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Im vorliegenden Fall haben wir es mit genau so einem Kandidaten zu tun: Geringer Output der Firma bei aller- dings bester Qualität der Instrumente und eine ausge- wiesene Nischenzielgruppe stellen nicht unbedingt die Rahmenbedingungen dar, um zum nächsten Big Player der internationalen Instrumentenbauszene zu avancie- ren. Auch eine Einladung zum Montreal Guitar Festival, dem Mekka der kleinen und kleinsten Edelmanufaktu- ren, erscheint mir doch recht unwahrscheinlich. Dies hat jedoch beileibe nichts mit den Fähigkeiten Stefan Schä- fers, dem Mind Behind der Firma 666strings aus Lengede in Niedersachsen zu tun, sondern eher mit besagter Ni- schenzielgruppe und dem damit verbundenen Firmeni- mage. Warum? Tja, bei Stefans Klientel handelt es sich in erster Linie um Vertreter eines Subgenres der Metal- Szene und zwar einem der extremeren Art, denn „Death Metal“ heißt das Zauberwort. Und ganz ehrlich, ich hoffe mal inständig, dass das durchschnittliche Mitglied einer Death Metal Combo genauso wenig nachts auf dem Friedhof Leichen schändet, wie der Herr Notar aus seiner Kanzlei und nicht von der Plantage vom Baumwollpflü- cken kommt, wenn er sich am Freitag Abend mit seinen Freunden vom Rotary Club zur gepflegten Blues-Sause trifft. Wenn dem nämlich so wäre, hätte ich gelinde ge- sagt ein wenig Probleme, den Damen und Herren aus der Death-Metal Fraktion nachts zu begegnen. Aber unab- hängig davon empfinde ich die Inhalte und Präsentation jener Musik teilweise wirklich weit jenseits des guten Ge- schmacks. Und das hat definitiv weder mit meinem fort- geschrittenen Alter noch mit meinen Hörgewohnheiten GRAND ELECTRICS 1 grand gtrs 666strings V-Deamon 6 und 7 Liebe Freunde der Elektroharfe, unser kleines Magazin hat sich ja schon immer auf sein Banner geschrieben, neben dem elektrogitarristischen Mainstream gerne den kleinen und kleinsten Herstellern von mitunter recht außergewöhnlichen Modellen ein wenig mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen, vor allem dann, wenn sie wirklich großartige Instrumente bauen. Von Alexander Heimbrecht

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Im vorliegenden Fall haben wir es mit genau so einemKandidaten zu tun: Geringer Output der Firma bei aller-dings bester Qualität der Instrumente und eine ausge-wiesene Nischenzielgruppe stellen nicht unbedingt dieRahmenbedingungen dar, um zum nächsten Big Playerder internationalen Instrumentenbauszene zu avancie-ren. Auch eine Einladung zum Montreal Guitar Festival,dem Mekka der kleinen und kleinsten Edelmanufaktu-ren, erscheint mir doch recht unwahrscheinlich. Dies hatjedoch beileibe nichts mit den Fähigkeiten Stefan Schä-fers, dem Mind Behind der Firma 666strings aus Lengedein Niedersachsen zu tun, sondern eher mit besagter Ni-schenzielgruppe und dem damit verbundenen Firmeni-mage. Warum? Tja, bei Stefans Klientel handelt es sichin erster Linie um Vertreter eines Subgenres der Metal-

Szene und zwar einem der extremeren Art, denn „DeathMetal“ heißt das Zauberwort. Und ganz ehrlich, ich hoffemal inständig, dass das durchschnittliche Mitglied einerDeath Metal Combo genauso wenig nachts auf demFriedhof Leichen schändet, wie der Herr Notar aus seinerKanzlei und nicht von der Plantage vom Baumwollpflü-cken kommt, wenn er sich am Freitag Abend mit seinenFreunden vom Rotary Club zur gepflegten Blues-Sausetrifft. Wenn dem nämlich so wäre, hätte ich gelinde ge-sagt ein wenig Probleme, den Damen und Herren aus derDeath-Metal Fraktion nachts zu begegnen. Aber unab-hängig davon empfinde ich die Inhalte und Präsentationjener Musik teilweise wirklich weit jenseits des guten Ge-schmacks. Und das hat definitiv weder mit meinem fort-geschrittenen Alter noch mit meinen Hörgewohnheiten

