aas-ultraspurenbestimmimg von quecksilber im meerwasser der nordsee, der ostsee und des nordmeers

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AAS-Ultraspurenbestimmung von Quecksilber im Meerwasser der Nordsee, der Ostsee und des Nordmeers* Diether Schmidt und Peter Freimann Deutsches Hydrographisches Institut, Laboratorium Sfilldorf, Wfistland 2, D-2000 Hamburg 55, Bundesrepublik Deutschland Determination of Very Low Levels of Mercury in Sea Water (North Sea, Baltic Sea, Northern North Atlantic Ocean) Summary. An improved method for the determination of very low concentrations of mercury in sea water and a new and advanced sampler system (both recently described) have been applied to extensive surveys for (reactive and total) Hg in water of the Norwegian, Greenland, and Barents Seas, in the southwestern Baltic, and in the German Bight of the North Sea. The results are discussed. Zusammenfassung. Eine deutlich verbesserte Bestimmungs- methode ffir sehr niedrige Quecksilberkonzentrationen in Meerwasser sowie ein neuartiges Probenahmesystem (beide kfirzlich beschrieben) wurden zu umfangreichen Untersu- chungen auf reaktives und Gesamtquecksilber in Meerwasser eingesetzt. Die wichtigsten Ergebnisse aus dem Europfiischen Nordmeer, der westtichen Ostsee und der Deutschen Bucht werden zusammenfassend dargestellt. Einleitung Spfitestens seit der Minamata-Katastrophe in Japan (etwa ab 1956 erkannt) ist Quecksilber an die Spitze der im Meerwasser als geffihrlich angesehenen Schwermetalle gerfickt. Zusam- men mit Cadmium wurde es deshalb in die ,,schwarzen Listen" aller Abkommen ffir den Schutz der Meeresumwelt a..ufgenommen. Dies hatte die Initiierung einer Vielzahl yon Uberwachungsprogrammen auf nationaler und internationa- ler Ebene zur Folge, um einen l~lberblick fiber den gegenwfirti- gen Stand der Verschmutzung des Meerwassers mit Quecksil- ber zu gewinnen, ein ,,Monitoring" des Trends der Quecksil- berkonzentrationen fiber lfingere Zeitrfiume einzuleiten, und um den eventuellen Erfolg koordinierter Programme zur Verminderung des Eintrags dieses Metalls in die marine Umwelt zu kontrollieren. Untersuchungen mit den modernsten Methoden in ver- schiedenen Instituten und Lfindern zeigten dann in den letzten Jahren, dab auch in als belastet angesehenen ktistennahen Meeresgebieten oft unerwartet niedrige Hg-Konzentrationen gemessen werden. Sehr nachweisstarke Analysenverfahren waren daher fiir die 15berwachung unbedingt erforderlich. * Herrn Prof. Dr. W. Fresenius zum 70. Geburtstag gewidmet Offprint requests to : D. Schmidt Analytische Methode Die Bestimmung sehr niedriger Quecksilberkonzentrationen im Meerwasser wurde durch die Entwicklung (seit 1979) einer erheblich verbesserten Methode ermtglicht, die aus einem integrierten System zur Probenahme und Analyse besteht. Um systematische Fehler entweder durch Kontamination oder durch Verlust des Spurenmetalls zu vermeiden, wird dieselbe PTFE-(,,Teflon"-)Flasche sowohl als Probenahme- gef~B auf See als auch als Reaktionsgef~13 ffir die Analyse eingesetzt. Es wird die Kaltdampf-Atomabsorptionsspektro- metrie verwendet, mit Stickstoff als Spfilgas, Reduktion durch SnC12, und Anreicherung sowie Reinigung durch Amalgambildung an fein verteiltem Gold, das durch Hoch- vakuumaufdampfung auf reiner Quarzgtaswolle hergestellt wurde. In einem zusfitzlichen Analysengang wird nach 2h Ultraviolettbestrahlung der Gesamtquecksilbergehalt ermit- telt, der das organisch gebundene Quecksilber zusammen mit dem anorganisch-reaktiven Quecksilber enth/ilt, welches vor- her ohne Bestrahlung gemessen wird. Die Nachweisgrenze dieses Verfahrens wurde zu 0,5 ng. 1-1 und der Variations- koeffizient zu 4 % ffir 1,5 ng. 1-1 gefunden. Eine detaillierte Beschreibung der Analytik wurde publi- ziert [1]. Abbildung 1 zeigt den Analysengang schematisch im Blockdiagramm. Neue Probenahmetechnik AuBerdem wurde eine sehr einfache Probenahmemethode ffir die Ultraspurenbestimmung yon Schwermetallen in flachen Kfistengewfissern und der Oberfl~chenschicht des Ozeans bis zu einer maximalen Wassertiefe von 100 m entwickelt. Das Probenahmesystem lfiBt sich auf See sehr bequem hand- haben [2]. Um Kontaminationsprobleme zu vermeiden, werden aus- tauschbare 500-ml-Teflonflaschen sowohl zur Probenahme als auch zur Probenaufbewahrung verwendet. Der Probeneh- met durchquert die h~ufig kontaminierte, mehrere Meter dicke Oberflfichenschicht des Meerwassers rund um das Forschungsschiff in einer geschlossenen Konfiguration und wird erst bei der gewfinschten Tiefe durch Kunststoff- Fallgewichte in gewohnter Weise getffnet. Die Meerwasser- proben werden sofort in situ stabilisiert durch Vorlage von gereinigter Salpetersfiure in den Probenahmeflaschen. Alle Reinigungs- und Handhabungsvorgfinge an den Probeneh- mern sowie alle chemischen Operationen mit den Wasser- proben werden in Clean Benches durchgeffihrt, sowohl an Bord des Forschungsschiffes als auch im spurenanalytischen Laboratorium an Land. Fresenius Z Anal Chem (1984) 317:385-387 Springer-Verlag 1984

