abschließende versuche zur frage des “zähl”-vermögens der haustaube

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Aus dem Zoologischen Institut der Albertus-Universitit KBnigsberg AbvchlieSende Versuche zur Frage derj ,,Eahl"-vermogens der Haustaube l) Von W. ARNDT Mit 8 Abbilduugen Eingegangen am 17. April 1939 Inhalt: Forschungsstand, Fragestellung 88. - Haltung, Methode, Versuchstiere 94. - I. Fort- setzung der WACHHOLTZ sohen Versuche: Handeln auf x erlaubte Korner aus Rornerhaufen. 1. Taube Nichtweil: a) Kuckdressur anf x = 4 96. b) Zerdehnung des Nhythmus dorch Glasplatte 97. c) Vorzeitiges Dazmischenschlagen 98. d) Gleichzeitige Beherrschung zweier Aufgaben (Doppelaufgabe). a) Zwei bzw. drei Tnschkleckse als Anweiser fur 2 bzw. 3 erlaubte Korner 99. 8) Auf neilem Pappstreif 5. auf schwarzem 3 erlaubte Korner 101. - 2. Taube Blaukopf: a) Eistdressur auf 4 erlaubte Korner 102 b) Doppel- aufgabe: Auf weiler Kornerunterlage 4, auf schwarzer 2 erlaubte Korner 103. c) Drei- fachaufgabe: Auf weil 4, auf schwarz 2, auf gelb 3 erlaubte Korner 104. - 3. Taube \Veil: a) Erstdressur auf 5 erlaubte Korner 104. bj Doppelaufgabe: Ton weil 5: von schwarz 2 erlaubte Korner 105. c) Dreifachaufgabe: Von weil 5, von schwarz 2, von gelb 3 erlaubte Korner 106. - 11. Taube Nichtneil arbeitet nach FISCHELS Kastchen- methode. 1. 2 : 3 auf Deckeln 106. Beurteilung der Zweikastenmethode 108. - 2. Uber- tragung der Deckelpunktmerkmale auf Kornergruppen 110. - 111. Sukzessivversuche. Einzelobjekte nacheinander rnit Rhythmuszerdehnung geboten. A. E r b se n als Objekte. 1. Drehscheibe mit Einzelerhsen darauf. a) Taube Blaugrau: 2, 3: 4, 5, 6 erlaubte Erbsen 111. b) Erstdressnr anf 4 er1aubt.e Erbsen (Drehscheibe). Taube Grau 117. - 2. Rinnenveisuche mit Einzelerbsen. 2- 6 erlaubte Erbsen. Taube Braunweil und Schmarz 118. - B. K a s t e u als Objekte. 1. Auf Drehscheibe. a) Dressur anf 2 bis 4 Hiisten. Taube Blaukopf 124. Taube BlaiiaeiD 126. b) Dressur aof 2-7 Erbsen aus wechselnder Anzahl Kasten: Taube Blaumeil 127. - 2. Kastenreihe. 6Erbsen, 7 Erbsen 132. - 3. Doppelaufgabe. weiler Kasteudeckel = 4, gelber mit schxarzem Diagonalstrich = 2 Erbsen 134. - 1V. Futtervorheben 136. - V. Balz 136. - VI. Einzel- beobachtungen 137. - Rucliblick 138. - Zusarnmenfassung 141. - Schrifttum 142. Forschungsstand, Fragestellung In einer 1936 erschienenen Zusammenfassung hat BIEREKS DE HAAX den gegenwartigen Stand der Frage nach einem Zahlverniogen bei Tieren abgehandelt. ZLhlen im menschlichen Sinne eetzt Ziffern voraus, also optische, akustische oder sonstwie geartete Symbole, die alle qualitativ voneinander verschieden sind und eine eindeutig festgelegte Aufeinanderfolge darstellen, derart, dab jedes Glied clarin seine bestimmte Stelle hat. Der Besitz einer solchen Symbolreihe ist die Grund- voraussetzung fur menschliches Abzahlen von Mengen, fur den Zahlbegriff und fur die menschliche Algebra. Echtes menschliches ZYhlen setzt also begriffhches Denken voraus und ist an das Spraclivermogen gebunden. BIERENS DE HAAN lehnt - mit Recht - solch menschliches Zahlen bei Tieren ab, denn sie haben keine Menschensprache nnd kein Denken in Wortbegriffen. Wohl aber kennt er zahlreiche tierische Leistunget], die der menschlichen Leistung des Abzllilens mehr oder weniger nahe kommeri und bsi fluchtiger Betrachtung damit verwechselt werden konnten. Es sind die folgenden: I) Dissertation der Natunvissenschaftlichen Fakultat der Universitat Konigsberg.

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Page 1: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

Aus dem Zoologischen Institut der Albertus-Universitit KBnigsberg

AbvchlieSende Versuche zur Frage derj ,,Eahl"-vermogens der Haustaube l)

Von

W. ARNDT

Mit 8 Abbilduugen

Eingegangen am 17. April 1939

Inhalt: Forschungsstand, Fragestellung 88. - Haltung, Methode, Versuchstiere 94. - I . Fort- setzung der WACHHOLTZ sohen Versuche: Handeln auf x erlaubte Korner aus Rornerhaufen. 1. Taube Nichtweil: a) Kuckdressur anf x = 4 96. b) Zerdehnung des Nhythmus dorch Glasplatte 97. c) Vorzeitiges Dazmischenschlagen 98. d) Gleichzeitige Beherrschung zweier Aufgaben (Doppelaufgabe). a ) Zwei bzw. drei Tnschkleckse als Anweiser fur 2 bzw. 3 erlaubte Korner 99. 8) Auf neilem Pappstreif 5. auf schwarzem 3 erlaubte Korner 101. - 2. Taube Blaukopf: a) Eistdressur auf 4 erlaubte Korner 102 b) Doppel- aufgabe: Auf weiler Kornerunterlage 4, auf schwarzer 2 erlaubte Korner 103. c) Drei- fachaufgabe: Auf weil 4, auf schwarz 2, auf gelb 3 erlaubte Korner 104. - 3. Taube \Veil: a) Erstdressur auf 5 erlaubte Korner 104. bj Doppelaufgabe: Ton weil 5: von schwarz 2 erlaubte Korner 105. c) Dreifachaufgabe: Von weil 5, von schwarz 2 , von gelb 3 erlaubte Korner 106. - 11. Taube Nichtneil arbeitet nach FISCHELS Kastchen- methode. 1 . 2 : 3 auf Deckeln 106. Beurteilung der Zweikastenmethode 108. - 2. Uber- tragung der Deckelpunktmerkmale auf Kornergruppen 110. - 111. Sukzessivversuche. Einzelobjekte nacheinander rnit Rhythmuszerdehnung geboten. A . E r b s e n als Objekte. 1. Drehsche ibe mit Einzelerhsen darauf. a) Taube Blaugrau: 2, 3: 4, 5, 6 erlaubte Erbsen 111. b) Erstdressnr anf 4 er1aubt.e Erbsen (Drehscheibe). Taube Grau 117. - 2. R i n n e n v e i s u c h e mit Einzelerbsen. 2- 6 erlaubte Erbsen. Taube Braunweil und Schmarz 118. - B. K a s t e u als Objekte. 1 . Auf Drehsche ibe . a) Dressur anf 2 bis 4 Hiisten. Taube Blaukopf 124. Taube BlaiiaeiD 126. b) Dressur aof 2-7 Erbsen a u s wechse lnde r Anzah l Kasten: Taube Blaumeil 127. - 2. Kas ten re ihe . 6Erbsen, 7 Erbsen 132. - 3. Doppelaufgabe. weiler Kasteudeckel = 4 , gelber mit schxarzem Diagonalstrich = 2 Erbsen 134. - 1V. Futtervorheben 136. - V. Balz 136. - VI. Einzel- beobachtungen 137. - Rucliblick 138. - Zusarnmenfassung 141. - Schrifttum 142.

Forschungsstand, Fragestellung In einer 1936 erschienenen Zusammenfassung hat BIEREKS DE HAAX

den gegenwartigen Stand der Frage nach einem Zahlverniogen bei Tieren abgehandelt.

ZLhlen im menschlichen Sinne eetzt Ziffern voraus, also optische, akustische oder sonstwie geartete Symbole, die alle qualitativ voneinander verschieden sind und eine eindeutig festgelegte Aufeinanderfolge darstellen, derart, dab jedes Glied clarin seine bestimmte Stelle hat. Der Besitz einer solchen Symbolreihe ist die Grund- voraussetzung fur menschliches Abzahlen von Mengen, fur den Zahlbegriff und fur die menschliche Algebra. Echtes menschliches ZYhlen setzt also begriffhches Denken voraus und ist an das Spraclivermogen gebunden.

BIERENS DE HAAN lehnt - mit Recht - solch menschliches Zahlen bei Tieren ab, denn sie haben keine Menschensprache nnd kein Denken in Wortbegriffen. Wohl aber kennt er zahlreiche tierische Leistunget], die der menschlichen Leistung des Abzllilens mehr oder weniger nahe kommeri und bsi fluchtiger Betrachtung damit verwechselt werden konnten. Es sind die folgenden:

I ) Dissertation der Natunvissenschaftlichen Fakultat der Universitat Konigsberg.

Page 2: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

AbschlieBende Versuche zur Frage des ,,Z%hl"-verrnogens cler Haustaube 89

1. Siniilicbe IJnterscheidung des GroRenunterschiedes zweier gleichzeitig neben- eiiinnder (simultan) vorgelegter Mengen.

2. Uasselbe bei zeitlich aufeinanderfolgender (sukzessiver) Dmbietung zweier Mengen.

3. Bemerken der Stellu eines Objektes in einer Reihe gleichartiger Objekte. 4. I):tsselbe in wietlerholter ilufeinanderfolge (Huhner fressen jedes zweite odcr

gar jedes dritte Korn aus einer Reihe). 5. Erlernen hestinimter Handeldsrhythmen. In diese Rubrik ordnet er auch die

Taubenversuche des Konigsberger Zoologischen Institutes ein.

Nachdeni 0. KOEBLERS erster Schuler W. PISCHEL (1!~2Ci) bei Tauben in Versuchen mit Kistchenpaaren, deren Deckel die Zahlmerkmale (z, B. Tinten- lileckse i n verschiedener Anzahl) trugen, erheblich weniger (Grenze 3 : 1) Erfolg hatte als bei einem Stieglitz, dem zwei Gruppen frei daliegender Korner nebeneinander geboten wurden (Grenze 3 : 2, hoher hinauf mit groBeren Inter- vallen wie 4 : 2, 5 : 3, . . . 1 2 : 6 ) erhob sich die Prage, ob Tauben wirltlich weniger begabt seien als der Stieglitz, oder ob es an der Methode gelegen habe, und wenn letzteres zutriflt, wieweit man Tauben bei bestmoglicher Nethodik bringen konne.

Die ljisherige von 0. NULLER und R. WACHHOLTZ im Rahmen zweier Staatsexamensarbeiten geleistete Versuchsarbeit hat 0. liOEI3Lels (1935, 1936) unter Beibringung der Versuchsstatistik ausfuhrlich dargestellt 1) und 11.93i) auch bereits eine Deutung versucht. Hier (1. c. S. 44/45) hat er auch schon kurz meine eigene Aufgabe, die Portsetzung der MULLER-~ACHHOLTzschen Versuchsreihen und Inangriffnahme neuer Beihen, die vorerst als Staatsesaniens- arbeit gedacht war, angedeutet.

Als ich aus WACHHOLTZ ' Handen und unter seiner personlichen Anleitung die Taube Nichtweip nebst ihrem Mann Kurnweip iibernahm, lagen, auf kurzeste Formel gebracht, die folgenden Ergebnisse vor:

Im anschaulichen GroBenvergleich zweier nebeneinander gebotenen Mengen (vgl. R I E R E ~ S DE HAAX Pall 1) hatten mehrere Tauben folgende Unter- scheidungen sicher erlernt: 1 : 2, 2 : 1. 8 : 2, 2 : 4, 4 : 2, 3: 4, 4 : 3, 3: 5 , 5 : 3, 5 : 4, 6 : 4, 6 : 5 . Jeweils die fettgedruckte Anzahl vor dem Doppelpunkt war zu wahlen. Bei allen Aufgaben ist das Gesamtergebnis s t a t i s t i d gesichert, im Gesamtrohprozent allerdings nicht bei der letzten; doch hat NichtweiB 6 : 5 voriibergehend bestimmt ebenfalls einwandfrei gelost, was gegeniiber BIEILENS DE HAANS Berichterstattung ( 1 936, S. 399 unten) nochrnals betont sei.

Diese Leistungen, deren letzte Glieder die Tauben bereits an die Spitze aller vergleichbar gepriifter Tiere stellen (vgl. BIERENS DE HAAXS Naterial zu Frage 1) waren ursprunglich teils nicht ohne ,,FigurenhilfcU zustande gekommen auch NichtweiB versagte anfanglich bei 3: 4 und lernte es erst, als die drei Korner stets im Dreieck lagen, die 4 in Reihe; als dann aber dmahlich das Dreieck zur Reihe gestreckt wurde, blieb das Verniogen erhalten, es war Zage- ? ~ ~ ~ a b ~ u n g i g geworden, und dasselbe gilt bis zur letzten Aufgabe jeweits im Endergebnis: bei jeder beliebigen Kornerlage inuerhalb der Gruppe gelangen endlich die Wahlen ; alle anderen Hilfsmittel zur Unterscheidung der Gruppen, \vie bestimmte Figurenlage, die Grofle der gedeckten PlBche - die kleinere Gruppe konnte eine groDere Flache decken als die Gruppe aus zahlreicheren Kiirnern - dnrften wegfallen, und doch blieben die Wahlen positiv. Zuletzt blieb als einxiges Unterscheidungsinittel die Ancahl der Korner in der Gruppe iibrig.

End Nichtweip leistete im anschaulichera simullawen Qriipenvergleich ;u.u;eier Kiirnergruppen bis hinauf zur Grenze G : 5, wie Koiitrollversuche an

I ) Die beiden Arbeit'en sind im folgenden einfach ds ,,(1035)L' bzw. ,,(1936)" zitiert. -~

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90 Arndt:

100 Versuchspersonen zeigten, ebensoviel tcie der Illetrsch. wenn ihm ebenso- wenig Zeit zum GroBenvergleich bleibt, wie die Taube sich dazu nimmt, ja auch bei wesentlich langerer Betrachtungszeit ; allerdings war sie immer xu kurx, als daB er die Korner in diesen Gruppen hatte abziihlen konnen.

Damit war ein erstes Grundverm6gen (0. KOEHLER! gefuuden, das Ta.ube und Mensch gemeinsam haben, der rein anschauliche sirnultanc GroBen- vergleich zweier Mengen bis zur Grenze 6 : 5 , allein nach der (anschaulich, ohne echtes Abzahlen) beurteilten Anxahl. Es ist wohl unmiflverstandlich, daB wir der Taube keine Zahlbegriffe, keine Zahlbenennungen, kein Abzahlen zuschreiben. Wer mochte glanben, sic zahle (diesmal ohne Anfuhrungszeichen) rascher als ein erwachsener Mensch ? Aber das Grundverrnogen des anschaulich optischen GroBenschatzens gleichzeitig gebotener Nengen allein nach der Anzahl, unabhangig von allen nur erdenklichen Hilfen, teilt die Taube nachweislich niit dem Menschen und zwar beachtlicher Weise bis zu derselben Grenze: viele unserer Versuchspersonen blieben unter ihr, nur wenige uberschritten sie unerheblich. Wie KOEHLEH sich vorstellte, mag sich im Laufe der Stamnies- geschichte menschliches Zahlen, vorerst wohl das Abzahlen, aus vielen sinn- lichen Grundvermogen entwickelt haben, deren eines das eben besprochene mar.

Ein zweites Grundvermagen, ebenfalls der Taube wie dem Menschen eigen, ist die Fahigkeit, die Anzahl gleichartiger aufeinander folgender Hand- lnngen auf x zu begrenzen, kurz gesagt a u f x xu handeln. Tanbe Nichtweij7 lernte bei WACHHOLTZ, nur zwei Korner zu picken, menn 3-6 Rorner in bnntem Wechsel geboten wurden, und so hinauf bis zu 6 erlauhten von 7-13 gebotenen Kornern. Alle diese Leistungen sind statistisch (1936) und filmisch belegt (KOEHLER 19:18).

Zwei Einwendungen scliienen hier moglich und wurden beide gemacht, wie auch hereits widerlegt. Erstens konnte abermals Figurenhilfe vorgclegen haben, zweitens konnt,e nicht die Anzahl der erlaubten Handlungen. sondern einfach der Handelnsrhythmus erlernt worden sein (BIKRENS DK H A A N S Fall 5 ) . Weil letzteres fur (BISR~:NS DK HAANS) Affen (bei einer leichteren Aufgabe) zutraf, vermutete er dasselbe auch fur Nichlweifl und zweifelte die Reweiskraft der \ ~ r ~ ~ ~ H o ~ ~ schen Versuche an. Das Bildmaterial zur ,,Fig-urenhilfe" (1936) durfte den ersten Kinwand bereits ausscha.lten. Stets wurde strengstens darauf geachtet, dalj niemals die erlaubte Anzahl von Kornern sich figurenma5ig aus dem wech- selnd groljen Rest von Koimern heraushob, die liegen bleiben muBten. Selbst bei uiimittelbarer Reriihrung von 30. Kiirnern hat NichtweiB die Aufgabe gelost (1936, Abb. 10, S. 233). Gegen den Rhythmuseinwand sprach ebenfalls alles, erstens das ,,Doppelpicken": Wenn NichteiweiB ein Korn verfehlte und nochmals nachpicken niuBte, so verzahlte" sie sich deshalb nicht (1936, Tab. 1 u. 5, S. 213, 219); sie konnte sich also i;ochstens den Schluckrhythnius merken, der aber wird durch das Doppel- picken so erheblich zerdehnt, daB selbst ein musikalischer Mensch ihn nicht mehr erkenneii wiirde. Dasselbe gilt. wenn die Taube wahrend des Losungsverlaufs sieh niit d n e m in die Ritze gefallenen Korn beschaftigte und hinterher doeh die Auf- gabe nuf dem Pappdeckel richtig zu Elide fiihrte (gefilmt). Vor allem aber brachten die Versuche mit Kornerlagcn mit l'order- und Hintergruppe (1936, Abb. 8, S. 230) noch erheblichere Rhythmuszerdehnungen (1936, Tab. 9, S. 227): nach Filmanalysen betrug die kiirzeste Zeit zwischen dem Pic,ken zweier erlaubter Korner in der Vorder- griippe 4, die Iangste bei zwischengeschalteteni Weg zur Hintergruppe 51 Bilder, 1 Bild Kein musikalischer Rhythmns bliebe bei solcher Zerdehnung an einer wechselnden Stelle der Gesamtfigur erkennbar.

Sclion damals schien es kaum moglich, den einen oder anderen Einwand gelten zu lassen. Aus 13 oder gar 54 Kornern sind so vie1 Lageordnungen denkbar, da.B die Taube ein iiberinenschliches Figurengedachtnis haben muljte, um sich auch nur einige aus dem bunten Wechsel ihrer zufalligen Aiifeinanderfolge zu merken. Und gegen BIKRENS DE HAANS AnalogieschluO von seinen Affen auf die Taube ist einzuwenden, dalj er eine rhgthmusfreie Dressur seines Versuchstieres unterlassen hat. Vermut- lich ware sie ihm ebenso gelungen, wie uns bei der Taube, wenn er v i e wir schon wahrend der Dressur die Rhythmen in zufalligem Wechsel zerdehnt., mit anderen Worten rhythmusfrei dressiert hitte.

'/ju Sek., die I i t t e l verhielten sich wie 1 : 3.

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AbschlieDende Versuclie zur Frage des ,,Zahl"-vermogens der Haustaube 91

Dennoch waren neue Anordnungen moglich, die vollige Sicherheit ver- hielaen. Der Pigureneiuwand 1aBt sich radikal durch Ubergang zur Sukxessiv- darbietu,ng ausschalten, wenn ein Objekt nach dem anderen neu an derselben Stelle erscheint (Drehscheiben- und Rinnenversuche). I n beiden Anordnungen wie auch in allen iibrigen galt es ..veiterhin, die TJnabhangigkeit vom Rhythmus gleichabstandigen Handelns anf die Spitze zu treiben, bzw. etwaige Grenzen der ertraglichen Rhgthmusverzerrungen festzustellen. Vor allem galt es aber, eine Reihe weiterer noch offen gebliebener Fragen zu losen. Die wichtigste ist die nach der Cfrenze des nntersuchten Ve'ermoqens, ,,auf x xu handeln". Bei einer Versuchsanordnung und einer Taube, NichtweiB, lag sie bei x = 6, fie1 ulso xusarnmen wtit de?- Grenxe des andercn Grundwrmogens, zwei simultan gebotene Kornergruppen anschanlich der Anzahl nach zu unter- scheiden, die WACBHOLTX bei 6 : 5 festgestellt hatte. Es fragt sich, ob diese Ubereinstimmung zufallig oder gesetzmaBig war. Im zweiten Falle muBte sie auch hei neuen Versuchsanordnuneen fur NichtweiQ gelten, und falls sie artgemall festgelegt sein sollte, bei beliebiger Versuchsanordnung fur beliebige Tauben. Dabei mul3te sich auch herausstellen, ob NichtmeiB ein besonders begabtes Spitzentier war oder nur das zeigte, was bei hinreiehender Geduld jedcin Artgenossen anerziehbar ist. Die Vergleichbarkeit des untersuchten Grnndverniogens mit der entsprechenden menschlichen Fahigkeit wurde da- durch zweifellos gewinnen. Die geplanten Vergleichsversuche an noch nicht zahlenden Kindern zur Frage des Handelns oder sukzessiven Wahrnehmens gleichartiger Ereignisse ,,auf x" stehen leider immer noch aus, und mir selbst bleibt auch keine Zeit niehr, sie durchzufuhren. Doch spricht, wenn der etwas fernliegende Vergleich gewagt werden darf, Eur eine ahnliche Lagc der menschlichen Grenze die Tatsache, daB man 6-stellige Zahlen nach einmaligem Horen oder Lesen gut behalten kanu, wahrend bei 7-stelligen manche Menschen bereits versagen. So ist man meines Wissens iiber 6-stellige Pernsprechnummern bisher noch nicht hinausgegangen; ahnliches gilt z. B. fur Flugzeugbenennungen.

Weiterhin war noch offeu, ob die aufstei,qende Reilzenfolge der Aufgaben- stellung fur die Erfolge von NichtweiB wesentlich war oder nicht. I n beiden Versuchsreihen war man von kleinen Anzahlen zu groheren in Einerfort- qchreitungen aixfgestiegen. So versuchte ich auch Erstdressuren auf h6hel-e Anzahlen, allerdings nur in der zweiten Frage des Handelns auf x. Ob es auch moglich sei, eine Taube erstmals anf die simultane Gruppenunter- scheidung 6 : 5 formunabh#ngig zu dressieren, habe ich nicht untersucht; nach dem Vorgetragenen halte ich es fur unwahrscheinlich.

Kehren wir mieder zur Ausgangsfrage zuruck, marum FISCBELS Stieglitz- ergebnisse soviel besser waren als die.sparlichen Erfolge an seinen Munchener Tauben. Meine Vorarbeiter erzielten an Hand der FrscHELschen Stieglitz- anordnung noch bessere Taubenergebnisse als FISCHEL an seinem Stieglitz. Das spricht gem43 fiir den Methodenunterschied und gegen Artunterschiede. Um es aber sicher zu wissen, schien es geboten, auch an Tauben nochmals FISCAELS Kiistchenversuche xu wiederlzoZen und zwar moglichst an NichtweiB. Auch die Frage der U m s ~ e ~ l ~ ~ r ~ e i t VUE einer Nethode auf die andere stand 0th. Wiirde eine T'auhe, die nach der 3fethode 9 auf s zu handeln gelernt hatte, es sogleich auch nach anderen Rlethoden B, C . . . konnen, oder sollte dazu Neudressur notig sein?

Die Kernfrage ist und bleibt ja die, was ei~qentlicla in der Taube vor- p h t . wenn sie au f x handelt. R i e KOEHLER (193 i ) ausfuhrte, kornnien wir mit der Annahme aus, die Taube ,,sage" innerlich ,,hm-hni-hm - hm-hmu und handle an diesem irineren Handlungsvorsatz entlang. Es konimt dabei,

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92 Arndt:

wie ich PrscnEL (1938, S. 255) gem zustimme, nicht darauf an, ob die Taube schon vor dern Losungsbeginn sich 5mal hm aufsagt, oder, wie auch wir selbst es fiir wahrscheinlicher halten, zuuhrend des Pickens je Korn ein hm innerlich registriert, bis sie weiB, ,,nun ist's genug, sonst schlagt's ein". Auch im letzteren Falle diirfen wir von einem Handelnsvorsatz sprechen, der sich durch Dressurerlebnisse in1 Tier festigte. Auch der Mensch braucht sich ein Musikstiick nicht innerlich aufzusagen, bevor er es auswendig vortragt; es geniigt, wenn er sein Handelnsbild unverwirklicht im Kopfe hat, um es dann erst gleichlaufend mit dem handelnden Vortrage innerlich wachzurufen. Die Pausenliinge zwischen den einzelnen ,,hm" war nach geeigneter Dressur bei der Taube weithin gleichgultig. Nchts jedoch zwang bisher zu der Annahme, daB die einzelnen ,,hmU qualitativ verschieden, namlich in ihrer Folge ein- deutig verschieden ,,benunnt" waren, etwa wie ,,ha, he, hi, ho, huU, uud erst in diesem Palle hatte man AnlaB, die Anfiihrungszeichen um das Wort ,,ziihlen", wenn auch immer noch in weitem Abstande vom menschlichen Zahlverniogen, zu streichen.

Zur Klarung dieser R a g e nach etwaigen qualitativen Unterschieden der Einzelglieder des ganzen Handlungsvorsatzes sollten weitere Versuche dienen, so erstlich das ,, nuxzoisci2enschlugen". Will eine Taube .auf 4 handeln und ,,sagt ha. . . ho", so wiirde sie, wenn wir einmal nach dem ersten Korn plotzlich die Scheuchwippe betatigen, soeben ,,ha gesagt" haben, und d a m wiirde sie vielleicht beim niichsteu Versuch gleich nach dem ersten Korn ron selbst aufhoren, bzw. wenn sie nach 3 Kornero, also nach ,,hiu verscheucbt wird, konnte sie im nlchsten Spontanversuch sogleich und ohne weitere Dressur niit dem dritten Korn ahbrechen. Auch ware zu erwarteu, da13 sie einnial erlernte Aufgaben jederzeit nach einmaligem oder niir selten wieder- holtem Schlagen sogleich wieder beherrschte. Letzteres war, soweit WACUHOLTZ' Erfahrung reichte, nicht der Fall. Die Riickdressur auf x= 5 nach x= 6 war erheblich schwieriger (1936, Tab. 5, 8. 219) als das Eraterlernen der 5 (1. c. Tab. 1: vorletzte Zeile S. 213). Doch war zu dieser Frage mehr Erfahrung erwunscht. als nur eine Huckdressur zu geben vermag.

