75 jahre hydroformylierung - oxoreaktoren und oxoanlagen der ruhrchemie ag und der oxea gmbh von...

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Übersichtsbeitrag 75 Jahre Hydroformylierung – Oxoreaktoren und Oxoanlagen der Ruhrchemie AG und der Oxea GmbH von 1938 bis 2013 Josef Hibbel 1 , Ernst Wiebus 2 und Boy Cornils 3, * DOI: 10.1002/cite.201300098 Die Hydroformylierung, auch als Oxosynthese oder Roelen-Reaktion bezeichnet, ist die atomökonomische und metallkataly- sierte Addition der Bestandteile des Synthesegases, H 2 und CO, an die Doppelbindungen von Alkenen. Sie wurde 1938 von Otto Roelen in den Laboratorien der Ruhrchemie AG entdeckt. Die Bemühungen zur Übertragung des Verfahrens in den technischen Maßstab begannen sofort nach der Patentanmeldung. Sie führten aber während des 2.Weltkrieges und den dadurch bedingten schwierigen Umständen nur zu einem Teilerfolg in den Anlagen der Ruhrchemie AG Oberhausen-Holten und des Kooperationspartners, der I.G. Farbenindustrie AG. Nach dem 2.Weltkrieg wurden das Ruhrchemie-Verfahren auf der Basis von Kobaltkatalysatoren und das Ruhrchemie/Rhône-Poulenc-Verfahren als erstes technisch wichtiges, wässriges Zweiphasenverfahren mit Rhodiumkatalysatoren zu führenden homogen katalysierten Prozessen der Chemie. Schlagwörter: Chemiegeschichte, Homogene Katalyse, Hydroformylierung, Ruhrchemie AG, Synthesegas Eingegangen: 22. Juli 2013; akzeptiert: 01. August 2013 75 Years of Hydroformulation – Oxo Reactors and Oxo Plants of Ruhrchemie AG and Oxea GmbH from 1938 to 2013 The hydroformulation reaction, also known as oxo synthesis or Roelen reaction, is the atom-efficient and metal-catalyzed addition of the constituents of synthesis gas, H 2 and CO, to the double bonds of alkenes. This reaction has been discovered in 1938 by Otto Roelen in the laboratories of the chemical company Ruhrchemie AG. After filing the patent application efforts to scale up the process to technical scale have been started. However, they have only partly been successful for the plants of the Ruhrchemie AG Oberhausen and its cooperation partner I.G. Farbenindustrie AG due to the difficult circum- stances. After World War II the Ruhrchemie process based on cobalt catalysts and the Ruhrchemie/Rhône-Poulenc process as the first important aqueous two-phase processes with rhodium catalysts became the most important homogenously cat- alyzed chemical processes. Keywords: History of chemistry, Homogeneous catalysis, Hydroformulation, Ruhrchemie AG, Synthesis gas 1 Die Hydroformylierung als großtechnische Basisreaktion Die Hydroformylierung (Oxosynthese, Roelen-Reaktion) ist die Addition von Wasserstoff und Kohlenmonoxid – den Bestandteilen des Synthesegases – an Doppelbindungen von Alkenen oder anderen geeigneten Substraten [1 – 3]. Sie wird katalysiert von Hydridocarbonylen von Übergangsmetallen, vorzugsweise von Kobalt und Rhodium [4, 5]. Für das Beispiel Propylen, das technisch und ökonomisch weitaus wichtigste Einsatzalken, gilt das Reaktionsschema in Abb. 1. Demnach werden, außer bei Einsatz von Ethylen, iso- mere Aldehyde erhalten, die Ausgangsverbindungen einer Vielzahl von Folgeprodukten und einer eindrucksvollen Pro- duktpalette sind, z. B. Alkohole, Carbonsäuren und Ester. Die Hydroformylierung ist die erste technisch genutzte und mit über 10 Mio. t a –1 mengenmäßig wichtigste metallorga- Chemie Ingenieur Technik Chemie Ingenieur Technik 2013, 85, No. 12, 1853–1871 © 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.com 1 Josef Hibbel, Brilon, Deutschland; 2 Ernst Wiebus, Oberhausen- Schmachtendorf, Deutschland; 3 Prof.Dr. Boy Cornils (Boy.Cornils @t-online.de), Hofheim, Deutschland. Auszugsweise vorgetragen bei der Veranstaltung „75 Jahre Oxo- Synthese“, Oxea, Oberhausen, 23./24. September 2013. Chemiegeschichte 1853

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Page 1: 75 Jahre Hydroformylierung - Oxoreaktoren und Oxoanlagen der Ruhrchemie AG und der Oxea GmbH von 1938 bis 2013

Übersichtsbeitrag

75 Jahre Hydroformylierung – Oxoreaktorenund Oxoanlagen der Ruhrchemie AG undder Oxea GmbH von 1938 bis 2013‡

Josef Hibbel1, Ernst Wiebus2 und Boy Cornils3,*

DOI: 10.1002/cite.201300098

Die Hydroformylierung, auch als Oxosynthese oder Roelen-Reaktion bezeichnet, ist die atomökonomische und metallkataly-

sierte Addition der Bestandteile des Synthesegases, H2 und CO, an die Doppelbindungen von Alkenen. Sie wurde 1938 von

Otto Roelen in den Laboratorien der Ruhrchemie AG entdeckt. Die Bemühungen zur Übertragung des Verfahrens in den

technischen Maßstab begannen sofort nach der Patentanmeldung. Sie führten aber während des 2. Weltkrieges und den

dadurch bedingten schwierigen Umständen nur zu einem Teilerfolg in den Anlagen der Ruhrchemie AG Oberhausen-Holten

und des Kooperationspartners, der I.G. Farbenindustrie AG. Nach dem 2. Weltkrieg wurden das Ruhrchemie-Verfahren auf

der Basis von Kobaltkatalysatoren und das Ruhrchemie/Rhône-Poulenc-Verfahren als erstes technisch wichtiges, wässriges

Zweiphasenverfahren mit Rhodiumkatalysatoren zu führenden homogen katalysierten Prozessen der Chemie.

Schlagwörter: Chemiegeschichte, Homogene Katalyse, Hydroformylierung, Ruhrchemie AG, Synthesegas

Eingegangen: 22. Juli 2013; akzeptiert: 01. August 2013

75 Years of Hydroformulation – Oxo Reactors and Oxo Plants of Ruhrchemie AG andOxea GmbH from 1938 to 2013

The hydroformulation reaction, also known as oxo synthesis or Roelen reaction, is the atom-efficient and metal-catalyzed

addition of the constituents of synthesis gas, H2 and CO, to the double bonds of alkenes. This reaction has been discovered

in 1938 by Otto Roelen in the laboratories of the chemical company Ruhrchemie AG. After filing the patent application

efforts to scale up the process to technical scale have been started. However, they have only partly been successful for the

plants of the Ruhrchemie AG Oberhausen and its cooperation partner I.G. Farbenindustrie AG due to the difficult circum-

stances. After World War II the Ruhrchemie process based on cobalt catalysts and the Ruhrchemie/Rhône-Poulenc process

as the first important aqueous two-phase processes with rhodium catalysts became the most important homogenously cat-

alyzed chemical processes.

Keywords: History of chemistry, Homogeneous catalysis, Hydroformulation, Ruhrchemie AG, Synthesis gas

1 Die Hydroformylierung als großtechnischeBasisreaktion

Die Hydroformylierung (Oxosynthese, Roelen-Reaktion) istdie Addition von Wasserstoff und Kohlenmonoxid – den

Bestandteilen des Synthesegases – an Doppelbindungen vonAlkenen oder anderen geeigneten Substraten [1 – 3]. Sie wirdkatalysiert von Hydridocarbonylen von Übergangsmetallen,vorzugsweise von Kobalt und Rhodium [4, 5]. Für das BeispielPropylen, das technisch und ökonomisch weitaus wichtigsteEinsatzalken, gilt das Reaktionsschema in Abb. 1.

Demnach werden, außer bei Einsatz von Ethylen, iso-mere Aldehyde erhalten, die Ausgangsverbindungen einerVielzahl von Folgeprodukten und einer eindrucksvollen Pro-duktpalette sind, z. B. Alkohole, Carbonsäuren und Ester.Die Hydroformylierung ist die erste technisch genutzte undmit über 10 Mio. t a–1 mengenmäßig wichtigste metallorga-

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Chemie Ingenieur Technik 2013, 85, No. 12, 1853–1871 © 2013 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim www.cit-journal.com

–1Josef Hibbel, Brilon, Deutschland; 2Ernst Wiebus, Oberhausen-Schmachtendorf, Deutschland; 3Prof. Dr. Boy Cornils ([email protected]), Hofheim, Deutschland.‡Auszugsweise vorgetragen bei der Veranstaltung „75 Jahre Oxo-Synthese“, Oxea, Oberhausen, 23./24. September 2013.

Chemiegeschichte 1853

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nische Synthese. Sie ist eine außerordentlich vielseitigeReaktion, die durch die Auswahl der Reaktanden und derenPhasizität auf der einen Seite und durch elektronische undsterische Beeinflussung von Zentralatom und Liganden desKatalysatorsystems auf der anderen Seite, einmalige Steue-rungsmöglichkeiten der Reaktion bietet. Insofern ist es imJahr des 75. Jubiläums [6] selbst dann ungerecht, die Hydro-formylierung als „...not the sexiest chemistry...“ [6] zu klassi-fizieren, wenn man nicht unbedingt von der „Promiskuität“[7] von Reaktionen redet.

