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gibt es, wettermäßig und jahreszeit- lich passend, derzeit an den Schotter- teichen und Badeseen des Landes. Hierblatts haben wir uns mehr bedeckt und ans Transpirieren gehal- ten, um Ihnen noch rechtzeitig vor der großen Sommerpause jede Menge Information extra dry an die Bade- strände dieser Welt, von Podersdorf bis Ipanema, mitgeben zu können. Im ersten Teil des Heftes geht es um die Zertifizierung, die für ÜbersetzerInnen seit kurzem möglich ist. Neben einem ausführlichen Beitrag von Ingrid Haus- steiner, der unter anderem Informatio- nen über die Hintergründe, die Entwick- lung der relevanten Norm, die darin festgelegten Qualitätskriterien und den Nutzen der Zertifizierung für Überset- zerInnen und AuftraggeberInnen ent- hält, finden Interessierte eine Zusam- menfassung mit den wichtigsten Stich- worten zum praktischen Verfahren, wie es bei der Einführungsveranstaltung des Normungsinstituts vorgestellt wurde. Berichte von Edith Vanghelof und Liese Katschinka, den ersten Kolleginnen, die sich einer Zertifizierung unterzogen haben, vermitteln einen Eindruck der beiden – durchaus verschiedenen – per- sönlichen Erfahrungen und Schlussfol- gerungen daraus. Wichtiges Thema, aber vielleicht doch gar zu extra dry? Dann schnell weiter zu Sergio Viaggio – der Chef der UNO- Dolmetschabteilung in Wien hat Doris Bankhamer ein ebenso interessantes wie unterhaltsames Interview gegeben. Lesen Sie nach, was Champagner und Fußfreiheit mit Konferenzdolmetschen zu tun haben (nein, nicht was Sie den- ken) und erfreuen Sie sich am hohen optischen Genusspotenzial des Beitrags – er enthält ein Foto(!) des Interviewten! Die Ästhetik schier auf die Spitze treibt dann der Kulturbeitrag (zwei Fotos!!!). Inhaltlich geht es um die Ausstellung „Der Turmbau zu Babel“, die in Europas heuriger Kulturhauptstadt Graz, genauer gesagt in Schloss Eggenburg, derzeit (noch bis 5. Oktober) läuft – Ingrid Haussteiner war dort und hat uns mit einer einfühlsamen Rezension versorgt. Hinweis auf einen (Veranstaltungs-)Hin- weis: Der Termin für den Hieronymus- tag (30. September), im heurigen Jahr veranstaltet von der Übersetzergemein- schaft, kann schon vorgemerkt werden. Zum Schluss gibt’s noch ein Kreuzwort- rätsel. Langsam lösen, damit es bis zur Herbstausgabe reicht! Einen schönen Sommer wünscht Vera Ribarich 2. Ausgabe Mitglied der Fédération Internationale des Traducteurs Juni 2003 Heiße Enthüllungen ... In dieser Ausgabe: Heiße Enthüllungen 1 Thema „Normen und Zertifizie- rung“ mit Beiträgen von I. Haussteiner 2 E.Vanghelof 6 L. Katschinka 7 „Ein kleiner Haufen Verrückter“ Interview mit Sergio Viaggio 8 Verbandsmitteilungen 11 Computern, aber richtig! 12 Ausstellung: „Der Turmbau zu Babel“ 14 Das Letzte 16 2 9

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gibt es, wettermäßig und jahreszeit-lich passend, derzeit an den Schotter-teichen und Badeseen des Landes.Hierblatts haben wir uns mehrbedeckt und ans Transpirieren gehal-ten, um Ihnen noch rechtzeitig vorder großen Sommerpause jede MengeInformation extra dry an die Bade-strände dieser Welt, von Podersdorfbis Ipanema, mitgeben zu können.

Im ersten Teil des Heftes geht es um dieZertifizierung, die für ÜbersetzerInnenseit kurzem möglich ist. Neben einemausführlichen Beitrag von Ingrid Haus-steiner, der unter anderem Informatio-nen über die Hintergründe, die Entwick-lung der relevanten Norm, die darinfestgelegten Qualitätskriterien und denNutzen der Zertifizierung für Überset-zerInnen und AuftraggeberInnen ent-hält, finden Interessierte eine Zusam-menfassung mit den wichtigsten Stich-worten zum praktischen Verfahren, wiees bei der Einführungsveranstaltung desNormungsinstituts vorgestellt wurde.Berichte von Edith Vanghelof und LieseKatschinka, den ersten Kolleginnen, diesich einer Zertifizierung unterzogenhaben, vermitteln einen Eindruck derbeiden – durchaus verschiedenen – per-sönlichen Erfahrungen und Schlussfol-gerungen daraus.

Wichtiges Thema, aber vielleicht dochgar zu extra dry? Dann schnell weiter zuSergio Viaggio – der Chef der UNO-Dolmetschabteilung in Wien hat DorisBankhamer ein ebenso interessantes wieunterhaltsames Interview gegeben.Lesen Sie nach, was Champagner und

Fußfreiheit mit Konferenzdolmetschenzu tun haben (nein, nicht was Sie den-ken) und erfreuen Sie sich am hohenoptischen Genusspotenzial des Beitrags– er enthält ein Foto(!) des Interviewten!

Die Ästhetik schier auf die Spitze treibtdann der Kulturbeitrag (zwei Fotos!!!).Inhaltlich geht es um die Ausstellung„Der Turmbau zu Babel“, die in Europasheuriger Kulturhauptstadt Graz, genauergesagt in Schloss Eggenburg, derzeit(noch bis 5. Oktober) läuft – IngridHaussteiner war dort und hat uns miteiner einfühlsamen Rezension versorgt.

Hinweis auf einen (Veranstaltungs-)Hin-weis: Der Termin für den Hieronymus-tag (30. September), im heurigen Jahrveranstaltet von der Übersetzergemein-schaft, kann schon vorgemerkt werden.

Zum Schluss gibt’s noch ein Kreuzwort-rätsel. Langsam lösen, damit es bis zurHerbstausgabe reicht!