Bisher wurde ixnseren Tauben allgemein imrner nur die Beherrschung eiuer AufgaDe r'ii eilzer Zeit zugemutet und Zuni Umlernen vie1 Zeit be- notigt: Irn Juni 1935 war fur NichtweiB x= 2, in der ersten August- hiilfte s= 3, bis Ende September s = 4, im Oktober und November s= 5, im Dezember s= 6. Von einem Kinde, das in 4 Wochen lernt, auf 5 ab- zuziihlen, in weiteren 8 Wochen mit 60 Erfolgsprozenten die 6 lernt, urn dann fur die Riickkehr zur 5 abermals viele Wochen zu brauchen, wiirde man aiich nicht sagen, es zahle. Doch darf man auch nicht behaupten, die

' Taube sei nicht imstande, rnehrere Aufgaben durcheinander, d. h. abwechselnd zu losen, weil die Umdressur so schwer war; auch diese Frage mul3te durch neue Versuche cntschieden werden. Bei einem Schimpansen meisterte be- kanntlich N. KOHTS (1928) die Wkhl nach Muster": Das Tier war nicht etwa, wie unsere Taube, auf ein Merkmal dressiert, sondern es siichte aus einein ungeordneten Haufen verschiedenartiger Spielsteinchen jeweils diejenigen heraus, deren Nerkmale demjenigen Stein glichen, den die Verfasserin ihm gerade vorzeigte: er ordnete Gleiches x u Gleichem. Konnte man einern Tier in blindem Wechsel befehlen: picke 5, 4, 2, 3, 6 usm. und es tate jeweils das Geforderte, daau leistete es auf dem Gebiete des ,,Handelm auf sL' rlas- selbe, was jener Schinipanse niit den1 duge oder auch allein nach dem Getast (Hand in geschlosseuen Sack) konnte, eine echte Wahl nach Mustern; und diese Leistuug ware verschieden zu beurteilen je nach der Art der Befehls- gabe fiir die einzelne Aufgabengattung. Gabe man den Befehl, sKorner zu

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Arbeit nicht ersichtlich, ob wahrend dieser Zeit Ver- suche gemacht wurden bis auf 6 Kombinationen, bei denen jede erst falsch geliist wurde. In den niichsten

~~i~ papier. . weifies papier . Sch\vvarzes Band

erste links erste rechts

jfitteitiir

Page 7: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

94 Arndt:

C~ltCh u i e d w ein Grzcnd2;ermogetr, das als nienschliche Vorstufe fiir spateres nienschliches Zahlen gelten darf, und abernials teilen es Vogel u.ncl Mensch. Weiter hat ADOW WINK OW-A, wenn auch die Wiedergabe des letzten wichtigsten Lernvorganges recht surnmarisch ist, die tierische Fahigkeit aufgezeigt, drei Auf- gaben gleichzeitig durcheinander zu beherrschen und jede Losung einem bestininiten Befehlsmerkmal zuzuordnen. Das ist mehr, als %irkastiere in niehreren Progranimnummern leisten, denn ihnen wird wahrend der ganzen Nuninier nachgeholfen. S ~ ~ o w i ~ ~ o r n a s Ergebnis erniutigte mich, Entsprechendes von der Taube zu erwarten. So stellte ich die doppelte Aufgabe bzw. die dreifache, je nach der Farbe des Pappstreifens, auf dem dieKorner lagen, vom gleichen Korner- haufen bestimiute verschiedene Horneranzahlen zu picken, bzw. verschiedene An- zahlen von Tuscheklecksen als Befehle fiir entsprechendes Handeln zu werten.

13ei einer Darstellung meiner Versuche nach den entwickelten Grundsiitzen der Fragestellung bzw. der Methode hatte dein Vorteil eines klareren Gedankm- ablattfes - inimerliin w&en auch hier Uberschneidungen nicht vermeidbar ge- wesen -- der Nachteil gegeniibergestanden, daS die Leistungen derselben Taube auf verscliiedene Kapitel hatten verteilt werden mussen. Doch ist es fur die Be- urteilung der Leistung sehr wesentlich, alle von einer Taube gelosten Aufgaben, und zwar in der Reihenfolge ihrer Leistungen kennenzulernen, da Neulernen, Umlernen, Erstlernen, Riickerinnerung auseinanderzuhalten sind. So habe ich, von einigen leicht. ubersehbaren Abweichungen abgesehen, die Arbeit nach den Versuchstauben gegliedert. Die Motive der Versuchsanstellung sind in der Einleitung nachzulesen, em kurzer, abschlieliienrler Uberblick sol1 die Beziehungen nachholen, die an ort und St.elle unterdruckt werden mul3ten.

Ich danke Herrn Prof. 0. KOEHLRR fur die Uberlassung der Aufgabe und seine Anteilnahme bei ihrer Durchfiihmng, Ksmerad R. WACIIHOLIZ fur die personliche Uber- mittlung seiner einfiihlsamen Behandlungstechnik der Taube NichtweiS.

Haltang, Mcthode, Versuchstiere Die \'ersnche fanden in drei Raumen statt. Zimmer 1 (Abb. 1) war der mit

cloppelteni Boden und der Scheuchwippe ausgerustete Raum, in dem WACHHOLTZ zu- letzt arbeitete. Der dunkelkammerartige Beobachtungsstand B hatte als Wand anfangs mit lichtundurchlassigem Tuch, spater mit dicker Teerpappe iiberspannte

Holzrahinen. Auch der uberueifende Vorhana v war B

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Abb. 1. Vcrsii*hszinimir 1 yon WACHHOLTZ iibornommcn,

3 5 0 x 2 30 m. T Zimmertiir, 'F ~ i m h e r f e n s t e r , K zwei \Vandk&figo iiboreinander. Sch Draht- schirm rnit Tiirchcn t, (lurch das die Tnubc zi i dcr auf S licgendcn Kijrner-

plnttc kummt \\'citcrc Erkliirungcn ini Text

liclitundurchlassig. In l,l6 m Hohe, genau dam Scheuchloch S und dem EinlaSturchen t fur die Taube gegenuber, befand sich in der Vorderwand des Be- obachtcrstandcs der Sehschlitz (Guckloch g): ein U- Schnitt trennte einen Streifen von 3 : 1 cm aus der Teerpappe, dessen freies Unterende etwa 1 cm heraus- gedriickt wurde. Die so entstehende Offnung wurde von einem auBen lose dariiber gehangten grol3eii Stiick Teerpappe nochmals gegen das Zimmerinnere verdeckt. Der Beobachter hielt rnit seinem Auge stets mindestens 10 cm Abstand vom Schlitz. Ein Jlenschenauge, das voni Standort der Taube gegen den Sehschlitz sah, konnte vom absichtlich bewegten Beobachterauge nichts sehen; die Taube hat niemals Aufmerkssmkeitszeichen gegen den Sehschlitz ge- geben. Heim Filmen wurde an gleicher Stelle ein etwas grhl3eres Fenster getiffnet, dessen Rander die Vorderwand des festeingebauten Aufnahmegergtes (Kinamo) itbergriffen. Die Scheuchwippe (S, Si), die nach deni ,,Alles- oder Nichts-"Prinzip arbeitete und jede unwesentliche Zeichengebung verbot, ist 1935, 6. 41/2, Abb. 2 abgebildet urid in ihrer Bedienung be- schrieben worden.

Auch das Versuchszimmer 2 (Abb. 2) hatte nur ein Siidfenster F, der Zimmertur T gegenuber. Die vier 1,0 X 0,80 X 0,80 m groWen Drahtkafige K standen auf 80 cm hohen Tisclien rechts an der Wand. Die Abdunkelung des Beobachtungsstandes B entsprach der

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AbschlieBende Versuche zur Frage des ,,ZShl"-vermogens der Haustaube 95

F im Zimmer 1, ebenso der Sehschlitz g. In 1,30 m Abstand vom Guckloch (am Boden gemessen) war im Linoleum- boden des Zinimers ein Loch zur Auf- nahme der Drehscheibenachse; uber die Drehsclieibe D selbst und ihre Be- dienung vgl. iinten S. 111. Der seitlich tlanebenstehende Sclilagscheuclier Schlg bestand aus einem am Boden befestigten Grundbret,t mit einem schlagbaumartig links eingelenkten 1,40 m langen Stock, den die links an der Wand befestigte Feder Fd schrag hochhielt. Ein Hanfseil S fiihrte vom Stock durch einen Porzellanring am Grundbrett, ein Loch am Fu6 der Vorderwand des Beobachterstandes und durch einen dort angebrachten zweit.en Porzellanring. Dahinter war ein Querholzchen Q eingeknotet, das es bei ungedehnter Feder gerttde ge- spannt hielt. In seineni weiteren Ver- lauf bildete das Seil ein paar lose am Boden des Beobachterstandes liegende Schleifen; sein Ende, mit einem Hand-

der Wand. So muSte icli den Ha.nd- griff erst bis in Brusthohe hochre'iBen, damit d:ts Seilende sich straffte; dann erst begxnn der Zug zu wirken, und zwar abermals nach dem ,,Alles- oder Nichts-"Gesetz: die weitausfahrende Bewegung der Hand etwa in dem Augenblick zu bremsen, wo der Federzug eben beinerkbar w i d , ist nnm~glich, zumal bei der erhebliclien Ge- schwindigkeit, mit der der Sclieucher betatigt werden mnB, will man niclit zu spiit kommen.

Im Soninier diente als dritter Versuchsraum ein mit G1:cs uberdacliter 2 X 4 X 2 m groBer Freikaifig mit BetonfuBboden im Institutsgarten, wiederum mit einseitig abgetrenntem dunkelzimmera,rtigem Beobachterstand auf einer Schmalseite. Daliinter lag ein groSerer Flngraum mit Kafigen, in dem sich die Tauben au13erlialb der Versnchszeit aufhielten. Zum Versuch wurde iiberall stets nur eine Taube zu- gelassen, die anderen im Nebenraiim in ihrsm Iiiifig verdunkelt.

Dazu kam die fest eingebaute Kinamo (FederzuglLnge 7 Normalfilmmeter, aucli Hantlkurbeln moglich), wie heschrieben, in den verbreiterteii Sehschlitz. Neben dem Standort der Taube standen, au13er bei Sonnenschein im Ga.rten, zwei .Jnpiterlampen. Diest: Veranderungen und das starke Aufnahmegerausch - Dinge, an die sicli Nicht- weiB zn WACHHOLTZ' Zeiten bei sehr ausgiebigem Filmen bald gewohnt hatte - be- deuteten vor allem fur meine neuen Tauben einen so starken Eingriff, (la13 die Leistungen meist sanken. Icti werde dalier die gefilmten Versnche l ) nicht, in die allgerneine Versuchsstatistik mit aufnehmen. Ilir We& fur mich lag vor nllem in der Moglichkeit, durch Einzelbildana.lyse den zeitlichen Versuc,lisablauf exa.kt zu er- fassen, ihn auf unbewu8te Zeichengebung zu priifen iind diese nacli ilirem Erkennen abzustellen; a,nch diente der Film ziir Veranschaulichung und als dokumentarisclier Beleg der erzielten Leistungen. Rlle Filme sind innerlia,lb der Einzelszenen un- geschnitten und nicht retouchiert.

Die von WACHHOLTZ iibernommene Taube ,,NichtweiB", dazu ,,KiirzweiD", mit der ich keine Versuclie mehr inachte (vgl. 1935, 1936), lebten danernrl im Zimmer 1 getrennt in zwei Klfigen; nrir gelegentlich lie13 icli sie z n Brutzwecken zusammen. Die acht. nenen Tauben nannte icli nach Farbeigentiinilichkeiten wie folgt: Q Q : Blaukopf, WeiB, WeiSkopf; dd: Schwarz, BraunweiB, BlauweiB, Blaugrau, Grau, SchwarzweiR. Sie lebten

griff versehen, hing neben meiner Abb. 2. Vcrsuchszimmcr 2, GrijUc J,lOxR,'iO m herabhangenden Hand griffbereit a n Erklarungen wie Abb. 1 und im Text

Meine 10 Versuchstauben waren gewohnliche Feldtauben.

I) Als Beleg fur die Versnche von 0. &fuiiil.LEH und R. ~VACHHOI.TZ erscliien der erste Taubenfilm tler Reichsstelle fur den Unterriclitsfilm (Nr. C 281); einen Teil der Belege fur meine Versuche fiihrte Prof. 0. KORHLER bereits irn September 1937 auf dem ersten Treffen der Tierpsychologen im Harnackhaus in Berlin-Dahlem vor (vgl. 0 KOEHLER 1937aj. Insgesamt werden sie, st:trk verkurzt, als zweiter Taiibenfilm VOti der Reichsstelle herausgegeben wertlen.

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96 Arndt:

Sommer uber im Gartenflugkafig, im Winter in Zimmer 2. Ich futterte nur einmal am Tage. Bekamen sie Erbsen als Futter, so reichte die in den Versuchen selbst g2- botene Menge von 100-120 Stuck meist als Tagesration aus. Bei den Versuchen mit Weizenlrornern gab ich hinterher stets Wicken als Zusatzfutter. Die Tagesration reichte gerade zur Sattigung hin, am nachst,en Morgen war der Hungergrad nicht zu groB, um die Tiere drauflos picken zu lassen, und nicht so gering, daB sie gegen die \'ersuchsa~iordnung gleichgultig geworden waren.

1. Fortsetzung der WAcworxzschen Versuche: Handeln auf x erlaubte KBrner aus KBrnerhaufen

1. Nichtweifi a) Rickdressur anf x = 4

Anfang August 1936 iibernahm icli aus WACHHOLTZ' Handen die Tauhe NichtweiB und setzte seine, in (1936) nicht mehr dargestellte Riickdressur auf 4 erlaubte Iiiirner fort.

Auf den 10 X 30 ern groSen weiBen Pappstreif, der in wechselnder Lage uber dem Scheuchloch (Abb. 1, S) dem Turchen t gegenuber am Boden lag, streute ich 5-30 Weizenkorner in beliebiger Lage, stets unter strenger Vermeidung jede'r Figurenhilfe, und protokollierte die Korneranordnung. Dann verschwand icli hinter dem Vorhang im Beobachterstand B, set,zte mich hinter den Sehschlitz G und be- obachtete, die rechte Hand am Wippengriff. Wahrenddessen kam NichtweiS, die sich beim Herrichten der Kornerplatte zwischen Turchen und Fensterwand auf- gehalten hatte, durchs Turchen (t) zum Pappstreif. Bei richtigem Handeln auf 4 gmg sie ruhig ab, oft unter ,,schwerem Abschied" (vgl. ersten Taubenfilm der Reichsstelle, z. B. dritte Szene der Reihe: 2 von 3-6 Kornern) oder sie flog sogleich auf den Kafig. Wollte sie mehr fressen, so scheuchte ich. Danach kam ich wieder hervor, protokollierte das Ergebnis, sammelte nach einem Scheuchversuch die verstreuten Korner vom Boden auf und bereitete den n k h s t e n Versuch vor. Dns sind Dressurversuche. Beim Spdntanversuch stand ich im Beobachterstand mit dem Gesicht gegen die Zimmertur, den Riicken dem Sehschlitz zugewandt und nahm den Scheuchhebel nicht in die Hand. Nur das Gerausch des Abgehens oder Ah- fliegens der Taube zeigte mir das Versuchsende an. Aus der etwa horbaren Anzahl der Pickschl5.ge 11th sich des Doppelpickens wegen nichts schlieDen.

Nachdem mir WACHHOLTZ seinen IJmgang mit NichtweiS vorgemacht hatte, durfte ich, watirend WACHHOLTZ ruhig beobachtend an der Wand stand, den Kafig offnen, die Taube zum Turchen fuhren usw. Waren wir im Beobachterstand ver- schwunden, so arbeitete die Taube recht gut. Als ich aber a m dritten Tage allein erschien, wollte NichtweiS urn keinen Preis zum Turchen kommen. Sie unterschied mich zweifellos von WACHHOLTZ und war hochgadig verangstigt. xhnliche Angst- zeiten hat sie jedoch auch unter WACHROLTZ mehrfach durcbgemacht, SO nach schein- bar geringfugigen Anderungen der Versuchsanordnung. Nach zwei Tagen starksten Hungerns durchschritt Nichtweill endlich zogernd das Turchen. Aber sie wagte nicht, den Drahtrost zu betreten, der sie vor etwa sieben Monaten le'tztmals elektrisch geschlagen hatte. Im Verlauf weite'ren Hungerns schlug die Scheu ins Gegenteil um, so da,8 der alte Scheucher selbst bei gerauschvollster Betltigung nichts mehr half. Auch das war zu WACHHOLTZ' Zeit mindestens zweimal vorgekommen. Da das elektrische Sclreuchen zu sehr abgeschreckt hatte, brachte ich an der Vorderwand des Beobachtuiigsstandes einen Schlagstab mit Endwedel an, der in der Ruhe senk- recht an der Wand lehnte und beim HerausstoBen eines Querstabes in waagerechte Stellung herabfiel, in der ihn ein Bindfaden festhielt. Ich betatigte nun Wippe und Wedel gleichzeitig, worauf sich die Ergebnisse besserten. Dann legte die Taube ein Ei, das ich ihr fortnahm. Zwei Tage spater war die Eingewohnung vollzogen. Weiterhin war etwa jeder vierte Versuch spontan. Nach dem 298. Versuch konnte der Scheuchwedel wegfallen.

Wie Tabelle 1 im Gesa,mtergebnis aller Versuche (nach Eingewohnung) und Abb. 3 (Ablauf der Dressur, einschlie5lich der Spontanversuche) lehren. war die Dressur erfolgreich, wenn auch lange nicht so, wie beim erste'n Lernen (1936, Tab. 1 : 72,4 Plusprozente).

DaS die Positivprozente der Spontanversuche etwas hoher sind als die der Dressur - die Differenz hat gegen 70-800/0 Wahrscheinlichkeit - mag daran liegen, dnS icli anfangs an positive Spontanversuche weitere Spontanversuche an- scliloG: spiiter unterlieI3 ich das. Jedenfalls zeigt die Obereinstimmung der beiden

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AbschlieBende Versuche zur Frage des ,,Z%M"-vermogens der Haustaube 97

Werte, daB von unbewuBter Zei- T R b e I I e 1. H i e h t w e i 5 . Dressur aaf 4 von chengebung auch in den Dressur- versuchen nicht die Rede sein kann. DaB dafi Ergebris schlechter als bei ~ V A C H H E L T Z Erstdressur war, kann auch an den erschwerten Tanbe PIckt I 1 I I ' I I I 1 I -I- % Bedingungen liegen. Er bot 5 bis

Abst&nden durchschnittlich Summe I 21)70(306(599)82120~438~1536139,0 1," weniger als 1 cm. Genau wie bei

mir die Plusprozente mit steigen- der Anzabl der gebotenen Korner (Tab. 2).

Als in Spontanversuchen nur 3 gorner geboten wurden, nahm die Taube dreimal 3, einmal nur 1 Korn. Zehnmal bot ich spontan ~ 6 ~ ~ ~ ~ -

anzahi dreimal nur 3.

5--3U Kornern. 12. 8. bis 21. 9. 1936 S = gescheucht

'"

9 Korner in gleichen Abst&nden Dressur . "on 4 4 cm, ich bis 30 Korner in SpOntan .

\V.VI\CHHOLIZ sinken aber bei + '/o Dressur - Spontan = k 5,1 f 3,2

T a h e I 1 e 2 wie Tabelle 1 Dressur + Spontanversuche

4 Karner, dabei nahm sie siebenmal alle 4,

b) Zerdelinung des Rhythmus dorch Glasplatte Die Ruckdressur hatte ich um des nun

zu beschreibenden Versuchs willen unter- nommen. Da beim Ersterlernen (1936, Tab. I) die Vierer- Aufgabe am zweit- hmten gelost worden war (die am besten geloste, nur drei Korner zu picken, war ungeeignet wegen der zu geringen Korneranzahl), hatte ich ebensolche Sicherheit der Liisung erhofft. Die Hoffnung trog, die Sicherheit nahm auch bei weiterer Dressur niclit zu, schien aber doch hinreichend, um den folgenden Versuch zu ge-

60

50.

40

30

20

Abb. 3. Lerokorven von Nichtweill a d 4 erlaobte KSmer (Gesamtstatislik vgl. Tab. 1). Abszisso Versoclla- hnndort, Ordinato Prozent positiver Versnohe. Dr positive Dresmrversucbe. S Scheuchen wlIhrand der Dmssur,

Sp positive Spontanversoehe

statten. Ich wollte w%rend des Handelns auf 4 die Korner mit einer Glas atte bedecken und die Taube so lange warten lassen, bis die Glaaplatte die d r n e r wieder freigab. Dadurch sollte der Handelnsrhythmus noch starker zerdehnt werden a1s bisher.

Die auf Rgdern iiber Schienen fshrbare Glasplatte fl6Bte NichtweiB eine nie ganz uberwundene Scheu ein. Der anfLngliche Plan, die Glaepla.tte der Taube ent- gegenfahren zu lassen, wiihrend sie vom vorerst freien Pappstreif pickte, rnu6te

Zeitschr. f . Tierpsychologie Bd. 3 Heft 1 7

Page 11: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

98 Arndt:

aufgegeben werden. So ging ich dazu iiber, die Platte von der Taube weg zum Versuchsleiter hinzuziehen. Bei Versuchsanfang deckte die Glmplatte den Papp- streif zum Teil, so da6 1-4 Korner frei pickbar davor lagen; waren sie gepickt, zog ich die Scheibe vorsichtig gegen den Beobachtungsstand und gab den Rest der Korner frei. Auch dieses Wegziehen schreckte die Taube immer noch, so daB sie nur bei groBem Hunger zur Versuchsanordnung kam. Da sich auBerdem eben wegen dieser Scheu im Hochstfalle nur Verzogerungen von 2 Sekunden nach dem Erpicken des letzten freien Kornes erreichen lieBen, sei auf eine ausfuhrliche Wiedergabe der 1296 Glasplattenversuche verzichtet. Die zur Gewohnung der Taube mit 0 Sekunden Verzogerung (Wegziehen der Scheibe sogleich nach Erpicken des letzten freien Kornes) durchgefiihrten 576 Versuche ergaben 43 Plusprozente, die 420 Versuche mit 2 Sekunden Verzogerung dagegen nur 22 Plusprozente. Klare Ergebnisse wurden ,,ohne Verzogerung" eniel t , wenn 0. 1, 2, 4 oder 5 Korner vor der Platte lagen, nicht dagegen bei 3 Kornern vor der Platte; dann ging die Taube namlich in 400/0 der Falle schon beim Wegziehen der Platte ab. Bei 2 Sekunden Verzogerung gliickten die Versuche mit einem Korn vor der Platte, die rnit 2 oder 3 davor nicht. Die GriiDenordnung dei Verzogerung stimmt rnit der letzten Versuchsreihe von WACHHOLTZ iiberein (vgl. 1936, Tab. 9 letzte Reihe: Weg zur Hintergruppe 11--51, im Mittzl 30 Filmbilder = knapp 2 Sekunden). Gerade in jenen Versuchen hatte WACHHOLTZ die schiinsten Spontanergebnisse iiberhaupt (1936, Abb. 9). Seine Methodik war sichtlich der der Glasplatte iiberlegen, dort fehlte jede unnotige Scheu. Mein uber WACHHOLTZ hinausgehendes Versuchsziel aber wurde auf anderem Wege (vgl. Teil 111) weit besser erreicht.

c) Vorzeltiges Duzwischenschlsgen Sollte der IIandelris-

vorsatz der auf 4 dressierten Taube in qualitativ verschieden getonten Einzelgliedern bestehen, kurz gesagt, unserer Zahlenreihe ahneln, so ware zu erwarten, daB sie sich nach einmaligem vorzeitigem Scheuchen sogleich auf die neue kleinere Anzahl er- laubter Korner umzustellen vermochte. So ist es bei Menschen der Fall z. B. wenn alle T i schgs t e ebensoviel Stiicke von der Schiissel nehmen, wie die kausfrau e s einmal vormachte.

lch entfernte die Glasplatte, schloB die Spalten im FuBboden iiber den ver- senkten Rollschienen und festigte die Dressur auf vier enlaubte Korner (Tab. 3).

Uber die Motive dieser Versuche ~ g l . Einleitung S. 92.

Die ersten zwei Versuche rnit vorzeitigem Dazwischenschlagen

gut auf vier arbeitete, scheuchte ich Taube pickte 2 3 4+ 6 S plotzlich am 23. 12. 1936 nach dem I I 1 I I 1 1'" 'm zweiten Korn, was NichtweiS zum

. . . . 88 63 28 123 51.2 4,5 letztenmal spatestens am 29. 0. I935 Spontan . . . . I ll0117( 7/ I 34150 +8,6 erlebt haben diirfte (19369 Tab. '). Hatte sie das Vermogen, die Einzel- Dressur + Spontan 141381 801 7128)15?151 g l i d e r des Handelnsvorsatzes quali-

T a b e l l e 3. NicbtweiB. Nochmals Dressur aUf 4 erlaubte Korner. 17. 12. bis 23. 12. 1936 wurden gefilmt. N s die Taube gerade

f 4,O tativ zu unterscheiden, so sollte man

sofortige Umstellung auf zwei erlaubte Korner erwarten. Im unmittelbar anschlie- Benden, ebenfalls gefilmten Spontanversuch pickte sie jedoch 3 und im niichsten 5 Korner. Nach vier anschlieBenden (scheuchfreien) Positiwersuchen (nicht ge- filmt) scheuchte ich (gefilmt) nach dem ersten Korn, ein Ereignis, das NichtweiB iiber- haupt noch nicht erlebt hatte. Im folgenden Spontanfilmversuch picldte die Taube 4 Korner. SelbstverstAndlich diirfen weitere Versuche nur selten eingeschdtet werden, um Itiickdressur auf die niedere Anzahl zu ver-

. I , , I / I

meiden. Das Gesamtergebnis in SYStematischer Wenn gescheucht folgondon so pickte Spontanvu,uch dio Taube irn I 3 I + 4 I 6 I Kijrner Anordnunp: war dieses Lsiehe nebenstehende wordo nach Korn Ubersicht):

In keinem einzieen Falle hat die Taube I I I I 1 1

3 2 1 2 1 3 111 ma1

im nachstfolgenden Spontanversuch so wenig RBrner gefressen, wie das vorzeitige Scheuchen es ihr angezeigt hatte, vielmehr pickte sie vier- ma1 ihre gewohnte 4, zweimal 3, einmal 5. Auch hier ergibt sich also kein Anhaltspunkt fur die Annahme eines ,,MitzBhlens" im Sinne qualitativer Unterscheidung der Einzelglieder des Handelnsvorsatzes. Vielniehr er- innert sie in ihrem gegenwiirtigen Zustand jedes Scheuchen gewohnheitsmai3ig an die Beschrankung auf 4 Korner. Die Wirkuny des Dressurscheuchens vor dem ersten verbotenen (5.) Korn rind des Versuchsscheuchens vor einem friiheren erlaubten ist anscheinend dieselbe.

Page 12: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

AbschlieSende Versuche zur Frage des ,,Zahl"-vermogem der Haustaube 99

56

Hier weiche ich von der Versuchsreihenfolge ab. Die nachstanschlief3ende, sechs Monate wihrende Versuchsreihe nach KISCHF.LS Kastcliendeckelmethode sol1 erst in Teil I1 besprochen werden.

- 7

-

d) Gleiehzeitige Beherrschung zweier Adgaben (,,DoppelanfgabeG) a) Z w e i bzw. d r e i T u s c h k l e c k s e a l s A n w e i s e r f u r 2 b z w . 3 e r -

l a u b t e K o r n e r Endlich versuchte ich von NichtweiS nach SADOWIKKUWAS Vorbild (vgl. Ein-

leitung S. 93) die gleichzeitige Beherrschung zweier Aufgaben zu erreichen. Als Aufgabenanweiser dienten so vie1 Tzlschkleckse auf weipem Pappstreif, wie KSrner vom Huufen gepickt werden durften. Zwei Kleckse zeigten 2, drei Kleckse 3 er- laubte Korner als Aufgabe an. Die Anordnung schlieBt aul3erlich an WACHHOLTZ' letzte Versuchsreihe mit ,,Vorder- und Hiptergruppe" an. Auf zahlreiche weifie Papp- slreifen von 1 3 x 3 0 cm malte ich auf eine Schmalseite zunlchst 2 bzw. 3 Tusch- kleckse in verschiedenen AbstAnden und Lagen, bekoderte jeden Klecks mit einem Korn und legle den Pappstreif auf das Scheuchloch S mit der Punktgruppe zum An- marschturchen t (Abb. 1). Auf dem abgewandten Streifenende lag als Hintergruppe eine groSe Anzahl von Kbrnem. Wahrend jedoch in WACHHOLTZ' Versuch die Taube stets insgesamt 5 Korner picken sollte, d. h. also von der Hintergruppe imma so viel, wie in der Vordergruppe an 5 fehlten, sollte sie bei mir hinten stets ebensdviel vom Haufen picken, wie zuvor von den Punkten, also vom Zweipunktstreif hinten 2, vom Dreipunktstreif hinten 3, insgesamt also vom Zweipunktstreif 4, vom Dreipunkt- streif 6. Genugend zahlreiche Varianten der Punktlagen und der Kilmemordnungen und Anzahl im Hinterhaufen wirkten der Mbglichkeit einer Figurenhilfe ent- gegen. Bei der Versuchsbenennung sehe ich von den Koderkornern auf den Punkten ab, die nur die Aufmerksamkeit der Taube auf die Komer richten sollte. In dieser Ausdrucksweise lautet die Doppelaufgabe also: ,,Zwei bzw. drei erlaubte Korner."