2 Die Oxosynthese im Werk Ruhrchemiedes Entdeckers Roelen

Die Oxosynthese wurde 1937/38 von Otto Roelen in denLaboratorien der Ruhrchemie AG (RCH) in Oberhausen-Holten entdeckt, und zwar bei Versuchen, unerwünschteNebenprodukte der Fischer-Tropsch-(FT)-Synthese wieEthylen und Propylen in die Synthese zurückzuführen undsie über den FT-Katalysatoren aufbauend zu höheren Koh-lenwasserstoffen zu oligomerisieren. Über die Entdeckungder Hydroformylierung nach Vorversuchen in Reaktorenbzw. Autoklaven entsprechend Abb. 2 [8], hat Otto Roelenseinerzeit selbst ausführlich in [9, 10] und 1983 anlässlichder Verleihung des Ehrendoktorats der RWTH Aachen be-richtet. Die 1938 durch die Patentanmeldung prioritätsbe-gründend hinterlegte Entdeckung der Oxosynthese (Abb. 3,[12]) hatte für die Öffentlichkeit zunächst nur wenige sicht-bare Aktivitäten nach sich gezogen. Das Patenterteilungs-verfahren zog sich für das deutsche Patent zunächst wegendes Krieges und dann aufgrund des Ersten Überleitungs-gesetzes vom Juli 1949 bis 1952 so lange hin, dass das ent-sprechende US Patent 2 327 066 [13] 1943 und sogar schonvor dem deutschen Schutzrecht publiziert wurde.

Firmenintern tat sich jedoch viel zur Nutzung der neuenSynthese und der damit möglichen, vollkommen neuenProduktklassen. So beschloss der Aufsichtsrat der Ruhr-chemie AG am 04. Juli 1940 den Bau einer Oxoanlage miteiner Kapazität von 15 000 t a–1 Waschmittelalkoholen aufder Basis von C8 – C20-Alkenen aus der eigenen Fischer-Tropsch-Anlage oder von Olefinen aus der Crackung vonFT-Wachsen. Am 23. Dezember 1940 wurde ein Oxogesell-schaftervertrag zur Zusammenarbeit auf dem Oxogebiet

zwischen RCH, der I.G. Farbenindustrie AG (IG) undHenkel & Cie GmbH geschlossen [13 – 16]. Weitere Ver-träge regelten die Investitionen, wobei der auf die wegender hohen Investitionen für die kriegswichtige FT-Anlage immer finanzschwache RCH entfallende Teilzunächst von Henkel vorgeschossen werden sollte, so-wie den Verbleib der Produkte, Schutzrechtsfragen,Unterlizenzen usw. Diese Verträge waren nicht unum-stritten: Einige Aufsichtsräte der RCH monierten zuRecht, dass durch die Zusammenarbeit mit der IG dasbisherige erwünschte Konkurrenzverhältnis aufgegeben

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RR

CHO

*RCHO +

+ CO/H2

[HM(CO)xLy]

n-Butyraldehyde iso-Butyraldehyde

Stereoselectivity

Regioselectivitity

R = H- (ethylene)CH3- (propene)C2H5- (n-butene)etc.

(1)

Abbildung 1. Reaktionsschema der Hydroformylierung am Beispiel Pro-pylen.

Abbildung 2. Versuche im 50-mL-Aluminiumblockreaktor.

Abbildung 3. Patentschrift DE 849 548 von 1938 (bekanntge-macht 1952 [12]).

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und der Einfluss der Montangesellschaften, also der Aktio-näre der RCH, zugunsten der IG entscheidend verringertwürde. Dieser Verdacht war nicht unbegründet, hatte die IGdoch Anfang der 1930er Jahre bei einer Lizenzanfrage derRuhrchemie nach einer Anlage zur direkten Kohlehydrie-rung einen jeweils 50 %igen Anteil an der neuen Anlageund der gesamten Ruhrchemie gefordert – und das, ohnejede Garantie zuzusagen [17].

Den Einwänden der Aktionäre wurde fünf Jahre spätermit dem (richtigen) Argument begegnet, dass die Produkteder Oxoanlage lediglich Halbfertigprodukte seien, die nurmit dem Know-how von I.G. Farben und Henkel zu ver-kaufsfähigen Produkten würden. Details zu Fragen derSchutzrechte, von Unterlizenzen usw. waren minutiös inweiteren Verträgen und mit der Gründung der ChemischenVerwertungsgesellschaft Oberhausen mbH geregelt, wasunter anderem zu dem Kuriosum führte, dass Erfinder desspäteren Oxokonkurrenten BASF für eine RCH-GesellschaftPatente anmeldeten [18] – heutzutage kaum vorstellbar.Nach dem Krieg wurden die Verträge zunächst von der IGauf die Nachfolgegesellschaft BASF übertragen; am 12. Fe-bruar 1959 wurde das Vertragsverhältnis gelöst.

Noch während des Krieges wurde in Holten mit dem Bauder Oxoanlage begonnen. Abb. 4 zeigt das Gerüst der Destil-lationsanlage im Bau (rechts) sowie das fast fertige undnoch heute genutzte Oxo-Verwaltungsgebäude (links; imHintergrund dahinter der heute ebenfalls noch vorhandeneHochbunker im Bau).

In Abb. 5a ist die Anlage mit dem Stand bei Kriegsendezu sehen, Abb. 5b zeigt das Interieur der zerstörten Mess-warte. Beide Aufnahmen wurden von den Amerikanern am07. April 1945 gemacht, also nach der Besetzung aber vorKriegsende aufgenommen [19], d. h. zur Zeit der ersten Be-fragung des damaligen Betriebsleiters Landgraf durch dieAlliierten.

Abb. 6 gibt eine Totale der Oxoanlage aus der Vogelschauund nach dem zweiten Ausbau wieder – ein Anblick, wie erwahrscheinlich so nie zu sehen war unddamit wirklich „an artist’s impression“[20, 21] darstellt. Ganz links ist das Oxo-verwaltungsgebäude zu erkennen, nochvor dem Bau des Hochbunkers, der denNordteil des Pförtnergebäudes ersetzte(s. a. Abb. 4). Für die Oxoanlage war of-fensichtlich ein eigener Werkseingangvorgesehen, dessen südlicher Teil heutenoch vorhanden ist und der jetzt vom Be-triebsrat belegt ist. Es folgt das hohe,langgestreckte Synthesegerüst wie in Ab-b. 5a und ganz rechts die noch höherenDestillationen (vgl. Abb. 4). Am rechtenBildrand waren das Tanklager und einRückkühlwerk vorgesehen.

Den Lageplan zeigt Abb. 7 [23]. Der Ver-gleich mit Abb. 6 macht deutlich, dasssich während des Baues noch erhebliche

Änderungen von Gebäudegrößen und -anordnungen erga-ben, wie beispielsweise einen zusätzlichen Luftschutzbunkerzusammen mit dem Kompressorenhaus. In Abb. 8 posierenOtto Roelen (links) und sein Stellvertreter und späterer Nach-folger Walter Schuff während des Baus der Anlage.

Diese erste Oxoanlage der Welt wurde trotz der massivenLuftangriffe während des Krieges zwar weitgehend fertigge-stellt und probegefahren, hat aber nie eine geregelte Pro-duktion aufgenommen [22, 24]. In der Zeit zwischen demBeginn des Westfeldzuges und dem 27. März 1945 – demDatum der Besetzung der Ruhrchemie durch die Ameri-kaner – wurde am Standort Oberhausen-Holten 957 malFliegeralarm gegeben und insgesamt rund 4000 Spreng-und unzählige Brandbomben auf das Werksgelände abge-worfen. Der schwerste Luftangriff mit dem Abwurf vonetwa 800 Sprengbomben erfolgte am 22. Januar 1945; dieAnlagen der Ruhrchemie waren danach zu 70 % zerstört[25]. Die Errichtung der Oxoanlage erfolgte damit untererschwerten Bedingungen, beispielsweise unter Tarnbautenzur Verunsicherung feindlicher Bomber (s. Abb. 9) odermit einem Splitterschutz für Apparatefahrer, die ihren Pos-ten wegen der hochdruckführenden Leitungen währendeines Angriffes nicht verlassen konnten (Abb. 10).

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Abbildung 4. Die erste Oxoanlage der Welt während des Kriegesim Bau; vgl. hierzu den Lageplan in Abb. 7.

a) b)

Abbildung 5. a) HD-Boxen und b) Messwarte der Oxoanlage. Amerikanische Aufnahmenvom 07. April 1945.

Chemiegeschichte 1855

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3 Technik der frühen Oxosynthese

Technisch wurde nach Entwicklungen einer Oxo-Versuchs-anlage zunächst eine Zweiturm- oder Diadenfahrweise dis-kutiert [8, 15, 22, 26, 27, 52], bei der in zwei hintereinandergeschalteten Reaktoren zuerst in Reaktor 1 das Alken aneinem heterogenen Kobaltkatalysator hydroformyliert wur-de. In Reaktor 2 sollte dann an ursprünglich metallfreienTrägern das homogen in den Oxo-Rohprodukten gelösteKobaltcarbonyl aus Reaktor 1 durch Senkung des CO-Par-

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Abbildung 6. Oxoanlage aus der Vogelschau.

Abbildung 7. Lageplan der ersten Oxoanlage Ruhrchemie.

Abbildung 8. Roelen und Schuff (rechts) während des Baus derersten Oxoanlage.

Abbildung 9. Tarnbauten auf dem Gelände der Ruhrchemie wäh-rend des Baues der Oxoanlage.

Abbildung 10. Splitterschutz für die Apparatefahrer der Wasser-gaskompressoren bei Bombenangriffen.

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tialdruckes (oder Senkung des Gesamtdruckes, durch Zufü-gen von Inertgasen oder durch Methanisierung des CO-Anteils) zersetzt und das Kobalt auf dem Träger niederge-schlagen werden. Nach Verarmen des ersten Reaktors anKobalt wurde die Funktion beider Reaktoren getauscht:Hydroformylierung in Reaktor 2 und Kobaltabscheidung inReaktor 1 (Abb. 11, [52]). Diese ungewöhnliche Schaltungwar technisch unzulänglich und ermöglichte darüber hinausnur eine Art von Kampagnenfahrweise aber keinen kon-tinuierlichen Betrieb, weswegen von Beginn an auch neungleiche Reaktorkombinationen zur absatzweisen Operationvorgesehen waren.

