwindigkeit erreicht, ab der die Mangansulfidschicht stabil ist /QI99, REUT02/.

Der Übergang von einer tribochemischen Reaktion, bei der Elemente des Schneidstoffes in entste-hende Zwischenprodukten in Lösung gehen, zu einer Diffusion, unter der ein thermisch aktivierter Platzwechsel einzelner Atome verstanden wird, ist fließend. Die Diffusion kann auch indirekt wirk-sam sein, indem durch das Eindringen von Fremdatomen der interne Zusammenhalt des Schneid-stoffes gestört wird und danach Schneidstoffpartikel ausbrechen. Bekannt sind bei der Stahlzerspa-nung mit Hartmetall die Diffusion von Fe in die Bindephase Co, die Diffusion von Co in den Stahl sowie die Auflösung von Wolframkarbid unter Bildung von Misch- und Doppelkarbiden /KÖNI97/. RAMANUJACHAR und SUBRAMANIAN sowie NAERHEIM und TRENT haben nach einer Auflösung der Karbide auch die Diffusion von atomarem Wolfram und Kohlenstoff in den Span nachgewiesen /RAMA96, NAER77/.

Page 47: Adi

Ableitung relevanter Werkstoffeigenschaften und Kontaktbedingungen aus tribologischer Sicht 41

Neben der gegenseitigen Löslichkeit der jeweiligen Materialbestandteile und der vorliegenden Kon-zentrationsdifferenz ist die Temperatur der hauptsächliche Einflussparameter auf die Diffusion. Einige Forscher haben daher versucht analytische diffusionsbasierte Verschleißgesetze zu entwi-ckeln /TAKE63, PÁLM74, MOLI02/. Der Verschleiß ist darin abhängig von der Funktion exp(-Q/(K·)) mit der paarungsspezifischen Aktivierungsenergie Q, der Temperatur und einer Materialkonstante K.

4.3 Zwischenfazit

Aus den Voruntersuchungen (Kapitel 3.1.3) wurde geschlossen, dass bei der Zerspanung von dukti-len ADI-Sorten Verschleißmechanismen wirksam sein müssen, die bei der Bearbeitung konventio-neller Gusseisenwerkstoffe nicht beobachtet werden. Mit Hilfe der tribologischen Betrachtungen lässt sich dieses Bild etwas enger fassen.

Konventionelle Gusseisenwerkstoffe verursachen in der Regel einen verhältnismäßig hohen abrasi-ven Freiflächenverschleiß. Der Einfluss der Zerspantemperatur ist dagegen eher geringer. Die Wahl der Schneidstoffe fällt daher meistens auf beschichtete WC-basierte Hartmetalle der K-Anwendungsgruppe, die sich besonders durch abrasive Verschleißbeständigkeit auszeichnen.

Die duktilen ADI-Sorten sind durch eine Kombination aus höherer Festigkeit und stark erhöhter plastischer Verformbarkeit gekennzeichnet. Es ist daher davon auszugehen, dass während der Spanbildung im Vergleich zu konventionellen Gusseisenwerkstoffen mehr mechanische Arbeit in Wärme umgewandelt wird. Die Schnitttemperatur und der Einfluss der damit verbundenen Ver-schleißmechanismen steigen in diesem Fall an. Die Wirksamkeit dieses Phänomens auf das Ver-schleißverhalten unter den besonderen Verhältnissen der Scherspanbildung ist zu untersuchen. Der Ermittlung der Temperatur in der verhältnismäßig schmalen Kontaktzone kommt daher eine beson-dere Bedeutung zu.

Die Temperatur ist am abrasiven Verschleißprozess insofern beteiligt, als dass mit einer steigenden Erwärmung die Festigkeit des Schneidstoffes abnimmt. Bestimmend für einen dominierenden abra-siven Verschleiß ist aber in erster Linie das Vorliegen harter Gefügebestandteile im Werkstoff.

Der Gießprozess und die Wärmebehandlung unterliegen bei der Herstellung von ADI einem hohen Qualitätsstandard, da schon geringe Gefügedefekte – und dazu zählen insbesondere Karbidein-schlüsse – die guten Eigenschaften dieser hochfesten Gusseisensorten beeinträchtigen können /RÖHR01/. Es ist allerdings auch bekannt, dass schon sehr geringe Spuren harter Einschlüsse das Verschleißverhalten extrem beeinflussen. Es wird im Folgenden daher zu prüfen sein, ob Inhomo-genitäten im Gefüge vorliegen, die die Verschleißmechanismen verändern. Aus diesem Grund wer-den umfangreiche Mikrohärteuntersuchungen an den verschiedenen ADI-Sorten sowie Werkstoffen mit vergleichbaren Gefügezusammensetzungen durchgeführt. Da die Gefügebestandteile Ferrit und Austenit im ADI sehr fein verteilt sind und im Abstand von ca. 1 µm wechseln, werden diese mit Hilfe der Nanohärtemessung charakterisiert. Weiterhin werden spezielle Ätztechniken angewendet um Gefügeinhomogenitäten sichtbar zu machen.

Deutlich stärker als auf den abrasiven Verschleiß wirkt sich eine höhere Kontaktzonentemperatur auf stoffliche Wechselwirkungen aus. Die Ausführungen zu den tribochemischen und den diffusi-

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42

onsgesteuerten Wechselwirkungen zwischen eisenbasierten Legierungen und Wolframkarbid-Hartmetallen zeigen, dass höhere Schnitttemperaturen einen stark erhöhten Spanflächenverschleiß verursachen. Verschleißmindernde Beläge werden im Allgemeinen durch die Legierungszusam-mensetzung des zerspanten Werkstoffes beeinflusst. Diese unterscheidet sich allerdings nur wenig von konventionellem Gusseisen mit Kugelgraphit. Spezielle Mechanismen sind daher nicht zu er-warten.

Möglich sind adhäsive Verschleißmechanismen, insbesondere da in den Vorversuchen bei der Be-arbeitung aller Gusswerkstoffe mit Kugelgraphit eisenhaltige Anhaftungen an den Schneiden beo-bachtet wurden. ADI besitzt einen austenitischen Gefügebestandteil, der wegen der kubisch-flächenzentrierten Struktur eine stärkere adhäsive Neigung nahe legt. In einem Analogieversuch wird daher zu überprüfen sein, ob dieser Mechanismus für den Werkzeugverschleiß relevant ist.

Einen weiteren Schwerpunkt der Untersuchung wird der Einfluss der Scherspanbildung darstellen. KREIS hat in seinen Analysen zur Zerspanung von Titan festgestellt, dass der Schneidstoff durch die spanbildungsinduzierten Schnittkraftschwankungen ermüdet /KREI73/. Bei der Zerspanung von ADI wurden ausgeprägte dynamische Anteile in den Kraftsignalen festgestellt. Es ist daher nahe liegend, dass der Mechanismus der Oberflächenzerrüttung zu Rissbildungen im Substrat oder Prob-lemen der Beschichtungshaftung führt. Der Prozess der Scherspanbildung beim ADI-Gusseisen ist daher detailliert zu analysieren. Des Weiteren werden die durch die Scherspanbildung induzierten statischen und vor allen dynamischen Schnittkräfte mit Hilfe eines hochdynamischen Kraftmesssys-tems ermittelt.

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Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 43

5 Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften

Die Untersuchung der für die Zerspanbarkeit von ADI relevanten Werkstoffeigenschaften erfolgt unter drei wesentlichen Aspekten. Einen ersten Schwerpunkt bildet die Analyse des für die ADI-Werkstoffe charakteristischen austenitisch-ferritischen Gefüges. Im Fokus stehen dabei vor allem die mechanischen Eigenschaften des ADI-Gefüges mit Bezug auf abrasive und adhäsive Ver-schleißmechanismen bei der Zerspanung. Da die Vorgänge bei der Spanbildung und die davon ab-hängigen Kontaktmechanismen bei extremen Bedingungen ablaufen, die aus statischen mechani-schen Eigenschaften nicht ableitbar sind, befasst sich der zweite Schwerpunkt mit den plastome-chanischen Eigenschaften bei hohen Dehngeschwindigkeiten. Im Fokus des dritten Schwerpunktes stehen die Analyse der für Gusswerkstoffe typischen Scherspanbildung und deren Auswirkung auf die thermischen und mechanischen Belastungen in den Kontaktzonen.

5.1 Charakterisierung des austenitisch-ferritischen Gefüges

5.1.1 Gefüge und Eigenschaften der untersuchten Werkstoffe

Die Entscheidung zum Einsatz von höherduktilen ADI-Sorten ADI-800 bis ADI-1000 erfolgt meist aus der Problemstellung, dass gestiegene Festigkeitsanforderungen eines bereits produzierten Guss-stückes den Einsatz von konventionellem Gusseisen mit Kugelgraphit nicht mehr zulassen. Neben dem Einsatz von ADI steht bei dieser Problemstellung in vielen Fällen auch eine Substitution durch geschmiedete Vergütungsstähle im Raum. Die Entscheidung erfolgt anhand der mechanischen Ei-genschaften aber auch anhand der Bearbeitbarkeit. Typische Bauteile hierfür sind Fahrwerkskom-ponenten oder Komponenten des Antriebsstranges, die in mehreren Operationen nach der Wärme-behandlung spanend bearbeitet werden.

Der Einsatz von höherfesten ADI-Sorten wie ADI-1200 oder ADI-1400 wird dagegen meist auf-grund einer anderen Zielsetzung erwogen. In diesem Fall stehen eher Forderungen nach geringeren Kosten im Vordergrund, sofern für Bauteile, die unter hoher abrasiver Verschleißbelastung stehen, ein geeignetes Material gesucht wird. Der Umfang der spanenden Bearbeitung ist für diese Bauteile allerdings meist gering.

Im Hinblick auf den Umfang der erforderlichen Zerspanung stehen also vor allem die hochduktilen ADI-Werkstoffe im besonderen Fokus. Für eine Beurteilung der Zerspanbarkeit müssen allerdings auch diejenigen Werkstoffe berücksichtigt werden, die als Vorgänger im Einsatz waren oder die als mögliche Alternative in Frage kommen. Nur in wenigen Fällen können bei einer Materialsubstitu-tion Einbußen in der Bearbeitbarkeit in Kauf genommen werden. Für die folgenden Werkstoffunter-suchungen werden daher konventionelle Gusseisenwerkstoffe mit Kugelgraphit und Vergütungs-stähle ähnlicher Festigkeit als Vergleichswerkstoffe herangezogen. Zur genauen Charakterisierung des speziellen austenitisch-ferritischen Gefüges werden außerdem verschiedene ADI-Sorten mit unterschiedlichen Festigkeiten untersucht.

Die analysierten ADI-Werkstoffe wurden von zwei unterschiedlichen Gießereien bezogen, die be-reits seit den 80er Jahren mit der Herstellung des Werkstoffes vertraut sind und diesen in für euro-päische Maßstäbe verhältnismäßig großen Mengen produzieren. Die Gieß- und Wärmebehand-

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44

lungsprozesse besitzen daher einen hohen Qualitätsstandard. Dies ist vor allem unter dem Gesichts-punkt bedeutend, dass in einigen Ergebnissen aus der Literatur offensichtlich ungeeignete Herstel-lungsparameter gewählt wurden (siehe dazu auch Kapitel 2.2.3). Trotz der qualitativ hochwertigen ADI-Werkstoffe wurden alle Serien getrennt voneinander charakterisiert, um gegebenenfalls auch Variationen zwischen den verschiedenen Herstellern bewerten zu können.

Die Versuchswerkstücke aus ADI wurden im Sandgussverfahren hergestellt. Die Werkstücke für die Drehversuche waren Rohrstücke mit teilweise konischer Außenkontur und mit einem Durch-messer von 90 - 150 mm, einer Wandstärke von 25 mm und einer Länge von 300 mm. Die Werkstücke für Fräsversuche waren Quader mit einem Querschnitt von 60 x 60 mm und einer Län-ge von 200 mm. Die konventionellen ferritischen und perlitischen Kugelgraphitgusswerkstoffe wurden im Stranggussverfahren hergestellt und waren wie die Werkstücke aus Vergütungsstahl in Abschnitten mit einem Durchmesser von 300 mm und einer Länge von 500 mm verfügbar.

Die mechanischen Eigenschaften der verwendeten Werkstoffe sind in Tab. 5.1 zusammengefasst. Ein objektiver Vergleich, insbesondere von Werkstoffen gleicher Sorte, ist allerdings nicht möglich, da die Proben teilweise auf unterschiedliche Art hergestellt wurden. So besitzen Y-Proben, die mit viel Materialaufwand porenfrei gegossen werden, verhältnismäßig gute Werte für Zugfestigkeit und Bruchdehnung.

Tab. 5.1: Mechanische Eigenschaften der untersuchten Werkstoffe

Mechanische Eigenschaften

kurz

Rm [N/mm²]

Rp 0,2 [N/mm²]

Hmin [HB30]

Hmax [HB30]

A5 [%]

EN-GJS-400-15 GJS-400 390*) 250*) < 190*) 15*)

EN-GJS-700-2 GJS-700 700*) 400*) 230*) 290*) 2*)

EN-GJS-800-8 ADI-800 800**) 600**) 260*) 320*) 8**)

GJS-900-7****) ADI-9001 1037***) 752***) 300 320 12***)

GJS-900-7****) ADI-9002 897 783 310 320 7

GJS-900-7****) ADI-9003 - - - - -

EN-GJS-1000-5 ADI-10001 955 776 310 330 5**)

EN-GJS-1000-5 ADI-10002 955 776 310 330 5**)

EN-GJS-1200-2 ADI-1200 1250 909 400 410 3**)

EN-GJS-1400-1 ADI-1400 1322 862 410 420 2**)

Wer

ksto

ffe

42CrMo4+QT - 950*) 650*) 240*) 300*) 13*)

*) Herstellerangaben **) Werte nach DIN EN 1564 ***) gemessen in separat gegossenen Y-Proben ****) Zwischensorte nicht nach DIN EN 1564

Neben den ADI-Werkstoffen ADI-9001 und ADI-9002, die von unterschiedlichen Herstellern bezo-gen wurden, ist der Werkstoff ADI-9003 mit einer verkürzten Wärmebehandlung in das Versuchs-programm aufgenommen worden. Die Werkstoffe ADI-10001 und ADI-10002 unterscheiden sich in

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Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 45

der Legierungszusammensetzung. Diese dient bei Bauteilen größerer Wandstärke einer Verbesse-rung der Durchvergütbarkeit. Der Einfluss auf die Zerspanbarkeit ist Gegenstand der Untersuchun-gen. Der Werkstoff ADI-10002 stellt daher eine Variante mit erhöhtem Mangangehalt dar (Tab. 5.2).

Tab. 5.2: Legierungszusammensetzung der untersuchten Werkstoffe

Legierungselemente [%]

kurz C Si Mn P S Mg Mo Cu Sn

EN-GJS-400-15 GJS-400 3,625 2,7 0,2 < 0,1 < 0,01 - - - -

EN-GJS-700-2 GJS-700 3,625 2,7 0,2 < 0,1 < 0,01 - - - -

EN-GJS-800-8 ADI-800 - - - - - - - - -

GJS-900-7 ADI-9001 3,6 2,4 0,4 - - - 0,2 0,8 -

GJS-900-7 ADI-9002 3,48 2,49 0,16 0,027 0,005 0,062 - 0,67 0,009

GJS-900-7 ADI-9003 3,6 2,4 0,4 - - - 0,2 0,8 -

EN-GJS-1000-5 ADI-10001 3,48 2,49 0,16 0,027 0,005 0,062 - 0,67 0,009

EN-GJS-1000-5 ADI-10002 3,47 2,44 0,38 0,027 0,004 0,059 - - -

EN-GJS-1200-2 ADI-1200 3,48 2,49 0,16 0,027 0,005 0,062 - 0,67 0,009

EN-GJS-1400-1 ADI-1400 3,48 2,49 0,16 0,027 0,005 0,062 - 0,67 0,009

Wer

ksto

ffe

42CrMo4+QT*) - 0,42 � 0,4 0,75 �0,035 � 0,03 - 0,225 Cr: 1,05

*) Herstellerangaben

Aus Tab. 5.3 ist zu erkennen, dass globulare Gusseisenwerkstoffe eine etwas geringere Wärmeleit-fähigkeit besitzen als der Vergütungsstahl 42CrMo4+QT. Der Wert von ADI liegt nochmals leicht unter dem der Gusswerkstoffe.

Tab. 5.3: Thermische Eigenschaften im Vergleich /BAYA99/

Thermische Eigenschaften

kurz

c*) [J/(kg×K)]

�∗∗)

[W/(m×K)] a***)

[m²/s]

EN-GJS-400-15 GJS-400 502 32,2 9,037·10-06

EN-GJS-700-2 GJS-700 502 30 8,303·10-06

GJS-900-7 ADI-900 541,9 26 6,758·10-06

EN-GJS-1200-2 ADI-1200 524,1 27,5 7,411·10-06 Wer

ksto

ffe

42CrMo4+QT - 460 42 12·10-06

*) spezifische Wärmekapazität **) Wärmeleitfähigkeit ***) Temperaturleitfähigkeit

Die Wärmebehandlung ist der wesentlichste und auch kritischste Fertigungsprozess während der Herstellung des ADI-Gusseisens. Durch eine falsche Prozessführung oder ungeeignete Wärmebe-handlungsparameter können extreme Qualitätseinbußen entstehen. Andererseits sind insbesondere

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46

die Wärmebehandlungszeiten auch ein erheblicher Kostenfaktor. Aus diesem Grund wurden die Wärmebehandlungsparameter erfragt und in Tab. 5.4 zusammengefasst.

Tab. 5.4: Wärmebehandlungsparameter der untersuchten ADI-Sorten

Austenitisierung Isotherme Umwandlung

kurz TA [°C] tA [min] TB [°C] tB [min]

EN-GJS-800-8 ADI-800 - - - -

GJS-900-7 ADI-9001 880 180 370 180

GJS-900-7 ADI-9002 870 180 368 90

GJS-900-7 ADI-9003 880 180 370 45

EN-GJS-1000-5 ADI-10001 887 180 352 120

EN-GJS-1000-5 ADI-10002 881 180 290 120

EN-GJS-1200-2 ADI-1200 879 180 315 120

Wer

ksto

ffe

EN-GJS-1400-1 ADI-1400 881 180 290 120

Interessant ist in diesem Zusammengang, dass die beiden Hersteller eine unterschiedliche Dauer der isothermen Umwandlung für den ADI-900 wählen. Die Sorte ADI-9003 wurde bewusst mit einer sehr kurzen isothermen Halterdauer wärmebehandelt, um gezielt einen metastabilen Austenit einzu-stellen.

Unter den gießtechnischen Kennwerten (Tab. 5.5) ist die mittlere Graphitkugelgröße ein relativ bedeutender Kennwert. Die Graphitkugeln stellen bei einer äußeren Belastung innere Kerben dar. Daher können ihre Größe und Verteilung unabhängig von den Wärmehandlungsparametern die me-chanischen Eigenschaften bestimmen. Im Allgemeinen erhöhen sich Zugfestigkeit und Bruchdeh-nung mit sinkender Graphitkugelgröße. Aus einem Querschliff lässt die der mittlere Durchmesser der Graphitkugeln über eine Korrekturfunktion aus dem gemessenen mittleren Graphitkugeldurch-messer bestimmen (Gleichung 5–1). Diese Korrekturfunktion berücksichtigt, dass die Graphitku-geln frei verteilt im Gefüge liegen und nicht an ihrem größten Durchmesser geschnitten werden.

1n2

n

k121

limD

D

1n

1k

2

2

nK

.gem,K

−+

=

�−

=

∞→

5–1

mit DK [µm] mittlerer Graphitkugeldurchmesser

DK, gem. [µm] gemessener mittlerer Graphitkugeldurchmesser

n betrachtete Schnittebenen pro Halbkugel

k Laufvariable

Der Sättigungsgrad Sc (Gleichung 5–2) gibt die Abweichung von einer eutektischen Legierung an. Werte kleiner als eins entsprechen einer untereutektischen und Werte größer als eins einer übereu-tektischen Legierung. Die Werte in Tab. 5.5 zeigen, dass es sich bei allen ADI-Sorten um leicht übereutektische Legierungen handelt.

Page 53: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 47

Sn%11,0Cu%074,0Mo%015,0S%4,0P%33,0Mn%027,0Si%31,026,4

C%Sc

⋅−⋅−⋅+⋅−⋅−⋅+⋅−= 5–2

mit Sc Sättigungsgrad

%X [%] Massenkonzentration des Elements X

Tab. 5.5: Gießtechnische Kennwerte

Gießtechnische Kennwerte

kurz

DK*)

[µm] Sc

**)

EN-GJS-400-15 GJS-400 46 1,069

EN-GJS-700-2 GJS-700 57 1,069

GJS-900-7 ADI-9001 31 1,037

GJS-900-7 ADI-9002 52 1,014

EN-GJS-1000-5 ADI-10001 45 1,014 Wer

ksto

ffe

EN-GJS-1200-2 ADI-1200 36 1,014

*) mittlere Graphitkugelgröße **) Sättigungsgrad

Aufnahmen mit dem Rasterelektronenmikroskop nach einer Nitalätzung verdeutlichen die extrem feine Struktur des austenitisch-ferritischen Gefüges (Bild 5-1 am Beispiel eines ADI-9001). Die Ferritplatten, die im Querschliff die Form von Nadeln besitzen, haben ähnlich wie die austeniti-schen Zwischenräume eine Dicke von ca. 1 µm. In einem Bereich, der der Austenitkorngröße vor dem Start der isothermen Umwandlung entspricht, liegen diese Ferritplatten in einer parallelen An-ordnung vor. Eventuelle Seigerungen oder damit verbundene Karbide liegen an den Korngrenzen und damit zwischen den Bereichen unterschiedlicher Ferritanordnung vor.

20 µm20 µm 5 µm5 µm

Graphit

AustenitFerrit

Bild 5-1: Rasterelektronenmikroskopische Darstellung des austenitisch-ferritischen Gefüges im ADI-9001

Austenitic-ferritic microstructure of ADI-9001 (SEM-pictures)

Page 54: Adi

48

Bild 5-2 stellt die Gefüge der untersuchten Gusswerkstoffe gegenüber. Der GJS-700 besitzt noch leichte Ferrithöfe um die Graphitkugeln, die bei einem vollperlitischen EN-GJS-800-2 nicht mehr vorliegen. Ein Vergleich der ADI-Sorten zeigt, dass mit steigender Festigkeit das austenitisch-ferritische Basisgefüge zunehmend feinstreifiger wird. Weiterhin ist zu erkennen, dass die beiden ADI-900 Varianten der verschiedenen Hersteller eine unterschiedliche Homogenität aufweisen.

100 µm100 µm

ADI-9002

ADI-800

GJS-400

ADI-1200

ADI-1050

ADI-9001

GJS-700

ADI-1400

Bild 5-2: Gefügestrukturen der untersuchten Werkstoffe

Microstructures of the studied materials

5.1.2 Charakterisierung der Gefügestrukturen mittels Mikrohärteanalyse

Der abrasive Werkzeugverschleiß wird wesentlich durch die Härte des zerspanten Werkstoffes und den Anteil harter Gefügeeinschlüsse bestimmt. Gusseisenwerkstoffe werden im Allgemeinen durch die Brinellhärte charakterisiert. Die Brinellhärte berücksichtigt auf Grund des kalottenförmigen

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Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 49

Eindringkörpers einen verhältnismäßig großen Werkstoffbereich und mittelt deshalb die Härte über den Graphit und das metallische Basisgefüge. Für eine Beurteilung der Zerspanbarkeit ist dieser Kennwert ungeeignet, da harte Einschlüsse den Abrasivverschleiß überproportional beeinflussen. Diese werden mit der Brinellhärte nicht erfasst.

Die Härte des metallischen Grundgefüges wurde daher mit Hilfe der Mikrohärtemessung charakte-risiert. In einem polierten Querschliff, der in ausreichender Entfernung von der Werkstückoberflä-che entnommen wurde, wurden mehrere voneinander entfernte Messfelder mit 5 x 5 Messpunkten gelegt. Nach Fertigstellung der Messung wurden die Proben geätzt und die Werte ausgewertet. Messpunkte, die innerhalb einer Graphitkugel lagen oder die offensichtlich durch einen Graphitein-schuss verfälscht wurden, wurden bei der Auswertung nicht berücksichtigt.

Die Messung wurden an einem Prüfgerät Fischerscope H 100 der Firma Fischer durchgeführt, das die Mikrohärte über den Kennwert Universalhärte bestimmt. Das Universalhärteprüfverfahren defi-niert den Härtewert als den Quotienten aus der Prüfkraft F und der Oberfläche A des Prüfeindrucks unter wirkender Prüfkraft. Der Härtewert erfasst somit sowohl die plastische als auch die elastische Verformung. Die Eindringkörnerspitze, die der Form einer Pyramide mit quadratischer Grundfläche entspricht, wird gesteuert auf die Probenoberfläche aufgesetzt. Nach dem Aufsetzen wird die Kraft so erhöht, dass die Eindringtiefenänderung nahezu konstant ist. Die Eindringtiefe wird relativ zur Probenoberfläche gemessen und ebenso wie die Entlastungskurve aufgezeichnet. Aus diesem Kur-venverlauf lassen sich sowohl die Universalhärte HU

2h43,26

FAF

HU⋅

== 5–3

mit HU [N/mm²] Universalhärte

F [N] Prüfkraft

A [mm²] Querschnittsfläche der Pyramide

h [mm] Eindringtiefe

als auch bei Berücksichtigung der elastischen Entlastung die plastische Universalhärte HUplast

2R

maxplast

h43,26

FHU

⋅= 5–4

mit HUplast [N/mm²] plastische Universalhärte

Fmax [N] maximale Prüfkraft

hR [mm] reale Eindrucktiefe

bestimmen /BEHN93, HEER96, DIN50359/. Die Vickershärte HV wird ebenfalls über einen pyra-midenförmigen Eindringkörper ermittelt. Der Wert ergibt sich über die Länge der Projektion der Halbachsen des Eindrucks nach Entfernung des Prüfkörpers. Die Prüfsystematik ist somit ver-gleichbar zu der plastischen Universalhärte, und es besteht ein linearer Zusammenhang zwischen HUplast und HV, der über eine Eichprobe ermittelt wurde. Wegen der besseren Zuordnung zu be-kannten Härtewerten wurden alle Auswertungen durch den abgeleiteten Vickershärtewert beschrie-ben. Die maximale Prüfkraft war für alle Werkstoffe Fmax = 300 mN.

Page 56: Adi

50

Ein Vergleich der verschiedenen Gusseisen mit Kugelgraphit (Bild 5-3 a) ergibt eine näherungs-weise lineare Abhängigkeit der Mikrohärte des metallischen Gefüges von der Nennzugfestigkeit des Werkstoffes. Des Weiteren ist festzustellen, dass mit der Grundfestigkeit der ADI-Werkstoffe ne-ben der mittleren Mikrohärte auch die Streuung der Härtewerte zunimmt. Mit steigender Festigkeit sind offensichtlich mehr härtere Bestandteile im Gefüge vorhanden. Die Gegenüberstellung ver-schiedener Werkstoffvarianten einer ähnlichen Festigkeitsklasse zeigt auch hier deutliche Unter-schiede (Bild 5-3 b). Die Werkstoffe ADI-9001 und ADI-9002 zeichnen sich einerseits durch unter-schiedliche Mittelwerte und andererseits durch eine unterschiedliche Härteverteilung aus. Die Her-steller scheinen ihre Werkstoffe nach unterschiedlichen Strategien optimiert zu haben. ADI-9001 erhält seine höhere Festigkeit durch die geringere Graphitkugelgröße, besitzt aber ein austenitisch-ferritisches Gefüge, das eher einem ADI-800 entspricht. Der ADI-9002 besitzt dagegen eine höhere Gefügefestigkeit bei größeren Graphitkugeln.

0

100

200

300

400

500

600

700

800

Perlit

(GJS

-600

)

Perlit

(GJS

-700)

Perlit

(GJV

-400)

Perlit

(GJL

-250

)

Perlit

(16M

nCrS

5+N)

Perlit

(in A

DI 900

1 )0

100

200

300

400

500

600

700

800

Perlit

(GJS

-600

)

Perlit

(GJS

-700)

Perlit

(GJV

-400)

Perlit

(GJL

-250

)

Perlit

(16M

nCrS

5+N)

Perlit

(in A

DI 900

1 )

Vic

kers

härt

e [

HV

, 30

0 m

N]

Vic

kers

härt

e [

HV

, 30

0 m

N]

a) b)

c) d)

ADI 900*: ADI-900 im Pressguss hergestellt (Squeeze-Casting)

0

100

200

300

400

500

600

700

800

ADI-900

1

ADI-1200

ADI-140

0

ADI-800

GJS-4

00

GJS-7

000

100

200

300

400

500

600

700

800

ADI-900

1

ADI-1200

ADI-140

0

ADI-800

GJS-4

00

GJS-7

00

Streuung über 5 x 5 Messproben

Mittelwert über 5 x 5 Messproben

0

100

200

300

400

500

600

700

800

ADI-900

2

ADI-900

1

ADI-900

*

ADI-900

3

ADI-800

42CrM

o4+Q

T

Vic

kers

härt

e [

HV

, 30

0 m

N]

0

100

200

300

400

500

600

700

800

ADI-900

2

ADI-900

1

ADI-900

*

ADI-900

3

ADI-800

42CrM

o4+Q

T

Vic

kers

härt

e [

HV

, 30

0 m

N]

0

100

200

300

400

500

600

700

800

ADI-900

1

42CrM

o4+Q

T

Ferrit

(GJS

-400

)

Ferrit

(16M

nCrS

5N)

Auste

nit (

5XCrNi15

10)

Vic

kers

härt

e [

HV

, 30

0 m

N]

0

100

200

300

400

500

600

700

800

ADI-900

1

42CrM

o4+Q

T

Ferrit

(GJS

-400

)

Ferrit

(16M

nCrS

5N)

Auste

nit (

5XCrNi15

10)

Vic

kers

härt

e [

HV

, 30

0 m

N]

Bild 5-3: Mikrohärteverteilung der untersuchten Gefügestrukturen

Distribution of micro hardness

Der Werkstoff ADI-9003, der einer verkürzten isothermen Wärmebehandlung ausgesetzt wurde, und der Werkstoff ADI-9001 basieren auf demselben Ausgangsgefüge mit ähnlicher Graphitkugel-

Page 57: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 51

größe. Da beide Werkstoffe sich durch einen ähnlichen Mittelwert der Mikrohärte auszeichnen, wird dieser daher nicht durch die verkürzte isotherme Wärmebehandlung beeinflusst. Unterschiede ergeben sich allerdings in der Mikrohärteverteilung, die auf eine Umwandlung der metastabilen Restaustenitbereiche im ADI-9003 hinweist.

Der Vergleich der Mikrohärten zeigt, dass die Streuung der Härtewerte einen herstellungsspezifi-schen Kennwert darstellt. Der Gießprozess, die Legierungszusammensetzung und die Wärmebe-handlung können eine derartige Streuung der Härtewerte verursachen. Dies lässt sich durch den Vergleich mit einem ADI-900, der im Pressgießverfahren (Squeeze-Casting) hergestellt wurde (ADI-900*), bestätigen. Das Squeeze-Casting ist ein Kokillenguss, bei dem der Werkstoff unter hohem Druck erstarrt /ADIT98/. Es entsteht dadurch ein extrem homogenes Gefüge. Trotz dersel-ben Wärmebehandlungsparameter wie beim ADI-9001 und einer dementsprechend ähnlichen mittle-ren Mikrohärte wird bei diesem Werkstoff eine Zugfestigkeit von bis zu Rm � 1400 N/mm² bei einer Bruchdehnung von A � 16% gemessen. Der mittlere Graphitkugeldurchmesser ist bei diesem Guss-eisen mit DK � 12 µm äußerst klein. Die sehr geringe Mikrohärteschwankung spiegelt die gute Ho-mogenität des Gefüges des ADI-900* wider.

Der Vergütungsstahl 42CrMo4+QT mit einer vergleichbaren Nennzugfestigkeit wie ein ADI-900 besitzt nach Bild 5-3 b eine deutlich geringere Mikrohärte. Ein geringer abrasiver Freiflächenver-schleiß wie er in den Vorversuchen festgestellt wurde ist somit verständlich.

Bei einer unsachgemäßen Wärmebehandlung, einer unausgewogenen Legierungszusammensetzung aber auch in der Randzone von hochqualitativen Werkstücken können einzelne Perlitnester entste-hen. Inwieweit sich derartige Perlitzonen auf die Gefügehomogenität auswirken wurde ebenfalls durch eine Mikrohärteanalyse untersucht. Dazu wurde die Härte von Perlit in unterschiedlichen Werkstoffen verglichen (Bild 5-3 c). Es ergibt sich eine Bandbreite von HV = 245 - 430 HV, wobei die Härte des Perlits im ADI-900 deutlich nach oben abweicht. Die Unterschiede in den Perlithärten ergeben sich durch den Kohlenstoffgehalt des Perlits. Durch einen hohen Kohlenstoffgehalt bildet sich ein sehr feinstreifiger und zementithaltiger Perlit aus. Dieser entsteht beim ADI dadurch, dass bei der Austenitisierung sehr viel Kohlenstoff im Austenit gelöst wird. Ein daraus entstandener Per-lit hat eine extreme Härte, die sogar die Härte des austenitisch-ferritischen Gefüges übertrifft.

5.1.3 Strukturanalyse mittels „Heat Tinting“

Die Existenz großer Streuungen in der Mikrohärte lässt darauf schließen, dass innerhalb des auste-nitisch-ferritischen Gefüges graduelle Unterschiede in der Gefügezusammensetzung herrschen. Ei-ne Ursache für eine derartige Mikrohärtestreuung ist eine ungleichmäßige Anreicherung des Auste-nits mit Kohlenstoff ggf. durch die Seigerung von Legierungsbestandteilen. Dies kann bis zur Bil-dung von metastabilem Restaustenit und Martensit führen. Nach einer konventionellen Nitalätzung sind in einer licht- bzw. in einer elektronenmikroskopischen Gefügeuntersuchung keine dieser Ge-fügebestandteile zu identifizieren. Dies gilt auch für die Randzone einer spanend bearbeiteten Ober-fläche, die durch die Reibung der Freifläche eine starke plastische Verformung und Verfestigung aufweist. Eine verformungsinduzierte Martensitbildung ist nicht zu ermitteln. Eine Möglichkeit zur Identifizierung von Martensit im Gefüge bietet die Transelektronenmikroskopie (TEM) /VUOR86/, die allerdings ein sehr aufwendiges Verfahren darstellt. Da eine genauere Phasencharakterisierung

Page 58: Adi

52

für die Beurteilung der ADI-Werkstoffe und der darin ablaufenden Umwandlungsmechanismen erforderlich ist, ergibt sich daher die Forderung nach einer leistungsstärkeren aber einfachen metal-lographischen Analysetechnik.

Eine Möglichkeit bietet ein in der Literatur erwähntes aber nur sehr ungenau beschriebenes Ätzver-fahren, das so genannte „Heat Tinting“ (Anlauffarb-Ätzen) /KOVA87, GANG84, SIDJ96/. Bei die-sem Verfahren wird eine Werkstoffprobe mit einer 2 - 4% Nitallösung (HNO3) leicht angeätzt und dann im Ofen über eine längere Zeit erwärmt. Durch das Ätzen werden die einzelnen Phasen freige-legt und dadurch die Korngrenzen sichtbar gemacht. Die Farbgebung geschieht bei der Erwärmung unter einer sauerstoffhaltigen Atmosphäre durch eine unterschiedliche Oxidation der Gefügebe-standteile.

Für die hier untersuchten ADI-Sorten wurden in mehreren Versuchen folgende ideale Randbedin-gungen für den Ätzprozess ermittelt:

1. Ätzung unter 2% Nital für 15 s 2. Trocknen nach dem Ätzen 3. Wärmebehandlung in Luft bei 260 °C für 3,5 h

Nach der Wärmebehandlung lassen sich die Gefügephasen den folgenden Farben zuordnen:

� bainitischer Ferrit: hell beige � reagierter hoch-kohlenstoffhaltiger Austenit: dunkel beige bis leicht orange � unreagierter Restaustenit: purpurn über violett bis leicht blau � Martensit: dunkelblau � Karbide: weiß

Mit Hilfe dieser Technik können die Gefügebestanteile und insbesondere Gefügeinhomogenitäten einfach und gut erkannt werden (Bild 5-4). So lassen sich zum Beispiel die Gefüge der Varianten ADI-9001 und ADI-900* gut gegeneinander abgrenzen. Im ADI-9001 sind in einigen Werkstückbe-reichen offensichtliche Seigerungszonen vorhanden. Der Austenit wird in diesen Zonen nicht voll-ständig durch Kohlenstoff stabilisiert. Im Extremfall kommt es zu Karbidausscheidungen. Im ADI-900* sind diese Bereiche praktisch nicht vorhanden. Dieser Werkstoff erstarrt durch das Squeeze-Casting sehr schnell. Aus diesem Grund bildet sich eine sehr geringe Korngröße mit dementspre-chend kurzen Seigerungswegen aus. Die Konzentrationsunterschiede der Legierungselemente sind daher gering und das austenitisch-ferritische Gefüge wird sehr homogen.

Aus den Untersuchungen über die Mikrohärteverteilung und die Gefügehomogenität mittels „Heat Tinting“ lassen sich erste Korrelationen zum Verschleißverhalten der Schneidwerkzeuge erkennen. Die Härte ist dabei ein wesentliches Kriterium, das den abrasiven Verschleiß in einem tribologi-schen Kontakt bestimmt (Kapitel 4.2.1). Sie ist bei Gusswerkstoffen allerdings eine Mischhärte aus Graphit und Basisgefüge. Auf Grund dieser heterogenen Struktur muss sie daher über die Mikrohär-te des metallischen Basisgefüges beschrieben werden. Ein Gusswerkstoff verfügt über eine höhere Mikrohärte als ein entsprechender Stahlwerkstoff mit gleicher Festigkeit. Der ADI-900 hat einen Mikrohärtemittelwert, der den des Vergütungsstahls 42CrMo4+QT um ca. 30% übertrifft. Es ist somit mit einem erhöhten Freiflächenverschleiß zu rechen, der durch die Vorversuche bestätigt wird.

Page 59: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 53

200 µm200 µm

50 µm50 µm

200 µm200 µm

50 µm50 µm

50 µm50 µm

50 µm50 µm

fehlerfreies Gefüge in ADI-900

Karbide im Gefüge von ADI-900

Gefüge von ADI-900*

schlechtes Gefüge in ADI-9001a)

b)

c)

Bild 5-4: Gefügeauswertung mittels „Heat Tinting“

Microstructure analysis by heat tinting

Page 60: Adi

54

Die Gefügehomogenität und die da-mit verbundene Streuung der Mikro-härte wirken sich ebenfalls auf den Freiflächenverschleiß aus. Bild 5-5 verdeutlicht diesen Einfluss der Ge-fügequalität durch einen Vergleich der Verschleißentwicklung an der Freifläche bei einer Langdrehbearbei-tung. Ein Gefüge mit eindeutigen Fehlstellen wie das mit den in Bild 5-4 c dargestellten Karbiden führt zu einem größeren Freiflächen-verschleiß. Eine metallographische Analyse zeigt weiterhin, dass dieser durch Schneidkantenausbrüche ge-kennzeichnet ist. Im Gegensatz dazu können durch das sehr homogene Gefüge des im Pressguss hergestell-ten ADI-900* (Bild 5-4 b) Standzeit-verbesserungen von über 25% er-reicht werden.

5.1.4 Analyse der Adhäsionsneigung im Stift-Scheibe-Tribometer

Die Neigung eines Werkstoffes zur Adhäsion insbesondere im Kontakt mit Schneid- oder Beschich-tungswerkstoffen ist für die Beurteilung der Zerspanbarkeit ebenfalls eine wichtige Größe. Im Ge-gensatz zur Abrasion lässt sich dieses Werkstoffverhalten allerdings nicht durch einen oder mehrere Werkstoffkennwerte vorhersagen. Nach dem Kenntnistand aus der Tribologie (siehe auch Kapitel 4.2.2) hängen Art und Ausprägung von Adhäsionseffekten von vielfältigen Einflussgrößen ab. Dazu gehören das Formänderungsvermögen und die dafür ursächliche Anzahl der vorhandenen kristal-lographischen Gleitsysteme, die chemischen und mikrostrukurellen Eigenschaften der Grenzschich-ten sowie die Elektronenstruktur der Kontaktpartner. Für die Größe des adhäsiven Verschleißvolu-mens kommen als Einflussfaktoren die Höhe der Normalkraft und die Grenzflächentemperatur so-wie die bruchmechanischen Eigenschaften der Kontaktpartner hinzu.