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Page 1: AAS-Ultraspurenbestimmimg von Quecksilber im Meerwasser der Nordsee, der Ostsee und des Nordmeers

AAS-Ultraspurenbestimmung von Quecksilber im Meerwasser der Nordsee, der Ostsee und des Nordmeers*

Diether Schmidt und Peter Freimann

Deutsches Hydrographisches Institut, Laboratorium Sfilldorf, Wfistland 2, D-2000 Hamburg 55, Bundesrepublik Deutschland

Determination of Very Low Levels of Mercury in Sea Water (North Sea, Baltic Sea, Northern North Atlantic Ocean)

Summary. An improved method for the determination of very low concentrations of mercury in sea water and a new and advanced sampler system (both recently described) have been applied to extensive surveys for (reactive and total) Hg in water of the Norwegian, Greenland, and Barents Seas, in the southwestern Baltic, and in the German Bight of the North Sea. The results are discussed.

Zusammenfassung. Eine deutlich verbesserte Bestimmungs- methode ffir sehr niedrige Quecksilberkonzentrationen in Meerwasser sowie ein neuartiges Probenahmesystem (beide kfirzlich beschrieben) wurden zu umfangreichen Untersu- chungen auf reaktives und Gesamtquecksilber in Meerwasser eingesetzt. Die wichtigsten Ergebnisse aus dem Europfiischen Nordmeer, der westtichen Ostsee und der Deutschen Bucht werden zusammenfassend dargestellt.

Einleitung

Spfitestens seit der Minamata-Katastrophe in Japan (etwa ab 1956 erkannt) ist Quecksilber an die Spitze der im Meerwasser als geffihrlich angesehenen Schwermetalle gerfickt. Zusam- men mit Cadmium wurde es deshalb in die ,,schwarzen Listen" aller Abkommen ffir den Schutz der Meeresumwelt a..ufgenommen. Dies hatte die Initiierung einer Vielzahl yon Uberwachungsprogrammen auf nationaler und internationa- ler Ebene zur Folge, um einen l~lberblick fiber den gegenwfirti- gen Stand der Verschmutzung des Meerwassers mit Quecksil- ber zu gewinnen, ein ,,Monitoring" des Trends der Quecksil- berkonzentrationen fiber lfingere Zeitrfiume einzuleiten, und um den eventuellen Erfolg koordinierter Programme zur Verminderung des Eintrags dieses Metalls in die marine Umwelt zu kontrollieren.

