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Aconitin Illumina-Chemie.de - Artikel Elemente und Stoffe Aconitin Name: Aconitin Summenformel: C 34 H 47 NO 11 IUPAC-Name: 1-ethyldecahydro-6,10,13-trimethoxy-3-(methoxymethyl)-11a-acetate 8-benzoat-2H-12,3,6a-ethanylyliden-7,9-methanonaphth[2,3-b]azocin-4,8,9,11,11a(1H,7H)-pentol CAS-Name: (1a,3a,6a,14a,15a,16b)-20-Ethyl-1,6,16-trimethoxy-4-(methoxymethyl)aconitane-3,8,13,14,15-pentol 8-acetate 14-benzoate Andere Namen: Aconitane, Adynerin, Acetylbenzoylaconin Dichte: 1.37±0.1 g/cm 3 Molares Volumen: 468.2 ± 5.0 cm 3 /mol Löslichkeit: pH=1 1000 g/L pH=2 839 g/L pH=3 240 g/L pH=4 30 g/L pH=5 3,9 g/L pH=6 1,2 g/L pH=7 0,97 g/L pH=8-10 0,90 g/L pK a : 5,88 Molare Masse: 645,74 g/mol Schmelzpunkt: 200 - 205 °C, exakter auch 204 °C, früher auf 197 - 198 °C bestimmt (Alkaloidgemische) Siedepunkt: 717.2 ± 60.0 °C Polarisation: +17,3 ° bis +19 ° (CHCl 3 , 20 °C, 589,3 nm), die Salze sind linksdrehend (Hydrobromid hemipentahydrat: -30,8 °, Hydrochlorid hemipentahydrat: -30,9 °, Nitrat: -35 °) Gefahrenzeichen: T+ Toxizität: LD 50 (Maus, ipr) = 0,22 - 2,5 mg/kg KG, LD(Mensch) = 5 mg (rekonstruktiv) R-Sätze: 26/28-36/37/38 S-Sätze: 24-45-36-26 Beschreibung: Aconitin ist ein sehr giftiges Diterpenoid-Alkaloid, das in dem 50-150 cm hohem Blauen Eisenhut (Aconitum napellus) - der giftigsten Pflanze in unseren Breitengraden - vorkommt. Es stellt den Benzoat- und Acetat-Ester des Alkaloids Aconin dar. Aconin selbst weist nur etwa 1/500 der Toxizität des Aconitins auf. Bei Lagerung der getrockneten Pflanzenteile tritt bei Licht- und Wärmeeinfluss eine teilweise Hydrolyse ein, welche die Wirkung abschwächt. Aconitin bildet weiße (bei nicht hochreinem eher gelbliche), feine und geruchslose, hexagonale Prismen, die in Benzol und Chloroform gut, und Alkohol und Diethylether schwerer und in Wasser kaum löslich sind. Ein Gramm Aconitin löst sich in 2 ml Chloroform, 7 ml Benzol, 28 ml abs. Ethanol, 50 ml Diethylether und 3300 ml Wasser. Es bildet allerdings nicht den einzigen Bestandteil der unter Artikel im Web: http://illumina-chemie.de/aconitin-t2775.html Copyright illumina-chemie.de, Autor: NI2, Geschrieben am 27.05.2011 1 von 4

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Aconitin

Illumina-Chemie.de - Artikel Elemente und Stoffe

Aconitin

Name: AconitinSummenformel: C34H47NO11

IUPAC-Name: 1-ethyldecahydro-6,10,13-trimethoxy-3-(methoxymethyl)-11a-acetate8-benzoat-2H-12,3,6a-ethanylyliden-7,9-methanonaphth[2,3-b]azocin-4,8,9,11,11a(1H,7H)-pentol CAS-Name:(1a,3a,6a,14a,15a,16b)-20-Ethyl-1,6,16-trimethoxy-4-(methoxymethyl)aconitane-3,8,13,14,15-pentol8-acetate 14-benzoateAndere Namen: Aconitane, Adynerin, AcetylbenzoylaconinDichte: 1.37±0.1 g/cm3

Molares Volumen: 468.2 ± 5.0 cm3/molLöslichkeit:pH=1 1000 g/LpH=2 839 g/LpH=3 240 g/LpH=4 30 g/LpH=5 3,9 g/LpH=6 1,2 g/L pH=7 0,97 g/LpH=8-10 0,90 g/LpKa: 5,88Molare Masse: 645,74 g/molSchmelzpunkt: 200 - 205 °C, exakter auch 204 °C, früher auf 197 - 198 °C bestimmt (Alkaloidgemische)Siedepunkt: 717.2 ± 60.0 °CPolarisation: +17,3 ° bis +19 ° (CHCl3, 20 °C, 589,3 nm), die Salze sind linksdrehend (Hydrobromidhemipentahydrat: -30,8 °, Hydrochlorid hemipentahydrat: -30,9 °, Nitrat: -35 °)Gefahrenzeichen: T+