GRAND ELECTRICS

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666strings V-Deamon 6 und 7Liebe Freunde der Elektroharfe, unser kleines Magazin hat sich ja schon immer auf sein Bannergeschrieben, neben dem elektrogitarristischen Mainstream gerne den kleinen und kleinstenHerstellern von mitunter recht außergewöhnlichen Modellen ein wenig mehr Aufmerksamkeitzu verschaffen, vor allem dann, wenn sie wirklich großartige Instrumente bauen.Von Alexander Heimbrecht

zu tun. Musikalisch finde ich etwa die Jungs von Chil-dren of Bodom um Alexi Laiho durchaus beachtenswert(wobei wir hier von „Melodic-Death-Metal“, also der mit-hin domestizierten Spielart reden), bei Präsentation undTexten wird es dann für meine Person schon schwierig.Egal – es geht ja hier nicht um die Würdigung von Rand-gruppen musikalischer Subkultur, sondern um Musik-instrumente und hier hat uns Stefan mehr alsBeachtliches abgeliefert.

GutStefan Schäfer ist schon seit mehreren Jahren als Gitar-renbauer tätig, hat aber neben seiner kleinen Gitarren-manufaktur noch ein weiteres finanzielles Standbein,was ihn mehr als geerdeten Zeitgenossen denn als un-realistischen Träumer ausweist. Dabei fühle ich mich einwenig an die Anfänge von Frank Hartung erinnert, der,wenngleich ein ganz anderes Klientel bedienend, vor sei-nem Durchbruch auch noch einem geregelten Job nach-ging, weil er von den wenigen verkauften Instrumentenkeine Familie ernähren konnte (und wir alle wissen, wasinzwischen aus Frank geworden ist). Was die beiden eint,ist ferner die Tatsache, dass sie konsequent ihr Dingdurchziehen und keine Kompromisse eingehen, undwenn ich ehrlich sein darf, ein solches Konzept ist sehrnachhaltig, wenn es denn von entsprechend guten Pro-dukten getragen wird. Und die hat er uns geschickt: zweiOffset-Vs vom Feinsten. Zugegeben, die Form ist imGrunde genommen so neu nicht, denn ihr geistigerVater, der viel zu früh von uns gegangene Randy Rhoads,hatte die Idee dafür schon vor etwa dreißig Jahren. Den-noch ist es Stefan gelungen, mit kleinen Veränderungeneine eigene Note einfließen zu lassen. Kurzum, ich findedie Instrumente schon optisch absolut gelungen. Apro-pos Optik, das Finish gefällt mir ausnehmend gut unddas, obwohl ich Crackle-Lackierungen eigentlich nie ge-mocht habe. Im Nachhinein betrachtet lag das wohl we-niger am Finish an sich als vielmehr an den früher gerneverwendeten schrillen Farbkombinationen. So ein gecra-ckelter Regenbogen kommt einfach nicht gut, die ele-gante Kombination aus Gold und Schwarz bzw. Schwarzund Weiß hingegen kann mich voll und ganz überzeu-

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gen, Noch dazu ist sie in einer Qualität ausgeführt, dieman nur als absolut perfekt bezeichnen kann. Und ganzehrlich, das seidenmatt ausgeführte Finish der Halsrück-seite des sechssaitigen Modells ist definitiv mit das An-genehmste, das mir je untergekommen ist. Ich würdesogar so weit gehen zu behaupten, es fühlt sich noch ein-mal marginal besser an als eine geölte Halsrückseite,wobei das Holz durch die Lackierung natürlich um einVielfaches besser geschützt ist als mit einem Ölfinish.Überhaupt finde ich die beiden Gitarren optisch perfektkomponiert: weiße E MGs bei der Siebensaitigen,schwarze in auf das Finish abgestimmten goldenenRähmchen bei der sechssaitigen Schwester, derenschwarze Mechaniken optisch passend mit goldenen Flü-geln bestückt wurden. Womit wir schon bei der Ausstat-tung angelangt sind, bei der sich die beiden Schwesternprinzipiell identisch präsentieren: superpräzise GotohLocking Tuner, klassische E MGs und eine sehr solideBrücke von E TS (keine String-Through-K onstruktionübrigens) runden das opulente Ausstattungspaket derbeiden Heavy-Äxte ab. Dass die Verarbeitung einwandfreiund von höchster Qualität ist, habe ich ja schon erwähnt.Dazu gehört die makellose Lackierung ebenso wie per-fekt abgerichtete Bünde und ein optimales Setup.