Die Fahrweise spiegelt allerdings den damaligen Standdes Wissens wider. Dass die Oxosynthese homogen kataly-siert, d. h. mit löslichen Hydridokobaltcarbonylen abläuft,war zunächst ebenso wenig gesichert wie Details desMechanismus. Kobalthydrocarbonyl, H[Co(CO)4], wurdeerst in den Jahren 1940 von Blanchard und Gilmont [28]bzw. 1942 von Hieber [29], der dazu auch von den Alliiertenbefragt wurde, beschrieben. Der zuerst eingesetzte Kobalt-katalysator war der Standard-FT-Kontakt mit ThO2/MgOauf Kieselgur (in Leuna auf Bimsstein, s. u.), was ebenfallsauf mechanistische Anschauungen der Kohlenwasserstoff-synthese nach Fischer-Tropsch hindeutet [31, 37].

Das Verfahren war unbefriedigend und wurde auf eineVariante umgestellt, bei der das aus einer Vorkolonne derOlefintrennanlage stammende Alken mit Wassergas (Koks-gas) und mit im Einsatzolefin suspendierten Kobaltverbin-dungen zu Aldehyden umgesetzt wurde. Das Oxoreaktions-

produkt und die in ihm enthaltenen Kobaltcarbonyle solltendann in speziellen Apparaten durch Mischen mit Wasser-dampf und Senken des für die Stabilität der Carbonylenotwendigen CO-Partialdrucks decarbonyliert werden. Imzweiten Reaktor sollte in Gegenwart des dann heterogen vor-liegenden Kobalts der Aldehyd mit Wasserstoff zu Alkoholenhydriert werden [14, 33]. Eine ähnliche Darstellung des Ver-fahrens im FIAT Final Report der Alliierten (FIAT: FieldInvestigation Agency, Technical) gibt Abb. 12 wieder [32].

Abb. 13 zeigt ein konstruktives Fließbild der HoltenerAnlage (BIOS-Report [23]), das mit kriegsbedingten Schä-den eine offensichtlich bewegte Vergangenheit hinter sichhat. Gut zu erkennen sind die charakteristischen bogenför-migen Reaktorabgänge, die auch in Abb. 5a zu sehen sind.Mit dem Begriff Pumpenhaus (grauer Pfeil) ist die Reiheder Einsatz- und Kreislaufpumpen gemeint. Das Oxoreak-tionsprodukt passierte nach Umsetzung ein Druckfilter zurAbtrennung der jetzt heterogen vorliegenden Kobaltverbin-dungen und sollte zuletzt in einer „final distillation“ nachC-Zahlen getrennt werden.

Mit Wissen von heute lässt sich gut nachvollziehen, mitwelchen chemischen und technischen Schwierigkeiten undQualitätsproblemen die Kollegen von damals zu kämpfenhatten – und das vor dem Hintergrund dauernder Luftan-griffe. Es ist deswegen verständlich, dass nur kleinere Men-gen von Produkten in der Versuchsanlage hergestellt undgetestet werden konnten. So gibt es beispielsweise imArchiv der RCH noch ein Seifenstück von damals auf derBasis von Oxo-Carbonsäuren. Auch die technischen Proble-me werden gewaltig gewesen sein, wenn man sich allein

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Abbildung 11. Originale Diadenfahrweise.

Abbildung 12. Verfahrensschema nach FIAT-Report 1000.

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die schwierige Abtrennung des dort heterogenen Kobalt-katalysators mithilfe von keramischen Druckfiltern [31]vorstellt oder das behelfsmäßige Arbeiten unter einemSplitterschutz gegen Bombenangriffe nachempfindet. Es istdeswegen nicht verwunderlich, wenn vom Betrieb derdamaligen Anlage eine nur diskontinuierliche Operationkolportiert wird, obwohl das Fließbild von damals eine kon-tinuierliche Fahrweise suggeriert. Detaillierte Unterlagensind den Bomben zum Opfer gefallen und fehlen ebensowie Aussagen von Zeitzeugen, die nicht rechtzeitig befragtwerden konnten. Die Ergebnisse der alliierten Befragungs-kommissionen (BIOS, CIOS und FIAT; s. u.) sind lücken-haft und widersprüchlich.

4 Die Oxoanlagen im Krieg: Ergebnisseder alliierten Befragungskommissionenund die Zusammenarbeit mit der IGbzw. BASF

Bei der Erstellung dieser FIAT- und anderer BIOS- undCIOS-Reports zur Dokumentation des während des Kriegeserreichten Verfahrenstandes der deutschen Wissenschaftund Technik wurden nach Kriegsende die führenden betei-ligten Wissenschaftler und Techniker vernommen. Eineentsprechende Befragung fand beispielsweise im Hausevon Dr. Martin, damals noch Vorstandsvorsitzender derRuhrchemie AG, in Mülheim statt (Abb. 14).

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Abbildung 13. Originales kon-struktives Fließbild der HoltenerOxoanlage (grauer Pfeil: Pum-penhaus).

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Man muss jedoch auch konstatieren, dass die Befragun-gen (interrogations) durch die Alliierten nach dem Kriegvon sehr unterschiedlicher Güte und Intensität waren [33].So wird in der bereits genannten Befragung von Landgraf/RCH durch einen Dr. E. B. Peck [19] ein in Abb. 15 wieder-gegebenes Fließbild einer diskontinuierlichen Fahrweisegezeigt. Es zeichnet sich aus durch konstruktive Details wie„...nine reactor units, each with two reactors of 1.2 cubicmeters volume, one for the reaction of olefins with synthe-sis gas and one for hydrogenation of the aldehydes to alco-hols. These reactors are 570 mm o.d.; 400 mm i.d. [inner

bzw. outer diameter; Anm. der Autoren] and 12 meters highand containing a bundle of cooling tubes, connected to asteam chest and a lag for thermosyphon circulation ofcooling water“ [19]. Daneben wird neben der Reaktionstö-nung („35 kcal. per gm. Mole of olefin reacted“) erstmaligauch die Zahl der Kühlrohre genannt: „31 with 38 mmo.d. x 8 meters with a cooling surface of about 30 square me-ters for removing this heat“.

Demgegenüber hat die „inspection“ durch das U.S. Tech-nical Industrial Intelligence Committee in Person der Her-ren R. L. Hasche und R. H. Boundy am 18. Juni 1945 [34]nur sehr viel globalere Informationen zum Oxoverfahrentransportiert, wie Abb. 16 mit einer Endlosschleife flüssigerReaktionsprodukte zeigt. Man ist fast geneigt anzunehmen,dass bei der Befragung (incognito et in absentia) ein mut-williger Roelen wie beim Farrager-Report (s. u.) die Federführte.

Interessanterweise hat die IG neben der im Bau befind-lichen Großanlage in Holten zwei kleine Versuchsanlagenin Leuna und in Ludwigshafen (Reaktionsvolumen 7 L)betrieben, deren Fahrweise in alliierten Dokumenten aus-führlich beschrieben ist [6, 22, 35, 36]. Zielprodukte waren,im Gegensatz zur Ruhrchemie AG, Weichmacheralkohole.Die Arbeiten gingen sehr ins Detail (z. B. Abb. 17 mit demkorrosionsanfälligen Entspannungsventil zwischen demNachhydrierungsofen [39] und der Filtrationsstation, undAbb. 18 mit der Gasbilanz, [41]) und umfassten auch kon-tinuierliche Prozessvarianten wie das Rieselverfahren inLudwigshafen [42] oder die Vorstellungen zur Einbindungdes Oxo- in das FT-Verfahren [43].

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Abbildung 14. Befragung von Mitarbeitern der Ruhrchemie AG(RCH) und des Kaiser-Wilhelm-Instituts in Mülheim (KWI) durchRosendahl (FIAT). Von links nach rechts: Rosendahl (FIAT/US Ar-my), F. Weinrotter (KWI), H. Gehrke, F. Martin, O. Roelen (alleRCH), und H. Koch (KWI, später Entdecker der Koch-Haaf’schenCarbonsäuresynthese).

Abbildung 15. Reaktoreinheit nach U.S. Petroleum Administra-tion for War (E. B. Peck) [19].

Abbildung 16. Reaktoreinheit nach CIOS Target-Report C.22/196(R. L. Hasche, R. H. Boundy, [34]).

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Aus den von den Alliierten offengelegten Protokollen ge-meinsamer Arbeitsbesprechungen zwischen RCH und derIG gehen deutliche gegenseitige Vorbehalte hervor. WalterReppe, der IG-Nestor der deutschen Synthesegaschemieund nach Schilderungen Otto Roelens kein Freund derRuhrchemie [44] (NIH: Not Invented Here!), erklärte nachBefragung der Alliierten zu seiner Ansicht über das Oxover-fahren, dass der Prozess zu anspruchsvoll sei und nicht mitden anderen Herstellmöglichkeiten (z. B. der von ihm ge-fundenen Hydroxycarbonylierung als Teil der Reppe-Che-

mie) konkurrieren könne [42]. Immerhin wur-den Teile der oft kuriosen und eigenwilligenRCH-Nomenklatur und des Betriebsslangs, wiedie unrichtige Deutung der Oxosynthese als eineKetonsynthese, die falschen Begriffe „oxieren“(für hydroformylieren), „Kator“ (für Katalysator)oder „Dicköl“ (für Destillationsrückstände),erstaunlicherweise widerspruchslos von denBASF-Werken der IG übernommen.

Beide IG-Versuchsanlagen sind betrieben wor-den und haben kleinere Mengen an Probepro-dukten geliefert – so die Anlage in Leuna bis zu1 t a–1 in den ersten vier Monaten 1944. Hieraufist wohl die verschiedentlich publizierte Behaup-tung zurückzuführen, die erste industrielle Oxo-Anlage sei im IG-Werk Leuna-Merseburg inBetrieb genommen worden [24]. Der Haupt-zweck der Technikumsanlage in Leuna war aller-dings, wie übereinstimmend von RCH und denKollegen der IG festgestellt wurde, „...die Liefe-rung von technischen Erfahrungen ... in ausge-arbeiteter Form ... zur kontinuierlichen Arbeits-weise“ [37]. In den gemeinsamen Treffen zurtechnischen Gestaltung ging es demgemäß umFragen der Reaktorgeometrie (6 m- vs. 12 m-Reaktoren), der Kühlung (Druckwasser- vs. Küh-lereinbauten), zum Fouling, zur „Kator“-Ergän-zung, zur Analytik etc. Nicht abschließend ge-klärt oder gar entschieden wurde die Frage derEntkobaltung durch ein Katalysatorfestbett odereine Waschkolonne (Abb. 19) [45].