In einer ersten Versuchsreihe von 1118 Versuchen wecbselte ich stets erst nach mindestens einem uositiven Zweimnktversuch zum Dreipunktversuch und umgekehrt

32

1

10

1

(Tab. 4). Ich hbffte durch &e die Doppeldressur zu befestigen. In der zwdten Reihe (Tab. 5, Y. 100) von 340 Versuchen wech- selten die Aufgaben rein zufalls- mgflig (ich warf eine Munze und gab den Zweipunktversuch, wenn die Zahl, den Dreipunktversuch, wenn der Adler oben lag). Diese Reihe muSte zeigen, ob die Doppel- dressur gelungen war. Die Ge- samtstatistik ergibt in Tabelle 4 fiir den Dreipunktversuch 38,l Pliisprozemt, fiir den Zweipunkt- versuch ein noch weniger genu- gendes Ergebnis. Bei dem Zufalls- wechsel der Tabelle 5 sind beide Werte etwa gleich hoch (39%). Doch ware es falsch, sich auf sie zii verlassen. Hier muS vielmehr

144 3

10 8 2

44112 3 701

1

T a b e l l e 4. Taube NichtmeiB. 9. 7. bis 13. 10. 1937. Doppelaufgabe: 2 und 3 erlaubte Korner. Anfgabenanzeiger : Punkte. Wechsel fast

irnmer erst nach +--Ven;uch

c d e f

2;'4 213 211 2v

11 1 1

I

3 17 3 2

57 10 2 1 16 51

42

24

Gesamtstatistik zu Tabelle 4

5 6 1

I)V - 34

- 7

17 1

44

welches Ergebnis (erste Slule a-1) E~~~~~ 11 2 1 3 14) S 1 3 ~ 1 2 ~ 1 I + " / . + m

gebnis folgte (erste waagerechte 2 Iz0/2351 111 313271 147 1641 Reihe). Der ZLhler dieser Titelkopfe 3 14 137 181 36 104 475 38,J .+ 2,s bedeutet die Aufgabe (zwei oder drei erlaubte KBmer), der Nenner das Er- gebnis (+ = plus, S r Scheuchen; bei Zweikornaufgaben 4 und 3 = Uberfreasen im Suontanversuch. 1 zu wenie: gepickt, v nur von den Punkten gefressen, Hinter- - - - grup;e gemieden). ' Entsprechend bedeutet bei der Dreikornaufgabe der Nenner 4 = Uberfressen im Spontanvenuch, 2 bzw. 1 und 0 = zu wenig gepickt, wobei 2 Ver- wechselung der Aufgaben bedeuten kann, ebenso wie der Nenner 3 im Zweikorn- versuch.

7 *

Page 13: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

100 Arndt:

Ubersiclit). \Vie aus den in beiden Fallen iibereinstim- 2

rnentlen Prozentwerten ersichtlich, waren die Posi- $ tivfolgeii nicht langer und haufiger, als bei Zu- .2

keiten. denen im Versuch ,,richtig" und ,,falsch" gleichzusetzen waren.

Das Gesamtergebnis reicht gewiD nicht hin, um zu beliaupten, die Taube habe die beiden Auf- gaben sicher unterschieden. DaB eine schwankende

fallsgescliehen mit 2 gleichberechtigten Moglich- d

llesondars beweiskraftig fur den erstrebten Erfolg mussen 2 +-Losungen wirlten, tlie auf einen 3 +-Versuch folgen; etwas weniger durchschlagend, aber immer iiocli selir erwiinscht schien die Folge 2 +, 3 +.

Wie man aus der Gesamtiibersiclit aller Folgen in Tab. 4 (oberste Re'ihe rechts \'om Mittelstrich ersieht, waren von 155 Dreiltornversuchen, die auf positive Zwei- Ininktrerzuche folgten, 79 positiv, das sind 40,5 rf: 3,5 %. Die Abgrenzung nach oben (31s + Y/4 [Spontan] = 19 = 10 O / O ) ist recht gut, sehr schlecht dagegen die Abgreiizung nach unten. 56mal (29 O / O ) begnugte sich NichtweiD mit zwei Korneni (Auigabenverwechselung?, Nachwirkung des vorher erfolgbringenden, des Scheuchen vernioidentlen Verhaltens, ubergroDe Scheu?). Fur die letztere Deutung konnte auch die Ii5ufigkeit noch groDerer Bescheidenlieit sprechen: 7mal nahm sie nur ein Korn, 34rnal p r keins (zusammen = 21 "0) von dem Hinterhaufen. Vergleichen wir damit tlie an€ Dreipunktversuche folgenden Dreipunktversuche (Tab. 4: Teilquadrat unten recht,s) so ergeben sich durch Addition der Einzelsaulen 36 Vo +, 7 % iiber- fresseii (S), 29% Zweikornwahlen, 28 (1, v) weniger a19 zwei Kijrner vom Hinter- Iraufen. Die recht gute Ubereinstimmung beider Prozentreihen spricht gegen eine Naclrwirkung der Erfahrungen bei der jeweils vorhergehenden Aufgabe.

Nun ist jeder Ubergang zur nachsthoheren erlaubten Komeranzahl, jedes Zugellockern eine Erleichterung, wie es schon meine Vorghger beobachteten (vgl. tlie selir liohen Ausgangswerte der vier Lernkurven auf 3, 4, 5, 6 erlaubte Korner bei avfsleigender Folge der Versuchsaufgaben in 1936, Abb. 1, 9. 214). Beweis- kraftimer fur ein wirkliches Auseinanderhalten der beiden Auf aben muBten also hohe hErfolgsprozente bei Dreieranfgaben sein, denen Zweieraufga%en folgten (Tab. 4: Tei1quadra.t links unten). Hier ist das Ergebnis jammerlich: 26 % positiv, 74 O/o uberfressen (S + 4 + 3), 0,5% zu wenig gefressen. Das entspricht d m alten Er- fnliruirg von der Schwierigkeit nicht sowohl der Riickdressur, als vielmehr der Ab- w2rtstlressur in der Zahlenreihe. die so uberaus menschlich wirkt (Diatvorschriften!). \'ergleichen wir abermals die Prozentsatze der auf Zweierversuche folgenden Zweier- versuclie (Teilquadrat oberi links): 41 %+, 44 % Uberfressen (S, Spontanversuche fehleii, 1 6 " h zu wenig (Scheu wegen des haufigen Scheuchens). Hier ist die Differenz uberaus deutlich; d a vorangegangene Zweierversuch, sei ee mit wirk- liclreni Scheuchen oder auch nur der Angst davor. erleichtert die Beschrankunz

Drossnr- Zufalls- wochsel wechaol

2.g 1 ; f.5 1 S 7- -- Roulette yo

4g qg .e

1 0,3 0,6 1 0,l - - 074

Page 14: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

AbschlieBende Versuche zur Frage des ,,Z%hihl"-verniogens der Haustaube 101

1-100 40 45 26 71 19

201-300 52 30 42 38 42 301-400 47 23 i i 50 31 43

3 I 1 I - 1-1481 29 1211 2 5 41 46 13 44 25 31 -

101-200 38 41 43 45 40 8 1 . 4 0 60

46 57 29 43 54 21

50 55 25

Page 15: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

102 Arndt:

1-100 101-200 201-300 301-348

Sp 65 . Dr 283 . Dp 29 .

Eine Fortsetzung war nicht nioglich, da sich NichtweiB das Bein brach. Es ist ausgeheilt, doch habe ich nach langer Pause die verdienstvoile Taube nach 33/, jahriger Versuchsarbeit aufs Alteiteil gesetzt; inzwischen ist sie ver- storten. Ich glaube, man darf sagen, sie hat auch die Ietzte ihr gestellte Aufgabe gemeisteit.

2. Blankopf a\ Erstdressnr aut 4 erlaubte Koriier

Die Jungtaube Blaukopf, im Alter von 3-4 Monaten am 14. 6. 1938 in meinen Besit.2 gekornmen, liatte anfangs nacheinander vollkornmen straffrei die Aufgaben gelosb, 1-3 Kasten zu offnen, den nachfolgenden aber geschlossen zu lassen (vgl. unten S. 124). Nach 79tagiger Ruhepause dressierte ich sie im Zimrner 1 sogleich aiif 4 erlaubte Korner; die Aufgabe, vier Kasten zu offnen und den funften ge- schlossen zu lassen, liatte sie nicht mehr gelost.

Am ersten Versuchstage kam Blaukopf nur dreimal vorsichtig zum Pappstreif und nahm jeweils nur 3 Korner vom groBen Haufen (Erinnerungsiibertragung von Kgsten auf Korner oder zufalliger Ausdruck groder Scheu?). Im ersten Versuch des ziveibn Tages pickte sie alle Konier. Beim folgenden Versuch betgtigte ich die Wippe unmittelbar vor ihrem Picken zum 5. Korn. Der Scbreck war so gewaltig, da13 sie erst nach 20 Minuten wiederkam. Im nachsten Versnch lie13 ich sie alle Korner nehmen. Bei den folgenden zwei Versuchen wurde sie versclieucht und karn dann niclit mehr. Der erste Versuch des dritten Tages war ein Scheuchversuch, im zweiten ziigerte die Taube erstmals nach dem vierten Korn. Nach zwei weiteren Scheucliversuchen liielt sie zum erstenmal nach dem 4. Korn ein, blieb jedoch vor den Kornern stehen, so wie sie es vor dem ersten leeren Kasten fruher oft getan hatte; icli mu13te sie also mit sanften Rewegungen fortscheuchen. Beim nachsten Versuch, der ebenfalls posit.iv war, zeigte sie dasselbe Verhalten. Fiinf Versuche spster ging sie zum ersten Male von selbst ab.

Der Lernvorgang [Tab. 8) ist, verglichen mit den) Ersterlernen derselben Aufgabe durch NichtweiB (1936, Abb. 1, gepunktet), insofern abweichend. als

1

1

1 1

- jene (nach Dressur auf 3, also aufwarts) im ersten Hundert bereits mit fast 60

T a b e 1 l e 8. Taube Blaukopf. 14. 12. bis 5. 1. 1938 Erstdressur auf 4 erlaubte Korner. Dr = Dressur, Sp = Spontan,

Dp = Doppeipicken. + = 4 bis dicht bedeckt -

I 1 Vorsuch

- 3 1

5 20 21 15 61 16 45 8

34 55 4 49 23 3 57 16 2 25 3 3

165 87 12

133 97 15 41

Positivprozent be- gann (!) und auf fast SOO/, + stieg; Blau- kopf dagegen beginnt mit 3401, + '(nach Eingewohnung) und steigt auf 57 OIf i +. also verhaltnismafiig stark und in ziem- lich rascheniZeitmal3. DaB sie schlechtere

Yositivprozente hatte als NichtweiB, ist auf die erheblich hoheren Anzahlen ge- botener Rorner (4-20, Mittel siehe Tab. S) und deren, weit engere Lage zuruckzufuhren. Einnial bedeckte ich sogar die ganze Platte rnit Kornern, ein audermal lagen 17 Kiirner so dicht zusammen, da13 sie sich beriihrten, beide Male pickte Rlaukopf 4 Korner. Punfmal wurden 4 Rorner geboten uud nie blieb ein Korn liegeu. Auch die Abgrenzung gegen 5 war gut, denn ron 15 Versuchen rnit 5 gebotenen Kornern waren 7 positiv, 4mal wollte sie inehr nehmen, in drei Fallen nahm sie nur 3 Korner. Etwa jeder funfte Versuch w a r ein Spontanversuch. Die Differenz zwischen Spontan- und Dressurversnchen liegt, wie Tabelle 8 zeigt. noch innerhalb der einfachen Pehlerbreite ; eine unbewuflte Beeinflussuug hat demnach nicht stattgefunden.

Page 16: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

Abschliebende Versuche zur Frage des ,,Zahl"-vermogens der Haustaube 103

Vcrsuch Nr.

1-100

201-300 301-400

101-200

401-494

In 29 Fiillen trat Doppelpicken auf, ohue das Ergebnis zu verschlechtern ( 5 1 , ~ "/,, +). Bltrnkopf hat vergleichsweise nicht schlechter gelernt als Nicht- weiB; Erstdressur auf 4 Korner ist ebenso yut moglich wie das Ansteigen in Schrilten von, einenz Korn, angefangen bei 2 erlaubten Xornerm

GcsnmtcrKobnisso __ Aufgabonwechscl -~ den f i i r Iuteressenten irn 2 a u f 4 + folgto auf r + ~ g t o Archiv des Instituts auf-

Bei anschlieBendem 44.5 24,l 37,O 52,2 54,5 36.4 50.0 6.3 Verfilmen von Spontan- 47,3 23,6 633 35.0 52,O 44,O 54,2 25,O 51.0 17.0 66.0 32,O 64.0 32.0 55.5 18.5 rasch derart nach - Offen-

syo a + I 2 s I 4 + I 4 s bewahrt.

57,8 26,9 458 48,O 55,2 44,9 57,2 38.6 versuchen lieo die Taube

53,o 18,4 69,o 28,9 62,5 37,5 56,6 23,3 bar lernte sie schnell, da13

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104 Amdt:

39

1 39

50

I I 1 2z 1 !: 1 5 1 1 1 134 51,5 & 4,3 23 ~ 52,2 & 10,4 )I- 077 &

157 51,6f 4,

145 55.9 4,l 23 69,6 f 9,6 f - 13’7 *

I 22 I 64 muB offen bleiben.

1-100 2 11 6 5 22 64 3. Taube WeiB 101-200 2 4 11 27 46 7 3 27 56

201-300 1 B 23 40 26 4 1 40 31 a) Erstdressnr anf 301-400 5 20 42 26 5 2 42 33

erlaubte Kiirner 401--.500 1 4 23 47 21 4 47 25

2 3 6 6 5

Die etwa 501-600 3 21 neun Monate alte 601-700 3 21 Jungtaube Wei6,

nie zu Versuchen SP 127 I 7 30

worden herangezogen war,sollte Dr 473 l 4 l7 eg

die bisher noch 2’ 700 2 5 30 124

52 19 4 1 52 24 59 15 2 I 59 17

57 26 7 44,9f4,4 Dr-S)

- 289 217 26 7 41,3+1$ 1 210 153 ~ I44,4 & 2,3) =-o$ &

Page 18: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

AbschlieBende Versuche zur Frage des , ,~hl"-vermogens der Haustaube 105

erlaubte

Dr . . . ii : . Dr+Sp

2 erlaubte I Ko"ner

als erste Aufgabe ihres Lebens 5 Korner vom Haufen zu nehmen lernen. Sie zeigte keine Scheu vor der Versuchsanordnung (Zimmer I, weiBer Pappstreif), aber anfangs auch niclit vor der Scheuchwippe. Nach dem vierten Scheuchen wurde sie zwar vorsichtiger, aber statt zu fliehen, pickte sie die vom Wippenschlag- verstreuten Korner vom Boden auf, was ich ihr durch Heraustreten rasch abgewohnte. Der siebente Versuch war positiv; sie rnachte noch drei Intentionsbewegungen zum Korn 6, ging dann aber von selbst ab. Das Lernergebnis (Tab. 13) ist wieder un- gemein deutlich, weil anfanglich die Plusprozente, wohl infolge der geringen Scheu vor der Wippe, so niedrig sind. Zwischen Dressur- und Spontanversuchen (etwn jeder fiinfte vom zweiten Versuchshundert ab) ist wieder kein Unterschied im Ergebnis. Auch auf 5 ist die Erstdressur recht gut gegliickt.

+ 7 23 85 29 5 1 150 56.7 + 4 6 15 56 26 97 57,7 5.5 Dr-Sp

1 2 5 1 6 1 5 1 1 125 57,6 $4,4 7 20 72 26 I

7 72 59 4 59 150 48,O + 4, l 4 54 96 56,3 T 5,; Dr - Sp 1 38

38 125 55.2 +4,5 6 69 8 4

29 55,2 & 9,2 } = 2,5 & 10,5

4.

29 51,7 3 9,3) = 4,4 10.6 15

b) Doppelanfgsbe: von weiS 6, von schwarz 2 erlaubte Hiirner Soaleich anschliel3end stellte ich die Doppelaufgabe wie vorher fur

dem grol3eren Intervall, zuerst wieder bei unregel- T a b e l l e 14. Tauhe WeiB

geordnet. 7. 5. bis 21. 5. 1938 Doppelaufgabe (5 und 2). Ergebnisse zu je 100 Versnchen

I Gesamtergebnie I Aufgabenwechsel

Blaukopt nur diesmal mit maRigem Wechsel, ohne Vordressur, auf schwarz gleich 2. I m achtenSchwarz- versuch brauchte ich erst- mals nicht zu scheuchen. Tabelle 14 zeigt den au0er- ordentlich rasohen und steilen Anstieg der Plus- prozente in der neuen Teil- aufgabe (2 auf schwarz), den anfanglichen Abfall in der alten (5 auf weiR) und

1-100 48 40 28 I 64 39,l 60.9 61,5 I 50,6 101-200 I 58 1 20 I 56 40 1 60.7 1 39,3 I 46,2 1 34,6 201-300 64 10 60 32 58,2 1 29,O 72,5 3,s

Der Vergleich der Dressurund Spontanversucheinsgesamt!TabJ 5) ergibt wieder schone Uberein- stimmung und zeigt auch, wie steil iu beiden Aufgabeu der Abfallgegen zuhochundgegenzuniedrigist, ins- hesondere daR auf schwarz nie 5, auf weiR nie 2 gepickt wurden.

Das blieb auch so, als ich zum zufalligen Aufgabenwechsel iiber- ging(Tab. 16) ; die Rohstatistik heht

T a b e l l e 16. Taube WeiB. 21.5 his3.6.1938 Doppelaufgabe. Aufgabenwechsel nach Zufall Ge- sarntstatistik und Vergleich von Dressur and Spontan

Dr. 3 80 8p. 2 19 6 2 X I 51991 61 21 I 1311 1431 69,2 f Y,9

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106 Am&:

au mit 58 + auf 5 und 71 + O l 0 auf 2 im ersten Versuchshundert, zeigt also keine Schwankung im Augenblick des Aufhorens der Alternanz beider Aufgaben. Das Gesamtergebnis bessert sich nochnials. Taube Weif3 beherrscht vollig unstreitig die beiden Aufgaben gleiehxeitig.

c) Dreifaehaufgabe: von weiI 5, von sclm-arz 2, Ton gelb 3 erlaubte Kbrner

Dennoch midlang auch hier bei gleichem Verfahren wie bei Blaukopf der Ver- such, 3 auf gelb als dritte Aufgabe hinzuzunehmen. Die Ergebnisse auf weid und schwarz blieben zwar gut. aber der neuverlangte Lernvorgang wollte nicht fort- schreiten. Aus auderen Grunden mul3te ich nach 300 Versuchen abbrechen. Ich bin keineswegs von dem Unvermogen meiner Tauben uberzeugt, drei Aufgaben bei Ab- fragen im zufallsniaWigen Wechsel gleichzeitig zu beherrschen, zumal inzwischen ein anderer Kamerad in unserem Institut an Wellensittichen einen vollen Erfolg gehab t hat.

Teil 11. Taube NichtweiB arbeitet naeh FISCHEL s Kgistchenmethode Der Ausgangspunkt der Taubenuntersuchungen des Instituts war die

Rage geweseu, ob FISCHELS so verschiedenartige Ergebnisse an Tauben und kleinen Singvogeln auf artlichen Begabungsunterschieden oder auf der Ver- schiedenheit der Methodik beruhten. Die Priifung der Taube NichtweiB niit der Methode, die PISCHEL beim Zeisig anwandte und die wir fortbildeten, ergab die einleitend beschriebenen Rekordergebnisse, die FISLHELS Zeisig weit iibertrafen. So lag es nahe, die Probe aufs Exempel zu machen und gerade der Taube NichtweiB, die bereits auf 6 zu handeln gelernt hatte und die Doppel- aufgabe 5 bzw. 3 gleichzeitig beherrschte, die so vie1 einfacher erscheinende Aufgabe FISCHEL s vorzulegen, die seine Tauben nicht meisterten: sie sollte zwei Kastchendeckel, einen mit 2, einen mit 3 Punkten in Reihe, dadurch unterscheiden lernen, da13 einer uber einem bekoderten, der andere iiber dem leeren Kastchen lag. So rnul3te sich zeigen, ob unsere Taube besonders begabt war, oder ob vielieicht allein die Kastchenmethode schuld war, oder die Punkte als Methode; denn auch in dem Versuch I l d u , in dem Punkte als Aufgabenanweiser dienten, hatte unsere alte Rekordtaube niit zweifelhaftern Erfolg gearbeitet.

Kastchen (5 X 3 X 2 em aus schwarzer Pappe, weil3e Pappdeckel 5,5 X 3,5 em lose aufgelegt) in Zimmer 1 verloren fur die aus ihnen pickende Taube jedes Interesse, sobald ich sie zudeckte. Typisch per secundam, auch uber Ortsdressur, lernte Nicht- weid ebenso langsam, aber sicher wie ihre Vorgangerinnen (1935, 0. MULLER) das KLstchen zu offnen. Eine Vorstellung vom Kastchen hat sie sicher nicht; sie weiW nur, da13 man auf den Deckel klopfen muW, um Korner zu erhalten.

1. 2 : 3 auf Deckeln Ich dressierte auf 2 gegen 3 Tuschkleckse in wecbselnder Anordnung derselben

a,uf je einem Deckel. Beide Kastchen standen in 10 cm Abstand voneinandei auf dem bekannten weil3en Pappstreif, gleichabstandig zum Anmarschweg. Recbts und links wechselten gmz unregelmadig, auder wenn Seitenstetigkeit mich zwang, den Negativkasten immer wieder auf die gerade bevorzugte Seite zu stellen. Es standen immer nur zwei Kktchen nebeneinander; beide wurden oft durch neue gleich- aussehencle ersetzt. Es wurde anfangs nicht gescheucht. Drei Arten des Wahl- verhaltens wahrend des Lernens vor dem Erfolge heben sich deutlich heraus (vgl. Abb. 4).

1. Seitenstetigkeit: Die Taube geht, gleich welcher Kasten dort steht, immer wieder zur gleiehen Seite. Bei regelmadigem Seitenwechsel der Kastchm ergibt das nathrlich 50 Plusprozent.

2. Erfolgsseitenwahl: Die Taube geht, abermals unabhangig vom Deckel- merkmal, zu der Seite, die im voraufgehenden Versuch Erfolg brachte.

3. Erzmngener Seitenwechsel: Da ich bald die Taube fur Falschwahlen durch Scheuchen strafte, so daW sie also hei Falschwahl kein Futter erhielt, sondern er-

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AbschlieBende Versuche zur Frage des ,,Zahl"-vermiigens der Haustaube 107

schrak, wahrte die Seitenstetigkeit nie lange. Die erste Wahl der Gagenseite nach einer seitensteten Periode nenne ich erzwungenen Seitenwechsel; cr fuhrte naturlich zum Erfolg.

Samtliche Positivwahlen, die auf einem dieser drei Wege zustande- koinrnen, beweisen nichts im Sinne des erwunschten Lernerfolges, der ja der Merkrnalsunterscheidung a.uf den Deckeln gilt. Sie wurden daher auch nicht als Lernerfolge gewertet. Bei solcher Be- urteilung der Versuchsfolgen gibt es gelegentlich Mehrdeutigkeiten; dann urteilte ich lieber zu vorsichtig, als zii optimistisch ').

Tabelle 17 zeigt das Ergebnis der ersten 316 Versuche. Von Beachtung der Punktmerkmale kann hier keine Rede sein. NichtweiB hat ebenso ver- sagt wie FISCHELS Tauben in den Deckelversuchen, wahrend sie die rezi- proke Aufgabe (3:Z) mit zwei Komer- gruppen 1934 gelost hatte (1935, Tab. 2, S. 43).

Ich gab ihr nun dieselbe Figuren- hilfe wie meine Vorganger es damals bei der anfangs unlosbaren Aufgabe mit den Ktirnergruppen 3 : 4 getan hatten: ich stellte die 3 Negativpunkte zur Dreiecksform zusamrnen, in der Hoff- nung, das Dreieck spater zur Reihe ein- zuebnen. Der Erfolg blieb jedoch trotz der Figurenhilfe abermals aus. Erst als ich den auf Seite 95 beschriebenen Schlagscheucher von der Wand des

T a b e l l e 17. Xicli tweiP 26 12. 1936 bis 19. 1. 1937 2 Punkte gegen 3 ia beliebiger Anordnung

Anzahl aufeinanderfolgender Versuche 1 2 1 3 1 4 1 I,) 6 ) 7 ) 8 1 1 9

89 1 14 1 132 I 81 I 316 I E;$;E$! 1 10 1 2 1 7 1 keitsreihen 7 12 18 1 1 1 1 I 1

T a b e l l e 18. Taube Nich twe iP T a b e l l e 19. Taube Nich twe iP 11 2. bis 11. 3. 1937. S = Scheucheu 13. 3. his 28.3.1937. Sgescheucht, ES endlicher

Seitenwechsel 100 200 300 400

\'orsuch I bts 1 bis 1 bis I bis I bis loo 200 YO0 4M 500 + - I + I S ~ ES 1 11 / + % ~ f m

Sicher + 8 6

I) Alle erzwungenen Seitenwechsel, die formal positiv sind, nicht zu werten, ware jedoch auch ungerecht, dann wenigstens, wenn die Merkmale bereits beachtet werden. In solclien Fallen ware es richtig, einen Teil von ihnen positiv zu rechnen. Deshalb findet man sie unten, wo erfordert, besonders aufgefiihrt.

Page 21: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

10s Arndt:

Beobachtungsstandes genau zwischen die heiden Kastchen schlagen IieB, zeigten sich nach Uberwindung anfanglich gr06er Angst die ersten Erfolge (Tab. 18).

Seitenstetigkeit ist im fiinften Versuchshundert nicht mehr bemerkbar. Dafur treten folgende Positivreihen auf: zwei zu 4, eine zu 5, eine zu 6, eine zu 7, zwei zu 9 und eine zii I0 V'ersuchen, also erheblich mehr als im Rouletteprotokoll (vgl. S. 100). An den 1etzt.en drei Tagen war der erste Versiich stets positiv, die Aufgabe also iiber Nacht nicht vergessen worden. Die letzten 20 Versuche sind alle Spontan- versuche. Nach neun richtigen Wahlen tritt eine Fehllosung auf, bei der nicht ge- scheucht wurda, es folgen dann noch 10 weitere richtige Wahlen, bis die Tauhe nicht mehr komlnt. 2 Punkte gegen Punktdreieck auf Deckeln sind also sicher erlernt.

Nach einem Filmtage rnit sechs durchweg positiven Versuchen ebnete ich das Yunkldreieck allmahlich ein? worauf NichtweiB sogleich in die alte Seitenstetigkemit zuriickfiel. In einem damals gefilmten Negativversuch besah sich die Taube un- gewolnilich lange den Negat,ivkasten, um ihn dann doch zu offnen, worauf sie nicht mindcr lang in den leeren K a t e n starrte, um sich endlich dem positiven Kasten zu- zuwenden. Wie die Filmanalyse eines Positiv- versuches 19 "age spater rnit den drei Negativpunkten streng in Reihe zeigt, blickte die Tauhe beide Deckel abwechselnd an. urn sich endlich dern Punktdeckel zuzu- wenden. 1st der Dreipunktdeckel erst als negativ erkannt, so stofit er die Taube geradezu ab. Sie druckt sich beim Abgang an ihm vorbei, als ob er schluge. Das Gesmitergebuis ist aus Tabelle 19 ersichtlich, wobei wieder die strenge Beurtei- lung gilt.

Am SchluB dieser Versuchsreihe gab es bei Anordnung I11 drei Positivserien von 5. 13 und 3 Versuchen. Die letzten gleich anschliefienden 16 Versuclie nach Anordnung IV sind alle positiv, und zwar an einem Tage eine Serie von 9, am niicheten Tage 2 und an den beiden folgenden Tagen jeweils nur 1 Versuch. Zu mahr Versuchen wa.r die briitende Taube an diesen Tagen nicht zu bewegen. Der Ul.eryan{l von der Figur ZUT Reihe ist ~ o l l gegliickt.

An den beiden nlchst,en Tagen kam NichtweiS wieder gut zu den Kasten, so daH ich 23 Versuche d a Aufgabe IV anstellen konnte. Von den 12 Versuchen des ereten Tages wax nur ein einziger negativ. Am nachsten Tag waren alle 11 Ver- suche positiv, davon 10 spontan. Die Seiten wurden regellos gewechselt, so da13 Seitenstetigkeit und Erfolgsssitenwahl ausgeschlossen sind. Alleiu die Unterschei- dung der zwei Punkte von den dreien des a.nderen Deckels hat die Taube leiten konnen.