Bei der Zerspanung sind die Kontaktverhältnisse zwischen Span und Spanfläche durch extreme mechanische und thermische Bedingungen gekennzeichnet, die im üblichen tribologischen Kontakt nicht vorliegen. Bei der Zerspanung eines ADI-900 mit einer planen Wendeschneidplatte (� = -6°) lässt sich bei einer Spanungsdicke von h = 0,2 mm eine Kontaktbreite von etwa hk = 0,22 mm er-mitteln. Aus der für diesen Bearbeitungsfall messbaren mittleren bezogenen Schnittkraft Fc’ = Fc/b von Fc’ = 420 N/mm ergibt sich eine Flächenbelastung von ca. 2000 N/mm². Es ist davon auszuge-hen, dass bei voller Kontaktbreite die tatsächlich auftretende maximale Schnittkraft auf Grund der dynamischen Ausprägung des Zerspanungsprozesses weit über der mittleren Schnittkraft liegt. Die wirkende Flächenbelastung wird daher deutlich über 2000 N/mm² liegen. Die mittleren bezogenen Schnittkräfte der anderen Gusseisenwerkstoffe liegen leicht unterhalb denen des ADI-900 (GJS-

0

0,05

0,1

0,15

0,2

0,25

0,3

0,35

0,4

0 5 15 20 25

Schnittzeit tc / min

Vers

ch

leiß

ma

rken

bre

ite

VB

/ m

m

10

ADI-900*

ADI-9001

ADI-900 (fehlerhaft)

ADI-900*ADI-900*

ADI-9001ADI-9001

ADI-900 (fehlerhaft)ADI-900 (fehlerhaft)

Längsdrehenvc = 160 m/minf = 0,2 mmap = 1 mm κ = 75°, γ = -6°, λs = -6°HC-K10 (Ti(C,N)-Al2O3-TiN) Trockenbearbeitung

Bild 5-5: Freiflächenverschleiß bei der Zerspanung unterschiedlicher ADI-900 Varianten

Flank wear when machining ADI-900 of

different qualities

Page 61: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 55

400: 390 N/mm, GJS-700: 410 N/mm). Die Kontaktfläche bei der Zerspanung des GJS-700 ist ähn-lich der des ADI-900, die des GJS-400 ist etwas größer. Der Vergütungsstahl 42CrMo4+QT ist durch eine wesentlich höhere mittlere bezogene Schnittkraft gekennzeichnet, allerdings bei einer deutlich größeren Kontaktfläche. Die angenommene minimale Kontaktspannung von 2000 N/mm² ist somit auch für die anderen Werkstoffe realistisch.

Für eine versuchstechnische Ermittlung des Adhäsionsverhaltens von ADI gegenüber anderen Werkstoffen müssen die in der Zerspanzone vermuteten Normalbelastungen und Gleitgeschwindig-keiten nachgebildet werden. Dies wurde mit einem speziellen Tribometer realisiert (Bild 5-6), das von RAEDT und KRIEG für die Untersuchung der tribologischen Bedingungen bei der Kaltmassiv-umformung bzw. zur Charakterisierung von umweltverträglichen Schmiermitteln entwickelt wurde /RAED02, KRIE01/. Dieser Analogieprüfstand, der sich insbesondere durch die Möglichkeit aus-zeichnet die erforderlichen hohen Normalkräfte aufzubringen wurde entsprechend modifiziert, um einen Kontakt zwischen Versuchs- und Schneidwerkstoff nach Bild 5-6 oben rechts zu realisieren. Als Schneidstoff wurde ein unbeschichtetes Hartmetall der Anwendungsgruppe K10 gewählt und mit verschiedenen ADI-Sorten, konventionellen Gusswerkstoffen sowie Vergütungsstahl 42CrMo4+QT gepaart. Die Kontaktzeit war jeweils 180 s.

Spindelkasten Zwischenscheibe Gegenkörper Probenhalter Andrückzylinder

Zahnriemen Gestell Antriebsmotor

Probe

vc

ϕ = 3°

Geg

enkö

rper

Bild 5-6: Aufbau des Stift-Scheibe-Prüfstands

Set-up of tribological test bed

Zur Bewertung der Adhäsion im Zerspanungsprozess ist es auf Grund der gemessenen Schnittkräfte und Kontaktflächen erforderlich Kontaktspannungen in der Reibzone 2000 N/mm² zu erreichen. Diese Kontaktspannungen liegen damit oberhalb der Fließgrenze der untersuchten Werkstoffe. Eine theoretische Abschätzung der hierfür notwendigen Normalkräfte im Prüfstand nach Hertz

Page 62: Adi

56

(FN > 500 N bei einem Zylinder/Fläche-Kontakt) ist somit nicht möglich, da diese von einer elasti-schen Verformung ausgeht.

Aus diesem Grund wurden zusätzlich Simulationen mit der finiten Elemente Methode durchgeführt, um genauere Informationen über die Höhe der Kontaktspannungen zu bekommen. Die verwendeten Fließkurven basieren auf Stauchversuchen, die in Kapitel 5.2.1 beschrieben werden. Aus der Simu-lation ergibt sich eine geeignete Normalkraft von FN = 1000 N, die zu den maximalen Kontaktspan-nungen �max = 2950 N/mm² (ADI-900), �max = 2110 N/mm² (GJS-400), �max = 2670 N/mm² (GJS-700) und �max = 2890 N/mm² (42CrMo4+QT) führt. Diese Kontaktspannungen stimmen für die jeweiligen Werkstoffe hinreichend mit den diskutierten Verhältnissen in der Kontaktzone bezüglich Schnittkraft und Kontaktfläche überein.

Normalkraft FN = 1000 N Gleitgeschwindigkeit vgl = 100 m/min Kontaktzeit t = 180 s

ADI-9002 ADI-10502

GJS-700 GJS-400 42CrMo4V

ADI-1200

2 mm2 mm

Abplatzungen

Breite der Kontaktfläche der untersuchen K10-Hartmetalle

Bild 5-7: Kontaktflächen der bei verschiedenen Werkstoffen eingesetzten K10-Hartmetall-reibproben

Contact surfaces of applied tungsten carbides

Eine Auswertung der Kontaktflächen der im Analogieversuch eingesetzten K10-Hartmetalle zeigt für alle untersuchten Werkstoffpaarungen Materialanhaftungen in und um die Kontaktzone (Bild 5-7). Bei den ADI-Werkstoffen führen diese Anhaftungen zu Abplatzungen in der Kontaktzo-ne. Für die konventionellen Gusswerkstoffe GJS-400 und GJS-700 sind diese allerdings nicht vor-

Page 63: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 57

zufinden. Bei dem Vergütungsstahl 41CrMo4+QT befindet sich eine Abplatzung außerhalb der Kontaktzone. Weiterhin ist für alle Werkstoffe bis auf den sehr weichen GJS-400 ein abrasiver Ma-terialabtrag erkennbar.

Eine genauere Analyse der Kontaktzone im Querschliff verdeutlicht den Mechanismus des Materi-alabtrags (Bild 5-8). Während des Reibkontakts setzt sich Werkstoff auf der Werkzeugschneide bis zu einer Dicke von mehreren 1/100 mm ab und bildet eine sehr feste Grenzfläche. Durch die anlie-gende Reibkraft wird eine hohe Schubspannung in das Gefüge des Schneidstoffs induziert. Dies führt zu einer Rissbildung innerhalb des Schneidstoffs. Die Risse laufen schräg in das Material, wie es bei einem Spannungszustand unter Schub erwartet wird.

Bei einem Reibkontakt zwischen dem Versuchswerkstoff ADI-900 und anderen Schneidstoffen zeigen sich weitere Einflüsse. Bei einem unbeschichteten Hartmetall der Anwendungsgruppe P10 sind adhäsive Anhaftungen deutlich geringer ausgeprägt als bei einem HM-K10. Es kommt in die-sem Fall nicht zu Abschieferungen in der Kontaktzone. Bei der Anwendung von Beschichtungen zeigen insbesondere oxidische Al2O3-Beschichtungen sehr geringe bis keine Materialanhaftungen. Bei TiN oder TiCN-Deckschichten sind diese vorhanden, führen aber nur selten zu einem Abplat-zen der Beschichtung.

Normalkraft FN = 1000 N Gleitgeschwindigkeit vgl = 100 m/min Kontaktzeit t = 180 s

ADI-9002 GJS-700600 µm600 µm

30 µm30 µm

Bild 5-8: Querschliffe der eingesetzten Reibproben

Cross section of applied sliding samples

Die vorgestellten Ergebnisse zeigen, dass Adhäsionseffekte bei der Zerspanung von ADI mit guss-typischen K10-Hartmetallen als Verschleißursache auftreten können. Dies gilt vor allem für die Kontaktzone zwischen Span und Spanfläche, in der sich durch die kleine Kontaktfläche große Kon-taktdrücke aufbauen. Die tatsächlichen Verhältnisse werden im Analogieversuch aber nur annä-

Page 64: Adi

58

hernd abgebildet. Gegenstand weiterer Untersuchungen ist es daher, die Vorgänge und Belastungen in der Zerspankontaktzone genauer abzubilden, um die Bedingungen für Adhäsion zu überprüfen.

5.2 Werkstoffverhalten bei hohen Dehnungen und Dehngeschwindigkeiten

Neben den Reibbedingungen in den Kontaktzonen bestimmen die Umformvorgänge während der Zerspanung Art und Form der entstehenden Späne sowie die mechanischen und thermischen Belas-tungen des Schneidkeils. Nach der klassischen Spanbildungstheorie entsteht der Span durch Sche-rung in der so genannten Scherzone (primäre Scherzone) und fließt über die Spanfläche ab. Durch Reibung zwischen Span und Spanfläche wird die Spanunterseite ein weiteres Mal geschert (sekun-däre Scherzone), bis der Span aufgrund seiner Krümmung von dieser abhebt. Je nach Verschleiß an der Freifläche bzw. je nach der Ausbildung der Schneidkante kann auch die neu erzeugte Oberflä-che verformt werden (tertiäre Scherzone).

Es ist bekannt (siehe Kapitel 2.1.2.2), dass sich der Austenit im ADI-Gefüge bei einer Verformung in Martensit umwandeln kann. Diese Eigenschaft wird in der Anwendung nutzbar gemacht, indem durch Kugelstrahlen oder Festwalzen eine Oberflächenverfestigung erzielt wird, mit der die Dauer-festigkeit deutlich gesteigert werden kann.

Es ist davon auszugehen, dass Umwandlungsvorgänge und eine damit verbundene Verfestigung auch bei der Zerspanung von ADI eine Rolle spielen. Das plastische Verformungsverhalten von ADI und den Vergleichswerkstoffen wird im Folgenden daher eingehend untersucht, um die Phä-nomene bei der Zerspanung von ADI tiefgehender analysieren zu können.

5.2.1 Stauchversuche an Schulterproben

Um eine erste Basis für die Einordnung der plastomechanischen Eigenschaften von ADI-900 im Vergleich zu konventionellen Gusseisenwerkstoffen und zu Vergütungsstahl ähnlicher Festigkeit zu bekommen, wurden Stauchversuche auf einer konventionellen Presse durchgeführt. Eingesetzt wur-den Schulterproben mit den Abmessungen Ø30 x 15 / Ø15 x 30 / Ø30 x 15 mm (Bild 5-9 links). Die Geometrie dieser Schulterprobe stellt sicher, dass die Verformung hauptsächlich zwischen den Schultern stattfindet. Die ermittelten Kraft-Weg-Verläufe werden somit wenig durch Reibvorgänge zwischen Probe und Stauchplatte verfälscht. Außerdem entsteht ein mehrachsiger Spannungszu-stand in den Kehlen der Probe, so dass bei mäßigen Stauchgraden sehr große Verformungsgrade auftreten und somit Aussagen über das Materialversagen gemacht werden können.

Die Ergebnisse der Stauchversuche sind in Bild 5-9 dargestellt. Markant ist vor allem der deutlich größere Verfestigungsgrad des ADI-900 im Vergleich zum Vergütungsstahl und zu den konventio-nellen Gusseisensorten. Bis auf den ADI haben alle Werkstoffe nahezu denselben Anstiegswert der Stauchkraft über dem Stauchgrad. Metallische Werkstoffe besitzen im Allgemeinen ein real verfes-tigendes plastisches Materialverhalten nach Gleichung 5–5. Die Zustandsgrößen werden hier und in folgenden Formulierungen anhand der in der Werkstofftechnik üblichen Bezeichnung wahre Span-nung �, wahre plastische Dehnung � und wahre Dehngeschwindigkeit ε� angegeben.

Page 65: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 59

nK ε⋅=σ 5–5

mit σ [MPa] wahre Spannung (Fließspannung)

K [MPa] Werkstoffparameter

ε wahre plastische Dehnung

n Verfestigungsexponent

Schulterprobe: Ø30x15 / Ø15x30 / Ø30x15 mmÜbergangradien: 2,5 mm

Stauchprobe

42CrMo4+QT ADI-9000

100

200

300

400

500

600

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%

EN-GJS-400-15

EN-GJS-700-2

42CrMo4+QT

EN-GJS-900-7 (ADI 9001)

: Bildung von Makrorissen

: Bruch

Stauchgrad

Sta

uchk

raft

/ N

0

100

200

300

400

500

600

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%

EN-GJS-400-15

EN-GJS-700-2

42CrMo4+QT

EN-GJS-900-7 (ADI 9001)

EN-GJS-400-15EN-GJS-400-15

EN-GJS-700-2EN-GJS-700-2

42CrMo4+QT42CrMo4+QT

EN-GJS-900-7 (ADI 9001)EN-GJS-900-7 (ADI 9001)

: Bildung von Makrorissen

: Bruch

Stauchgrad

Sta

uchk

raft

/ N

Bild 5-9: Kraft-Weg-Verlauf und Rissbildung im Stauchversuchen an Schulterproben

Force-displacement diagram of compression tests

Übliche Werte für den Ver-festigungsexponenten liegen zwischen 0 und 0,2. Die Fließspannung nimmt somit degressiv mit der Dehnung zu. Ab einem Stauchgrad von 20 – 30% zeigt sich eine linear bis progressive Steigung der Stauchkurve. Dies ist auf den Größenef-fekt zurückzuführen. Die zwischenzeitliche Abnahme der Stauchkraft beim Ver-gütungsstahl stimmt mit der Entstehung von Makroris-sen überein (Bild 5-9 links). Alle Stauchproben der Gusseisenwerkstoffe versa-gen bei einer ersten Entste-hung von Makrorissen voll-ständig. Der Vergütungs-

1 mm

plast. Dehnung

2

0

1

1 mm

1 mm

plast. Dehnung

2

0

1

1 mm

plast. Dehnung

2

0

1

1 mm

Bild 5-10: Visualisierung der verformten Zone im Schulterbe-reich der Probe

Visualisation of the deformed area at the shoulder of

the sample

Page 66: Adi

60

stahl ist nach der Rissbildung weiter verformbar. Kennzeichnend für die Duktilität des ADI ist ein Stauchgrad von kurz unter 40% bis zum Versagen der Probe. Dieser Wert liegt nur leicht unter dem von ferritischem Gusseisen mit Kugelgraphit, bei allerdings nahezu doppelter Stauchkraft. Festzu-halten bleibt, dass auch die hochduktilen Gusswerkstoffe bei einer Rissbildung versagen.

Die Messwerte der Stauchkurven wurden dazu genutzt, um iterativ eine Fließkurve nach Gleichung 5–5 zu ermitteln. Mit Hilfe dieser Fließkurven wurden FE-Simulationen durchgeführt und mit den Querschnitten der gestauchten Proben verglichen (Bild 5-10). Kennzeichnend für die ADI-Probe ist eine abweichende Verformungskontur. Auf Grund der starken Verfestigung in der verformten Keh-le weicht die Verformung in weniger verfestigte Bereiche. Der maximale Umformgrad im Kehlen-bereich ist für die ADI-Probe bei gleichem Stauchgrad daher um ca. 35% geringer als bei einer Pro-be aus 42CrMo4+QT.

Der gestauchte Querschnitt wurde mit dem in Kapitel 5.1.3 beschriebenen „Heat Tinting“-Verfahren untersucht (Bild 5-10). Ein Vergleich zwischen Stauchprobe und Simulation zeigt, dass der stark umgeformte Bereich in Abhängigkeit des Umformgrades hell blau eingefärbt ist. Dunkel-blaue Gefügebestandteil sind nach Kapitel 5.1.3 ein Hinweis auf Martensit im Gefüge. Die hell-blauen Bereiche deuten auf die Existenz von Verformungsmartensit hin. Dies ist allerdings näher zu untersuchen.

5.2.2 Schlag-Druck Versuche mit dem Split-Hopkinson-Bar

Die in Kapitel 5.2.1 beschriebenen Fließkurven sind für eine genaue Analyse der Umformvorgänge in der Spanwurzel sowie als Basis für eine Simulation des Zerspanprozesses nicht ausreichend. Da die Umformvorgänge während der Spanbildung bei sehr hohen Geschwindigkeiten ablaufen, sind einerseits Informationen über die Geschwindigkeitsabhängigkeit der Fließspannung erforderlich. Andererseits muss die Temperaturabhängigkeit der Fließspannung ermittelt werden, da die bei den hohen Dehngeschwindigkeiten aus der Umformarbeit entstandene Wärme nicht schnell genug ab-fließen kann. Die daraus resultierende Erweichung muss bei den Vorgängen in der Zerspanzone berücksichtigt werden.

Aus diesen Gründen wurden neben quasistatischen ( ε� = 0,001 s-1) und schnellen Umformversuchen ( ε� = 50 s-1) Schlag-Druck-Versuche mit dem Split-Hopkinson-Bar durchführt. Auf diese Weise wurde zusätzlich das mechanisch-plastische Materialverhalten von ADI und anderen Gusseisensor-ten mit Kugelgraphit bei wahren Dehngeschwindigkeiten im Bereich 103 s-1 � ε� � 104 s-1 ermittelt.

Grundlage des Versuchs mit dem Split-Hopkinson-Bar ist die Theorie der elastischen Wellenaus-breitung (Bild 5-11). Zwischen zwei Stäben befindet sich eine Probe mit einem kleineren Quer-schnitt als dem der Stäbe. Eine beschleunigte Masse trifft auf den Eingangsstab. Durch diese schlagartige Belastung wird eine Druckwelle induziert, die den Eingangsstab mit der Geschwindig-keit c durchläuft und über die Dehnung mit einem Dehnungsmessstreifen gemessen wird (�i). Beim Erreichen der Kontaktstelle von Eingangsstab und Probe wird die Welle aufgrund der Querschnitts-änderung in einen durchgehenden und einen reflektierenden Anteil aufgeteilt (�r & �0). Dies führt zu einer plastischen Verformung der Probe. Der im Ausgangsstab ankommende verbleibende Anteil der Welle wird durch den zweiten Dehnungsmessstreifen erfasst (�0) /TREP01/.

Page 67: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 61

Bei Annahme einer linear ausbreitenden Druckwelle lässt sich die wahre Dehngeschwindigkeit in der Probe über die Differenz der Eingangsgeschwindigkeit u1 zur Ausgangsgeschwindigkeit u2 im Verhältnis zur Anfangslänge der Probe ls ermitteln /GRAY97/:

s

21

l

uu −=ε� 5–6

AusgangsstabProbe

Lager

Eingangsstab

ε0

εr

εi

u2

u1

Projektil

Bild 5-11: Prinzip des Split-Hopkinson-Bar-Versuchs

Principle of Split-Hopkinson-bar test

Werden beide Geschwindigkeitsanteile u1 und u2 in Abhängigkeit von den Dehnungen in den Stä-ben beschrieben, ergibt sich daraus die wahre Dehngeschwindigkeit in der Probe nach Gleichung 5–7. Die wahre plastische Dehnung lässt sich daraus über die Integration über die Zeit ermitteln (Glei-chung 5–8). Die wahre Spannung wird über das Kräftegleichgewicht an der Probe bestimmt (Glei-chung 5–9) /GRAY97/:

s

r

l

c2 ε=ε� 5–7

� ε=ε

t

0

rs

dtl

c2 5–8

s

0

A

AEε=σ 5–9

mit ε� [N] wahre Dehngeschwindigkeit

c [m/s] Ausbreitungsgeschwindigkeit der Druckwelle in den Stäben

εr Reflexionsdehnung

ls [mm] Probenlänge

Page 68: Adi

62

ε [N] wahre plastische Dehnung

σ [N/mm²] wahre Spannung

A [mm²] Stabquerschnitt

E [N/mm²] Elastizitätsmodul des Stabes

As [mm²] Probenquerschnitt

ε0 Ausgangsdehnung

Mit Hilfe der Schlag-Druck-Versuche wurden die Werkstoffe GJS-400, GJS-700, ADI-9002 und ADI-1200 untersucht. Für einen Vergleich zu Stahl lagen ebenfalls Ergebnisse eines 42CrMo4+QT bei unterschiedlichen Vergütungsfestigkeiten vor /LFW03/. Die praktischen Versuchsdurchführun-gen erfolgten auf Einrichtungen des LFW der RWTH-Aachen. Dazu wurden Proben mit den Ab-messungen Ø4 x 4 mm hergestellt, getestet und anschließend metallographisch untersucht.

Die Ergebnisse der quasistatischen und schellen Umformversuche sind in Bild 5-12 dargestellt, die der Schlag-Druck-Versuche denen in Bild 5-13 gegenübergestellt. Die quasistatischen Versuche zeigen ähnliche Ergebnisse wie sie bereits an den Schulterproben festgestellt wurden. Besonders erwähnenswert erscheint die Tatsache, dass die starke Verfestigung, gekennzeichnet durch den An-stiegswert der Spannung über der Stauchung, nur bei dem duktilen ADI-900 festgestellt werden kann. Der ADI-1200 zeigt dagegen ein ähnliches Verfestigungsverhalten wie die anderen Guss-werkstoffe mit Kugelgraphit. Da auch dieser Werkstoff ein austenitisch-ferritisches Gefüge besitzt, sollte bei einer Verformung auch hier eine Umwandlung von Austenit in Martensit erwartet werden.

Bei einer erhöhten Dehngeschwindigkeit von ε� = 50 s-1 ist die Verfestigung ebenfalls zu erkennen. Diese ist allerdings wesentlich geringer ausgeprägt, da der adiabate Charakter der Umformung zu-nimmt und die Probe mit einer zunehmenden plastischen Dehnung thermisch erweicht.

0

500

1000

1500

2000

2500

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8

wahre Stauchung / %

wah

re S

pan

nu

ng

/ M

Pa

0

500

1000

1500

2000

2500

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8

0

500

1000

1500

2000

2500

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8

wahre Stauchung / %

wah

re S

pan

nu

ng

/ M

Pa

GJS-400

GJS-700

ADI-9002

ADI 1200

GJS-400

GJS-700

ADI-9002

ADI 12000

500

1000

1500

2000

2500

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8

wahre Stauchung / %

wah

re S

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nu

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0

500

1000

1500

2000

2500

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8

0

500

1000

1500

2000

2500

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8

wahre Stauchung / %

wah

re S

pan

nu

ng

/ M

Pa

1s001,0 −=ε� 1s50 −=ε�

Probe

Ø4 mmx 4 mm

Bild 5-12: Quasistatische Stauchversuche und Stauchversuche mit erhöhter Dehngeschwindig-keit

Quasi-static compression tests and compression tests at higher strain rate

Page 69: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 63

In den Fließkurven der Schlag-Druck-Versuche (Bild 5-13) ist eine ungleichförmige Ausbreitung der Verformung erkennbar, die mit der Festigkeit der untersuchten Werkstoffe ansteigt. Dies führt insbesondere bei geringen Dehnungen zu erheblichen Schwankungen in der entsprechenden Fließ-spannung (z.B. ADI-1200). Außerdem lassen sich Aussagen über das Bruchverhalten der untersuch-ten Werkstoffe bei hohen Dehngeschwindigkeiten machen. Hierbei erscheint interessant, dass sich die Stauchgrenze beim Bruch über alle Werkstoffe mit steigender Nennfestigkeit reduziert. Trotz der bei der Verformung der Schulterproben festgestellten hohen Duktilität ist eine hohe plastische Verformbarkeit des ADI-900 bei hohen Dehngeschwindigkeiten daher nicht feststellbar.

0

500

1000

1500

2000

2500

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

0

500

1000

1500

2000

2500

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

wahrer Stauchgrad

wah

re S

pa

nn

un

g / M

Pa

0

500

1000

1500

2000

2500

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

0

500

1000

1500

2000

2500

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

wahrer Stauchgrad

wah

re S

pan

nu

ng

/ M

Pa

0

500

1000

1500

2000

2500

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

0

500

1000

1500

2000

2500

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

wahrer Stauchgrad

wah

re S

pa

nn

un

g / M

Pa

ADI-9002

EN-GJS-400-15 EN-GJS-700-2

wahrer Stauchgrad

wah

re S

pa

nn

un

g / M

Pa

ADI-1200

0

500

1000

1500

2000

2500

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

0

500

1000

1500

2000

2500

0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0

1s 1894 −=ε�1s 2625 −=ε�1s 3675 −=ε�1s 4638 −=ε�1s 6820 −=ε�

1s 1808 −=ε�1s 2891 −=ε�1s 3699 −=ε�1s 4912 −=ε�1s 7169 −=ε�

1s 1921 −=ε�1s 3900 −=ε�1s 5062 −=ε�1s 5967 −=ε�1s 6288 −=ε�

1s 2978 −=ε�1s 3867 −=ε�1s 4245 −=ε�1s 4932 −=ε�

Bild 5-13: Ergebnisse der Schlag-Druck-Versuche

Results of Split-Hopkinson-bar test

Um das Bruchverhalten näher zu charakterisieren, wurde in Bild 5-14 der wahre Stauchgrad beim Bruch über der Dehngeschwindigkeit für die untersuchten Werkstoffe aufgetragen. Der plastische Stauchgrad beim Bruch liegt für ADI-900 im gesamten untersuchten Geschwindigkeitsbereich un-terhalb dem des GJS-700, der im quasistatischen Fall dagegen eine geringere Bruchdehnung besitzt. Weiterhin ist zu beobachten, dass beim GJS-400 der Stauchgrad beim Bruch mit der Dehnge-schwindigkeit zunimmt. Bei allen anderen Werkstoffen ist diese Tendenz entgegengesetzt.

Page 70: Adi

64

Um die Versagensmechanismen näher zu unter-suchen, wurden die Proben im verformten Zu-stand metallographisch präpariert sowie raster- und lichtmikroskopisch analysiert. Bild 5-15 zeigt die REM-Aufnahmen der vier untersuchten Werkstoffe. Alle Proben zeigen Risse in einer um 45° geneigten Ebene, die bei Annahme eines einachsigen Spannungszustands der Ebene der größten Schubspannungen entspricht. Aus dem Gefügequerschliff (Bild 5-16) ist ersichtlich, dass die Rissbildung nach einer vorgelagerten Verformungslokalisierung entsteht.

SEMIATIN und LOHOTI haben eine ähnliche Ver-formungslokalisierung bei Druckversuchen an Titan festgestellt und schematisch beschrieben (Bild 5-17) /SEMI82/. Auch wenn bei Titan die Ursachen für eine starke Lokalisierung der Ver-formung in den speziellen thermischen und thermoplastischen Materialeigenschaften zu su-chen sind (siehe dazu auch später Kapitel 6.1.1), stimmen die Erkenntnisse des schematischen Verformungsablaufes mit dem beobachten Verfor-mungszustand in der Druckprobe (Bild 5-16) überein.

EN-GJS-400-15

ADI-9002

EN-GJS-700-2

ADI-1200

881,0916,0

s 2625

B

max

1

=ε=ε −

881,0916,0

s 2625

B

max

1

=ε=ε −

937,0997,0s 2891

B

max

1

=ε=ε −

937,0997,0s 2891

B

max

1

=ε=ε −

608,0635,0s 3900

B

max

1

=ε=ε −

608,0635,0s 3900

B

max

1

=ε=ε −

335,0367,0

s 2978

B

max

1

=ε=ε −

335,0367,0

s 2978

B

max

1

=ε=ε −

Bild 5-15: REM-Aufnahmen der gestauchten Split-Hopkinson-Bar-Proben

SEM-pictures of compression samples (Split-Hopkinson-bar test)

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

1,2

1,4

1,6

0 2000 4000 6000 8000

Dehnungsgeschwindigkeit / s-1

wah

rer

Sta

uc

hg

rad

Bru

ch

0

0,2

0,4

0,6

0,8

1

1,2

1,4

1,6

0 2000 4000 6000 8000

Dehnungsgeschwindigkeit / s-1

wah

rer

Sta

uc

hg

rad

Bru

ch

GJS-400

GJS-700

ADI-9002

ADI-1200

GJS-400

GJS-700

ADI-9002

ADI-1200

Bild 5-14: Werkstoffversagen in Abhän-gigkeit von der Dehngeschwin-digkeit

Material failure as a function of

the strain rate

Page 71: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 65

1s 1894 −=ε�

2,17,0.gem −≈ϕ8,15,1.gem −≈ϕ9,05,0.gem −≈ϕ

3,28,0.gem −≈ϕ44,026,0.gem −≈ϕ3,29,0.gem −≈ϕ

Umformgrad aus Graphitkugel:

d: kleine AchseD: große Achse

��

���

�⋅=ϕ

Dd

ln5,0.gem

Beispiel

EN-GJS-400-15

Bild 5-16: Gefügeuntersuchung einer Stauchprobe aus GSJ-400

Microstrusture analysis of compression sample (GSJ-400)

Da die Reibung eine Querbewegung an den Stauchflä-chen hemmt, konzentriert sich die Verformung in der Probenmitte und an den Übergängen zur freien Ober-fläche. Es ergibt sich ein charakteristischer Druckke-gel (Bild 5-17). Folge dieser Vorgänge ist eine sehr unterschiedliche Verteilung der lokalen Dehnungen. Für den GJS-400 können bei einer gemessenen Dehn-geschwindigkeit von ε� = 1840 s-1 und einer mittleren plastischen Dehnung von � = 0,652 lokale Dehnungen von � = 0,26 bis 1,8 aus der Verformung der Graphit-kugeln ermittelt werden (Bild 5-16). Bei der Ablei-tung eines Materialgesetzes aus den ermittelten Fließ-kurven ist daher darauf zu achten, dass die Materialbe-schreibung nur bis zum Beginn der Schädigung des Werkstoffes ihre Gültigkeit besitzt.

Ste

igen

de V

erf

orm

un

g

Bild 5-17: schematischer Ablauf nach SEMIATIN /SEMI82/

Schematic compression

process

Page 72: Adi

66

5.2.2.1 Härte- und Restaustenitanalyse der Stauchproben zur Bestimmung der Auste-

nitstabilität

Eine der wesentlichen Fragen im Zusammenhang mit der spanenden Bearbeitung von ADI ist die mögliche Umwandlung von Austenit in Martensit. Es sind in der Literatur bereits Nachweise ge-führt worden (siehe dazu Kapitel 2.1.2.2), dass Austenit bei einer plastischen Verformung in Mar-tensit umklappen kann. In welcher Form dies für die Zerspanung relevant ist, ist nicht ausreichend geklärt. KRAUSE hat Gefügeveränderungen in der Scherzone und der bearbeiteten Randzone beo-bachtet, konnte aber keinen klaren Nachweis führen /KRAU89/. Andere Autoren raten zu einem erhöhten Vorschub, um eine mögliche erhärtete Randzone nicht mit der Schneidkante in Kontakt zu bringen /DAY99/. Zu diesem Vorschlag ist aber anzumerken, dass bei einer Langdrehbearbeitung das Durchtrennen einer eventuellen harten Randschicht im Bereich der Nebenschneide gar nicht vermieden werden kann. Außerdem befindet sich der größte Teil der plastischen Verformung im Bereich der Spanwurzel. Eine eventuelle Martensitbildung und die damit verbundene Verfestigung wirken sich daher unmittelbar auf die mechanischen und thermischen Belastungen der Schneidkante aus.

Zur Untersuchung dieses Phänomens wurde der Einfluss der Verformung auf die Gefügeeigen-schaften und die Gefügezusammensetzung im Rahmen dieser Arbeit mittels Mikrohärtemessung und Restaustenitanalyse untersucht (Bild 5-18). Für die Mikrohärtemessung wurde ein Universal-härtemessgerät verwendet (siehe bereits Kapitel 5.1.2). Der Restaustenitgehalt wurde röntge-nographisch ermittelt.

Die in den Stauch- und Fließkurven festgestellte Verfestigung spiegelt sich auch in der Mikrohärte wider. Im Vergleich zu allen anderen untersuchten Gusswerkstoffen steigt der Wert der Vickershär-te HV300mN nach einer quasistatischen Verformung bei ADI-900 am stärksten an. Wird der Härtean-stieg mit der bis zu diesem Zustand erreichten plastischen Dehnung in Bezug gesetzt (Bild 5-18 oben rechts), ist die Verfestigung noch deutlicher. Aus den Ergebnissen der Mikrohärte lässt sich ebenso bestätigen, dass die Härtesteigerung und damit die Verfestigung bei einem ADI-1200 weni-ger stark ausgeprägt ist. Eine Erklärung liefern die Restaustenitmessungen (Bild 5-18 unten rechts). Duktile ADI-Sorten verfügen über einen verhältnismäßig hohen Anteil an Austenit im Gefüge. Die Temperatur beim Zwischenstufenvergüten ist relativ hoch, so dass mehr Kohlenstoff diffundiert und den Austenit stabilisiert. Aus diesem Grund steht mehr Austenit zur Verfügung, der sich bei einer plastischen Verformung umwandeln kann. Sowohl für ADI-900 als auch für ADI-1200 ist nach einer quasistatischen Verformung nahezu der gesamte Austenitvorrat umgewandelt.

Da die Umformvorgänge bei der Zerspanung bei sehr hohen Dehngeschwindigkeiten und unter adi-abaten Verhältnissen ablaufen, ist zu klären, ob eine Umwandlung des Austenits auch für diese Be-dingungen erfolgt. Nach einer Verformung mit hoher Dehngeschwindigkeit ( ε� = 3900 s-1) ist die gemessene Mikrohärte für beide ADI-Werkstoffe deutlich geringer. Dies gilt ebenfalls für den um-gewandelten Anteil des Restaustenits. Im Fall des ADI-900 wird trotz einer größeren Dehnung we-niger Austenit umgewandelt. Der Grund für dieses Phänomen liegt allerdings nicht an veränderten Gefügevorgängen sondern an der ungleichmäßigen Verformung der Proben im dynamischen Stauchversuch. Durch die Lokalisierung der Verformung und die Schädigung des Werkstoffes lie-gen in der Probe Bereiche mit im Verhältnis zum Mittelwert geringeren lokalen Dehnungen vor (siehe Bild 5-16), in denen weniger Austenit umgewandelt wird.

Page 73: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 67

0100

200300400

500600700800900

Vic

kers

härt

e (3

00 m

N)

/ HV

0

5

10

15

20

25

30

ADI-900

2

ADI-900

2

ADI-900

2

ADI-120

0

ADI-120

0

ADI-120

0

Res

taus

teni

t (M

ittel

wer

t) / %

ungestaucht quasist. gestaucht dyn. gestaucht (~3700s-1)

ADI-9002

ungestauchtADI-9002

quasist. gestauchtADI-9002

dyn. gestaucht

Hea

tTin

ting

0,46

0,27

0,90

0,71

(0,6

1)

(0,2

0)

(1,3

5)

(0,6

5)

Um

form

grad

am

Ver

such

ende

0

20

40

60

80

100

120

ADI-900

2

ADI-120

0

GJS-4

00

GJS-7

00

rel.

Här

test

eige

rung

/ %

Um

form

grad

quasist. gestaucht

ADI-9002 ADI-1200 GJS-400 GJS-700

Bild 5-18: Mikrohärteprüfung (F = 300 mN) und Restaustenitanalyse der gestauchten Proben

Micro hardness measurement and analysis of residual austenite

Ein Überprüfung der Gefügeumwandlung lässt sich mit dem in Kapitel 5.1.3 beschriebenen „Heat Tinting“-Verfahren vornehmen (Bild 5-18 unten links). Sowohl in den quasistatisch als auch in den dynamisch verformten Proben ist eine Blaueinfärbung festzustellen, die auf die Bildung von Mar-tensit hinweist. Die Art der Gefügeumwandlung ist somit für hohe und niedrige Dehngeschwindig-keiten gleich.

5.2.2.2 Nanoindentierung der Phasen Ferrit und Austenit

Mit Hilfe der Mikrohärtemessung wurde das austenitisch-ferritische Basisgefüge der ADI-Werkstoffe charakterisiert und mit dem anderer Gusseisen- und Stahlwerkstoffe verglichen. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen zeigen die relativ hohe Härte dieses Mischgefüges. Austenit und Ferrit als Einzelbestandteile in konventionellen Eisenlegierungen besitzen im Allgemeinen eine verhältnismäßig geringe Härte. Die Festigkeit des Mischgefüges wird in jedem Fall durch die feine Verteilung der Gefügebestandteile erreicht. Es ergibt sich allerdings trotzdem die Fragestellung, inwieweit die beiden Gefügebestandteile Austenit und Ferrit mit denen in konventionellen Werk-stoffen vergleichbar sind.

In einem weiteren Schritt wurde die Gefügeverfestigung bei einer plastischen Verformung unter-sucht. Mikrohärtemessungen ergeben in diesem Fall eine verhältnismäßig hohe Härtesteigerung, die auf eine Umwandlung des Austenits in Martensit zurückgeführt wird. In beiden Fällen können die Mikrohärtemessungen allerdings nur eine Mischhärte des Austenits und Ferrits bestimmen, da die Einzelbestandteile in einem zu engen Abstand im Gefüge liegen. Weitere Informationen über die

Page 74: Adi

68

mechanischen Eigenschaften der Phasen Austenit und Ferrit lassen sich daher nur mit Hilfe der Na-nohärtemessung ermitteln, die auf Grund der wesentlich kleineren Härteeindrücke die beiden Pha-sen unabhängig voneinander charakterisiert.

Derartige Untersuchungen wurden von FURNEMONT ET AL. bereits an höherfesten Mehrphasenstäh-len mit gezielt erzeugtem metastabilem Restaustenit, so genannte TRIP-Stähle (TRIP = Transfor-mation Induced Plasticity) durchgeführt. Diese Werkstoffe weisen ähnliche Gefügebestandteile auf, wie sie auch im austenitisch-ferritischen Gefüge des ADI vorliegen. Sie sind mit 0,5 – 2,0% Man-gan und 1,0 – 2,0% Silizium legiert und besitzen nach einer Wärmebehandlung in der Bainitstufe ein Gefüge, das aus Ferrit, Bainit, Austenit und Martensit besteht /SCHA02, DREW99/. Die Auste-nitisierungstemperatur ist im Vergleich zur ADI-typischen Wärmebehandlung geringer (770 - 830 °C), wodurch in diesem Zustand Austenit und Ferrit gleichzeitig vorliegen. Der erhöhte Siliziumgehalt verhindert wie im ADI das Ausscheiden von Karbiden und erlaubt somit eine Anrei-cherung des Austenits mit Kohlenstoff. In den TRIP-Stählen wird der Austenit gezielt metastabil eingestellt, um bei einer Verformung in Martensit umzuwandeln. Es werden dadurch extreme Bruchdehnungen und eine hohe Energieaufnahme bei einer Verformung erreicht. Typische Anwen-dungen sind Fahrzeugstrukturteile wie Säulen, Längs- und Querträger /DREW99/.

BARBÉ et al. haben die Gefügestruktur des Restaustenit eines TRIP-Stahl der Zusammensetzung 1,87 C/1,53 Mn/1,57 Si mit Hilfe der Röntgen- und Neutronendiffraktometrie untersucht /BARB02/. Der Kohlenstoffgehalt des analysierten Austenits liegt demnach bei 1,65% und ent-spricht somit dem des metastabilen Austenits im ADI /KOVA96/. Trotz einer theoretischen Marten-sitstarttemperatur von –195 °C liegen Spuren von Martensit im Austenit vor, die mit steigender Un-terkühlung zunehmen. Die Verzerrung des Kristallgitters bei dieser Umwandlung ist hoch und ent-spricht einem Umklappmechanismus ohne Platzwechsel der in den Oktaederlücken zahlreich ge-bundenen Kohlenstoffatome. Der hierbei entstehende Martensit hat demnach eine sehr hohe Härte. Weiterhin haben BARBÉ et al. durch Verformung induzierten Martensit nachgewiesen, dessen Git-terverzerrung allerdings deutlich geringer ist. Sie schreiben dies einem anderen Umwandlungsme-chanismus zu, der einen Platzwechsel der Kohlenstoffatome in Tetraederlücken zulässt.

FURNÉMONT et al. vermuten, dass der Austenit durch den hohen Kohlenstoffgehalt kristal-lographisch verändert wird und deshalb andere mechanische Eigenschaften besitzt. Sie haben dies an einem TRIP-Stahl der Zusammensetzung 2,90 C/1,42 Mn/1,41 Si bestätigt, indem sie an allen Gefügephasen Nanoindentierungen vorgenommen haben. Es konnte festgestellt werden, dass das im Gefüge gelöste Silizium den Ferrit um ca. 25% verfestigt und der Restaustenit eine noch einmal doppelt so hohe Härte aufweist /FURN02/.