Untersuchungen mit den modernsten Methoden in ver- schiedenen Instituten und Lfindern zeigten dann in den letzten Jahren, dab auch in als belastet angesehenen ktistennahen Meeresgebieten oft unerwartet niedrige Hg-Konzentrationen gemessen werden. Sehr nachweisstarke Analysenverfahren waren daher fiir die 15berwachung unbedingt erforderlich.

* Herrn Prof. Dr. W. Fresenius zum 70. Geburtstag gewidmet Offprint requests to : D. Schmidt

Analytische Methode

Die Bestimmung sehr niedriger Quecksilberkonzentrationen im Meerwasser wurde durch die Entwicklung (seit 1979) einer erheblich verbesserten Methode ermtglicht, die aus einem integrierten System zur Probenahme und Analyse besteht. Um systematische Fehler entweder durch Kontamination oder durch Verlust des Spurenmetalls zu vermeiden, wird dieselbe PTFE-(,,Teflon"-)Flasche sowohl als Probenahme- gef~B auf See als auch als Reaktionsgef~13 ffir die Analyse eingesetzt. Es wird die Kaltdampf-Atomabsorptionsspektro- metrie verwendet, mit Stickstoff als Spfilgas, Reduktion durch SnC12, und Anreicherung sowie Reinigung durch Amalgambildung an fein verteiltem Gold, das durch Hoch- vakuumaufdampfung auf reiner Quarzgtaswolle hergestellt wurde. In einem zusfitzlichen Analysengang wird nach 2h Ultraviolettbestrahlung der Gesamtquecksilbergehalt ermit- telt, der das organisch gebundene Quecksilber zusammen mit dem anorganisch-reaktiven Quecksilber enth/ilt, welches vor- her ohne Bestrahlung gemessen wird. Die Nachweisgrenze dieses Verfahrens wurde zu 0,5 ng. 1-1 und der Variations- koeffizient zu 4 % ffir 1,5 ng. 1-1 gefunden.

Eine detaillierte Beschreibung der Analytik wurde publi- ziert [1]. Abbildung 1 zeigt den Analysengang schematisch im Blockdiagramm.

Neue Probenahmetechnik

AuBerdem wurde eine sehr einfache Probenahmemethode ffir die Ultraspurenbestimmung yon Schwermetallen in flachen Kfistengewfissern und der Oberfl~chenschicht des Ozeans bis zu einer maximalen Wassertiefe von 100 m entwickelt. Das Probenahmesystem lfiBt sich auf See sehr bequem hand- haben [2].

Um Kontaminationsprobleme zu vermeiden, werden aus- tauschbare 500-ml-Teflonflaschen sowohl zur Probenahme als auch zur Probenaufbewahrung verwendet. Der Probeneh- met durchquert die h~ufig kontaminierte, mehrere Meter dicke Oberflfichenschicht des Meerwassers rund um das Forschungsschiff in einer geschlossenen Konfiguration und wird erst bei der gewfinschten Tiefe durch Kunststoff- Fallgewichte in gewohnter Weise getffnet. Die Meerwasser- proben werden sofort in situ stabilisiert durch Vorlage von gereinigter Salpetersfiure in den Probenahmeflaschen. Alle Reinigungs- und Handhabungsvorgfinge an den Probeneh- mern sowie alle chemischen Operationen mit den Wasser- proben werden in Clean Benches durchgeffihrt, sowohl an Bord des Forschungsschiffes als auch im spurenanalytischen Laboratorium an Land.