Einen schönen Sommer wünscht

Vera Ribarich

2. Ausgabe Mitglied der Fédération Internationale des Traducteurs Juni 2003

Heiße Enthüllungen ... In dieser Ausgabe:

Heiße Enthüllungen 1

Thema „Normen und Zertifizie-rung“ mit Beiträgen von

I. Haussteiner 2

E. Vanghelof 6

L. Katschinka 7

„Ein kleiner Haufen Verrückter“

Interview mit Sergio Viaggio 8

Verbandsmitteilungen 11

Computern, aber richtig! 12

Ausstellung: „Der Turmbau zuBabel“ 14

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Am Abend des 10. April 2003 fand amÖsterreichischen Normungsinstitut(ON) eine Informationsveranstaltung zuden österreichischen Normen über Über-setzungsdienstleistungen und dem neuenZertifizierungsverfahren statt, die mitrund 100 TeilnehmerInnen sehr gutbesucht war. Zu den ZuhörerInnen zähl-ten z. B. auch KollegInnen aus Italien undKroatien. Zum Thema „DienstleistungÜbersetzen: Normung und Zertifizierungmachen Qualität messbar“ sprachen derLeiter der ON-Zertifizierungsstelle, DIWolfgang Höhnl, einleitende Worte sowieVertreterInnen der Innung Druck und

Papier – Fachgruppe Übersetzungsbüros,Mag. Werner Neudorfer, und des Univer-sitas-Vorstands, Mag. Ingrid Haussteiner.DI Dr. Peter Jonas, Referent am Nor-mungsinstitut für Dienstleistungsnormen,erläuterte, wie eine Zertifizierung nachder ÖNORM D 1200 für AnbieterInnenvon Übersetzungsdienstleistungenabläuft. Im Rahmen dieser Veranstaltungwurden auch die ersten Zertifikate über-reicht: Dipl. Dolm. Liese Katschinkaund Mag. Edith Vanghelof hatten sichim Herbst 2002 einer Zertifizierungunterzogen. Beide Übersetzerinnen plau-derten aus der Schule, versuchten den

Vorbereitungsaufwand für eine Zertifizie-rung zu quantifizieren (ungefähr 1 bis 2Wochen) und legten ihre Beweggründe zudiesem Schritt dar. [Siehe Beiträge weiterunten.] Im Anschluss an die Vorträge undeine Reihe von Fragen aus dem Publikumlud das ON zu einem Buffet, wo sich aus-reichend Gelegenheit zum fachlichenAustausch bot.

Mit den Normen und dem Zertifizie-rungsschema ist Österreich im interna-tionalen Vergleich im Spitzenfeld plat-ziert. In den USA arbeitet z. B. die seit1998 bestehende Translation Company

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Normen und Zertifizierung – Ein Beitrag zur Professionalisierung des Übersetzens

Ingrid Haussteiner

STICHWORTE ZUR ZERTIFIZIERUNG

Wer zertifiziert?Österreichisches Normungsinstitut (ON)Heinestraße 381020 WienZuständiger Referent für Dienstleistungsnormen: Dr. Peter JonasTel.: 01/213 00 413, Fax: 01/213 00 402E-Mail: [email protected]: www.on-norm.at

Welche Normen sind für die Zertifizierung relevant?ÖNORM D 1200 und D 1201. Die Normen können beim Nor-mungsinstitut zum Preis der Papierversion von je E 23,70 undder CD-ROM von je E 29,63 pro Stück angefordert werden.

Wie beantrage ich die Zertifizierung?Die Zertifizierung ist beim ON zu beantragen, Antragsformu-lar ist dort zu bestellen. Daneben hat das ON eine Checkliste,das so genannte „Zertifizierungsschema“, erstellt, das bei derVorbereitung als Hilfsmittel verwendet werden kann. ZumVorbereiten sollte man sich (nach den ersten Erfahrungen derKolleginnen Katschinka und Vanghelof – siehe deren Beiträ-ge) eine bis zwei Wochen Zeit nehmen, um die erforderlichenDokumentationen zu erstellen.

Was steht im „Zertifizierungsschema“?Im Zertifizierungsschema sind die Anforderungen derÖNORM D 1200 in verschiedene Abschnitte gegliedert, diejeweils überprüft werden, wie z.B.:Abschnitt 3.2. „Vorgangsweise bei der Durchführung derDienstleistung“: Anfrage und Angebot (Prüfung von zweiReferenzaufträgen), Analyse und Aufbereitung des Ausgangs-textes, Prüfung der Dienstleistung.Abschnitt 3.3. „Organisation“: Vorgangsbegleitende Doku-mentation.Abschnitt 4.1. „Personal“: Basiskompetenzen, Übersetzeri-sche Kompetenz (Anfertigung einer Probeübersetzung imUmfang von 1.500-1.800 Zeichen mit Zugang zu allen

Ressourcen und Unterlagen), Sprach- und Textkompetenz inAusgangssprache(n) sowie Zielsprache(n), Recherchierkom-petenz (Einsatz des Internet), Kulturkompetenz (Bedeutungkultureller Unterschiede), arbeitstechnische Kompetenz.Abschnitt 4.1.2. „Weiterbildung“.

Was geschieht beim Audit?Das Audit findet vor Ort am Arbeitsplatz der Übersetzerinstatt. Die geforderten Dokumentationen, Referenzaufträgeund das Arbeitsumfeld werden entsprechend dem Zertifizie-rungsschema geprüft, und es ist eine Probeübersetzung für dierelevante Sprachrichtung anzufertigen (Qualität, Recherche-kompetenz – Nennung von Fachgebieten möglich). Das Audi-torenteam besteht aus dem leitenden Auditor (ON) und min-destens einem Fachauditor (translatorische Kompetenz).

Wer sind die FachauditorInnen?Die FachauditorInnen werden vom ON aus dem Kreis bzw.auf Empfehlung des Fachnormenausschusses und der Interes-sensverbände (UNIVERSITAS) rekrutiert. Voraussetzung fürdie Funktion: Langjährige Berufserfahrung, Kenntnis der Auf-gabe (Pflichtenheft).

Gilt die Zertifizierung unbegrenzt?Nein, das Zertifikat gilt zunächst für sechs Jahre. Alle dreiJahre sind (kostenpflichtige) Re-Audits zu absolvieren, außer-dem muss eine Weiterbildungsmaßnahme pro Jahr nachgewie-sen und die jährliche Nutzungsgebühr entrichtet werden. Eingewisser zeitlicher und finanzieller Aufwand ist also kontinu-ierlich notwendig, um das Zertifikat auf Dauer zu behalten.

Und die Kosten?Die Kosten sind variabel, abhängig von der Anzahl der Audi-torInnen und der Arbeitsstunden, die sie verrechnen (sowieallfälliger Reisespesen). Eine Auditorenstunde kostet E 95,–. Der Fixkostenanteilbesteht aus der Erstzertifizierungsgebühr (E 437,–) und derjährlichen Verwendungsgebühr von E 146,–. In weiterer Folgekommen dann noch die Kosten für die Re-Audits dazu. (Siehe Modellrechnung im Beitrag von Kollegin Haussteiner).