Die für die TRIP-Stähle beschriebenen Ergebnisse und Vorgänge sind auf Grund der ähnlichen kristallographischen Gefügebestandteile Austenit und Ferrit auch bei den ADI-Werkstoffen zu er-warten. Um diese beiden Phasen näher zu charakterisieren, wurden daher Härtemessungen mit ei-nem Nanoindenter eines Rasterkraftmikroskops (RKM) durchgeführt. Mit dem Rasterkraftmikro-skop können Oberflächen aus beliebigen Werkstoffen mit Hilfe einer scharfen Spitze, deren Spit-zenradius weniger als 10 nm beträgt, untersucht werden. Die Spitze befindet sich am freien Ende eines Federarms mit einer Länge von 100 bis 200 mm /GFE04/. Ein Detektorsystem misst mittels einer Laseroptik die Auslenkung des Federarms, während die Spitze über die Oberfläche des Unter-suchungsobjektes gerastert wird. Die gemessene Auslenkung des Federarms entspricht der Oberflä-

Page 75: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 69

cheninformation und wird in einer parallel laufenden Bildverarbeitung quantitativ ausgewertet und als dreidimensionales Bild dargestellt. Wird der Detektor zur Oberflächenmessung (Canilever) durch einen Nanoindenter ausgetauscht, kann durch eine kontrollierte Krafteindringkurve und die gemessene Eindringtiefe eine Nanohärte bestimmt werden (Bild 5-19). Ein Vergleich zu Literatur-daten ist allerdings nicht möglich, da die Nanohärte stark von der maximalen Eindringkraft /BARB02/ und der Form des Indenters abhängt.

Den hier durchgeführten Versuchen lagen zwei Fragestellungen zugrunde. Zum einen sollte geklärt werden, inwieweit sich die Härte der Phasen Ferrit und Austenit im Gefüge von verschiedenen ADI-Sorten unterscheiden. Zum anderen sollten die Verfestigungsvorgänge in diesen Phasen nach hohen Umformgraden näher untersucht werden.

Nanohärtemessungen wurden mit einem Hysitron TriboScope durchgeführt, das auf einem Raster-kraftmikroskop Autoprobe CP montiert war, so dass Identermessungen und Darstellungen der Ober-flächentopographie möglich waren. Proben aus ADI-900 (ADI-9002) und ADI-1200 wurden im unverformten und quasistatisch verformten Zustand (� = 0,52) metallographisch präpariert und leicht angeätzt, um die Struktur für das Rasterkraftmikroskop dreidimensional sichtbar zu machen. Auf 5 Messfeldern (jeweils 10 x 10 µm²) pro Probenvariation wurden ca. 16 Indentierungen pro Messfeld auf klaren Erhöhungen (ungeätzter Austenit) und Vertiefungen (angeätzter Ferrit) verteilt.

Die Härte des Gefügebestandteils (H) wird aus der gemessenen Krafteindringkurve berechnet. Sie ist nach der Beziehung H = Fmax/A als das Verhältnis von Maximallast Fmax zur projizierten Kon-taktfläche A definiert und wird in GPa angegeben (Bild 5-19 unten links). Die Kontaktfläche der Indenterspitze wird in Abhängigkeit von der Kontakttiefe hc kalibriert. Die Kontakttiefe hc ergibt sich über die Steigung der Entlastungskurve im Punkt (hmax;Fmax) (Bild 5-19 unten rechts). Die Steifigkeit der Entlastung wird ermittelt, indem die Entlastungskurve einer Beziehung

( )mfhhAF −= 5–10

mit F [µN] Kraft der Eindringkurve

h [nm] Eindringtiefe

A Fitparameter

hf [nm] Fitparameter

m Fitparameter

approximiert wird. Die Parameter A, hf, und m sind geeignete Fitparameter, die sich in jeder Mes-sung unterscheiden. Durch Ableitung der Gleichung 5–10 kann die Steigung der Entlastungskurve im Punkt (hmax;Fmax) bestimmt werden:

( ) ( ) 1m-fmaxmax hhAmh

dhdF

S −== 5–11

mit S [µN/nm] Steifigkeit: Steigung der Tangente in (hmax;Fmax)

hmax [nm] maximale Eindringtiefe

Page 76: Adi

70

Vertiefung (dunkel): angeätzter FerritErhöhung (hell): ungeätzter Austenit

mit Nanoindenter eingescannte Probe

1. Laser 2. Spiegel 3. Detektor4. Cantilever / Nanoindenter 5. Werkstoffprobe

1

4

2

3

5

10 µm

10 µm

Messprinzip

CubeCorner Indenter

A

hc

θθθθ

A

hc

θθθθ

Härtebestimmung aus KrafteindringkurveF

/ µ

N

hc h / nm

Fmax

AF

H max=

Höhe [nm]

40

-40

0

40

-40

0

dhdFdhdF

Bild 5-19: Prinzip der Nanoindentierung im Rasterkraftmikroskop (RKM)

Principle of nano hardness measurement with atomic force microscope (AFM)

Ein Vergleich der mittleren Nanohärte (Bild 5-20 unten links) zeigt, dass sich die Mittelwerte der jeweiligen Phasen Austenit und Ferrit im ADI-900 und ADI-1200 nur unwesentlich voneinander unterscheiden. Deutliche Unterschiede ergeben sich allerdings in der Verteilung der Härte, die in Bild 5-20 oben rechts in Form eines Histogramms dargestellt ist. Im ADI-900 sind die Härtewerte in beiden Phasen auf ein schmales Band begrenzt, wohingegen im ADI-1200 in beiden Phasen deut-liche Abweichungen zu hohen Werten festgestellt werden können. Dies lässt sich im Wesentlichen auf Eisenkarbide zurückzuführen, die sich während der Wärmebehandlung bilden. Bei den hohen Umwandlungstemperaturen, typisch für die Herstellungen von ADI-900, kann der Kohlenstoff aus dem übersättigten Ferrit in den Austenit diffundieren. Bei den geringeren Umwandlungstemperatu-ren, die für die Herstellungen von ADI-1200 typisch sind, ist die Diffusion begrenzt und es schei-den sich Karbide aus. Andere Fehlstellen werden hier ausgeschlossen, da hohe Einzelwerte in allen Messfeldern vorlagen.

Page 77: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 71

0

5

10

15

20

25

0,0bis1,0

1,0bis2,5

2,5bis4,0

4,0bis5,5

5,5bis7,0

7,0bis8,5

8,5bis

10,0

10,0bis

11,6

11,6bis

13,1

13,1bis

14,6

14,6bis16,1

Ferrit (ADI-9002)

Austenit (ADI-9002)

Ferrit (ADI-1200)

Austenit (ADI-1200)

Häu

figke

it [-

]

0

5

10

15

20

25

0,0bis2,8

2,8bis3,9

3,9bis5,1

5,1bis6,3

6,3bis7,5

7,5bis8,6

8,6bis9,8

9,8bis

10,9

10,9bis

12,1

12,1bis

13,3

13,3bis14,4

Häu

figke

it [-

]

Ferrit (unverformt)

Austenit (unverformt)

Ferrit (verformt)

Austenit (verformt)

Nanohärte / GPa (Vergleich ADI-9002 /ADI-1200, unverformt)

Nanohärte / GPa (ADI-9002 vor und nach Umformung)

0

2

4

6

8

10

12

0

2

4

6

8

10

12

Aus

teni

t(A

DI-9

002)

Ferr

it(A

DI-9

002)

Aus

teni

t(A

DI-1

200)

Ferr

it(A

DI-1

200)

mittlere Nanohärte / GPa

unverformt verformt

quasistatische Stauchproben

• Proben: Ø 4mm x 4mm• Dehngeschwindigkeit: 0,001 s-1

• max. plast. Dehnung: 0,52• 5 Messfelder pro Werkstoff• ca. 16 Messungen pro Messfeld

Versuchsdaten

Bild 5-20: Nanohärte der Phasen „Ferrit“ und „Austenit“ vor und nach quasistatischer Stau-chung

Nano hardness of ferrite and austenite before and after quasi-static compression

Aus dem Vergleich der Phasenhärte vor und nach einer quasistatischen Druckumformung lässt sich der Verfestigungsmechanismus der Martensitbildung bestätigen bzw. quantifizieren (Bild 5-20 un-ten links). Trotz einer höheren Ausgangshärte des Austenit verfestigt dieser stärker (+67%) als der in der gleichen Probe vorhandene Ferrit (+43%). Der Effekt der Austenitverfestigung ist bei der höherfesten ADI-Sorte geringer ausgeprägt. Dies ist in Übereinstimmung mit der Änderung des Restaustenitgehaltes.

5.2.2.3 Erkenntnisse aus den Untersuchungen des austenitisch-ferritischen Gefüges

Die Erkenntnisse über das austenitisch-ferritische Gefüge und seine plastomechanischen Eigen-schaften zeigen, dass sich die spezielle Gefügestruktur mit den für Gusseisenwerkstoffe ungewöhn-lichen mechanischen Eigenschaften auf die zerspanbarkeitsrelvanten Eigenschaften auswirkt. Die wesentlichsten Erkenntnisse werden im Folgenden zusammengefasst:

� Das austenitisch-ferritische Gefüge besitzt eine verhältnismäßig hohe Härte, die mit den hö-herfesten Sorten ansteigt und vor allen Dingen durch stärkere Streuungen in den Härtewer-ten gekennzeichnet ist.

� Konzentrationsunterschiede der Legierungselemente Mangan und Molybdän führen zu einer ungleichmäßigen Stabilisierung des Austenits und damit zu einer Ausscheidung von Mar-

Page 78: Adi

72

tensit oder der Bildung von Karbiden. Dies hat eine stärkere Härtestreuung und einen höhe-ren Freiflächenverschleiß bei der Zerspanung zur Folge.

� Der im ADI-Gefüge vorhandene Austenit wird durch den hohen Kohlenstoffgehalt kristal-lographisch verändert und besitzt dadurch eine wesentlich höhere Härte. Bei einer plasti-schen Verformung auch bei hohen Dehngeschwindigkeiten wird er in Martensit umgewan-delt, wodurch das austenitisch-ferritische Gefüge extrem verfestigt.

� Bei einer Gleitbeanspruchung unter hohen Normaldrücken, die bei der Zerspanung in der Kontaktzone zwischen Span und Spanfläche üblich sind, neigt das austenitisch-ferritische Gefüge zur Adhäsion. Bei einem Analogieversuch im Stift-Scheibe-Tribometer wird auf Grund dessen ein hoher adhäsiver Verschleißabtrag festgestellt.

5.2.3 Ermittlung eines Materialmodells zur Beschreibung der Fließspannungen bei hohen Dehngeschwindigkeiten

Die Vorgänge bei der Spanbildung sind durch Umformprozesse bei hohen plastischen Dehnungen und hohen Dehngeschwindigkeiten gekennzeichnet. Da diese Umformprozesse die thermischen und mechanischen Belastungen des Schneidkeils unmittelbar beeinflussen, stellen die plastomechani-schen Eigenschaften bei hohen Dehngeschwindigkeiten eine wichtige Kenngröße dar, um Phäno-mene bei der Zerspanung eines Werkstoffes zu erklären. Aus diesem Grund wurden in Kapitel 5.2.2 Schlag-Druck-Versuche mit dem Split-Hopkinson-Bar durchgeführt, aus denen die Fließkurven bei Dehngeschwindigkeiten zwischen 103 s-1 und 104 s-1 ermittelt wurden. Aus diesen Fließkurven konnten Aussagen über das Bruchverhalten gemacht werden, das sich von dem bei quasistatischen Verhältnissen unterscheidet. Für den ADI-900, der sich bei einer quasistatischen Verformung rela-tiv duktil verhält, wurde beispielsweise ein wesentlich sprödes Verhalten im Schlag-Druck-Versuch nachgewiesen. Weiterhin wurden die gestauchten Proben metallographisch untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass der Austenit auch bei hohen Dehngeschwindigkeiten durch die plastische Ver-formung in Martensit umklappt und das Gefüge verfestigt.

Ein quantitativer Vergleich der analysierten Werkstoffe ist allerdings nur dann möglich, wenn aus den Fließkurven der Schlag-Druck-Versuche geeignete Materialparameter ermittelt werden. Dies ist durch die Ermittlung eines Materialgesetzes möglich, das die Fließspannungen in Abhängigkeit von der plastischen Dehnung und der Dehngeschwindigkeit mathematisch beschreibt. Wenn eine ein-heitliche mathematische Formulierung für die Beschreibung der untersuchten Werkstoffe zugrunde gelegt wird, ist ein quantitativer Vergleich über die Materialkennwerte des Gesetzes möglich.

Ein weiteres Ziel bei der Ermittlung eines Materialmodells ist eine folgende Durchführung von Zerspansimulationen, um die Verteilung der mechanischen und thermischen Belastungen in den Kontaktzonen zu ermitteln. Die Zerspansimulation benötigt die Fließkurven als Eingangsinformati-on in Abhängigkeit von der plastischen Dehnung, der Dehngeschwindigkeit und der Temperatur. Auf Grund der Temperaturabhängigkeit müssen die adiabaten Fließkurven der Schlag-Druck-Versuche in isotherme Fließkurven umgerechnet werden.

Im Folgenden werden die Materialparameter eines Werkstoffgesetzes für die Gusseisenwerkstoffe GJS-400, GJS-700, ADI-900 und ADI-1200 ermittelt. Dazu werden im ersten Schritt verschiedene Materialgesetze zur Beschreibung der Fließspannung bei hohen Dehngeschwindigkeiten vorgestellt.

Page 79: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 73

Darauf wird eine Vorgehensweise zur Ermittlung der Materialparameter des verwendeten Gesetzes anhand des ADI-900 beschrieben. Im dritten Schritt werden die Materialkennwerte über der Gefü-gehärte aufgetragen und interpretiert.

5.2.3.1 Auswahl eines geeigneten Materialgesetzes

Für die Auswahl eines geeigneten Materialgesetzes ist es erforderlich, die besonderen Randbedin-gungen der Zerspanung zu berücksichtigen. Hierbei sind vor allem die in der Zerspanzone vorlie-genden extremen Dehnungen, Dehngeschwindigkeiten und Temperaturen relevant /CHIL98/. Aus diesem Grund sind von zahlreichen Forschern spezielle Materialmodelle mit Bezug auf die Verhält-nisse in der Zerspanung entwickelt worden. Die meisten der in der Literatur verwendeten ge-schwindigkeitsabhängigen Fließregeln lassen sich auf die folgende Form bringen /OLSC99/:

( )T,,F εε=σ � mit 0T

,0,0 <∂

σ∂>

ε∂

σ∂>

ε∂

σ∂

� 5–12

mit σ [MPa] Fließspannung

ε wahre plastische Dehnung

ε� [s-1] Dehngeschwindigkeit

T [K] Temperatur

Der Einfluss der Dehnung wird in den meisten Gesetzen in Form von Potenzansätzen formuliert, die auf einer der empirisch ermittelten Grundgleichungen nach LUDVIK, HOLLOMON oder SWIFT basieren /LUDW09, HOLL45, SWIF45/.

n0 K ε⋅+σ=σ /LUDW09/ 5–13

nK ε⋅=σ /HOLL45/ 5–14

( )nBK ε+⋅=σ /SWIF45/ 5–15

mit σ [MPa] Fließspannung

σ0 [MPa] Ausgangspannung

ε plastische Dehnung

n Verfestigungsexponent

K [MPa] Materialparameter

B Materialparameter

OXLEY hat den Ansatz nach HOLLOMON für Zerspanung modifiziert, indem er die Materialparame-ter K und n in Abhängigkeit von der Dehngeschwindigkeit und der Temperatur definiert hat. Grundlage seiner Untersuchungen waren Druckversuche bis zu einer Dehngeschwindigkeit von ε� = 450 s-1 bei verschiedenen Vorwärmtemperaturen. Materialparameter hat er für Stahlwerkstoffe mit verschiedenen Kohlenstoffgehalten bestimmt.

Page 80: Adi

74

( ) ( )T,nT,K εε⋅ε=σ �� /OXLE89/ 5–16

mit σ [MPa] Fließspannung

n( ε� ,T) Verfestigungsexponent in Abhängigkeit von Temperatur und

Dehngeschwindigkeit

K( ε� ,T) [MPa] Materialparameter in Abhängigkeit von Temperatur und

Dehngeschwindigkeit

Da in der Zerspanung Verformung und Temperatur wegen der hohen Dehngeschwindigkeiten nicht unabhängig voneinander betrachtet werden können, haben USUI und SHIRAKASHKI ihre Druckversu-che inkrementell durchgeführt /USUI82/. Dazu haben sie im Temperaturbereich von T = 20 – 800 °C die Dehnung in Schritten von � = 0,05 bei unterschiedlichen Randbedingungen bis auf � = 1 gesteigert und in Abhängigkeit von Dehngeschwindigkeiten bis ε� = 2000 s-1 folgende empiri-sche Gleichung ermittelt:

N

0

m

0

Ta

M

0

dee),T(Nm

NTa

��

��

����

ε

��

����

ε

ε⋅⋅��

����

ε

ε⋅εΨ=σ �

−⋅⋅

�� /SHIR83, MAEK83/ 5–17

mit σ [MPa] Fließspannung

Ψ(T,ε� ) Temperaturfunktion

N Verfestigungsexponent

M Dämpfungsexponent

a, m Materialkonstanten

Werden die unterschiedlichen Randbedingungen in Gleichung 5–17 nicht berücksichtigt, ergibt sich ein vereinfachter Ansatz, der in dieser oder abgewandelter Form ebenfalls Anwendung für Materi-albeschreibungen in der Zerspantechnik findet:

N

M

0

),T( ��

����

ε

ε⋅εΨ=σ

�� /SHIR83, MAEK83/ 5–18

Weitere Beiträge zur Beschreibung der Fließspannung bei hohen Temperaturen und hohen Dehnge-schwindigkeit liefern JOHNSON und COOK /JOHN85/ oder ZERILLI und ARMSTRONG /ZERI87/. TREPPMANN hat einen Ansatz vorgeschlagen, der langsame diffusionsgesteuerte Kriechprozesse berücksichtigt und bei hohen Dehnraten in ein dämpfungsgesteuertes Verhalten übergeht /TREP01/.

Grundlage dieser Arbeit ist ein Ansatz, der in ähnlicher Form von BRODMANN für die Charakterisie-rung der Aluminiumlegierung AA7075 eingesetzt wurde /BROD01/. Dieser basiert auf einer deh-nungsabhängigen Beschreibung nach SWIFT und einem Einfluss der Dehngeschwindigkeit in Form einer viskosen Dämpfung. Die Temperaturabhängigkeit der Fließspannung formuliert BRODMANN durch einen multiplikativen Ansatz nach einer Beziehung von PETCH /PETC58/. In Abweichung zum Ansatz von BRODMANN wurde in dieser Arbeit eine dehnungsabhängige Beschreibung nach LUDVIK und HOLLOMON verwendet (Gleichung 5–20). Mit dieser Beschreibung können die Ergeb-nisse der Schlag-Druck-Versuche besser in Übereinstimmung gebracht werden.

Page 81: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 75

( )( ) ( )TBK nΨ⋅ε⋅η+ε+⋅=σ � mit ( ) m

0

T

TT

eT−

β−

=Ψ /BROD01/ 5–19

( ) ( )TKK n1 Ψ⋅ε⋅η+ε⋅+=σ � mit ( ) ⋅=Ψ

−β−

m

0

T

TT

eT 5–20

mit σ [MPa] Fließspannung

K1 [MPa] Werkstoffparameter

K [MPa] Werkstoffparameter

B Werkstoffparameter

ε wahre plastische Dehnung

ε� [s-1] wahre Dehngeschwindigkeit

n Verfestigungsexponent

η [Ns/m²] Dämpfungskonstante

Ψ(T) Temperaturfunktion

T [K] Temperatur

T0 [K] Ausgangstemperatur

Tm [K] Schmelztemperatur

β [MPa/K] Werkstoffkonstante der Temperaturfunktion

5.2.3.2 Vorgehensweise zur Ermittlung der Werkstoffkennwerte des Materialgesetztes

Vorteil des beschriebenen Ansatzes nach Gleichung 5–20 ist eine verhältnismäßig einfache analyti-sche Bestimmung der Materialkonstanten des Materialgesetzes auf Basis der adiabaten Fließkurven aus den Schlag-Druck-Versuchen /BROD01/. Im Folgenden wird die Vorgehensweise zur Bestim-mung der Materialkonstanten K1, K, n und � anhand des ADI-900 beschrieben. Die Bestimmung der Parameter der anderen Werkstoffe erfolgt analog.

Unter der Annahme, dass die Umformenergie während der dynamischen Verformung zu einem be-stimmten Anteil (nach allgemeiner Vorstellung zu etwa 90%) in Wärme umgewandelt wird, erhöht sich die Temperatur bei einer Verformung von d� um dT entsprechend Gleichung 5–21:

ε⋅σ⋅κ=⋅⋅ρ ddTc 5–21

mit ρ [kg/m³] Dichte (gemittelt über Temperatur)

c [J/(kg*K)] Wärmekapazität (gemittelt über Temperatur)

κ Anteil der Umformarbeit, der in Wärme umgesetzt wurde

Nach Einsetzen der Fließspannung nach Gleichung 5–20 in Gleichung 5–21, Trennung der Variab-len nach temperaturabhängigen und dehnungsabhängigen Termen und Integration über dem Ver-formungsverlauf lässt sich die adiabatische Temperaturerhöhung �(T) durch die Dehnung und die Dehngeschwindigkeit ausdrücken. Nach Einsetzen der adiabatischen Temperaturerhöhung �(T) in Gleichung 5–20 ergibt sich daraus die adiabatische Fließspannung zu:

Page 82: Adi

76

[ ]�ε

εε⋅η+ε⋅+⋅ρ⋅

β⋅κ+

ε⋅η+ε⋅+=σ

0

n1

m

n1

ad

dKKcT

1

KK

5–22

mit σad [MPa] adiabatische Fließspannung

Diese Formulierung eines Materialgesetzes nach Gleichung 5–20 stellt die entsprechende adiabati-sche Beschreibung der Fließkurven dar, wie sie anhand der Schlag-Druck-Versuche vorliegen. Es ist allerdings einfacher, die Parameter des Materialgesetztes nicht anhand der experimentellen adia-batischen Fließkurven zu bestimmen, sondern die experimentellen Fließkurven zuerst in isotherme Fließkurven zu überführen. Die Materialparameter werden dann über die isotherme Form des Mate-rialgesetzes nach Gleichung 5–20 bestimmt. Dazu wird die inkrementelle Umformarbeit für jeden Punkt der Fließkurve aus den experimentellen Spannungs-Dehnungs-Werten entsprechend

( ) �ε−

β

εσ⋅ρ⋅

β⋅κ+==

Ψ0

adm

T

TT

dcT

1eT

1m

0

5–23

bestimmt und der Graph schrittweise in eine theoretische isotherme Fließkurve überführt. Die theo-retische isotherme Fließspannung �iso ergibt sich dabei entsprechend �iso = �ad/�(T) über den Wert der Temperaturfunktion �(T) aus Gleichung 5–23. Die Konstante � wird mit einem üblichen Wert von � = 3 angenommen.

Bild 5-21 zeigt die berechnete theoretische isotherme Fließspannung �iso über der wahren Dehnung für unterschiedliche Dehngeschwindigkeiten. Nach dem Materialgesetz nach Gleichung 5–20 ver-langt die viskose Dämpfung einen linearen Zusammenhang zwischen der isothermen Fließspannung �iso und der Dehngeschwindigkeit ε� . Für jede Dehnung in Bild 5-21 sollte dieser lineare Zusam-menhang daher entsprechend �· ε� vorliegen.

0

500

1000

1500

2000

2500

0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5

wahre Dehnung

isot

herm

e F

ließ

span

nung

σis

o/ M

Pa 1s 1921 −=ε�

1s 3900 −=ε�1s 5062 −=ε�1s 5967 −=ε�1s 6288 −=ε�

1s 1921 −=ε�1s 3900 −=ε�1s 5062 −=ε�1s 5967 −=ε�1s 6288 −=ε�

Bild 5-21: Berechnete isotherme Spannungs-Dehnungskurven (am Beispiel ADI-9002)

Calculated isothermal stress-strain curves (example: ADI-9002)

Page 83: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 77

In Bild 5-22 ist die isotherme Fließspannung �iso daher für verschiedene plastische Dehnungen über der Dehngeschwindigkeit aufgetragen. Die jeweiligen Dämpfungskonstanten � wurden über die Steigung der Ausgleichsgerade für jede Dehnung ermittelt. Es ist erkennbar, dass die Dämpfungs-konstante mit der Dehnung leicht zunimmt und bei � = 0,5 durch die ungleichförmige Ausbreitung der Verformung stark abweicht. BRODMANN hat in seiner Arbeit die Dämpfungskonstante bei einer Dehnung von � = 0,5 ermittelt. Auf Grund der starken Abweichung bei � = 0,5 wurde der Kennwert � hier über eine Mittelwertbildung bestimmt.

1250

1500

1750

2000

1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000

Dehngeschwindigkeit de/dt / s-1

isot

herm

e F

ließ

span

nung

σis

o/ M

Pa

η0,5 0,0604

η1,0 0,0187

η1,5 0,0133

η2,0 0,0235

η2,5 0,0238

η3,0 0,03550,0292=η

5,0=ε

0,1=ε5,1=ε

0,2=ε5,2=ε0,3=ε

5,0=ε

0,1=ε5,1=ε

0,2=ε5,2=ε0,3=ε

Bild 5-22: Darstellung der isothermen Fließspannung über der Dehngeschwindigkeit zur Ermitt-lung der Dämpfungskonstante (am Beispiel ADI-9002)

Diagram of isothermal flow stress dependent on strain rate to determine the damping

coefficient η (example: ADI-9002)

0

500

1000

1500

2000

2500

0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5

wahre Dehnung

σis

o,0

= σ

iso

·dε/

dt/ M

Pa

1s 1921 −=ε�1s 3900 −=ε�1s 5062 −=ε�1s 5967 −=ε�1s 6288 −=ε�

1s 1921 −=ε�1s 3900 −=ε�1s 5062 −=ε�1s 5967 −=ε�1s 6288 −=ε�

Bild 5-23: Auf die Dehngeschwindigkeit 0=ε� extrapolierte Spannungs-Dehnungskurven (am Beispiel ADI-9002)

Extrapolated stress-strain curves for strain rate 0=ε�

Page 84: Adi

78

Mit Hilfe der mittleren Dämpfung können die isothermen Fließkurven über die Beziehung �iso - �· ε� in eine einheitliche theoretische Fließkurve bei der Dehngeschwindigkeit ε� = 0 s-1 überführt wer-den. Die Darstellung in Bild 5-23 zeigt eine hinreichende Übereinstimmung für Dehngeschwindig-keiten bis ε� = 5967 s-1. Die Kurve für ε� = 6288 s-1 weicht aufgrund von vorzeitigem Werkstoffver-sagen von einem einheitlichen Verlauf ab.

Die Fließkurven sind nun um den Einfluss der Temperatur und der Dehngeschwindigkeit bereinigt und hängen nur noch von der Dehnung ab. Da die im Experiment ermittelten Ergebnisse einer ver-suchsbedingten Streuung unterliegen, wird aus den Fließkurven für Dehngeschwindigkeiten bis ε� = 5967 s-1ein Mittelwertverlauf bestimmt. Aus diesem lassen sich die fehlenden Materialkonstan-ten K, K1 und n mit Hilfe der Methode der kleinsten Fehlerquadrate bestimmen.

5.2.3.3 Gegenüberstellung der Materialkennwerte für die untersuchten Werkstoffe

Tab. 5.6 stellt die ermittelten Materialkennwerte für die vier experimentell untersuchten Werkstoffe GJS-400, GJS-700, ADI-900 und ADI-1200 gegenüber. Der Parameter � wurde zu Beginn der Her-leitung mit 3 angenommen und nachträglich durch einen Vergleich mit den adiabaten Fließkurven bestätigt. Die Schmelztemperatur Tm wurde mit Tm = 1800 K auf einen typischen Wert für Stahl gesetzt. Die Schmelztemperatur von Gusseisen liegt zwar deutlich niedriger, ergibt sich aber nur nach einer Auflösung des Kohlenstoffs im eisenhaltigen Grundgefüge. Dies geschieht bei den ex-tremen Aufheizgeschwindigkeiten bei der Zerspanung nicht.

Tab. 5.6: Zusammenstellung der Materialkennwerte

Werkstoffparameter Ansatz nach

Hollomon / Ludwik K1 K n η β Tm

GJS-400 270 1019,5 0,1606 0,0124 3 1800

GJS-700 60 1318,4 0,1223 0,0157 3 1800

ADI-9002 90 2000,6 0,1829 0,0292 3 1800

Wer

ksto

ffe

ADI-1200 55 2143,2 0,1006 0,0964 3 1800

Die quantitative Auswertung der für die Versuchswerkstoffe ermittelten Materialparameter erfolgt durch eine Gegenüberstellung über der jeweiligen Härte des Werkstoffs (Bild 5-24). Dazu wurde die Brinellhärte ausgewählt, die das Gesamtgefüge inklusive der Graphiteinschlüsse charakterisiert. Da für die Eigenschaften der ADI-Werkstoffe aber vor allem das spezielle austenitisch-ferritische Basisgefüge verantwortlich ist, wurden die Kennwerte außerdem über der Mikrohärte, gemessen in HV300mN, aufgetragen. Zum Vergleich mit Vergütungsstahl 42CrMo4+QT unterschiedlicher Festig-keiten wurden zusätzlich Ergebnisse aus dem Projekt „Zerspanen mit hohen Schnittgeschwindigkei-ten“ /LFW03/ herangezogen.

Für den Parameter K ergibt sich eine nahezu lineare Zunahme über der Makrohärte, von der die beiden ADI-Werkstoffe leicht abweichen (Bild 5-24 oben). Bei einer Auswertung über der Mikro-härte ist der Einfluss geringer. Für die Dämpfungskonstante � ist die Abhängigkeit von der Werk-stoffhärte schwach exponentiell steigend ausgeprägt (Bild 5-24 unten). In Abhängigkeit von der Makrohärte liegen die Werte der Gusswerkstoffe leicht über den Werten der Vergütungsstähle, in

Page 85: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 79

Abhängigkeit von der Mikrohärte allerdings leicht unterhalb davon. Da die Dämpfung sowie die Makrohärte durch den Graphit beeinflusst werden, ist dieser Unterschied verständlich. Eine starke Abweichung von einer einheitlichen Tendenz liegt für die ADI-Werkstoffe im Verfestigungsgrad n vor (Bild 5-24 Mitte). Sowohl die konventionellen Gusswerkstoffe mit Kugelgraphit als auch die Vergütungsstahlvarianten folgen einer gleichmäßigen exponentiellen Abnahme der Verfestigung über der Härte. Für die ADI-Werkstoffe ist allerdings ein deutlicher Sprung zu verzeichnen, der bei einer Auswertung über der Mikrohärte noch deutlicher wird. Dies zeichnet sich dadurch aus, dass der ADI-900 einen etwa viermal so großen Verfestigungsexponenten besitzt wie ein Vergütungs-stahl gleicher Mikrohärte. Es wird außerdem deutlich, dass auch ein ADI-1200 eine verhältnismäßig hohe Verfestigung besitzt, die immer noch mehr als doppelt so groß ist wie bei einem Stahl gleicher Härte.

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

100 200 300 400 500Brinell-Härte HB30

Pa

ram

ete

r K

/ M

Pa

0

500

1000

1500

2000

2500

3000

200 300 400 500 600Vickers-Härte HV300 mN

0

0,05

0,10

0,15

0,20

100 200 300 400 500Brinell-Härte HB30

Verf

esti

gu

ng

sex

po

nen

t n

0

0,05

0,10

0,15

0,20

200 300 400 500 600Vickers-Härte HV300 mN

Gusseisen mit KugelgraphitGusseisen mit Kugelgraphit

Vergütungsstahl 42CrMo4+QTmit unterschiedlichen Vergütungs-festigkeiten

Vergütungsstahl 42CrMo4+QTmit unterschiedlichen Vergütungs-festigkeiten

0,00

0,05

0,10

0,15

0,20

100 200 300 400 500Brinell-Härte HB30

Däm

pfu

ng

sko

nsta

nte

ηη ηη

0,00

0,05

0,10

0,15

0,20

200 300 400 500 600Vickers-Härte HV300 mN

GJS-400

GJS-700

ADI-9002

ADI-1200

( ) ( )TKK n1 Ψ⋅ε⋅η+ε⋅+=σ �( ) ( )TKK n1 Ψ⋅ε⋅η+ε⋅+=σ �

Makrohärte MikrohärteMaterialkennwerte nach Materialgesetz:

Versuchswerkstoffe:

Vergleichswerkstoffe:

Bild 5-24: Materialkennwerte der untersuchten Werkstoffe nach Gleichung 5–20 über der Mak-ro- und Mikrohärte, Werte für Vergütungsstahl 42CrMo4+QT nach /LFW03/

Material parameters of the applied materials according to equation 5–20 dependent

on macro and micro hardness

Page 86: Adi

80

5.3 Analyse der Spanbildungskenngrößen bei der Bearbeitung von ADI

In den Vorversuchen ist festgestellt worden, dass die gusstypische Scherspanbildung bei der Zerspanung der ADI-Werkstoffe mit einer besonderen Intensität auftritt. Nach der Diskussion der Zusammenhänge von möglichen Verschleißmechanismen und den dafür relevanten Kontaktbedin-gungen (Kapitel 4.2) ist davon auszugehen, dass der Werkzeugverschleiß bei der Zerspanung von ADI durch diese Scherspanbildung beeinflusst wird. BLANKENSTEIN hat festgestellt, dass sich die Spanbildung bei der Zerspanung von Stahl in Abhängigkeit von der Schnittgeschwindigkeit von einem Fließspan mit Aufbauschneide über einen konstanten Fließspan in einem Lamellenspan ver-ändert. In Abhängigkeit von der Spanbildung ändern sich die dynamischen Anteile der Schnitt- und Vorschubkräfte erheblich und üben dadurch stark unterschiedliche mechanische Belastungen auf die Schneidkante aus /BLAN68/. KREIS hat diese dynamischen Kraftanteile bei der Zerspanung von TiAl6V4 gemessen und Risse unterhalb der Oberfläche der Hartmetallwerkzeuge mit einem me-chanischen Ermüdungsverschleiß in Verbindung gebracht /KREI73/. Der genaue Vorgang der Bil-dung der Spansegmente bei der Bearbeitung von ADI soll im Folgenden daher genau untersucht werden.

5.3.1 Theorien zur Bildung von Scherspänen

Wenn der Schneidkeil in den Werkstoff eindringt, wird nach gängiger Vorstellung das Material vor der Schneide soweit gestaucht, bis die Stauchkraft groß genug ist, um eine ebene Scherung in einer Zone von der Schneidkante bis zur Werkstückoberfläche zu bewirken. In Abhängigkeit von den Eingriffsverhältnissen, der geometrischen Form der Schneidkante und der Reibverhältnisse auf der Spanfläche ergibt sich eine charakteristische plastische Verformung in dieser Scherzone. VIEREGGE hat mit Hilfe dieser Vorstellung eine sehr einfache aber anschauliche Erklärung für die Abhängig-keit der Spanart von den Werkstoffeigenschaften gegeben (Bild 5-25), solange ein homogener Werkstoff und stabile Maschinenverhältnisse vorliegen /VIER70/. Bei Werkstoffen, deren maxima-le Scherfestigkeit jenseits des charakteristischen Verformungsgrades in der Scherzone liegt (Kur-ve 1), bildet sich durch die plastische Verfestigung eine stabile Scherzone aus und es entsteht ein Fließspan. Wenn das Scherfestigkeitsmaximum in der Scherzone allerdings überschritten wird, der Werkstoff in diesem Bereich der Entfestigung aber noch fließt, lokalisiert die Verformung in der Scherzone und es bilden sich Lamellenspäne aus (Kurve 2). Scherspäne entstehen dementspre-chend, wenn die Fließgrenze in der Scherzone überschritten wird (Kurve 3). Reißspäne liegen vor, wenn keine plastische Verformung möglich ist (Kurve 4).

ADI-900 besitzt im Vergleich zu einem GJS-700 eine mindestens doppelt so hohe Bruchdehnung. Bei einer oberflächlichen Betrachtung sollte der Werkstoff daher zu einer duktileren Spanbildung neigen, die er aber nach den beschriebenen Vorversuchen offenbar nicht besitzt. Eine genauere Un-tersuchung der Plastizitätsgrenze bei höheren Dehngeschwindigkeiten (siehe dazu Bild 5-14) lässt erkennen, dass sich das Materialversagen ähnlich verhält wie bei einem GJS-700. Nur der GJS-400 zeigt bei höheren Dehngeschwindigkeiten ein duktileres Verhalten. Da dieser Werkstoff nach prak-tischen Erfahrungen eher zu einer Fließspanbildung neigt, wird die Vorstellung von VIEREGGE so-mit bestätigt.

Page 87: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 81

1

2

34

Verformungsgrad in der Scherzone

ε0

Verformungsgrad ε

Sch

erfe

stig

keit

τ

nach Vieregge

E

B

Z

plastischerBereich

Fließ-bereich

1) Fließspan

2) Lamellenspan

3) Scherspan

4) Reißspan

Bild 5-25: Einteilung der Spanarten in Abhängigkeit von der Scherfestigkeit des Werkstoffes /VIER70/

Classification of cip types dependent on shear strength of the material

Um die Vorgänge während der Spanbildung etwas genauer beschreiben zu können, ist es erforder-lich, detailliertere Modellvorstellungen über den Prozess der Scherspanbildung zu betrachten. Die Vorstellung von VIEREGGE basiert auf dem Modell der Scherebene, in der die Verformung stattfin-det. Viel beachtete Modellansätze zur Theorie der Scherebene sind die Arbeiten von MERCHANT, die auf dem Prinzip der minimalen Scherenergie beruhen, und die Arbeiten von LEE und SHAFFER auf Grundlage der Fließlinientheorie. Aufbauend auf den Ansätzen zur kontinuierlichen Fließspan-bildung /MERC44a, MERC44b, LEE51/ haben sowohl MERCHANT als auch LEE den Prozess der diskontinuierlichen Spanbildung /FIEL49, LEE54/ grundlegend analysiert (Bild 5-26).

PIISPANEN stellte sich den Vorgang der Entstehung eines Spansegments als kontinuierliche Redu-zierung des Scherwinkels vor und erläuterte dies anhand seines bekannten Kartenschemas (Bild 5-26 oben links). Den Grund für die Reduzierung des Scherwinkels sah er in einem überpro-portionalen Anstieg der Reibkraft an der Spanfläche, bis die Trennfestigkeit in der Scherzone durch die mit fallendem Scherwinkel steigende Scherkraft überschritten wird /PIIS48/. FIELD und MERCHANT haben die Reduzierung des Scherwinkels durch kinematographische Spanbildungsauf-nahmen an Bronze ebenfalls beobachtet und leiten Scherwinkelbeziehungen für den Segmentan-schnitt und den Vollschnitt nach dem Prinzip der minimalen Scherenergie ab /FIEL49/. Da sie starr-idealplastisches Material für die mathematische Herleitung voraussetzen, bleibt für die Reduzierung des Scherwinkels ebenfalls nur die Veränderung der Reibverhältnisse als Erklärung übrig. LEE konnte diese Begründung mit Hilfe der Fließlinientheorie widerlegen und führte die Winkelreduzie-rung auf die Formänderung der Anschnittgeometrie beim Eintauchen des Schneidkeils zurück /LEE54/. COOK FINNIE und SHAW ermitteln einen abfallenden Reibwinkel beim Segmentanschnitt und folgern daraus, dass das Material beim Anschnitt nicht über die Spanfläche gleitet, sondern sich zwischen Schneidkante und freier Oberfläche aufstaucht und an der Spanfläche quasi abrollt (Bild 5-26 unten rechts) /COOK54/. Normal- und Scherspannung steigen bei diesem Prozess konti-nuierlich an, bis sich in Abhängigkeit des Spanwinkels ein energetisches Minimum ausbildet. Nach der Mohrschen Schubspannungstheorie besteht eine werkstoffspezifische Abhängigkeit zwischen Normal- und Schubspannung, bei der ein spröder Schubbruch entsteht. Diese Scherfestigkeitsbezie-

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82

hung definieren COOK ET AL. als geometrie- und werkstoffabhängige Grenze zwischen Fließ- und Scherspanbildung. Der Prozess der Segmentabtrennung erfolgt nach ihren Untersuchungen von der Schneidkante aus. Den Grund dafür vermuten sie in Zugspannungen und einer damit verbundenen Rissbildung an dieser Stelle. ENAHORO und OXLEY konnten diese These untermauern, indem sie die Spannungen in der Scherzone mit Hilfe der Fließlinientheorie auf Basis eines starr-linear verfesti-genden Materials berechneten /PALM59, ENAH61/. Demnach ergibt sich ein kontinuierlicher Übergang mit Zugspannungen an der Schneidkante hin zu Druckspannungen an der freien Oberflä-che. Durch diese Spannungsverteilung konnten sie die Abhängigkeit der Spanbildung von der Schnitttiefe und das Phänomen der semi-diskontinuierlichen Segmentbildung erklären, bei der eine Rissbildung von der Schneidkante aus im Span zum Stillstand kommt.