Entgegen anderen und eher vagen Informatio-nen war die Herstellkostenrechnung erstaunlichdetailliert. Nach E. B. Peck [19] wurden genannt„...the economics of the process as calculated byRuhrchemie is shown below and indicates a costof alcohols of 71 pfg. per kilo. IG corrected thisestimate (...) to 77 pfg. per kilo. These costs arebased on an olefine cost of 38 pf/kg and a capitalcost of 6 million Reichsmark. The IG on theother hand estimates a cost of 60 pf. per kilo forthe continuous process (...) which would be 5 to9 cents per pound“ (s. a. [47 – 50]). Die Anlagender IG in Leuna und Ludwigshafen wurden spä-ter die Keimzellen des BASF-Oxoverfahrens[51, 52], worauf neben konstruktiven und chemi-

schen Details auch die Kontinuität der Bearbeiter und Erfin-der von der IG bis zu den BASF-Patentanmeldungen hin-weist, beispielsweise in Person der Drs. Nienburg undGemassmer, die in den alliierten Unterlagen häufig als Part-ner Roelens bei den gemeinsamen Arbeitsbesprechungengenannt werden [53]. Möglicherweise haben die Anlagensogar beim späteren deutsch-russischen DDR-Oxoverfahrenvon Leuna/Neftekhim [54, 55] Pate gestanden.

Zu anderen Prozessen befragt, z. B. dem Fischer-Tropsch-Verfahren, das RCH als Generallizenzgeber betreute, gab

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Abbildung 17. Detail der Hydrierstufe mit Entspannungsventil aus Widia [39].

Abbildung 18. Gasbilanz für die Oxosynthese. Für [Co(CO)4] wird nur Kohlen-monoxid genannt [41] – ein Beleg dafür, dass das Hydrocarbonyl damals nochnicht bekannt war.

1860 B. Cornils et al.

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Otto Roelen offen Auskunft: „...he appeared to be fullycooperative (...) gave full, and, it is considered, reliable in-formation on subjects in his own field“. Bei den Befragun-gen zum eigenen Oxoverfahren allerdings generierte sichRoelen je nach Befrager als vergesslicher oder eher unbe-darfter Fachmann, etwa in folgender Art „... Roelen [auchals Dr. Ruelen oder Dr. Rouelen bezeichnet, Anm. der Auto-ren] was vague whether reaction with the lighter olefinssuch as ethylene or propylene could in any circumstancesbe described as suspended in toluene in which the olefinwould dissolve“ [56, 57]. Dies erinnert stark an sein Verhal-ten beim sog. „Faragher-Report“ [58] über die ebenfalls vonihm zu vertretenden Fischer-Tropsch-Entwicklungen bei derRuhrchemie während des Krieges.Unabhängig von den Befragungender Alliierten versuchte später einDr. Warren F. Faragher von der priva-ten Houdry Process Corporation „...die Auskundschaftung der deutschenBrennstoff- und Schmiermittelindus-trie. Im Zuge dieser Aktion ersuchteer sämtliche deutschen FT-Werke,ihm eingehende Berichte über dendamaligen Stand ihrer Arbeiten ab-zuliefern. Alle Angesprochenen (au-ßer Ruhrchemie) hielten diesesAnsinnen für eine Auflage der Besat-zungsmacht und lieferten dement-sprechend ihre Berichte ab“, so Roe-len im Vorwort des o. g. Berichtes. Erwar mit der Erledigung des RCH-Berichtes beauftragt, erfuhr aberwährend seiner Internierung in Eng-land 1945, „...dass es sich keineswegsum eine Auflage der Besatzungs-macht handelte, sondern um privateBemühungen der amerikanischenIndustrie. In Kenntnis dieses Um-

standes habe ich den RCH-Berichtzwar verfasst..., ihn aber trotz der er-warteten und erhaltenen Scheltenicht rechtzeitig abgegeben“ [58].

5 Phoenix aus der Asche:Das Schicksal der Anlagenach dem Krieg

Die Oxoanlage war 1947 – 1949 imRahmen der Industriedemontagender Anlagen der Ruhrchemie als ehe-mals kriegswichtigem Betrieb (basie-rend auf dem KontrollratsgesetzNo. 52; [59]) stark betroffen und wur-de zur Hälfte demontiert (Abbn. 20und 21). Der Vorstand hoffte zu-

nächst, die sogenannte Rubo-Anlage (Rubo = RuhrbenzinOberhausen, eine Schwestergesellschaft der RCH; die Rubo-Anlage war Teil der Fischer-Tropsch-Anlage und stellte Tolu-ol durch katalytische Dehydrierung/Aromatisierung von Fi-scher-Tropsch-Heptan her) als Kompensationsobjekt für dieOxoanlage benutzen zu können, aber auf einen solchenHandel wollten die englischen Besatzer nicht eingehen [60].Es kam jedoch wegen des Widerstandes der Belegschaft zurmilitärischen Besetzung des Werkes (Abb. 20a). Das landes-weit publizierte und in der westdeutschen Öffentlichkeitsehr bekannte Foto animierte den Karikaturisten Cerny inder Werkszeitung zu Abb. 20b. Das Bild unterstellt, dassBundeskanzler Adenauer vor dem RCH-Werkstor mit dem

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Abbildung 19. Entkobaltung des Hydroformyliergemischs durch eine Carbonylwaschkolonne.

a) b)

Abbildung 20. a) Werksbesetzung der Ruhrchemie wegen des Widerstandes gegen dieDemontagen; b) Deutung des Karikaturisten Cerny aus gleichem Anlass und vor gleicherKulisse.

Chemiegeschichte 1861

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Petersberger Abkommen vom November 1949 mitteilt, dassalle Demontagen eingestellt wurden und die halbe Oxoanla-ge damit erhalten blieb [61]. Die Renitenz der Belegschaftging übrigens bis zum „Widerstand gegen Sachen“ und da-mit bis zur Demolierung des Autos des Demontageunter-nehmers (Abb. 21).

Der Unternehmer war ein ehemaliger Ruhrchemist, des-sen Wiedereinstellung nach 1945 abgelehnt worden warund der sich dann selbständig machte. Erst mit dem er-wähnten Petersberger Abkommen vom November 1949wurden die Demontagen eingestellt und sein Job überflüs-sig [62]. Sehr instruktiv hat Rasch bereits 1987 über „Wie-deraufbau, Entnazifizierung und Demontage“ bei der RCHberichtet [63].

Die Ruine der Oxoanlage wurde bis Anfang der fünfzigerJahre unberührt gelassen; wohingegen die Amerikaner un-ter Nutzung der beschlagnahmten deutschen Patente eige-ne Oxoanlagen bauten (siehe z. B. [6]). Erst nach 1951 wurdesie ergänzt (Abb. 22) und ab 1953 für die Herstellung voneinigen hundert Tonnen von C10 – C18-Oxoalkoholen einge-setzt. Die Fahrweise war behelfsmäßig: diskontinuierlicherBatch-Betrieb in 1,5 m3-Reaktoren aus Normalstahl mit Be-triebsdruck 200 bar und einer Betriebstemperatur von200 °C (Abb. 23) [64 – 66].

Diese Reaktoren, bei denen offen bleibt, ob es sich inWirklichkeit nicht um einen der Reaktoren der Kriegsanlagehandelte (wofür auch der Hersteller Schneider & Cie, Paris,spricht), hatten innenliegende Rohrschlangen relativ gerin-ger Fläche für Heiz- und Kühlzwecke. Mittels Gasumlauf-pumpen konnte eine ausreichende Durchmischung undeine gute Begasung des Reaktorinhaltes sichergestellt wer-den.

Der Katalysator der damaligen Zeit war pyrophores Ko-balt, das vor Ort vermahlen und in Leichtöl suspendiert vor-gelegt wurde. Er dürfte einen mineralischen Träger wieMagnesium- oder Alumuniumoxid oder Silica enthaltenhaben, da mehrstufige Filtrationen für das Oxoproduktbenutzt wurden. In Überwindung der Batch-Technologiezielten dann neuere Arbeiten auf ein kontinuierlichesVerfahren, für dessen Entwicklung Versuche in einer alten

Methandruckflasche mit Magnetrüh-rer durchgeführt wurden. Interessan-terweise wurde bereits damals schonin einer Zweiphasenfahrweise miteiner wässrigen Kobaltsulfatlösungals Katalysatorvorstufe gearbeitet,was aber innerhalb kurzer Zeit zusolch erheblichen Korrosionen desHD-Reaktors führte, dass Eisenble-che als Opferkathode in den Reaktoreingebracht werden mussten [66, 67].Erst durch den Ersatz der Kobaltsul-fatlösung durch das wasserfreie Car-bonat konnte dieses Problem gelöstwerden, während an der Entkobal-

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a) b)

Abbildung 21. a) Der Wagen des Demonteurs wird von aufgebrachten Belegschaftsmitglie-dern angegriffen und umgeworfen (im Hintergrund die Chemische Fabrik Holten, CFH);b) Widerstand gegen Sachen: Erfolgreicher Umsturz eines Opel-Olympia des Demontage-unternehmers.

Abbildung 22. Neubau der Vordestillation (im Hintergrund dasRCH-Kraftwerk).

Abbildung 23. Früher Oxoreaktor nach Wiederinbetriebnahmeder Anlage.

1862 B. Cornils et al.

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tung mittels Dampf festgehalten wurde. Damit enthieltendie Oxo-Straßen ab 1956 (Abb. 24) bereits die typischen Ele-mente der Herstellung der Katalysatorsuspension (Abb. 25)und der Einbindung der Hydratisierung/Entkobaltung(Abb. 26) [64 – 66].