In der folgenden Serie (Tab. 20) kombinierte ich die abgebildeten Positiv- merkmale in blindem Wechsel mit den acht negativen, die ich wie in Tahelle 19 drei Gruppen zuordne. Die vorletzte Saule gibt die Differenz zwischen sicheren Plusprozenten und dem Zufallswert (bei zwei Klsten 50 " lo) , dividiert durch den mittleren Fehler. Alle drei GruDDen sind auch bei streng-ster Beurteilung statistisch

Der niichste Versuch war positiv.

.. - gesichert.

T a b e l I e 20. NichtweiP. 29. 3. bis30. 4. 1937 ES erzwungener Seitenwechsel, S = Scheuchen - _ _ _

Das Positivmerkmal (..I r l n I . . 1 I : 1 -

Wiirde geboten Regen I + I ES I s I +yo I f m l ~ i f l / m I n 1-1-1 I I

bei der Gstchenmethode bewahrt: Die 2 und kangig auf Deckeeln unterschaeden.

Damit hat der im Zwei- gruppenversuch auf der Platte erprobte Weg uber dieFiguren- hilfe zur figuren-

unabhangigen 2 : 3-Unterschei- dung sich auch

3 Punkte werden- la,genunah-

Benrteilong der Zmeikiistenmethode

Warum war es so ungemein schwer, diese verhaltnismafiig einfache IJnterscheidung 2 : 3 auf Deckeln bei NichtweiB zu erreichen, obwohl sie die reziproke Aufgabe mit Rornergruppen 1934 in 600, Versuchen auch ohne Figurenhilfe geleistet hatte und anschlieBend, nach Uberwindung der Klippe 3 : 4 (mit Figurenhilfe) bis 6 : 5 obne wesentliche Miihe eniporstieg? Es ist

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AbschlieSende Versuche zur Frage des ,,Zahl"-vermogens der Haustaube 109

wohl nicht ganz von der Hand zu weisen, daB Jungtauben durchschnittlich besser lernen als alte; mit den Jahren wurde NichtweiB sichtlich launischer. Aber immer wieder hat sie Gutes geleistet, der EinfluB dieses Faktors alleiu war sicherlich nicht entscheidend.

Nur strengste Dressur iiberwand das von den verschiedensten Autoren beklagte Ubel der Seitenstetigkeit. Alle Simultunvergleiche ini rauinlichen Nebeneinander zweier Merkmale leiden darunter. An sich sollte man glauben Sukzessivvergleiche nacheinander am gleichen Ort gebotener Merkmale m iiBten' schweier sein, da hier der Unterschied in der Zeit wahrgeuommen werden muB, wahrend dort die Ungleicheit unmittelbar anschaulich ist. Wenn Nicht- weiB und alle rneine neuen Tauben die Sukzessivversuche (Handeln auf x am gleichen Kornerhaufen) ungleich leichter meisterten als die Simultanversuche, so liegt die Erschwerung bei diesen sicher zum guten Teil in der Neigung zur Seitenstetigkeit, die immer wieder von der Merkmalsbetrachtung ablen kt. DaQ ferner unbekoderte Punkte die Taube wenig interessieren, diirfte hinzu- kommen, ferner der Unistand, daB das Merkmal als Zwischenziel und zugleich als Hindernis vor der Belohnung oder Enttauschung steht, daher nur kucz gesehen. leicht iibersehen wird und aktiv beseitigt werden muB, damit die Taube zum Ziele kommt'). Und selbst, wenn es trotz allem gelingt, die Auf- merksamkeit des Versuchstieres endlich richtig aufs Zwischenziel zu lenken, beginuen die experimentellen und Deutungsschwierigkeiten, denen jede Zwei- fachwahl unterliegt (vgl. S. 106 und Abb. 4). Alternativer Seitenwechsel fiihrt zu nichts; zur sicheren Beurteiltung ist rein zufallsmaBiger Wechsel das Ideal, er aber begdnstigt, da er einseitige Reihen enthdt, Riickkehr zur Seiten- stetigkeit, der durch Abweichungen von der Miinzfallregei entgegenzuwirken ist Und hat der Versuchsleiter sich richtig zwischen beiden Klippen hin- durchgesteuert, so mu13 er bei der Analyse der Befundszahlen die Seiten- stetigkeiten wie die Erfolgsseitenwahlen ganz beiseite lassen; die erzwungenen Seitenwechsel aber hat er, falls Merkmalsbeachtung schon deutlich ist, nach dem Gefuhl in verwertbare und zu verwerfende Positivfalle zu teilen; ver- wirft er alle, so ist es wahrscheinlich zu streng, rechnet er sie samtlich positiv, so sicher zu milde. Allein Positivserien in einer Lange und Haufigkeit, die die des Zufallsgeschehens bei 1 : I-Wahrscheinlichkeiten erheblich iiber- treffen, konnen vom Enderfolg sicher iiberzeugen. Die Rohstatistik jedoch ist, ohne genaues Urprotokoll, zur Beurteilung vollig wertlos.

Es ist moglich, mit dieser Methode zum Ziel zu kommen, jedoch nur mit groBter Miihe und unter Beachtung sehr zahlreicher Regeln, die oft genug vollig ubersehen worden sind. Nur im Notfall sollte man diese Methode an-

') Als niir nach AbschluS meines Manuskriptes Prof. KOEHLER die Fahnen der Arbeit von PLATZ (in diesem Heft erscheinend) zeigte, ergab sich noch ein letzter Gesichtspunkt. Lagen in seinen Spontanwahlversuchen die Zwei- und die Einkorn- gruppe (Negersamen) in 50 cm Abstand frei auf dem Tisch, so wahlten Stieglitz WeiQring und Zeisig Ohnelring in 74Oh der FWe die Zweikorngruppe. Wenn PLATZ dagegen die beiden Gruppen im gleichen Abstand auf je eine quadratische Linoleum- platte legte (Abb. 4 1. c.), so wiihlten beide Vogel nicht mehr (54 bzw. 5 O o / o Erst- anfliige der Zweikorngruppe). Optisch hoben sich die Korner vom Tisch nicht besser ab a ls vom Linoleum. ,,Vielleicht haben die Pllttchen als solche Anzeige- wert fur Futter gewonnen." In lhnlicher Weise mogen auch bei mir die Kastchen- deckel, die ganz gewiB als solche hohen Futteranzeigewert besaben, durch ihre Ge- schlossenheit und ilir Gegeneinander die Aufmerksamkeit des Vogels von den darauf abgebildeten Punkten abgelenkt haben und sornit eine weitere unbeabsichtigte Er- schweriing fur den Vogel darstellen. Auch von hier aus wLre es erneut verstlndlich, daS 0. MULLERS und WACHHOI.TZ' Versuche mit zwei Kornerpuppen so vie1 besser ge- Iangen, wcil diese beiden Gruppen auf demselben Pappstreif lagen.

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110 Arndt:

wenden. Ein Ausweg ware Vermehrung der Kegativkiisten, so da13 der Zu- fallswert sinkt. Doch scheint diese Anordnung fiir manche Tiere sehr schffer zu sein.

2. Obertragnng der Deckelpunktmerkiiirle a d ICBrnergruppen Um z u erfahren, worin das eigentlich besteht, was ein Tier kann oder gelernt

hat., sol1 man ,,#bertragungen" von ihm verlangen, und man wird Uberraschungen erleben. Wenn sie gliickten, sprach man friiher von ,,Abstraktionsversuchen" und schlo8 womoglich auf Begriff sbildung beim Tier. Aber auch jeder scheinbar belang- lose Umweltwandel kann e'in Lernergebnis zerstoren. Ein Zwergwels kommt, wenn man ihm pfeift, sber nur im Dressurzimmer, nicht unten im Horsaal zur Vortragj- demonstration (vou FHI-CH).

Wenn NichtweiS 2 und 3 als Tuschkleckse auf Deckeln unterscheiden kann, die Futter bqw. Scheuchen verheiBen, kann sie dann auch ohne Neudressur zwei Kiiriiergruppen a m zwei und drei Einzelkomern unterscheiden, wie sie es iibrigens 1934 schon einmal gelernt und inzwischen ganz bestimmt wieder vergessen hat?

Ich schob die Ubertragungsversuche einzeln und moglichst selten, um jede Neudressur zu vermeiden, als Spontanversnche zwischen die letzten Versuche der erstheschriebenen Kastchenversuche ein.

Am 3. 4. 1937, nach einem gelunvenen Spontanversuch ,,Zweipunkt- gegen Dreipunktdeckelkastcben", entfernte ich dye Kastchen und legte (Seitenwechsel) 3 m d 2 Weizenkorner a.uf den Pappstreit, dort wo zuvor die Kastchen standen. Die Taube ging zur Zweiergruppe und pickte (Filmanalyse) ohne jedes Zogem und ohne %&ere Anzeichen eines vorsichtigen AbwBgens, so daD mit 50 O/o Wahrscheinlichkeit Zufall statt Ubertragung vorliegen kann. Nachdem sie die Zweikorngruppe verzehrt hatte, ging sie zur Dreikorngruppe und lie5 dort eines liegen, pickte also insgesamt ,,auf 4". So kann man auch Erinnerung an die 108 Tage zuriickliegende Aufgabe ,,4 erlaubte Komer" herausdeuten. Im sofort folgenden zweiten Komerversuch ging

T a b e l l e 2 1 NichtweiS zur Dreiergruppe und pickte wieder insgesamt 4 Komer.

NichtweiQ. Ubertragungsaufgabe Von allen 20 solchen Ubertragungs- versuchen an 17 Versuchstagen

-Das Ergebnis ist unklar. Nur in 6 der 8 ,,richtigen" Erstwahlan

201 8 1 7 I 5 I1 1417181 der Zweikorngruppe pickte Nicht- weiS diese ganz, 2mal lie8 sie eines

davon liefjen. Auch wenn man den Erstgang zur Zweiergruppe als entscheidend an- sieht, ist von 20 kein positives Ergebnis. Da5 sie in sieben von 20 Versuchen vier Komer pickt, nachdem sie 3l/2 Monate lang keine Korner mehr auf der Platte sah und stets den Kastcheninhalt restlos aufpicken durfte, ist kaum Zufall, sondern doch wohl eher emin erstaunlich langes Nachwirken der friiher erlernten Handelnsbeschran- kung auf 4,

111. Snkzessivversuche. Einzelobfekte nacheinander mit Rhythmns-

Das radikale Mittel, jeden Einwand der Figurenhilfe auszuschaltan, ist Ubergang zum Sukzessivversuch. Wenn immer nur ein Objekt gleichzeitig daliegt, so kann von Figuren keine Rede sein. Wenn am gleichen Ort ein Objekt nach dem anderen erscheint, so wird die Handelnsbeschrankung auf x zur reinen Zeitgestalt. Dabei ist ferner die Gestaltung des Rhythmus selbst weitgehend in die Hand des Versuchsleiters gegeben; er kann die Aufeinanderfolge seiner Einzeldarbietungen an jeder Btelle nach Belieben beschleunigen oder verzcgern, so lange die Taube nur warten will.

Die gebotenen Objekte, an denen das Handeln abgegrenzt werden sollte, waren teils Erbsen, teils Deckelkastchen, endlich eine Kombination von beiden. Ton den zahlreichen Mechanismen, die nach Automatenart ein Objekt nach dem andern am gleichen Orte freigeben, wiihlte ich Drehscheibe und Roll- rinne. Die Hauptfrage ist, ob verschiedene Tauben bei moglichst verschiedener Methodik immer dieselbe Grenze des ,,Handelm auf xu zeigen werden oder nicht.

~ ~ m ~ ~ ~ e r ~ $ e 2 Pickt insgesamt berichtet Tab. 21. 3~ .4 r .Zwe$rg ruppe 2 1 3 1 4 1 5 IKomer I

zerdehnung geboten

Page 24: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

AbschlieBende Versuche zur Frage des ,,Ziilil"-vermiigeils der Haustaube 111

1 2 3 4 5

10

A. Erbsen als Objekte 1. Drehscheibe mit Einzelerbseii daraal

a) Taube Blnngrau; 2, 3, 4, 5, 6 erlaubte Erbseu Als erstes Objekt zur Einzeldarbietung wiihlte ich Erbsen, die auf dem Dreh-

scheibenrand (vgl. oben Abb. 2, Zimmcr 2) in gleichen Abstanden offen dalagen. Eine iiber die Drehscheibe gelegte, am Boden aufstehende Blende B1 aus schwarz lackiertem Eisen lieB nur auf der Seite des Taubenanmarsches einen kleinen Ans- schnitt frei, in deni iminer nur eine Erhse siclitbar wurde. Die Drehscheibe D be- st,and aus Sperrholz, Ihrchmesser 31 cm und einem Fahrradkonus, dessen Achse im Boden steckte, und war 1 cm iiber dem Boden frei. Die Eisenblende hatte 36 cm Durchmesser und 3,5 cm Hohe, die Seitenrander des Ausschnitts (5 X 6 em) reichten bis auf die Drehscheibe herab und lieBen beiderseits nur eine halbkreisforniige Kerbe frei, die die in einer Grube der Drehscheibe liegende Erbse eben durchlieB. Sie ver- deckten die Erbsen vor ihrem Erscheinen im Ausschnitt zuverliissig, womit eine wichtige Fehlerquelle bei vorheriger Verwendung primitiverer Psppblenden aus- gesclialtet war, auf die ich erst bei der Filmanalyse aufmerksam wurde: die Taube hatte unter die Pappblende gesehen und beobachten konnen, ob noch Erbsen kommen wiirden oder nicht. Der Beobachter konnte vom Stand aus die Drehscheibs be- dienmi (Abb. 2): Ein Draht lief um die Randkerbe der Drehscheibe herum iiber den Boden in den Beobachterstand, iiber zwei Rollen, die seitlich unten an einem Balken angebracht waren, zu einer an dessen oberen Ende steuerradartig eingelassenen kleineren Drehscheibe und iiber sie in sich geschlossen zuriick. Linksdrehung des Steuers ergab Rechtsdreliung der Drehscheibe. Die Obertragung arbeit.ete genugend gerauchlos. Zum Scheuchen diente der S. 95 beschriebene Schlagscheucher.

A u f g a b e : 2 v o n 3 E r b s e n . B l a u g r a u . Ich Iegte drei Erbsen auf die Drehsc,heibe, deckte die Blende iiber, verschwand

im Beobachteretand, sah durch den Schlitz (g) iind nahm das Steuerrad in die rcchte, den Scheuclierabzug in die abwartshangende linke Hand. Wahrend B laugau durchs Tiirchen t zurn Ausschnitt kam oder auch erst, wahrend sie dort wa.rtete und un- geduldig auf die Scheibe oder die Blendenrander pickta, drehte ich Erbse 1 hinein, die die Tanbe aufnahm, und wartete verschieden lang, namlich 1-60 Sekunden {Tab. 52), von mir abgezahlt an Metronomschlagen, bis ich Erbse 2 erscheinen lie& Nachdcm auch sie verzehrt war. erschien mit. einer Verzogerung voii 2 bis hbchstens 5 Sekunden die dritte, wobei strengste Selbstkontaolle aufgewandt wurde, damit die veabotene Erbse nach der ohnehin wechselnden Pausenl&~ge nicht etwa ruckweise in schnelle'rer oder langsamerer Drehung als vorher die erlaubten erschienen. Oriff die Taube zu, so trat der Alles- oder Nichtsscheucher in TLtigkeit.

Schon nach 12 Scheuchungen hegann Blaugrau rechtzeitig abzugehen, als ob sie nicht erst in Versuchung gefiihrt werden wollte. Bisweilen floh sie unmittelbar nach dem Verzehren der zweiten Erbse, manchmal wartete sie, bis die Drehscheibe

T a b e l l e 22. Blaugrau. 6. 6. bis 30. 8. 1937 Drehscheibe? 2 Erbsen erlaubt. Links vom Doppelstrich Dressur + Spontanversuche, rechts von ibm Spontanversuche. Zu S = gescheucbt, links vom Doppelstrich, sind auch die Spontan-

ergebnisse ,,pickt 3 oder 4" hinzugefugt

273 145 158 102 165 107 141 83 232 134 229 132

Verz8gerung

11 12 15 29 34 15 11 4

-

45 46 43 69 63 54 32 16

2 7 1 5

7

15 I 1531 84

35-45 1 14 8 50-60 I 121 5

I1530 I 881

Taube pickt Spontan

53,l f 3,O 19 64,5 f 3,8 16 64.9 5 3,6 17 58,8 f 4,2 17 57,s t 3,2 36 57.7 4- 3,3 46 54.9 T 4.0 /I 41 50;s 3 5.4 11 20

59,l 4- 10.5 6 54,5 f 7,5 10

57' T 13.3 / / 4

18 - 12 1 13 1 13 2 25 3 30 5 24 7 11 3 5 3 4 - 3 - 1 -

159 I 25

1 1 2

5 9 8 6 2 2 1 1

38

-

-

-%+ m

95f 5 75 + 11 7 7 T 10 77 T 10 7 0 3 8 6 5 k 7 59f ti 55 * 11 50 + 16 67 5 19 - -

68 & 3.3

Page 25: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

112 Arndt:

1 39 12 9 12 1 6 2 87 13 6 12 12

152 l1 l1 25 4 21 25 9 16 16

8 12 11 11 6 g I 14 g , 14 18

12 a bzw. d ist die nach dem Willen 15 des Versuchsleiters variable Wade- l 3 zeit vom Picken der ersten bzw. 21 zweiten Erbse bis zum Wieder- 14 andrshen der Drebscheibe. Es ist

Page 26: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

AbschlieBende Versuche zur Frsge des ,,Zahl"-vermogens der Haustaube 113

zu priifen, ob der Versuchsleiter vor der letzten erlaubten und vor der ersten verbotenen Erbse gleich rasch gedreht hat ( b s f ? ) . Das war, wie man zugeben wird, fur eine freihandige Durchfiihrung, bei der ich an den spater erhobenen Einwand noch njcht dachte, iiberraschend gut der Fall. Auch mittels der Drehgeschwindigkeit wurden keine unbewudten Zeichen gegeben. - 1st e < d, so heidt das, die Tauhe wendet sich ab noch bevor die Drehscheibe sich wieder in Bewegung setzte (erste Szene). 1st e 7 d, aber < d + f, so liegt der oben beschriebene Fall des ,,Abgedrehtwerdens" durch die Drehscheibenbewegung vor (Szene 2, 4, 5, 6); ist endlich e > d + f, so hat die Taube sich erst abgewandt, nachdem sie die verbotene Erbse erscheinen sah (Szene 3).

Zweite Aufgabe: 3 E r b s e n er laubt , d i e v i e r t e sol l l iegen

Neben der Frage der ,,Zahlgrenze" war ein weiteres Hauptmotiv dieser ganzen Versuchsreihe mit freien Erbsen auf der Drehscheibe das gewesen, bei von Anfang an arhythmischer Dressur doch ein volles Lerneigebnis zu erhalten. Mit steigender Auzahl der erlaubten Erbsen sind die Intervallkombi- nationeu naturgemaB immer verwickelter. In den vergleichbaren Versuchen von WACHHOLTZ mit Vorder- und Hintergruppe bei Dressur auf 5 erlaubte Kiirner gab der Weg zur Hintergruppe das verzogernde Moment ab; die Rhy thmuszerdehnung lag in blindem Wechsel, je nach GroBe der Vorder- gruppe, nach dem ersten, zweiten bis vierten Korn, aber die Verzogerung war nur begrenzt und lag nicht im Belieben des Versuchsleiters, hing viel- mehr allein von der Gangart der Taube auf den Weg zur Hintergruppe ab, bei der sie ja, im Gegensatz zur fast stets gefahrlosen Vordergruppe, allein gescheucht wurde. Bei der Dressur auf drei erlaubte Korner verzogerte ich die zweite Erbse 1-60 Sek., die dritte bis zu 20 Sek. Lied die dritte Erbse 25 Sek. auf sich warten, so gab Blaugrau auf. Ich wahlte daher die 23 Ver- zogerungskombinationen der Tahelle 24, die in blindem Wechsel aufeinander folgten. Gab die Taube vorzeitig auf, so muBte ich auf kiirzere htervalle zuriickgreifen, doch war ich bestrebt, die Intervallangeii mindestens einer der beiden Erbsen moglichst hoch zu halten. Wie weit das gelang, lehren die n in Tabelle 24. Bei jeder Kombination vom vierten Versuchshundert an war etwa jeder funfte Versuch spontan. Abermals stimmten Spontan- und Dressur- versuche gut iiberein, was weiterhin nicht jedesmal erneut betont werden soll.

Wie Tabelle 24 lehrt, hat Blaugrau die Aufgabe glatt erlernt (Summen- zeile), obwohl ebenso wie bei der vorigen ein Anhalt an irgendeinen Rhythmus uberhaupt nicht moglich ist, da kein Rhythmus besteht. Wenn BIERENS DE HAAN (1935) einwendete, ein Rhythmus ertrage Zerdehnungen, so mud dem widersprochen werden. Vom ZeitmaB zwar ist er in Grenzen unabhangig, man wird ihn im Presto wie im Adagio noch erkennen konnen. Stets aber ist seine Grundvora,ussetzung eine innerhalb des Tempos konstantzuhaltende Zeiteinheit, des Taktes niimlich, und diese fehlt hi'er durchaus. Kein Mensch konnte aus meinem Dreh,,rhythmusU etwas anderes heraushoren als die Amxahl, nach der gescheucht wurde. Mag vielleicht eine sehr ausgepragte Melodie oder ein Kennvers zerdehnbar sein, ein Trommelschlag ist nicht zerdehnbar, bxw. es bleibt beim Zerdehnen von ihm nichts iibrig als eine konstante An- aahl von Schlagen. Die Taube vermag also rhythmusfra' die Beschrankung ihres Handelns auf 3 zu lernen.

Betrachten wir h e Einzelkombinationen der verwendeten Zeitintervalle. so sind die Positivprozente statistisch sicher bei allen ani3er bei n (5 u. 20 Sek.) nnd q - w, bei den letzteren wohl nur deshalb, weil nicht geniigend zahlreiche

blei b en.

Zeiwchr. f. Tierpsychologie Bd. 3 Heft I 8

Page 27: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

114 Amdt:

10 1

15 15

- -

- a b

d e f g h i

k 1

n

P 9

t

C

j

II

0

1’ S

U v a -

1 loo 10 loo 1 77 5 75

T a b e l l e 24. Taube B laugrau 3 freie Erbsen auf Drehscheibe erlaubt

I ,

15 2 5

10 20 5

10 64 15 79 15 72 15 45 5 53

20 48

25 5

30 5

35 40

25 I 2 11 43 5 12

25 19 5 18

30 10 5 4 5 2

+ 105 96 49 49 84 60 58 50 36 40 33 24 33 19 34

7 5

12 1 4 2 1 2

804

-

-

II Taube pickt

- 2 ’ )

15 17 14 10 11 8

10 18 16 11 16 13 13 11 7 4 2 4

-

1

201 -

- s

24 27 16 21 5

32 9 7

12 28 23 8 7

18 2 1

12 2 9

-

- 263

72,9 + 3,7 68,6 3,9 62,O 3 5,5 61.2 + 5,5 84,O 3,3

66,6 f 5,5 56,3 f 6,2 5 0 , 6 r 5,6 45,6 f 5:9

62,3 5 6,7 39,6+ 7.1 79,’L f 6,2 58,4 5 14,2

m,o f 4,9 75,3 f 4,9

53,4f 7,4

12,9 11.2 6 7 696

17,9 792

1 4 3 7,6 5,2 426 375 3,s 5.6 2 J 9,O

12 15 14 12 12 9

12 9 8 8 3 2 2 4 1

1

2 1)

2 2 2 2 2 1 2 3 1 1 3 4 2 2

1

2

-

- 32

Spontan

+ 8

10 6 6 9

11 10 8 7 5 6 5 5 3 2 1

2 1

1

c

- 106

4 “df

2

1 3 2 1 4 3 3

1 3 1

2

- 26

t %+m

67 + 14 83 3 11 75 & 15 75 + 15 75 13 73 & 11 71 + 12 65 f 14 5 8 i 14 56f 17 50 3 14 56 + 17 63 f 17 3 8 3 17

’) Mitenthalten 5mal cine Erbse. ’) Nitenthalten lmal eine Erbse bei Verteiluug 5. 9 D = Differenz zwischen + o’o und Zufallswert (25 %).

Versuche vorliegen. Nochmals sei betont, da13 mit keiner der Kombinationen einzeln nacheinander geubt wurde.

Abermals lehrte die Filmanalyse dasselbe, wie beim Zweierbsenversnch : das Eindrehen der Erbsen geschah unparteiisch, die Taube wendete meist mit einsetzender Scheibenbewegung nach deni dritten Korn, selten nach Erscheinen der vierten Erbse oder gleich nach der dritten Erbse. Auch gilt dies fur die uiichsten Versuchsreihen und wird hier zum letzten Male ausdriicklieh be- tont (Zahlenmaterial im Institntsarchiv).

Bei der Aufgabe, 4 Erbsen xu piclien Bnd die funfte lieyen xu lassen, wurden 27 Verzogerungskombinationen geboten (Tab. 25). Am Anfang der taglichen Versuchsarbeit standeu irn allgemeinen wieder kurze Unter- hrechungskombinationen; dann versuchte ich, allmahlich liingere Unter- brechungen anzuwenden (daher das zahlenniallige Uberwiegen geringerer Verzogerungen). Auch innerhalb der gesamten Versuchsserie wurden die Aufgabeu von Versuchshundert zu Versuchshundert schwerer. Sonst folgten die angegebenen Kombinat,iouen wieder regellos aufeinander. Serien von drei und mehr Versuchen ein und derselben Eombination verrnied ich peinlichst. Als liingste Verzogerung von der dritten bis znr vierten erlaubten Erbse wurden 10 Sek. noch geleistet, 15 Sek. aber nicht mehr vertragen. Von der zweiten zur dritten Erbse durfte noch 25 Sek. unterbrochen werden, 90 Sek. aber iiicht mehr. Versucbe mit einer Wartezeit von 35 Sek. voni Picken der ersten bis zur zweiten Erbse hatten ebenfalls ein Versagen der Taube zur Polge.

Page 28: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

AbschlieBende Versuche zur Frage des ,,ZLhl"-vermogens der Hauataube 11 5

9,3 11,l 11,5 8,3 3,8 8.0 8,l 8.8 3,7 8,2 5,4

7,2 12,3

7,9 10,5

5,3 5,9 7.1 7,8 9,1 5,8 3,2

Verziirerung vor Rorn

17 18 13 22 11 15 9

13 13 15 10

7 8

13 15 12

7 7 9

15 9

11 9

13 9 9 2

3 - 5 1 1 10 1 1 10 5 5

15 15 1

15 1

15 10 5 5

20 20 1 1

20 25 30 1

35 -

- 92 75 73 45 26 43 36 39 24 40 29 9

34 42 36 40 4

27 28 31 33 34 25 18 12

3

2 5 2 5 5

10 1

10 1 5 1 6

10 15 10 15 1 10

5 1

2c 25 1c

5 5

3c 26

-

-

11 5 2 4

1 2 5 1 2 1

1

5 1

3 1 3 3

1 1 5 1

7 4

4 - 1 2 5 1

10 5 5 1

10 1 5

15 5 5 1 5

15 15 1 5 5 5 5 1 1 5 5 -

T a b e 11 e 25. Tau,be E l a u g r a u 4 Erbsen auf Drehscheibe erlaubt. Legende mie Tabelle 24

I1 Taube pickt Spontan

n

164 109 102 67 58 64 50 53 53 57 51 50 50 50 51 50 31 29 46 45 45 46 44 39 40 39 23

-

1506 I 905 I 60

- 3 - 51 19 21 17 15 8

10 6

13 11 18 9 9 I 6 2 2 3

15 11 3

4 9

13 4 1

!81 -

S

10 10 6 1

17 12 2 3

15 4 3

32 6 7 4 7

25 22 1 3

11 13 5 4 4

22 11 !60

-

-

+%&m

56,l + 3,9 68,8 T 4,4 71,6 T 4,5 67,2 T 5.7 44,s 5 6,5 67,2 + 5,9 72,O 6,4 73,6 f 6,O 45.3 T 6,8 70,2 f 6,1 56-9 3 6,9

68,O & 6,6

70,6 6 4 80,o f 5,7

848 + 532

58,7 4- 7,3 62,2 f 7,2 68,9 T 6,9 71,7 f 6,6 77,3 T 6,3

45,O f 7,9 6 4 J 3 7,7

60,o * 1,2f

2 - 3 1 1 1

1 1 3

1 1

2 1

1

1

16 -

3 - 4 4 3 6 4 2 2

5 4 4 1 3

1

1 1 2 3 1

1 3 3 1 1 jo -

t 4

10 12 9

15 5

10 6

10 6

11 6 1 5

11 11 9 2 2 5

10 6 8 6 9 4 2

191

-

-

I 6 , - 1

2 2

2

5.