Fresenius Z Anal Chem (1984) 317:385-387 �9 Springer-Verlag 1984

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200 ml/min N~

50 MINUTEN

500 ml/min N~

400pH ml= o. gMEERWASSER-PROBE d ml SnCl 2

+ I A TROMES I

+ AMALGAMIERUNG

100 m 9 Au/QUARZ-WOLLE

+ ~YEMPERATUR

FREISETZEN DES QUECKSILBERS I ~ 780 K

+ KALTDAMPF-AAS COLEMAN MAS 50

+ PE-SCHREIBER MODELL 56

AIJb. 1 Schematische Darstellung des Analysengangs zur Bestimmung yon Hg im Meerwasser

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Abb. 2. S ta t ionsnetz zu r g b e r w a c h u N g des Meerwassers der Deu tschcn Buch t a u f Schwermeta] ] r

Ergebnisse

Untersuchung im offenen Ozean (Europiiisches Nordmeer)

Eine erste Aufnahme der Verteilung von reaktivem Queck- silber wurde im Sommer 1979 w/ihrend einer Reise mit FS Meteor in die Norwegische See, die Gr6nlandsee, die Barents- see und in die Gewfisser um Spitzbergen gewonnen. Hierbei wurden noch Serien mit handelsfiblichen TPN-Plastiksch6p- fern nach Nansen gefahren. Die meisten Analysen wurden unmittelbar an Bord des Schiffes ausgeffihrt. Die nachgewie-

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senen Quecksilberkonzentrationen sind sehr niedrig und folgen einer regelmfil3igen Verteilung. Der Mittelwert aus 124 Einzelproben liegt bei 3,7ng/1Hg, als Minimalwert wurde 0,5ng/1, als Maximalwert 17,3 ng/1 gefunden.

Ostsee

Im September 1980 konnten wfihrend einer Oberwachungs- fahrt mit FS Gauss Oberflfichenwasserproben auf 19 hydro- graphischen Stationen in der sfidwestlichen Ostsee gewonnen

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werden, die sich von den F6rden und Ktistengew~issern der Bundesrepublik Deutschland bis zu der Insel Bornholm erstreckten. Hierbei wurden die Wasserproben mit Teflon- flaschen an einem Probenahmearm aus Kunststoff vom Bug eines langsam gegen Wind und Strom fahrenden Schlauch- boots genommen, einige Kabell/ingen vom Forschungsschiff entfernt. Die gefundenen Quecksilberkonzentrationen liegen sehr gleichm/il3ig um 2 ng. 1-1 verteilt mit von 0 bis etwa 50 variierendem Anteil an organisch gebundenem Quecksilber.

Uberwachung der Nordsee

In den Jahren 1980, 1981 und 1982 wurden umfangreiche Untersuchungen in der Deutschen Bucht (Nordsee) durchge- ftihrt, wobei auch die fiul3eren Mtindungsbereiche der Flfisse Elbe, Weser und Ems einbezogen wurden. Abbildung 2 zeigt das gegenwfirtige Stationsnetz des Deutschen Hydrographi- schen Instituts ffir die regelmfil3ige Uberwachung des Meer- wassers der Deutschen Bucht auf Schwermetalle. Auf diese Weise sollte sowohl ein klberblick fiber die Quecksilbergehal- te in diesem vermutlich stark belasteten Meeresgebiet erhal- ten werden, als auch die Uberwachungsverpflichtungen im Rahmen der Abkommen von Oslo und Paris zur Verhfitung

der Meeresverschmutzung und im Bund/Lfinder-Mel3- programm ftir die Kfistengewfisser der Nordsee erftillt wer- den. Die Ergebnisse zeigen fibereinstimmend wiederum rela- tiv niedrige Konzentrationen in der offenen See, jedoch deutlich erh6hte Werte in den unmittelbaren Kfistengewfis- sern, vor allem in den Proben aus den bodennahen Wasser- sch6pfern. Erste Interpretationen weisen auf einen erheb- lichen Anteil aus dem Input der groBen Flfisse in die Nordsee hin. Am Beispiel der Elbe konnte dieser Schluf3 in vorl/iufigen Untersuchungen erh~irtet werden: Auf drei Stationen der Unterelbe zwischen Stade und Cuxhaven ergaben sich Ge- samtquecksilberkonzentrationen, die um das Mehrhundert- fache h6her lagen als die Werte der/iul3eren Deutschen Bucht.

Literatur

1. Freimann P, Schmidt D (1982) Fresenius Z Anal Chem 313 : 200 - 202

2. Freimann P, Schmidt D, Schomaker K (1983) Marine Chem (ira Druck)

Eingegangen am 12. Juli 1983

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