Φx

d

Piispanen (1948)

Φx

d

Φx

d

Piispanen (1948) Lee (1954)

Φ

d

β

η

γ

Lee (1954)

Φ

d

β

η

γ

Φ

d

β

η

γ

Cook, Finnie & Shaw (1954)Cook, Finnie & Shaw (1954)

t1t

Φ1

Φ2

d

α

Field & Merchant (1949)

t1t

Φ1

Φ2

d

α

t1t

Φ1

Φ2

d

α

Field & Merchant (1949)

Bild 5-26: Klassische Theorien zur diskontinuierlichen Spanbildung /PIIS48, FIEL49, LEE54, COOK54/

Classical theories of segmented chip formation

Bei einer Beurteilung der Erkenntnisse der klassischen Spanbildungstheorien ist zu berücksichtigen, dass in den zugrunde liegenden praktischen Versuchen in der Regel sehr scharfe Schneiden und sehr positive Spanwinkel eingesetzt wurden. Dies ist mit Sicherheit auf die überwiegende Anwen-dung von Schnellarbeitsstahl zurückzuführen. Auf die typischen Eingriffsbedingungen, die sich bei einem Einsatz von Hartmetall ergeben, lässt sich dies aber nicht übertragen, da dort mit deutlich geringeren Spanwinkeln und größeren Schneidkantenverrundungen gearbeitet wird. Aus den be-schriebenen Überlegungen zeigt sich allerdings bereits, dass ein komplexer Zusammenhang zwi-schen der Ausführung der Schneidkante, der Größe des Spanwinkels, den Werkstoffeigenschaften

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Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 83

und des sich einstellenden Spanbildungsmechanismus besteht. Diese Einflussgrößen müssen im Folgenden Berücksichtigung finden.

Einen weiteren umfangreichen Beitrag zur Analyse der Scherspanbildung liefen Untersuchungen an Titan und austenitischen Stahlwerkstoffen, die zu einer ausgeprägten segmentierten Spanbildung neigen /LUTT77, KOMA81a, KOMA81b, TURL82, MANY86/. VAN LUTTERFELD prägt den Beg-riff der geteilten Scherzone, womit er der Theorie von PEKELHARING entgegentritt, der die Ursache für die Spanlamellierung in einem schwankenden Scherwinkel sieht /PEKE74/. Nach VAN

LUTTERFELD’S Modell, das anhand von Filmaufnahmen während der Zerspanung von Titan entwi-ckelt wurde, läuft die Segmentbildung in verschiedenen Phasen ab /LUTT77/. Mit jedem neuen Anschnitt bildet sich eine Scherzone aus, die sich durch die Entstehung einer Stauzone vor der Schneidkante von dieser entfernt. Mit fortschreitender Vergrößerung dieser Stauzone, die auch als Aufbauschneide bezeichnet wird, gleitet das entstehende Spansegment über der Stauzone ab und bildet eine dazwischen liegende so genannte tertiäre Scherzone (Bild 5-27 links). Bei einer kriti-schen Entfernung der primären Scherzone von der Schneidkante vereinigen sich die Stauzone und das Spansegment und gleiten schlag-artig über die Spanfläche ab. KOMANDURI und TURKOVICH bauen auf einem Ansatz von SHAW ET AL. auf, die den Grund für die Scherspanbildung in einer Instabilität durch adiabate Scherung sehen /KOMA81a/. Nach ihnen erfolgt die Segmentbildung in zwei Phasen. In der ersten Phase lokalisiert die plasti-sche Verformung vor der Schneid-kante in Form von adiabater Sche-rung. In der zweiten Phase legt sich diese stark verformte Scherzone in-folge fehlender Kraftübertragung gegen die Spanfläche (Bild 5-27 rechts). Zwischen Span und Schneide liegt in dieser Phase keine Relativge-schwindigkeit vor, so dass es nach ihnen zu einer verstärkten Wärme-übertragung, einer intensiveren che-mischen Interaktion und somit zu einem größeren Werkzeugverschleiß kommt.

Zur Spanbildung von Gusseisen mit Kugelgraphit liegen ebenfalls einige grundlegende Untersuchungen vor. VOIGT ET AL. definieren unterschiedliche Deformationszonen in der Nähe der Schneidkante. Die Segmententstehung erfolgt nach ihnen durch ein Aufstauchen vor der Spanfläche und einer folgenden Rissbildung durch Mik-rorisse in der Nähe der Schneidkante /VOIG98, VOIG99, MARW00a, MARW00b/. KÜMMEL hat

primäre Scherzone

van Lutterfeld(1977)

Komanduri & von Turkovich(1981)

adiabate Scherungbzw. Rissinitiierung

Scherzone legt sichan Spanfläche

tertiäre Scherzone

sekundäre Scherzone(Stauzone)

Bild 5-27: Spanbildungsmechanismen bei der Zerspa-nung von Titan /LUTT77, KOMA81a/

Chip formation mechanisms when machin-

ing titanium

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84

einen ähnlichen Vorgang bei der Hochgeschwindigkeitsbearbeitung von Gusseisen beobachtet und die Rissbildung mit Hilfe der Bruchmechanik beschrieben /KÜMM91/. KLOSE vermutet ein Auf-stauen des neuen Spansegments, bis am Übergang der Scherzone zur freien Oberfläche ein kriti-scher Spannungszustand auftritt und der Riss von dieser Stelle durch die Scherzone läuft /KLOS93/. Zur Spanbildung von ADI liegen keine grundlegenden Erkenntnisse vor.

5.3.2 In-situ Spanbildungsphotographie zur Ermittlung der Stadien während der Seg-mentspanbildung von Gusseisen mit Kugelgraphit

Um den Vorgang der Scherspanbildung bei der Zerspanung von Gusseisen mit Kugelgraphit und insbesondere ADI zu analysieren, wurden im Rahmen dieser Arbeit zwei verschiedene Untersu-chungsmethodiken angewendet. Zum einen wurde der Spanbildungsvorgang in-situ d.h. während des Zerspanvorgangs beobachtet. Aus diesen Ergebnissen lassen sich die einzelnen Stadien der Spanbildung beschreiben sowie die Form der Scherzone und die Größe der Kontaktzone ermitteln. In einem zweiten Schritt wurden Spanwurzeln für verschiedene Werkstoffe und unterschiedliche Eingriffsbedingungen mit einer Schnellstopeinrichtung hergestellt und den einzelnen Stadien der Spanbildung zugeordnet. Die Spanwurzeln wurden metallographisch präpariert und in Bezug auf Verformungszustand und Mikroeigenschaften ausgewertet.

Für die Durchführung der in-situ-Spanbildungsaufnahmen wurde ein von HOPPE entwickelter Ver-suchsaufbau verwendet, der auf der Doppelbelichtungstechnik von CHILDS beruht /HOPP03, CHIL71/. Der Aufbau besteht aus einem Mikroskop mit einer Vergrößerung von 500:1, zwei Blitz-lampen mit einer Belichtungszeit von te = 20 ns und einer Digitalkamera, die eine Bildfolge von bis zu t = 3 µs erlaubt (Bild 5-28). Die Spanbildungszone wird von den beiden Blitzlampen nachein-ander in einem definierten Zeitabstand belichtet und in zwei Einzelbildern über Mikroskop und Di-gitalkamera festgehalten. Bei einer Schnittgeschwindigkeit von vc = 100 m/min und einem Mess-strecke von 0,1-0,2 mm, die unterhalb einer Segmentlänge liegen muss, ergibt sich ein erforderli-cher Bildabstand von 60-120 µs, der durch den Versuchsaufbau ohne weiteres auswertbar ist. Hier zeigt sich der Vorteil des Verfahrens im Vergleich zu vielen anderen Untersuchungsmethoden aus der klassischen Spanbildungstheorie, die nur mit sehr niedrigen Schnittgeschwindigkeiten arbeiten können.

Um den Fokus der Optik permanent in der Zone der Spanwurzel zu halten, wurde ein Versuchsauf-bau mit stehendem Werkzeug und rotierendem Werkstück gewählt. Bei diesem ist ein 20x20x1 mm großes Werkstückplättchen in einer speziellen Halterung befestigt. Die Halterung ist auf der Spindel einer Drehmaschine montiert und rotiert um die Spindelachse. Die Plättchen waren plan geschliffen und poliert, um die Graphitkugeln freizulegen, mit denen der tatsächlich zurückgelegte Schnittweg ausgewertet wurde (Bild 5-28 rechts). Nachteilig bei diesem Versuchsaufbau wirkt sich die Ver-formung quer zu Schnitt- und Ablaufrichtung des Spans aus, die insbesondere bei der Scherspanbil-dung von Gusswerkstoffen auftritt. Dadurch ist der Span nur sehr schwer zu fokussieren und besitzt einen wesentlich geringeren Kontrast als das unverformte Grundgefüge.

Spanbildungsaufnahmen wurden für die Schnittgeschwindigkeiten vc = 100, 200 und 400 m/min bei einem konstanten Vorschub von f = 0,2 mm, einem konstanten Spanwinkel von � = 0° für die Werkstoffe GJS-400 und ADI-900 angefertigt. Die Schneidwerkzeuge waren unbeschichtete ge-schliffene Einstechplatten aus einem K10-Hartmetall. Bei einem Spanwinkel von � = 0° ergeben sich zwischen ADI-900 und GJS-400 nur kleine Unterschiede in der auswertbaren Art der Spanbil-

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Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 85

dung. Beim GJS-400 bekommt die Spanform mit steigender Schnittgeschwindigkeit eher einen leicht kontinuierlichen Charakter, wohingegen beim ADI-900 die Segmentierung stärker wird. In Bild 5-29 sind repräsentativ für eine typische Scherspanbildung mehrere Doppelbilder bei der Be-arbeitung des ADI-900 bei einer Schnittgeschwindigkeit von vc = 100 m/min und einem Vorschub von f = 0,2 mm in einer geeigneten Reihenfolge zusammengestellt. Die Form der Spanwurzel und der Späne sowie die Lage der Schneide wurden durch Kontrastveränderung bestimmt und in den Bilder nachgezeichnet. Der dargestellte Kontrast ist auf das Grundgefüge abgestimmt.

Linse

Werkstück

Werkzeug

Linse

Werkstück

Werkzeug

Gesamtaufbau Aufbau mit rotierendem Werkstück

Bild 1

Bild 2

Schnitt- und Versuchsdaten; vc = 100 m/min, f = 0,2 mm, � = 0°, �t = 50 µs

Werkstück Blitzlampe

Digitalkamera

Mikroskop

Werkzeug

Werkstück Blitzlampe

Digitalkamera

Mikroskop

Werkzeug

Bild 5-28: Versuchsaufbau zur in-situ Spanbildungsphotographie (nach /HOPP03/)

Set-up for in-situ chip formation photography

0,1 mm0,1 mm

Phase 1

0,1 mm0,1 mm0,1 mm0,1 mm 0,1 mm0,1 mm

Phase 2 Phase 3 Phase 4

Bild 5-29: Ausgewählte Spanbildungsstadien ermittelt mittels in-situ Spanbildungsphotographie für ADI-900 (vc = 100 m/min, f = 0,2 mm)

Selected ship formation stages identified using the in-situ chip formation set-up

Page 92: Adi

86

Aus den Bildern sind einige grundsätzliche Erkenntnisse zum Ablauf der Segmentbildung ableitbar. Mit dem Beginn der Ablösung einer noch nicht ganz vollständig ausgeformten Spanlamelle wird der Werkstoff jenseits der zugehörigen Scherebene bereits vorverformt (Bild 5-29 Phase 1). Zwi-schen der ausgeformten Spanlamelle und dem Grundgefüge hat sich ein Riss ausgebildet, der von der freien Oberfläche in die Scherebene läuft. Solange dieser noch nicht bis zur Schneidkante durchgelaufen ist bzw. noch Kontakt zur Schneidkante hat (Bild 5-29 Phase 2), kann über die alte Scherebene noch Kraft weitergeleitet und der Grundwerkstoff somit senkrecht zur Scherebene ge-staucht werden. Mit dem Durchbruch des Risses zur Schneidkante ist die Verformung des alten Spansegments abgeschlossen, so dass es nur noch über die Spanfläche herausgeschoben wird. Es ist davon auszugehen, dass das Spansegment nach dem Abtrennen keine bedeutenden mechanischen Belastungen mehr auf die Spanfläche ausgeübt. Im weiteren Verlauf wird das bereits vorverformte Material vor der Schneidkante aufgestaucht (Bild 5-29 Phase 3). Es bildet sich eine Scherebene aus, die durch die Verformungsgrenze beschrieben ist und die zur Schneidkante hin stark zu kleinen Scherwinkeln gekrümmt ist. Bei einem kritischen Zustand in der Scherebene, der nicht unmittelbar von Größe des verformten Segments abhängt (vergleiche Bilder von Phase 1), bildet sich ein Riss an der freien Oberfläche aus (Bild 5-29 Phase 4). Mit dieser Rissbildung verändert sich die Krüm-mung der Scherebene und neigt sich in leicht entgegengesetzter Richtung. Dieser Vorgang stimmt soweit mit den Beschreibungen von KOMANDURI und TURKOVICH überein, die ihre Erkenntnisse anhand der Zerspanung von Titan gewonnen haben. Im Gegensatz zu ihren Ausführungen ist der Neigungswinkel der Spanlamellen allerdings geringer.

5.3.3 Span- und Spanwurzelanalysen zur Bestimmung des Verformungszustandes vor der Schneidkante

Mit Hilfe der in-situ Spanbildungsphotographie wur-den die grundsätzlichen Abläufe bei der Bildung eines Spansegments erläutert. Da eine Analyse der stark verformten Bereiche allerdings nicht möglich ist, wur-den in einem zweiten Schritt Spanwurzeln durch eine Unterbrechung des Schnittvorgangs erzeugt und me-tallographisch untersucht. Verwendet wurde eine so genannte Schnellstopeinrichtung, bei der der Dreh-meißel drehbar gelagert ist und zu einem definierten Zeitpunkt durch die Auslösung eines Bolzenschussge-räts aus dem Schnitt geschlagen wird (Bild 5-30). Grenzen dieses Verfahrens liegen in der Höhe der anwendbaren Schnittgeschwindigkeit, bei der die Werkzeugschneide ohne ein Nachverformen ausrei-chend schnell aus dem Schnitt gebracht wird (vc,grenz � 350 m/min). Weiterhin existiert ein maxima-ler Vorschub, ab dem die Sollbruchstelle bereits durch die Schnittkraft ausgelöst wird (fgrenz � 0,35 mm).

Mit Hilfe dieses Verfahrens wurden verschiedene Ein-flüsse auf die Spanbildung analysiert, und zwar:

Zeitpunkt 1

Zeitpunkt 2

Werkzeug

Probe

Schnitt-richtung

Pistole

Soll-bruch-stelle

Bild 5-30: Prinzip zur Herstellung von Spanwurzeln

Principle for chip root

analysis

Page 93: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 87

� der Einfluss der Festigkeit des Grundgefüges durch einen Vergleich zwischen GJS-600 und ADI-800,

� der Einfluss der Graphitform durch eine Gegenüberstellung von Gusseisen mit Kugelgraphit und Gusseisen mit Lamellengraphit,

� der Einfluss der Schnittparameter Schnittgeschwindigkeit und Vorschub sowie

� der Einfluss der Schneidkantengeometrie durch Variation des Spanwinkels, der Schneidkanten-verrundung und der Gestaltung der Schneidkantenfase. Somit wurden typische Geometrien beim Drehen, Bohren und Fräsen abgebildet.

5.3.3.1 Beschreibung und Analyse der Spanbildungsphasen

Die Spanwurzeln wurden im Längsschnitt erzeugt (ap = 2 mm, � = 75°, � = 0°) und in ausreichender Entfernung von der Werkstückoberfläche und dem Eckenradius orthogonal zur Werkzeugschneide (Werkzeugorthogonalebene) präpariert. In diesem Bereich liegt ein nahezu ebener Verformungszu-stand vor und die Komponente quer zur Präparationsfläche kann vernachlässigt werden. In Bild 5-31 sind verschiedene Spanwurzeln dargestellt, die den Einfluss des Werkstoffes auf den Ver-formungszustand in der Spanbildungszone veranschaulichen sollen. Die Teilbilder 1, 2 und 3 zeigen jeweils Spanwurzeln von ADI-800 in unterschiedlichen Stadien der Segmententstehung, die Teil-bilder 4 und 5 verdeutlichen den Unterschied zu einem GJS-600 bzw. zu einem lamellaren GJL-250. Neben der Gesamtübersicht der Spanwurzel sind die für den Mechanismus der Spanbildung interessanten Zonen vor der Schneidkante und am Übergang der Scherzone zur freien Oberfläche vergrößert dargestellt. Das Schneidwerkzeug war ein planes beschichtetes HC-K10 Hartmetall mit einem Spanwinkel und � = -6°. Der Schneidkantenradius wurde im Mittel auf etwa re = 40 µm be-stimmt. Die Schnittbedingungen waren vc = 65 m/min und f = 0,32 mm.

Die Bildreihe 1 bis 3 in Bild 5-31 präzisiert aufbauend auf den Erkenntnissen der in-situ Spanbil-dungsphotographie die einzelnen Stadien bei der Entstehung eines Spansegments (siehe Kapitel 5.3.2): Danach wurden folgende Phasen der Spansegmentierung unterschieden:

� Vorstauchen: Mit dem Ablösen eines entstandenen Spansegments wird der Grundwerkstoff quer zur Scherebene vorgestaucht.

� Aufstauchen: Während das Spansegment über die alte Scherebene abgleitet, trifft die Schneidkante auf das vorgestauchte Grundmaterial. Die alte Scherebene wölbt sich in die entgegengesetzte Richtung und der Werkstoff wird vor der Spanfläche aufgestaucht.

� Scherebene und Rissbildung: Ab einem bestimmten Stauchgrad bildet sich eine neue Scher-ebene aus und durch die Ausbreitung eines Risses am Übergang zur freien Oberfläche ent-steht eine neue Spanlamelle.

� Abgleiten: Sobald der Riss durch die Scherebene durchgelaufen ist, gleitet das Spansegment nur noch über die Scherebene ab und der Grundwerkstoff wird wiederum vorgestaucht.

Page 94: Adi

88

3

1

2

4

5

Gesamtansicht Ausschnitt Schneidkante Ausschnitt OberflächeA

DI-

800

Ab

gle

ite

nR

issb

ild

un

gA

ufs

tau

ch

en

GJS

-600

Au

fsta

uch

en

GJL

-250

Au

fsta

uch

en

Bild 5-31: Spanwurzelquerschliffe ausgesuchter Spanbildungsstadien von ADI-800 (1, 2, 3), GJS 700 (4) & GJL250 (5) (vc = 65 m/min, f = 0,32 mm, ap =2 mm)

Chip root analysis of chosen ship formation stages

Teilbild 1 zeigt in dieser Stadienfolge den Zustand kurz vor der Entstehung der Scherzone, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu identifizieren ist. In der Kontaktzone sind zwischen dem neuen Segment und der Spanfläche stark verformte Reste des alten Spansegments zu erkennen. Diese sind in den Teilbilder 2 und 3 durch die aus dem Schnitt beschleunigte Schneide abgerissen geworden. Daher wirkt der Spanwinkel in diesen Bildern fälschlicher Weise negativer als er in Wirklichkeit ist. Es gilt somit festzuhalten, dass in der Phase des Aufstauchens Material des vorherigen Span-

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Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 89

segments zwischen Span und Spanfläche eingequetscht und dadurch stark verformt wird. Aus der Form der in der Spanwurzel liegenden Graphitkugeln lässt sich auf den Verformungszustand zu-rückschließen, wenn von einer exakten Kugelform im unverformten Zustand ausgegangen wird. In der im vorigen Überlauf entstandenen Oberfläche ist diese Bedingungen nicht gegeben, da die Gra-phitkugeln durch die Reibung der Freifläche verformt wurden. Aus der Verformung der Graphitku-geln ist zu erkennen, dass die Stauzone vor der Spanfläche etwa 1/3 der Spanlamelle in dieser Phase einnimmt und über die gesamte Kontaktzone verteilt ist. Genauere Analysen, z.B. der Umformgrade in der Stauzone folgen im späteren Teil dieses Kapitels.

Teilbild 2 zeigt den Zustand kurz nach der Entstehung der Scherebene, die eine markante S-förmige Gestalt besitzt. Der Scherwinkel ist somit vor der Schneidkante und am Übergang zur freien Ober-fläche kleiner als im Zentrum der Spanwurzel. Die Scherzone ist vor der Schneidkante auf einen sehr engen Bereich begrenzt und hat Ähnlichkeit mit den aus der Titanzerspanung bekannten adia-baten Scherbändern. Die Umformgrade in dieser Zone müssen daher extreme Werte aufweisen. Der Bereich zwischen Scherebene und Schneidkante ist weiter gestaucht worden. Dies ist den zu Lamel-len verformten Graphitkugeln zu entnehmen. Die Ausdehnung hat sich allerdings Richtung Schneidkante begrenzt. Am Übergang der Scherzone zur Oberfläche ist ein Riss entstanden, in des-sen Verlauf durchtrennte Graphitkugeln zu erkennen sind. Es ist daher denkbar, dass Graphitkugeln die Entstehung eines Risses begünstigen.

In Teilbild 3 hat sich der Riss bis zur Schneidkante fortgesetzt. Die entstandene Spanlamelle ist nur noch über einzelne Materialbrücken mit dem Grundmaterial verbunden. Der Stauchvorgang ist ab-geschlossen und die Lamelle gleitet über die alte Scherebene ab. Gleichzeitig wird das Grundmate-rial bereits wieder normal zur Scherebene, wie auch in den in-situ-Aufnahmen beobachtet, ange-staucht. Dies ist an der beginnenden Wölbung der Werkstückoberfläche und der veränderten Form der Graphitkugeln im Grundmaterial zu erkennen. Die Scherebene verliert ihre S-förmige Gestalt und der dazugehörige Scherwinkel wird größer. Im weiteren Verlauf gleitet das Spansegment weiter über die Spanfläche ab und das Grundmaterial staucht entsprechend Teilbild 1 wieder auf.

Die beschriebenen Stadien bei der Scherspanbildung sind ähnlich für die Werkstoffe GJS-600 und GJL-250. Die Abfolge besteht ebenso aus einer Aufstauchung des Spansegments, der Bildung der Scherzone und der Abgleitung. Es sind allerdings auch einige markante Unterschiede zu erkennen. Dies gilt für den GJS-600 im Wesentlichen für die Ausdehnung der vor der Schneidkante liegenden Scherzone (Teilbild 4). Beim ADI ist diese ähnlich eines adiabaten Scherbandes extrem lokalisiert. Beim GJS-600 ist das in dieser Form nicht festzustellen. Die Rissbildung am Übergang zur Ober-fläche ist in beiden Fällen vorhanden und scheint auch hier durch die Graphitkugeln begünstigt zu werden. Folge dieser stärkeren Lokalisierung der Scherzone könnte eine stärkere Dynamik der Schnittkräfte sein, die in den Vorversuchen für den ADI vorgefunden wurde. Beim GJL-250 liegt der Graphit statt in kugeliger in lamellenartiger Form vor. Dies führt zu Spannungsspitzen an den Lamellenenden und zu einer deutlich größeren Anzahl von Rissen in der Spanwurzel. Der gesamte Vorgang der Spanlamellierung ist daher mehr durch Rissentstehung, Risswachstum und Abgleitung als durch eine Verformung gekennzeichnet (Teilbild 5).

Bei einem Vergleich der hier gewonnenen Erkenntnisse mit den Beiträgen von PEKELHARING, VAN

LUTTERFELD und KOMANDURI ist festzustellen, dass sich die von den Autoren beschrieben Modell-vorstellungen in diesen Beobachtungen wiederfinden lassen. Die wesentlichen Schnittmengen bil-

Page 96: Adi

90

den dabei die Bildung der Stauzone, die Veränderung von Form und Lage der Scherzone sowie die Rissbildung. Es ist allerdings wesentlich, welche der Beobachtungen Ursache und welche Folge der Scherspanbildung ist. Beim ersten Anschnitt liegt der Vorgang des Aufstauchens bis zur Ausbil-dung der Scherebene auch für jedes Material, das zur Fließspanbildung neigt, vor. Die Ursache der Scherspanbildung kann daher nur mit den beobachteten Versagensmechanismen in der Scherzone zusammenhängen. Hierbei ist zwischen einem Mechanismus vor der Schneidkante und einem am Übergang zur Oberfläche zu unterscheiden. Vor der Schneidkante herrschen gerade bei einem nega-tiven Spanwinkel und einer ausgeprägten Schneidkantenverrundung relativ große Druckspannungen vor, wodurch ein Versagen durch Rissbildung unwahrscheinlich ist. Bei der Titanzerspanung wird nach gängiger Vorstellung thermoplastische Scherung für die Lokalisierung der Verformung ver-antwortlich gemacht (siehe dazu auch Kapitel 6.1.1). Beim ADI ist das weniger anzunehmen, muss allerdings überprüft werden. SIDJANIN ET AL. äußern eine solche Vermutung /SIDJ03/. Am Über-gang zur Werkstückoberfläche wird in jedem Fall eine Rissbildung beobachtet. Dies weist auf die Gegenwart von Zugspannung hin. Nach der Schädigung des Werkstoffes in der Scherzone sind die weiteren Beobachtungen, vor allen Dingen die Veränderung von Form und Lage der Scherzone, nur noch Folge der Spansegmentierung. Dies gilt auch für den wiederkehrenden Stauchprozess.

Weitere Informationen über die Verformungsprozesse während der Spanbildung sollen im Folgen-den durch eine Auswertung der Graphitkugelverzerrung erzielt werden. Unter der Voraussetzung, dass die Graphitkugeln vor der Verformung eine ideale Kugelform aufweisen und die Verformung nur in der analysierten Betrachtungsebene stattfindet, lässt sich der lokale Umformgrad über den Quotienten der Halbachsen der verzerrten Graphitkugeln nach folgender Gleichung berechnen:

��

���

�⋅=

D

dgem ln5,0.ϕ 5–24

mit ϕgem. mittlerer Umformgrad

d [mm] kurzer Halbmesser der verformten Graphitkugel

D [mm] langer Halbmesser der verformten Graphitkugel

Weiterhin lässt sich aus der Richtung der Graphitkugelverzerrung in begrenztem Maße auf den bis zu diesem Zeitpunkt herrschenden mittleren Spannungszustand schließen. Solange sich die Orien-tierung des Hauptspannungszustandes bis zum Auswertezeitpunkt nur geringfügig verändert, ist davon auszugehen, dass die Hauptspannungen im Wesentlichen in Richtung der Halbachsen der verzerrten Graphitkugeln verlaufen. Die Ergebnisse der Berechnungen der in Bild 5-31 diskutierten Spanbildungsstadien sind in Bild 5-32 dargestellt.

Die Form und Größe des aufgestauchten Bereiches ist anhand der Lage der verformten Graphitku-geln klar ersichtlich. Bis zur Ausbildung der Scherzone (Teilbild 1) werden Umformgrade erreicht, die im Wesentlichen zwischen 0,3 und 0,5 liegen und in der Nähe der Schneidkante Werte bis zu 0,8 erreichen. Aus der Richtung der verformten Graphitkugeln ist der Einfluss des Schneidkanten-radius erkennbar, der die Druckhauptspannungen in Richtung des Grundgefüges verlagert. Zum Ende der Kontaktzone liegt dagegen eine Verlagerung der Hauptspannungen in Richtung zur Ober-fläche vor. Insgesamt ergibt sich daraus eine gebogene Anordnung der Graphitkugeln, die außerdem die Grenze der Stauzone bestimmt.

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Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 91

ba

b

a

a

b

ba

b

r

b

b

a

ba

a

r

a

bar

barA

ϕϕ

ϕ

ϕ

ππ

−=�

��

���

�⋅=�

���

⋅=�

���

�=

��

���

�⋅=�

���

⋅=�

���

�=

⋅=�

⋅⋅=⋅=

ln5,0lnln

ln5,0lnln

2

vorVerformung

nachVerformung

ab

abrr

Randbedingungen:• ideale Kugelform der

Graphiteinschlüsse vor Verformung

• ebener Vorformungs-zustand in der Ebene desQuerschliffes

Phase 1: Bildung der Stauzone vor der Spanfläche

Phase 2: Lokalisierung vor der Schneidkante, Bildung der Scherzone

Graphitkugelverzerrung &Hauptachsensystem

Phase 3: Rissbldung, Herausschieben des Spansegments, neue Stauzone

0,33

1,16

0,400,87

0,06

0,25

0,07

0,08

0,24

0,32 0,47

0,541,51

0,12

0,35

0,33

1,16

0,400,87

0,06

0,25

0,07

0,08

0,24

0,32 0,47

0,541,51

0,12

0,35

0,61

0,76

1,14

0,97

1,13

0,63

0,360,42

0,64

0,49

0,10

0,300,28

0,61

0,76

1,14

0,97

1,13

0,63

0,360,42

0,64

0,49

0,10

0,300,28

0,90

1,24

1,040,43

0,29

1,05

0,310,70

0,69

0,47

0,90

1,24

1,040,43

0,29

1,05

0,310,70

0,69

0,47

Bild 5-32: Verformungsberechnung anhand der Graphitkugelverzerrungen für ADI-800

Calculation of strain analysing the deformation of the graphite nodules

In der folgenden zweiten Phase wird das Material direkt vor der Schneidkante weiter gestaucht. Die Umformgrade liegen in diesem Bereich zwischen 0,7 und 1,2. Außerdem bildet sich die Scherzone aus, deren gebogene Form mit der aus der Lage der Graphitkugeln bestimmten Spannungsvertei-lung übereinstimmt (Teilbild 2 rechts). Der Werkstoff unterhalb der Scherzone wird leicht vorver-formt. Mit dem Beginn des Abgleitens ist keine Erhöhung des Umformgrads mehr feststellbar (Teilbild 3), bis das Spansegment vor der Spanfläche durch das folgende Segment eingeklemmt wird. In Teilbild 1 werden in dieser Kontaktzone Umformgrade bis zu 1,5 gemessen.

In Kapitel 5.2.2.1 wurde festgestellt, dass das austenitisch-ferritische Gefüge durch eine Verfor-mung unabhängig von der angewendeten Dehngeschwindigkeit überproportional stark verfestigt. Da mit der Verformung der Anteil des Austenits im Gefüge abnimmt, wurde dieser Vorgang auf eine Umwandlung des Austenits in Martensit zurückgeführt. Die beobachteten Umformvorgänge in der Spanwurzel und insbesondere die wiederkehrende Bildung einer Stauzone lassen vermuten, dass ähnliche Umwandlungsvorgänge auch bei der Spanbildung eine Rolle spielen. Weiterhin können die Verfestigungsvorgänge auch die Verschleißmechanismen beeinflussen. Einflüsse sind direkt über die Bildung eines härteren Gegenkörpers und indirekt über die Entstehung höherer örtlicher Flächenpressungen zu erwarten. Um mögliche Gefügeveränderungen zu detektieren, wurde das in Kapitel 5.1.3 vorgestellte „Heat Tinting“ auf die präparierten Spanwurzelquerschnitte angewendet (Bild 5-33). Das Ergebnis wird hierbei allerdings etwas verfälscht, da die hohe Anzahl von Mikro-

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92

porositäten im Gefügeschliff zu einer partiellen Überätzung führen. Trotzdem lassen sich Bereiche identifizieren, die auf eine Bildung von Verformungsmartensit hinweisen. Nach Bild 5-33 gilt dies vor allem für den Bereich der Stauzone. Es ist einleuchtend, dass eine derartige Verfestigung vor der Schneidkante die lokalen Belastungen an dieser Stelle erhöht. Das in den Vorversuchen beo-bachtete Abbrechen der Kolklippe ist hierdurch erklärbar. Im Gegen-satz zur Stauzone ist der Einfluss der Gefügeumwandlung auf die Scher-zone relativ gering, da nach der ein-setzenden Scherung der Umform-vorgang in der Spanwurzel durch die Rissbildung unterbrochen wird. Ne-ben den hier beschriebenen mecha-nisch bedingten Gefügeveränderun-gen beeinflussen während der Span-bildung auch thermische Prozesse das Gefüge. Die hierfür notwendige Bedingung, dass eine Aufheizung über Austenitisierungstemperatur erfolgt, liegt aber im Allgemeinen nur in der sekundären Scherzone des Spans vor. Der beobachtete Um-wandlungsbereich ist aber wesent-lich größer und nicht auf die sekun-däre Scherzone beschränkt. Außer-dem liegt eine sekundäre Scherzone, wie sie von der Fließspanbildung bekannt ist, bei der Scherspanbil-dung nicht vor. Die in Bild 5-33 erkennbaren Gefügeveränderungen können daher ausschließlich auf mechanischen Umwandlungsvorgängen beruhen.

5.3.3.2 Einfluss der Schneidkantengeometrie

Die bisherigen Untersuchungen basieren auf einer Schneidkantengeometrie mit einem Spanwinkel von � = -6° und einer Schneidkantenverrundung von ca. 40-50 µm. Dies entspricht einer gängigen Geometrie für die Drehbearbeitung mit CVD-beschichteten Wendeschneidplatten für die Gussbear-beitung. Unter diesen Bedingungen wird eine ausgeprägte Scherspanbildung hervorgerufen. Es ist allerdings bekannt, dass die Spanform durch die Geometrie der Schneidkante stark beeinflusst wer-den kann. Auf Grund der durch die Spanbildung bedingten Kontaktverhältnisse ist auch eine Beein-flussung der Verschleißmechanismen zu erwarten. Weiterhin sind in anderen Fertigungsverfahren wie dem Fräsen oder dem Bohren vielfach andere Geometrien des Schneidkeils üblich. Aus diesen Gründen wurden ähnliche Spanwurzeluntersuchungen auch für andere charakteristische Schneid-teilgeometrien durchgeführt. Variiert wurde dazu die Schneidkantengeometrie im Hinblick auf fol-gende Anwendungsfälle:

Phase 1: Bildung der Stauzone

Phase 2: Bildung der Scherzone

Bild 5-33: Gefügeuntersuchung der Spanwurzeln mit-tels Heat Tinting

Microstructure of the chip roots using the

Heat Tinting analysis

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Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 93

� Geometrie 1: negative Wendeschneidplatte für das Drehen mit geringerem Schneidkanten-radius (� = -6°, re = 9 µm)

� Geometrie 2: Wendeschneidplatte für die Zerspanung mit Keramik mit einer Schneidkanten-fase (� = -6°, Fase 0,2 x –20° � �eff = -26°)

� Geometrie 3: Wendeschneidplatte für das Fräsen mit größerem Spanwinkel und scharfer Schneide (� = 10°, re = 10 µm, �eff = 10°)

� Geometrie 4: Wendeschneidplatte für das Fräsen mit größerem Spanwinkel und Schneid-kantenfase (� = 10°, Fase 0,1 x 0° � �eff = 0°)

� Geometrie 5: Vollhartmetallbohrer mir einer negativen Schneidkantenschutzfase (� = 20°, Fase 0,1 x –25° � �eff = -25°)

� Geometrie 6: Vollhartmetallbohrer mir einer positiven Schneidkantenschutzfase (� = 20°, Fase 0,1 x +5° � �eff = 5°)

In Bild 5-34 sind die Ergebnisse der Span- und Spanwurzelanalysen der Geometrien 1, 5 und 6 ex-emplarisch dargestellt. Die Erkenntnisse aus diesen Spanwurzelanalysen mit variierten Schneidkan-tengeometrien werden im Folgenden im Zusammenhang mit den nicht dargestellten Geometrien beschrieben.

Bei einem unveränderten Spanwinkel von � = -6° verändert sich die Spanart durch eine Verringe-rung des Schneidkantenradius nur geringfügig (Geometrie 1). Bei einem Radius von re = 9 µm liegt eine gleichermaßen ausgeprägte Scherspanbildung vor wie bei einem Radius von re = 40 µm, wobei die einzelnen Spansegmente fester zusammenhängen. Die Festigkeit zwischen den Spanlamellen lässt sich auf den Einfluss des effektiven Spanwinkels im Schneidkantenradius zurückführen. Bei einem großen Schneidkantenradius wird die Scherzone in Richtung kleinerer Scherwinkel abge-lenkt, wodurch sich höhere Scherkräfte in dieser ergeben. Nach der charakteristischen Rissbildung und der damit verbundenen Schwächung des Spanquerschnittes gleitet das Spansegment mit größe-rer Energie ab. Dies führt zu einer geringeren Verschweißung der Spansegmente.

Dasselbe Phänomen ist auch bei der Zerspanung mit einer großen negativen Schneidkantenfase zu beobachten, wie sie bei der Anwendung von Schneidkeramik üblich ist (Geometrie 2). Bei einer Fase von 0,2 x -20° und einem effektiven Spanwinkel von �eff = -26° entstehen nur noch einzelne unverbundene Spanlamellen, die als Nadelspäne bezeichnet werden können.

Eine Besonderheit ergibt sich bei der Scherspanbildung an der Unterseite des Spans, wenn mit ei-nem negativen Spanwinkel gearbeitet wird. Durch den sequentiellen Stauch- und Abschervorgang bildet sich keine durchgehende Fließzone unter dem Span aus sondern nur einzelne Fließzonenseg-mente, die auch nur locker mit dem Rest des Spans verbunden sind (siehe Bild 5-34: Spanquer-schnitt Geometrie 1). Diese Segmente sind weniger durch einen sekundären Schervorgang zwischen Span und Spanfläche entstanden sondern eher durch Quetschung während des Aufstauchens.

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94

0,100 18°02´´23°42´´

0,100 18°02´´23°42´´

0,113 20°09´´

5°46´´

0,113 20°09´´

5°46´´

R9µmR9µm

1 mm1 mm 1 mm1 mm 1 mm1 mm

300 µm300 µm 300 µm300 µm 300 µm300 µm

Geometrie 1 Geometrie 5 Geometrie 6

Bild 5-34: Span- und Spanwurzelvergleich beim kontinuierlichen Schnitt mit unterschiedlichen Schneidkantengeometrien (vc = 80 m/min, f = 0,16 mm)

Comparison of chip and chip root using different cutting edge gemoetries

Bei einem positiven Spanwinkel ab etwa � = 10° geht die Scherspanbildung in eine Fließspanbil-dung über, wobei die Ausprägung der Mikrogeometrie der Schneidkante auch hier einen wesentli-chen Einflussfaktor darstellt. Bei einem Spanwinkel von � = 10° und einer scharfen Schneidkante (Geometrie 3) oder einem Spanwinkel von � = 20° mit einer Schutzfase mit positivem effektivem Spanwinkel liegt eine vollständige Fließspanbildung vor (Bild 5-34 Geometrie 6). Der Umformpro-

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Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 95

zess im Span erfolgt nicht mehr durch sequentielles Anstauchen und Abgleiten sondern durch eine kontinuierliche Scherung. Bei Verwendung einer Schutzfase mit negativem effektivem Spanwinkel, wie sie bei den meisten Hartmetallbohrern zur Anwendung kommt, geht die Spanbildung auch bei einem Spanwinkel von � = 20° in eine Mischung aus Scher- und Fließspanbildung über, bei der ein Abgleiten nicht an jeder möglichen Lamelle stattfindet (Bild 5-34 Geometrie 5).

Mit dem Übergang von einer Scher- in eine Fließspanbildung ändert sich nicht nur der sequentielle Ablauf in einen kontinuierlichen Prozess sondern auch der mittlere Umformgrad im abgetrennten Span. Bei einer Fließspanbildung wird das gesamte Material, das dem Spanungsquerschnitt zuge-führt wird, durch die kontinuierliche Scherung stark verformt. Bei einer Scherspanbildung werden dagegen nur einzelne Bereiche des Spans stark verformt.

Aus den Umformversuchen an ADI ist bekannt, dass die Fließspannung bei diesem Werkstoff mit der wahren plastischen Dehnung überproportio-nal ansteigt. Wenn mehr Material in der Spanwurzel umgeformt wird, sollte die Gesamtbelastung der Schneidkante daher steigen. Diesen Einfluss zeigen auch die Ergebnisse von Mikrohärteuntersuchungen an verschiedenen Spanwurzeln. Bild 5-35 zeigt einen Vergleich der Mikrohärteverteilung bei einem Scher- und einem Fließspan bei der Zerspanung von ADI-800. Interessant ist zum einen die Höhe der gemesse-nen Mikrohärte, die im Bereich des Staupunktes jeweils Werte von weit über 700 HV erreicht. Zum anderen ist ersichtlich, dass die hohen Härte-werte bei einem ADI-Fließspan im gesamten Span erreicht werden, wo-hingegen diese bei der Scherspanbildung nur im Bereich der Stauzone auftreten.

Die beschrieben Ergebnisse zeigen, dass die Art der Spanbildung durch eine Variation der Schneid-kantengeometrie gezielt beeinflusst werden kann. Weiterhin ist bekannt, dass die Verteilung und Dynamik der Belastungen in der Kontaktzone von der Spanbildung abhängen. Daraus wurde ge-schlossen, dass auch die Verschleißmechanismen von der Scherspanbildung abhängen. Sind die genauen Zusammenhänge zwischen Spanbildung und Verschleißmechanismen bekannt, ist es somit möglich, das Verschleißverhalten von Schneidwerkzeugen gezielt zu optimieren.