Aus der Fülle verfahrensrelevanter Eigenentwicklungenjener Zeit seien als Beispiele die Produktführung bei denEntkobaltern (Abb. 27) und die Reaktandeneinspeisung inGroßreaktoren gezeigt (Abb. 28) [65]. Die Reaktoren warenmit internen, wassergekühlten Registern versehen, die von

Dampftrommeln gespeist wurden,allerdings zunächst ohne Nutzungdes erzeugten Prozessdampfes. HD-Pumpen für die Einspeisung der Ein-satzalkene, die durch Wärmetauschund evtl. Zusatzheizung vorgewärmtwurden, ein HD-Abscheider, in demdas nach Reaktor abgekühlte Oxopro-dukt vor der Entspannung von einerbegleitenden Abgasphase getrenntwurde, und die Entkobaltung durchHydratisierung mit Dampf und da-mit die hydrothermale Zersetzungder Kobalthydrocarbonyle waren diewichtigen und kennzeichnendenTeile der frühen Oxoverfahren in denfünfziger Jahren. Typische Problem-punkte der damaligen Fahrweisewaren hohe Abgasmengen als Folgeder Synthesegasversorgung durchKoksvergasung (zunächst Koksofen-

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Abbildung 24. Oxostraßen 2 – 5; die ältesten aktiven Anlagen derRuhrchemie (heute Oxea, Ausschnitt aus dem Film „Ruhrchemie1964“).

Abbildung 25. Herstellung der Katalysatorsuspension.

Abbildung 26. Prinzipschema der Anlage mit Reaktor/Hydratiseur.

Abbildung 27. Bodensektion der Entkobalter.

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gas, später Wasser- bzw. Generatorgas und damit vergleichs-weise niedrige CO- und H2-Anteile, begleitet von relativhohen Inertgasanteilen) und Umweltbelastungen durchAbgabe dieser Abgase an die Atmosphäre – der Gedankedes Umweltschutzes war noch nicht geboren, allenfalls warLuftreinhaltung ein in die Zukunft weisendes Schlagwort.

Produziert wurden hauptsächlich C8- oder C9-Alkoholeaus Hepten oder Diisobutylen. Den Mitarbeitern wurde vielPioniergeist abverlangt: das Kühlregister unterlagstarkem Fouling durch Ablagerungen von Katalysa-torverunreinigungen (hauptsächlich Silikate), washäufige Säuerung mit Salpetersäure erforderte. Dieeine kontinuierliche Fahrweise sichernden Mess-und Regelgeräte waren damals noch unzuverlässigund teilweise starkem Verschleiß ausgesetzt, insbe-sondere die Entspannungsventile der Entkobalter,die von einem harten Mehrstoff- und Mehrphasen-gemisch mit Bestandteilen von erodierendem, me-tallischen Kobalt passiert wurden. Auch die Hydra-tiseure selbst litten unter starkem Fouling durchAblagerungen von metallischem Kobalt, was sichdurch die direkte Injektion von Dampf vermeidenließ (Abb. 27). Im Verlauf des ersten Jahrzehntskonnten dann durch systematische Änderungen derFahrweise entscheidende Verbesserungen erreichtwerden, z. B.: optimierte konstruktive Gestaltung

der Hydratiseure und vorteilhaftere Führung der Phasen,Suspendierung des den Hydratiseur verlassenden Kreislauf-katalysators, bestehend aus metallischem Kobalt und ausKobalthydroxid, das nach Fällung mit NaOH aus löslichenKobaltsalzen erhalten wurde, in Hochsiedern (Dicköle) deseigenen Prozesses in feinkörniger, hochkonzentrierter undgut lager- und dosierfähiger Form, die Abtrennung von drei-phasigen Fest- und Flüssiggemischen mithilfe von selbst-entschlammenden Tellerzentrifugen oder der Ersatz vonDoppelkonusdichtungen der Hochdruckreaktoren durchhocheffektive Schweißlippendichtungen.

Eine Reihe von Detailentwicklungen wurde in dem Maßenotwendig, in dem Propylen als Ausgangsalken für n- undiso-Butyraldehyd ökonomisch zunehmend wichtiger unddas Synthesegas durch Ölvergasungsverfahren mit nachfol-gender Reinigung mit ADIP oder anderen Wäschen besserund reiner zugänglich wurde. Hierzu gehörten beispiels-weise die Steuerung der Zusammensetzung des Kreislauf-katalysators in Abhängigkeit vom Restschwefelgehalt desSynthesegases oder die Realisierung neuer Kühlsystememit hohen spezifischen Kühlflächen durch eingehängteField-Rohre. Sie erhalten ihr Kesselspeisewasser über einZentralrohr, während das Wasser im äußeren Ringraumaufsteigt und dabei die erhebliche Reaktionswärme der Oxo-synthese unter teilweiser Verdampfung aufnimmt. Die Zir-kulation des Kühlwassers erfolgte zunächst mit Naturum-lauf (Thermosyphon) oder wahlweise durch Pumpen.Ausgehend von Reaktor 2 des Jahres 1959 mit 37,5 m2 abso-luter Kühlfläche (und einer spezifischen Kühlfläche von20,2 m2 pro m3 Reaktorvolumen) konnte so mit Reaktor 7von 1976 eine Kühlfläche von 1484 m2 (56,29 m2m–3 spezi-fisch) erreicht werden. Diese exzellenten Werte wurdenauch dadurch gesichert, dass dünnwandigere Rohre, alsnach der in der Chemie üblichen HD-Norm der früherenIG vorgeschrieben, eingesetzt wurden. Die optimale Anord-nung des Kühlregisters (gezogenes Register neben demReaktor in Abb. 29a, heller Pfeil) wird in Abb. 29b anschau-lich.

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Abbildung 28. Reaktandeneinspeisung.

a) b)

Abbildung 29. a) Gezogenes Kühlregister Reaktor 7; b) enge Verteilung derField-Rohre (am Unterteil des Reaktors).

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Die gezeigte enge Verteilung reduziert den Produktraumauf etwa 70 % des freien Reaktorvolumens. Die Leerrohrge-schwindigkeit des Kühlmediums beträgt ca. 70 cm s–1. Aufdie Anwendung höherer Drucke als 30 MPa (dem maxima-len Gesamtdruck der klassischen Synthese) wurde trotzeines noch deutlichen Effekts (Abb. 30) verzichtet, da diesteigenden Kompressionskosten den Vorteil höherer n/iso-Verhältnisse überkompensieren. Ein erwünscht hohes n/iso-Verhältnis wird durch möglichst tiefe Reaktionstemperatu-ren sichergestellt (Abb. 31; [51, 64]).

Eingehende Untersuchungen undBerechnungen brachten Einblicke inviele Vorgänge in Oxoreaktoren, bei-spielsweise zu statistischen Reaktor-modellen unter Einschluss solvati-sierter (CO-)Liganden, Ermittlungender Verweilzeitverteilung oder zurMischgüte der Oxoreaktionsphasenim Reaktor, abhängig von der Entfer-nung von der Reaktandeneinspei-sung (Abb. 32; [68]).

Die Verbesserungen machten deut-lich, wie durch die Einhaltung mä-ßiger Reaktionstemperaturen von145 °C die hohen und erwünschtenn/iso-Verhältnisse bei der Propylen-hydroformylierung gesichert undtrotz hoher Durchsätze von bis zu1,5 V V –1h–1 hohe Propylenumsätzeerreicht werden konnten. Eine opti-mierte Aufteilung des Umsatzes aufzwei Stufen unter Nutzung der HD-Abscheider als Zusatzreaktoren und

hocheffektive Großreaktoren wie die in Abb. 33 und 34gezeigten haben dazu beigetragen, dass das Mengenwachs-tum der Propylenhydroformylierung unter akzeptablen Kos-ten ermöglicht wurde. In den 1960er und 1970er Jahrenkonnte eine Reihe von Anlagen mit diesem konkurrenz-fähigen Ruhrchemie-Verfahren weltweit lizenziert werden[69 – 71].

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Abbildung 30. Einfluss des Gesamtdruckes auf das n/iso-Verhält-nis der Oxosynthese.

Abbildung 31. Einfluss der Temperatur auf das n/iso-Verhältnis.

Abbildung 32. Mischgüten (normiert auf Werte zwischen 0 und 1) der Reaktorphasen in Ab-hängigkeit von der Reaktorhöhe [68].

Chemiegeschichte 1865

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Mit Propylen als Einsatzalken liefert das klassischeOxoverfahren mit Kobaltkatalysatoren Oxorohprodukte mitdeutlichen Mengen an Nebenprodukten wie n- und iso-Butanol, n- und iso-Butylformiaten und Höhersiedern(Dicköle). Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit sind des-halb Methoden zur Aufarbeitung des Sumpfproduktesaus Butylformiaten und Höhersiedern zu den Wertproduk-ten n- und iso-Butanal bzw. -Butanol integraler Bestandteilklassischer Oxoverfahren. RCH hat dazu über die Jahrehinweg verschiedene Verfahren betrieben: außer der Hy-drierung an Ni-Katalysatoren und einer alkalischen Ver-seifung auch eine eigenentwickelte Natriumformiat- unddie besonders effektive und elegante Aluminiumoxidspal-tung [73].

Über die verschiedenen Varianten des Ruhrchemie-Verfahrens auf Basis von Co-Katalysatoren ist in der Ver-gangenheit ausführlich berichtet worden, besonders überden Katalysatorkreislauf, bei dem das Kobalt nicht, wiebei anderen Verfahren, eine produktivitätsmindernde Va-lenzänderung durchläuft. Ähnliches gilt für das frühereKuhlmann-Verfahren (heute Exxon), das nach dem Kriegvon Roelens Mitarbeiter in Holten, H. Lemke, in Frank-reich nachempfunden wurde. Hierbei wird der Katalysa-tor H[Co(CO)4] in einem aufwendigen Extraktions- undReextraktionsschritt aus dem Oxorohprodukt entfernt[74, 75].