2 2 2 4 4

1 2 3 1 1 2 5 I

42 -

t - % + m

56 + 12 67 f 11 69 T 13

45 + 15 67 r 12 67 5 16 77 + 12 4 6 3 14 73 + 11 6 0 z 15

62 f 17 85 + 10 7 3 T 1 1 75 f 12

56 + 17 67 i 12 67 3 16 73 f 13 67 + 16 69 5 13 44 f 17

68ZlO

i1,5 & 2,76

Bei 5 erlaubten B b s e n bot ich 30 Verzogerungskombinationen (Tab. 26), von denen 22 gluckten, 7 nicht und eine bei 2 Versuchen nicht beurteilt werden kann. Eine Unterbrechung von 10 Selr. von der vierten zur fiinften Erbse wurde nicht mehr ertragen, wohl aber eine solche von 5 Sek. Von der dritten zur vierten Erbse lag die Grenze bei 20 Sek. Eine Ver- zogerungszeit von 25 Sek. von der zweiten zur dritten Erbse konnte noch angewandt werden, 30 Sek. von Erbse 1 zu 2 nicht mehr.

A u f g a b e : 6 e r l a u b t e E r b s e n f r e i a u f D r e h s c h e i b e ,

Hier wurde die Grenze emicht (Tab. 27); nach 476 Versuchen war iiherhaupt kein Lernerfolg bemerkbar, so da13 ich abhrach. Dabei sind die hochsten Unterbrechungszeiten kurzer als stets zuvor. Die Taube war ganzlich unsicher; war sie nicht sehr hungrig oder etwas angstlich, so pickte sie vie1 zu wenig. was vorher nie vorgekommen war; i m hungrigen Zustand pickte sie meist iiber die 6 hinaus, d. h., sie niuBte gescheucht werden. Sponhn- versuche zu machen, ware angesichts dieses Lernausfalls unsinnig gewesen.

Ich war damit eindeutig an die Grenze gelangt. NichtweiB hatte auf der Kornerplatte die 6 voriibergehend noch gekonnt, Blaugrau dagegen konnte hier nur noch die 5, und zwar hervorragend. Aber auch bei Nichtweilj brachte die Aufgabe, 6 Korner zu picken, einen deutlichen -4bfall und eine schlechtt: Lernkurve. Zudeni ~ a r die Drehscheibenaufgabe gewiB schwerer wegen der

d i e s i e b e n t e v e r b o t e n .

8'

Page 29: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

116 Am&:

- 71 39 25 32 42 24 26 30 14 26 23 27 28 23

27 28 27 24 23 4

24 28

22 18 17 1

10 13

221

-

T a b e l l e 26. Taube B laugrau 5 freic Erbsen auf Drehscheibe erlaubt. Legende nie Tabelle 24

15 7 6 2 6 1 3 2

3

4

1 3 2

7 2 1 2

2 1 1

2

Ypontan

1 5 3

5 3

10 3 3

12 14 12

3 9 5 8

16 16 2

14 12

1 9

10

1

1 15 15 20 -

- 5 4 1 2 1 5

5 1 2 1 2

10 1 3

10 5

10 15

5 1 3

40 3 40 1 I1 40

Tauho piclit Vorziigoru ng vor Korn

5

1 3 3 5 1 5 3 3

LO 1 5 5 1 5

15 1 5 5 1 5

10 5 1 5 5 5 5 1 5 1

-

-

2 - 5 1 2 1

10 3

10 1 1

15 15 15 5 1 1

20 20 1 5 1 1

25 20 20 1 1

30 5 1 5 -

3 - 3 2 5 2 5

10 5 5 3

10 10 1

15 10 5

10 10 20 10 10 5

15 25 25 25 10 20 30 15 30 -

4 - 2 5 1 3 3 1 1

10 5 5 1

10 10 15 10 5 1

10 20 20 20 10 5 1

15 25 10 20 30 15 -

n - 109 65 43 56 57 40 40 48 43 37 39 44 43 40 41 43 41 40 40 40 30 40 43 38 40 41 40 2

30 28

1281 -

4 - 17 3 2 6 6 4 6 2 4 5 3 2 6 2 3 5 3

3

1 5

10 7 2 1 4

1

113 -

S - 6

16 10 16 3

11 5

14 25 3

13 11 9

14 33 4 8

12 11 17 25 9 4 8

1 6 22 19 1

1 7 15

I77 -

n - 15 9 4

10 9

10 9

10 8 9

13 10 11 10 3 8 9 9 8 9 5 9 8

13 7 8 5

8 6

252 -

' 9 )

1 2

-

2

1

1

3

1

1

- .2

4 - 3 1

2

2 1

1 2 2 2 1

1

1 2 2

1 2

1

'7 -

k 5

10 6 3 6 7 6 6 6 3 7 8 6 7 6

5 6 6 5 5

6 5 8 4 3 2

3 2

47

-

-

G - 1

1 2

2 1 4 5

3 2 2 3 3

2 3 2 4 5 1 1 3 3 4 1

4 4 i6 -

k % t n' 67 + 12 67 f 16

6 0 k 1 5 78 f 14 6 0 3 1 5 67 & 16 so& 15

78 t 14 61 f 13 60 5 15 64 14 6 0 5 15

62 + 15 67 3 16 67 & 16 62 -+ 15 55 & 17

67 f 16 62 T 15 61 13

75 f 22

57 5 19

i8,4 & 3,11

+ % 5 "1

65,l f 4,6 60,O T 6,l 58,l _f 7,5

60,O F 7,7 65,O _f 7,5 6J,5 -+ 7,0

70,3 f 7,5 59,O T 7,9 61,3 _f 7,4 65.1 7,3 57,5 & 7,s

62,s a: 7,4 68,3 & 7,3 67,s & 7,4 60,O t_ 7,7 57,5 & 7,8

60,O + 7,7 65J 5 7,3

55,O & 7,9

%$$ !$

5 7 3 & s,o

56,3 k 1.39

1) In 9 hier rnit eingetragenen Yersuchen pickt Blaugrau uur 2 Erbsen. ') In 3 hier rnit eingetragenen Versuchen pickt Blniigrau n u r 2 Erbseii.

gewaltigen Verz6gerungea, die ja das Zehnfache dessen betraeen konnten. was NichtweiB an der Platte zugemutet wurde. Die Aufgabe Gar zugleich eine

Stetigkeits- und Geduldprobe fur die Taube. So darf im ganzen die beidemal gefundene (frenze als die gleiche bezeichnet werden.

T a b e 1 l e 2 7. Taube B l a u g r a u 6 freie Erbsen auf Drehscheibe erlaubt

Verzijgcrungon vor Korn 11 Taube pickt 4 -. 3 3 2 1 3

10 5 2 5

10 5

10 -

5

2 4 5 2

10 3 1 5

15 1 3 1

-

-

- S

5 17 18 10 24 19 16 31 24 14 12 13 203

-

-

Abb. 5 zeigt die Lernkurven der Taube Blaugrau fur die ein- zelnen Aufgaben. Die erste Ver- suchsreihe, 2 erlaubte Erbsen (aus- gezogene Linie), beginnt mit sehr geringen Plusprozentsatzen. Daa rasche Ansteigen der Kur re ver- anschaulicht deutlich, wie die Taube mit der Versuchsanordnung vertraut wird und rasch zulernt. Wahrend der Versuchsreihe war ich stets dauernd darauf bedacht, die Taube immer langer, bis an die Grenze ihrer GeduId auf das Hereindrehen der Korner warten zu

9 5 5

17

3 5 6

1 3

11 6 6

11 3 85 I 4 9 12 I 4 11486

Page 30: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

AbschlieBende Versuche zur Frage des ,,Zlhl"-vermogens der Haustaube 117

/I

Abb. 6 . Lernkiirven VOIL Tnnhe Rlaugrau : 2. 3, 4 5: 6 crlaubte Erbseo frci auf Drchscheibcnrand Abszisse Versnchshundert, Ordinatc Pnsitivprozcntc

laesen; deshalb sinken die Leistungskurven imrner wieder. Durch leichtere Auf- gaben wurde die Dressur dann wieder gefest.igt; dann steigeri die Kurven wieder an. Die Lernkurven fur 3. 4 und 5 erlaubte Erbsen ze'igen die gleiclien Verhaltnisse, nur daS die Anfangsprozentsatze infolge der Vertrautheit mit den Versuclisumstanden und wie in jeder suisteigenden Aufgabenreihe wesentlich hoher liegen. Die Krirve fur 6 erlaubte Erbsen zeigt keinen Lernerfolg mehr.

1 b) Erstdressur anf 4 erlanbte Erbsen (Drehscheibe) Taube Grau

Nach derselben Metliode versucht,e ich eine Erstdressur, und zwar auf 4 er- laubte Korner, uni festzustellen, ob die Unabhangigkeit des Lernvermogens vom Ansteigen tler erlaubten Anzahl, T a b e l l e 28. Taube Grau (lie wir wesentlichen Unter- Eistdressur auf 4 freie Erbsen auf Drehscheibe

und Sukzessivversuchen fanden, Venagerung 11 fur die Drehscheibensukzessiv- vor Gorn

schied xwischen Simultanversuchen . ~-

method0 ebenso Kilt, wie fur die 2 mit der Kornerplatte.

Taube Grau war ein 4 Mo- nate alter SoIin von NichtwdB und hatte bisber noch keinerlei Versuchserlebnis. Eine anfang- liche Scbeu uberwand e r bei Hunger bald so gut, da13 er sehr stark gescheucht werden rnubtt?, um ihn den Abgang zu lebren. Oft kehrte er sich entschietlen ab, urn aber doch noch rechtzeitig zur fiinften Erbse zuruckzukehren (,,iiberscIiwerer Abschied"). Nach 300 Versuchen war das Lernergeb- nis einwandfrei (Tab. 28). Wie Blaugrau hielt Grau Verziigerungen von 15 Sekunden vor der letzten erlaubten Erbse nicht sta.nd, wohl aber solchen von 10 Sekunden.

- 5 3 1

10 1

I0 1

15 1 1

20 20 1 I 5

15 -

3 - 2 1 2 5 5 1

10 5 5

15 5 1

20 25 1 1 -

4 II + - 1 25 5 22 5 19 1 26

10 21 5 25 5 22 1 30

15 3 5 21 1 24

10 / / 321

Taubo piclit

- - s - 9 9

10 8 9

13 16 8

14 10 12 6

14 17 13 7

175 -

2 I 3 1 1 n

3 3 43 3 1 35 2 3 34 2 2 40

10 40 I 1 40 1 1 40 1 1 40

3 20 2 2 35

37

3 15 17 141 11 560

58,l 4- 7.5 62,8 8.2 55,9 5 8.8 65,O t 7,5 52,5 + 7,9 62,5 f 7,7 55,O T 7,9 75,O 3 6,8

60,O & 8,3 64,9 + 7,8 71,O + 8,2 60,5 f 7,9

43,8 5 8,8 47,5 f 7,9

57,4 & 2 1

Page 31: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

118 Arndt:

Wartezeiten von 20 Sekunden vor der zweiten und dritten Erbse ertrug er ohne weiteres. Abgesehen von den hliheren Scheuchprozenten, die der gr6Beren Dreistigkeit von Grau zuzuschreiben sind, besteht kein grunds%tzlicher Unter- schied zur ansteigend lernenden Taube Blaugrau, wie die Lernkurve Abb. 6 eindeutig belegt.

Auch bei der Drehscheibenmethode besteht kein Unterschied zwiachen erstmaligem oder ansteigendem Erlernen einer Handelnsbescbrankung auf eine hohere Anzahl.

2. Binnenversnche mit Einzelerbeen. 2-6 erlaubte Erbsen. Tanben: BrannweiB, Schwarz

Den Rinnenversuchen liegt der gleiche Leitge- danke zugrunde wie den vorher beschriebenen Dreh-

Abb. 6, Erstdressur Taube Aus dem Beobachtungsstand im Zimmw 2 kam in Grauauf4erlaubteErbsen,sonst 105 cm Hohe 60 cm rechts vom Sehschlitz eine innen mit

wie Abb. 6 Filz ausgekleidete zugedeckte Blechrinne von 2 m Lange und 4 cm Durchmesser heraus und endete in einem am Boden

stehenden elliptischen Holzbecken mit iiberragenden Randern, das innen rnit Tuch aus- gekleidet war. Der Beobachter steckte im Stand die Erbsen in das Rohr, in dem sie fast unhbrbar liefen. Unmittelbar vor dem Hineinfallen der Erbse ins Becken gab es ein leises Gerausch. Der Auf rall ins Becken war gut zu h6ren, das Urnherrollen der- selben Erbse im dunklen gecken auch optisch sehr auffallig. Der Schlagscbeucher aar derselbe wie vor der Drehscheibe. Auch fur die Verzogerungen und das gntnd- sltzlich rhythmusfreie Lernen gilt dasselbe wie dort.

I l l scheibenversuchen. 1 2 3 Y 5 b

A u f g a b e : 2 e r l a u b t e E r b s e n . B r a u n w e i D . BraunweiB war ein sehr lebhaftes, angriffslustiges und wenig scheues M b n -

chen. Es erwartete die Erbsen nie stehend, sondern wanderte meistens um dar Becken herum oder pickte lebhaft auf seinen Rand. Im Erreichen der Erbse war es sehr ungeschickt; fast nie erlangte es sie beim ersten Zugriff, meist pickte 98 mehrfach daneben, achtmal wiederholte Pickschlage waren nicht selten, einmal zahlfe ich deren 14. Damit sind Ale friiheren Erorterungen (19%) iiber das ,.Doppelpicken" weit iihertrumpft. Zu der vom Versuchsleiter gewollten VerzGgerung kommt nocb das Mehrfachpicken der Taube hinzu. Der Pickrhythmus kann hier wahrlich nichts mehr bedeuten.

Each gelungener Dressur erwartete die Taube das Erscheinen der dritten Erbse fast nie; nur ausnahrnsweise bekam sie sie noch zu sehen, ineist wendete sie sich unmittelbar nach dem Erbeuten der zweiten ab. Wenn sie dann das Gerhusch der dritten fallenden Erbse hinter sich horte, beschleunigte sie nieist die Gangart.

Ich begann die Dressur mit Verzogerungen (Tom Picken der ersten Erbse bis zum Einlegen der zweiten ins Rohr; der Ablauf der Erbse und das Fehlpicken der Taube kommen noch hinzu und sind in der Tabelle nicht beriicksichtigt; 9 Pickschliige verzogerten in einem Film gut 6 Sek.) von 1 Sek. und stieg in Einzelfallen his zu 30 Sek. Wie Tabelle 29 lehrt, lag die ertrrgliche Verzogerungsgrenze bei 30 Sek.

a b e r 184 Spontanversuche, die in Tabelle 29 mit enthalten sind, und Filmnnalysen gilt dasselbe wie bei den Drehscheibenversuchen.

A u f g a b e : 3 e r l a u b t e E r b s e n . Anfangs erscbien die dritte Erbse unmittelbar nach dem Picken der zweiten,

wodurch die Urnstellung auf die dritte ziemlich rasch vonstatten ging. Die ersten sieben Versuche mit Unterbrechungen bis zu 5 Sekunden waren positiv. Im achten und neunten Versuch wollte BraunweiB auch Erbse 4 nehmen und wurde verscheucht. Von den 14 Versuchen dieses Tages waren 10 Versuche positiv und 4mal muBte gestraft aerden. Weiterhin nahm im ersten Versuchshundert die Taube 29mal nur 2 Erbsen, 6mal nur eine, im zweiten Hundert 21mal 2, lmal eine, im dritten bis

Page 32: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

AbschlieBende Versuche zur Frage des ,,Zahl"-verm6gens der Haustaubo 119

& 7,ti 7,6 5,2

8,7 8,6 5,4 6,l 6,7 7,5 5,8 4,5 3,8 4,9 3,5

5,3 3.3

9,7

T a b e l l e 29. Taube 'BraunweiP . 10. 2. bis 22. 3. 1937 Rinnenversuch: 2 Erbsen erlaubt. Links vom Doppelstrich Dressur + Spontan, reclits von ihm Spontan. S = gescheucht, links vom Doppelstrich sind zu S auch die Spontanergebnisse

,,pickt 3, 4, 5 und 9" hinzugefugt

20 15 11

28 24 17 26 23 14 21 23 20 13 7 3

11 4

223

Ventigemng I (Sak.) vor 11

Korn 2 n

66 41 31

108 91 72 47 64 64 46 48 40 34 33 21 9

23 13

5 1 11380 176

10 136 15 98 20 90 25 32 30 3

14 12 6

26 17 17 17 18 23 11 20 17 15 9 9

11 1 3

Taobe pickt Spontan

3 1

+ Yo & nl

59,O + 6,O 57,O i 7,O 57,O 8,O 55.0 T 11,0 50,O 5 11,O

65,5 & 3,7 I) 3 Erbsen murden gepickt 32ma1, 4 Erbsen Omal, 5 Erbsen 4ma1, 9 Erbsen Imal. :) In Spontan - 4 sind entbalten bei Verzogerung yon 1 Sek. pickt 2 ma1 5 und 1 ma1 9

") D = Differenz yon +yo und Zufallsprozent (33,3). und bei Verzogerung von 20 Sek. pickt 2maI 5.

T a b e 1 1 e 3 0. T a II b e B r a u n w e i I3 , Rinnenversuche. 3 erlaobte Erbsen 11. 4. bis 15. 7. 1937

Vani !-or 2

3 1 5 3 5 1

10 1 5

10 15 15 1 5

20 15 5

25 30 -

8NOg orn

3

1 3 3 5 1 5 1

10 10 5 1 5

15 15 5

10 20 2 5

n

76 108 66 51

178 153 113 87

122 113 68 86 80 72 58 40 33 34 22 -

Taube pickt Spontan

- SZ)

17 28 13 14 44 45 24 23 40 26 11 18 23 23 16 10 13 10 6

302 I 254 I 404

+%+ m

67,l 4- 5,4 61,O 7 4.7 62,2 4,9 60,9 T 6,9 6097 T 3,7 59,5 T 4,O 63,8+ 4,5 54.0f 5,4 52,5 T 4,5 5 6 , 6 r 4,7 67,6 + 5,7 55,9 T 5,3 50,OZ 5!6 47.3 & 5,8 57,0+ 6,5 52,5 F 7,9 27,2 - 67,7 f 8,O 59.2 5 10.4

- 23)

4 4 3 2 6 3 3 3 7 6 2 6 7 6 1 2

-

1 11325 I 66

f 3

11 13 9 7

18 17 16 9

13 13 10 12 11 9 7 3 1 7 3

189

-

- Hier sind auch 3 Versucbe eingetragen, in denen dieTaube nur

1. 6 , i, 7:

2 3 3 2 4 8 5

- 5 6 4 2 3 5 5 5 2 2 4

-

-

+ % nl

65 + 12 65 11 60 T 13 64 7 14

6 1 7 8 64T 9

67 2 lo 53 + 12 50 F 10

72 12 57 T 10

57 .f 11 48Tll 45 F 11 54 17

70 I 58f 2,7 Erbe nahm.

?) Hier sind auch die Spontanergebnisse ,,pickt 4, 5, ti, 7" eingetragen. "1 Ilier ist auch linter VerzogeerunP 30'' 5" ein Versuch eineetrazen. in dem die Taube a u v u ~

1 Eibse'pickte. D = Differenz von yo + und Zufallsprozent (25 %).

fiinften Hundert 18-, 15-, l l m a l 2 und 2-, 0-, Omal eine. Man erkennt deutlich die sinkende Nachwirkung der vorhergehenden Gewohnung a n das Zweikbmerpickea. Im Verlauf der geschilderten Vordressur von 500 Versuchen mit Verzogerungen bis hochstens 5 Sekunden mit 10 blind wechselnden Verzogerungskombinationen (2. B. 1 , 1 : 1 , 5 ; 5", 1"; 2": 4"; u9w.) machte BraunweiD j e Kombination 46,4 bis 53.0 Pliisnrnzent,e. he1ierrsc.ht.e also allc e1eir.h mit Jetzt. herann ich mit liineeren Var- _ - - - - - ' - - n~ ~~~~ ~.~~ ~~~ . ~~ .~ - - ~ ~ - o---. - - ,. - ...-= ~ ___..._ , - zigerungen bis zu 30" in 19 Kombinationen (Tab, 30). Da vie'r Moglichkeiten. d e s Eandelns bestehen und alle vorkommen (1-. 2-. 3 +I. S) (in SDontanversuchen wurden bis 6 Korner gepickt, das siebente angebotene stets verschmiiht), nehme ich 25 -t0h a15 Zufallswert an. Die Differenz zu ihm betrLgt also in Zeile 1 z. B.:

Page 33: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

120 Arndt:

n

119 111 103 87 87 85 56 58 58 56 42 45 45 52 42 42 26 26 38 30 32 26 25 21 21

67,l 4 O / o - 25 O / o z 42,l O/o; ist D/m ( lehte Slule) > 3. so ist der Positivwert statistisch sicher. Wie ersiclitlich, wurden vor der zweiten Erbse Verzogerungen bis zu 30” durchweg vertragen, vor der drittea 20” nicht mehr (viertletzte Kombination), wohl aber 15”. Die Unterschiede der Positivprozente je Kombination sintl hier ganz ungemein gering, die Rliythmusunabhiingigkeit ist erstaunlich grol3. Dasselbe gilt fiir 325 Spontanversuche; bei 16 von 18 Kombinationen ist die Differenz: Dressur- minus Spontanplusprozente kleiner als ihr einfacher Mittelfehler.

In den vier positiven von insgesamt 9 Filmszenen ging BraunweiS dreimal vor Ersclieinen und einmal mit Erscheinen der vierten Erbse ab. Die erreichten Verzowningen waren 8 und 3,5; 4,B und 2; 5,5 und 4; 4,5 und 5 Sekunden. Tch habe geim Einrollen iler vierten nicht erlaubten Erbse in keinem Falle ILnger gezogert als bei der vorangegangenen. In drei positiven Versuchen kehrte eich die Taube in kuraerer Zeit ab als der durchschnittlichen Verzogerung von Erbse 1 zu 2 und von Erbse 2 zu 3. In einem Versuch mudte ich scheuchen, und viermal nahm sie nur zwei Erbsen. einmal deshalb, weil sie nicht weniger als 17mal liatte zupicken miissen. um die zweite Erbse zu erlangen.

R u f g a b e : 4 e r l a u b t e E r b s e n . Beim Obergang zu 4 erlaubten Erbsen, zuerst wieder nur niit kurzen Ver-

zogerungen bis zu 5”, war diesmal eine Nachwirkung der vorher so schon be- herrxhten Drei-Erbsen-Aufgabe nur sehr kurze Zeit bemerkbar. Dafiir nahmen um- gekehrt die Scheuchvsrsuche uberhand, und die Taube Iernte uberhaupt nichts. Nach 1117 Versuchen hatte ich 384 positive, 576 S, 4mal - 1 , 37mal - 2, 116mal - 3 zii verzeichnen,, der Plusprozentsatz war 34:4. Man Aatte glauben mogen, bei diessr Methode oder Taube lage die Grenze Dei drei erlaubten Kornern.

Da aber andererseits die Moglichkeit bestand. daB das Mannchen nur nicht genug Respekt vor dem Scheucher hatte, brachte ich an seinem Ende einen Quer- hebel mit einem betrlchtlichen Papierwedel an. Wenn es nicht wegwollte. hiilltcn die Papierfahnen es vollkommen ein. Alsbald sank im nachsten Versuchshundert der Scheuchprozentsatz von zuvor 49 auf 24. die Positivprozente stiegen von 37 auf 49, wobei die Verzogerungskombinationen Zeiten von 1-30” umfaBten (Tab. 31).

T a b e l l e 31. Taube S r a u n w e i P . Rinneuversuche. 4 erlauhte Erbsen. Nach

+ J

90 78 61 54 38 54 34 38 27 43 11 25 22 31 26 26

6 6

23 17 15 13 15

7 14

1

Von8gerung [Sok.) vor Korn

17 23 25 12 23 20 8

13 16 11 24

2 - 5 1 1

10 1 1

10 5 5

15 1

15 15 1

15 10 5 5

20 20 1

20 25 1

30 -

75,5+ 3,9 70 ,43 4,3 59,2& 4,9 62,l-t 5,2 43,7+ 5,3 63,5f 5,2 60 ,73 6,5 65,5+ 6:3 46 ,67 6,5 7 6 , 8 z 5,6

3 - 2 5 2 5 5

10 1

10 1 5 5 1

10 15 l C 15 1

30 5 1

20 10 5

25 5 -

‘1

6 10 18 10 10 12 7

4 - 1 2 5 1

10 5 5 1

10 1

15 5 5 5 1 5

15 15 1 5 5 5 1 5 1 - - -

55,5+ 7,4 48,9f 7,5 59,7& 6,8 61.9+ 7.5 6 1 , 9 z ?,5

fiihrune des hochwirksamen Scheuchers. 4. 10. bis 9. 2. 1938

7 6

11 7 7

60.5+ 8:O 5 6 , 6 3 9,l 46,9$. 8,9 50,0+ 9:8 60,Oz 9,8

11. - 5 3

14

3

7

1

2 7 1 4 5

2 2 1 5 4 3 1 1

71 -

.fferenz von

Tnube pickt

3 - 7 7

17 7

26 8

14

15 1 7

12 6 2 2 1 8

11 6 6 1 2

1

67 -

s ! + % k m

‘21 158,0+ 1,3’ yo und Zufazwert

fm 11 - 14 12 8 8 4 8 6 7 4

10

3 4 6 6 6

5 4 3 3 4

5 - !7,3 0 OI(

n - 21 22 22 14 23 17 15 12 13 12 8

11 10 12 11 I 1 6 3

10 7 8 4 6 4 3

28i -

2

1 2

2

-

3

1

2

2 3

1

2 1 1

a1 -

3

1

4 2 6 3 4

3

2 2 2

1

2 2 3 2 1

-

- 40

Sponlan

t.r 16 15 13 9

11 12 9 8 6 9 2 7 5 7 7 7 1

6 4 4 2 4

2 166

-

-

u . - 3 5 5 1 6 2 2 1 4 2 4 2 1 5 1 1 3

1 1 3

1 3 1

58 -

-./,+m

76+ 9 68 T 10 59 T 11 64 T 15 48 T 10 71 11 60 f 13 67 f 14 464-14 75 ‘T: 13

64+ 15 50 f: 16 58 f 14 64 15 6 4 3 15

60 & 16 57 + 19 50 T 18 50 - 67

i8,3 2,92

Page 34: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

AbschlieRende Versuche zur Frage des ,,ZLhl“-vermiigcns der Haustaube 121

62.1+4.3 11 24 52.2f5,I 7 19 48,2f5,5 6 22 64,4+5,6 8 14 53,036,7 5 17

55,8+5,7 7 17 48,4T6.5 5 12 56,636,4 6 11

6 55.7+6,9 6 9 54,0f7,1 5 12 49.0r7.0 5 10

5 52,0+7,1 5 9 56,038,5 5 8 46,0+8.2 4 9

46,718,2 4 6 3 1

47,737,7 4 10

Der Scheucher hat seinen Dienst getan, das Ergebnis ist abermals schlagend positiv. Es fallen a m nur vier yon 25 - viillig regellos durcheinander gebotenen - Ver- ziigerungnkombinationen, n%mlich drei mit 15” an letzter Stelle und eine rnit 25” an zweiter, die vielleicht aucb positiv geworden waren, wenn ich den Mittelfehler durch eine griil3ero Versnchsanzahl gedruckt 1iiitt.e. Die zweite Erbse vertrug also Ver- ziigerungen his 20”, die vierte bis lo”, genau wie bei der vorigen Aufgabe. Die Spontanversuche lehren dasselbe.

3 3 1 4 2

9 1 1 1 2

2 1 2 2

3

1 7 1

A u f g a b e : 5 e r l a u b t e K o r n e r . Iiri AiischluB an die Verfilmung der Dressur auf 4, die wietler die gewohnten

Ergebnisse bei der Filmanalyse zeitigte, IieB ich der Taube, die clurch Lampen und Filmger2usch beunruhigt worden war, 11 Tage Rube. Dann stellte ich sie auf 5 Erbsen uni. Im einzelnen wurden Verzogerungen bis zu 30” vor Erbse 2, his zu 25” vor Erbse 3, bis zu 20” vor Erbse 4 untl bis zu 5” vor Erbse 5 ertragen, 10” vor der letzten erlaubten Erbse jedoch nicht mehr. Wiederum stimmten 240 Spontanversuche in ihrem Ergebnis rnit den Dressurversuchen iiberein. Abermals zeigte die Filmanalyse von 22 Szenen, daB die letzte Erbse nicht langsamer hereingerollt wurde als clie vorherigen: (lie be- absichtigten Verzogerungen bestatigte sie.