360

560

410

460

510

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360

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510

360

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460

510

[HV

, 30

0 m

N]

[HV

, 30

0 m

N]

vc = 80 m/min; f = 0,25 mm; � = 18°; neg. Schneidkantenfase

vc = 80 m/min; f = 0,16 mm; � = 20°; pos. Schneidkantenfase

Bild 5-35: Einfluss der Spanbildung auf Mikrohärtever-teilung bei Drehen von ADI-800

Influence of the chip formation on the distri-

bution of micro hardness when turning ADI-

800

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96

5.3.4 Abschätzung der mittleren Schnitttemperatur unter der Spanfläche mittels 2-Farben-Pyrometrie

In den Vorversuchen wurde festgestellt, dass bei der Bearbeitung der duktilen ADI-Sorten ein deut-lich stärkerer Kolkverschleiß auftritt als bei der Bearbeitung von sprödharten ADI-Sorten oder per-litischem Gusseisen mit Kugelgraphit. Dieses Ergebnis und die Tatsache, dass schon geringe Ände-rungen der Schnittgeschwindigkeit große Auswirkungen auf die Größe der Verschleißkennwerte haben, führen zu der Annahme, dass thermische Verschleißmechanismen bei der Zerspanung von duktilem ADI eine Rolle spielen. Nach den Ausführungen über die Zusammenhänge im tribologi-schen Kontakt ist die Temperatur für verschiedene Verschleißmechanismen verantwortlich. In ers-ter Linie gilt dies für diffusionsgesteuerte Verschleißmechanismen (siehe Kapitel 4.2.4). Aber auch adhäsive Verschleißprozesse und tribochemische Reaktionen werden durch die Temperatur beein-flusst (Kapitel 4.2.2 & 4.2.4).

Ursache für die in den Kontaktzonen herrschenden Temperaturen sind Umformprozesse im zerspanten Material sowie Reibprozesse zwischen den Kontaktpartnern. Die in der Spanbildungs-zone verrichtete plastische Verformungsarbeit wird nahezu vollständig in Wärme umgewandelt. Diese kann sich aufgrund der hohen Dehngeschwindigkeiten nur begrenzt durch Wärmeleitung ver-teilen, so dass sich die Umformzonen annähernd adiabat erwärmen. Nach der klassischen Spanbil-dungstheorie, die den kontinuierlich Fließspan beschreibt, entsteht diese Wärme im Wesentlichen in der primären Scherzone, in welcher der Span entsteht, und der sekundären Scherzone, in der die Spanunterseite durch das Abgleiten über der Spanfläche weiter verformt wird. Zusätzlich erhöht sich die Temperatur in den Kontaktzonen durch Reibung, einerseits zwischen Span und Spanfläche und andererseits zwischen der bearbeiteten Oberfläche und der Freifläche /BOOT63/. In Abhängig-keit von der Schnittgeschwindigkeit, den Wärmeübergangskoeffizienten und den thermischen Ei-genschaften der Kontaktpartner ergibt sich eine charakteristische Temperaturverteilung in Werk-stück, Span und Werkzeug.

Da die Höhe und die Verteilung der Temperatur in der Kontaktzone zwischen Span und Spanfläche die Verschleißausprägung wesentlich bestimmt, haben zahlreiche Forscher versucht diese analytisch bzw. messtechnisch zu bestimmten. Die analytischen Verfahren gehen im Allgemeinen von einer stationären Reibung aus. Ein Materialelement des Werkstückes, das nach Durchgang durch die Scherzone die Eingangstemperatur 0 besitzt, wird während des Kontakts mit der Spanfläche in Abhängigkeit von den Normal- und Scherspannungen, der Reibgeschwindigkeit und dem Rei-bungskoeffizienten auf eine Endtemperatur 1 erwärmt /USUI78, LAZO02, MOLI02/. Aus diesem Ansatz ergibt sich ein typisches Temperaturfeld, bei dem die maximale Kontakttemperatur in einem deutlichen Abstand von der Schneidkante etwa in der Mitte der Kontaktfläche erreicht wird.

Die Ergebnisse der Untersuchungen zur Scherspanbildung in Kapitel 5.3.3 zeigen, dass die Voraus-setzungen der klassischen Vorstellung der Temperaturverteilung in der Spanfläche für diesen Pro-zess nicht vorliegen. Es existiert keine kontinuierliche Scherzone, in der in einem engen Bereich bei hohen Dehngeschwindigkeiten die hauptsächliche Verformung stattfindet sondern ein sequentielles Aufstauchen und Abgleiten. Die hauptsächliche Umformarbeit wird während des Aufstauchens geleistet, da der Verformungsvorgang während des Abgleitens durch die Rissbildung unterbrochen wird. Im Gegensatz zu einer Fließspanbildung erfolgt die Verformung während des Aufstauchens in einem Bereich größerer Ausdehnung bei durchschnittlich geringeren Dehngeschwindigkeiten. Au-

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Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 97

ßerdem liegen keine kontinuierlichen Reibverhältnisse in der Kontaktzone zwischen Span und Spanfläche vor. In der Phase des Aufstauchens wird das Material ohne wesentliche Querbewegung gegen die Spanfläche gedrückt und erst in der Phase des Abgleitens über diese abgeführt. Es ist somit mit einer anderen Höhe und Verteilung der Kontakttemperaturen zu rechnen. KOMANDURI und TURKOVICH vermuten einen verstärkenden Effekt durch die Scherspanbildung, da beim Auf-stauchen verformtes heißes Material in intensiven Kontakt mit der Spanfläche kommt /KOMA81a/ (siehe dazu auch Kapitel 5.3.1).

In jedem Fall ergibt sich durch die Scherspanbildung eine schmalere Kontaktzone auf der Spanflä-che. Dies wurde in den Vorversuchen bei einer Gegenüberstellung von ADI-900 und 42CrMo4+QT eindeutig nachgewiesen. Ob der in dieser Zone festgestellte starke Kolkverschleiß auch in erster Linie mit einer erhöhten Temperatur zusammenhängt, gilt es im Folgenden zu untersuchen.

Zur Messung der Temperatur bzw. der Temperaturverteilung werden in der Zerspantechnik ver-schiedene Messtechniken eingesetzt. Grundsätzlich wird zwischen berührenden und berührungslo-sen Verfahren unterschieden. Zu den berührenden gehören im Wesentlichen Verfahren, die auf dem physikalischen Prinzip des thermoelektrischen Effekts beruhen. Angewendet werden Thermoele-mente, die in die Schneide oder das Werkstück eingebaut werden und die Temperatur in einer defi-nierten Entfernung von der Zerspanstelle messen /USUI78, KÖNI97, HOPP03/. Weiterhin existiert die so genannte Einmeißelmethode, bei der die Zerspanstelle als Thermoelement fungiert. Als nachteilig erweist sich allerdings der langwierige und aufwendige Eichprozess /KÖNI97/. Unter berührungslosen Verfahren versteht man in der Regel Temperaturmessungen mittels Pyrometrie oder Thermographie /YOUN96, CHU98, HUDA02, GENT02, MILL03, AMOR03/. Beide sind Wärmestrahlungsverfahren und nutzen die Emission elektromagnetischer Wellen. Als Pyrometrie werden Verfahren bezeichnet, die die Temperatur punktuell messen und nur eine schmale Bandbrei-te von elektromagnetischen Wellenlängen nutzen. Vorteil dieses Verfahrens ist eine höhere zeitliche Auflösung. Bei der Thermographie wird ein Detektor-Array eingesetzt, das während der Messung eine Oberfläche abtastet. Die Abtastgeschwindigkeit des Arrays schränkt bei diesem Verfahren die Messgeschwindigkeit ein. Wegen der größeren Bandbreite sind allerdings eine höhere thermische Auflösung und die Möglichkeit der Messung von niedrigen Temperaturen gegeben. Für beide Ver-fahren besteht das Problem, dass für die Bestimmung der Temperatur der spektralen Emissionsgrad �� der gemessenen Wärmestrahlung erforderlich ist. Dieser hängt von der Wellenlänge, der Tempe-ratur, dem Werkstoff und der Oberflächenstruktur ab und ist in Abhängigkeit von allen Einflussgrö-ßen schwer ermittelbar. Bei pyrometrischen Systemen wird zumindest der Einfluss der Wellenlänge durch die geringe Bandbreite eliminiert. Der Einfluss der Temperatur und des Werkstoffes ist aller-dings immer noch beträchtlich. KLOSE hat beispielsweise für verschiedene Gusswerkstoffe Emissi-onsgrade zwischen 0,2 und 0,4 festgestellt, wobei im Bereich zwischen 100 und 400 °C der Einfluss des Werkstoffes größer ist als der der Temperatur /KLOS93/.

Vorrangiges Ziel für die hier diskutierten Verschleißphänomene ist die Messung und der Vergleich der Temperaturen unter der Spanfläche. Die Anwendung von Wärmestrahlungsverfahren wird bei der Zerspanung von Gusseisen und insbesondere ADI durch die kurzen Spanformen und den Aus-tritt von Graphit erschwert. Aus diesen Gründen wurde ein Versuchsaufbau gewählt, bei dem eine pyrometrische Temperaturmessung über ein Sackloch unter der Spanfläche durchgeführt wurde (Bild 5-36). Es ist dabei erforderlich, dass sich die Messfläche unterhalb der Spanfläche in einer

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98

Entfernung von ca. 0,1 mm von der Freifläche befindet. Nur dies ermöglicht bei der Scherspanbil-dung die Temperaturmessung in der Kontaktzone.

Als Messinstrument stand für die Versuche ein spezielles Zwei-Farben-Pyrometer zur Verfügung, das am WSA der RWTH Aachen speziell für die Anwendung in der Zerspanung entwickelt wurde /MÜLL02/ (Bild 5-36 rechts). Das Verfahren beruht auf der pyrometrischen Messung von zwei verschiedenen Wellenlängen (�1 = 1,7 µm und �2 = 2,0 µm). Bei diesen Zwei-Farben-Pyrometern wird die Intensität zweier diskreter Wellenlängenbänder ins Verhältnis gesetzt. Da sich die Wellen-längen nur wenig unterscheiden und sie somit nahezu gleiche Emissionsgrade besitzen, wird die ermittelte Temperatur vom Emissionsgrad unabhängig. In dem beschriebenen Versuchsaufbau wird die unter der Spanfläche entstehende Wärmestrahlung mit einer lichtleitenden Glasfaser (D = 0,26 mm) an das Zwei-Farben-Pyrometer übertragen. Mit dem verwendeten Zwei-Farben-Pyrometer sind Temperaturen ab 250 °C messbar /MÜLL02/.

Glasfaser

IR-Filter

Messverstärker

Tiefpassfilter

Fotodetektor

Farbteiler

LinseWerkstück

ca. 0,1 mm

ca. 0,3 mm

0,1 - 0,15 mm

f = 0,25 mm

Werkzeug

Bild 5-36: Versuchsaufbau zur Ermittlung von Schnitttemperaturen mittels 2-Fabenpyrometrie

Experimental setup to determine cutting temperatures with 2-colour pyrometer

Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Schnitttemperaturen unter der Spanfläche bei der Zerspanung eines ferritischen und eines perlitischen Gusseisens mit Kugelgraphit, der ADI-Sorten ADI-9001, ADI-1200 und ADI-1400 sowie eines Vergütungsstahls 42CrMo4+QT der Vergütungsfestigkeit Rm =1050 N/mm² bestimmt. Die Versuche wurden im kontinuierlichen Orthogonalschnitt an einem Rohr durchgeführt. Die Schnittzeit lag jeweils bei wenigen Sekunden, um einerseits eine ausrei-chende Verteilung der Temperatur zu ermöglichen aber andererseits über alle Versuche keinen Ver-schleißeinfluss zu erhalten. Die eingesetzten Schneiden und deren Schneidkantengeometrie ist in Tab. 5.7 zusammengefasst.

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Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 99

Tab. 5.7: Versuchsbedingungen bei der Temperaturmessung

Schneidplatte TCGW

Spanwinkel [°]

Beschichtung Schnittgeschw.

[m/min] Spanungsdicke

[mm] Spanungsbreite

[mm]

Schneide 1 +6 - 70 / 100 0,25 2

Schneide 2 0 - 70 / 100 0,25 2

Schneide 3 -6 - 70 / 100 0,25 2

Sch

neid

en

Schneide 4 +6 TiN 100 / 160 0,25 2

Nach dem Einsatz wurden die Schneiden aufgetrennt und die Lage der Bohrung und der damit ver-bundenen Messfläche ermittelt. Die Ergebnisse sind in Tab. 5.8 zusammengefasst.

Tab. 5.8: Gemessene Abstände der Temperaturmessfläche

Abstand zur Spanfläche

[mm]

Abst. Mittellinie zur Freifläche

[mm]

Durchmesser der Messbohrung

[mm]

Schneide 1 0,111 0,291 0,349

Schneide 2 0,152 0,264 0,367

Schneide 3 0,099 0,287 0,356

Sch

neid

en

Schneide 4 0,106 0,312 0,330

Die Ergebnisse der Temperaturmessungen sind in Bild 5-37 zusammengestellt. Die Diagramme stellen die Höhe der Schnitttemperatur unter der Spanfläche in Abhängigkeit von der Schnittge-schwindigkeit für die jeweils eingesetzte Schneide gegenüber. Folgende Beobachtungen lassen sich anhand der Versuchsergebnissen beschreiben:

� Bei den Werkstoffen GJS-400, GJS-700 und 42CrMo4+QT steigt die Schnitttemperatur mit der Schnittgeschwindigkeit, wie nach allgemeiner Vorstellung erwartet, an. Für den ADI-900 fällt dieser Anstieg für die unbeschichteten Schneiden (vc = 70 - 100 m/min) allerdings geringer aus. Bei den hochfesten ADI-Sorten ist er nahezu nicht mehr ausgeprägt.

� Im Schnittgeschwindigkeitsbereich von 100 - 160 m/min bei Einsatz einer TiN-beschichte-ten Schneide ist der Temperaturanstieg über der Schnittgeschwindigkeit bei allen Werkstof-fen ähnlich.

� Bei Einsatz einer Beschichtung sinkt im Allgemeinen die Temperaturbelastung des Substrats auf Grund der geringeren Wärmeleitfähigkeit und des geringeren Reibwerts der Beschich-tung. Dies stimmt für alle Werkstoffe mit den Versuchsergebnissen überein.

� Die ADI-Werkstoffe sowie der GJS-700 rufen sehr ähnliche Spanflächentemperaturen her-vor. Beim 42CrMo4+QT sind diese dagegen deutlich höher. Beim GJS-400 wird eine we-sentlich geringere Schnitttemperatur gemessen, wobei die Differenz zu den ADI-Werkstoffen mit zunehmender Schnittgeschwindigkeit geringer wird.

� Bei einer Verringerung des Spanwinkels von � = +6° bis � = -6° verändern sich die Spanflä-chentemperaturen bei den ADI-Werkstoffen und beim 42CrMo4+QT nur geringfügig, beim GJS-400 und GJS-700 ist allerdings eine Zunahme der Spanflächentemperatur festzustellen.

Page 106: Adi

100

Dies hat zur Folge, dass bei einem negativen Spanwinkel und einer Schnittgeschwindigkeit von vc = 100 m/min die Temperatur bei GJS-700 um ca. 16% höher liegt als beim ADI-900.

0

200

400

600

800

1000

Schnittgeschwindigkeit vc / (m/min)

Sc

hn

ittt

em

pe

ratu

r T

/ °C

0

200

400

600

800

1000

Schnittgeschwindigkeit vc / (m/min)

Sc

hn

ittt

em

pera

tur

T/ °C

0

200

400

600

800

1000

70 160

Schnittgeschwindigkeit vc / (m/min)

Sch

nit

ttem

pera

tur

T / °

C

0

200

400

600

800

1000

Schnittgeschwindigkeit vc / (m/min)

Sc

hn

ittt

em

pera

tur

T/ °C

Schneide S3 (γγγγ = -6°)

Schneide S1 (γγγγ = +6°)

Schneide S4 (TiN) (γγγγ = +6°)

Schneide S2 (γγγγ = 0°)

42CrMo4+QT

ADI 900

ADI 1200

ADI 1400

GJS 700

GJS 400

42CrMo4+QT

ADI 900

ADI 1200

ADI 1400

GJS 700

GJS 400

42CrMo4+QT

ADI 900

ADI 1200

ADI 1400

GJS 700

GJS 400

42CrMo4+QT

ADI 900

ADI 1200

ADI 1400

GJS 700

GJS 400

42CrMo4+QT

ADI 900

ADI 1200

ADI 1400

GJS 700

GJS 400

42CrMo4+QT

ADI 900

ADI 1200

ADI 1400

GJS 700

GJS 400

42CrMo4+QT

ADI 900

ADI 1200

ADI 1400

GJS 700

GJS 400

42CrMo4+QT

ADI 900

ADI 1200

ADI 1400

GJS 700

GJS 400

100

70 160100

70 160100

70 160100

Bild 5-37: Schnitttemperaturen in Abhängigkeit und Werkstoff und Schneidenform

Cutting temeratures dependent on material and cutting edge gemetry

Unter den beschriebenen Beobachtungen fällt in erster Linie auf, dass die Spanflächentemperatur bei der Zerspanung eines ADI-900 nicht deutlich höher ist, wie es auf Grund der Kombination aus Festigkeit und Duktilität dieses Werkstoffs erwartet werden würde. Aus diesem Grund sind die Schlussfolgerungen aus den Vorversuchen zu überprüfen. Dort wurde der extreme Kolkverschleiß bei der Zerspanung von ADI auf eine höhere Schnitttemperatur zurückgeführt. Aus den Tempera-turmessungen lässt sich sogar feststellen, dass die Schnitttemperatur bei der Zerspanung eines GJS-700, der nur durch Freiflächenverschleiß gekennzeichnet ist, über der des ADI-900 liegt.

Bei der Interpretation dieser Ergebnisse ist zu berücksichtigen, dass die maximale Temperatur in der Kontaktzone bei der Zerspanung von Gusswerkstoffen sehr nahe an der Schneidkante liegt. KLOSE hat für verschiedene lamellare, vermikulare und globulare Gusseisenwerkstoffe Temperatur-verteilungen mit einer Thermographiekamera gemessen /KLOS93/. Auch wenn die Auswertung der Temperaturverteilung mit der Thermographie aus den beschriebenen Gründen schwierig ist, zeigen die Ergebnisse in jedem Fall, dass sich der Abstand der maximalen Spanflächentemperatur bei Gusseisenwerkstoffen mit Kugelgraphit mit steigender Festigkeit auf den Wert der Spanungsdicke

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Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 101

reduziert. Bei einer Spanungsbreite von h = 0,2 mm und einer Mitte der Messfläche von der Schneidkante von ca. 0,27 mm liegt das Temperaturmaximum somit nur am Rand der Messfläche. Da diese Einschränkung allerdings sowohl für die ADI-Werkstoffe als auch für den GJS-700 gilt, kann hiermit nur eine mögliche Abweichung zum Vergütungsstahl erklärt werden.

Einen weiteren Grund für Abweichungen der gemessenen Temperatur von der tatsächlichen maxi-malen Schnitttemperatur können Beläge und Aufschmierungen darstellen, die an der Werkzeug-schneide anhaften und während des Schnittprozesses kontinuierlich den Kontakt zur Spanfläche verhindern. Derartige Aufschmierungen wurden bei der Zerspanung aller Gusswerkstoffe festge-stellt (Kapitel 3.1.3) und können daher ebenfalls für eine Verringerung der Schnitttemperatur beim ADI ausgeschlossen werden.

Die Ursache für die Höhe und die Verteilung der Temperatur in der Kontaktzone wird somit auf die Ausprägung der Spanbildung zurückzuführen sein. In den Stauchversuchen mit hohen Dehnge-schwindigkeiten wurde festgestellt, dass sich ein ADI-900, der bei quasistatischen Verhältnissen relativ duktile Eigenschaften besitzt, bei hohen Dehngeschwindigkeiten wie ein GJS-700 relativ spröde verhält. Aus diesem Grund bildet sich nach dem Aufstauchen des Spansegments keine rich-tige Scherzone aus. Das Spansegment gleitet nach einer Rissbildung über die Scherzone nur ab. Die in der Fließspanbildung bestimmende Wärmequelle der Scherzone hat hier daher nur eine unterge-ordnete Bedeutung. Eine starke Verformung mit einer damit verbundenen Wärmeentwicklung ent-steht bei einem ausgeprägten Schneidkantenradius in der Nähe der Schneidkante. Außerdem wird der Werkstoff beim Aufstauchen des Spansegments und bei den Quetschvorgängen an der Spanflä-che stark verformt. Es liegt im Gegensatz zur Fließspanbildung außerdem keine ausgeprägte Reib-bewegung vor.

Aus diesen Zusammenhängen lässt sich schließen, dass die Temperatur bei der Zerspanung von ADI nicht Haupteinflussfaktor für die beobachteten Verschleißmechanismen ist. Die Spanflächen-temperaturen sind bei einem Vergütungsstahl 42CrMo4+QT deutlich höher als bei einem ADI-900. Da der ADI-900 trotzdem einen ausgeprägten Kolkverschleiß zeigt, muss dies auf eine andere Hauptursache zurückzuführen sein. Es ist allerdings möglich, dass die Schnitttemperatur als zusätz-licher Faktor z.B. bei Adhäsionsvorgängen wirksam ist. Dies lässt sich daraus schließen, dass in den Vorversuchen eine erhebliche Abhängigkeit der Standzeit von der Schnittgeschwindigkeit festge-stellt wurde.

5.3.5 Analyse der statischen und dynamischen Schnittkräfte

Die Höhe und Ausprägung der Schnittkräfte bilden ebenfalls einen wesentlichen Beurteilungsmaß-stab für das Verschleißverhalten, da sie in Verbindung mit der Größe der Kontaktfläche die Belas-tung in den Kontaktzonen bestimmen. Gusseisenwerkstoffe werden insbesondere auf Grund ihrer geringeren Schnittkräfte im Vergleich zu Stahlwerkstoffen als relativ gut zerspanbar beschrieben. Dies gilt vor allem bei größeren Vorschüben, da die Schnittkraft über der Spanungsdicke degressiv ansteigt.

In den Vorversuchen wurden die Schnittkräfte von ADI im Vergleich zu Stahl- und Gusswerkstof-fen mit einen konventionellen Schnittkraftdynamometer Typ 9121 der Fa. Kistler gemessen (siehe Kapitel 3.1.2). Die Auswertungen zeigten für den ADI-900 eine ähnliche Abhängigkeit der Schnitt-

Page 108: Adi

102

kraft vom Vorschub wie für die konventionellen Gusswerkstoffe GJS-400 und GJS-700. Da für den ADI eine Scherspanbildung nachgewiesen wurde (Kapitel 5.3.2 & 5.3.3), bei der die Segmentierung mit dem Vorschub zunimmt, ist dieser ähnliche Verlauf der mittleren Schnittkraft erklärbar. Dass die Absolutwerte der mittleren Schnittkräfte allerdings nahezu identisch im Vergleich zu perliti-schem Gusseisen (GJS-700) sind, ist auf Grund der Festigkeit und Duktilität des ADI eher überra-schend.

Weiterhin wurde in den Vorversuchen eine starke Dynamik des Schnittkraftsignals festgestellt, die offensichtlich die des GJS-700 übertrifft. Ursache für die Kraftdynamik ist ebenfalls die Spanlamel-lierung. Aus den Spananalyen lässt sich eine mittlere Länge der Spanlamellen von 0,3 - 0,4 mm ermitteln. Dies entspricht bei einer Schnittgeschwindigkeit von vc = 100 m/min einer Lamellie-rungsfrequenz von ca. 4750 Hz. Das eingesetzte Schnittkraftdynamometer Typ 9121 der Fa. Kistler besitzt allerdings eine Eigenfrequenz von fe = 1000 Hz, die durch die aufgesetzte Masse des Mei-ßels und die Einspannung in der Maschine weiter reduziert wird. Die Anregungsfrequenz liegt da-her deutlich oberhalb der Eigenfrequenz des Messsystems. Es ist somit mit einem Übersprechen der Kraftamplituden zu rechnen. Quantitative Aussagen über die dynamischen Anteile der Schnittkräfte sind mit diesem Messaufbau deshalb nicht möglich.

Aus diesem Grund wurde für die Analyse der dynamischen Schnittkräfte ein Messsystem einge-setzt, dass am WZL für die Analyse des Fräsereingriffs bei hohen Drehzahlen entwickelt wurde. Grundidee dieses Systems ist es, die vorgelagerte Masse der Kraftmesseinrichtung möglichst zu reduzieren. Die Eigendrehfrequenz �0 wird bei Annahme eines Einmassenschwingers nach der Be-ziehung �0 = (c/m)1/2 wesentlich durch die Steifigkeit c und die Masse m bestimmt und lässt sich somit durch eine Reduzierung der Masse deutlich erhöhen. Zur Erzielung einer geringen vorgela-gerten Masse wurde der piezoelektrische Kraftaufnehmer, ein SlimLine-Sensor Typ 9132B der Fa. Kistler, direkt unter der Scheide appliziert (Bild 5-38). Der Sensor ist mit 3000 N über eine Dehn-schraube vorgespannt, auf der die seitlich fixierte Schneidplatte befestigt wird. Zur Kalibrierung und zum Vergleich der Messsysteme wurde der Kraftmessmeißel in einem Schnittkraftdynamome-ter aufgenommen. Zusätzlich wurde die Beschleunigung in Schnittrichtung mit einem Beschleuni-gungssensor gemessen.

Für einen Vergleich verschiedener Werkstoffe und Schneidkantengeometrien wurden Versuche im Längsschnitt durchgeführt. Darüber hinaus wurden Kraftwerte im Orthogonalschnitt ermittelt, um Vergleichsdaten für die Zerspansimulation zu erhalten. Der Einfluss der Schneidkantengeometrie auf die Ausprägung der Schnittkräfte wurde anhand derselben Schneiden ausgewertet, die auch für die Analyse der Spanbildung verwendet wurden. Variiert wurden weiterhin die Schnittgeschwin-digkeit zwischen vc = 70 und 100 m/min und die Spanungsdicke zwischen h = 0,16 und 0,25 mm.

Der Meißelhalter mit integriertem SlimLine-Sensor wurde im ersten Schritt über eine Federwaage vorkalibriert, indem der Messwert mit der Kraftmessplattform abgeglichen wurde. Nach Abschluss der Versuche wurden der SlimLine-Sensor in einem zweiten Schritt über einen Abgleich der ge-messenen Schnittkräfte feinkalibriert. Dazu wurden die Messwerte der mittleren Schnittkräfte bei-der Messsysteme für alle Versuche gegeneinander aufgetragen (Bild 5-39 links). Da sich die Schnittkräfte bei der Zerspanung des GJS-400 und des 42CrMo4+QT durch eine relativ geringe Dynamik auszeichnen (siehe auch Bild 5-39 rechts), können Resonanzerscheinungen ausgeschossen werden. Der Messwert der geeichten Kraftmessplattform gilt in diesem Fall als ausreichend genau.

Page 109: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 103

Es wurden daher die Messpunkte dieser Werkstoffe herangezogen, um mit Hilfe einer Ausgleichs-funktion die Werte des SlimLine zu korrigieren. Die dynamischen Kraftsignale wurden erst nach dieser Feinkalibrierung ausgewertet.

Wendeschneidplatte

Slim-Line-SensorMeißel

WSP-Fixierung

VorspannelementSchnittkraft

Vorspannkraft

Slim-Line-Sensor

Beschleunigungssensor 3-Komponenten Schnittkraftdynamometer

Messanordnung Orthogonalschnitt

Messanordnung Längsschnitt

Bild 5-38: Aufbau der Vorrichtung zur Messung der Schnittkraftdynamik

Experimental setup to measure dynamic cutting forces

Die Gegenüberstellung der Messwerte zeigt für die Werkstoffe GJS-400, GJS-700 und 42CrMo4+QT einen weitestgehend linearen Zusammenhang und damit eine hinreichende Güte des Messaufbaus.

Bei der Zerspanung des ADI-900 lässt sich allerdings feststellen, dass die Messpunkte der mittleren Schnittkraft beider Systeme nicht mit der Kalibrierfunktion übereinstimmen. Die Messwerte der Kraftmessplattform liegen um bis zu 100 N unterhalb des entsprechenden Ausgleichswerts bzw. die des SlimLine-Sensors bis zu 100 N über dem entsprechenden Ausgleichswert.

Nähere Erkenntnisse über dieses Phänomen lassen sich aus den mittleren Schnittkraftamplituden gewinnen, die in Bild 5-39 rechts für beiden Messsysteme dargestellt sind. Diese zeigen einerseits die geringe Dynamik bei der Zerspanung des GJS-400 und des 42CrMo4+QT. Anderseits ist die stärkere Dynamik des perlitischen Gusseisens mit Kugelgraphit und des ADI-900 erkennbar. Für alle dynamischen Signale wird der Amplitudenwert der Kraftmessplattform auf Grund der über-schrittenen Eigenfrequenz überschätzt. Dies gilt insbesondere für einige Schnittkraftmessung am ADI-900, hier beispielsweise bei einer Schnittgeschwindigkeit von vc = 70 m/min und einem Vor-schub von f = 0,25 mm. Es scheint in diesem Fall eine ausgeprägte Resonanz des Systems vorzulie-gen. Da der Amplitudenwert des SlimLine-Sensors ebenfalls deutlich zunimmt, erscheint in diesem

Page 110: Adi

104

Fall der Messaufbau für eine Auswertung ungeeignet. Die Schnittkraftplattform stellt eine zu große Nachgiebigkeit im Kraftfluss dar und führt zu einer Veränderung des Gesamtsystems.

0

400

800

1200

1600

ge

m.

Sch

nit

tkra

ftam

plitu

de /

NSchnittgeschwindigkeit / (m/min)

GJS-700 ADI-900GJS-400 42CrMo4+QT

70 7070 70100 100100 100

Messwert SlimLine-Sensor

Messwert Kraftmessplattform

Messwert SlimLine-Sensor

Messwert Kraftmessplattform

f = 0,25 mm, ap = 1 mm

κ = 75°, γ = -6°, λs = 0°

HW-K10

0

200

400

600

800

1000

mittlere Schnittkraft (Kraftmessplattform) / N

mit

tlere

Sc

hn

ittk

raft

(S

lim

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e)

/ N

200 6000 400 800

Fc,Slim-Line = 1,0294·Fc, Plattform + 29,192 [N]

42CrMo4+QT

ADI 900

GJS 700

GJS 400

42CrMo4+QT

ADI 900

GJS 700

GJS 400

Bild 5-39: Ergebnisvergleich der Messeinrichtungen SlimLine-Sensor und Kraftmessplattform

Comparison of the measuring devices SlimLine-sensor and dynamometer

Auf Grund dieser offensichtlichen Resonanzerscheinungen für den beschriebenen Anwendungsfall wurden Stichversuche ohne Verwendung einer Kraftmessplattform durchgeführt und denen mit Kraftmessplattform gegenübergestellt (Bild 5-40). Die Ergebnisse zeigen einen unterschiedlichen Mittelwert der beiden Messsysteme, wenn sich die Kraftmessplattform im Kraftfluss befindet (Ver-gleich 1 - 2). Wird die Kraftmessplattform ausgebaut, misst der SlimLine-Sensor denselben Mittel-wert (Vergleich 2 - 4). Es lässt sich allerdings anhand der mittle-ren maximalen Beschleunigung erkennen, dass sich die Dynamik des Gesamtsystems erheblich reduziert (Vergleich 3 - 5). Dies führt weiterhin zu einer geringe-ren gemessenen Schnittkraftamp-litude des SlimLine-Sensors (Vergleich 2 - 4).

Auf Grund dieser Gegenüberstel-lung ist es wahrscheinlich, dass der gemessene Mittelwert der Schnittkraftplattform im Reso-nanzfall zu geringeren Werten verfälscht wird. Verfälscht wird weiterhin die gemessene Schnitt-kraftamplitude des SlimLine-Sensors. Alle Kraftmessungen für

0

200

600

800

1200

1400

Sc

hn

ittk

raft

/ N

1000

400

ohne Kraftmessplattformmit Kraftmessplattform

0

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1500

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3000

3500

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m/s

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0

500

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1000

mit

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max

. B

esc

hle

un

igu

ng

/ (

m/s

²)

Mittelwert (Plattform)

Mittelwert (Slim-Line)

Beschl. (Schnittrichtung)

1 2 3 4 5

Bild 5-40: Einfluss der Kraftmessplattform auf das Ge-samtsystem (vc = 70 m/min, f = 0,25 mm)

Influence of the dynamometer on the behaviour

of the total systems

Page 111: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 105

die folgenden Schnittkraftauswertungen wurden daher für den ADI-900 ohne den Einsatz der Kraftmessplattform durchgeführt.

Die Darstellung der Schnittkräfte im Frequenzbereich zeigt ebenfalls den Einfluss der beiden Mess-systeme auf die Dynamik des Gesamtsystems (Bild 5-41). In diesem Fall wurde ein Versuch mit einer Schnittgeschwindigkeit von vc = 100 m/min gewählt, bei dem die Resonanzerscheinung deut-lich geringer aber dafür vergleichbar ist. Für GJS-700 und ADI-900 liegt eine dominante charakte-ristische Frequenz bei ca. f � 3500 Hz vor, die bei einer Schnittgeschwindigkeit von vc = 100 m/min einem charakteristischen Schnittweg von �c = 0,42 mm entspricht. Für den ADI-900 ist eine weitere Resonanzstelle bei ca. 4500 Hz festzustellen. Diese ist beim GJS-700 nur gering ausgeprägt. Da diese Frequenz im Beschleunigungssignal besonders ausgeprägt ist, werden die beobachten Reso-nanzprobleme mit dieser Resonanzstelle zusammenhängen. Die genauen Hintergründe für diese Effekte lassen sich in dieser Arbeit allerdings nicht vertieft analysieren. Hierzu ist es erforderlich, die Abhängigkeiten des Frequenzganges des Gesamtsystems über den gesamten Bereich möglicher Anregungen durch die Spansegmentierung zu bestimmten. Dies ist nicht Gegenstand dieser Arbeit und kann als Ansatzpunkt für weitere Forschungsarbeiten dienen.

Bes

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N(S

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20

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10

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30

40

50

0

10

20

30

40

50

0 5000 10000 0 5000 10000 0 5000 10000 0 5000 10000

Frequenz nach Fast-Fourier-Transformation / Hz

Längsschnitt: vc = 100 m/min, h = 0,25 mm, b = 1 mm, γ = -6°, λs = 0°, HM-K10

0

5

10

15

20

25

0

5

10

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10

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10

15

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10

0

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0

10

20

30

40

50

0

10

20

30

40

50

0

10

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50

0

10

20

30

40

50

GJS 400 GJS 700 42CrMo4+QT ADI 900

Bild 5-41: Fast-Fourier-Analysen der Schnittkräfte und Beschleunigungen

Fast-Fourier-Analysis of cutting forces and accelerations

Zielsetzung dieser Untersuchungen ist die Ermittlung und der Vergleich der statischen und dynami-schen Schnittkraftwerte von ADI, konventionellem Gusseisenwerkstoffen und Vergütungsstahl ähn-licher Festigkeit. Weiterhin sollen die Auswirkungen unterschiedlicher Schneidkantengeometrien

Page 112: Adi

106

auf die Höhe und die Dynamik der Schnittkräfte analysiert werden. Die Untersuchungen wurden zur besseren Vergleichbarkeit mit den Spanbildungsuntersuchungen im Landrehverfahren durchgeführt (Bild 5-42). Die Ermittlung der Absolutwerte für den Abgleich mit der Zerspansimulation in Kapi-tel 6.2 erfolgte dagegen im Orthogonalschnitt durch Bearbeitung eines Rohres.

0

200

400

600

800

1000

GJS-4

00

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00

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GJS-4

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GJS-7

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ADI-900

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200

400

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1000

42CrM

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200

400

600

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1000

Sch

nit

tkra

ft /

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ch

nit

tkra

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N

Sch

nit

tkra

ft /

N

0,100 18°02´

23°42´

0,100 18°02´

23°42´

0,113 20°09´

5°46´´

0,113 20°09´

5°46´´

10°03´10°03´ 0,149 9°57´0,149 9°57´

R9µmR9µm

GJS-4

00

GJS-7

00

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ADI-900

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00

ADI-900

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T

GJS-4

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GJS-7

00

42CrM

o4+Q

T

ADI-900

GJS-4

00

GJS-7

00

ADI-900

R9µmR9µm

Schnittbedingungen:

Schnittgeschwindigkeit: 70 m/min 100 m/min

Vorschub: 0,25 mm

Schnitttiefe: 1 mm

Messwerte Slim-Line-Sensor:

Mittelwert:

Mittelwert & Amplitude:

Schneidwerkzeug:

Längsdrehen: κ = 75°, λs = 0°

Schneidstoff: HW-K10

Schneidkantengeometrie: je nach Ausführung

Schnittbedingungen:

Schnittgeschwindigkeit: 70 m/min 100 m/min

Vorschub: 0,25 mm

Schnitttiefe: 1 mm

Messwerte Slim-Line-Sensor:

Mittelwert:

Mittelwert & Amplitude:

Schneidwerkzeug:

Längsdrehen: κ = 75°, λs = 0°

Schneidstoff: HW-K10

Schneidkantengeometrie: je nach Ausführung

1 1 2 3

4 5

Bild 5-42: Mittlere und dynamischen Schnittkräfte in Abhängigkeit von Werkstoff, Schnittpa-rametern und Eingriffsverhältnissen (Messwerte des SlimLine-Sensors)

Mean and dynamic cutting forces dependent on material, cutting parameters and

contact conditions

Einfluss des Werkstoffs bei Einsatz einer platten Schneidplatte mit negativem Spanwinkel

(� = -6°) (Bild 5-42 links oben)

Die Schnittkraftwerte weisen bei einer negativen Schneidkantengeometrie insbesondere für den GJS-700 und den ADI-900 eine ausgeprägte Dynamik auf. Die Größe der Amplitude ist für den GJS-400 relativ gering, steigt beim GJS-700 merklich an und erhöht sich beim ADI-900 zusätzlich um etwa den Faktor zwei. Im Gegensatz zu den Voruntersuchungen steigt neben der Amplitude

Page 113: Adi

Analyse zerspanbarkeitsrelevanter Werkstoffeigenschaften 107

auch die mittlere Schnittkraft vom GJS-700 zum ADI-900 deutlich an. Bei dem Vergütungsstahl ist das Niveau der Schnittkraft praktisch konstant. Der Mittelwert liegt etwas höher als beim ADI, ein Vergleich der Maximalwerte zeigt allerdings, dass die Kraftspitzen bei der Bearbeitung des ADI-900 den Mittelwert des Vergütungsstahls deutlich übersteigen.

Ursache der dynamischen Schnittkräfte ist die Scherspanbildung. Der gemessene Maximalwert tritt zu dem Zeitpunkt auf, an dem sich das Material vor der Schneidkante vollständig aufgestaucht hat, aber noch keine Rissbildung eingetreten ist. In dieser Phase wird die größte Kontaktfläche einge-nommen. In Hinblick auf die Gegenüberstellung von Verschleißursachen ist die maximale Schnitt-kraft somit ein aussagekräftigeres Kriterium, um eine Fließ- und eine Scherspanbildung zu verglei-chen. Für die Beurteilung der Leistungsaufnahme der Maschine ist dagegen die mittlere Schnittkraft entscheidend.

Einfluss der Schneidkantengeometrie

Beim Einsatz einer positiven Schneidkantengeometrie (Bild 5-42 rechts oben, Geometrie 2) sinken die mittleren Schnittkräfte für die konventionellen Gusseisenwerkstoffe und den Vergütungsstahl. Für den ADI-900 reduziert sich allerdings nur die Amplitude der Schnittkraft, der Mittelwert bleibt relativ konstant. Die Verringerung der Amplitude lässt darauf schließen, dass die Spanbildung gleichförmiger wird und von einer Scher- in eine Lamellenspanbildung übergeht. Die Auswertung der Mikrohärte von ADI-Lamellen- und Fließspänen hat ergeben, dass der komplette Spanquer-schnitt deutlich stärker verformt und damit stärker aufhärtet. Es ist daher zu vermuten, dass die mittleren Schnittkräfte bei einer gleichförmigeren Spanbildung durch die hohe Verfestigung des austenitisch-ferritischen Gefüges weniger stark absinken als dies bei anderen Werkstoffen beobach-tet wird. Bei einer weiteren Vergrößerung des Spanwinkels (Bild 5-42 rechts unten, Geometrie 5) verstärkt sich der Verfestigungseinfluss nicht, da das Material bereits die maximale Festigkeit er-reicht hat.

Die Gegenwart einer Schneidkantenfase hat keinen Einfluss auf die mittleren Schnittkräfte. Solange die Breite der Schneidkantenfase gering gegenüber der Spanungsdicke ist, beeinflusst die Fase die Spanbildungsvorgänge nur geringfügig. Anders verhält sich dies bei einer Spanungsdicke, die nur etwas über der Breite der Schneidkantenfase liegt (Bild 5-42 rechts oben, Geometrie 3). In diesem Fall wird ein Anstieg der Schnittkraftamplitude festgestellt.

5.4 Zwischenfazit: zerspanbarkeitsrelevante Werkstoffeigenschaften des ADI-Gusseisens

Aus den Voruntersuchungen wurde geschlussfolgert, dass bei der Zerspanung von ADI eine Kom-bination von Verschleißmechanismen wirksam sein muss, die weder von der Zerspanung konventi-oneller Gusswerkstoffe noch von Vergütungsstählen ähnlicher Festigkeit bekannt ist. Ziel der Un-tersuchungen dieses Kapitels war es daher, ADI-spezifische Werkstoffeigenschaften näher zu ana-lysieren, um auf die Ursachen für die teilweise schwierige Bearbeitbarkeit dieser Werkstoffgruppe schließen zu können. Ausgegangen wurde dazu von bekannten tribologischen Zusammenhängen bei der Zerspanung. Daraus wurden Werkstoffeigenschaften abgeleitet, die in Bezug auf die möglichen Verschleißmechanismen untersucht werden müssen. Dazu gehörten die Eigenschaften des austeni-tisch-ferritischen Gefüges wie Mikrohärteteilung und Adhäsionsneigung sowie die plastomechani-

Page 114: Adi

108

schen Eigenschaften bei hohen Dehngeschwindigkeiten. Mit Hilfe der daraus gewonnen Erkennt-nisse lassen sich einige Kernprobleme bei der Zerspanung von ADI-Gusseisen umreißen.