6 Weiterentwicklung: Ruhrchemie/Rhône-Poulenc-Verfahren auf Rhodium-Basis

Die Ruhrchemie hat lange an dem Oxoverfahren unter Ver-wendung von Kobalt festgehalten, u. a. wegen der führen-den, eigenen Technologie und Widerstand von höherer Stel-le. Andere Übergangsmetalle wurden allerdings frühzeitigauf ihre Eignung auf Oxoaktivität untersucht und so bei-spielsweise Rhodium in dem Patent DE 953 605 [12] derChemischen Verwertungsgesellschaft mbH von 1953beschrieben. Eine derart charakterisierte Fahrweise unterhohem Druck und unter Nutzung der hohen Aktivität vonRhodiumhydrocarbonylen wird seit Jahrzehnten bei derRuhrchemie (heute Oxea) für die Herstellung von Spezial-produkten genutzt (sog. HD-Rh-Verfahren in Rohrreakto-ren der geschilderten Art). Es zeigte sich jedoch in den1970er Jahren, dass neuartige Kombinationen anderer Er-gebnisse – von Shell (spezielle Phosphanmodifizierung vonKobaltkatalysatoren; Verfahren Nr. 6 in Tab. 1) und des spä-teren Nobelpreisträgers G. Wilkinson (hohe Oxoaktivitätvon P-modifizierten Rh-Verbindungen) – zu hocheffizien-ten und thermostabilen Katalysatoren für Oxoverfahren derPropylenverarbeitung mit minimiertem Anfall an iso-Ver-bindungen und anderen Nebenprodukten genutzt werdenkönnen. Ein derart nach Wilkinson modifizierter Oxopro-zess, das sog. LPO-Verfahren (Nr. 7 in Tab. 1) wurde ab1976 vom Konsortium Union Carbide/Johnson Matthey/DavyMcKee als LP Oxo Process in die Technik eingeführtund dann auch weltweit lizensiert (wobei der Name LPOProcess offensichtlich bei der BP entlehnt wurde [76a]). Da-mit stellte sich zu jener Zeit die Welt der Oxoverfahren amBeispiel von Propylen wie in Tab. 1 dar (Übersicht in [76b]).

Abgesehen von anderen Unterschieden, wie verschiedeneÜbergangsmetalle als Katalysatorbasis, Produktion vonAldehyden oder Alkoholen, Druckbereiche, Art des Ligan-den und der Phasigkeit, ist das n/iso-Verhältnis ein wich-tiges Kriterium für die Wahl des Prozesses. Rh-Verfahrenliefern mit n/iso-Gehalten von > 95:5 (als Quotient: 19) ent-scheidend mehr des geradkettigen n-Butyraldehyds. DieseTechnik und damit der Wechsel der Basis der Hydroformy-lierungskatalysatoren von Kobalt zu Rhodium wurde auchRCH-intern eingehend diskutiert und im Oxo-Technikumder Ruhrchemie in vielen Varianten nachvollzogen.

Zu Beginn der 1980er Jahre ergab sich die Möglichkeit,eine Entwicklung der Rhône-Poulenc (RP), eine der Partner-firmen bei der RCH-Lizenzanlage in Lavéra/Frankreich,aufzugreifen. E. G. Kuntz von RP hatte im Labormaßstabein überraschend elegantes und sehr fortschrittliches Oxo-verfahren auf der Basis wasserlöslicher Rh-Katalysatorenmit hydrophilen Liganden wie TPPTS (Triphenylphosphin-trisulfonat) vorgeschlagen. RP war selbst nicht an einerTransformation in den technischen Maßstab interessiert[77]. Damit hatte die Ruhrchemie die Chance, diese Vorar-beiten zur Grundlage einer eigenen Übertragung in dentechnischen Maßstab und zur Weiterentwicklung einesgrundsätzlich neuen Oxoverfahrens zu machen. Nach in-

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Abbildung 33. Reaktor 6 (hinterer rechter Mittelgrund) undReaktor 7 (davor im rechten Vordergrund).

Abbildung 34. Wie sich die Redakteure der Werkszeitung seiner-zeit (und karikaturistisch überhöht) die Anlieferung des damalsweltgrößten (wohl besser: weltlängsten) Oxoreaktors vorstellten[72].

1866 B. Cornils et al.

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tensiven Versuchen, beispielsweise auch in Hinblick aufden Vergleich zu anderen wasserlöslichen Liganden wieBISBIS, NORBOS oder BINAS, zeigte sich TPPTS untersonst gleichen Bedingungen in der Summe aller Eigen-schaften einschließlich der Ligandenkosten als überlegen[78]. Andere Liganden sind in der Aktivität deutlich unter-legen sowie schwieriger und aufwendiger herzustellen.Hinzu kommt, dass sich das n/iso-Verhältnis auch beiRh/TPPTS-Katalysatoren unter optimierten Bedingungenbis über 97:3 (Quotient über 30) steigern lässt.

1984 wurde in Oberhausen eine erste Anlage nach diesemRuhrchemie/Rhône-Poulenc Verfahren mit einer Kapazitätvon 120 000 t a–1 n-Butyraldehyd in Betrieb genommen(Verfahren Nr. 8 in Tab. 1). Die Entwicklungsarbeiten wurdenunter starkem Zeitdruck innerhalb von zweieinhalb Jahren,inklusive einer Bauzeit von acht Monaten für die parallelgebaute Großanlage und mit einem Scale-up-Faktor von1:24 000 durchgeführt: ein Erfolg der großen Er-fahrung der RCH-Entwickler – Ingenieure undChemiker – und der engen Zusammenarbeit allerbeteiligten RCH-Spezialisten (Abbn. 35 und 36).

Das Verfahren nutzt das hydrophile System,das neben Rh-Carbonylen das wasserlöslichePhosphin TPPTS enthält und zu hochaktivenKatalysatoren führt. Die entscheidende Neue-rung ist damit die Heterogenisierung des an sichhomogen vorliegenden Katalysators, was eineImmobilisierung mithilfe der Wasserphase be-deutet. Damit erfüllt sich der Traum jeder Oxo-forschung: die Hydroformylierung von Propylenmit einem in Bezug auf die Einsatz- und Reak-tionsprodukte in heterogener Phase vorliegen-dem, allerdings mechanistisch homogen wirken-dem, Katalysator, ohne die bekannten Nachteileeines Leachings und hoher Aktivitätsminderun-

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Tabelle 1. Kennzahlen verschiedener Oxoverfahren.

Katalysatormetall Kobalt Rhodium

Variante unmodifiziert modifiziert modifiziert modifiziert

Ligand – Phosphan (Phoban) Phosphan (TPP) Phosphan (TPPTS)

Katalysatorspezies HCo(CO)4 HCo(CO)3L HRh(CO)L3 HRh(CO)L3

Verfahrensnr. 5 6 7 8

Phasen 1 1 1 2

Temperatur [ °C] 150 – 180 160 – 200 60 – 120 50 – 130

Druck [bar] 200 – 300 50 – 150 1 – 30 12 – 50

Kat.-konzentration [ %] 0,1 – 1,0 0,2 – 0,8 0,01 – 0,1 0,001 – 0,1

Raum-Zeit-Ausbeute [LHSV] 0,5 – 2,0 0,1 – 0,2 0,1 – 0,2 > 0,2

Produkte Aldehyde Alkohole Aldehyde Aldehyde

n/i-Verhältnis ∼80:20 88:12 92:8 > 95:5

Nebenprodukte viele viele wenige wenige

Katalysatorkreislauf aufwendig einfach einfach besonders einfach

Laboratory OT-pilot plant Plant

Large scale plant

Pilot plantLaboratoryreactor

reactor

reactor

Temp. [°C] 125Press. [bar]VolumeScale-up factorTONn/iso-ratio

305 L

13,1 x 106

94 : 6

12550

50 L1 : 10

3,6 x 106

95 : 5

12250

120 m3

1 : 24.000>> 5 x 106

96 : 4

Abbildung 35. Entwicklung des RCH/RP-Verfahrens.

S

Lab tests Manufacture of TPPTS

Pilot plant testsApparatuses + engineering in pilot plant

Reactor, stirring

Recycling, product quality

Engineering and erection of commercial plant

Purification of reactantsHeat recovery

Alternative solutionsRh procurementCorrosion tests

Reaction conds. in pilot plant

Testing of TPPTS

Cat. recycle and work-upReaction engineering

Jan

1st

Jul 1

5th

1st year 2nd year 3rd year

Abbildung 36. Zeitplan der Entwicklung des RCH/RP-Verfahrens.

Chemiegeschichte 1867

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gen wie bei der klassischen Heterogenisierung mithilfe vonfesten Trägern. Damit ist die sofortige Trennung von imWasser gelöst bleibendem Katalysator und dem organischenReaktionsprodukt nach erfolgter Umsetzung möglich. Dieswiederum erlaubt gegenüber klassischen Oxoverfahren aufKobalt-Basis sehr kompakte und kostengünstige Anlagen(Abb. 37) [78]. Das RCH/RP-Verfahren ist äußerst wirt-schaftlich und liefert Oxorohprodukte mit Selektivitätenvon 99 % zu Aldehyden mit n/iso-Verhältnissen von biszu 97:3 und Selektivitäten von > 99 % zu C4-Produkten(Tab. 2). Zu der starken Erhöhung der Ausbeute am ge-wünschten n-Butyraldehyd kommt beim RCH/RP-Verfah-ren eine gravierende Senkung der Investitionskosten auf-grund des Wegfalls aufwendiger Katalysator- undNebenproduktkreisläufe hinzu (Abb. 38).