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Division (TDC) der American Transla-tors Association (ATA) an Best Prac-tices (TDC Code of Best Practices) undQualitätsstandards (TDC Quality Stan-dards), um mit der Standardisierung undVerbreitung nachahmenswerter Prakti-ken den Berufsstand insgesamt weiterzu-bringen. Die TDC-Qualitätskriteriendefinieren die Qualität der Dienstleistun-gen von ÜbersetzerInnen und Dolmet-scherInnen (Unternehmungen im Unter-schied zu Agenturen). Dabei setzt sichdie Quality of Service (QoS)-Philoso-phie aus drei Komponenten zusammen:

1. Clarity and professionalism in cus-tomer relationship management(i.e., making explicit commitmentsthat are consistently delivered on, andmaintaining a service-oriented rela-tionship with the client in order tohandle the unforeseen situations thatinevitably arise in ways that assurecustomer satisfaction).

2. Clarity and professionalism in con-tractor/employee relationshipmanagement (i.e., clear communica-tions on who does what, when, andhow, and in relation to paymentterms, etc.).

3. Product quality (i.e., translationfidelity and fitness-for-purpose,appropriate formatting and deliverymethod, etc.).

Die jüngsten Entwicklungen im Bereichder Standardisierung am heimischenTranslationsmarkt sind als Erfolg einzu-stufen. Schließlich wurde praktisch imEiltempo Konsens über umfassendeübersetzungsbezogene Normen erzielt:Die Initiative dazu war von der Universi-tas, der damaligen Präsidentin Lissy

Schwarz, im Jänner 1999 ausgegangen,im Mai desselben Jahres konstituiertesich der Fachnormenausschuss FNA 239am ON unter der Leitung von Dr. Jonas,und im Dezember 1999 wurden die bei-den Normen zu Übersetzungsdienstlei-stungen zum Einspruch freigegeben.Nachdem die zwei Normen Mitte 2000in Kraft getreten waren, wurde an einemZertifizierungsschema gearbeitet, und imHerbst 2002 konnten die beiden erstenZertifizierungen erfolgreich abgeschlos-sen werden. All dies war zweifelsohnenicht zuletzt aufgrund der kompetentenLeitung von Herrn Dr. Jonas, dem FNA-Vorsitz Dr. Prunc und Mag. Soukup-Unterweger und dem Einsatz herausra-gender BerufskollegInnen, Berufsvertre-terInnen und AuftraggeberInnen möglich.Die beiden Berufsvertretungen – dieInnung und die Universitas – für derenMitglieder diese marktordnenden Instru-mente von Bedeutung sind (wir bewegenuns hier im Bereich der Fachübersetzun-gen), diskutierten im Zuge der FNA-Sit-zungen heftig, um letztendlich eine pas-sable Lösung auszuarbeiten.

Obwohl die Vorläufernorm zu den öster-reichischen Normen, die deutsche DIN2345 „Übersetzungsaufträge“, bereitsseit 1998 in Kraft ist und die beidenösterreichischen übersetzungsbezogenenNormen, die ÖNORM D 1200 „Über-setzungsleistungen – Anforderungen andie Dienstleistung und an die Bereitstel-lung der Dienstleistung“ und dieÖNORM D 1201 „Übersetzungslei-stungen – Übersetzungsverträge“ seitMitte des Jahres 2000 gelten, scheint esunter den Kollegen und Kolleginnennoch einige Missverständnisse zugeben, insbesondere auch im

Zusammenhang mit der nun aktuellgewordenen Zertifizierung nach derNorm D 1200. Der wesentliche Unter-schied zwischen der deutschen Normund den österreichischen Normenbesteht darin, dass die DIN 2345 ledig-lich eine Registrierung bei der Zertifi-zierungsstelle DIN CERTCO vorsiehtund ein freiwilliges Bekenntnis zur Ein-haltung der Vorgaben bedeutet, währendin Österreich die Normen inhaltlichumfassender sind und die Zertifizierungdas Element der Überwachung undÜberprüfung der Normkonformität mitsich bringt.

Wozu brauchen wir denn Normen?• Marktinitiative zur Selbstregulierung• Festlegung von Mindestvorgaben• Schaffung von Wettbewerbsneutralität

und Preistransparenz• Stoßrichtung: Kunden-, Qualitäts- und

Prozessorientierung• Im Visier: Verbraucherschutz

Für mich als Fachübersetzerin im volks-wirtschaftlichen Umfeld und Finanz-marktbereich gehören Bezüge auf diverseEU-Vorgaben, IWF-Standards, Kodizes,Best Practices, Richtlinien supranationa-ler Fachausschüsse, Empfehlungen voninternationalen Expertengremien unddergleichen zu meinem täglich Brot.Haupttriebfedern solcher Harmonisie-rungsanstrengungen sind unter anderemdie Schaffung von Wettbewerbsneutra-lität und ein damit verbundenes sinnvol-les Maß an Selbstregulierung – häufigmünden derartige Marktinitiativen dannauch in Gesetzesvorschriften. Schließlichspielt der Verbraucherschutz hier natür-lich ebenfalls eine wesentliche Rolle.Das ON definiert die >>

UNIVERSITAS Seite 3

Lexik der ZielspracheGrammatikder

Zielsprache

Syntaxder

ZielspracheAllgemein-sprachlich

fachsprachlichIdiomatik

derZielsprache

Textsorten-abhängige

Sprach- undGestaltungs-muster derZielsprache

Eignung zurVeröffentli-

chung

druckreifeFassung

c c c c c c geeignet

Standard-fassung

c c c b c b ungeeignet

Arbeits-fassung

c b b a b a ungeeignet

a ... Normabweichungen bzw. Alternativen zulässig

b ... geringfügige Normabweichungen zulässig

c ... dem höchsten Standard entsprechend

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Ziele der Normungsarbeit wie folgt:• Transparenz des Marktes und der Art

und des Umfangs der angebotenenDienstleistung(en),

• definierte Qualitätskriterien als Bewer-tungsgrundlage und Verständigungs-grundlage zwischen Anbieter undKunden,

• Definition eines „Code of good prac-tice“ (Stand der Technik) in Bezug aufdie Dienstleistungserbringung,

• Sicherstellung des Qualifikations-niveaus der Leistungsanbieter inBezug auf deren materielle undimmaterielle Ressourcen.