Kennzeichnend für ADI ist das spezielle austenitisch-ferritische Gefüge, das in dieser Form in ande-ren Werkstoffen nicht existiert. Der Ferrit entspricht bei den duktilen ADI-Sorten einem zemen-titfreien bainitischen Ferrit, der durch den Siliziumgehalt eine erhöhte Festigkeit und Härte be-kommt. Der Austenit ist durch den hohen Kohlenstoffgehalt verhältnismäßig hart und nicht ver-gleichbar mit dem weichen Austenit rostfreier Stähle. Zusätzlich erhält das ADI-Gefüge seine hohe Festigkeit über die sehr feine Struktur aus Ferritplatten und Austenitzwischenräumen.

In ihrer idealen Form enthalten die duktilen ADI-Sorten keine Bestandteile harter karbidischer Ein-schlüsse. Diese treten erst bei höherfesten ADI-Sorten prozessbedingt auf. Im realen Zustand kann durch die notwendigen Legierungszusätze und die damit verbundenen Seigerungen allerdings nie ein praktisch vollständig homogenes Gefüge erreicht werden. Aus diesem Grund kommt es zu Här-teschwankungen im Gefüge, die bei der Zerspanung einen höheren abrasiven Verschleiß hervorru-fen.

Ein besonderes Charakteristikum des kohlenstoffstabilisierten Austenits ist die verformungsindu-zierte Umwandlung in Martensit. Dies führt zu einer überproportionalen Verfestigung bei einer plastischen Verformung. Da der Umwandlungsvorgang nur vom Umformgrad und nicht von der Dehngeschwindigkeit abhängt, wird auch die Spanbildung durch diese Eigenart beeinflusst. Es kommt zu verhältnismäßig hohen Schnittkräften und dementsprechend hohen Belastungen der Schneidkante. Weiterhin wird eine erhöhte Neigung zur Adhäsion festgestellt.

Trotz der hohen Duktilität des austenitisch-ferritischen Gefüges im quasistatischen Zustand reagiert der Werkstoff bei hohen Dehngeschwindigkeiten eher spröde. Es kommt daher zu einer sehr ausge-prägten Scherspanbildung. Folge dieser Scherspanbildung ist eine extreme Dynamik in der mecha-nischen Schneidkantenbelastung. Während der Schneidkeil in das Material eintauscht wird der Werkstoff stark verfestigt und nach dem Abscheren des Spansegments abrupt entlastet. Andererseits entstehen auf der Spanfläche durch die fehlende sekundäre Scherzone geringere Schnitttemperatu-ren.

Im Gesamtzusammenhang ist davon auszugehen, dass die Werkzeugschneide bei der Zerspanung der duktilen ADI-Sorten weniger durch einen übermäßigen abrasiven Verschleiß angegriffen wird. Wahrscheinlicher ist eher, dass die Kombination aus Adhäsion, Verfestigung und hoher spezifischer Schneidkantenbelastung für ein Versagen der Schneidwerkzeuge verantwortlich ist. Weitergehende Erkenntnisse sollen dazu aus den folgenden Zerspansimulationen gewonnen werden.

Page 115: Adi

FE-Modellierung der Spanbildung und Bestimmung der Kontaktbedingungen 109

6 FE-Modellierung der Spanbildung und Bestimmung der Kontakt-bedingungen zwischen Material und Schneidkante

In Kapitel 5.2.3 wurden die plastomechanischen Eigenschaften der Versuchswerkstoffe in Form von Materialgesetzen beschrieben. Das Resultat sind Materialkennwerte, die das Werkstoffverhal-ten bei hohen Dehnungen und hohen Dehngeschwindigkeiten charakterisieren. Weiterhin sind expe-rimentelle Untersuchungen der Spanbildung anhand von Spanwurzeln, Temperatur- und Kraftsigna-len durchgeführt worden. Hieraus konnten Zusammenhänge über die werkstoffspezifischen Ver-schleißmechanismen umrissen werden. Um weitergehende Erkenntnisse, insbesondere über das durch die Scherspanbildung verursachte zeitlich veränderliche Belastungskollektiv in der Kontakt-zone, zu gewinnen, werden im Folgenden Simulationen des Spanbildungsprozesses mit der Finite-Elemente-Methode durchgeführt. Die Werkstoffgesetze liefern dabei die Eingangsinformationen für die Bestimmung der Fließspannungen. Als Ausgangsgrößen ergeben sich charakteristische Span-formen sowie dynamische Schnittkräfte und -temperaturen, die mit den praktischen Versuchsergeb-nissen abgeglichen werden müssen. Bei hinreichender Übereinstimmung der rechnerisch und expe-rimentell ermittelten Werte ist von einer ausreichenden Güte der Modellvorstellung auszugehen. Aus den Simulationen können in diesem Fall die Kontaktbedingungen zwischen Span und Spanflä-che sowie zwischen Werkstückoberfläche und Freifläche abgeschätzt werden, die mit Hilfe prakti-scher Experimente in ihrer Größe und zeitlichen Auflösung nicht bestimmbar sind.

Vor einer Verwendung der Werkstoffgesetze für die Zerspansimulation ist zu überprüfen, ob die in der Spanwurzel und insbesondere in der Scherzone vorliegenden Dehnungen und Dehngeschwin-digkeiten durch den Gültigkeitsbereich der Materialgesetze abgedeckt werden. Des Weiteren ist zu untersuchen, ob mit Hilfe der Beschreibung der Fließspannungen die Bedingungen für eine Scherspanbildung gegeben sind. Anderenfalls sind die Materialgesetze um zusätzliche Modelle zu erweitern. Im Folgenden werden die wesentlichen Fragestellungen diskutiert.

Plastische Dehnungen und Dehngeschwindigkeiten

Die Materialgesetze wurden aus Stauchversuchen für wahre plastische Dehnungen bis ca. 0,6 sowie für Dehngeschwindigkeiten zwischen ca. 2000 und 7000 s-1 ermittelt. Die Analyse der Spanwurzeln ergibt allerdings, dass in der Nähe der Spanfläche und Schneidkante Dehnungen von deutlich grö-ßer als 1 erreicht werden. Wird weiterhin berücksichtigt, dass diese Dehnungen in der Scherzone durch die Verformungslokalisierung noch übertroffen werden, deckt der Gültigkeitsbereich des Ma-terialgesetzes nicht alle Bedingungen in der Spanwurzel ab.

Die Höhe der Dehngeschwindigkeit während der Entstehung des Spansegmentes wird durch eine vereinfachte Modellvorstellung abgeschätzt. Die Stauchphase der Scherspanbildung wird dazu als Verformung eines einseitig eingespannten Quaders gesehen, der von der Spanfläche bis zum Aus-lauf der Scherebene reicht. In diesem Fall beträgt die Dehngeschwindigkeit etwa ε� = vc/(h/tan(ϕ)-vc·t) mit der Schnittgeschwindigkeit vc, dem Scherwinkel ϕ, der Spanungsdicke h und Zeit t ab dem Start der Segmentbildung. Bei konventionellen Schnittgeschwindigkeiten ergibt sich eine Dehnge-schwindigkeit von ca. 4000 bis 6000 s-1. Diese wird durch die Schlag-Druckversuche abgedeckt. Die Dehngeschwindigkeit in einer Scherzone der Dicke ∆x lässt sich grob mit ε� = vc·tan(ϕ)/∆x abschätzen, wenn von einer gleichförmigen Scherung ausgegangen wird. Aus den Spanwurzelauf-

Page 116: Adi

110

nahmen ergibt sich im Extremfall eine Dicke von wenigen 1/100 mm. Die Dehngeschwindigkeiten haben in diesem Fall eine Größenordnung von 10000 bis 50000 s-1, die den Beschreibungsbereich der Schlag-Druckversuche deutlich überschreiten.

Es ist ersichtlich, dass die Dehnungen und Dehngeschwindigkeiten in einigen Bereichen der Span-wurzel nicht durch den Gütigkeitsbereich des Materialgesetzes nach Kapitel 5.2.3 abgedeckt wer-den. Die aus dem Materialgesetz bei diesen Bedingungen ableitbaren Fließspannungen müssen da-her näher untersucht werden.

In Bild 6-1 sind dazu die berech-neten isothermen Fließspannun-gen für ADI-900 bei einer Tem-peratur von 100 °C dargestellt. Es ist ersichtlich, dass bei hohen Dehnungen und Dehngeschwin-digkeiten hohe Fließspannungen erreicht werden. Dies gilt insbe-sondere in Abhängigkeit von der Dehngeschwindigkeit, wenn Wer-te vorausgesetzt werden, die für die Bedingungen in der Scherzo-ne abgeschätzt worden sind. Au-ßerdem wurde gerade für diese Bedingungen in den Spanwurzel-analysen eine Schädigung des Werkstoffes festgestellt, die zu einem bevorzugten Abgleiten des Spansegmentes führt. Dies wider-spricht den hohen Fließspannun-gen und fordert eine Erweiterung des Materialmodelles.

Gefügehomogenität

Trotz der relativ kleinen Probenabmessungen liefern die Schlag-Druckversuche nur Werte über Dehnungen und Fließspannungen, die über das gesamte Gefüge gemittelt sind. Beim Spanbildungs-vorgang macht sich aber das heterogene Gefüge des Gusswerkstoffes mit seinen Graphitkugeln und der umgebenden Eisenmatrix bemerkbar, da das Größenverhältnis der Verformungszone zur Gra-phitkugelgröße deutlich abnimmt. Bei der Analyse der Vorgänge in der Scherzone müssen daher auch die Eigenschaften der einzelnen Gefügebestandteile Berücksichtigung finden, die durch das Materialgesetz nicht unterschieden werden.

Werkstoffschädigung

Aus der Untersuchung der Spanwurzeln wurde geschlossen, dass die Scherspanbildung bei den un-tersuchten Gusseisen mit Kugelgraphit nicht nur durch ein rein plastisches Fließen zustande kommt. Zusätzlich zeigen sich vor der Schneidkante und am Übergang der Scherzone zur Werkstückober-

0 1 2 3 40 1 2 3 40

1000

2000

3000

5000

wahre plastische Dehnung

Fli

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10

0°C

/ (

N/m

m²)

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100000

Dehngeschwindigkeit / s-1

0,001

5000

10000

20000

50000

100000

Dehngeschwindigkeit / s-1

4000

Bild 6-1: Berechnete isotherme Fließspannungen für ADI-900 bei 100 °C nach Gleichung 5–20 und Tab. 5.6

Calculated isothermal flow stress for ADI-900

at 100°C

Page 117: Adi

FE-Modellierung der Spanbildung und Bestimmung der Kontaktbedingungen 111

fläche weitere jeweils unterschiedliche Versagensmechanismen. Vor der Schneidkante kommt es nach einer Stauchphase zur Ausbildung einer scherbandähnlichen Verformungszone und am Über-gang zur Werkstückoberfläche ruft Rissbildung eine Ablösung des Spansegments hervor. Zur Be-schreibung von Versagen durch Rissbildung reicht das angenommene Werkstoffgesetz der Form � = f(�, ε� ,�) nicht aus.

Schlussfolgerung

Die beschriebenen Überlegungen zeigen, dass das Materialmodell vor der Durchführung von Zerspansimulationen im Hinblick auf die Vorgänge bei der Scherspanbildung von Gusswerkstoffen erweitert werden muss. Es sind vor allem geeignete Gesetzmäßigkeiten zu ermitteln, die die Schä-digungsprozesse in der Scherzone abbilden. Dazu werden im Folgenden verschiedene Ansätze auf ihre Anwendbarkeit untersucht. Diejenigen Ansätze, die für eine Modellierung der Scherspanbil-dung in Frage kommen, müssen dann geeignet formuliert und in die FE-Simulation integriert wer-den. Zur Validierung werden die simulierten und experimentell ermittelten Spanwurzeln verglichen. Stimmen diese hinreichend überein, können mit Hilfe der Simulation neue Erkenntnisse über die Kontaktbedingungen und die genauen Vorgänge vor der Schneidkante gewonnen werden.

6.1 Ermittlung eines hinreichenden Versagenskriterium für die Scherspan-bildung des ADI-Gusseisens

In Bild 6-2 sind die Erkenntnisse aus den Spanwurzelanalysen nochmals zusammengefasst. Danach vollzieht sich die Bildung eines Spansegmentes in drei wesentlichen Phasen. In der ersten Phase staut sich ein neues Spansegment von der Schneidkante ausgehend auf. Ab einem kritischen Stauchgrad bildet sich in Phase 2 von der Schneidkante ausgehend die Scherzone aus. Diese bleibt allerdings nicht wie bei einem homogenen Stahlwerkstoff in einem stabilen Zustand. Vielmehr gibt das Material in dieser Phase ähnlich eines adiabaten Scherbandes schlagartig nach. In Phase 3 kommt es unabhängig von den Vorgängen vor der Schneidkante zu einer Rissbildung am Übergang der Spanwurzel zur ungestauchten Werkstückoberfläche. Ab diesem Zeitpunkt gleitet das Span-segment entlang der ehemaligen Scherzone nur noch über dem Grundmaterial ab.

Es sind somit zwei Vorgänge für die Scherspanbildung von Gusswerkstoffen verantwortlich. Vor der Schneidkante versagt der Werkstoff durch eine Verformungslokalisierung und am Übergang zur freien Oberfläche wird eine Rissbildung eingeleitet. Beide Mechanismen scheinen auf unterschied-lichen Zusammenhängen zu beruhen. Vor der Schneidkante liegt ein hoher hydrostatischer Druck-spannungsanteil bei extremen Dehnungen und Dehngeschwindigkeiten vor. Am Übergang zur Werkstückoberfläche sind die Dehnungen und Dehngeschwindigkeiten wesentlich geringer. Außer-dem liegt ein anderer Spannungszustand vor.

Die beobachtete Verformungslokalisierung hat Ähnlichkeit mit der Ausbildung von adiabaten Scherbändern, wie sie bei der Zerspanung von Titanwerkstoffen beobachtet wird. Diese so genannte thermoplastische Scherung (Catastrophic Thermoplastic Shear) wird bei Titan durch die Werkstoff-eigenschaften begünstigt. Einige Forscher vermuten diesen Mechanismus auch bei der Zerspanung von Gusseisenwerkstoffen /GEKO95, SIDJ03/. Anhand der bekannten und ermittelten Werkstoffei-genschaften wird in Kapitel 6.1.1 daher überprüft, ob die beobachten Vorgänge der Scherspanbil-dung durch die Theorien zur thermoplastischen Scherung bestätigt werden.

Page 118: Adi

112

Eine Rissbildung ist die Folge einer Überschreitung des Formänderungsvermögens. Für diese Schä-digungsform sind eine Reihe von Kriterien entwickelt worden. Diese werden in Kapitel 6.1.2 auf ihre Relevanz für die Scherspanbildung untersucht.

Ablauf der Segmentspanbildung

Spanbildungsphasen

Aufstauchen Scherungseinleitung Rissbildung & Abgleiten

Phase 1 Phase 2 Phase 3

Bild 6-2: Beobachtungen während der Spanbildung von ADI

Observations during the chip formation of ADI

6.1.1 Versagen durch thermoplastische Scherung

Bei einem Versagen durch thermoplastische Scherung ist nicht die Werkstofftrennung Grund für die Schädigung sondern die Bildung von Instabilitäten während der Verformung, die durch extreme lokale Umformgrade und –geschwindigkeiten gekennzeichnet sind. In den meisten Fällen tritt ein derartiges Versagen in Form von adiabaten Scherbändern auf (adiabates Scherversagen). Diese ent-stehen, wenn bei hohen Belastungsgeschwindigkeiten eine nahezu adiabate Temperaturerhöhung das Material lokal derart entfestigt, dass die Verformung dort bevorzugt fortschreitet.

Die Bildung von thermoplastischen Scherinstabilitäten hängt von den lokalen Zustandsgrößen plas-tische Dehnung, Dehngeschwindigkeit und Temperatur ab. Wenn die Fließspannung eines Werk-stoffs mathematisch in der Form

Page 119: Adi

FE-Modellierung der Spanbildung und Bestimmung der Kontaktbedingungen 113

( )θεε=σ ,,F � mit 0F

,0F

,0F

<θ∂

∂>

ε∂

∂>

ε∂

� 6–1

mit σ [MPa] Fließspannung

ε wahre plastische Dehnung

ε� [s-1] wahre Dehngeschwindigkeit

θ [K] Temperatur

beschrieben ist, lässt sich daraus die Neigung, ob der Werkstoff zu einer Instabilität während der Verformung neigt, ableiten. Die fundamentale Ursache dafür liegt darin, dass die Fließgrenze ab einer Grenzdehnung ein Maximum einnimmt und danach wieder fällt. Wird diese Grenzdehnung in einem realen Körper durch eine ungleichförmige Belastung zu unterschiedlichen Zeiten erreicht, kann bei einer kritischen Dehngeschwindigkeit eine lokale Entfestigung zu einem Versagen führen. Mathematisch lässt sich diese Bedingung bei einem Werkstoffgesetz nach Gleichung 6–1 durch das vollständige Integral entsprechend Gleichung 6–2 beschreiben.

0dddd,,,

≤θ���

����

θ∂

σ∂+ε�

��

����

ε∂

σ∂+ε�

��

����

ε∂

σ∂=σ

εεθεθε ��

��

6–2

In der Literatur sind von diesem Ansatz aus verschiedene idealisierte Formulierungen abgeleitet worden, nach denen sich Scherversagen beschreiben lässt. Unterschieden wird zwischen:

� adiabatem Scherversagen ohne Einfluss der Dehngeschwindigkeit,

� adiabaten Scherversagen mit Einfluss der Dehngeschwindigkeit.

Die Bedingung für ein Scherversagen ohne Berücksichtigung der Dehngeschwindigkeit folgt aus Gleichung 6–2:

0dd

dd

≤ε

θ

θ∂

σ∂+

ε∂

σ∂=

ε

σ 6–3

Somit wird der Beginn einer Verformungslokalisierung erreicht, wenn die mechanische Verfesti-gung ��/�� durch die thermische Entfestigung ��/� ausgeglichen bzw. übertroffen wird. RECHT hat in diesem Ansatz die (adiabate) Temperaturerhöhung d/d� in Abhängigkeit von einer kritischen Dehngeschwindigkeit und der physikalischen Eigenschaften des Werkstoffes beschrieben und die Werte verschiedener Werkstoffe ins Verhältnis gesetzt /RECH64/:

2

1,y

2,y

2

1

2

2

1

222

111

2,c

1,c

CkCk

��

��

σ

σ

����

��

���

θ∂

σ∂

��

���

θ∂

σ∂

��

���

ε∂

σ∂

��

���

ε∂

σ∂

⋅ρ⋅

⋅ρ⋅=

ε

ε

� /RECH64/ 6–4

mit ε� c,i [s-1] kritische Dehngeschwindigkeit des Werkstoffes i

ki [m²/s] Temperaturleitfähigkeit des Werkstoffes i

ρi [kg/m³] Dichte des Werkstoffes i

Ci [J/(kg*K)] Wärmekapazität des Werkstoffes i

σy,i [MPa] Streckgrenze des Werkstoffes i

Page 120: Adi

114

Die Neigung zum adiabaten Scherversagen wird somit durch die Höhe einer kritischen Dehnge-schwindigkeit beschrieben, ab der eine Verformungslokalisierung auftritt. Diese liegt vor, wenn geringe Werte für Temperaturleitfähigkeit, Dichte, Wärmekapazität und Verfestigung sowie große Werte für die thermische Entfestigung und Streckgrenze vorliegen. Nach RECHT liegt demnach für rostfreien Stahl eine etwa 3-fach höhere und für Titan eine bis zu 1400-fach höhere Neigung zum adiabaten Scherversagen im Vergleich zu unlegierten Stahl vor.

Das Verhältnis aus mechanischer Verfestigung und thermischer Entfestigung (��/��)/(��/�) lässt sich aus dem Werkstoffgesetzt aus Kapitel 5.2.2 direkt ableiten:

ε⋅η+ε⋅+

ε⋅⋅

β−=

��

���

θ∂

σ∂

��

���

ε∂

σ∂−

�n

1

1nm

KKnKT

6–5

In Tab. 6.1 sind auf diese Weise Werte für die Werkstoffe GJS-400, GJS-700, ADI-900 und ADI-1200 im Verhältnis zu 42CrMo4+QT gegenübergestellt.

Tab. 6.1: Neigung zum adiabaten Scherversagen nach RECHT für GJS-Werkstoffe

relevante Werkstoffeigenschaften Verhältnis

� [g/cm³]

c [J/(kg×K)]

� [W/(m×K)]

(��/��)/(��/�) bez. auf 42CrMo4

Rp [N/mm²]

42CrMo4 =1

GJS-400 7,1 502 32,2 1,131 250 2,74

GJS-700 7,1 502 30 1,756 440 2,17

ADI-900 7,1 541,9 26 2,001 759 1,05

ADI-1200 7,1 524,1 27,5 0,932 1104 0,32 Wer

ksto

ffe

42CrMo4+QT 7,9 477 33 � 1 900 � 1

Der so ermittelte Kennwert für die kritische Dehngeschwindigkeit nimmt mit der Festigkeit der Gusswerkstoffe ab. Die Neigung zum adiabaten Scherversagen sollte daher in dieser Reihenfolge zunehmen. Dies entspricht zwar auch den Ergebnissen der Spanbildungsuntersuchungen, der mar-ginale Unterschied zum Vergütungsstahl lässt allerdings vermuten, dass dies nicht der dominierende Faktor ist.

Einen weiteren Ansatz über das Versagen durch thermoplastische Scherung mit Einfluss der Dehn-geschwindigkeit liefern die Arbeiten von SEMIATIN und LAHOTI /SEMI81, SEMI82/. Sie definieren die Neigung zur Verformungslokalisierung über den dimensionslosen Parameter (1/ ε� )(d ε� /d�). Die-ser beschreibt die Veränderung der Verformungsgeschwindigkeit über der Dehnung. Aus Grund-gleichung 6–2 ermitteln sie folgenden Zusammenhang:

mdd1 γ′

−=ε

ε

ε

� mit

εε

σ

σ=γ′

�dd1

und T,

mεε∂

σ∂

σ

ε=

� 6–6

mit γ´ dimensionsloser Verfestigungswert mit Berücksichtigung der

Temperaturerhöhung

m dimensionsloser Wert für die Geschwindigkeitsabhängigkeit

Page 121: Adi

FE-Modellierung der Spanbildung und Bestimmung der Kontaktbedingungen 115

Auf der Grundlage von Umformversuchen an verschiedenen Titanlegierungen liegt nach SEMIATIN

und LAHOTI eine Neigung zur Verformungslokalisierung mit großer Wahrscheinlichkeit dann vor, wenn das Verhältnis �´/m Werte von 5 oder größer einnimmt. SEMIATIN und RAO nutzen diese Er-kenntnis, um das Auftreten von Verformungslokalisierungen bei der Spanbildung vorherzusagen /SEMI83/. Mit einem Scherzonenmodell berechnen sie eine von den Werkstoffeigenschaften ab-hängige kritische Schnittgeschwindigkeit, ab der Scherspanbildung auftreten sollte.

Auf Basis der Schlag-Druck-Versuche lässt sich das Verhältnis �´/m auch für die untersuchten Gusswerkstoffe ermitteln. Der Kennwert bleibt aber meist unter der kritischen Marke 5. Außerdem liegen die Werte für GJS-400 leicht oberhalb denen von ADI-900. Mit Berücksichtigung der Deh-nungsgeschwindigkeit wird daher ebenfalls kein Kriterium für das Vorliegen eines Versagens durch thermoplastische Scherung gegeben.

Nach den hier dargestellten Zusammenhängen und den berechneten Kennwerten ist das Versagens-kriterium thermoplastische Scherung für die Vorgänge bei der Scherspanbildung von Gusseisen-werkstoffen ohne Bedeutung. Grund hierfür ist, dass die physikalischen Eigenschaften von ADI keinen Anhaltswert für eine übermäßige thermische Entfestigung geben. Außerdem wirken die me-chanische Verfestigung und die innere Dämpfung, die im Verhältnis zu anderen Werkstoffen höher liegen, der Entfestigung entgegen.

6.1.2 Überschreitung des Formänderungsvermögens

Als Formänderungsvermögen wird die Größe der plastischen Vergleichsformänderung bezeichnet, die der Werkstoff ohne Schädigung in Form von Bruch oder Rissbildung ertragen kann /KOPP99/. In der Umformtechnik wird im Allgemeinen der Bruchumformgrad ϕvB als Maß für das Formände-rungsvermögen verwendet. Dieser ist allerdings nicht nur abhängig vom Werkstoff sowie den Pro-zessgrößen Temperatur, Spannungszustand (Zug/Druck, Mehrachsigkeit) und Dehngeschwindigkeit sondern auch von der Umformhistorie. Für eine Analyse des Zusammenhanges zwischen Formän-derungsvermögen und Spanbildung bedeutet dies, dass die genannten Prozessgrößen nicht nur zum Zeitpunkt der beobachteten Rissbildung in der Scherzone untersucht werden müssen sondern auch für ein Materialteilchen auf dem Weg dorthin. Mikroskopisch betrachtet erfolgt die Schädigung und das Versagen bei einer plastischen Überbeanspruchung durch Hohlraumbildung und gegebenenfalls Porenwachstum bis die zwischen den Hohlräumen liegenden Brücken einschnüren und abscheren /BROD01/.

Um das Formänderungsvermögen von Werkstoffen bei einer Verformung voraussagen zu können, sind eine Reihe von Bruch- oder Risshypothesen entwickelt worden. Diese lassen sich in drei Kate-gorien eingeteilten /ZITZ95/:

� makromechanische, vom Umformweg unabhängige und damit auch zeitunabhängige Hypo-thesen, welche nur den Zustand zum Zeitpunkt der Rissentstehung berücksichtigen,

� makromechanische, vom Umformweg abhängige und damit auch zeitabhängige Hypothe-sen, die auf einer Aufsummierung der plastischen Verformungsarbeit beruhen, sowie

� mikromechanische Hypothesen, welche die Rissentstehung über Prozesse der Porenvergrö-ßerung und -vereinigung beschreiben.

Page 122: Adi

116

Makromechanische Bruchhypothesen beschreiben den bis zu einem Riss dissipierten Teil der ein-gebrachten Formänderungsenergie. Diese dient als Indikator für die Versagenswahrscheinlichkeit eines Werkstoffes. Mikromechanische Versagenshypothesen folgen aus der Überlegung, dass ein duktiler Bruch auf Grund der Bildung, des Wachstums und des Zusammenschlusses von Mikropo-ren entsteht. Mikroskopisch gesehen führt eine inhomogene plastische Verformung (aufgestaute Versetzungsgruppen) zur Bildung von Mikrorissen, die sich unter äußerer Belastung zu Hohlräu-men öffnen. Korngrenzen, harte Teilchen und nichtmetallische Einschlüsse wirken dabei als Hin-dernis für die Versetzungen und unterstützen somit die Mikrorissbildung /BROD01/.

Da das Formänderungsvermögen von der Verformungshistorie abhängt, sind Hypothesen, die nur den augenblicklichen Zustand der lokalen Prozessgrößen berücksichtigen, nur bedingt für die Vor-hersage des Schadenszeitpunkts geeignet. Hypothesen, die die Verformungshistorie berücksichti-gen, ermitteln dagegen einen Schädigungswert C. Dieser ist abhängig von den Spannungen � und Dehnungen � sowie von materialspezifischen Parametern a (Gleichung 6–7). Dieser Schädigungs-wert wird über dem Umformweg aufsummiert. Der kritische Schädigungswert der Rissbildung ist eine charakteristische Größe des Werkstoffes.

( ) εεσ= �ε

da,,fCk

0

6–7

Eine einfache Formulierung, die eng an die Fließkurve geknüpft ist, liefert FREUDENTHAL /FREU55/. Er geht von davon aus, dass das Umformvermögen eines Werkstoffes dann erschöpft ist, wenn eine kritische Umformarbeit eingebracht wurde. Es ist demnach unabhängig, ob die Verfor-mung im Zug- oder im Druckbereich erfolgt. Aus diesem Widerspruch folgern COCKCROFT und LATHAM /COCK68/, dass nicht die Arbeit der Vergleichsspannung, sondern die Arbeit der größten Hauptspannung im Zugbereich für die Rissinitiierung verantwortlich ist. Sie schlagen folgenden Ansatz vor:

( ) εσ= �ε

d0,maxCk

0

1 /COCK68/ 6–8

mit σ� [MPa] größte Hauptspannung

εk kritische Dehnung

Nach ihren Vorstellungen haben Verformungen im Druckbereich keinen Einfluss auf die Schadens-entwicklung und können außerdem eine einmal entstandene Schädigung auch nicht mehr zurückbil-den. Auf Basis von empirischen Untersuchungen modifizieren BROZZO et al. /BROZ72/ das Krite-rium von COCKCROFT und LATHAM, indem sie die größte Hauptspannung ins Verhältnis zur Diffe-renz �1- �m und somit zur größten Schubspannung setzen (Gleichung 6–9).

( )( )

εσ−σ⋅

σ⋅= �

ε

d3

0,max2C

k

0 m1

1 /BROZ72/ 6–9

mit σ� [MPa] größte Hauptspannung

σm [MPa] mittleren Spannung

εk kritische Dehnung

Page 123: Adi

FE-Modellierung der Spanbildung und Bestimmung der Kontaktbedingungen 117

Grundlage der Formulierungen von mikromechanischen Risshypothesen bildet das Verhältnis aus Mittelspannung �m zur Vergleichsspannung �v, das aus der Plastizitätslehre als Funktion für das Wachstum von Poren hergeleitet werden kann /BROD01/. OYANE et al. ermitteln das Hohlraum-wachstum über die Dichteänderung des Materials /OYAN80/. Bis zum Bruch summieren sich die Dichteänderungen auf und erreichen im Moment des Bruches einen kritischen Wert.

vv

m dA1

1Cb,v

i,v

��

����

σ

σ+= �

ε

ε

/OYAN80/ 6–10

mit σm [MPa] Mittelspannung

σv [MPa] Vergleichsspannung

εv Vergleichsdehnung

εv,i Vergleichsdehnung bei Poreninitiierung

εv,b Vergleichsdehnung beim Bruch

A Materialparameter

Ausgehend von zylindrischen Poren mit elliptischem Querschnitt berechnet MCCLINTOCK /MCCL68/ das Hohlraumwachstum unter einem mehrachsigen Spannungszustand. Für einen real verfestigenden Werkstoff ermittelt er eine analytische Lösung für die relative Erweiterung der Pore dR/R.

( )( )

vv

ba d2

n13sinh

n123

RdR

ε

��

σ

σ+σ−

−= /MCCL68/ 6–11

mit σa [MPa] Spannung der Achse a

σb [MPa] Spannung der Achse b

σv [MPa] Vergleichsspannung

εv Vergleichsdehnung

R [mm] mittlerer Radius der Ellipse

n Verfestigungsexponent

Der Bruchschadenswert ergibt sich durch Addition der Hohlraumerweiterung. In Hauptachsenrich-tung nehmen die Spannungen �a und �b die Größe der Hauptspannungen �1 und �2 ein, womit der Bruchschadenswert wiederum vom Verhältnis �m/�v abhängt. Wandert die Mittelspannung während der Verformung nach einer Zugbelastung in eine Druckbelastung schließen sich nach der Bedin-gung von MCCLINTOCK die Poren wieder.

Ein Vergleich der verschiedenen Risskriterien zeigt, dass die makromechanischen Kriterien die größte Zughauptspannung und die mikromechanischen die Mittelspannung als Ursache für die Riss-entstehung sehen. Im Folgenden muss daher der Spannungszustand in der Spanwurzel genau analy-siert werden, um ein geeignetes Risskriterium auszuwählen. Dies ist außerdem notwendig, um ein zusätzliches Kriterium für die Vorgänge vor der Schneidkante zu entwickeln.

Page 124: Adi

118

6.1.3 Anwendung von Schadenshypothesen für die Scherspanbildung

Welche der vorgestellten Kriterien die Werkstoffschädigungen bei der Scherspanbildung am genau-esten abbildet lässt sich nur in Zusammenhang mit einer genauen Analyse des Spannungszustandes in der Spanwurzel abschätzen. Für die dazu folgenden Überlegungen wird davon ausgegangen, dass eine vollständige Spansegmentierung vorliegt. Der Kontakt zwischen Werkzeug und Werkstoff beginnt daher unabhängig vom Spanwinkel mit der Schneidkante (Bild 6-3 links). Um den Einfluss der Eingriffsbedingungen auf die Spannungsverteilung in der Spanwurzel zu analysieren, werden eine Schneide mit negativem Spanwinkel (� = -6°) und größerem Schneidkantenradius (ca. 50 µm) sowie eine Schneide mit positivem Spanwinkel (� = +10°) und kleinerem Schneidkantenradius (ca. 10 µm) betrachtet. Derartige Werkzeuge wurden in den praktischen Zerspanversuchen (siehe Kapi-tel 5.3.3) eingesetzt. Aus den Untersuchungen der Spanwurzeln ist bekannt, dass der Spanbildungs-prozess mit steigendem Spanwinkel zur Fließspanbildung neigt. Der in Bild 6-3 unten links darge-stellte Erstkontakt liegt für eine Fließspanbildung somit genau genommen nicht vor.

Bereich einachsiger Zughauptspannung Bereich zweiachsiger Druckhauptspannungen

ϕϕ

ϕϕ

FR

FN

FR

FN

ϕ

FR

FN

ϕ

FR

FN

FR

FN

FR

FN

ϕ

FR

FN

ϕ

FR

FN

Phase 1

Phase 1

Phase 2

Phase 2

Ausgangssituation

Ausgangssituation

neg

ativ

er S

pan

win

kel

pos

itive

r S

pan

win

kel

21

2 1

Bild 6-3: Entwicklung der Spannungen bei der Entstehung der Spanwurzel

Distribution of stresses during the chip formation

Die folgenden Erkenntnisse wurden iterativ durch die Analyse der Graphitkugelverzerrungen und FEM-Untersuchungen gewonnen. Auf die FEM-Untersuchungen wird in diesem Abschnitt aller-dings nicht eingegangen, da die Ergebnisse unabhängig von den verwendeten Werkstoffbeschrei-bungen und Schnittbedingungen sind.

Mit dem Eintritt der Schneide in das Werkstück staut sich der Werkstoff vor der Schneidkante auf. Durch die Verformung in Schnittrichtung und die Hemmung des Spanablaufes durch die Reibung auf der Spanfläche entsteht eine Zone, die unter einem großen hydrostatischen Druck steht und sich

Page 125: Adi

FE-Modellierung der Spanbildung und Bestimmung der Kontaktbedingungen 119

über den gesamten Kontaktbereich erstreckt. Die Werkstoffelemente werden in dieser Zone normal zur Kontaktfläche gestaucht und quer dazu gedehnt. Dies ist anhand der elliptisch verformten Gra-phitkugeln belegt. Durch den Gegendruck des umgebenden Materials erfährt der Werkstoff insbe-sondere im Nahbereich der Schneidkante auch in Richtung der Querdehnung eine Druckspannung. Es liegt daher eine Zone zweiachsiger Druckhauptspannungen vor (Bereich 1). Die Druckspannun-gen in Normalenrichtung verteilen sich mit fortschreitender Entfernung von der Schneidkante über den gesamten Werkstoffquerschnitt. Die Druckspannungen in Querrichtung bauen sich ab und ge-hen in Zugspannungen infolge des inneren Kräftegleichgewichts über (Bereich 2). Die Spannungs-verteilung hängt weiterhin stark von der Größe des Spanwinkels und der Form der Schneidkante ab. Mit steigendem negativen Spanwinkel steigt der Kraftanteil normal zur Werkstückoberfläche an. Der Abfluss des Spans über die Spanfläche wird gehindert. Infolge dessen vergrößert sich der Be-reich zweiachsigen Druckes. Einen ähnlichen Einfluss hat der Schneid-kantenradius im Nahbereich der Schneidkante. Mit steigendem positi-ven Spanwinkel und schärferer Schneidkante verändert sich die Spannungsverteilung in entgegenge-setzter Richtung bis die Druckspan-nungen vor der Schneidkante nahezu verschwinden und stattdessen Zug-spannungen herrschen. Der Schneid-keil spaltet praktisch das Material und es kann anstatt zur Scherung zu einem Trennbruch vor der Schneide kommen (vergleiche Bild 6-4).

Bei Annahme einer ebenen Scherung lässt sich die plastische Dehnung �p in der entstehenden Scherzone nach der Scherebenentheorie überschlägig mit �p = cot(�)+tan(�-�) abschätzen. Da der Scherwinkel � bei einem negativen Spanwinkel sinkt, ergibt sich für eine Schneide mit negativem Spanwinkel eine deutlich höhere Dehnung in der Scherebene als für eine Schneide mit positivem Spanwinkel. Für die betrachteten Fälle � =- 6° und � = 10° beträgt der Un-terscheid ca. 25%. Im Bereich der Schneidkantenverrundung steigt die plastische Dehnung durch den negativen effektiven Spanwinkel nochmals an. Die Scherebene ist dort durch die Drucknormal-spannungen zu kleineren Scherwinkeln geneigt. Aus den Spanwurzeln ist am Auslauf zur Werk-stückoberfläche ebenfalls ein verringerter Scherwinkel zu erkennen, so dass sich insgesamt eine S-förmige Scherzone ergibt. Wenn der Schnittprozess bei sehr positivem Spanwinkel simpel als „spal-tend“ bezeichnet wird, so ist er bei sehr negativem Spanwinkel als „über die Scherebene schiebend“ zu charakterisieren. Am Auslauf der Scherebene zur Oberfläche geht der Spannungszustand immer mehr in Richtung reine Scherung über. Bei einer reinen Scherung treten in den Hauptrichtungen Druck- und Zugspannung auf. Ein Vorliegen von Zugspannung im Übergang zur freien Oberfläche ist eine mögliche Erklärung für die Entstehung von Rissen, die ab einem kritischen Umformgrad gebildet werden. Durch die Gegenwart von lokalen Fehlstellen z.B. in Form von Graphitkugeln wird ein solcher Prozess unterstützt.

2

1

Bild 6-4: Schematische Darstellung des Schneidkan-teneinflusses

Schematic representation of the influence of

the cutting edge shape

Page 126: Adi

120

Im Bereich der Schneidkante liegen in allen Raumrichtungen hohe Druckspannungen vor. Ein Ver-sagen in Form von Rissbildung durch Hohlraumwachstum ist daher nicht zu erwarten. Ein Versagen durch thermoplastische Scherung wird für die Gusszerspanung ebenfalls ausgeschlossen. Die ther-mischen Eigenschaften unterscheiden sich nur unwesentlich von denen vergleichbarer Werkstoffe, die zur Fließspanbildung neigen, und die Verfestigung wirkt dem zusätzlich entgegen. Es ist daher anzunehmen, dass der Grund für die Instabilität in einem Überschreiten der Scherfestigkeit durch extreme lokale Schubspannungen liegt. Das Gesamtgefüge besitzt eine hohe Fließgrenze und verur-sacht dementsprechend hohe Spannungen. Vor der Schneidkante kommt es zu einer lokalen Schwä-chung, wenn Graphitkugeln in den Bereich der Scherzone geraten. Da Graphit nahezu keine Scher-festigkeit besitzt, wird der Querschnitt lokal reduziert und die überhöhten Spannungen führen zum verstärkten Abgleiten. Mit steigendem Spanwinkel nimmt dieser Einfluss ab, da die plastische Deh-nung in der Scherzone geringer wird. Ein entstandener Riss schwächt den Querschnitt zusätzlich und unterstützt den Prozess.