T a b e 11 e 32. Taube Braunre i f l . Rinuenvelsoche 5 erlaubte Erbsen

\Vie Txbelle 32 lehrt, loste sie die Aufgabe ebenfalls glatt.

20. 2. bis 31. 5. 1938

6

2

crziigcrung k.) vor Korn 1

- 16 10 12

1 9 1 9 3 1

9 3 6

7

5 7 5 5 1

1 5 1 5

5 1 3 I

Spontan

10

7

8 2

( S

2 - 5 1 I 10 1 1 15 1 5 1 20 1 5 1 1 25 20 30 5 1 1 1 -

6 3 3

2 2 8 2 3 4

5 4 1

4 3 2 2 3 1

1 1

3 - 3 2 2 5 5 3 10 10 15 5 10 20 30 10 5 15 25 20 30 25 1.5 10 -

4 - 2 5 3 3 10 5 5 15 10 10 5 10 20 20 20 10 5 10 15 15 30 25 -

1 124 77 311 96/ 50

1011 571 6

15 11 401 7

511 421 20

511 281 7

S

30 33 27 9

20 35 19 22 13 29 13 16 19 13 30 17 11 16 15 14 19 15 i3E

-

-

:> 7,

5 6 3

5 4 7 2 2 4 2 4 3 3 4

2 3 5 3 2 1

70

8 - 67 + 10

55 f 11 64 f 13 53 3 12 53 + 12 50f15 58 5 15 56 5 18 58 + 14 5 0 3 16 50 & 16 56 4- 17 63 f 17 56 5 17

50

53T11

0,9 3:23 I ) Differenz von + O(, nnd Zufallswert (16:7

Wer nur die Zahlen liest und keine anschauliche Vorstellung von der Sache hat - wie lang ist schon 1” im VerhLltnis zu den rasclien Bewepingen eines Vogels --, konnte auf den Einwand verfallen, clie Taube bLtte sich statt nach cler Erbsenzahl nach dem Kiirzerwerden der Verzogerung gerichtet. Des- lialb schloI3 ich noch weitere 593 Versuche (Tab. 33) rnit Kombinationen an, in denen die kiirzeste Wartezeit auf alle Erbsen etwa gleich liaufig verteilt isl. Ins- besondere haben 4 Kombinationen vor der zweiten, 6 vor der dritten, 8 vor der viert,en Erbse Wartezeiten unter 5” und 5 vor der fiinften: alle Kombinationen, rnit einziger Ausnahme der einen hoffnungslosen, wurden gleich oft verwandt. Das Ge- samtergebnis ist selbst noch gegen den Zufallswert von 50 O/o (Konnen, Nichtkonnen) statistiscli gesichert. Rechnen wir hei 6 Handlungsmijglichkeiten (1-5 Erbsen picken, S) den Zufallswert zu 16$, so sind auBer der hoffnungslosen Kombination mit, 10” an letzter Stelle alle weitaus gesicherb, j a selbst wenn wir nnr 3 Handlungs-

Page 35: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

122

11 18 13 9 7 9

10 14 10 13 12 12 14 14 9

Arndt:

67,4 + 6,9 51,2 f 7,6 67,5 7,4 67,5 f 7.4 70,O F 7,3 62.5 7,7 62,5 3 7 , 7

65,0+ 7,6 62,5 5 7.7 57,5 + 7,8 5i,5 f 7,8 57,5 f 7,8 60,OT 7,8 51,2 7 7,6

T a b e l l e 33. Taube BraunweiB Rinnenversuche. 5 erlaubte Erbsen. Kontrollversuche 1. 6. bis 7. 7. 1938

7,4 4,5 6,9 6,9 7,3 5,9 5,9

6,2 5,9 5,2

5.6 2;

II Venogerung (Sek.) vor Iiorn

10 9 1

11 9 2

11 2 10 1 8 1 3 1

10 2 5 9

* Y l 10 I

Taube pickt

4,511 11 1 2

Spontan

7 1 7 0 +15 3 2 6 0 ' f16 5 4 56 f 1 7 51 4 56 3 1 7 7 3 64 + I 5 7 3 70 f 1 5 6 3 55 3 1 5

a

5 1 2

10 10 10 10 1

15 15 5

15 1

20 20

- 7 5 7 6 7 8 5

3

3 2 5 5 5 1 3 3

10 1

15 10 10 10 10

- 3 170 +15 3 56 T 1 7 4 6 4 T 1 5 1 6 7 T I 6 2 64 F 1 5 1 80 F 1 3 2 63 E l 7 2

I -

3 1 3 1 5 1 5 5

10

4 1 5 1 1 n

5 I( 43 3 1 40 1 40 3 40 3 40 5 40

10 21 1 40 5 40

2 I 1 11 46

13 14 12 12 9 12 18 19 11 16 16 12 22 13 25 1 15 13 7 171 8

1 6 2 3 43

4 1 41 6 40 1 1 41 2 43

8 2 1 42 1 41 1 40 5 41

4 3 1 1 4 0 6 40

I 1 1 1 40

10 I 1 I1 40

2 10

10 10 5

15

+ 5

31 22 27 27 28 25 25 3

26 25 23 23 23 24 22

-

-

2 3 5 2 5 1 2 3

10 5

3 2 5 5

10 10 -

2. 3, 1. 4,

4 3

4 5 6 5 4 4 2 5 5 2 2 9

61

-

-

4 5

10 3 1 5

15 3 1 1

D = Differenz von + o/o und :

5 10 3 13

2 3 9 5 11 5 15 3 12

10 4 3 10 1 16 3 i 4 311 13

fallswert (16,7 O//,).

moglichkeiten zulassen (5 bzw. 4 Erbsen und S), gilt noch das gleiche, nur die Positivmittelwerte der zweiten und letzten Kombination (1. 2, 3, 5 und '20, 10, 1, 5 Sekunden) haben statt 99,9 nur noch 96 O/o statistische Wahrscheinlichkeit. Damit ist der Einwand entkraftet.

A u f g a b e : 6 e r l a u b t e E r b s e n Hier war die Grenze erreicht. In 492 Versuchen mit 12 Wartezeitkombinationen

(Tab. 34) erpab sich keinerlei Anhalt fur Lernen oder gar Beherrschen; dabei hatte

T a b e l l e 34. Taube BraunmeiB 6 ei-laubte Erbsen. 8. 2. bis 1. 3. 1938

ich die Veriogerungen im Verhiilt- nis zu friiheren Versuchen noch klein gehalten.

Die 6 Lernkurven (Abb. 7) geben ein sehr iihnliches Gesamt- bild wie die von Blaugrau (Abb. 6). Der hohe Anfangs-Plusprozentsatz bei der Erstdressur auf zwei lehrt daher, da0 BraunweiB wahrend der langandauernden Vorversuche, In denen ich die verschiedensten Auf- fangvorrichtungen fur die Rinnen- erbsen ausprobierte, sich scbon gut eingewohnt und auch bereits etwas gelernt hatte, ebe die Hauptver- suche mit dem endgiiltigen Auf- fangbecken begannen. Der erste Teil der Lernkurve fur vier er- laubte Erbsen bis zum Querstrich verdeutlicht das vollige Versagen, der anschlief3ende Teil den schonen Lernerfolg nach dem Einfuhren des verstarkten Scheuchers.

2

5 1 1 10 1 1 1 1 1

15 15 20

.-

-

Verztigerunl vor K(

3 1 4

Taube Schwarz Dieselben Rinnenversuche machte ich auch mit Taube Schwarz, einem sehr

scheuen und angstlichen Tier. Die erlaubten Erbsen erwartete sie meist stehend, oder sie ging auch wohl dauernd beobachtend ein paar Schritte abseits, um beim Erecheinen der neuen Erbse gleich wiederzukommen. Nach der letzten erlaubten Erbse flog sie oft ah oder kehrte sich zu FnB sehr rasch weg, meist ohne das Er-

Page 36: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

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3

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E

Page 37: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

AbschlieSende Versuche zur Frage des ,,Zlhl"-vermogens der Haustaube 123

80

70

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-

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/- '.

2

Abb. 7 hrnkurren von Taube Braonweill' 2 3 4. 5. 6 erlaubte Erbson im Rinnenrcisuch Abszissc Vor- suchshund&t,'Ordinate Plusprozentsatz

scheineu der ersten verbotenen abzuwarten. Die Versuchsbedmgungen waren die gleichen wie die der Taube BraunweiS gestellten, auch die Verzogerungskombi- nationen waren bis auf unbedeutende Unterschiede dieselben. Ein Vergleich der Ergebnisse muSte nun zeigen, inwieweit sich die unterschiedlichen Temperamente der Tauben auf die Versuchsergebnisse auswkkten. Die Tabelle 35 faBt die Er- gebnisse der ganzen 19 Monate wahrenden Versuchsreihe der Taube Schwarz 7u- sammen. Wie stets sind die nichts beweisenden Plusprozents%tze, deren Differenz vom Zufallswert zu klein ish, um ein Lernen zu beweisen, oder die gar unter ihr liegen, in der Tabelle unterdruckt. Die zu ehorigen Lernkurven (Abb. 8) zeigen dieselben VerhLItnisse wie bei BraunweiB. dber Filmanalyse und Spontanversuehe, die ich aus Griinden der Platzersparnis iibergehe, gilt das schon oben Gesagte.

I\ I \ I I f i '--\ .

wl "\/- \I@- ............

Abb. 8. Lernkurvcn von Taube Schwan, wie Abb. 7

Page 38: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

124 Arndt:

Siimt,liche Aufgaben, die BraunweiS gelost hatte, loste auch Taube Schwarz und keine mehr. Die PositivprozentsLtze aller beherrschter Aufgaben sind fur beide Tauben etwa gleich. Dagegen fraB BraunweiB in fast allen Dressur- und Spontan- versuchen hsufiger zuviel als Schwarz, und umgekehrt nahm Schwarz fast uberall laufiger zuwenig als BraunweiS. was alles Tab. 36 nochmds auszugsweise belegt.

Das Vermogen der Handelnsbegrenzung auf bestimmte Anzahlen ist bei beiden Tauben gleich gut ausgebildet, nur die verschiedenen Temperamente bedingen die Art der Pehll6sungen.

B. Khtchen als Objekte I. Anf der Drelischeibe

a) Dressnr anf 2-4 Kitstcheii Blaukopf

Man kann die oben beschriebenen Sirnultanwahlen an zwei Kastchen als Doppeldressureri auffassen. Das Positivmerkmal bezw. -objekt verhei5t oder ist Belohnung (Putterj, das Negativmerkmal bringt statt des Putters einen Schreck, vor dem die Taube Angst hat. Das Reihenabhandeln, sei es bei simultaner Darbietung des Objekts auf der Platte, sei es bei einzeln sukzessiver (Drehscheibe, Rinne), gleicht ebenfalls, wenn man so will, einer Doppeldressur : die erlaubten Objekte verheiflen oder sind Belohnung (Futter), das erste Ver- botene bringt Strafe und ihr voraufgehende Angst.

So war bisher stets der Lernerfolg abhangig von eineni richtigen Gleich- gewwicht zwischen Antrieb (Hunger) und Hemmung (Angst}. Im satten Zustand spielte die Taube, statt zu wahlen, oder sie kam nicht zur Versuchsanordnung; bei zu geringer Scheu pickte sie alles ohue Hemmung und lernte nichts zu, Gelerntes verdrangte sie handelnd, auch wenn die Erinnerung an das Verbot noch durchaus wach war. Die jetzt dargestellten Versuchsreihen bieten mehrere Deckelkbtchen, vorerst nacheinander am gleichen Ort (Drehscheibe); die ersten enthalten Putter, die dann folgenden nicht, so da8 die Taube bei ihreni Offnen eine Enttauschung erlebt, Es war die Frage, ob diese Enttauschung geniigen wiirde, urn der Taube das Offnen des ersten unbekijderten und der folgenden eben- falls leeren Kastchen abzugewohnen. na die Kastchen auflerlich gleich waren? zudem oft durch neue ersetzt wurden, mu13 eine Lijsung der Aufgabe wiederum die Fahigkeit beweisen, im Sukzessivversuch auf x zu handeln. Neu ist an der Methode das Fehleiz jeglicheic Scheuchens. Damit fallt jede Angst weg. Man konnte die Methode als eine einfache Positivdressur (auf s bekoderte Kastchen) bezeichnen, als Doppeldressur nur dann, wenn man die ,,Ent- tiiuschungLL als Strafe auffaEte. Anzeichen von Angst aber fehlten durchaus. So beweist die Methode durch Lernerfolge die Fahigkeit, auch ohne Angst, alleiu auf Grund ruhigen, spannungslosen Reihenabhandelns die Erfahrung der begrenzten (erfolgverheiflenden) Handelnsanzahl zu bilden. Was vorher bitterer Zwang war, ist jetzt Sache lediglich der Brbeitsokonomie. Es scheint mir wesentlich und wissenswert, da5 gerade bei dieser straffreisn Methode die Oesten Lernergebnisse eraielt wurden.

Im Gartenflugkiifig (S. 95) befesti te iali auf dem Drehscheibenrand mit ReiB- zwecken mehrere PappkLstchen von 5 5 2,5 X 2 cm, die innen mit Watte, dariiber einem Tuchstreifen ausgelegt und rnit 5 , 5 X 3 cm groDen weiBen Pappdeckeln zu- gedeckt waren. Eine mit braunem Papier beklebte Blechblende von 39 cm Durch- nicsser untl 4 cm Hohe gab im Ausschnitt, dem Tiirchen zugewandt, gerade ein Iiiietchen frei.

A u f g a b e : e i n K a s t c h e n z u o f f n e n . Blaukopf. Das erste Kastchen enthielt 10-15 Weizenkorner, das zweite war leer. Bei

Annliherung der Taube war im Blendenausschnitt nur der leere Drehsclieibenrand sichtbar; Each gebotener Zeit drehte ich das erste Kastchen hinein.

Page 39: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

AbschlieSende Versuche zur Frage des ,,ZLhl"-vermogens der Haustaube 125

18

14 20 28 20 27 12 30 27 25 25 10

Taube Blaukopf war damals 3-4 Monate alt (die oben S. 102 von ihr be- schriebenen Versuche lagen zeitlich nach den hier mitgeteilten). Um sie das KLstcheniiffnen zu lehren, drehte ich zuerst ein offenes KLstchen hinein, das sie leartc. Mit dem folgenden geschlossenen wuSte sie nichts anzufangen, aber sie hlieb - wie spater noch oft - ruhig dabei stehen. SchlieBlich trat sie in den Blendenausschnitt, wobei der Deckel abfiel. Beirn nachsten Versuch war auch das erste Kastchen bedeckt, Blankopf trat herauf und behielt diese Met,hode vorerst bei. Im 10. Versuch wetzte sie erstmals den Schnabel ungeschickt uber den Deckel hin und her, wobei er endlich zufallig herunterfiel. J e besser der Futterort bekannt wurde, urn so sicherer pickte sie drauf 10s; wenn kein Kasten dastmd, dann auf die Blendenrander oder die Drehscheibe. Meist fie1 der leichte Deckel sogleich ab; ihn seitlich abzuheben, hat sie nie versucht. Vor dem zweiten Kastchen, das sie leer fand, blieb sie anfangs stets ruhig stehen und sah hinein, so lange bis ich wieder hervorkam, um den nschsten Versuch aufzubauen. Irn 16. Versuch ging sie erstmals von selbst ab, nachdein sie den zweiten Kasten lee+ gefunden hatte; doch konnte sie auch spater oft noch bei ihm stehen bleiben. Am nachsten Tag war der 6. Versuch, der 24. insgosamt, erstmals positiv: sie lie@ den zwa'ten Deckel unberiihrt! Am dritten Tage (Tab. 37) gab es schon 3 aufeinanderfolgende richtige Losungen (,,Po- sitivserien"). ,,1 (3)" in der letzten Saule bedeutet eine dreigliedrige Positivserie. Hier sieht es so aus, als ob man von einem ,,Aha"-Erlebnis sprechen kijnnte. Denn es folgt kein Tag ohne Positivserie, vom 6. Tage sind die Mehrzahl. ia die iiber- w iiltigende Mehrzahl der Positivversuche Glieder von Poaitivserien, vom 12. Tage arbeitet Bla.ukopf anhaltend mit 0 Fehlern;, eine wahre Erholung fur den Versuchs- leiter und ein Verhalten, das ich - und meine Vorganger - noch nie zuvor bei all unseren Versachen gesehen hatten.

A u f g a b e : 2 K a s t e n o f f n e n , d r i t t e r b l e i b t g e s c h l o s s e n .

Urnstellung: im ersten Versuch stand der zweite Kast.en h d b offen. Gluck- licherweise war bei seinem raschen Erscheinen die Taube noch nicht abgegangen;

als sie ihn sah, pickt,e sie ihn leer und ging im Anblick des dritten ab. Im zweiten Ver-

- 6 1

10 7

12 1 4 23 10 26 22 24 25 10

7 7

T a b e l l e 37. Blaukopf Nur ein K&tchen offnen. 14. 6. bis

1. 8. 1937

1

3 4 5 6 7 8 9 10

- - Tag

1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 12 1 3 14

-

-

17 2 6

13 25 29 19 25 22 14 17

72

70 85 83 86 82 96 LOO LOO LOO

- 8

!69 I 191 I 71 2,E

Positivserion

such waren beide ersten Kasten zu. Blaukopf offnete nur den ersten. So machte ich den zweiten wieder auf, was zur Folge hatte, da6

T a b e l l e 38. B l a u k o p f Zmei Kastchen offnen. 1. 7. bis 10. 7. 1937 - _ _

I t z -

3 5 8 8

11 I 8 9

17 79 -

- 2

17 6 9

19 21 11 13 3

-

- 99

Offnot x Kliston I Positivserion - 1 1 + %

I ' ' - i i 1 I 23 l ( 3 )

I 2 I 113)

die Taube auch den dritten offnete. Am dritten Versuchstage (alle Kastchen stets ge- schlossen) ist der 29. aller Versuche erstmals positiv, ebenso die zwei folgenden. Wie Tabelle 38 lehrt, sind am 10. Tage 100 O/o erreicht. Die letzten 21 Versuche (17 des 10. Tages und die 4 letzten des 9. Tages) waren durchweg positiv. Hier vom ,,Aha"- Erlebnis zu sprechen, erschien schon etwas gekunstelt, dazu steigen die Plusprozente zu langsam.

Gegen Ende dieser Versuche begann ich statt der Weizenkorner Erbsen in die Kasten, und zwar in jeden wechselnd verschiedene, stets je Kasten einzeln protokollierte Anzahlen von Erbsen zu tun. Die Gesamtanzahl wechselte ebenfalls von Versuch zu Versuch. Ich brauchte nun nicht mehr so lange auf das Leeren der erlaubten Kisten zu warten.

Page 40: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

126 Arndt:

A u f g a b e : 3 K a s t e n o f f n e n , v i e r t e n g e s c h l o s s e n l a s s e n . Zur Umstellung blieb wieder zuerst der dritte Kasten offen, und schon im

zweiten Versuch offnete die Taube den geschlossenen dritten Kcasten, den vierten be- achtete sie nicht. Erst nach 3 Tagen offnete sie auch ihn, womit die Vorbedingungen

fur kunftiees Lernen dei Auf-

1- 20 statt vieler Weizenkorner Erbsen in den Kasten zu 21--100 legen, da es d a m leichter zu beobachten warl ob die 101-125 Taube rnit Picken fertig war. 126-147

- - Tat - 1' 2 ' 3' 4 5 6l 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26

1 15 49 31 6,,3 20 5 80,o 22 - lo(@

T a b e l l e 39. Taube Blaukopf Drei Kastchen offnen. 10. 7. bis 11. 8. 1937

n - 3

17 12 26 19 8

14 9

18 12 10 19 11 19 10 15 18 17 10 14 15 18 2

14 16 11

Taube Gffnet x Kilsten r 3 1 - 4

2 12 6 5

12 3

11 6 8

2 12

7 3 4

11 5 8 6 1

3

4 If 11

1 21 7 2 3 2

10 12

6 6

16 6 1

12 9 1

12 15 15

10

-1 - 1 5 4

3

2 1 4

3 1

3 1

2

+ Yo

19 63

79 67 44

20 63 64 16 40 73 28 47 60

100 100

Positivserien

') Noch kein Lernen, da Kasten 4 noch unbeachtet hleiht. . ~ .

aube zu satt. :! &.-24. Tag Dressur rnit Schlagscheucher.

gabe gegeben sind. Es beginnt am vierten Tage (Tabelle 39), am 7. sind schon 79O/0 der Ver- suche positiv. Am 10. Tage er- folgt aus unersichtlichem AnlaB ein volliger Ruckschlag, der sich nach wdtergehenden drei Anstiegen am 21. Tage wieder- holt. Blaukopf hat sich jetzt angewohnt. so lange Ktisten zu offnen, bis einer leer ist. So bleibt nichts ubrig, als die Methode vorubergehend zu andern: nach Einbauen und schonendw Bedienung des Schlagscheuchers am 22. bis 24. Tage sind am 25. Tage 100 @/o positiv und bleiben es.

A u f g a b e : 4 K a s t e n z u o f f n e n .

Die Dressur miSgluckte im ganzen, obwohl ich jeweils im Notfalle zum Schlagscheucher zuruckkehrte. Ich brach am 25. Tage nach 270 Versuchen die Reihe ab, nachdem die Taube zwischen 6 Anstiegen (auf 43, 42, 64, 77, 75, 69 O h ) immer wiedar zur 0 zuriick- kehrte, so auch am letzten Tage. In der Zwischenzeit jedoch diirfte die Taube die Aufgabe einigermaoen gemeistert haben, denn es gab an den Tagen rnit hohen Positivprozenten auch Positivserien. insgesamt an

Page 41: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

nationen 2, 3, 6 kein Kasten 1 mehr an€ den zuletzt zu offnen- den; so beweist die Kombination 6 (-, -, 2) gar nichts, als da13 5 die Taube so lange Ktisten offnet, 6

79 19 ' I 98 80,6-+ 4 3 12

1 37 5 42 1 1 9

2 155 100 255 60,s 4- 3,1 2 16 1 1 1; I 94,2 3 18,O

1 1

I 2 9 I

Page 42: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

128 Arndt:

321 104 88 57

157 44 39 42 77 40 48 36 35 36 90 44 40 36 30 36

T a b e l l e 42. Taube BlauweiB 3 Erbsen aus 4 K&ten. 11. 9. bis 4. 1. 1937

- = offnet zuviel E&ten

68,5 4- 2,6 70,2 5 4,5 80,7 + 4,2 84,2 4,8 67,O 3 3 , 8 66,O + 7,2 74,4 f 7,O 5 7 , 2 1 7,7 72,7 + 5,1 77,6 6,6 60,4T 7,1 69,5 3 7,7 85,8 + 5,9 55 ,558J 51,2 f 5,s 54,65 7,5 52.5 + 7,9 52;7 F 8 , 4 70,OZ 8,4 66,7 & 7,9

- - - 1 2 3 4 5 6 7

i 9

10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 -

!20 73 71 48

105 29 29 24 56 31 29 25 30 20 46 24 21

101 31 17 9

46 14 8

17 21 9

19 11 5

36 38 19 16

- - 11 -

3

1 1 1

2

2 1

1

1 2 -

1

1 1

2 2

- - It -

3

1 1 1

2

2 2

1

1 1 -

1 1 1

1 1 1 2

1

1 2 1

- - - 2 -

6 1 2 1

6 1 3 2

- !2

Bis zum 4. Versuchshundert bot ich nur Kombinationen, in denen nur 3 Kasten zu offnen waren; vom 5. Hundert ab dagegen alle 20. Serienhaftes Anbieten einer und derselben Kombination horte mit dem Ende des 5. Hundert auf, weiter- hin wechselten die Kombinationen gauz unregelmahig; nur bot ich nach Falschlosuugen bevorzugt zur Bestigung der Dressur die Kombi- nationen 1, 2, 3 und 5; zuletzt aber auch sie nur immer einzeln. Jeder Tag begann mit 3 Erbsen in einem Kasten.

Insgesamt ergaben sich in 1400 Versuchen 67,s & 1,25 + OJo,

was als rollig beweisend anzusehen ist. Damit entfallen wohl auch die Einwande gegen die vorher- gehende Aufgabe, die wegen des oben geriigten Fehlers nicht schlussig gewesen sei; denn jene leichten Aufgaben sind ja in der hier ge- losten schwereren mit enthalten.

Die besten Ergebnisse iiber SOO/,, hatten die Eombinationen 3, 4: 13; ihnen ist gemeinsam, dah am Anfang 2 oder gar 3 leere Kasten stehen und die grol3ere Anzahl Erbsen (3 oder 2 ) am Ende steht. Am schlechtesten sind die Bombinationen 8, 14, 15, 16, 1 7 und 18 gelost worden. Wie er- sichtlich sind es solche, die mit 2 Erbsen anfangen (15, 18) bzw. vor der letzten, einzelnen Erbse eine Lucke haben (8, 16, l?), auch h’ummer 14 (-, 1, -, 2), bei der die 2 auf die 1 folgt, aber durch eineli leeren Kasten von ihr getrennt; keine dieser Kombinationen ist jemals einzeln serienhaft geubt worden. Ganz roh betrachtet konnte man sagen, 3 Erbsen in einem Kasten seien leichter als Kombinationen aus 2 und 1, und diese leichter als Kombinationen mit hochstens einer Erbse in jedem Kasten. Aber die anderen Faktoren, besonders die Stellung der 2 (vor der 1 erschwert) und die der Liicke (vor der letzten Erbse am schwersten) sind ebenfalls sehr bedeutsam. Im ganzen sind alle Erbsenkombinationen behenscht worden. Selbst bei Kombination 17 und 18, deren Plusprozente nach Abzug des dreifachen mittleren Pehlers auf 28,8 und 27,60/,, sinken, ist das irnmer noch mehr als der Zu- fallswert bei 4 Handelnsmoglichkeiten (1 bis 4 Kasten offnen), und bei Nr. 17 gab es deren sogar 5, denn auch der fiinfte Kasten wurde ja oft genug bei Fehllosungen geoffoet.

Uber die Zeitverhaltnisse, insbesondere das unparteiische Eindrehen des Kastchens, das als erstes geschlossen bleiben sollte, belehrte wieder die Film- analyse, wie auch wei terhin, in zufriedenstellender Weise.

Man vergegenwartige sich nochmals, vor was fur einer Aufgabe die Taube steht. Von den Kastchen, die nacheinander erscheinen, sol1 manchmal schon der zweite geschlossen bleiben (Komb. l), in anderen P a e n erst der dritte (Komb. 2, 9, 15), oder erst der vierte (Komb. 3, 5, 10, 12, 16, 18), oder endlich erst der funfte (die 10 ubrigen Kombinationen). Nan mocbte glauben, die Kiistchenanzahl sei das nachstliegende Orientierungsmittel fur die

Page 43: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

AbschlieBende Versuche zur Frage des .,,Zahl"-vermogens der Haustaube 129

Taube, die zuvor ja auf Kastchenanzahlen bis 2 erfolgreich dressiert worden war. DaB sie sich wirklich auf die Anzahl der in den Kastchen ver- teilten Erbsen umgestellt hat, wird. durch ihr Handeln in dieser Versuchs- reihe unwiderleglich bewieseu. Bei Beachtung der Kiistchenanzahl is2 ihr Handeln sinnlos, richtzg dagegen ist es auf die Erbsenanxahl begrenzt. Und abermals nerfallt der Rhythmussinwand: man sieht die Taube an Kiisten handeln; in Wahrheit handelt sie ,,auf Erbsen". Es beirrt sie nicht, ob sie ein, zwei, drei oder vier Kiisten offnen muB, urn zu ihrer Ration zu kommen, ob leere Kiisten zur Unzeit erscheinen oder nicht, die gewil3 jeden Bhythmus Erbse - Erbse - Erbse zerstoren. Zudem erscheinen aufeinanderfolgende Kiisten in dauernd wechselnden Zeitabsthden, und selbst wenn alle Kiisten in genau gleichen Zeitabstiinden hereingedreht worden waren - was nicht der Fall ist -, so setzte doch die Taube zu den vom Versuchsleiter beab- sichtigten noch weitere Verzogerungen von wechselnder Lange hinzu, denn bald offnet sie einen Kasten mit einem Schlage, bald braucht sie mehrere; oder der Deckel klernmt am Biendenrand und sie hat lange zu tun, urn zum Ziel zu kommen. Nine Aufgabe nach Romb. 1 (3, - -) laBt sich auf weniger als einem Normmmmeter festhalten; fur Kombinationen wie etwa 7 oder 17 reichte gelegentlich die 7 m ziehende Feder des Filmapparates nicht hin, so daB mit der Hand gekurbelt werden muBte. End doch handelt die Taube, unbeirrt von allem Kastchenwesen, richtig auf '3, nicht anders als picke sie vom offen daliegenden Haufen.