Der Translationsmarkt ist ein völligfreier Markt; viele Märkte werden der-zeit liberalisiert und dereguliert – unse-rer ist seit jeher „ungeschützt“ – worun-ter mitunter nicht nur AuftraggeberIn-nen, sondern auch alle professionell täti-gen TranslatorInnen zu leiden haben.Darüber hinaus ist dieser Markt frag-mentiert, heterogen, äußerst komplexund zunehmend globalisiert, was dieSituation für jene, die Übersetzungs-dienstleistungen beanspruchen möchtenoder müssen, nicht gerade einfachmacht. Die AuftraggeberInnen erhaltenmit den Normen und der ZertifizierungInstrumente, mit denen sie sich anhandvergleichbarer, definierter Leistungsan-gebote unter einer Vielzahl von Anbiete-rInnen orientieren können. Für denZuschlag für einen Auftrag muss alsonicht ausschließlich der Preis der ange-botenen Leistung ausschlaggebend sein.Preistransparenz ist durch die expliziteAufführung sprachlicher Parameter,Layoutparameter und organisatorischerParameter sowie von Qualitätsstufen fürdie Dienstleistung gegeben.

Nutzen für die AuftraggeberInnen

• Entscheidungshilfe bei der Auswahlder DienstleisterInnen und der Dienst-leistung

• Wahlmöglichkeit anhand eines diffe-renzierten Leistungsangebots(Preis/Leistung)

• Explizite, detaillierte Definition deserforderlichen eigenen Inputs

• Überprüfbarkeit der Leistung –Umgang mit Mängeln

Die Norm unterstützt die Auftrag-geberInnen bei der Frage, welche Dienst-leistung(en) sie zur Erreichung ihresjeweiligen Ziels unter Berücksichtigungihres Budgets anfordern sollen bzw. kön-nen: Laut Norm können sie eine Trans-ferleistung („Übersetzen“) und andereLeistungsarten, z. B. Terminologie, Lay-

out, Translation-Memory, Beratungstätig-keit, Machbarkeitsstudie, Revision, Testlokalisierter Produkte in Auftrag geben,wobei Zusatzleistungen („value addedservices“) gesondert zu bezahlen sind.Als Transferleistung sind u. a. kommuni-kative/funktionale Übersetzungen, doku-mentarische Übersetzungen, Adaptatio-nen, informative Übersetzungen, Neufas-sungen (Rewriting), Aktualisierungen,Lokalisierung, Internationalisierung,Technische Dokumentation und Postedi-tion MÜ sowie Mischformen subsumiert.

Zu beachten ist, dass die Normen aufalle DienstleisterInnen, d. h. jede natür-liche oder juristische Person, die einetranslatorische Dienstleistung erbringtoder anbietet, anwendbar sind. Im Klar-text heißt das: auf Übersetzungsbüroswie auf freiberufliche ÜbersetzerInnen.Im Sinne der Normen sind Überset-zungsdienstleistungen sehr weit gefasst;unter Übersetzen ist das schriftlicheÜbertragen eines Textes aus einer Aus-gangssprache in eine Zielsprache zu ver-stehen. Auf diese Weise sind auch z. B.Formen der interkulturellen Fachkom-munikation abgedeckt.

Wozu Zertifizierung?

• Verpflichtung zur Normkonformität• Rechenschafts- und Berichtspflicht

gegenüber der Kollegenschaft (Über-wachung)

• Verpflichtung zur vorgangsbegleiten-den Dokumentation (Nachvollziehbar-keit)

• Erwerb eines zusätzlichen Gütesiegels• Wettbewerbsvorteil gegenüber unpro-

fessionellen Anbietern

Mit den Normen und vor allem auchdem Bekenntnis zur Einhaltung derdarin enthaltenen Mindestvorgaben –die ja einen Kompromiss/Konsens ver-schiedener InteressenvertreterInnen dar-stellen – in Form einer Zertifizierungnach jener Norm, die die Anforderungenan die Dienstleistung und an die Bereit-stellung der Dienstleistung festschreibt,setzen die Anbieter von Übersetzungs-dienstleistungen ein sehr positives Zei-chen in Richtung Transparenz (darunterauch Preistransparenz), Qualitäts-, Kun-den- und Prozessorientierung. Sie stim-men damit auch einer gewissen Überwa-chung (Audits und Zwischenaudits)ihrer Geschäftsausübung zu – es kom-men explizit die Elemente der Rechen-schaftspflicht und Berichterstattunggegenüber der „community of practice“,also den BerufskollegInnen, hinzu. Das

ist insgesamt mit einer Aufwertung derTätigkeit und des Berufsstands gleich-zusetzen. Im Mittelpunkt der Normenund der Zertifizierung stehen die kom-munikativen und prozessbezogenenKompetenzen der DienstleisterInnen.

Nutzen für die DienstleisterInnen

• Anreiz zur Selbstreflexion• Einblick in die einschlägige Praxis• Richtlinien zur Abwicklung von Über-

setzungsaufträgen• Basis für Qualitätsmanagementsystem• Wiederverwendbare Schablone

(AGBs) – ÖNORM D 1201• Stärkung der Position bei Verhandlun-

gen mit AuftraggeberInnen• Explizites Festhalten der Rechte und

Pflichten von DienstleisterIn und Auf-traggeberIn

Messbarkeit der Transferleistung durchQualitätsstufen

Für die AuftraggeberInnen und dieDienstleisterInnen ist es gleichermaßenwichtig, dass das Produkt der erbrachtenDienstleistung messbar und überprüfbarist, also in der beauftragten Qualität vor-liegt. Zu diesem Zweck werden in derÖNORM D 1200 Qualitätsstufen alsLeistungsparameter definiert. DieTransferleistung kann in drei Qualitäts-stufen vereinbart werden: als druckreifeFassung, Standardfassung sowie alsArbeitsfassung.

Auswahl der DienstleisterInnen

• Übersetzerische Kompetenz• Sprach- und Textkompetenz in Aus-

gangssprache und Zielsprache• Recherchierkompetenz, Info-Beschaf-

fung• Kulturkompetenz• Arbeitstechnische Kompetenz

Die ÖNORM D 1200 enthält für dieAuftraggeberInnen Anhaltspunkte fürdie Auswahl geeigneter professionellerDienstleisterInnen, bzw. wird im Rah-men der Zertifizierung z. B. von Über-setzungsbüros verlangt, dass für jede zuzertifizierende Sprachrichtung Personenmit den oben genannten Qualifikationenbeschäftigt werden. Die Verpflichtungzur Weiterbildung ist ebenfalls in dieserNorm festgehalten.