Der Reaktor ist im Gegensatz zu den früheren Rohrre-aktoren ein Rührkessel. Mit dem Verfahrensfließbild inAbb. 37 wird auch die völlig neuartige Nutzung der Reak-tionswärme der Hydroformylierungsreaktion deutlich. Diegegenüber der Co-Fahrweise entscheidend gesenkte Reak-tionstemperatur limitiert den Einsatz von Wasser als Kühl-medium. Als Folge der geringen Temperaturdifferenz zwi-schen der Reaktions- und der Siedetemperatur desWassers ist beim RCH/RP-Verfahren das Kühlsystem desReaktors als Fallfilmverdampfer für n-Butyraldehyd ausge-legt und dient damit als Reboiler der n/iso-Aldehyd-kolonne. Der n-Butanaldampf wird nach Passieren desVerdampfers der n/iso-Kolonne unterhalb der erstenTrennstufe wieder zugeführt, so dass keine Fremdenergiezum Betreiben dieser Kolonne mehr benötigt wird. Das

für die n/iso-Trennung nicht benötigte Reaktionswär-meäquivalent wird über einen Wärmeaustauscher alsProzessdampf gewonnen und in das Dampfnetz einge-speist. Dies erlaubt eine – bis auf Strahlungsverluste –vollständige und wirtschaftliche Nutzung der Reakti-onswärme und führt dazu, dass der Prozess ein Netto-Dampfproduzent ist.

Zu den Katalysatorkosten ist zu bemerken, dass dieRh-Verluste im ppb-Bereich liegen und damit ein ex-trem geringer Ergänzungsbedarf vorliegt – die Kobalt-verluste der klassischen Verfahren lagen um Potenzenhöher. Umgekehrt proportional zum Rhodiumverlustverläuft die Kurve der Katalysatorstandzeit. Sie ist inAbb. 39 dargestellt und zeigt, dass die Nachspeisungvon überschüssigem Liganden eine deutliche Verlänge-rung der Standzeit in Form einer Sägezahnfunktion er-möglicht.

Mit den genannten Werten für Katalysatorergänzungbzw. Rh-Verbrauch wird auch deutlich, dass trotz des

teuren Übergangsmetalls Rhodiumdie Wirtschaftlichkeit des Verfahrensnicht allein durch Rh bestimmt wird.Im Übrigen bewegen sich auch diePreisschwankungen beim Kobalt umeinen Faktor von über 3. Einige ande-re grundsätzliche Abhängigkeitender Hydroformylierung mithilfeTPPTS-modifizierter Rhodium-Kata-lysatoren sind einschlägigen Publika-tionen zu entnehmen [79 – 81, 84].

Einen Eindruck der drei kompak-ten und baugleichen Anlagen derOxea gibt Abb. 40, die gleichzeitigdas typische Kennzeichen jederRCH/RP-Anlage, den querliegendenPhasentrenner, zeigt. Zum Vergleichist in Abb. 41 eine konkurrierendesLPO-Verfahren bei den ChemischenWerken Hüls gezeigt, das 1980 inBetrieb genommen wurde und ineiner dreisträngigen Anlage deutlich

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Vent

Propene

CO/H2

reppirt S

Dis

tilla

tion

Rea

ctor

Decanter

i-Al

n-Al

1

2

3

4

56

liquid

n-Al liquid

vapor

Abbildung 37. Fließbild des RCH/RP-Verfahrens.

Abbildung 38. Verfahrens- und Apparateteile (grau unterlegt), die beim Vergleich mit demalten Kobaltverfahren entfallen [82].

1868 B. Cornils et al.

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weniger C4-Produkte als eine ebenfalls dreisträngige RCH/RP-Anlage erzeugte.

Über Details und Zusammenhänge des RCH/RP-Ver-fahrens wurde von RCH in den Jahren 1980 bis 1994 auspatent- und lizenzrechtlichen sowie aus Geheimhaltungs-gründen detailliert nur in Form von Patentanmeldungenberichtet. Es gibt trotzdem eine Publikation [86] von einemfirmenfremden Kollegen, der zum Zeitpunkt der Entwick-

lungsarbeiten bei RCH, der Zusammenarbeit von RCH undRP und des Anfahrens der ersten Anlage keinen legalenZugang zu Informationen über das Verfahren hatte. Diesenichtautorisierte Veröffentlichung nannte Details teilweiseinkorrekt und dankte in einer Fußnote nichtsahnendenAngehörigen der Ruhrchemie AG – die also offensichtlichaus Patentanmeldungen „abgeschöpft“ worden waren, wiedas ähnlich zur gleichen Zeit von der Stasi der ehemaligenDDR bekannt war. Dem Vernehmen nach war der eigent-liche Verfasser noch nicht einmal der Firmenfremde selbst,sondern ein mit ihm befreundeter französischer und inzwi-schen pensionierter Hochschullehrer. Dieses mystifizieren-de Vorgehen war sehr ungewöhnlich und wegen der Sen-sibilität des Lizenzgeschäftes auch schädlich. Davonabgesehen wurde seit 1993 auch über das neue Ruhr-chemie/Rhône Poulenc-Verfahren wiederholt von autori-sierter und kompetenter Seite berichtet. Eine Anlage wurdebisher nach Süd-Korea lizensiert.

Das RCH/RP-Verfahren wurde, wie beschrieben, speziellzur Umsetzung von Propylen zu n-Butyraldehyd entwickelt.Es ist wahlweise jedoch auch zur Herstellung von Valeralde-hyden aus Butenen eingesetzt worden. Bei den höheren

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Tabelle 2. Kennzahlen des RCH/RP-Verfahrens im Vergleich zu anderen Rh-Prozessen und dem klassischen Kobaltverfahren.

neuer Prozess anderer moderner Rh-Prozess alter Co-Prozess

Aldehyde [ %] 99 96 80

n/i-Verhältnis 97:3 92:8 80:20

Nebenprodukte < 1 < 4 20

– Hochsieder < 0,5 2 7

– andere außer n-Aldehyde < 5 < 10 30

Temperatur / Druck [°C] / [bar] 120 / 50 80 / 20 150 / 300

Herstellkosten 100 110 140

Investitionskosten 100 100 > 190

Energiebedarf Exporteur 100 > 200

Abwassermenge nil 10 100

E-Faktor 0,04 0,06 0,6

Catalyst lifetime [yrs.]

Activity

(mol

ar P

/Rh

ratio

)

Withoutcompensation

With intermittentligand compensation

Abbildung 39. Katalysatorstandzeit beim RCH/RP-Verfahren [83].

Abbildung 40. RCH/RP-Verfahren: einsträngigmit einer Kapazität von120 000 t a–1.

Abbildung 41. Konkurrierendes LPO-Verfahren in dreisträngigerBauart (aus [85]).

Chemiegeschichte 1869

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Alkenen ist deren Wasserlöslichkeit für akzeptable Umsätzezu gering. Für Olefine höherer C-Zahl lassen sich zweipha-sige Techniken mit anderen Lösemitteln und unter variier-ten Bedingungen finden, die entweder auf eine Fahrweisemit lösevermittelnden Liganden bzw. Katalysatoren, mitionischen Flüssigkeiten oder auf eine Operation hinauslau-fen, bei der die Phasigkeit der Umsetzung im Verlauf derSequenz Hydroformylierung/Katalysatorabtrennung geän-dert wird, so dass die Umsetzung selbst einphasig und dieKatalysatorabtrennung und -rückführung zweiphasig er-folgt. Hierbei sind beispielsweise thermomorphe oderthermoregulierte Systeme zu nennen, die in großer Vielfaltbeschrieben wurden. Die Verfahrensvorschläge sind sehrinnovativ und vielversprechend; die technische Realisierungwird allerdings auch vom Sprung der Hydroformylierungs-produkte von der Spezialität zum Bulkprodukt abhängen.

Die hier referierten Arbeiten sind während des Krieges(soweit es sich noch rekonstruieren lässt) außer vonRoelen selbst von zahlreichen seiner Mitarbeiterndurchgeführt worden. Nach dem Krieg sind es diezuständigen Abteilungen der Ruhrchemie AG gewe-sen, denen alle Fortschritte und Erfolge zu verdankensind.

Die Autoren und der Verlag danken der OXEA GmbHfür die Genehmigung, die Abbildungen 4, 5, 8, 14, 20,21, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 34 und 40 wiederzugeben.

Literatur

[1] a) M. Beller, B. Cornils, W. A. Herrmann, R. Paciello, AppliedHomogeneous Catalysis with Organometallic, 3th ed., Wiley-VCH, Weinheim 2014; b) G. Frey, G. Dämbkes, 75 Jahre Oxo-Synthese, Klartext Verlag, Essen 2013, 159ff.

[2] R. Franke, D. Selent, A. Börner, Chem. Rev. 2012, 112, 5675.[3] K.-D. Wiese, D. Obst, Top. Organomet. Chem. 2006, 18, 1.[4] B. Cornils, in New Syntheses with Carbon Monoxide (Ed: J. Falbe),

Hydroformylation, Springer, Berlin 1980.[5] C. Claver, P. W. N. M. van Leeuwen, Rhodium-Catalyzed Hydro-

formylation, Springer, Berlin 2000.[6] S. K. Ritter, Chem. Eng. News 2013, 91, 38.[7] B. Cornils, W. A. Herrmann, C.-H. Wong, H.-W. Zanthoff,

Catalysis from A to Z, 4th ed., Wiley-VCH, Weinheim 2013,Schlagwort catalytic promiscuity

[8] British Intelligence Objectives Sub-Committee (BIOS), FinalReport No. 447, 1946 (größtenteils identisch mit BIOS TargetNo. 30/5.01).

[9] O. Roelen, Chem. Exp. Didakt. 1977, 3, 119.[10] O. Roelen, in Naturforschung und Medizin in Deutschland

1939 – 1946 (Ed: K. Ziegler), Präparative organische Chemie,Band 36, Teil 1, Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Mainz1948, 155.

[11] GdCh-Ortsverband Braunschweig, Angew. Chem. 1948, 60,211. DOI: 10.1002/ange.19480600713

[12] O. Roelen (Chemische Verwertungsgesellschaft OberhausenmbH), Patent DE 849548, 1938/1952.

[13] O. Roelen, Patent US 2327066, 1943.[14] Protokolle der entsprechenden Verträge zwischen der Ruhr-

chemie AG, der I.G. Farbenindustrie AG und der Henkel Cie.sind einzusehen im LVR-Industriemuseum Oberhausen.