Toxizität: LD50(Maus, ipr) = 0,22 - 2,5 mg/kg KG, LD(Mensch) = 5 mg (rekonstruktiv)R-Sätze: 26/28-36/37/38S-Sätze: 24-45-36-26

Beschreibung:

Aconitin ist ein sehr giftiges Diterpenoid-Alkaloid, das in dem 50-150 cm hohem Blauen Eisenhut (Aconitumnapellus) - der giftigsten Pflanze in unseren Breitengraden - vorkommt. Es stellt den Benzoat- undAcetat-Ester des Alkaloids Aconin dar. Aconin selbst weist nur etwa 1/500 der Toxizität des Aconitins auf. BeiLagerung der getrockneten Pflanzenteile tritt bei Licht- und Wärmeeinfluss eine teilweise Hydrolyse ein,welche die Wirkung abschwächt. Aconitin bildet weiße (bei nicht hochreinem eher gelbliche), feine undgeruchslose, hexagonale Prismen, die in Benzol und Chloroform gut, und Alkohol und Diethylether schwererund in Wasser kaum löslich sind. Ein Gramm Aconitin löst sich in 2 ml Chloroform, 7 ml Benzol, 28 ml abs.Ethanol, 50 ml Diethylether und 3300 ml Wasser. Es bildet allerdings nicht den einzigen Bestandteil der unterNaturschutz stehenden Aconitum-Gattung - deren Arten durchaus verschieden stark giftig sind - und kommtim Blauen Eisenhut zusammen mit folgenden weiteren Alkaloiden vor: Pikroaconitin (Benzylaconin),Mesaconitin (Acetylbenzoylmesaconin), Hypaconitin (Acetylbenzoylhypaconin) und den freien AlkaminenAconin, Napellin, Meopellin, Japaconitin und Neolin, L-Ephedrin und Spartein. Die Anzahl deraconitinverwandten Alkaloide scheint schier unendlich – zumal auch die chiralen Zentren, neben denunterschiedlich hydroxylierten Grundstrukturen, eine weitere Vielzahl an Möglichkeiten erlauben. Die obenaufgezählten Stoffe bilden dabei nur einen Bruchteil der toxischen Inhaltsstoffe der Aconitum-Arten.

Die Geschichte der Entdeckung des Aconitins ist lang und voller Fehlschläge und es ist anzunehmen, dassselbst heute noch nicht alle Bestandteile des Eisenhuts aufgeschlüsselt worden sind.

Die ersten Extraktionen von 1833 lieferten ein Stoffgemisch, das aufgrund der Vielzahl der verschiedenenAlkaloide nicht einheitlich, sondern amorph vorlag. Die daraus kristallisierbare Base wurde von WHRITE undLUFF als Aconitin und der nichtkristallisierbare Rest als Pikroaconitin (später nannte man nur das noch dasBenzylaconin so) bezeichnet. Die Summenformel konnte auch noch nicht endgültig geklärt werden undwurde zeitgleich als C

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Aconitin

38H45NO12 und C34H47NO11 bestimmt, von denen sich letztere durch spätere Analysen bestätigt hat. Über denstufenweisen Abbau durch Kochen mit Wasser, Acetanhydrid, verdünnter Schwefelsäure und Basen konntedurch die Analyse der Spaltprodukte das Aconitin genauer analysiert werden. Das durch Dehydratisierungenstandene Produkt wurde Apoaconitin, das durch Abspaltung von Essigsäure entstandene Pikroaconitinund das durch Abspaltung eines Benzylrests enstehende Produkt Aconin genannt. Versuche das Aconin mitAcetylchlorid oder Benzoylchlorid gezielt zum Aconitin zu überführen schlugen aufgrund der vielenvorhandenen Hydroxygruppen fehl. Da zuvor schon bekannt war, dass das Aconitinmolekül vier Methoxy-und drei Hydroxy-Gruppen beeinhaltet, konnte folgende Formel entwickelt werden:

Bis heute gibt es noch keine Publikationen zu einer Totalsynthese von Aconitin, wobei das Kohlenstoffgerüstwahrscheinlich das größte Problem darstellt. Die Regioselektivität der Acetylierung und die desBenzoylrestes ließen sich durch strategische Anwenden verschieden leicht abzutrennender Schutzgruppenzwar durchführen, doch ist noch keine Möglichkeit zum Aufbau des Grundgerüstes bekannt, was weitereÜberlegungen auch zwecklos macht.In seiner Struktur ähnelt das Aconitin dem Delphinin (2 HO-Gruppen weniger, in 4-Stellung nur eine Methoxy-statt einer Methoxymethyl-Gruppe und nicht N-ethyliert sondern N-methyliert) aus dem Stephanskraut (Delphinium staphisagria) und dem Tulpin aus der Garten-Tulpe (Tulipa gesneriana) welche ebenfalls toxischsind (die Toxizität des Tulpins ist weitaus geringer als die der anderen beiden Alkaloide). Unter den in denPflanzen vokommenden Diterpen (C20)- und Norditerpen (C19)-Alkaloiden, sind die mehrfach verestertenSubstanzen besonders giftig.

Das Aconitin kommt in allen Pflanzenteilen des Eisenhutes, besonders der Wurzel und den Samen, vor.Versehentliche Intoxikationen sind z.B. auf eine Verwechslung der Wurzel mit Meerrettich oder auch aufübermäßige Anwendung therapeutischer Zubereitungen, zum Beispiel während einer Behandlung mitaconitinhaltigen Salben, zurückzuführen. Der Alkaloidgehalt bewegt sich zwischen 0,5 und 1,5 % und ist inder Knolle nach LIEBENOW während der Blütezeit am geringsten und im Winter am höchsten. DieWurzelknolle (auch als Sturmhutknolle bezeichnet) ist dunkelgraubraun, meist prall und 4-8 cm lang und bisüber 2 cm breit oder gestreckt rübenförmig. Die frische Wurzel schmeckt süßlich, dann kratzend und späterscharf. Für einen Erwachsenen wirken 2-15 g (häufig schon 2-4 g) derselben tödlich, was etwa 3-6 mg desreinen Aconitins entspricht. Bei Kindern liegt die letale Dosis weitaus niedriger. Das Aconitin wird über dieSchleimhäute des Magen-Darm-Traktes, aber auch über die intakte Haut rasch resorbiert, weshalb auchschon beim Pflücken des Eisenhuts Hautentzündungen und sogar schwere Vergiftungen hervorgerufenwerden können. Mengen von unter 1 mg über die Nasenschleimhaut aufgenommen rufen erst ein Kribbelnund anschließend einem "pelziges" Gefühl hervor, bevor die Nase komplett gefühllos wird. Diese Symptomeklingen nach 1,5-2 Stunden wieder ab. Aconitin wirkt zunächst erregend und dann lähmend auf sensibleNervenendungen und die motorischen Endplatten. Im ZNS zeigt sich diese Wirkung insbesondere an denmotorischen Zentren in Hirn und Rückenmark und den Atem,- Brech- und Temperaturzentren. Neben deranästhetischen Wirkung treten Symptome wie Kälteempfindlichkeit, Empfindungsschwierigkeiten, Übelkeit,Durchfall und Erregungszustände auf, Herzrhythmusstörungen, Krämpfe, Lähmung der Zunge, der Gesichts-und Extremitätenmuskulatur und zuletzt eine Kreislauflähmung folgen. Der Tod erfolgt durch zentraleAtemlähmung oder, bei weit überletalen Dosen, durch Herzstillstand. Die Vergiftungserscheinungen tretenbei Einnahme hoher Dosen bereits nach wenigen Minuten und der Tod nach etwa einer halben Stunde ein.

Die Wirkung beruht auf der Förderung des Natriumeinstroms in die Zellen, wodurch das Membranpotentialgestört und an den Nerven- und (Herz-)Muskelzellen die Repolarisation verhindert wird. Da es kein Antidotgibt, muss symptomatisch behandelt werden: Bei Herzrhythmusstörungen zum Beispiel durch Gabe vonPropafenon (einem Natriumkanalblocker), da sich Xylocain als unwirksam erwiesen hat, oder von Putrescin.Ansonsten ist nur primäre Giftentfernung möglich: sofortiges Erbrechen, Gabe von Aktivkohle undNatriumsulfat. In der Klinik erfolgt, insofern die Giftaufnahme nicht zu lange zurückliegt, eine Magenspülung(evtl. mit Kaliumpermanganatlösung). Allgemeine intensivmedizinische Maßnahmen betreffen denElektrolytausgleich, Gabe von Natriumhydrogencarbonat zum Ausgleich der Azidose, Behandlung vonKrämpfen mit Diazepam, ggfs. Intubation und Sauerstoffbeatmung und eine kontinuierlicheEKG-Überwachung.

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Bilder:

Aconitum napellus (Sturmhut, blauer Eisenhut)

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Aconitin

Aconitum vulparia (Wolfshut, gelber Eisenhut)

Alle Bilder stammen von lemmi

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