Eckpfeiler der Zertifizierung

Zertifizierungen werden vom ON unterDI Dr. Jonas als leitendem >

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Auditor mit einem AuditorInnenteamdurchgeführt und sind beim ON zubeantragen. Gegenstand ist die Zertifi-zierung einer Dienstleistung auf Konfor-mität mit der ÖNORM D 1200. Je nachAnzahl der zu zertifizierenden aktivenund passiven Sprachen sind neben demleitenden Auditor ein oder mehrereFachauditorInnen hinzuzuziehen. DieKosten sind aufgrund dieser von Auditzu Audit verschiedenen Parameter varia-bel. Das Zertifikat hat eine Gültigkeitvon sechs Jahren; nach Ablauf von dreiJahren ist ein Zwischenaudit durchzu-führen. Die natürliche oder juristischePerson muss vorab auftragsbegleitendeDokumentation eines Referenzauftragsbeim ON einreichen; während des Vor-Ort-Audits wird in zwei weitere Refe-renzaufträge unterschiedlicher Auftrag-geberInnen (die Dokumentation kannanonymisiert werden) Einsicht genom-men. Aufträge der letzten drei Jahrensind durch entsprechende Dokumenta-tion zu belegen. Auch die Weitervergabean SubauftragnehmerInnen muss ent-sprechend dokumentiert sein, und dieMaßnahmen zur Geheimhaltung werdenüberprüft. Unter dem Punkt „Personal“werden die in der Norm festgehaltenenKompetenzen verifiziert; Übersetzungs-büros haben für sämtliche Sprachrich-tungen, für die sie zertifiziert werdenmöchten, verantwortliche Personen zubenennen. Die übersetzerische Kompe-tenz wird zusätzlich mittels einer Über-setzung vor Ort überprüft (zw. 1500 undmaximal 1800 Zeichen; die Übersetze-rin kann Spezialgebiete angeben undsämtliche Hilfsmittel verwenden). Wich-tig ist vor allem, im anschließendenGespräch mit der Fachauditorin dieeigene Vorgehensweise zu erläutern und

auch auf Unsicherheiten hinzuweisen(„Hier würde ich noch Rücksprache mitder Auftraggeberin halten“, „Hier müs-ste ich noch ausführlicher recherchie-ren“ usw.). Darüber hinaus wird Ein-schau genommen in die Weiterbildungs-maßnahmen, die Regelung der Zustän-digkeiten und Verantwortlichkeiten unddie technischen Einrichtungen (Vertrau-lichkeit und Sicherheit, Informations-quellen, Kommunikationseinrichtungen,Hard- und Software).

Normierung und Zertifizierung – KeinErsatz für fundierte Ausbildung undPflege der Kompetenz

Aus Universitas-Sicht weisen wir denNormen und der Zertifizierung eineunterstützende Rolle bei der Professiona-lisierung der Ausübung der Translations-tätigkeit zu. Wir sind – in Bezug aufunsere Mitglieder – in der glücklichenLage, die Zertifizierung als wichtigeZusatzqualifikation zu einer einschlägi-gen Universitätsausbildung und einerverbandseigenen Qualitätsauszeichnung(Ü-D-Verzeichnis) empfehlen zu können.

Zusammenfassend möchte ich festhal-ten, dass die Normen wie auch die Zer-tifizierung:

• Ein Schritt in die richtige Richtungsind

• Einen wichtigen Anreiz zur Selbstre-flexion bieten

• Ein Gütesiegel für die professionelleBereitstellung von Dienstleistungensein können (Prozessoptimierung)

• Ein Instrument zur Selbstregulierungdes fragmentierten Translationsmarktssind

• Nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzipeine ausbaubare recyclebare Schablone(z. B. für AGBs) bieten

• Die Schnittstellen AuftraggeberIn -DienstleisterIn/SubunternehmerIndefinieren

• Die beratende/aufklärende Rolle desDienstleisters stärken

• AuftraggeberInnen eine Entschei-dungshilfe bei der Auswahl vonDienstleisterInnen bieten

• Eine gute Verständigungsgrundlagezwischen AuftraggeberIn und Dienst-leisterIn (Checkliste, QS-Basis – Ver-schriftlichung!!!) schaffen

• Sowohl AuftraggeberIn als auchDienstleisterIn durch die expliziteFestlegung ihrer Rechte und Pflichtenschützen

• Nachvollziehbarkeit und Transparenzstärken

• Zur Preistransparenz beitragen• Unqualifizierte/unprofessionelle

Anbieter weitgehend ausschalten• Eindeutig das Prinzip „Lieferung

gegen Zahlung“ festhalten• Die Überprüfbarkeit der Qualität der

Leistung unterstützen• Basiskompetenzen der DienstleisterIn-

nen festlegen

Die Normen können vom ON bezogenwerden; Universitas bemüht sich umSonderkonditionen für Mitglieder. Zur-zeit werden Universitas-Mitglieder (aufdem Ü-Verzeichnis) aufgerufen, sich alspotenzielle FachauditorInnen zu melden.

Zum Nachlesen:ON, Dienstleistung Übersetzen, Con-nex, ON, April 2003 (Sonderdruck).Soukup-Unterweger, Irmgard, Überset-zungsnorm – Gängelband oder Richt-schnur? In: UNIVERSITAS, Dezember2000.Christine Plunger, Das breite Spek-trum unserer Dienstleistungen, In:UNIVERSITAS, Dezember 2000.Inmann, Hans, ÖNORM D 1201, In:UNIVERSITAS, Juni 2001.Soukup-Unterweger, Irmgard und Stei-ner, Franz, ÖNORM D 1200 und D1201 – Genügt DIN 2345 nicht(mehr)? In: technische kommunikation6/01. Fry, Deborah, Gute Übersetzungen –Ein Seminar zur Qualitätssicherungin der Praxis (Vortragsunterlagen), 4.Oktober 2002.Meyer-Pitsch, Kornelia, DIN 2345Übersetzungsaufträge (Seminarunter-lagen), 13. März 1999.

UNIVERSITAS Seite 5

Eine Modellrechnung für eine Zertifizierung eines Einzelunternehmens miteiner Sprachkombination (EN-DE und DE-EN) ergibt Folgendes:

Erstzertifizierungsgebühr E 437,–ON Leitender Auditora) Organisation, Prüfung der Unterlagen, 2h à 95 E E 190,–b) Audit, 4h à 95 EUR E 380,–c) Nachbearbeitung, Erstellung des Berichts, 2h à 95 E E 190,–FachauditorIna) Prüfung der Unterlagen, 1h à 95 EUR E 95,–b) Audit, 4h à 95 EUR E 380,–

Summe der Kosten für die Erstzertifizierung E 1.672,– (z.z. 10 % MwST.)

Zuzüglich etwaige Spesen wie ReisekostenJährliche Verwendungsgebühr für das Zertifikat (ab dem 2. Jahr) E 146,–Re-Audits nach 2 bzw. 4 Jahren (Schätzung) E 1.000,–

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Nicht nur Schrauben kann man nor-mieren. Auch Übersetzungen. Zumin-dest auf dem Papier. Seit 1999 gibt esdafür die ÖNORM D 1200 (Dienstlei-stungen – Übersetzen und Dolmet-schen – Übersetzungsleistungen„Anforderungen an die Dienstleistungund an die Bereitstellung der Dienst-leistung“) und die ÖNORM D 1201(Dienstleistungen – Übersetzen undDolmetschen – Übersetzungsleistun-gen „Übersetzungsverträge“).