[15] Fischer-Tropsch Archive, Technical Oil Mission (TOM Reels),Technical Report 248-45, Ch. 2 und 5. Ein Teil der entsprechen-den Unterlagen der alliierten Befragungskommissionen sindim Internet zu finden: www.fischer-tropsch.org/

[16] vgl. [15], Reel 014.[17] Werkszeitung Ruhrchemie AG, Februar 1968.[18] G. Schiller (Chemische Verwertungsgesellschaft Oberhausen

mbH), Patent DE 953605, 1956.[19] E. P. Peck, BIOS Target No. 30/5.01, April 07, 1945.[20] vgl. [15], Reel 30/5.01-1-21 (BIOS Target).[21] Ruhrchemie AG, vgl. [15], Reel 30/5.01-65 (BIOS Target).[22] vgl. [15], Technical Advisory Committee (TAC) Report A1ML-1.[23] Ruhrchemie AG, vgl. [15], BIOS Target 30/5.01-1.[24] Lediglich für die Oxoanlage in Leuna-Merseburg wurde eine

Kleinproduktion berichtet; daraus jedoch die Aussage „firstunit began its work“ [2] abzuleiten ist übertrieben.

[25] Werkszeitung Ruhrchemie AG, Oktober 1967.[26] BIOS Report No. 736 (Interrogation of Dr. Roelen), Reel, Target

No. C 30/5.01(a).[27] a) H. J. Nienburg, A. Gemassner (Chemische Verwertungs-

gesellschaft Oberhausen), Patent DE 902491, 1943/1953;b) A. Elbel, A. Gemassmer, W. Wenzel, Patent DE 896341,1943/1953.

[28] A. A. Blanchard, P. Gilmont, J. Am. Chem. Soc. 1940, 62, 1192.[29] Combined Intelligence Objectives Sub-Committee (CIOS),

Report/Target 30/4.02.[30] W. Hieber, Chemie 1942, 55, 7.[31] Vgl. [15], Section VII, Ch. 4.

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Boy Cornils, Jahrgang1938, ist Chemiker undpromovierte 1964 an derTH Hannover in Tech-nischer Chemie beiG. Schiemann. Im Laufeseiner Karriere leitete erden Geschäftsbereich A(Chemikalien) und dieForschung des Geschäfts-bereiches B (OrganischeChemikalien) der HoechstAG sowie lange Zeit die

Abteilung Forschung & Entwicklung der RuhrchemieAG, Oberhausen. Prof. Cornils war zudem von 1989bis 1998 Honorarprofessor für Technische Chemie ander Ruhr-Universität Bochum.

1870 B. Cornils et al.

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[32] Field Investigation Agency, Technical (FIAT), Final ReportNo.1000, 1947.

[33] So geben die Alliierten-Berichte sowohl die erstaunliche Version„The process was developed independently by Ruhrchemieand IG Farben“ ([15], Section VII, Summary; ähnlich [22],Chapter D) wieder, als auch „Roelen stated that he first pre-dicted the possibility of the OXO-synthesis in 1938...“ (BIOSTarget No. 30/5.01), und das zu einem Zeitpunkt, bei dem dasRoelen’sche US-Patent (1943) bereits bekannt war.

[34] R. L. Hasche, R. H. Boundy, CIOS Report No. C22/196, 1945.[35] V. Haensel, J. P. Jones, CIOS, Target No. 30/4.02, Item No. 30,

File XXXII-103.[36] BIOS Target 30/4.02-p.668, Notiz Dr. Gemassmer/Hauptlabor

Me 219, Leuna, 20. Oktober 1942.[37] Der derzeitige Stand des Oxo-Problemes, Bericht Versuchslabor

Leuna, BIOS Target 30/4.02, 10. Februar 1942.[38] BIOS Target 30/5.01-94, Brief der IG Farben an Martin/RCH,

20. April 1942.[39] Notiz Dr. Gemassmer/Dr. Berg, Versuchs-Laboratorium

Nr. 416, Leuna, 25. September 1943; vgl. [14], TOM Reel 134-0080.

[40] Target 30/4.02, p. 00000715.[41] Notiz Dr. Gemassmer, Ammoniakwerk Merseburg, Gasbilanz

für kontinuierliche Oxierung von C11/C12 Siedeband; Target 30/4.02, p. 00000716.

[42] Schema Oxo-Rieselverfahren von Lu, Target 30/4.02, p. 00000702.[43] vgl. [22], H. M. Weir, The Oxo Process for Alcohol Manufacture

from Olefins, Report, July 30, 1945.[44] Privatmitteilung Otto Roelens an Boy Cornils, 1977.[45] TOM Reels 30/4.02-79.[46] vgl. TOM Reels 30/4.02, Part XIV und Aktennotiz Landgraf/

RCH vom 26. Januar 1943.[47] Notiz RCH, Berechnung der Gestehkosten für eine 10 000 jato-

Anlage für Fettalkohole C12-C18.[48] Vorkalkulation für 15 000 jato Fattalkohole (RCH vom 26. Februar

1943), BIOS, Target No. 30/5.01-95.[49] vgl. [15], Ch. 6.[50] vgl. [21]: Zusammenstellung Investitionen.[51] B. Cornils, in Syntheses with Carbon Monoxide (Ed: J. Falbe),

Chapter 1, Springer, Berlin 1980, 164.[52] J. Falbe, Synthesen mit Kohlenmonoxyd, Springer, Heidelberg

1967, 64.[53] BIOS Report, Target 30/5, pp. II-13.[54] B. Cornils, W. A. Herrmann, C.-H. Wong, H.-W- Zanthoff,

Catalysis from A to Z, 4. ed., Wiley-VCH, Weinheim 2013,Schlagwort Neftekhim/Leuna process.

[55] vgl. Werbung des CAC-Chemieanlagenbau Chemnitz.[56] BIOS Report 447, Interrogations of O. Roelen, 1946.[57] BIOS Report 736, 1945.[58] Als „Faragher-Report“ geistert durch die FT-Literatur der frü-

hen Nachkriegsjahre ein wenig bekannter Bericht „Die Ent-wicklung der Fischer-Tropsch-Synthese bei der RuhrchemieAktiengesellschaft“, verfasst 1948 von O. Roelen.

[59] Kontrollrats-Verordnung Nr. 52 vom 8.10.1946, betreffend Wirt-schafts-Organisationen in der britischen Zone, 1946; z. B.zitiert in „Landesarchiv NRW, Abt. Rheinland“.

[60] Hierzu ist auch der Versuch zu zählen, durch einen Vertragmit der britischen Firma Balduin zu erreichen, dass sie sichim Gegenzug für die Lieferung von höheren Alkoholen nachGroßbritannien für die Aufhebung der Demontagen verwen-den würde.

[61] a) Werkszeitung Ruhrchemie AG, Oktober 1967, 23; b) Werkszei-tung Ruhrchemie AG, August 1969, 9.

[62] Werkszeitung Ruhrchemie AG, Werksaufnahmen RCH, August1969.

[63] M. Rasch, Technikgeschichte 1987, 54, 101.[64] B. Cornils, in Syntheses with Carbon Monoxide (Ed: J. Falbe),

Chapter 1, Springer, Berlin 1980, 21, 29.[65] Verschiedene Versionen des Oxoerfahrungsaustausches mit

RCH-Lizenznehmern.[66] Ruhrchemie AG, Patent GB 736875, 1952/1956.[67] K. Büchner, P.J. Kühnel (Ruhrchemie AG), Patent DE 837847,

1952.[68] S. Schlüter, Berechnung des Vermischungsverhaltens im Dosier-

bereich eines Chemiereaktors mit Hilfe von CFD, FraunhoferInstitut für Umwelt-, Sicherheits-Energietechnik UMSICHT,Oberhausen 2008.

[69] B. Cornils, L. Marko, Methoden der organischen Chemie(Houben-Weyl), Bd. 18/2, Thieme, Stuttgart 1986, 759.

[70] B. Cornils, in Winnacker/Küchler: Chemische Technik, 5. Aufl.,Bd. 4, Wiley-VCH, Weinheim 2005, 783.

[71] H. W. Bohnen, B. Cornils, Adv. Catal. 2002, 47, 1.[72] Werkszeitung Ruhrchemie AG, August 1967, 7.[73] z. B.: H. Tummes, J. Meis (Ruhrchemie AG), Patent

US 3462500, 1969; H. Tummes, J. Falbe, B. Cornils, PatentDE 1817051, 1968; M. Reich (Hüls AG), Patent US 4128730,1973.

[74] B. Cornils, in Syntheses with Carbon Monoxide (Ed: J. Falbe),Chapter 1, Springer, Berlin 1980, 165.

[75] z. B.: H. Lemke, R. Duval (Ugine-Kuhlmann), PatentUS 3763247, 1969/1973.

[76] a) M. J. Lawrenson (British Petroleum Company), Patent GB1197902, 1967; b) M. Beller, B. Cornils, C. D. Frohning, C. W.Kohlpaintner, J. Mol. Catal. A 1995, 104, 17.

[77] a) E. Kuntz (Rhône-Poulenc), Patent FR 2314910, 1975;b) E. Kuntz (Rhône-Poulenc), Patent FR 2349562, 1976.

[78] W. A. Herrmann, C. W. Kohlpaintner, Angew. Chem. 1993, 105,1588.

[79] E. Wiebus, B. Cornils, Chem. Ing. Tech. 1984, 66, 916.[80] E. Wiebus, K. Schmid, B. Cornils, in Water in Organic Synthesis

(Ed: S. Kobayashi), Thieme, Stuttgart 2012, 807.[81] E. Wiebus, B. Cornils, in Catalyst Separartion, Recovery, and

Recycling (Eds: D. Cole-Hamilton, R. Tooze), Springer, Berlin2006, Ch. 5.

[82] a) B. Cornils, E. Wiebus, CHEMTECH 1995, 25, 33; b) B. Cor-nils, E. Wiebus, Recl. Trav. Chim. Pay-Bas 1996, 115, 211.

[83] [79], S. 919.[84] E. Wiebus, B. Cornils, Hydrocarbon Process 1996, March, 63.[85] J. L. Stewart, Int. J. DavyMcKee 1982/1983, 6, 20 – 28.[86] E. G. Kuntz, CHEMTECH 1987, 17, 570.

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