LautMein Diezel D-Moll und ein passendes Zwozwölfercabaus gleichem Hause, bestückt mit Celestion V30 undG12-100, erscheinen mir als das kommode Werkzeugzur klanglichen E valuierung der beiden Geigen ausdem Niedersächsischen. Und in der Tat, die vom Her-steller sehr tief gestimmten Instrumente liefern dasdichte Low-E nd, das der fränkische Amp mit spieleri-scher Leichtigkeit und messerscharfer Präzision an dieLautsprecher weitergibt. Beide Gitarren bestechendurch superschnelle und äußerst präzise Anspracheund ein überdurchschnittliches Sustain, das sie eigent-lich für mehr als nur böses Death-Metal-Geschrubbeprädestiniert. K urzum, es macht einen Riesenspaß, aufdiesen Instrumenten zu spielen. Auch wenn ich eigent-lich keine E MGs mag, drücken sie nach meiner E rfah-rung doch einer Gitarre immer ein Stück weit mehrihren klanglichen Stempel auf, als dies passive Pickups

DETAILSHersteller: 666string Modell: Deamon 6 Herkunftsland: Deutschland Lackierung: Crackle schwarz-gold seidenmatt Hardware: Gotoh Locking Tuner, ETS-BridgeKorpus: Erle Hals: Kanadischer Bergahorn Mensur: 25,5“ - Standard. Griffbrett: Ahorn mit Sharkfin InlaysBünde: 24, Jumbo Brücke: ETS Tonabnehmer: 1x EMG 81X, 1x EMG 85x Elektronik: 1x Volume, 1x Pickup Blend. Zubehör: Ibanez FlightcaseGetestet mit: Diezel D-Moll Preis: 2.950 Euro

Abweichende Details 666string Deamon 7Lackierung: Crackle weiß-schwarz Mensur: 27“ .Griffbrett: Ebenholz mit Sharkfin Inlays Tonabnehmer: 1x EMG 81-7X, 1x EMG 707

www.666strings.com

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tun, ihre Stärken sind nicht wegzudiskutieren. Keinmagnetisch bedingter Stringpull, supersaubere Ton-übertragung, klarste Clean Sounds (vorausgesetzt, derAmp kann das fette Signal verzerrungsfrei verarbeiten)und höllisch dichte Zerrsounds haben sie gerade in derMetal-Szene zu unverzichtbaren Werkzeugen gemacht,auch wenn Kollege Duncan mittlerweile mit seinerBlackout Series ein konkurrenzfähiges Produkt imPortfolio hat.

Aus meiner Sicht gibt es hinsichtlich der Bedienung –wenn man einmal davon absieht, dass eine V nun maleben nicht so bequem im Sitzen zu spielen ist wie eineStratocaster – nur ein kleines Manko, das aber innerhalbweniger Minuten behoben werden kann und von Stefanohnehin auch alternativ gelöst werden kann. Stefan ver-zichtet bei beiden Instrumenten auf einen Dreiwegschal-ter zur Anwahl der Tonabnehmer und rüstet siestattdessen mit einem Blend-Poti aus. Mag dies bei denKollegen aus der Tieftonfraktion problemlos funktionie-ren, würde zumindest ich einen Schalter bevorzugen,weil er sich eben einen Tick schneller bedienen lässt alsein Poti. Gewiss, das Balance-Poti verfügt über eine Mit-

tenrastung und liegt ergonomisch sehr griffgünstig an-gebracht, aber wenn man dem Gitarristen die Option zurVerfügung stellen möchte, die beiden Pickups in einembeliebigen Mischungsverhältnis zu betreiben, dannwürde ich persönlich für zwei Volumen-Potis und einenDreiwegschalter plädieren. Ich möchte aber betonen,dass die vorliegende Schaltung eine Frage der persönli-chen Präferenz ist und in keinster Weise mit der Qualitätder Gitarren in Verbindung zu bringen ist.

FazitHöllisch schön, mörderisch gut und extrem angenehmzu spielen – alles Attribute, die die Instrumente für einebreite Zielgruppe prädestinieren. Mit dem Markenna-men 666string und den aggressiven Designs legt mansich dagegen auf ein bestimmtes Genre fest. Genauge-nommen ist durch diese Festlegung der wirtschaftlicheErfolg gar nicht in Frage gestellt, denn die Metal-Szeneist um ein Vielfaches größer, als man gemeinhin an-nimmt, und Stefan Schäfer wird gewiss seine Klientelfinden, aber ich persönlich finde es sehr schade, wennein talentierter Gitarrenbauer in einer Nische verstecktbleibt, sei sie auch noch so geräumig. �

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