A u f g a b e ; 4 E r b s e n i n 4 K a s t e n . Aus der bereits sehr erheblichen Anzahl moglicher Verteilungen von

4 Erbsen in 4 Kasten wiihlte ich die 20 der Tabelle 43 und bot sie in blindem Wechsel. Uberall wo der vierte Kasten no& Erbsen enthielt, folgte ihm mindestens ein weiterer leerer. Bei 12 Verteilungen muBte der funfte Kasten als erster geschlossen bleiben, bei dreien der vierte, bei 4 Auf- gaben der dritte, 6ei einer (der ersten, 4, -, -, -) der zweite. Das Gesamtergebnis istmit71,4f1,60/,+ vUllig sicher, die

Schwankungsbreite der Positivprozente je Einzelrerteilung ist geringer als bei der vorigen Aufgabe. Am besten gliicken wieder die Kombinationen mit 4 Erbsen in einem Rasten (Komb. 1 hat geringere Pluspro- zente, weil sie als

Hauptdressurmittel diente); auch die mit 2+ 2, 3 + 1 bzw. 1, 1, 1, 1 gelangen gut, wenn moglichst wenig leere Kiisten dazwi- schen waren und die

- -

- 1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 -

T a b e l l e 43. Taube BlauweiP 4 Erbsen aus 4 l i s ten . 4. 1. bis 8. 2. 1937

<s enthrlt xErbson Kbtchen

1 - 4

3 1 1 3

2

2 2 2 2 1

1 1 -

Zsitachr. f . Tierpsychologie Bd. 3 Heft 1

I1 - 4

1 3

2

1 1 1 1 2 1 -

I11 -

4

3 1

2 2

1

1

1 -

V -

4

3 1 1 3

2

2

1 2 2 1 1 -

t 4

51 51 51 58 20 24 31 17 22 25 21 21 21 16 19 15 20 23 16 35 157

-

-

offnet :uviol ;#sten -

24 18 15 6 9 4 5

10 5 6

11 9

10 13 12 12 14 6 6

11 211

Taube pickt

- 3 -

2 3

2 1

- 8

- 1 -

1 1

3

5 -

n - 75 69 66 64 29 28 36 29 30 31 32 30 31 29 38 29 35 29 25 46 i81

68,O f 5,4 74,O + 5,3 77,3 f 5,2 90,6 T 3,5 69,O 'f 8,6 85,9 f 6,6 86,2 5,7 58,7 T 9,2 73,4 8,l 80,6 7,L 65,7 f 8,4 70,O 8,4 67,8 7 8,4 55,2 f 9,2 50,O f 8,l 51,7 f 9,3 57,2 8.4

640 + 9,6 76.1 5 6,3 71,4 & 1,62

9

7994 3 7,5

Page 44: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

kleinste Bnzahl Erbsen nicht am Ende stand. Nach Abzug des dreifachen niittleren Fehlers komnit nur ein einziger Positivprozent unter den Zufalls- wert fur vier Handlungsmoglichkeiten, der der besonders schweren Vertei- lung 16 (2. I , -, 1) niit 23,8°/0, aber auch er liegt oberhalh des Zufalls- wertes fur fiinf Handlungsmoglichkeiten, die ja hier gerade in Frage kommen. Abermals sind samtliclie Einzelkombinationen - und zwar xviederuni bei Darbietung in blindem Wechsel und volliger Vermeidung von Serien -- bewaltigt worden.

Wie die Filmanalyse ergab, hatte ich hier denjenigen Kasten, der als letzter geschlossen bleiben sollte. im hlittel um 4 Hilder = 0,25 Sek. lang- samer hereingedreht als im Mittel die vorherigen, die die Taube hflnen sollte. Wollte man hierin eine ungewollte, aber vielleicht doch wirksame Hilfe sehen - die Taube kiSnnte vielleicht doch iiur gelernt haben, dann mit Kastchenoffnen aufzuhoren, wenn ein Kasten langsamer erscheint als seine Vorganger -, so ist dem zu entgegnen:

1. ist der Unterschied zu klein, als daB ihn Menschen beim Betrachten des laufenden Films je bemerkt hatten; die Taube hiitte also in dieser Rin- sicht melir leisten mussen d s der Mensch, was allerdings denkbar, wenn auch nicht bewiesen ist.

2. tritt diese Differenz hier Zuni erstenmal auf, die vorigen Aufgabeu zeigten sie nicht und doch murden sie gelost.

3. zeigten Negativversuche, in denen BlauweiIj den entscheidenden Kasten falschlich offnete, dieselbe Verzogernng des Kaetchens.

Wesentlich erscheint mir endlich das Ergebnis von 10 gelegentlich eingeschaltenen Spontanversuchen : ich leggte 4 Erbsen auf die Drehsclieibe amd l iep danach ein oder mehrere geschlossene, leere Kastchen erscheinen. Blauweifl pickte die 4 Erbse~z in 7 Eallen, ohne die Kastchen xu beriihren. Sie hatte ja ihre Ration schon dahin. Dieses Ergebnis erlautert das oben Yeite 129 Gesagte sehr schlagend.

A u f g a b e : 5 E r b s e n i n 5 K a s t e n . Auch fur diese Aufgabe, bei der niehrere Hunderte von Verteilungen

moglich sind, wahlte ich nach gleichen Gesichtspunkten wie zuvor (moglichst sollten die leichtesteii, die schwersten und mittelschweren rorhanden sein) 20 aus (Tab. 44). In :1 dieser Verteilungen muBte der sechste Kasten als letzter unberiihrt bleiben, in dreien der fiinfte, in dreien der vierte, in zweien der dritte und wie stets in der ersten Verteilung der zweite. Auch diese Aufgabe insgesamt hat die Taube voll gemeistert.

Von den Einzelverteilungen ging am schwersten die fiinfte (4, -, - I

-, 1); ihr Plusprozentsatz ist nur gegen den Ziifallswert von 6 gleich- berechtigten Handlungsmoglichkeitcn eben noch statistisch gesichert. Da es 6 Moglichkeiten ( 1 - 4 Kasten zu tiffnen) gab, kann man formal behaupten, selbst diese schmerste Aufgabe sei ein wenig ,,angelerut worden" ; reine Zu- fallsverteilung hatte bei li o/o gelegen, es sind in Wahrheit 3 niehr. Gegen 4 Handlungsmoglichkeiten gesichert sind die 4. und 14 Verteilung ( I , 1, -, -, -. 2, 1. -, -, 2); auch hier ist von Beherrschung noch keiiie Rede, aber das ,,AnlernenU ging schon deutlich weiter. Hei 8 Ver- teilungen iibersteigt der Plusprozentsatz den Zufallswert voii gleichberechtigten Haiidlungsmoglichkeiteu mit statistischer Sicherheit, was bei G Moglichkeiten schon klares Lernen, wenn auch gewiB noch keine Beherrschnng anzeigt. 9 Verteilungen endlich lieferten Plusprozente, die sogar gegeniiber dem Zu- fallswert der Ja-Nein-Alternative (wird die Aufgabe gelost oder nicht?) statistisch gesichert sind.

Page 45: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

AbschlieBende Versuche zur Frage des ,,Zahl"-vermogens der Haustaube 131

T a b e 1 I e 44. 5 E r b s e n a u s 5 Kasten . Taube BlaoweiB. A: 9. 3. bis 28. 7. 1937 Xontrolle B: Fremde bedienen. C: Ich bediene die Drehscheibe an mit B alternierenden Tagen. B + C 29.7. bis 9.11. 1937. Saule y: Die + 04 sind statistisch gesichert gegen den Zufallswert

von y gleicbberechtigten Handlungsmoglichkeiten

I - 5

4 4

3

2 3

1

1 2

2 2 1 1 1

Es eiithillt x Erbson Kiistchon

I1 -

1

1 2 2

1 3 1 2 1 2

1 1 2 1 -

"I -

5

1

1 2

1 2 1 1 1 1 -

V -

5

1

3

1 3

2 2 1

2 1 1 -

71,5 2.3 83,5 2,6 90,7 + 2,s

38,5 + 6 86,O 3 3,5 67,O + 5,6 81,7 T 5 67,6 'f 5,5 50,O 5 7,7 54,O + 6,3 763 5,7 70,3 + 5,7 42.9 3 7,l 78,l + 7,3

50,7 3 6 73,1 6 2

50.0 f 5.5 68,4 t 1.36

53.5 3 5

5Y15 i 5.9

53,5 f 5,9

B n = 600

t O/O * m

70,s f 4,6

30,o T 10,s 76.4 + 4,9 85,7 4,4

40,O 5 16,5 84.7 -t 7, l 56.0 5 9.9 71,5 + 9,O 62,O 10,7 48,2 T 9,6 48,O 5 10 84,3 + 8,4 59,l F 10,5 57,8 T 11,3 48,O 7 10 60,O 11 55.0 11,l

40.8 5 10,5 52,2 & 10,4 65,2 & 1,95

80,O 7 9

73,8 & 4,8 86,4 + 4 91,5 3,8 26.1 f 9.2

95,8 7 4,2 52,9 'f 10 66,7 3 10,3 72,8* 9,5 5G,O + 10,6 65,3 f 10 82,O f 8,2 58,l 3 8,s 5.5.0 + 11,l 60,O 3 11 55,O + 11,l 50,O T- 10,6 63,7 5 10,3 44,6 + 9,4 50,O 5 10,tj 66,3 & 1,94

17,7 f 9,s

A - + B + C n = 2919 + O/O * m

~

71.7 + 2,22 82.6 3 2,O 89,7 f 2,O 45,8 F 4,O 34,8 'f 4,9 87,4 f 2,7 61,7 f 4,9 76,5 4,2 67,5 4,4 49,5 + 5.0 55.0 i 4,7 79.2 3 4.2 65,O + 4,4 48,8 3 5,3

58,7 + 4,7 51,3 f 4.8 72,3 f 4.6 49,2 + 4,s 50.4 3 4,4 67,3 & 0,87

63,7 * 5,4

- - Y - 2 2 2 4 5 2 3 2 2 3 3 2 2 4 3 3 3 2 3 3 -

kei der ersten Vorfiihrung der Filme dieser Gruppe sah ich rnit Schrecken, daS ich einmal, als die Taube vor eineni erlaubten Kasten zogerte, die Drehscheibe leicht hatte riitteln lassen, worauf die Taube sogleich zu- griff; der Versuch ging positiv aus. Sofortige Vorfiihrung aller iibrigen Filme ergab keinen zweiten derartigen Pall. Be1 der Einzelbildanalyse ge- wahrte man diese zweifellos wirksame Hilfe nicht. Die Beobachtung zeigt, wie sehr die Filmkontrolle bei allen Dressurversuchen geboten ist. Hier ist trotz aller erstrebten Selbstkontrolle mein Temperament einmal mit mir durchgegangen, ohne daB ich es bemerkt hatte. Auch Prof. KOEHLER, der hinter dem Filmsucher s d und filmte, mar die Hilfe entgangen. Der Ein- wand, ahnliches konnte in nichtgefilmten Versuchen auch vorgekommen sein, war so stichhaltig, daB ich zur Kontrolle nach den 1719 Versuchen eine Serie von 1200 Versuchen einlegte, bei denen immer einen Tag ich, den nachsten ein nicht eingeweihter Fremder die Drehscheibe bedieote. Keine der Hilfspersonen wuSte, welche Aufgabe gerade gestellt war; die nieisten karinten nicht einrnal die Hauptfragestellung der Versuche. Zudem habe ich stets die Kastchen vom Helfer ungesehen beschickt; er erhielt lediglich die Anweisung, die Drehscheibe nach dem Leerpicken eines Kastchens oder dern offnen eiues leeren Ktistchens moglichst gleichmaBig weiterzudrehen. Ich selbst sah nicht zu. Die Ubereinstirnmung der beiderlei Ergebnisse (Tab. 44B, C) ist bis in die Einzelkombination hinein so schlagend, daB der Einwand rnit Sicherheit abgelehnt werden mull. Was in einern Einzelfall geschah. ist nicht die Regel, sondern wirklich Ausnahme gewesen. Bei unbewuBter Bedienung der Drehscheibe ergibt sich nichts anderes als bei Bedienung durch niich. Die Filmanalyse (41 Szenen) ist voll befriedigend. Die Gesamtheit aller Versuche (A + B + C) bestiitigt die Ergebnisse der ersten Serie (A) vollauf.

9*

Page 46: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

132 Amdt:

A u f g a b e : 6 E r b s e n i n 6 K a s t e n . Auf der Drehscheibe bot ich in 6 Kasten ti Erbsen in 21 Verteilungen

(Tab. 45A), zu deren Losung BlauweiIj in 5 Verteilungen den siebenten Kasten als ersten xu meiden hatte, in 7 Kombinationen den sechsten, in 4 den fiiuften, in 3 den vierten, in einer den dritten und in einer den zweiten. Zur Dressurfestigung dienten vorwiegend die beiden ersten Verteiluugen (6 Erbsen in ejnem Kasten). Wie ersichtlich, ist das Gesamtergebnis abermals positiv, zu schwer blieben - bei mangelnder besonderer Ubung, d. h. bei ganz unsystematischer, dazu relativ seltener Darbietung - die Ver- teilungen 3, 6 und 10. Bereits gegen 4 gieichwertige Handlungsmoglichkeiten statistisch sicher sind die Verteilungeii 15 und 21, gegen drei Xoglichkeiten die Verteilungen 9, 18, die ubrigen 14 sind gegen 5001, als Zufallswert statistisch sicher. Abermals sind am unsichersten die Aufgaben, die vorne grole. hinten kleine Erbsenanzahlen haben, insbesondere mit 1 endigen, am schlimmsten, wenn eine Ilingere Lucke dazwiscben liegt ; noch schlechter war die Kombination 3 (-, 5, -, -, 1, -). Der Gesamtproxentsatz positiver Versuche ist mit 67,s & 2,4 +Ole vollig beweisend. So schbn hat, auch bei wesentlich einfacheren Darbietungen und weit geringerenRhythmuszerdehuungen, noch keine Taube auf 6 gehandelt wie Blauwefi.

Um ihr noch eine Probe vorzulegen, die zugleich alle gegen die Dreh- scheibe denkbaren - obwohl einwandfrei widerlegten - Einmande aus- schaltet, entschlol ich mich zur Kustchenreihe, d. h. einer Simultandar- bietung wie bei den Kbrnerplatten, die wie diese sukzessiv abgehandelt wird.

Um der Taube die optisch gegebene Ubersicht uber die Anzahl der da- stehenden Kastchen psychiscb uniibersehbar zu machen, befestigte ich 9 Kastchen mit Heftzwecken auf ein 1 m langes, 8 cm breites schwarzes Brett in lichten Abstanden von 5 cm. BlauweilS lie13 sich leicht damn ge- wohnen, von links kommend die Reihe entlang zu gehen und Kasten fiir

T a b e l l e 45. 6 E r b s e n a u s 6 Kas ten . Taube BlauweiB A Drehscheibe, B Kastenreihe. A: 13. 11. 1937 bis 24. 2. 1938. B: 26. 2. bis 31. 5. 1938 - -

- 1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 -

I - 6

4

3 2 3 1 3 2 2 2 1 1 2

1 1

-

Es enthalt x Erbsen Kasten

II - 5 5 2 4 1 2

1 3

2 2 2 2 1 I 1 1 1 -

I11 - 6

1

1

1 1 I 2

1

2 1 1 1 1 -

1v -

1

1 4

3 1

1

2 1

1 1 2 1 6 -

IT - 1

1 1

1

1

2 2 1 1

1 -

VI -

1

1

2 1 1 -

n - 190 155 24 19 40 49 43 54 47 51 43 42 40 39 49 52 44 46 42 46 54

1163 7

A

+ "a * m 86,4 f 2.5 91,7 f 2,8 25.0 f 8,9 63,2 11 57,5 f 7,8 41,9 3 7.6 58,2 + 7,5 46,3 5 6,8 59,5 + 7,Z 37,3 5 6.8 72,2 i- 6,8 69,O-f 7 2 67,5 + 7,4 7 4 , 5 5 7,0 5 3 2 & 7,1 65,4 + 6,6 70,5 f 6,9 5E.7 f 7,3 71,5 f 7,O 65,2 T 7.0 51.9 3 6,8

67,3 & 1,37

B

+ "a * m ~ ___

69,O 4,3 83,O + 3,9 44,5 5 8,s 40,5 + 8,l 60,O f 7,8 42,5 f 7,8 55,O 7,9 47,5 + 7,9

40.0 & 8,4 67,5 + 7,4 70,O f 1,3 65,O f 7,5 72,5 T 7,O 60,O f 7,8 62.5 T 7,7 69,8 f 7,O 46.8 f 7,4 67,5 f 7,4 65,O 7 7,5 464 5 7,8 96,O 3.9 62,2 +_ 1,5

57,5 3 7 8

n - 116 112 36 37 40 40 40 40 40 40 40 40 40 40 40 40 43 47 40 40 41 25

1017 -

Page 47: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

ich dad sagen, zu meinem eigenen Erstaunen gut ge-

Es cnthalt x Erbsen gasten )) Erbse Kr.

I I I1 1111 1 IV I V 2 I 3 1 4 1 6 I 6

Nach? Bildernpicktd.Tanbc

meistert worden. Tabelle 46 gibt einen 6 10 14 15 12 23

Anhalt fur die Zeitver- 4 2 10 7 5 83 9 7 33 6 40 11 7 47 10 26 63 teilung im Kastchenreihen-

versuch nach Filmanalyse von 2 1 2 1 27 5 6 2 6 5 7

I ) Auch nach dem Gehor konnte ich den Versuchsablaiif nicht miterleben, denn das Ficken gegen die Watte und das Abfallen der Deckel geschieht lautlos.

Abpang nnch ? Bildern

5 7 6 7 40

Page 48: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

134 Arndt:

.-

2 3

6

1 0 2

13

~

Taube pickt

65 52 29

4 4 2 1 1 25 4 2 2 2 1 5 12 6 4 27

5 2 7 7 11 25 7 1 1 1 1 1 1 1 7 6 8 5 3 1 30 8 4 3 8 12 ti 26 9 2 1 1 2 1 9 1 0 8 1 28

1 1 1 1 1 8 8 7 1 27 1 2 2 4 1 7 9 8 1 25

2 5 14 16 30

Es enth?ilt x Erbscii Iiasten

1 1 I I I I I I I I \ 7 / V I V I I V I I 1 5 1 4 1 3 ? I n

I 1 7

7 ' 7 2 8 1

gegen waren die Handlungen bei allen anderen 14 Verteilungen, die wie stets zuvor in blindem Wechsel zmischen die gelungenen Dressuraufgaben (Verteilung 1-3) eingeschoben wurden, rein zufallsmaBig mit einziger Aus- nahme (von 2, 5, -, -. -, -, sicherlich der leichtesten Verteilung, die kmpp 50 f o/o ergab) gelost worden. Das besserte sich von Versuchshundert zu Versuchshundert nicht, so daB ich nach 476 Versuchen aufgab.

Auch bei Blnzc.weifi, der einzigen nie gescheuchten Taube, zugleich meiner zuverlassigsten, stetigsten und ruhigsten Arbeiterin, l iq t die Cfrenxe des Handelns bei x= 6, und zwar h e r eretmals mit voller Erfiillung der Anforderungen auch der letxten, hochsten Stufe.

Doppe lau fgabe : T a u b e BlauweiB. WeiBer H a s t e n d e c k e l = 4,

Als letzte dufgabe dachte ich BlauweiQ die Doppelaufgabe zu, in der Kiistchenreihe mit ,iceifien Deckeln so lange Kastchen zu offnen, bis sie 4 Erbsen erbeutet hatte bei schwarzen Deckeln aber nach Empfang von 2 Erbsen sich zu bescheiden.

Die Ruckdressur auf 4 Erbsen gelang an eineni eiuzigen Tage im wesentlichen mittels der Dressurverteilung (1, i , 1, 1, -, -).

Als ich am nachsten Tage erstmals schwarze Deckel auflegte. ging die Tauhe achtlos die Reihe entlang, ohne auch nur einmal zuzugreifen, gleich als ob sie die Khstchen auf dem ebenfalls schwarzen Brett iiterhaupt nicht sahe. Auch aIs ich zwei Tage spater gelbe Deckel auflegte, wollte sie nicht recht heran, wohl aber. als je ein diagonal iiber das Gelb gexogener breiter schwarxer Slrich die Deckel sehr auffallig machte.

Die 4 Erbsen legte ich in 7 Verteilungen in die ersten 7 Kastchen, die 2 Erbseu in 8 Verteilurigen in die ersten 6 Hasten (Tab. 48). Die ganze Iteihe war wieder 9 Kasten lang. Die Ergebnisse, beide vorerst voneinander abgetrennt betrachtet, sind gleich gut nicht nur fur 2 und 4 Erbsen im ganzen, sondern auch hier wje dort vergleichbar gut fur die einzelnen Verteilungen (groater Unterschied der Plusprozente 29,501, bei 4 Erbsen, ?1,7 O/,, bei 2 Erbsen). In Wahrheit folgteu die Versucha auf 2 und 4 Erbseii wahreud

g e l b e r mi t s chwarzen i D i a g o n a l s t r i c h = Z Erbsen .

6 1 2 3 4 2 5 6 9 1 0

II 11 9 10

27 30 30

Page 49: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

AbschlieBende Versuche zur Frsge des ,,Zahl"-vermijgens der Haustaube 135

1 1 1

1

des ganzeii Lernvor- ganges, von wenigen Ausnahnien in1 Lern- interesse abgesehen, stetig abwechselnd auf- eioander (2 .4 ,2 ,4 usw.). I n Tabelle 49, wo die eiuzelnen Verteilungen der Platzersparnis hal- ber nicht mehr unter- schieden sind, ist wie iiblich, die Anfeinander- folge zu den Ergebnis- sen in Beziehung ge- setzt. In der ersten (Titel-) Saule stehen die moglichen Ergebnisse des xten Versuches auf 4 bzw. auf 2 , in der Titelreihe (quer obcn) stehen die moglichen Ergebnisse des jeweils folgenden ( x + 1 ten) Versuchs mit 4 bzw. 2 erlaubtcn Erbsen, in den Tabellenfeldern ist die Hadeke i t ieder dieser

-

T a b e l l e 48. Taubo BlauweiD Doypelaufgabe an der Kastenreihe. Die Taube so11 so Iange weiDe Kastendeckel offnen, bis sie 4 Erbsen erbeutet hat ; gelbe Deckel mit schmarzem Diagonalstrich so11 sie anf

2 Erbsen" offnen. 1. 8. his 3. 9. 1938

Taubt: pickt

19 89,5 & 7 28 75,O 8,2

Es onthalt x Erbscn K&eu

+4 I - I B I 2 1 n I + % + 111

1

I I I I 1 I 11147 143 1381 2 12301 64,0$-3,2

'23 8 3 9 8 9 9

Es enthtilt x Erbsen Kasten

1 1 ;; 23

5 27 1 26 1 26 1 24

26 --

1

1 1 1 1

- 1

2 -

f 2

20 19 15 19 16 17 14 17

137

-

-

Taube pickt

t % * 111 63,5 f 8.6 82,7 f 7.9 65,3 9,2 70,4 f 8,8 61,5 f 9.6

61,O 9.9 66,4 9,3 66,3 f 3.3

65,4 f 9.3

a

Folgen verzeichnet. Die gleichnamigen Folgen fullen die beiden Quadranteu links oben, rechts nnten; die ungleichnamigen ( 2 nach 4 und umgekehrt) in den beiden Quadranten rechts ohm, links unten zeigen durch ihre Haufigkeit an, da13 die Aufgabenstellung meist alternierte. Aut positive 4-Erbsenlosungen (weifler Deckel) folgten 6G,3 o/o A 4 positive 2-Erbsenlosungen (gelb-schwarze Deckel); auf positive 2-Erbsenlosungeu folgten 6 2 3 & 4,4 richtige 4-Erbsen-

T a b e l l e 49. T a u b e B l a u w e i B losungen, also beidemal gleich- Doppelaufgabe. 1. 8. his 3. 9. 1938 viel. Die beiden Anfgaben

sind recht gut und gleich gut voneinander unterschieden

zugehorigen Deckelmerkmal 7 '44; gut verkniipft DaI3 nicht et- 4 - 3 37 ma eine Dressur anf eine 4 - 2 2 Aufgabenalternanz , unab-

hangig von deni aufgaben- anweisenden Deckelmerkmal vorliegt, das geht ans den

2 nach 2 hervor, die wie er- Aufgabenfolgen 4 nach 4 und

sichtlich in der Mehrzahl der Falle positiv ausgingen. Sehr gut ist im be- sonderen die Abgrenzung beider Anzahlen nach unten, 1 statt 2 und 3 statt 4 sind beide selten. Tor allem aber sei betont, da13 liein einaiges Nal der zueipe Deckel init 2 statt 4 Deantwirtet wurde. 2 Erbsen bei weillem Deckel gab es nur lmal in 212 Versuchen, und zwar nachdeni statt zweier Erbsen nur eine genommen Li'orden war.

worden und jede niit den1

I 137 I 42 I 32 1 1 1136 1 61 1 9 I 418

Page 50: Abschließende Versuche zur Frage des “Zähl”-vermögens der Haustaube

136 hr td t :

Auch diese Doppelaufgabe hat Blauweij?, vollig ungescheucht, i n lturzer L ernzei t vortreffli c h gem eis ter t .

IV. F u t t e r v o r l i e b en . In den K5.stchenversuchen des Teils I1 dieser Arbeit erhielt NichtweiB anfangs

nur Weizenkorner, ebenso wie stets vorher. -41s sie eines Tages pickunlustig war, legte ich ein paax Erbsen zu. NichtweiB pickte sie sogleich he'raus und lieB den Weizen liegen. Als im folgenden Versuch der Kasten nur Weizen enthielt, besah die Taube die Korner und ging ab, ohne sie anzuruhren. Zu einem welteren Versuch war sie an diesem Tag nicht mehr zu bewegen. FISCHEL wurde sagen, sie knm zum Kasten, um Erbsen zu picken.

Den Tauben WeiB und Blaugrau stellte ich zwei Kasten nebeneinander, so daB die Schmalseiten sich beriihrten, und fiillte den einen mit einer Futtersorte (a), den anderen mit einer weiteren (b) in etwa gldchen Mengen. Meist pickten sie erst abwechselnd von beiden, um sich dann fur eine von beiden zu entscheiden. Bei systematischer Darbietung der verschiedenen, in wechselnder Weise pmrweise ge- botenen Futtersorten ergab sich fur beide Tauben ubereinstimmend die folgende Reihe fallender Bevorzugung: Erbsen, Mai$, Weizen, Wicken, Roggen, Gerste, Hafer.

Die Taube Grau hatte bis zum dritten Lebensmonat ausschliefilich Wicken err- halten. Als ich ihr erstmals Weizen danebenstellte, nahm sie mfangs nur Wicken, ohne den Weizen zu beachten. Spater probierte sie auch den Weizen und ging dann bald zum Weizen iiber, den sie nun aussch.lieglich genoB. Ein andermal zog sie Roggen den Wicken vor. Bei der ersten Darbietung von Mais erschrak sie derart, daB sie nicht an die Kasten heranzulocken wax. Erst nach allmahlicher Oberwindung der Scheu lernte sie ganz allmahlich auch Mais zu picken. Nach Ablauf eines Monats galt fur sie dieselbe Beliebthsitsreihe wie fur die beiden bereits besprochenen Tauben, nur die Gerste ist daraus zu streichen, die ich ihr nicht geboten habe. Eine voll- standige Durchuntemuchung wiirde vielleicht eine mehr oder weniger allgemeingiiltige Beliebtheitsreihe verschiedener Kornersorten ergeben. Unzweifelhaft aber spieIt Gewoknung, wie beim Menschen, eine sehr groBe Rolle. Neue, bisher unbekannte Sorten konnen lange gemieden werden. Auch die Kornergrobe scheint mitzusprechen, sie kann auf den ersten Blick bald abschreckend, bald anlockend wirken. Selbst- umgewdhnung ist haufig,

V. B a l z . Im letzten Unte'rsuchungsjahr lebten vier Taubenmannchen einzeln in neben-

einanderstehenden Kafigen (Zimmer 2) mit gemeinsamer Zwischenwand; die Inhaber- reihe lautete: Schwarz, BraunweiB; Graublau, BlauweiB. Sowie ein Tauber sicb dem Zwischengattei naherte, zeigte der Nachbar sogleich das Imponiergehaben (HEIKROTH) und bald hackten sie einander heftig durch das Gitter.