Eine mathematische Formulierung dieser Vorgänge ist schwierig. Denkbar wäre ein Werkstoffmo-dell von CHUZHOY ET AL., die ein Gusseisen mit Kugelgraphit durch mehrere Gefügephasen defi-nieren und diesen unterschiedliche Eigenschaften zugeordnet haben /CHUZ02/. In dieser Arbeit wurde die Werkstoffschädigung an die damit zusammenhängenden Zustandsgrößen Dehnung und Dehngeschwindigkeit geknüpft. In der Werkstofftechnik werden dazu üblicherweise Versagensfak-toren in Abhängigkeit von den relevanten Zustandsgrößen eingeführt /BROD01, MABR04/. Aus den experimentellen Untersuchungen ist bekannt, dass der Schadensprozess mit steigendem Um-formgrad und steigender Dehngeschwindigkeit zunimmt. Die Temperatur wirkt dem entgegen, da der Werkstoff mit steigender Temperatur viskoser wird. Es wird daher folgendes modifizierte Werkstoffgesetz vorgeschlagen:

( ) ( ) ( )T,,TKK n1 εεχ⋅Ψ⋅ε⋅η+ε⋅+=σ ��

mit ( ) m

0

T

TT

eT−

β−

=Ψ und ( ) G

GG

T

T

e1T,, ε

ε

ε

ε−

−=εεχ�

� mit 1=χ für 00 =ε∨=ε �

6–12

mit σ [MPa] wahre Fließspannung

K1 [MPa] Werkstoffparameter

K [MPa] Werkstoffparameter

ε wahre plastische Dehnung

ε� [s-1] wahre Dehngeschwindigkeit

n Verfestigungsexponent

η [Ns/m²] Dämpfungskonstante

Ψ �(T)� Temperaturfunktion

T [K] Temperatur

T0 [K] Basistemperatur

Tm [K] Schmelztemperatur

β [MPa/K] Werkstoffkonstante der Temperaturfunktion

χ�(ε, ε� ,T)� Versagensfunktion

εG Grenzdehnung

ε� G [s-1] Grenzdehngeschwindigkeit

TG [K] Grenztemperatur

Page 127: Adi

FE-Modellierung der Spanbildung und Bestimmung der Kontaktbedingungen 121

Die Auswahl der Werkstoffparameter Grenzdehnung, Grenzdehngeschwindigkeit und Grenztempe-ratur des Versagensfaktors beruht auf der Tatsache, dass bei hohen Dehnungen und Dehngeschwin-digkeiten in der Spanwurzel ein Versagen beobachtet wird. Die aus dem Materialgesetz berechneten Fließspannungen weisen für diesen Fall dagegen die größten Werte auf. Der eingeführte Versagensfaktor wirkt dem entgegen. Dies hat beim Übertragen auf die Spanbildung zur Folge, dass der Wert der maximalen Schnittkraft bei der Scherspanbildung geringer wird. Kurz vor der Initiie-rung der Rissbildung liegen die höchsten Spannungen in der Scher-zone vor. Diese werden durch den Versagensfaktor reduziert. Die Grenzwerte für Dehnung, Dehnge-schwindigkeit und Temperatur kön-nen demnach durch einen Abgleich zwischen den gemessenen und simu-lierten Kraftverläufen ermittelt wer-den. Für den ADI-900 wurden die Grenzwerte �G = 2,7, ε� G = 32000 s-1 und TG = 100 °C bestimmt. Daraus ergeben sich Fließkurven entsprechend Bild 6-5. Es ist daraus ersichtlich, dass die Ergebnisse der Schlagdruckversuche weiterhin durch das modifizierte Werkstoffgesetz erfüllt werden, da in dem relevanten Gütigkeitsbereich nahezu keine Veränderung auftritt.

Im Folgenden werden die FE-Simulationen des Anschnittes vorgestellt, die die Spannungsvertei-lung in der Spannwurzel mit den theoretischen Überlegungen abgleichen. In Bild 6-6 und Bild 6-7 sind die Ergebnisse für Schneiden mit negativem und positivem Spanwinkel gegenübergestellt. Die Schnittwerte wurden mit vc = 70 m/min und f = 0,25 mm angesetzt. Dargestellt sind die Spannun-gen und plastischen Dehnungen für drei ausgewählte Materialelemente. Diese erreichen verschie-dene Bereiche der Scherzone zu dem Zeitpunkt, an dem in den Spanwurzelanalysen die Rissbildung am Übergang zur Werkstückoberfläche ermittelt wurde. Die Spannungen sind in Form von Mohr-schen Spannungskreisen dokumentiert. Darin sind die Spannungen in Schnitt- und Vorschubrich-tung festgehalten, so dass die Verdrehung des Hauptachsensystems für jeden Punkt ermittelt werden kann.

In Bild 6-6 sind die Ergebnisse für ein Schneidwerkzeug mit negativem Spanwinkel (� = -6°) dar-gestellt. In Höhe der Schneidkante liegen alle Hauptspannungen im Druckbereich vor. Zum Zeit-punkt der Ausbildung der Scherzone (1 ms < t < 1,5 ms) ist das Hauptachsensystem um ca. 15° ge-dreht. Der Scherwinkel im Nahbereich der Schneidkante ist daher deutlich flacher als der mittlere Scherwinkel. Dies gilt ebenso für den Scherwinkel im Übergang zur Werkstückoberfläche. Dort verändert sich die Spannungssituation durch die Stauzone, so dass sich das Hauptachsensystem um

0 1 2 3 40 1 2 3 40

1000

2000

3000

5000

wahre plastische Dehnung

Fli

sp

an

nu

ng

bei

10

0°C

/ (

N/m

m²)

4000 0,001

5000

10000

20000

50000

100000

Dehngeschwindigkeit / s-1

0,001

5000

10000

20000

50000

100000

Dehngeschwindigkeit / s-1

Bild 6-5: Berechnete isotherme Fließspannungen bei 100 °C nach Gleichung 6–12

Calculated isothermal flow stress according

to equation 6–12

Page 128: Adi

122

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

SchnittrichtungVorschubricht.

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

SchnittrichtungVorschubricht.

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

Sch

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nu

ng

(Pu

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)

Sch

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)

Sch

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an

nu

ng

(Pu

nkt 3

)

Normalspannung (0,5 ms) Normalspannung (1,0 ms) Normalspannung (1,5 ms) Normalspannung (2,0 ms) Normalspannung (2,5 ms)

0,0

0,5

1,0

1,5

0 0,5 1 1,5 2 2,5Simulationszeit [ms]

Um

form

gra

d

Pu

nkt 1

Pu

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Pu

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Du

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ere

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er

Sch

erz

on

e (Z

eitp

un

kt 2

,5 m

s)

Punkt 1

Punkt 2

Punkt 3

Punkt 1

Punkt 2

Punkt 3

Bild

6-6: S

pannungsverteilung bei Durchgang durch die S

cherzone (negativer Spanw

inkel)

Stress distribution in the shear zone (negative rake angle)

Page 129: Adi

FE

-Modellierung der S

panbildung und Bestim

mung der K

ontaktbedingungen 123

-1500-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500

SchnittrichtungVorschubricht.

500

-1500-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500

SchnittrichtungVorschubricht.

500

-1500-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500-1000

-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500-1000

-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

500

10001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

-1500

-1000-500

50010001500

-2500 -1500 -500500

0,0

0,5

1,0

1,5

0 0,5 1 1,5 2 2,5Simulationszeit [ms]

Um

form

gra

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(Pu

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Normalspannung Normalspannung Normalspannung Normalspannung Normalspannung

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Sch

erz

on

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un

kt 2

ms)

Punkt 1

Punkt 2

Punkt 3

Punkt 1

Punkt 2

Punkt 3

Bild

6-7: S

pannungsverteilung bei Durchgang durch die S

cherzone (positiver Spanw

inkel)

Stress distribution in the shear zone (positive rake angle)

Page 130: Adi

124

ca. 23° dreht. Die Scherzone hat deshalb, wie auch experimentell beobachtet, eine S-förmige Ges-talt. Der zweiachsige Druckzustand im Nachbereich der Schneidkante geht mit wachsender Entfer-nung in einen Zug-Druckzustand über, der bis zur Werkstückoberfläche beibehalten wird. In diesem Zusammenhang ist wesentlich, dass die Zughauptspannungen dort bei hohen Umformgraden vor-liegen. Damit werden die Bedingungen für eine Schadenstheorie erfüllt, die die Vorformungsener-gie der Zugspannungen in den Vordergrund stellt. Bedingungen für andere Theorien, die auf mittle-ren Zugspannungen beruhen, werden dagegen nicht erfüllt.

Bei einem Spanwinkel von � = 10° verändern sich die Spannungen und Verformungen deutlich (Bild 6-7). Bis auf den Bereich direkt vor der Schneidkante sinkt der mittlere Umformgrad in der Scherzone um mehr als 50% im Vergleich zu einer Schneide mit negativem Spanwinkel. Die Zone mit einer Hauptspannung im Zugbereich liegt innerhalb der Spanwurzel in einem Bereich geringer Verformung. Am Übergang zur Werkstückoberfläche liegen Druckspannungen vor.

Zusammenfassend lässt sich die Bildung von Scherspänen auf zwei verschiedene Mechanismen zurückführen. Die Zone vor der Schneidkante ist hohen hydrostatischen Druckspannungen sowie Druckspannungen in allen Hauptachsen ausgesetzt. Der Verformungsprozess wird hier durch die hohen Scherspannungen und die heterogene Struktur aus Graphitkugeln und einer metallischen Matrix lokal instabil, so dass es zu einem beschleunigten Abgleiten kommt. Um diesem Vorgang in der Simulation mathematisch Rechnung zu tragen, wird das Werkstoffgesetz durch einen Versagensfaktor angepasst.

Am Übergang zur Werkstückoberfläche wird das Formänderungsvermögen erschöpft, wenn bei einer starken Verformung Zughauptspannungen vorliegen. Dadurch erfolgt eine Rissbildung in der Scherzone. In der Simulation wird im Folgenden das Kriterium nach Brozzo et al. /BROZ72/ ver-wendet, das den Zugspannungsanteil ins Verhältnis zur größten Schubspannung setzt. Der kritische Schadenwert wurde aus der FE-Simulation nach Bild 6-6 anhand der zu diesem Zeitpunkt vorlie-genden Zustandgrößen ermittelt.

6.2 FE-Simulation der Scherspanbildung und Ermittlung der zeitabhängigen Kontaktbedingungen in der Zerspanzone

Die FE-Simulationen wurden mit dem kommerziellen Softwarepaket DEFORMTM-2D durchgeführt.

DEFORMTM-2D ist ein FEM-basiertes zweidimensionales Prozesssimulationssystems zur Lösung

von nichtlinearen Fließ- oder Verformungsproblemen. Das Programm nutzt implizite numerische Rechenalgorithmen und bietet die Möglichkeit, problemspezifische Sonderlösungen wie Versagens-kriterien oder spezielle Fließbedingungen zu implementieren.

Die Verwendung eines zweidimensionalen Ansatzes bietet sich zum einen wegen des ebenen Deh-nungszustandes der Spanwurzelanalysen an. Zum anderen verlangen die lokalen und hochdynami-schen Umformvorgänge bei der Scherspanbildung eine feine Netzstruktur, die dreidimensionale Systeme in der geforderten Genauigkeit nicht bieten. Eingangsdaten sind die Fließspannungen ent-sprechend des modifizierten Werkstoffgesetzes nach Gleichung 6–12 sowie die Kennwerte nach Tab. 6.2. Das Werkstück besitzt somit ein starr - real verfestigendes Werkstoffverhalten, in dem die sehr kleinen und damit vernachlässigbaren elastischen Dehnungen auf Grund der Stabilität der nu-merischen Lösung nicht berücksichtigt werden. Das Werkzeug wurde elastisch simuliert, um die

Page 131: Adi

FE-Modellierung der Spanbildung und Bestimmung der Kontaktbedingungen 125

Spannungsverteilung auswerten zu können. Die Vernetzung geschah mit Hexaederelementen und wurde bei einer kritischen Elementverformung automatisch neu vernetzt (Remeshing). Die Grenze der Lösungsiteration wurde mit jeweils 0,01 für den Kraft- und 0,001 für den Geschwindigkeitsfeh-ler festgelegt.

Tab. 6.2: Kennwerte der FE-Simulation

Werkstück Werkzeug

Werkstoffverhalten starr - real verfestigend elastisch

Elastizitätsmodul E(T) N/mm² 159.300-128.957 600.000

Querkontraktionszahl �(T) 0,25-0,28 0,22

thermische Ausdehnung � K-1 1,46·10-5 6·10-6

Wärmeleitfähigkeit �(T) W/(m·K) siehe Bild 6-8 79,5

Wärmekapazität C(T) J/(kg·K) siehe Bild 6-8 2,9-3,588

Risskriterium C 0,25 -

Scherreibfaktor m 0,2 0,5 -

Die Reibung wurde mit einem Scherreibgesetz abgebildet, das die Reibschubspannung in Abhän-gigkeit zur Schubfließspannung beschreibt. Diese Beschreibung der Reibung wird bei Umformpro-zessen angewendet, in denen Reibprozesse unter sehr hohe Normalspannungen ablaufen. Derartige Kontaktbedingungen unter hohen Normalspannungen liegen auch an der Spanfläche vor. Das Scherreibgesetz überschätzt allerdings die Reibschubspannungen für kleine Normalspannungen. RAEDT hat deshalb für die Simulation von Reibvorgängen in der Kaltmassivumformung ein kombi-niertes Reibgesetz aus einem coulombschen und einem Scherreibanteil verwendet /RAED02/. Die Ergebnisse der Reibversuche in Kapitel 5.1.4 reichen allerdings für ein abgestimmtes Reibgesetz nicht aus. Die Reibbeiwerte für die Werkstück-Werkstück- bzw. für die Werkzeug-Werkstück-Paarungen wurden aus anderen Zerspansimulationen übernommen.

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

0 200 400 600 800 1000 1200 1400

Temperatur / °C

Wär

mek

apaz

ität

x D

icht

e / (

N/(

mm

²K

))

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

0 200 400 600 800 1000 1200 1400

Temperatur / °C

Wär

mek

apaz

ität

x D

icht

e / (

N/(

mm

²K

))

GJS-400 &GJS-700

ADI-900

ADI-1200

GJS-400 &GJS-700

ADI-900

ADI-1200

10

15

20

25

30

35

40

0 200 400 600 800 1000 1200 1400

Temperatur / °C

Wär

mel

eitf

ähig

keit

/ (W

/(m

K))

10

15

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35

40

0 200 400 600 800 1000 1200 1400

Temperatur / °C

Wär

mel

eitf

ähig

keit

/ (W

/(m

K))

GJS-700

ADI-900

ADI-1200

GJS-400

GJS-700

ADI-900

ADI-1200

GJS-400

Bild 6-8: Wärmekapazität und Wärmeleitfähigkeit /BAYA99/

Heat capacity and thermal conductivity

Page 132: Adi

126

Die Rissbildung in der Scherzone wurde durch Integration eines Risskriteriums nach Brozzo simu-liert. Der Schadensbeiwert C wurde aus den Voruntersuchungen (Kapitel 6.1.2) übernommen. In-nerhalb des Simulationsprogramms wird die Rissbildung durch Elementlöschung nachgebildet. Die Folge sind Werkstück-Werkstück-Kontakte innerhalb der getrennten Scherzone, die die Simulation numerisch instabil werden lassen. Aus diesem Grund liegen mit dieser Arbeit nur exemplarisch Si-mulationen der Scherspanbildung für einen negativen Spanwinkel von � = -6° und einen Schneid-kantenradius von re = 50 µm vor.

Im ersten Schritt wurde der Verlauf der Schnittkraft während des An-schnittes untersucht und mit dem Mittelwert der Kraftspitzen der dynamischen Kraftmessung (Kapi-tel 5.3.5) verglichen (Bild 6-9). Die Ergebnisse zeigen eine hinreichen-de Übereinstimmung der simulier-ten und gemessenen Werte.

Im zweiten Schnitt wurde der Vor-gang der Scherspanbildung simu-liert. Bild 6-10 zeigt die Entstehung von zwei Segmenten in acht auf-einander folgenden Phasen. Gegen-übergestellt sind jeweils die Dehn-geschwindigkeit zur Visualisierung der Scherzone und die Bewegungs-geschwindigkeit der Materialele-mente (im Folgenden Materialgeschwindigkeit) zur Darstellung von Form und Größe der Stauzone.

Der Mechanismus der Spanbildung stellt sich aus der FE-Simulation wie folgt dar.

Mit dem Eintauchen der Schneide in den Werkstoff staut sich das Material vor der Spanfläche auf. Die Verteilung der Materialgeschwindigkeit deutet darauf hin, dass in dieser Phase, wie auch bei den Spanwurzelanalysen vermutet, in einem großen Bereich der Kontaktzone nahezu keine Quer-bewegung zwischen Span und Spanfläche stattfindet. Die Dehngeschwindigkeit in dieser Zone ist gering und erreicht bei einer Schnittgeschwindigkeit von vc = 70 m/min Werte von ca. ε� = 2000 – 4000 s-1. Ab einem kritischen Stauchgrad steigen die Schubspannungen in einer Ebene von der Schneidkante zur freien Oberfläche derart an, dass es zu einem Fließen in Form einer Scherzone kommt. Bei einer Fließspanbildung bleibt diese Scherzone stabil, so dass sich die Stauzone zu ei-nem Staupunkt reduziert und der Kontakt zwischen Span und Spanfläche in ein Gleiten übergeht. Bei der hier vorliegenden Scherspanbildung entsteht ein Riss an der freien Oberfläche, der entlang der Scherzone in die Spanwurzel hineinläuft. Die Stauzone verschwindet und das Spansegment be-ginnt ruckartig von der Schneidkante aus abzugleiten. Durch den entstandenen Riss verringert sich der tragende Querschnitt zwischen Spansegment und Grundmaterial. Der Scherwinkel wird größer, so dass das Spansegment weiter aus dem Spanwurzelbereich heraus geschoben wird. Ab einem kri-tischen Scherwinkel fällt die ursprüngliche Scherzone in sich zusammen und teilt sich auf. Der eine

vc = 70 m/min

FE-Simulation Messwerte

0

200

400

600

800

rel.

ma

x. S

chni

ttkr

aft

/ (N

/mm

)

vc = 70 m/minvc = 100 m/min vc = 100 m/min

GJS 400

ADI 900

42CrMo4+QT

GJS 400

ADI 900

42CrMo4+QT

Bild 6-9: Vergleich gemessener und simulierter bezo-genen Schnittkräfte (f = 0,25 mm)

Comparison of measured and simulated cut-

ting forces

Page 133: Adi

FE-Modellierung der Spanbildung und Bestimmung der Kontaktbedingungen 127

Teil wandert mit dem Spansegment über die Spanfläche. Der andere Teil bildet sich nach einem wiederholten Aufstauchen vor der Schneidkante neu aus, womit sich der Segmentierungsprozess wiederholt.

0

12,5

25

37,5

50

62,5

75

90

0

12,5

25

37,5

50

62,5

75

90

Mat

eria

lges

chw

indi

gkei

t[m

/min

]M

ater

ialg

esch

win

dig

keit

[m/m

in]

22000

19250

16500

13750

11000

8250

5500

2750

Deh

nu

ngsg

esch

win

dig

keit

[s-1

]

22000

19250

16500

13750

11000

8250

5500

2750

Deh

nu

ngsg

esch

win

dig

keit

[s-1

]

Erstkontakt Scherungseinleitung Rissinitiierung Abgleiten

Abgleitungsende Neusegmentierung Scherungseinleitung Rissbildung

� � � �

� � �

Bild 6-10: Simulation der Scherspanbildung bei vc = 70 m/min, hc = 0,25 mm und � = -6° (ADI-900)

Simulation of the segmented chip formation

Der simulierte Scherspanbildungsprozess zeigt deutliche Übereinstimmungen sowohl zu den expe-rimentellen Spanwurzeluntersuchungen als auch zu bekannten Scherspanbildungstheorien. Bild 6-11 zeigt einen Vergleich zu der so genannten „split shear zone“ nach VAN LUTTERVELT und PEKELHARIG (siehe auch Kapitel 5.3.1). Sie gehen davon aus, dass das Spansegment vor der Stau-zone über eine tertiäre Scherzone abgeleitet. Anhand der Simulation wird dies durch erhöhte Dehn-geschwindigkeiten bestätigt (Bild 6-11 oben). Des Weiteren folgern sie aus ihren Spanbildungsauf-nahmen, dass sich die primäre Scherzone in der ersten Segmentbildungsphase von der Schneidkante

Page 134: Adi

128

entfernt. Aus der Simulation geht dies durch die Ablenkung der Scherzone vor der Schneidkante hervor.

KOMANDURI und TURKOVICH haben den abgelenkten Verlauf der Scherzone ebenfalls beobachtet (Bild 6-12 oben). Sie beschreiben weiterhin, dass sich die Scherzone an die Spanfläche anlegt (Bild 6-12 unten). Die Vergrößerung des Scherwinkels ist in der FE-Simulation ebenfalls zu beobachten.

Als Folge dieser Veränderung der Scherzone vermuten KOMANDURI und TURKOVICH einen erhöhten Spanflä-chenverschleiß, da die Spanfläche in Kontakt mit heißem reaktiven Material kommt. Aus einem Vergleich mit Span und Spanwurzelanalysen lässt sich die-ser Vorgang etwas genauer deuten. Mit dem Aufrichten der Scherzone wird relativ heißes und verformbares Mate-rial vor die Spanfläche gebracht und beim folgenden Aufstauchen mit dieser verpresst. Da während dieser Phase keine Querbewegung vorliegt, wird es extrem verformt. Erst mit dem Abglei-ten des folgenden Spansegmentes und der damit wieder einsetzenden Quer-bewegung wird dieser stark verformte Werkstoff mit dem Span mitgerissen. In Bild 6-13 ist diese Verformungszone an der Spanunterseite an jedem Lamel-lenende zu erkennen.

Aus diesem Vorgang leiten sich die Voraussetzungen für eine Adhäsion ab:

� Heißes und damit reaktives Ma-terial wird mit hohem Druck gegen die Spanfläche gepresst,

� durch die fehlende Querbewe-gung liegt eine ausreichende Kontaktzeit zur Bildung einer festen Grenzfläche vor und

primäre Scherzone

tertiäre Scherzone

sekundäre Scherzone(Stauzone)

Theorie Simulation

Bild 6-11: Vergleich mit der Theorie nach VAN

LUTTERVELT und PEKELHARIG /LUTT77/

Simulation compared to classic theories

adiabate Scherungbzw. Rissinitiierung

Scherzone legt sichan Spanfläche

Theorie Simulation

Bild 6-12: Vergleich mit der Theorie nach KOMANDURI & TURKOVICH /KOMA81b/

Simulation compared to classic theories

Page 135: Adi

FE-Modellierung der Spanbildung und Bestimmung der Kontaktbedingungen 129

� durch ein ruckartiges Weitergleiten werden Materialteilchen des Schneidstoffes mitgerissen.

Unabhängig von diesem prozessbeding-ten Einfluss wurde eine höhere Neigung zur Adhäsion in Gleitversuchen unter hohen Normalspannungen festgestellt (siehe Kapitel 5.1.4). Ein Verschleißme-chanismus durch Adhäsion ist demnach wahrscheinlich und wird in Kapitel 7.1 bewiesen.

Die Vorformungsvorgänge während der Spanbildung stimmen somit weitestge-hend mit den experimentellen Untersu-chungen und den anerkannten Theorien aus der Literatur überein. Weiterhin stimmen die Maximalwerte der simulier-ten Schnittkraft in guter Näherung mit der durchschnittlichen Höhe der gemes-sen Kraftspitzen überein. Die Frequenz-analyse der dynamischen Kraftmessung ergibt bei einer Schnittgeschwindigkeit von vc = 70 m/min und einem Vorschub von f = 0,25 mm eine dominierende Fre-quenz von etwa 2800 Hz. Dies entspricht einer Periode von ca. 0,35 ms für die Bildung eines Spansegmentes, die sich durch den simulierten Kraftverlauf (Bild 6-14) ebenfalls bestätigen lässt (T � 0,4 ms). Die FEM-Simulation der Scherspanbildung von ADI-900 bildet den realen Spanbildungsprozess somit hinreichend gut ab, um daraus die örtli-che und zeitliche Auflösung der mecha-nischen und thermischen Belastungen an der Schneidkante abzuleiten.

Bild 6-15 zeigt den Verlauf und die Ver-teilung der Normalspannung und der Temperatur in der Spanfläche zugeordnet zu den einzelnen Spanbildungsphasen. Die Schnittkraft steigt mit dem Anschnitt eines neuen Spansegmentes schnell an und erreicht ihr Maximum, wenn die Anstauchphase beendet ist (Bild 6-14

Bild 6-13: Übereinstimmungen mit Span- und Spanwurzelanalysen (Kapitel 5.3.3)

Simulation compared to chip and chip

root analysis

Simulation Messung

0,0 0,4 0,8 1,20,0 0,4 0,8 1,2

bez

ogen

e S

chni

ttkr

aft

Fc/

b [N

/mm

]

0

100

200

300

400

500

600

700

800

0

100

200

300

400

500

600

700

800

0,0 0,4 0,8 1,20,0 0,4 0,8 1,2

Schnittzeit tc / ms Schnittzeit tc / ms

Bild 6-14: Simulierte und gemessene Schnittkräfte im Orthogonalschnitt (ADI-900, vc = 70 m/min, f = 0,25 mm)

Simulated and measured dynamic cutting

forces

Page 136: Adi

130

links). Zu diesem Zeitpunkt ist die mechanische Belastung auf eine verhältnismäßig große Fläche verteilt (Bild 6-15 Phase 1). Die Normalspannungen liegen auf einem gleichmäßigen Niveau. Mit dem Start der Rissbildung fällt die Schnittkraft stark ab. Dies ist aber im Wesentlichen auf eine Re-duzierung der Kontaktfläche zurückzuführen. Die Normalspannungen steigen in der Nähe der Schneidkante dagegen um ca. 25% an, da das Material bereits wieder gestaucht wird.

P 10P 9P 8P 7P 6P 5P 4P 3P 2P 1

-4500

-4000

-3500

-3000

-2500

-2000

-1500

-1000

-500

0

500

-4500

-4000

-3500

-3000

-2500

-2000

-1500

-1000

-500

0

500

0,00 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50 0,60 0,70 0,80 0,90 1,00 1,100,00 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50 0,60 0,70 0,80 0,90 1,00 1,10

Zeit / ms

No

rma

ldru

ck

sp

an

nu

ng

/ (

N/m

m²)

pN

pT� � � � � �

0

100

200

300

400

500

600

0

100

200

300

400

500

600

0,00 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50 0,60 0,70 0,80 0,90 1,00 1,100,00 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50 0,60 0,70 0,80 0,90 1,00 1,10

Zeit / ms

Tem

pera

tur

/ °C

Bild 6-15: Verlauf und Verteilung der Normalspannung und der Temperatur in der Spanfläche

Progression and distribution of normal pressure and temperature an the rake face

Der Grund für die hohen spezifischen Belastungen liegt in der extremen Verfestigung des ADI-Gefüges. Außerdem wird in der Stauzone relativ kaltes Material mit einer hohen Fließgrenze groß-

Page 137: Adi

FE-Modellierung der Spanbildung und Bestimmung der Kontaktbedingungen 131

flächig verformt. Folge dieser hohen Belastung der Schneidkante können Ausbrüche sein, wenn die Kantenfestigkeit des Schneidstoffes nicht ausreicht oder die Schneidkante durch einen fortgeschrit-tenen Kolkverschleiß geschwächt ist. Dieser Mechanismus wurde bereits in den Vorversuchen beo-bachtet.

Die Simulation erlaubt ebenfalls Aussagen über die Verteilung der Temperatur auf der Spanfläche (Bild 6-15). Auf Grund der relativ kurzen Simulationszeit befindet sich der Mittelwert allerdings noch nicht im stationären Zustand. Trotzdem ist zu erkennen, dass eine hohe konstante Temperatur nur in der Nähe der Schneidkante vorliegt. In dem Bereich der Spanfläche, in dem nur ein partieller Kontakt zum Span besteht, herrscht dagegen eine Temperaturwechselbelastung vor. Aus diesem Grund können messtechnisch auch nur relativ geringe Temperaturen ermittelt werden (siehe Kapitel 5.3.4). Zum einen erfolgt bei der Scherspanbildung kein sekundäres Fließen, das die Temperaturen in der Kontaktzone erhöht. Zum anderen liegt die Mitte des Messpunktes mit ca. 0,3 mm außerhalb der Zone der höchsten Kontakttemperaturen.

6.3 Zwischenfazit: Abschätzung eines werkstoffspezifischen Lastkollektivs

Aus den Ergebnissen der Werkstoffuntersuchungen wurden in Kapitel 5 materialspezifische Phä-nomene bei der Zerspanung von ADI-Gusseisen abgeleitet. Weiterhin wurden die gusstypische Scherspanbildung näher analysiert und die Kräfte und Temperaturen messtechnisch erfasst. Mit Hilfe der Zerspansimulation lässt sich das gewonnene Verständnis über die Vorgänge in der Kon-taktzone weiter präzisieren.

Die Scherspanbildung ruft eine Druckschwellbelastung der Schneidkante hervor. Der dazugehörige Mittelwert liegt unterhalb des Wertes einer Fließspanbildung, wenn dieselben plastomechanischen Eigenschaften angenommen werden. Die Maximalwerte können diesen Mittelwert allerdings weit überschreiten. Da das austenitisch-ferritische Gefüge durch eine starke Verfestigung charakterisiert ist, ergeben sich bei der Scherspanbildung eines ADI-Gusseisens besonders hohe Belastungsspitzen. Aus der Simulation geht weiter hervor, dass die Kontaktzonenbelastungen beim Anschnitt eines neuen Spansegmentes die einer stationären Fließspanbildung zusätzlich übertreffen.

Eine weitere Auswirkung durch die Scherspanbildung ergibt sich infolge der veränderten Kontakt-kinematik an der Spanfläche. Bei einer Fließspanbildung stellt sich eine stationäre sekundäre Fließ-zone ein. In dieser wird der Werkstoff weiter verformt und gleitet über die Spanfläche ab. Die Folge sind hohe Kontaktzonentemperaturen und die Ausbildung einer großen Kontaktfläche. Bei einer Scherspanbildung ist die Kontaktkinematik dagegen durch ein sequentielles Aufstauchen ohne Querbewegung und ein anschließendes Abgleiten gekennzeichnet. Die Kontaktfläche ist dadurch wesentlich kleiner und die spezifische Flächenlast entsprechend höher. Die fehlende sekundäre Scherung führt darüber hinaus zu geringeren Werkzeugtemperaturen, so dass rein thermisch beding-te Verschleißphänomene von untergeordneter Bedeutung sind. Das austenitisch-ferritische Gefüge neigt allerdings zu einer Adhäsion, die durch die fehlende Querbewegung in der Stauchphase der Spanbildung unterstützt wird. Das Auftreten eines adhäsiven Verschleißmechanismus wird somit sowohl durch die Eigenschaften des Werkstoffes als auch prozessbedingt durch die Scherspanbil-dung unterstützt.

Page 138: Adi
Page 139: Adi

Untersuchung und Optimierung von Schneidwerkzeugen 133

7 Untersuchung und Optimierung von Schneidwerkzeugen

Aus den systematischen Werkstoff- und Spanbildungsuntersuchungen wurden klare Schlüsse über das werkstoffspezifische Belastungskollektiv in den Kontaktzonen zwischen Werkstück und Werk-zeugschneide gezogen. Aus diesem Belastungskollektiv konnte die Wahrscheinlichkeit für das Vor-liegen von charakteristischen Verschleißmechanismen abgeschätzt werden.

Aufbauend auf den Grundlagenuntersuchungen und den theoretischen Überlegungen ergeben sich für die folgenden praktischen Zerspanversuche zwei wesentliche Zielsetzungen. Zum einen müssen die aus den Untersuchungen abgeleiten Verschleißmechanismen im realen Schnittprozess verifiziert werden. Zum anderen sind die analysierten Einflussgrößen dieser Verschleißmechanismen auf mög-liche Optimierungen von Schneidwerkzeugen zu übertragen. Dies gilt insbesondere für den Einfluss der Schneidkantengeometrie. Die Verifikation der Verschleißmechanismen geschieht im kontinuier-lichen Schnitt mit unbeschichteten Schneidwerkzeugen ohne Einsatz von Kühlschmierstoff. Mögli-che Werkzeugoptimierungen werden darauf aufbauend beim Bohren, Fräsen und Gewindebohren beschrieben.

7.1 Verschleißuntersuchungen im kontinuierlichen Schnitt

7.1.1 Verschleißmechanismus bei der Bearbeitung von duktilem ADI

Aus den Voruntersuchungen ist bekannt, dass der Verschleiß mit Verlust der Beschichtungsfunktion auf der Spanfläche zuerst in Form eines ausgeprägten Kolks fortschreitet. Der Freiflächenverschleiß steigt in dieser Phase linear und nach dem Durchbruch der schmalen Kolklippe exponentiell an. Aus den Adhäsionsversuchen im Stift-Scheibe-Tribometer wurde abgeleitet, dass eine Affinität zwischen dem Wolframkar-bid-Hartmetall und dem ADI-Gefüge besteht. Der Einsatz von WC-Hartmetallen ist aber auf Grund der erforderlichen abrasiven Verschleißfes-tigkeit bei Gussbearbeitung für die meisten Fertigungsverfahren der der-zeitige Stand der Technik. Aus diesem Grund werden in den folgenden Zerspanversuchen unbeschichtete K10-Hartmetalle im kontinuierlichen Schnitt eingesetzt, um den Verschleiß im un-mittelbaren Kontakt mit den Ver-suchswerkstoffen zu untersuchen.

ADI-9001 42CrMo4+QA

EN-GJS-600-3Mikrohärte:

ADI-900: 383 HV300mN

42CrMo4V+QA 305 HV300mN

EN-GJS-600-3 278 HV300mN

Bild 7-1: Untersuchte Werkstoffe

Investigated materials

Page 140: Adi

134

500 µm500 µm 500 µm500 µm

25 µm25 µm 25 µm25 µm

500 µm500 µm 500 µm500 µm

25 µm25 µm 25 µm25 µm

500 µm500 µm 500 µm500 µm

25 µm25 µm 25 µm25 µm

42CrMo4+QA

HM-K10

vc = 70 m/min

f = 0,25 mm

ap = 1,5 mm

Trockenbearbeitung

tc = 8,00 min

ADI-9001

HM-K10

vc = 70 m/min

f = 0,25 mm

ap = 1,5 mm

Trockenbearbeitung

tc = 8,00 min

EN-GJS-600-3

HM-K10

vc = 70 m/min

f = 0,25 mm

ap = 1,5 mm

Trockenbearbeitung

tc = 8,00 min

Schneide geätzt

90 min unter H2SO4

Schneide geätzt

90 min unter H2SO4

Schneide geätzt

90 min unter H2SO4

Bild 7-2: Verschleißuntersuchungen bei der Bearbeitung mit unbeschichtetem Hartmetall

Tool wear analysis when machining with uncoated tungsten carbides

Page 141: Adi

Untersuchung und Optimierung von Schneidwerkzeugen 135

Als Versuchswerkstoffe wurden ein ADI-900, ein überwiegend perlitischer GJS-600 und ein Vergü-tungsstahl 42CrMo4+QA gewählt (Bild 7-1). Die Erweiterung „QA“ bedeutet in diesem Zusam-menhang „Quenched & Austempered“ im Gegensatz zu der üblichen Vergütung „QT“ („Quenched & Tempered“). Es wurde somit dieselbe Wärmebehandlung, die bei der ADI-Herstellung angewen-det wird, auf den Vergütungsstahl 42CrMo4 appliziert. Es ist bekannt, dass eine derartige Wärme-behandlung einen Vergütungsstahl mit einer deutlich höheren Duktilität bei gleicher Festigkeit er-zeugt /SOMM02/. Angewendet wird dieser Prozess wegen seiner höheren Wärmebehandlungskos-ten allerdings nur in Einzelfällen /BRAN01b, HAYR02/. In diesen Versuchen garantiert er eine bessere Vergleichbarkeit der Gefüge im Stahl und im Gusseisen.

Die Drehversuche wurden im Längsschnitt durchgeführt. Es wurden Schneiden mit negativem Spanwinkel gewählt, die nach einer Einsatzzeit von tc = 8 min aus dem Schnitt genommen und me-tallographisch untersucht wurden (Bild 7-2). Bei allen Werkstoffen wurden Materialanhaftungen an der Span- und für ADI-900 und GJS-600 auch an der Freifläche festgestellt. Um die verschlissene Oberfläche direkt zu betrachten, wurden diese Materialanhaftungen mit verdünnter Schwefelsäure abgetragen.

Die charakteristischen Ver-schleißflächen sind in Bild 7-2 und vergrößert für die Werkstoffe ADI-900 und 42CrMo4+QA in Bild 7-3 dargestellt. Bei der Bearbei-tung des 42CrMo4+QA liegt eine Riefenbildung an der Freifläche vor, die durch die kontinuierliche Reibbewe-gung geglättet wird. Auf der Spanfläche liegt ein typischer Kolkverschleiß vor. Nach gängiger Vorstellung handelt es sich um einen diffusions-gesteuerter Verschleißmecha-nismus, bei dem durch Zer-setzungen der Bindungsphase und der Wolframkarbide Schneidstoffmaterial fortwäh-rend abgetragen wird.

Bei der Bearbeitung des ADI-900 wird der Verschleiß an der Spanfläche überwiegend durch Adhäsion bestimmt. Die Materialab-lagerungen sind fest mit dem Schneidstoff verbunden und werden durch die segmentierte Spanbil-dung ruckweise abgetragen. Dabei werden Hartstoffpartikel aus der Schneidstoffoberfläche heraus-gerissen, so dass einzelne Bruchflächen zurückbleiben. Dieser adhäsive Verschleißmechanismus ist an der Spanfläche sehr dominant. Die entstehenden Bruchflächen werden durch abrasive oder diffu-

42CrMo4+QAFreifläche

5 µm5 µm5 µm

5 µm5 µm5 µm

5 µm5 µm5 µm

5 µm5 µm5 µm

ADI-9001

Freifläche

42CrMo4+QASpanfläche

ADI-9001

Spanfläche

Bild 7-3: Verschleißmechanismus an Span- und Freifläche (HM-K10, vc=70 m/min, f=0,25 mm)

Wear mechanism at the rake and the flank face

Page 142: Adi

136

sionsgesteuerte Verschleißmechanismen nicht geglättet. Anhand von vergrößerten Aufnahmen las-sen sich auch an der Freifläche Spuren eines adhäsiven Verschleißes feststellen (Bild 7-3). Die Vorgänge werden dort allerdings durch einen abrasiven Verschleiß überlagert. Durch die hohe Schnittdynamik führt die Abrasion allerdings nicht zu einer eindeutigen Riefenbildung. Bei der Zerspanung des GJS-600 sind weder Adhäsions- noch dominante Abrasionsvorgänge zu beobach-ten. Die mechanischen und thermischen Belastungen bei der hier angewendeten Schnittgeschwin-digkeit von vc = 70 m/min reichen für einen dominanten Verschleißprozess nicht aus.

7.1.2 Einflussgrößen auf den Werkzeugverschleiß

Veränderung der Verschleißmechanismen mit der ADI-Festigkeit

Die ADI-Sorten mit höherer Festigkeit unterscheiden sich von den hochduktilen Varianten ADI-800 bis ADI-1000 durch eine andere Gefügestruktur. Zum einen ist das austenitisch-ferritische Gefüge durch die geringere Temperatur der isothermen Umwandlung deutlich feinstrukturierter, wodurch sowohl Festigkeit als auch Härte zunehmen. Zum anderen verringert sich der Anteil des Austenits im Gefüge und der Anteil härterer Gefügephasen steigt (vergleiche dazu auch Kapitel 5.2.2.1). Fol-ge ist eine geringere Duktilität sowie eine geringere Verfestigung bei einer plastischen Verformung, die auf der Umwandlung des Austenits in Martensit beruht.

In Bild 7-4 ist jeweils ein Querschnitt durch Span und Freifläche nach der Drehbearbeitung von ADI-900 und ADI-1200 dargestellt. Für die Bearbeitung der duktileren ADI-Sorte sind die krater-förmigen Ausbrüche durch den adhäsiven Verschleiß deutlich sichtbar. Dieser adhäsive Spanflä-chenverschleiß nimmt mit der Schnittgeschwindigkeit und der daraus folgenden Schnitttemperatur deutlich zu. Bei der Zerspanung des ADI-1200 liegt ebenfalls ein starker Kolkverschleiß vor. Da für diesen Werkstoff allerdings keine eindeutigen Adhäsionsspuren erkennbar sind, ist davon auszuge-hen, dass der Kolkverschleiß mehr auf mechanischem und thermisch bedingtem Abtrag beruht.

ADI-9001 (tc = 29,0 min)vc = 60 m/min, f = 0,15 mmADI-9001 (tc = 29,0 min)vc = 60 m/min, f = 0,15 mm

ADI-1200 (tc = 17,5 min)vc = 60 m/min, f = 0,15 mmADI-1200 (tc = 17,5 min)vc = 60 m/min, f = 0,15 mm

ADI-9001 (tc = 17,8 min)vc = 70 m/min, f = 0,15 mmADI-9001 (tc = 17,8 min)vc = 70 m/min, f = 0,15 mm

ADI-9001 (tc = 11,4 min)vc = 80 m/min, f = 0,15 mmADI-9001 (tc = 11,4 min)vc = 80 m/min, f = 0,15 mm

ADI-1200 (tc = 7,9 min)vc = 80 m/min, f = 0,15 mmADI-1200 (tc = 7,9 min)vc = 80 m/min, f = 0,15 mm

Außenlängsdrehen

HM-K10

vc = 60 -80 m/min

f = 0,15 mm

ap = 1,5 mm

κ = 75°

γ = -6°

Trockenbearbeitung

Bild 7-4: Verschleißauswertung bei der Bearbeitung von ADI-900 und ADI-1200

Flank and rake face wear when machining ADI-900 and ADI-1200

Page 143: Adi

Untersuchung und Optimierung von Schneidwerkzeugen 137

Aus den tribologischen Grundlagen ist bekannt (Kapitel 4.2.2), dass die Gefügephase Austenit auf Grund des hohen Formänderungsvermögens adhäsiv wirksam werden kann. Mit einem geringeren Austenitgehalt im Gefüge sollte sich der dominierende Einfluss der Adhäsion somit verringern. In den Reibversuchen konnte dies nicht eindeutig festgestellt werden. Die Zerspanversuche mit unbe-schichteten Hartmetallwerkzeugen weisen allerdings auf diese Veränderung des Verschleißmecha-nismus hin.