Wer allerdings eine nach der ÖNORMerstellte Übersetzung einkauft, mussdamit im Gegensatz zu normiertenSchrauben noch nicht automatisch erst-klassige Qualität erhalten. Sachen lassensich durch technische Parameter eindeu-tig definieren. Bei Dienstleistungenkann man nur formale Abläufe festle-gen. Normierten Stil und normierte Feh-lerlosigkeit bei Übersetzungen gibt esnicht. Im Allgemeinen wird die Qualitätvom Markt geregelt. Oder anders ausge-drückt: Konkurrenz schafft Qualität.

Konkurrenz kann aber natürlich auchfür manche Marktteilnehmer bedrohlichwerden. Wer schlechte Übersetzungenliefert, bekommt keine Jobs mehr. In derBranche wurde in der Vergangenheitimmer wieder der Ruf nach Maßnahmenzur Einschränkung des Marktzugangeslaut. Glücklicherweise hat sich im Fallder Übersetzungsdienstleistungen dieWirtschaftskammer stets für die Offen-haltung des Marktes stark gemacht.

Im Zuge der Arbeit an einem Zertifizie-rungsprozedere wurde auch der Wunschnach einer Zertifizierung ausschließlichfür akademisch ausgebildete Übersetzerund Übersetzerinnen laut. Es gab heftigeDebatten. Abgesehen davon, dass derAusschluss nichtakademischer Überset-zerInnen schlicht jeder EU-Regelungzuwiderliefe, würde sich eine solcheRegelung in einem internationalenMarkt ohnehin auf Dauer nicht halten.Irland beispielsweise bietet kein demösterreichischen vergleichbares Studiumfür Übersetzer, es ist aber das Land mitdem größten Markt für Softwarelokali-sierung.

Dennoch mögen Zertifizierungen dort,wo sie formale Kriterien präzise definie-

ren, den Kunden auch eine Orientie-rungshilfe auf dem Markt geben. Nachlangen Diskussionen ist nunmehr einZertifizierungsmodus für Österreichfestgelegt worden. Dieser ist ein Kom-promiss, der für alle Marktteilnehmertragbar ist. Denn das Zertifizierungsver-fahren bietet jetzt Chancengleichheit beiZutritt und Prüfung.

Diese neue Norm definiert branchen-spezifische Begriffe wie Ausgangsspra-che, Zielsprache, druckreife Fassung,etc. Auch die fünf Basiskompetenzenwerden taxativ aufgelistet: die überset-zerische Kompetenz, die Sprach- undTextkompetenz in Ausgangssprache(n)und Zielsprache(n), die Recherchier-kompetenz, die Kulturkompetenz unddie arbeitstechnische Kompetenz. Weite-re Anforderungen sind ein Mindeststan-dard an Professionalität sowie die Orga-nisation und der Ablauf der Auftragsab-wicklung. Das Grundprinzip dieserStandardisierung ist die Nachvollzieh-barkeit aller Abläufe und Vorgänge. DieNorm schreibt daher kein bestimmtesSystem für Qualitätssicherung vor, ver-langt aber, dass Vorgänge in irgendeinerForm nachweisbar sind. Wie das genaugeschieht, bleibt jedem selbst überlas-sen. Es steht auch jedem, der nach derNorm arbeitet, frei, dies in den AGBs zuerwähnen. Damit ist allerdings einezivilrechtliche Haftung verbunden.

Der größte Nutzen der neuen Norm liegtin ihrer Verwendbarkeit für Verträge undVerhandlungen mit Kunden. Sie schafftStruktur und ist auch in größeren Orga-nisationen anwendbar. Sie gibt an, wasbest practice sein sollte. Anders als inden USA und in Großbritannien, wo esso genannte self-regulating bodies gibt,unterliegen Übersetzungsdienstleistun-gen in Österreich der Gewerbeordnung.Den Rest regelt der Markt. Solange alsoPreise, Anbieter und Umsätze transpa-rent sind, bleibt das Prinzip funktions-tüchtig und effizient. Das Übersetzenwird immer ein freies Gewerbe sein. Jeoffener der Markt, desto besser die Qua-lität.

Diese Offenheit ist auch beim Zugangzur neuen Zertifizierung gegeben. DieKriterien gelten für alle, egal ob es sichum Einzelpersonen oder juristische Per-

sonen handelt. Wichtigstes Kriterium isteine Praxiserfahrung von mindestensdrei Jahren. Zu Beginn wird eine Doku-mentation nach einer Checkliste, diebeim ON erhältlich ist, erstellt. In derDokumentation wird die Firma kurzvorgestellt, ergänzt durch einen volldokumentierten Auftrag, also alleAbläufe von Auftragseingang, Angebotbis Rechnungsstellung etc. Die Check-liste bildet die Grundlage für das Audit.

Das Audit besteht aus einer Sprachprü-fung der Person, die für die Übersetzun-gen in die zu zertifizierende Spracheverantwortlich ist. Will eine Firma zumBeispiel die Sprachen Bulgarisch, Rus-sisch und Englisch zertifizieren lassen,so muss pro Sprache eine verantwortli-che Person genannt werden. Es ist auchmöglich, dass eine Person für alle Spra-chen verantwortlich ist. Der Text, dervor Ort unter normalen Arbeitsbedin-gungen und ohne Zeitlimit angefertigtwird, umfasst circa 1.500 Zeichen. DieDauer des Audits beträgt etwa drei bisfünf Stunden. Der Kandidat kann auchein Fachgebiet nennen und zwischenFachtext und allgemeinem Text wählen.Die Texte werden von den Auditorenausgewählt. Beim Audit sind zudemmindestens zwei dokumentierte und auf-bereitete Aufträge den Auditoren zurEinsicht vorzulegen. Dabei werdenbesonders Formalitäten wie Lieferda-tum, Qualität und Kontrolle der Über-setzung geprüft. Weitere Kriterien sindzudem Vertraulichkeit und Sicherheit imUmgang mit Kundendaten, so ist zumBeispiel die Einrichtung eines Virus-schutzes verpflichtend.