Die Balzlust steigerte sich im Friihjahr nnd Herbst besonders heftig bei BraunweiB; oft sprang er auf meinen in den Kafig gehaltenen Arm und machte daran Kopulationsversuche. Im Marz begann Schwarz wahrend der Dressur auf 5 erlaubte Erbsen mitten im Versuch, nach der dritten Erbse, ohne sich um die nachsten beiden zu kummern, zwischen Becken und Turchen heftig zu balzen.

Das alte ~ V A C H H O L T Z N ~ ~ Paar NichtweiB Q und Kurzwe'iB wohnte eben- falls getrennt in zwei Kafigen ubereinander ( Z i m e r 1); sie konnten sich also, auBer wenn ich eine ins Zimmer lieB, nicht sehen, wohl aber horen. Ich lie6 sie, wie vordem schon WACHHOLTZ, dreimal zu Bruten zusammen. Stets begann unmittelbax nach dem Zusammenlassen das Balzspiel. Auch als nach AbschluB meiner Versuche alle Tauben drauBen zusammen im Freifluggatter lebten, hielten beide ehig zusammen. Vor jeder Kopulation schnubelten sie sich; wenn jedoch KurzweiB gelegentlich wahrend einer Brut andere QQ anbalzte, so kamen wohl Kopulationen zustande, a.ber stets ohne vorheriges Schnabeln.

Sicher gebt jeder solchen EheschlieBung ein regelrechtes ,,VerZieben" voraus; dabei ist das $2 der zuruckhaltende Teil. Als ich, um eine normale Kopulation zu filmen, BraunweiB (3 und Blaukopf Q erstmals zasammensetzte, wich sie dem aufierst heftigen Werben des d hartnackig aus. Nun sperrte ich sie in zwei Nach- barklfige, so da6 sie sich durch das Zwischengitter sehen konnten. Am nachsten Morgen %Ben beide so nahe beieinander wie nur moglich, jedes in einer kleinen Sandmulde unmitt,elbar am Gitter, durch dessen Maschen sie sich gegenseitig im Gefieder krauelten, so gut es gehen wollte. Als ich sie dann im freien Raum zu- sammenlieb, karn sofort, jedoch ohne vorheriges Schnabeln, eine schone Kopulation zustande.

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AbschlieBende Versuche zur Frage des ,,Zahl"-verm~gens der Haustaube 137

Im AnschluB an die dem Schema des Artgenossen geltenden Arbeiten von KUCKUK nnd SPISDLER-HLUHM fragte ich mich, ob auch das unbewegte Bild des Art- genossen zum Ziel von Balzhandlungen werden konne, und stellte eine gut aus- gestopfte Haustaube mitten ins Zimmer. BraunweiB 8 umschritt sie sofort mit heftiger Werbung, sprang auf und kopulierte. Dasselbe geschah jedoch auch rnit je einem ausgestopften Raben, Spmber, Taucher, einem Taubenrumpf, Krahenkopf, Habicht, j a selbst mit einem Wiesel. Buch ein ausgepolstertes Stiick Elchfell, ein Halhschuh und ein Ballen Holzwolle losten die Balzliandlung rnit anschlieAendem Kopdationsversuch aus. Ein ausgestopfter Sager und Taucher wurden nur an- gebalzt, aber nicht getreten.

Aus dieser Breite der Auslosbarkeit anstatt auf maximale Schwellensenkuny des Balztriebes vielmehr auf vollige Leere de3 Schemas zu schliefien, wlre natiirlich vollig abwegig. Sicher war der Balztrieb des Tieres durch die Einzelhaft und die gu1.e Gefangenennahrung aufs hochste gestaut. Um jedoch zu priifen, ob nicht trotz- dern noch Ahnlichkeitsunterschiede gewertet wurden, bot ich in 60 Fallen Attrappen- paare nebeneinander. Dabei ergab sich nach abfallender Bevorzugung geordnet folgende Reihe: Taube, Rabe, Sperber, Sager , Taucher, Taubenrumpf, Krahenkopf, Habicht, Wiesel, Elchfell, Holzwolle, Schuh. Zur Ejakulation kam es gelegentlich auf der Taube, dem Sperber und dem Raben, also gerade den drei hi;chsten Gliedern der Reihe; meist unterblieb sie auch hier, und die Taube gab siclitlich unzufrieden den Versuch bald auf. Mehr als fiinf bis hochstens sechs Versuche an einem Tage waren nie moglich.

Hesonders anreizend schien es zu wirken, wenn der Schwanz des ausgmtopften Vogels bis a.uf den Boden reichte. Der Tauber niitzte die bequeme Aufstiegsmiiglich- keit der stabilen Objekte, indem er die schiefe Ebene emponvanderte und, oft auf dem Kopf der Attrappe stehend, zu kopulieren versuchte.

Selbstverstandlich sagen diese iibrigens zum Teil ebenfalls gefilmten Gelegen- heitsbeobachtungen an gefangen gehaltenen Vngeln fiir den Normalfall wenig aus. Ein Dentungsversuch ohne eingehende Vergleichung mit Wildvogeln und vor allem ohne Analyse der Abgrenzung der einzelnen mitbeteili,@en 1nstinktha.ndlungen ware vollig verfriiht.

V I. I< i n z e 1 b e o b a c h t u n g e n . Jungtauben bettelia auch noch einige Zeit nach dem Fliiggewerden die Eltern

um Fiitterung an, indem sie rnit den im Handgelenk stark geheugten Fliigeln schhgen. Gelegentlich sah ich Alttauben am eigenem Antrieb zur Jungtaube gehen, um, wie aus ihren Wiirgbewegungen zu schlieBen, Kropffutter a.bzugeben. Wenn aber die Jungtaube riicht bettelt, so unterbleibt die Fiitterung.

Taube Blaukopf (j'. die ich sehr jung, aber bereits entwohnt, vom Handler er- warb, fiihrte zu Beginn der Versuche fast stets die artgemiiBe Bettelbewegung vo): der kornerspendenden Drehscheibe aus, besonders dannt, wen11 sie ein Kiistchen nach dem Offnen leer fand. Im Film sieht man sie einmal nach einer I'ositivlosung flug- bettelnd abgehen.

und seinen Sohn Blaugrau, seine Mutt.er war mir kurz zuvor weggeflogen. Blaugrau stand gerade in der Ent- wohnung: sowie der Sohn den Vater anbettelte, lief dieser fort. Beide waren der Jun.@aube 2 Blaukopf iiberlegen. sie duldeten sie nicht in ihrer NShe, sondern ja@en sie meist in die SuBerste Ecke des Flugraumes. Als aber die so oft verfolgte =lungtaube $? Blaukopf den Tauber Blauwei5 anbettelte, da ich sie zu Ve'rsuchs- zwecken stark hatte hungern lassen, fie1 BlauweiB nicht wie sonst immer bei An- naherung iiber sie her, sondern er floh vor ihr, d. h. er verhielt sich ihr gegenuber genau so wie bei den Bettelbewegungen des zu entwohnenden eigenen Sohnes.

Immer wieder setzt es in Erstaunen, wie fest sich die Tauhen, obwohl ich in den entscheidenden Versuchsbedingungen (Rhythmus, Fiprenverteilung usw.) an- d:r.uernd wechselte, an d l e unverundert bleibenden Einzelheiten der Versuchsunord- +tu?zg gecciohnten. Ein neuer Farbanstrich selbst von geringfiigiger Ausdehnung, ein Wechsel der schalldiimpfenden Einlage im Kastchen, ein Kreidestrich am Boden, cine Uaunerifeder. eine vorbeilaufende Assel machten sie sofort stutzig und erst nach Eutfer3ung und Bnderung kamen sie wieder zur Versuchsanordnung.

Die schon von nieinem Vorarbeiter beschriebenen unvollendeten Zntentions- bewegungen, insbesondere zum ewten verbotenen Korn hin, habe ich periodisch immer und immer wieder gesehen. Auch Ersatzhandlungen oder Handeln am falschen Ort, wenn der richtige Scheu einflobte, waren kufig, so das Picken in Ritzen oder gegen das Holzgerust des Tiirchens, wenn die Taube nicht hindurchzugehen wagte, oder auch aus UngeduId, wenn am Arbeitsplatz das Kastchen oder die Erbse zu lange auf sich warten lieBen.

Im gleichen Kafig hielt ich den Tauber BlauweiB

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138 Arndt:

Im AuBenkiifig sonnten sich die Tauben selir gern, besonders irn Anblick des ersten, nicht mehr zu offnenden Kastens unmittelbar vor ihm. Ruch S T I ~ A U S ~ sah Dohlen iiber dem Sichsonnen alles andere ,,vergessen". NichtweiB ging zeitweise nach jedem Filmversuch im Zirnmer 1 unter die Jupiterlampe und sonnte sich an ihr.

Manchrntll konnten die Tauben walirend der Versuche bis zu 20 Minuten un- beweglich beim Tiirchen stehen und hochstens geringfiigige Kopfbewegungen machen. Wartete ich geduldig ab, was daraus werden wurde, so endete die Lethasgie meist mit einem ausgiebigen Sich-Schutteln, Dehnen und Strecken, worauf die sichtlich ent- spannte Taube sogleich spontan zur Versiichsarbeit zuriickkehrte.

Neue Tauben fuhrte ich durch nihig langsame, stetige Arrnbewegungen dicht iiber der Tanbe den Weg zum Tiirchen, durch dieses hindurch und zur Versuchs- anordnung, so lange, bis sie ihn aus eigenem Antrieb richtig gingen. Wenn sie dann aber riickfiillig wurden und falscli gehen wollten, z. B. statt durchs Tiirchen seitlich um den Schirm kamen, so geniigte die leise Andeutung jener Gebiirden in ziemlicher Entfernung von der Taube, um sie zurechtzuweisen. Das Anspreclien auf immer gleichnrtig wiederholte Bewegungen ist geradezu unglaublich verfeinerbar. Das diirfte - vom Ererbten abgesehen - der Weg sein, auf dern Symbolbewegungen im naturlichen Zusammenleben der Tiere ihre Bedeutung gewinnen, und hier lie@ eine gnnz schwere Fehlerquelle aller tierpsychologischen Versuchsarbeit, sofern wahrend der Aufgabenlosung der Versuchsleiter sichtbar oder auch nur horbar ist.

Itiick blick AbschlieBend seien die mitgeteilten Ergebnisse niit den Fragestellungen

der Einleitung kurz verglichen. Die Gesamtanzahl der untersuchten Tauben ist von 3 11935/36) auf 12 gestiegen. Dem ersten Grundvermogen, zwei Gruppen allein nach der Anzahl der Einzelglieder im Simultanvergleich an- schaulich zu unterscheiden, galt diesmal nur eine Versuchsreihe, wobei es zudem nicht urn die erreichbare Hochstgrenze, sondern urn ein methodisches Sonderziel ging. NichtweiS, das alte Rekordtier, das in seiner Jugend bis zur bisherigen Hochstgrenze 6 : 5 aufeestiegen war (zwei Kornergruppen anf einer Platte nebeneinander), vermochte nun in ihrern Alter auf Klis2chen- declcebz 2 : 3 (diesmal als Punktgruppen), und zwar nur auf dern Umweg uber voriibergehende Figurenhilfe, im Endergebnis auch lageunabhaugig zu unter- scheiden. Damit hat sie FISCHELS Tauben auch bei gleicher Methodik uber- troffen, aber es schien wenig verlockend, anf diesem Wege hoherzuschreiten. Offensichtlich beruhte die gewaltige Uberlegenheit unserer Versuchstauben uber diejenigen FISCHELS ganz iiberwiegend auf unserer gunstigeren Methodik. Die Siniultanwahlen zwischen zwei Kastchen init den lllerkmalen auf den Deckeln fallen den Tauben ganz besonders schwer. Die Klippe der Seitenstetigkeit erschwert offeubar jede Zweifachwahl uberhaupt um so mehr, je reizlrmer die Merkmale sind. Kastchendeckel als rasch zu beseitigende Zwischenziele sind als Merkmalstrager wenig geeignet, Punktgruppen sind reizarmer als eBbare Knrnergruppen, und die Geschlossenheit der 2 gegeniiberstehenden, von der Unigebung gut abgehobenen weil3en Deckel, die bedeutsame PutterverheiBer sind, erschwert der Taube die vergleichende Beachtung der Punktgruppen auf ihnen. Endlich kommen die oben (S. 109) erorterten Deutungsschwierigkeiten hinzu, die fiir alle Zweifachwahlen gelten.

Zu dressnrfreier Ubertragung (vgl. 8 110) des ;\lerknialspaares 2 : 3 von den Deckel-Pnnktgruppen auf das Kornerbrett (Zweigruppenwahl zwischen 2 und 3 Kornern) war NichtweiB, obwohl sie in ihrer Jugend auf ihm bis zur Untersaheidung 6 : 5 vorgeschritten war, offenbar nicht inistande. Wohl rief das Kornerbrett ihr die Erinnerung an die gut 3 Monate zuruckliegende Aufgabe zuriick, nur C Biirner zu nehmen; das tertium zwischeu Punkt- gruppen und Kornergruppen aber sah sie diesmal nicht. Wahrscheinlich verbot ihr das der Darbietungsgegensatz (zwei Deckel, ein Kornerbrett); denn auf Deckeln war den Tauhen FISCHELS eine solche Ubertragung glatt gegliiolit.

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AbschlieSende Versuche zur Frage des ,.Zahl"-vermogens der Haustaube 139

Da13 Kichtweiib nicht etwa besonders beaabt war, lehrt der Vergleich mit meinen anderen 9 Tauben, die teils sogar erheblich mehr als NichtweiB leisteten. Schwierigkeiten verschiedenen Grades machen deiii Versuchsleiter iiur die allerdings erstaunlich unterschiedlichen Temperamenle; fiir die meisten Aufgaben scheinen die bedachtigen Tauben am geeignetsten, vor alleni hei straffreiem Lernen. Beides traf bei Blauwei13 zusammen. die diesmal unstreitig den Rekord halt. Ini ubrigen durfte nach bisherigen Erfahrungen das Lern- vermogen an sich individuell nicht allzu stark auriieren.

Alle ubrigen Versiichsreihen galten diesmal dem zweiten Orundzermoyen, nuf x xu handeln. Die Grenxe Dei x= 6 wurde einnial nicht erreicht: Blaukopf gedieh blo13 bis auf 4 zu offnende Kastchen. Dic letzte Aufgabe wurde nur zeitweilig gekonnt und deshalb die folgende Aufgabe, 5 erlaubte Kasten, nicht mehr versucht. Der Grund fur das Versagen der Tauhe ist wohl dariu zu suchen, da5 sie von Versuch zu Versuch stets verschiedene Mengen Erbsen erhielt, bei der letzten Aufgabe z. B. 4-14 Erbsen. Weiterhin war es viellsicht zu schwer, die Kristen bei hoheren Anzahlen noch als abgesetzte selbstandige Einheiten zu erfassen. - Wie bei RTichtweiB in WACHHOLTZ Handen (Korner vom Haufen zu nehmen) war das Konnen der 6 nur vorubergehend und der hochste ganz sichere Erfolg lag bei 5 fur Blaugrau (Einxelerbsen auf der Drehscheibe) und fur BraunweiB und Schwarz im Rznnenversuch. AUe Zweifel aber besiegt Blauweip mit ihrer vollig sieheren Belzerrschung der 6 gerade bei der schwersten Aufgabe, so lange Kasten z u offhen, bis 6 Erbsen heraus.gelcommen sind, den nachsten Kasten aber geschlossen zu lassen (Drehscheibe und Khtchewreihe). Dies Ergebnis war so schlageud, da13 ich ernstlich an die 7 ging, in der Hoflnung, alle Rekorde zu brechen, jedoch ganzlich vergebens.

Wenn es auch gewiib erwunscht ist, noch andere .zahlnahe" Grund- vermogen zu untersuchen, so darf angesichts Ubereinstinmender Ergebnisse an so zahlreichen Tauben und mit so verschiedenen Methoden nohl schoii heute angenoinnien werden, da5 die iibereinstimmendee Be.yrenmng der beiden Qrundvermogen bei 6 nicht aufallig war, vielmehr gesetzmaibig sein durfte. Die Rinnen- und die Drehscheibenversucbe, die die Objekte einreln nncheinander in genau g1eiche.r. Umgebung darbieten, widerle.qen zwingend und endgiiltig den Fiprme inwand . Auch ohne Figurenhilfe kann das Handeln i n reiner Zeitgestalt auf s begrenzt merden, bis hinauf zu x = 6 . Ebenso widerlegen sie uicht winder deutlich den Rhythmuseinwand. Man kann schlechterdings nicht mehr YOU Rhythmus sprechen, wenn die Zeit-,einheitu von Korn zu Korn erstens noch den1 Belieben des Versuchsleiters von weniger als 1 Sek. bis zu einer vollen Minute schwanken darf. Die Grenze dieser Scliwankungsbreite lag, wie eingehend dargestellt, bei den langeren Serien (4 bis 6 erlaubte Erbsen) ja nicht an jeder Stelle so hoch, sondern an be- stiinmten bei 30, bei 20, ja an einzelnen bei 6 Sek. Aber wie lang sind auch diese Zeiten immer noch im Verhaltnis zum norinalen Pickrhythmus eines kornerfressendeii Vogels; ja sie grenzen wohl unmittelbar an die GrijBenordnunq der Versuche mit .aufgeschobenem Handeln" bei entsprechend begabten Vogeln. Ferner aber kommen noch viele weitere Zerdehnungen hinzu : im Rinnenversuch muI3 eine Taube manchnial his 1 7 Pickschlage ausfiibren, bis sie ein und dasselbe Korn endlich erbeutet. Zum Deckeloffien braucht die Taube oft uur eine Schnabelbewegung, ein andermal mu13 sie sich sehr lange abmuhen, bis endlich der Deckel fallt; ferner sind zwischen zmei bekiiderte Kastchen verschieden zahlreiche leere geschaltet, die zudem noch verschieden verziigert eintreffen. Und alles wechselt nach Zufallsgesetzen

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140 Amdt:

von Dressurbeginn an. - Das Grundverntogen, awf :L: x.u handeln, ist auch abgeliist won jedem Rhythmus voll leistungsfahig.

Zur Frage, ob die Tauben die Einzelglieder ihres Handelnsvorsatzes, auf x zu handeln, qualitativ reihenkonstant unterscheiden, ahnlich wie der Mensch in seiiier Zahlenreihe, hat sich nichts Positives ergeben. Nach vorzeitigem Dazwischenschlagen blieb iUichtweiB bei der gewohnten Einstellung. Erst- dressuren sogleich auf 5 (WeiQ) oder auf 4 (Blaukopf) gelangen ebenso gut wie die Bindung an dieselben Zahlen in der in Einerschritten aufsteigenden Anfgabenreihe, irnd Riickwarts-Abwartsdressuren auf eine friiher bereits ein- ma1 beherrschte Anzahl (NichtweiB 6 -+ 5 WACHHOLTZ, ebenso NichtweiB, Schwarz 5.-+ 4) kosteten eher mehr Mkhe als beim ersten Erlernen.

Gleichzeitige Beherrschung zzceier Aufqaben gelang in 4 yon 5 Ver- suchnreihen. NichtweiQ lernte nicht sicher, nur 2 Erbsen vom Haufen zu nehmen, wenn 2 Tuschkleckse vorn auf dem Pappstreif es befahlen, 3 dagegen, wenn 3 Kleckse in beliebiger Anordnung es anwiesen. Die beiden Aufgaben- anweiser konnten ihr von den ein halbes Jahr zuriickliegenden Kastendeckeln noch bekannt sein, doch hatten sie dam& etwas ganz anderes Dedeutet. Auch kiinnte die formunnbhangige Unterscheidung der zwei bzw. drei Kleckse i m Sukzessivverfahren schwerer sein als i m raumlichen Nebeneinander, wo sie iihrigens auch nur unter anfanglicher Figurenhilfe zustandekam. Zudem scheinen Punktgruppen an sich reizarm zu sein. Eben deshalb hatte ich sie bekodert, jeden Klecks mit einem Korn, damit aber fur die Taube, wenn man so will, die Doppelaufgabe gestellt, bald 4, bald 6 Korner zu fressen, und die 6 bedeutet bereits in den Einzelaufgaben eine sch-.ver erlernbare Grenze.

Wohl aber loste XichtweiS die andere Doppelaufgabe, vorn weil3en Papp- streif nur 5, vom schwarzen nur 3 Eorner zu nehmen; ebenso lernten Blaukopf bei 4 auf weiB bzw. bei 2 auf schwarz einzuhalten, und ebenso Taube WeiB, nur 5 auf weil3 bzw. 2 auf schwarz zu picken; und als Hiichtleistung ist das Doppelhandeln von BlauweiQ an rler Kastenreihe zu buchen, wo sie ja einwandfrei lernte, nur so lange weipe Deckel z u iiffnen, bis sie 4 Erbsen hatte, hxw. so lange gelbe mit schwarzem Dia.yonalstreif, his 2 Erbsen xum T,?orschein gelcominen zcaren. Dagegen mi@gluelcten, die beidetL Dreifachaufgaben, je nach der Farbe des Pappstreifs (.weiB, gelb, schwarz) immer nur 4, bzw. 3 bzw. 2 Eorner vom groSen Haufen zu nehmen (Blaukopf), oder ebenso 5 bzw. 3 bzw. 2 (Taube WeiB). Allerdings waren gerade diese beiden Versuchs- reihen nicht sehr lang (700 bzw. 300 Versuche), und es gingen ihnen vielleicht nicht genug vorbereitende Einzeldressuren voraus. Es ist sehr wohl denkbar, daQ auch Tanben noch einmal lernen, 3 Aufgaben gleichzeitig zu behemchen.

Bis zu echter ,,Wahl nach Mustern" ist der Weg von der gelungenen Doppelaufgahe noch sehr wejt; immerhin ist der verheiBungsvolle erste Schritt dorthin bereits gelungen. Was jedoch bisher an Ergebuissen vorliegt, ist voll- kommen hinreichend verstandlich, wenn v i r der Taube, so wie KOEBLER (1937) es nach damaligeni Erfahrungsstande tat, lediglich das Vermijgen zuschreiben, Handelnscorsatxe - und zwar gleichzeitig nebeneinander bisher mindestens zwei - zu fassen, die aus qualitativ gl&hweri<qen Ein:elglie&n bestehen. Die bisherige Rekordtaube BlauweiB z. B. hatte in ihrer schwersten Aufgabe an der Klstchenreihe, wohlgemerkt in volliger Rhythmusunabhlngigkeit, an weiBen Deckeln auf ,,hm hm hm bni" Erbsen gehandelt, und an gelb- schwarzen auf ,,hm hm". Und dab Tauben auf Befehl zwischen zwei Vor- sltzen beliebig wechseh, also sie im Kopf auseinander halten und jeden von beiden mit einem anderen befehlsanweisenden Reiz rerkniipfen konnen, das ist sicher.

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AbschlieDende Versuche zur Frage des ,,Zahl"-vermiigens der Haustaube 141

Zusammenfassnng

vorliegenden Un tersuchungen folgende Antwort: Auf die in der Einleitung gestellten und erorterten Fragen geben die

1. Die Ruckdressur von 5 auf 4 erlaubte Korner von weiBer Korner- unterlage fie1 NichtmeiB genau so schwer wie die voii WACHHOLTZ durch- gefuhrte von 6 auf 5 Korner. Der selir gute Lernerfolg der Aufwarts- dressur wurde nicht wieder voll erreicht.

2. Vorzeitiges Dazwischenschlagen nach dem l., 2 . und 3. Kortl wahrend der nressur auf 4 erlaubte Korner scheint die Taube nur gewohnheits- miiL3ig an die Beschrankung auf 4 Korner zu erinnern. Ihr Verhalten dabei gibt keinerlei AnlaQ, eine qualitative Unterscheidung der Einzel- glieder des Handelnsvorsatzes durch die Taube anzunehmen.

3. Es gelang, zwei Tauben in Erstdressur auf 4 (Blaukopfi bzw. 5 (Weill) erlaubte Kirrner zu dressieren. Das Ergebnis war dem bei Aufwarts- dressur in aufeinanderfolgenden Einzelschritten etwa gleichwertig.

4. Die gleichen Tauben erlernten die Doppelaufgabe, 3 und 4 bzw. 2 und 5 erlaubte Rorner zu picken. Als Aufgabenanweiser dienten unterschiedlich gefarbte Kornerunterlagen. Einer Dreifachaufgabe gegenuber versagten bisher beide.

5 . Wiihrend FISCHELS Tauben die Aufgabe 2 gegen 3 Punkte auf Kastchen- deckeln in beliebiger Anordnung, vor alleni in Reihe, nicht uriter- scbieden. gelang dieses der Taube NichtweiB, allerdings erst durch allmahliche Uberleitung aus der Figurenhilfe und nach Einfuhrung eines Scheuchers. Diese Aufgabenstellung, ja die Zweifachwahl an sich bat schwerwiegende methodische Nachteile.

6. Die positive Losung an Deckelkiistchenpunkten vermochte NichtweiB auf eutsprechende Kornergruppen nicht zu iibertragen. Sie handelte bei der Kornerplatte auf 4 erlaubte Korner, eine Aufgabe, die seit 14 Wochen nicht mehr geubt worden war.

7. Sukzessive Darbietung gleicher Einzelobjekte (Erbsen, Deckelkiisten) am gleichen Ort (mittels Drehscheibe und Rinne) zerstort jede Figurenhilfe und gestattet jede beliebige Rhythmuszerdehnung. Rhythmusfrei und ohne Figureuhilfe konnten drei Tauben ih r Handeln (Erbsenpicken) auf x begrenzen, wobei x eine Zahl von 2 bis 5 sein kann und hei 6 die Grenze des Konneus erreicht wurde. Die rnoglichen Verzogerungen von Erbse zu Erbse sehwanken je nach Art der Aufgabe und Lage der Erbse in der Zeitreihe von 1-60 Sekunden.

8. Auch im Drehscheibenversuch mit freien Erbsen konnte eine Taube (Grau) sofort auf 4 erlaubte Erbsen dressiert werden.

9. Taube Blaukopf horte nach 1, 2, 3 und 4 Kasten auf, weitere zu offnen. Die Dressur auf 2 und 3 erlaubte Kiisten gelang straffrei, bei 4 erlaubten Rasten m d t e gescheucht werden.

10. Taube BlauweiB lernte ebenfalls straffrei, nach dem ersten und spater nach dem zweiten Kasten den folgenden geschlossen zu lassen. Als statt vieler Weizenkorner jeweils eine Erbse i n jedein erlaubten Easten lag, stellte sie sich vou selbst auf zwei erlaubte Erbse.12 um.

11. Sie laste darauf ebenfalls vollig strafiei die Aufgabe, so lange auf der Drehscheibe K&ten zu offnen, bis sie die jeweils erlaubte Auzahl x=2, 3, 4, 5 Erbsen erbeutet hatte, die von 3 Erbsen angefangen in 20 verschiedenen Anordnungen uber bestimmte Kastenanzahleu ver- teilt waren. Die Aufgabe x= 6 Erbsen meisterte sie sowohl an Drehscheibenkiisth als auch an einer am Bodeu stehendeu Reihe von

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14%

12.

13.

Arndt: AbschlieBende Versuche zur Frage des .Zahl'-vermogens der Haustiere

9 Kasten. Die Begrenzung des Handelns auf 7 Erbsen verweigerte sie jedoch. Auch an der Rastenreihe gelang die strafieie Selbstdressur der Taube Blauweilj auf die Doppelaufgahe, verschieden gefarbte Deckel ,,auf 2 und 4 Erbsen" zu offnen. Anhangsweise sind einige Beobachtungen iiber Futtervorliebe, Balz und Sozialinstinkte usw. mitgeteilt.

Schrifttum BIERENS DE HAAN, Neuere Untersuchungen uber die hoheren Formen der tierischen

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Berichtigung zur Arbeit Grabowski, Band 2, Heft 3 dieser Zeitschrifi

Auf Seite 272, Zeile 7 von oben muB es anstatt , ,An o r d n u n g H W - D K" vielmehr richtig ,,A n o r d n u n g H K - D K" he ikn .