Der Einfluss der Schnittgeschwindigkeit erklärt die Beobachtungen bei der Zerspanung mit be-schichteten Werkzeugen. Verliert beim Einsatz eines beschichteten Werkzeugs die Schneide den Schutz ihrer Beschichtung, wodurch der Hartmetallgrundwerkstoff direkt dem zerspanten Werkstoff ausgesetzt ist, steigt die Verschleißrate sprunghaft an. Es kommt zu dem in den Vorversuchen beo-bachteten plötzlichen Werkzeugversagen durch einen extremen Kolk direkt an der Schneidkante.

Einfluss der Schneidkantengeometrie

Es wurde in Kapitel 0 nachgewiesen, dass die Schneidkantengeometrie einen bedeutenden Einfluss auf die Spanbildung besitzt. Weiterhin wurde durch die Zerspansimulation (Kapitel 6.2) gezeigt, dass der Verschleißmechanismus der Adhäsion durch die Kinematik beeinflusst wird. Um diese Abhängigkeit in praktischen Versuchen zu bestätigen, wurde der Einfluss der Schneidkantengeo-metrie auf das Verschleißverhalten in einem Analogieversuch näher analysiert. Dazu wurden unbe-schichtete HM-K10 Wendeschneidplatten mit verschiedenen repräsentativen Schneidkantengeomet-rievarianten versehen (siehe Kapitel 5.3.3). Diese Schneidplatten wurden im kontinuierlichen Schnitt beim Drehen von ADI-900 eingesetzt und danach metallographisch untersucht (Bild 7-8).

R9µm

500 µm500 µm

100 µm100 µm

0,100 18°02´´

23°42´´

500 µm500 µm

100 µm100 µm

0,113 20°09´´

5°46´´

500 µm500 µm

100 µm100 µm

10°03´´

500 µm500 µm

100 µm100 µm

vc = 70 m/min, f = 0,25 mm, ap = 1,5 mm, � = 75°, tc = 8 min vc = 70 m/min, f = 0,15 mm, ap = 1,5 mm, � = 75°, tc = 12 min

Bild 7-5: Verschleißausbildung in Abhängigkeit der Schneidkantengeometrie bei der Bearbei-tung von ADI-9001 im kontinuierlichen Schnitt mit unbeschichtetem Hartmetall

Wear characteristics dependent on the cutting edge geometry (ADI-900)

Page 144: Adi

138

Aus der Gegenüberstellung ist ersichtlich, dass der Freiflächenverschleiß mit steigendem Spanwin-kel bzw. mit steigendem effektiven Spanwinkel der Schneidkantenfase deutlich abnimmt. Des Wei-teren bewirken die sich auf der Spanfläche ablagernden Werkstoffadhäsionen einen geringeren Spanflächenverschleiß, da der segmentierte Charakter der Spanbildung abnimmt.

Die Kontrolle der beobachte-ten Adhäsionsvorgänge ist ein wesentlicher Ansatzpunkt zur Lösung der Probleme bei der Zerspanung von duktilen ADI-Sorten, die das größte Anwendungspotential für Hochleistungsbauteile besit-zen. In der industriellen Ferti-gung kommt deshalb der Kombination aus Werkzeug-beschichtung, Schneidkanten-geometrie und Kühlschmie-rung eine große Bedeutung zu. Durch die Wahl einer po-sitiven Schneidkantengeomet-rie wird der adhäsive Einfluss der Scherspanbildung redu-ziert (Bild 7-6 links). Der Schutz der Beschichtung bleibt längerer erhalten. Al-lerdings steigt bei einer posi-tiven Schneidkantengeometrie die Gefahr von Ausbrüchen. Die Kombination aus Schneidkantenradius, Span-winkel, Schneidstoff und Be-schichtung ist daher genau auf den Bearbeitungsfall abzustimmen. Die Beschichtung muss resistent gegenüber adhäsiven Material-anhaftungen sein und wegen der dynamischen Belastung eine große Schichthaftung besitzen. Der Schneidstoff benötigt einerseits eine hohe Verschleißfestigkeit, um einen geringen Freiflächenver-schleiß zu gewährleisten. Andererseits ist eine hohe Kantenfestigkeit erforderlich, um die hohe dy-namische und spezifische Schneidkantenbelastung zu ertragen. Deutliche Verbesserungen in Bezug auf eine Reduzierung des Adhäsionsverschleißes werden auch durch den Einsatz von Kühlschmier-stoff (hier 6% ige Emulsion) erreicht (Bild 7-6 rechts).

pos. Geometrie, Trockenbearbeitung

Außenlängsdrehen von ADI-900 tc = 15 min � = +1°& -6°

HC-K10 (Ti(C,N)-Al2O3-TiN) � = 75° �s = -6°

vc = 160 m/min f = 0,2 mm ap = 1,5 mm

pos. Geometrie, 6% Emulsion

neg. Geometrie, Trockenbearbeitung neg. Geometrie, 6% Emulsion

Bild 7-6: Einfluss von Schneidkantengeometrie und Kühl-schmierstoff

Influence of cutting edge geometry and cooling lu-

brication

Page 145: Adi

Untersuchung und Optimierung von Schneidwerkzeugen 139

7.2 Anwendung der Erkenntnisse für die Werkzeugoptimierung beim Bohren und Fräsen von ADI-900

Der Bohrprozess ist durch variierende Schnittbedingungen und Eingriffsverhältnisse entlang der Schneidkante von der Bohrerspitze zur Bohrerecke gekennzeichnet. Im Bereich der Querschneide liegen geringe Schnittgeschwindigkeiten und ein negativer Spanwinkel vor. An der Hauptschneide steigt die Schnittgeschwindigkeit an, bis diese an der Bohrerecke ihren Maximalwert erreicht. Der Spanwinkel steigt ebenfalls an und besitzt je nach Bohrerausführung einen Maximalwert von � � 20° an der Bohrerecke. Werkzeuge aus Hartmetall sind üblicher Weise mit einer Schutzfase ausgestattet, die die Schneidkante vor Ausbrüchen schützt. Je nach Hersteller schwanken die Breite der Schutzfase um b � 0,1 mm und der effektive Spanwinkel an der Schneidkante um �eff � -25°. Die Breite der Schutzfase steigt bei den meisten Werkzeugen zur Bohrerecke an.

Bohrversuche an ADI-900 mit beschichteten Hartmetallwerkzeugen ergeben, dass die Standzeit bei einer Schnittgeschwindigkeit von vc = 70 - 110 m/min und einem Vorschub von f = 0,25 mm im Wesentlichen durch Ausbrüche an den Bohrerecken begrenzt wird. Wie das Beispiel in Bild 7-7 verdeutlicht, ist insbesondere die Übergangskante zwischen Spanfläche und Schneidkantenfase Ausgangpunkt von Abplatzungen. Auf Grund der gewonnenen Erkenntnisse ist folgender Ver-schleißprozess anzunehmen. Da die Breite der Schutzfase nur etwas geringer als die Spanungsdicke ist (b � 0,1 mm, h � 0,125 mm), kommt es trotz des positiven Spanwinkels zu einer starken Lamel-lierung der Späne im Bereich der Bohrerecke. Der Druck auf die Schneidkante im Bereich der Fase ist somit verhältnismäßig hoch. Durch den scharfen Übergang zwischen Spanfläche und Schneid-kantenfase gehen Abplatzungen der Beschichtung von dieser Kante aus und legen das Hartmetall-substrat frei. Auf Grund der Spanlamellierung und den Eigenschaften des ADI kommt es zu einem fortschreitenden Adhäsionsverschleiß. Dieser wird mit steigender Schnittgeschwindigkeit sehr do-minant. Die Bohrerecke stumpft und ab, bis es zum Bruch an dieser Stelle kommt. Die Risse an der Führungsfase verdeutlichen die extremen mechanischen Belastungen, die bei diesem Verschleiß-prozess auftreten.

Der Grund für die kurzen Standzeiten liegt somit zu einem wesentlichen Anteil in der geometri-schen Gestalt der Schneidkante. Daher weisen Werkzeuge mit einer breiten scharfkantigen Schneidkantenfase bzw. einer Fase mit einem stark negativen Spanwinkel die geringsten Standzei-ten auf. Verbesserungen ergeben sich, wenn die Übergänge zwischen Spanfläche und Schneidkan-tenfase sowie die Übergänge zur Freifläche und zur Führungsfase verrundet sind. Es kommt in die-sem Fall nicht mehr zu einem frühzeitigen Versagen der Beschichtung an der scharfen Übergangs-kante. Der Bruch der Bohrerecke wird allerdings nicht verhindert sondern nur zu größeren Stand-mengen bzw. größeren Schnittgeschwindigkeiten verschoben.

Page 146: Adi

140

250 µm250 µm

250 µm250 µm 250 µm250 µm 250 µm250 µm

50 µm50 µm 100 µm100 µm

RissbildungVollbohren

D = 8 mm

t = 2 x D

vc = 70 -110 m/min

f = 0,25 mm

Fase: -35°x 0,1 mm

6% Emulsion

Zustand neu vc = 70 m/min, 65 Bohrungen vc = 110 m/min, 65 Bohrungen

Übergangskante

Bild 7-7: Standzeitende durch Eckenausbruch beim Bohren von ADI-9001

Limitation of tool life due to breakage of the edge of the drill

In einem ersten Optimierungsschritt wurden die Schneidkanten- und die Eckengeometrie der Bohrer optimiert. Die Bohrerecke wurde mit einer Facet-te versehen, damit die hohe spezifische Belastung der Ecke auf eine größere Fläche verteilt wird. Des Weiteren wurde die Schneidkantenfase durch eine Verrundung ersetzt, so dass bei der ADI-typischen Spanbildung ein effek-tiver positiver Spanwinkel entsteht. Durch diese Maßnahmen konnte die Standmenge für einen Vollbohrprozess (Trockenbearbeitung) um das fünffache gesteigert werden (Bild 7-8). Wie die REM-Aufnahmen der Bohrerecke zei-gen, ist die Beschichtung weitestge-hend intakt, so dass es nicht zu einem adhäsionsbedingten Verschleißversa-gen kommt. Nachteilig an dieser Schneidkantengeometrie wirkt sich allerdings die fehlende Stabilisierung der Schneidkante aus, so dass zwar größere Standmengen erzielt werden, das Standzeitende aber durch einen Überlastbruch der Bohrerecke bestimmt wird. Daher wurde der Bohrer in einer zweiten

250 µm250 µm

250 µm250 µm

2

1S

tan

dm

en

ge b

is z

um

Bru

ch

der

Bo

hre

rec

ke

1

100

150

250

0

150

2

50

Sta

nd

men

ge b

is z

um

Bru

ch

der

Bo

hre

rec

ke

1

100

150

250

0

150

2

50

Vollbohren von ADI-900 D = 8 mm, T = 8xDvc = 110 m/min, f = 0,25 mm Trockenbearbeitung

Bild 7-8: Optimierte Eckengeometrie beim Bohren

Optimised drill edge geometry

Page 147: Adi

Untersuchung und Optimierung von Schneidwerkzeugen 141

Optimierung mit einer Schneidkantenfase mit positivem effektiven Spanwinkel versehen. Dadurch wurde eine zusätzliche Standmengensteigerung von 30% erzielt. In einer dritten Optimierungsstufe wurde die Schichthaftung durch eine Glättung des Hartmetallsubstrates verbessert. Hierdurch wurde die Standmenge nochmals verdoppelt.

Beim Stirnplanfräsen von ADI-900 wird das Verschleißverhalten ebenfalls durch die Schneidkan-tengeometrie bestimmt (Bild 7-9). Bei einem Werkzeug mit negativem Spanwinkel (Schneide 1) stumpft die Schneidkante stark ab, wodurch nach einer kurzen Schnittzeit ein hoher Freiflächenver-schleiß entsteht. Ein sehr geringer kontinuierlicher Verschleißanstieg an der Freifläche liegt bei einem Werkzeug mit einer scharfen und positiven Schneidkantengeometrie vor (Schneide 2). Der fortschreitende Kolkverschleiß führt allerdings zu einem plötzlichen Versagen der Schneidkante. Die besten Ergebnisse werden mit einem Werkzeug mit einer positiven Schneidkantengeometrie erreicht, die eine leichte Stabilisierung aufweist (Schneide 3). Der Verschleißanstieg ist in diesem Fall zwar etwas größer gegenüber einer scharfen Geometrie, die Stabilisierung verhindert aber ein plötzliches Versagen.

0,2 mm

0,2

mm

0,2 mm

0,2

mm

0,2 mm

0,2

mm

0,2 mm

0,2

mm

0,2 mm

0,2

mm

0,2 mm

0,2

mm

0,2 mm

0,2

mm

0,2 mm

0,2

mm

0,2 mm

0,2

mm

0,2 mm

0,2

mm

0,2 mm

0,2

mm

0,2 mm

0,2

mm

VB=0,43 mm, tc=6,57 min VB=0,20 mm, tc=7,16 minVB = 0,22 mm, tc = 3,7 min

fz = 0,25 mm fz = 0,35 mmfz = 0,35 mm

Stirnplanfräsen

DW = 80 mm

ae/d = 2/3

?= 45°

vc = 150 m/min

Trockenbearbeitung

0

0,1

0,2

0,3

0,4

0 4 8Schnittzeit tc [min]

VB

Ha

up

tsch

neid

e [

mm

]

3 6

Schneide 1Schneide 1 Schneide 3Schneide 3Schneide 2Schneide 2

Bild 7-9: Verschleißentwicklung beim Stirnplanfräsen von ADI-9001 in Abhängigkeit von der Schneidkantengeometrie (HC-TiAlN)

Wear characteristics when face milling ADI-9001 dependent on the cutting edge ge-

ometry

7.3 Entwicklung einer neuen Geometrie zum Gewindebohren von ADI-900

Das Herstellen von Innengewinden ist ein wichtiges spanendes Fertigungsverfahren für typische ADI-Werkstücke. Gerade bei Fahrwerkskomponenten oder bei Komponenten des Antriebsstranges sind Innengewinde als Sackloch- oder Durchgangsgewinde ein häufiges Konstruktionselement. Im kleinen und mittleren Durchmesserbereich werden Innengewinde im Allgemeinen durch Gewinde-bohren hergestellt. Da dieses Verfahren in Bezug auf Verfahrenskinematik und Werkzeuggestaltung spezielle Anforderungen stellt, wurde das Gewindebohren von ADI vertieft untersucht.

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142

Beim Gewindebohren wird eine raumgeometrische Form durch eine schraubenförmige Bewegung im kontinuierlichen Schnitt erzeugt. Ausgangsform ist bei der Innenbearbeitung eine vorgefertigte Bohrung. Der Gewindeteil des Gewindebohrers wird durch Nuten in Schneidstollen mit mehreren Schneidkeilen unterteilt. Die Anzahl der Nuten, die Anschnittgeometrie, der Drallwinkel sowie die Gewindesteigung und der Vorbohrdurchmesser bestim-men die Anzahl der Schneidkeile. Gewindebohrer für Durchgangslöcher werden mit einem Schälanschnitt und geraden Nuten versehen (Bild 7-10). Für die Fertigung von Grundlöchern werden Gewindebohrer mit geraden Nuten verwendet, wenn die Werkstoffe kurzspanend sind. Für langspanende Materialien kommen Gewinde-bohrer mit gedrallten Nuten zum Einsatz /LUX00/.

Die Größe des Anschnittwinkels �r bestimmt die Anzahl der schneidenden Gewindegänge und damit die Spa-nungsdicke. Anschnittwinkel variieren üblicherweise zwischen 5° und 23°, Drallwinkel reichen von –15° bis 50°, Schälanschnittwinkel �F von 8° bis 18° und Span-winkel �P liegen zwischen 3° und 19°. Als Schneidstoffe für Gewindebohrer kommen Schnellarbeitsstähle und Hartmetalle zum Einsatz. Bei einer Beschichtung eignen sich TiN, TiC, TiCN, TiAlN, TiAlCN und Al2O3 als Schichtstoffe /LUX00/.

Die schraubenförmige Bewegung der Schneidkeile kommt durch die Überlagerung der tangentialen Schnittbewegung mit der axialen Vorschubbewegung zustande. Die Spanungsdicke h ist von der Geometrie des Anschnitts abhängig und entspricht der Höhendifferenz zweier aufeinander folgen-der Schneiden innerhalb eines Gewindeganges. Ein langer Anschnitt mit einem kleinen Anschnitt-winkel führt nach der Beziehung h = P/z·sin(�r) mit der Gewindesteigung P und der Stollenanzahl z zu einer kleinen Spanungsdicke.

Bei der Herstellung von Innengewinden in ADI-800 mit einem beschichteten HSS-Standardgewindebohrer wird ein hoher Werkzeugverschleiß festgestellt, der den Gewindebohrer nach relativ kurzer Zeit unbrauchbar macht (Bild 7-11). Das Hauptkennzeichen des Werkzeugver-schleißes sind die Maximalwerte an den Ecken der Schneidkeile. Durch die übliche Anschnittform entsteht ein um den Anschnittwinkel geneigter rechteckiger Spanungsquerschnitt mit um die Win-kel „60 + �r“ und „60 - �r“ geneigten Flanken. Die Übergänge von der Freifläche zu den Flankenflä-chen sind scharfkantig. Ein extremer maximaler Freiflächenverschleiß entsteht insbesondere an der Kante mit dem kleineren Übergangswinkel.

γF

γPWerkzeuggeometrie

Schälanschliffwinkel γF

Spanwinkel γP

Anschnittwinkel κr

κr

Bild 7-10: Anschnittgeometrie des Gewindebohrers

Tool geometry of a tap

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Untersuchung und Optimierung von Schneidwerkzeugen 143

Zerspanungsquerschnitt

einlaufende Kante

auslaufendeKante

60 + κr

60 - κr

AdhäsionAdhäsion

Freiflächen-verschleißFreiflächen-verschleiß

M18x1,5 - 564 Bohrungen

Werkzeugverschleiß

R ˜ 10 µm

h ˜ 70 µmV

Bm

axV

Bm

ax

VB

VB

Werkzeuggeometrie & SchnittdatenAnschnitt Form C Drall 15° Stollenzahl: 4

Schälanschliff γF = 3° Spanwinkel γP = 5°

HSS-PM - PVD-TiCN

vc = 10 m/min

Emulsion 6%

ap

Bild 7-11: Verschleißausbildung beim Gewindebohren von ADI-800 mit konventionellen Werkzeugen

Wear characteristics when tapping ADI-800 with conventional tools

Der Hauptgrund für dieses Verschleißphänomen liegt in der hohen spezifischen mechanischen Be-lastung der Schneidenecke, die durch die Spanbildung und die Verfestigung des ADI zustande kommt. Der üblicherweise eingesetzte HSS-Schneidstoff hält dieser hohen Eckenbelastung nicht stand und versagt an dieser Stelle bevorzugt. Optimierungen lassen sich für einen konventionellen Gewindebohrer durch verschiedene Maßnahmen einleiten. Dazu zählen eine Verlängerung des An-schnitts und eine Erhöhung der Stollenzahl, um die Spanungsdicke zu reduzieren. Diese Maßnah-men verringern die Belastung der Schneidenecken allerdings nicht wesentlich. Deutliche Verbesse-rungen lassen sich dagegen durch eine Verwendung höherfester HSS-Substrate und stabilerer Be-schichtungen (z.B. TiAlN) erreichen.

Auf eine genauere Analyse dieser Einzelmaßnahmen soll in dieser Arbeit hier nicht eingegangen werden. Vielmehr wird im Folgenden eine Idee vorgestellt, die die hohe spezifische Belastung der Schneidenecke durch eine grundsätzliche Veränderung der Anschnittgeometrie verringert. Dazu wird der radiale Vorschub nicht durch den üblichen konischen Anschliff sondern durch ein Verset-zen des kompletten Zahnprofils erreicht (Bild 7-12). Diese Art des Anschliffes ist bei Gewindefur-chern üblich. Das Bearbeitungsbeispiel zeigt eine deutliche Reduzierung des Maximalverschleißes. Der zu geringe radiale Hinterschliff, der zu einem erhöhten Kopfverschleiß führt, ist bei diesem Prototyp allerdings noch zu optimieren. Trotzdem zeigt dieses Beispiel, dass durch eine geeignete Anpassung der Schneidkantengeometrie auf die speziellen Belastungen durch die ADI-typische Spanbildung reagiert werden kann.

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144

ap = P/z·tan(κr)

hF

hF = P/z·sin(60°)

hK = ap

κr

ap = P/z*tan(κr)h = P/z*sin(κr)

hap

Neue Geometrie

Standardgeometrie

R 0,16

P

κrR 0,16

P

κr

Spanungsquerschnitte

P

κr

P

κr

Spanungsquerschnitte

M18x1,5 - 482 Bohrungen

Werkzeuggeometrie & SchnittdatenAnschnitt Form D Drall 0° Stollenzahl: 4

Schälanschliff γF = 0° Spanwinkel γP = 5°

HSSE-PM - PVD-TiAlN

vc = 10 m/min

Emulsion 6%

Bild 7-12: Variation der Gewindebohrergeometrie zur Reduzierung der Eckenbelastung bei der Bearbeitung von ADI-800

Change of the tool geometry to reduce the load on the cutting edge of the tap when

machining ADI-800

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Zusammenfassung und Ausblick 145

8 Zusammenfassung und Ausblick

In vielen Anwendungen des Maschinen-, Anlagen- und Fahrzeugbaus verlangen steigende Anforde-rungen an Gewichtsreduzierung und Kosteneinsparung den Einsatz von neuen Werkstoffen. In die-sem Zusammenhang besitzt das austenitisch-ferritische Gusseisen mit Kugelgraphit (ADI) ein ho-hes Potential für zukünftige Anwendungen in der Serienfertigung. Gusseisenwerkstoffe im Allge-meinen weisen ein hohes Maß an gestalterischer Freiheit bei relativ geringen Herstellkosten auf. Die ADI-Gusseisen zeigen zusätzlich eine exzellente Kombination aus hoher Festigkeit, hoher Bruchdehnung und guter Verschleißbeständigkeit. Die Herstellung erfolgt über den Gießprozess und eine nachfolgende spezielle Wärmebehandlung. In Abhängigkeit von den Wärmebehandlungs-parametern können hochfeste und hochverschleißfeste oder hochduktile Sorten entstehen. Die hoch-duktilen Sorten haben immer noch eine höhere Festigkeit als konventionelle perlitische Gusseisen mit Kugelgraphit.

Aktuelle Entwicklungsschwerpunkte liegen auf Hochleistungsanwendungen des Antriebsstranges sowie auf Fahrwerkskomponenten. Für diese Anwendungen stellen die duktilen ADI-Sorten ADI-800 bis ADI-1000 eine ideale Werkstoffgruppe dar. Hohe Genauigkeitsanforderungen verlangen aber grundsätzlich eine spanende Bearbeitung im vergüteten Zustand. Da es sich in diesen Fällen um Großserienanwendungen handelt, sind die Anforderungen an die Zerspanbarkeit und insbeson-dere an die erreichten Standzeiten hoch. Außerdem dürfen die Fertigungskosten bei einer Substitu-tion von konventionellen Gusseisenwerkstoffen (z.B. EN-GJS-600-3) oder geschmiedeten Stahl-werkstoffen nicht steigen.

Aktuelle Zerspanuntersuchungen über ADI im Hinblick auf großserientaugliche Fertigungsprozesse liegen in der Literatur praktisch nicht vor. Eigene Voruntersuchungen haben aber gezeigt, dass die Bearbeitbarkeit der duktilen ADI-Sorten den gestellten Anforderungen nicht genügt. Sowohl im Vergleich zu anderen Gusseisenwerkstoffen mit Kugelgraphit als auch zu Stahl ähnlicher Festigkeit werden bei gleichen Schnittparametern deutlich geringere Werkzeugstandzeiten erreicht. Kenn-zeichnend für das Verschleißverhalten bei der Zerspanung der duktilen ADI-Sorten mit beschichte-ten Hartmetallen ist vor allem ein extremer Kolkverschleiß. Dieser liegt sehr nahe an der Schneid-kante und führt deshalb zu einer Destabilisierung und einem Durchbruch der Kolklippe. Weiterhin liegt durch die prägnante Scherspanbildung eine hohe dynamische Schnittkraftbelastung vor.

Auf Grund der in den Vorversuchen beobachteten Verschleißausprägung wurden in dieser Arbeit die werkstoffbedingten Einflüsse auf den Zerspanprozess bei der Bearbeitung von ADI grundlegend untersucht. Schwerpunkte bildeten dabei die Eigenschaften des speziellen ADI-Gefüges im Hin-blick auf dadurch verursachte Verschleißmechanismen sowie die detaillierte Analyse der Scherspanbildung und die davon abhängigen Belastungen in den Kontaktzonen der Schneidkante. Mit den daraus gewonnenen Erkenntnissen wurden die grundlegenden Vorgänge in der Zerspanzo-ne und die dahinter liegenden Phänomene geklärt. Des Weiteren konnte aus diesen Vorgängen der dominante Verschleißmechanismus abgeleitet werden.

Der Grund für das ungewöhnliche Verschleißverhalten liegt in dem speziellen Gefüge des ADI-Gusseisens. Dieses besteht bei den duktilen Sorten aus einer feinen Struktur aus Ferrit und hoch-kohlenstoffhaltigem Austenit. Der Austenit ist durch den während der Wärmebehandlung eindif-

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146

fundierenden Kohlenstoff mechanisch und thermisch stabil, kann aber bei einer plastischen Verfor-mung in Martensit umklappen. Die Folge ist eine sehr starke Verfestigung des Gefüges. Dieser Ef-fekt wird auch bei der Spanbildung beobachtet und führt zu einer sehr hohen spezifischen mechani-schen Schneidkantenbelastung.

Kennzeichnend für die Zerspanung von Gusswerkstoffen mit Kugelgraphit und auch für die Zerspanung von ADI ist das Vorliegen einer Scherspanbildung. Diese ist bei der Zerspanung von ADI besonders stark ausgeprägt. In Stauchversuchen mit hohen Dehngeschwindigkeiten konnte dazu nachgewiesen werden, dass die hohe Duktilität unter quasi-statischen Bedingungen des ADI-Gefüges bei hohen Dehngeschwindigkeiten überproportional abnimmt. Die Folge dieser Scherspan-bildung sind zwar relativ niedrige mittlere Schnittkräfte, aber auch eine starke Dynamik in den Schnittkräften mit hohen ausgeprägten Kraftspitzen, die die eines Vergütungsstahls ähnlicher Fes-tigkeit weit übertreffen. Außerdem wird die Kontaktzone auf der Spanfläche sehr schmal und rückt nahe an die Schneidkante.

Eine weitere Folge der Scherspanbildung ist die Unterstützung adhäsiver Verschleißerscheinungen. Die Scherspanbildung erfolgt in einer Stauch- und einer Abgleitphase, wobei während der Stauch-phase Material durch eine fehlende Gleitbewegung mit hohem Druck auf die Spanfläche gepresst wird. Während des Abgleitens des Spansegmentes wird dieses adhäsiv gebundene Material wieder abgetragen. Das austenitisch-ferritische Gefüge besitzt zudem eine verstärkte Neigung zur Adhäsi-on, die sich in der Ausbildung einer festen Grenzfläche mit wolframbasierten Hartmetallen äußert. Diese Hartmetalle werden typischer Weise für die Bearbeitung von Gusseisenwerkstoffen einge-setzt. In Verbindung mit der Scherspanbildung führt dies zu einem dominierenden Adhäsionsver-schleiß auf der Spanfläche. Dieser steigt mit der Schnittgeschwindigkeit und der damit verbundenen Schnitttemperatur stark an. Die Höhe der Schnitttemperatur ist dabei durch die fehlende Gleitbewe-gung auf der Spanfläche zwar geringer als bei Vergütungsstählen gleicher Festigkeit, verstärkt die adhäsive Bindung aber stark.

Neben den adhäsiven werden auch abrasive Verschleißeffekte bei der Zerspanung von ADI beo-bachtet. Diese werden durch die Härte des austenitisch-ferritischen Gefüges und seigerungsbedingte Härteschwankungen verursacht. Gusseisenwerkstoffe sind zur Ausscheidung des Kohlenstoffes in Form von Graphit grundsätzlich durch einen hohen Siliziumgehalt gekennzeichnet. Durch diesen besitzt der Ferrit im ADI-Gefüge wie auch in anderen Gusseisenwerkstoffen eine etwas erhöhte Härte. Im Vergleich dazu ist die Härte des ADI-typischen Austenits auf Grund der durch den hohen Kohlstoffgehalt veränderten Kristallstruktur nochmals um ca. 70% höher. Der Austenit im Gefüge des ADI-Gusseisens ist daher nicht mit einem Austenit in rostfreien Stählen vergleichbar, da er eine wesentlich höhere Härte aufweist. Die Verschleißfestigkeit und Härte des ADI-Gefüges wird neben der Härte der Gefügebestandteile durch die sehr feine Gefügestruktur bestimmt. Bei den höherfes-ten ADI-Sorten kommen zusätzlich Bestandteile von Karbiden hinzu, die einen abrasiven Ver-schleiß bei der Zerspanung hervorrufen.

Die abrasive Verschleißbelastung bei der Zerspanung wird weiterhin durch die Qualität des Gussge-füges bestimmt. Ein Hauptgrund für unterschiedliche Gefügequalitäten ist das Zulegierungen von Mangan oder Molybdän, um Bauteile mit größeren Wandstärken durchvergüten zu können. Diese Legierungselemente seigern an die Korngrenzen und führen zur Ausscheidung von Martensit und

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Zusammenfassung und Ausblick 147

Karbiden. Die Standzeit kann bei einer Drehbearbeitung durch den Einfluss des Gefüges um ±25% schwanken.

Die Ausführungen zeigen, dass die Schneidwerkzeuge bei der Zerspanung von ADI durch eine Kombination aus abrasivem und adhäsivem Verschleiß sowie einer hohen spezifischen Schneidkan-tenbelastungen ausgesetzt sind. Bei der Entwicklung von Schneidwerkzeugen, die den besonderen Anforderungen bei der Zerspanung von ADI gerecht werden, müssen die jeweiligen Ursachen für die Verschleißphänomene berücksichtigt werden. Eine wichtige Rolle zur Verbesserung des Ver-schleißverhaltens kommt in diesem Zusammenhang der Gestaltung der Schneidkante zu. Es ist in Abhängigkeit des Fertigungsverfahrens ein optimaler Kompromiss zwischen einer ausreichenden Stabilität und einer guten Schneidfähigkeit zu finden, um einerseits Ausbrüche zu verhindern und andererseits den Einfluss der Scherspanbildung auf die Verschleißphänomene zu reduzieren. Glei-ches gilt für die Auswahl der Schneidstoffe. Ein optimaler Schneidstoff müsste eine hohe abrasive Verschleißfestigkeit und eine sehr gute Kantenfestigkeit vereinen. Sehr hohe Anforderungen beste-hen auch an die Eigenschaften der Beschichtung. Die hohe Kraftdynamik verlangt zum einen eine hohe Schichthaftung. Zum anderen muss der adhäsive Verschleiß des Hartmetallsubstrates verhin-dert werden.

Aus diesen Forderungen ergeben sich die weiteren Schritte für eine Optimierung der Zerspanung von ADI. Konventionelle Werkzeuge für die Gussbearbeitung sind im Hinblick auf die ADI-typischen Verschleißphänomene in den meisten Fällen nur bedingt geeignet. Werkzeuge für die Stahlbearbeitung sind für die Bearbeitung von ADI ebenfalls nicht sinnvoll einsetzbar. Falls weitere Verbesserungen erreicht werden sollen, muss das System aus Werkzeuggeometrie, Schneidstoff-substrat und Beschichtung ganzheitlich optimiert werden. Die Verschleißphänomene und die dafür verantwortlichen Kontaktvorgänge müssen Berücksichtigung finden. Beispiele wurden dazu für das Bohren und Gewindebohren gezeigt.

Als ein mögliches Werkzeug zur Optimierung des Zerspanvorganges ist in dieser Arbeit ein Modell zur Simulation der Scherspanbildung entwickelt worden. Dieses eröffnet die Möglichkeit, die me-chanischen und thermischen Belastungen in der Kontaktzone bei der gusstypischen Scherspanbil-dung zu ermitteln. Die Ergebnisse dieser Simulation können direkt in die Weiterentwicklung von Schneidwerkzeugen einfließen, um aus den Belastungen der Schneidkante Rückschlüsse auf opti-male Beschichtungen und Hartmetallsubstrate zu ziehen. Weiterhin ist es denkbar, mit Hilfe des Simulationsmodells optimale Schneidkantengeometrien zu entwickeln, indem die Geometrie itera-tiv an die optimale Spanbildung und die damit zusammenhängende Schneidkantenbelastung ange-passt wird. Forschungsbedarf besteht in dieser Hinsicht in einer Validierung und Weiterentwicklung des Simulationsmodelles, um die weiteren vielfältigen Einflussgrößen auf das Simulationsergebnis wie die Kontakteigenschaften von Substrat und Beschichtung oder die Feingeometrie der Schneid-kante exakt abbilden zu können.

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148

Summary and Outlook

In many applications of machine, plant and vehicle construction increasing demands on weight and cost saving require the application of new materials. In this regard austempered ductile iron (ADI) offers a high potential for future applications in series production. Cast iron materials generally ex-hibit a high freedom of shape combined with rather low manufacturing costs. In addition, ADI of-fers an excellent combination of high strength, high toughness and a good wear resistance. The fab-rication of ADI-parts consists of a casting process and a following special heat treatment. Depend-ing on the heat treatment parameters high strength and wear resistant or high ductile grades can be developed. The ductile ADI-grades have still a higher strength than conventional pearlitic ductile iron materials.

Current developments focus on high-performance applications of transmission and chassis compo-nents. For these applications the ductile ADI-grades ADI-800 to ADI-1000 represent an ideal group of materials. However, high accuracy demands require basically a machining in a heat treaded con-dition. Since the target applications are series production components, the demands on machinabil-ity and particularly on tool life are high. In addition, in case of a material substitution of conven-tional cast iron materials (e.g. EN-GJS-600-3) or forged steel the former production costs must not be exceeded.

Basically, machining examinations on ADI with regard to manufacturing processes suitable for se-ries production do not exist in the literature. However, own preliminary investigations showed that the machinability of ductile ADI does not meet the required demands. Both compared to conven-tional ductile iron materials and to steels of similar strength a clearly lower tool life is attained based on the same cutting parameters. An extreme crater wear is a characteristic tool wear phe-nomenon when machining ductile ADI with coated tungsten carbides. This crater wear is located very close to the cutting edge and leads to a destabilisation and a followed fracture of the crater lip. Furthermore, a high dynamic cutting force load is present due to a heavily segmented chip forma-tion.

Due to the wear characteristics observed in the preliminary investigations the material-dependent influences of ADI on the cutting process were fundamentally examined in this work. Key investiga-tions were the analysis of the special austenitic-ferritic microstructure regarding potential wear mechanisms as well as a detailed study of the segmented chip formation and the subsequent loads in the contact zones of the cutting edge. Depending on the following conclusions the fundamental processes in the cutting zones and its phenomena were clarified. Moreover, the dominant wear mechanisms could be derived from these processes.

The unusual wear mechanisms are due to the special austenitic-ferritic microstructure of ADI. This microstructure consists of a fine structure of ferrite and high-carbon austenite for the ductile ADI grades. The austenite is mechanically and thermally stable by carbon diffusing during the heat treat-ment but it can transform into martensite during a plastic deformation. The consequence is a very strong strain hardening. This effect is also observed during the chip formation and leads to a very high specific mechanical cutting edge load.

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Zusammenfassung und Ausblick 149

A segmented chip formation is characteristic when cutting ductile iron materials and also when cut-ting ADI. However, the tendency to a segmented chip formation is much stronger when machining ADI. It could be shown in compressing tests with high strain rates that the high ductility of ADI under quasi-static conditions decreases disproportionately at high strain rates. Rather low mean cut-ting forces are the consequence of this segmented chip formation, but also strong dynamic propor-tion of these cutting forces. The peak values of these cutting forces clearly exceed those of a quenched and tempered steel of similar strength. In addition, the contact zone on the rake face be-comes very small and moves close to the cutting edge.

A further consequence of the segmented chip formation is the support of adhesive wear. The seg-mented chip formation occurs in a compression and a gliding phase. During the compression phase the material is pressed under high pressure on the rake face without slip and generates a material bonding. During the gliding phase the chip segment and the adhesive bound is again worn away. Moreover, the austenitic-ferritic microstructure has a strong tendency to adhere with tungsten-based carbides. These carbides are used typically when machining cast iron materials. The tendency to adhesion leads in combination with the segmented chip formation to a dominating adhesion wear on the rake face. This adhesion wear strongly increases with increasing cutting speed and associated cutting temperature. The cutting temperature is smaller compared to the machining of steels due to the missing sliding movement on the rake face. However, the effect of this rather low cutting tem-perature on adhesion wear is very strong.

Besides adhesive also abrasive wear effects are observed when machining ADI. This abrasive wear is caused by the hardness of the austenitic-ferritic microstructure and segregation-effected hardness fluctuations. Cast iron materials are characterised by high silicon content for the precipitation of carbon in form of graphite. Due to the high silicon content ferrite in ADI has a slightly increased hardness similar to other cast iron materials. In comparison to ferrite the hardness of austenite is further increased of approx. 70% due to the crystal structure changed by the high carbon content. Therefore, the austenite microstructure in ADI cast iron is not comparable with an austenite in stainless steel, since it exhibits a substantially higher hardness. In addition and apart from the indi-vidual hardness of the structural constituents, the abrasion resistance and hardness of ADI is deter-mined by the very fine microstructure. For higher strength ADI grades the microstructure includes additional carbides, which cause a stronger abrasive tool wear.

Furthermore, the abrasive tool wear is affected by the quality of the casting structure. A main reason for different structure qualities is the alloying with manganese or molybdenum to be able to harden the entire wall thicknesses. These alloying elements segregate to the grain boundaries and lead to the precipitation of martensite and carbides. The tool life can vary around ±25% by the influence of the microstructure quality when a turning ADI with tungsten carbides.

The investigations show that cutting tools are exposed to a combination of high abrasive and adhe-sive wear as well as high specific loads of the cutting edge when machining ADI. For the develop-ment of cutting tools, which shall fulfil the demands when machining ADI, the respective causes of the wear phenomena must be considered. In this regard, an important role for the improvement of tool wear behaviour plays to the design of the cutting edge. It is important to find an optimal com-promise between a sufficient stability and a good sharpness of the cutting edge. On the one hand breakages should be prevented and on the other hand the influence of the segmented chip formation

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on the adhesive wear phenomena should be reduced. The same applies to the selection of the cutting tool materials. An optimal cutting tool material should combine a high abrasive wear resistance and very good edge strength. High requirements exist also for the properties of the coating. On the one hand, the high dynamic cutting forces require a good coating adherence. On the other hand, the ad-hesive wear of the tungsten carbide substrate must be prevented.

From these demands the further steps for an optimisation of ADI machining can be outlined. With respect to the special wear phenomena when machining ADI, conventional cutting tools typical for machining of conventional cast iron are not suitable. Tools for machining of steel are also not appli-cable for machining of ADI. If further improvements are to be achieved, the complete system of tool geometry, tool material substrate and coating must be optimised. The wear phenomena and the responsible contact conditions must be taken into consideration. Examples were pointed out for drilling and threading.

In this work a model for simulation of the segmented chip formation was developed to be used as possible tool to optimise the cutting process. This model enables to determine the mechanical and thermal loads in the contact zone during the segmented chip formation typical for machining ductile iron. The results of this simulation can be used directly to optimise cutting tools for selection and optimisation of coatings and substrates considering the loads of the cutting edge. Furthermore, it is conceivable to develop an optimal cutting edge geometry based on an iterative simulation and ge-ometry optimisation. In this regard, research need exist in a validation and optimisation of the simu-lation model. Various further influences on the simulation results must be considered as for exam-ple the contact properties of substrate and coating or the micro geometry of the cutting edge.

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Lebenslauf 167

Lebenslauf

Zur Person

Carsten Felix Klöpper geboren am 29. August 1972 in Erlangen ledig

Ausbildung

August/79 - Juni/92 Schulausbildung mit Abiturabschluss am Gymnasium Großburgwedel

Wehrdienst

Juli/92 - Juni/93 Wehrdienst im Panzeraufklärungslehrbataillon 11 in Munster

Studium

Oktober/93 - Oktober/98 Maschinenbaustudium an der RWTH Aachen, Vordiplom im September 1995; danach Hauptdiplom der Fachrichtung Fertigungstechnik; Diplom-arbeit am WZL, Lehrstuhl Technologie der Fertigungsverfahren

Berufstätigkeit

Januar/96 - Oktober/98 Studentische Hilfskraft am Laboratorium für Werkzeugmaschinen und Betriebslehre der RWTH Aachen, Lehrstuhl für Technologie der Ferti-gungsverfahren

November/98 - April/04 Assistent am Lehrstuhl für Technologie der Fertigungsverfahren am Werkzeugmaschinenlabor der RWTH-Aachen

Juni/02 - Februar/04 Leiter der Arbeitsgruppe „Zerspanen mit geometrisch bestimmter Schneide“

seit Mai/04 Leiter Anwendungstechnologie Mehrspindeldrehautomaten bei der Fir-ma Alfred H. Schütte, Köln