Eine Zertifizierung ist eine Investition.Sie kostet. Beim Audit sind ein Auditorvom Normungsinstitut und ein odermehrere Sprachauditor(en) – je nachAnzahl der zu zertifizierenden Sprachen– anwesend. Pro Sprache prüft einSprachauditor. Die Stundengebühr füreinen Auditor beträgt E 95,–. Das heißt,je besser die Dokumentation vorbereitetwurde, umso geringer der Zeitaufwand,und umso billiger wird das Audit.Zusätzlich ist eine Erstzertifizierungs-gebühr von E 437,– an das Normungs-institut abzuführen. Dazu kommenetwaige Spesen wie Reisekosten undeine jährliche >>

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Die Normalübersetzung Eine kurzer Abriss zur neuen Zertifizierung für Übersetzungen

Mag. phil. Edith Vanghelof

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Vor einigen Jahren lief im Fernsehenein Werbespot, bei dem ein Kind -nach erfolgreicher Behandlung durchden Zahnarzt – zu seiner Muttergelaufen kam und freudestrahlendrief: „Mutti, Mutti – er hat gar nichtgebohrt!“ So ähnlich erging es mirbeim Audit zu meiner Zertifizierungnach ÖNORM D 1200. Das Audit-Team hat sich zwar einen genauenEinblick in meine Büroabläufe ver-schafft, sich meine Bibliothek angese-hen und sich auch diverse Überset-zungen angeschaut, aber weh getanhat diese Behandlung nicht.

Ich bin von vielen Kollegen gefragt wor-den, warum ich an der Norm mitgear-beitet habe, warum ich die „Prozedurder Zertifizierung auf mich genommenhabe“. Um diese Frage zu beantworten,muss ich ein wenig ausholen:

In den späten Siebziger- und Achtziger-jahren habe ich im Rahmen meinerTätigkeit im Vorstand der UNIVERSI-TAS gemeinsam mit meinen Kollegenund Kolleginnen viele Mann-/Frau-Tageund –Jahre damit verbracht, die Bemü-hungen um die gesetzliche Anerkennungund den Schutz der Tätigkeit des freibe-ruflich tätigen Einzelübersetzers voran-zutreiben. Damals wollte man eineKammer gründen, so wie diese beiRechtsanwälten, Zivilingenieuren, Ärz-ten, usw. seit langem bestand. Es wurdeein Gutachten in Auftrag gegeben, mansprach bei Parlamentariern vor, fandauch Politiker, die sich der Sache anneh-men wollten, doch letztlich klappte esnie.

Einer der Gründe dafür war sicher dieTatsache, dass die Zeiten der „Zwangs-beglückung“ durch Pflichtmitgliedschaftbei einer Kammer, mit einem aufwendi-gen administrativen Apparat vorbeiwaren. Das Zeitalter der Deregulierung

war angebrochen. Plötzlich begannenWirtschaftstreuhänder GesmbH's oderAG's zu gründen, interdisziplinäre Part-nerschaften wurden diskutiert, und somancher Freie Beruf musste um sein„Monopol“ bei der Berufsausübungfürchten.

Damals begann man in der Industrie aufdie Zertifizierung nach ISO 9000 zu set-zen, was bedeutete, dass viele Betriebedetaillierte Qualitätssysteme konzipier-ten. Als Übersetzerin bekam ich diversedicke Qualitätshandbücher zu überset-zen und staunte gewaltig über dieAnstrengungen, die man zur Dokumen-tation von Produktionsabläufen unter-nahm. Als Dolmetscherin war ichmanchmal bei Audits eingesetzt undgewann einen gewissen Einblick in denAufwand, der für ein Qualitätssystemerforderlich ist.

Zu jener Zeit gab es beim Österreichi-schen Verband der Gerichtsdolmetscherauch Überlegungen, für freiberuflicheÜbersetzer auf der Grundlage der euro-päischen Norm für die Personalzertifi-zierung ein Zertifizierungssystem aufdie Beine zu stellen. Mit der Novellie-rung des Sachverständigen- undGerichtsdolmetschergesetzes wurdedann aber ein eigenes System im Rah-men der Justiz geschaffen, welcheszumindest für diesen Bereich des Über-setzens und Dolmetschens eine Normvorgab. Als Sprachsachverständige beiden Zulassungsprüfungen für gerichtlichzertifizierte Übersetzer und Dolmet-scher bekam ich dann auch praktischeErfahrung mit Audits.

Ein weiterer Schritt auf dem Weg zu denÜbersetzungsnormen war dann die deut-sche Norm 2345, die auf Initiative derUNIVERSITAS auch eine österreichi-sche Norm werden sollte. Der Vorschlagdes Österreichischen Normungsinstitu-

tes, doch eine eigenständige österreichi-sche Norm zu verfassen, wurden voninteressierten Kollegen gerne aufgegrif-fen, weil die Aussicht auf eine echteZertifizierung auf der Grundlage einermodernen Norm erstrebenswertererschien als die bloße Registrierung dernormenkonformen Tätigkeit nach DIN2345.

Die österreichischen Normen D 1200und D1201 sind gute, praxisorientierteNormen geworden, insbesondere dankder hervorragenden Beiträge von Prof.Dr. Prunc und Koll. Soukup-Unterwe-ger. Die beiden Normen dienen auch alswesentliche Grundlage bei der Schaf-fung einer CEN-Norm, die derzeitbetrieben wird.

Die Zertifizierung nach einer für unse-ren Beruf und unsere Bedürfnisse maß-geschneiderten Norm erschien underscheint mir daher als der moderneWeg, den Kunden zu zeigen, dass manprofessionell arbeitet und die eigenenArbeitsabläufe transparent gestaltetsowie detailliert dokumentiert. Als ichmeinen Auftraggebern mitteilte, dass esnunmehr eine Zertifizierung nach einerösterreichischen Norm für Übersetzergäbe und ich mich um eine solche Zerti-fizierung bemühen würde, war dieReaktion in den meisten Fällen ein „Naendlich!“ Firmen und öffentliche Stellenstehen zunehmend unter Zugzwang,ihren Vorgesetzten und Controllernerklären zu müssen, warum und auf wel-cher Grundlage sie gewisse Entschei-dungen getroffen haben. Mit der Zertifi-zierung nach der ÖNORM D 1200 lie-fern wir ihnen eine Entscheidungshilfe,warum sie sich für uns und nicht füreinen anderen Übersetzer entschiedenhaben.

Das österreichische System ist brandneuund muss sich erst in der Praxis bewäh-ren. Wenn Übersetzerkollegen mit lang-jähriger Berufserfahrung bereit sind,sich einer Zertifizierung zu unterziehen,können sie so ihren Beitrag leisten, dasssich das System durchsetzt und Aner-kennung findet. Man könnte dies als„Solidaritätsbeitrag“ für die nächsteÜbersetzergeneration bezeichnen.

Normung & Zertifizierung machen Qualität messbarDipl. Dolm. Liese Katschinka

>> Verwendungsgebühr von E 146,–. Das Zertifikat gilt sechs Jahre, ein Reauditist nach drei Jahren vorgesehen und wird ca. E 1.000,– kosten.

Dennoch, eine Zertifizierung ist weder eine Garantie für bessere Übersetzungennoch für bessere Geschäfte. Die Kundenreaktionen bei einem der ersten beidenzertifizierten Büros waren eher von Skepsis geprägt. Übersetzungen kann maneben nicht wirklich normieren.

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Interview mit Sergio Viaggio, Dolmet-scher, Translatologe und Leiter derDolmetschabteilung der VereintenNationen in Wien. Viaggio wurde 1945in Buenos Aires, Argentinien, geboren.An der Universität Moskau erwarb erseinen Titel in russischer Sprache undLiteratur. 1974 begann er für dieUNO in New York zunächst als Über-setzer und ein Jahr darauf als Dol-metscher zu arbeiten. Seit 1991 leiteter die Dolmetschabteilung des Bürosder Vereinten Nationen in Wien. Erhat mehr als 50 Arbeiten über Theo-rie, Praxis und Didaktik des Überset-zens und Dolmetschens veröffentlicht.

Universitas: Sie haben den IV. latein-amerikanischen Übersetzungs- und Dol-metschkongress besucht, der AnfangMai in Buenos Aires stattfand. Wie warer?

S.V.: Unter den vielen Kongressen, dieich bereits besucht habe, war dies wie-der einmal eine gute Veranstaltung. Ichfahre jetzt zu viel weniger Kongressenals früher. Meist sind sie ja sehr teuer,und es zahlt sich oft nicht aus. Einer-seits, weil sich die Themen immerwiederholen und andererseits, weil dieVorträge nicht entsprechend ausgewähltwerden. Abgesehen davon werden sieverlesen, was ein Unding ist. Die meis-ten Leute lesen schlecht, ich einge-schlossen. Einer der Höhepunkte war,dass José Saramago, der portugiesischeLiteraturnobelpreisträger, eingeladenwar – und nicht nur er, sondern auchseine Frau, Pilar del Río, die seine Über-setzerin ist. Sie hat sozusagen aus demNähkästchen geplaudert, wie sie ihnübersetzt und zu welchen Auseinander-setzungen es darüber im Hause Sarama-go kommt. Insgesamt gab es sehr guteVorträge. Was mich beeindruckt hat,war, dass trotz der katastrophalen Wirt-schaftslage in Argentinien und der teu-ren Teilnahmegebühren so viele jungeLeute dort waren. Ihr Hauptinteressegalt der Zukunft des Berufs. Ich selbsthabe an einem Round-Table Gesprächüber Dolmetschen teilgenommen, wodie lokalen Probleme zur Sprachekamen. Sie dominierten aber auch dieDiskussionen nach den Fachvorträgen.

Universitas: Die Zukunft unseres Berufsund Arbeitsmöglichkeiten sind wohlüberall Themen.

S.V.: Ja, obwohl die Probleme in Argen-tinien besonders schwerwiegend sind.Kaum ein Land hat in letzter Zeit einenderartigen Zusammenbruch erlebt, wo-runter natürlich auch der Übersetzungs-markt extrem leidet.In den internationalen Organisationensetzen sie uns zurzeit noch ein, weil wireinfach da sind, sonst reden sie Eng-lisch. Dolmetschung und Übersetzungensind eben ein notwendiges Übel. Ebensowenig, wie man zum Arzt geht, wenneinem nichts fehlt, wird man auf Dol-metscher zurückgreifen, wenn man sichauch ohne sie versteht. Wir sind schließ-lich teuer. Natürlich muss ein gewisserGrad der Sprachkenntnis vorhandensein, damit Verständigung möglich ist –und das ist sie, da bei heiklen Verhand-lungen etwa keine Dolmetscher beige-zogen werden.Nehmen Sie auch einmal selteneSprachkonstellationen, etwa Portugie-sisch – Farsi bei einem entsprechendenStaatsbesuch. Dafür findet man kaumDolmetscher, also spricht man Englisch.Englisch ist einfach die beherrschendeund am meisten beherrschte Sprache –selbst Spanisch wird außerhalb der spa-nischsprachigen Länder nur von weni-gen verstanden.

Universitas: Englisch wird zwar vonden meisten, von vielen aber so schlechtgesprochen, dass sich die Frage stellt,ob sich die Leute wirklich verstehen.Andererseits stellt sich bei einigen Ver-anstaltungen die Frage, wie wichtig dieVerständigung eigentlich ist.

S.V.: Das ist richtig. Traditionelle Kom-munikationsmodelle untersuchen nur,wie Kommunikation zustande kommt.Eine ganz andere Frage ist, ob sich dieLeute eigentlich verstehen wollen oderob sie dies auch sollen. Wenn derHauptgrund für die Teilnahme an einerKonferenz Einkaufen und Tourismus ist,ist die Qualität oder auch das Vorhan-densein einer Dolmetschung nebensäch-lich. Hier stellt sich die Frage nach derrelevanten Kommunikation. Wenn ver-bale Verständigung nicht im Vorder-grund steht, wird man so wenig Auf-wand wir möglich für die Sprachmitt-lung betreiben. Ohne unsere Hilfe ver-stehen sie sich schlecht, aber vielleichtist es für ihre Zwecke ausreichend. Dasist wie erste und zweite Klasse im Flug-zeug – wie viel bin ich bereit, für einGlas Champagner und mehr Fußfreiheitzu bezahlen.

Universitas: Durch die überwiegendeVerwendung des Englischen gehen aberSprachen verloren, werden auf Vernaku-lärsprachen reduziert?

S.V.: Es kommt auf die wirtschaftlicheBedeutung an. Für einen Markt von 300Millionen Lesern wie im Fall des Spani-schen ist es rentabel, Bücher zu überset-zen. Aber es kann nicht gewinnbringendsein, alle Werke der Literatur, vor allemder Fachliteratur, ins Schwedische zuübersetzen. Jeden Tag gehen Sprachenverloren, von denen wir gar nicht wuss-ten, dass es sie überhaupt gibt. Das istwie bei der Artenvielfalt: Arten entste-hen, entwickeln sich und sterben wiederaus. Diese Entwicklung gibt es seitjeher. Nehmen wir nur Latein und Alt-griechisch als Beispiel dafür, welcheWeltsprachen schon „ausgestorben“sind. Eine Sprache entsteht aus der Not-wendigkeit zu kommunizieren, sonstbildet sie sich zurück, wenn neue Kom-munikationsmittel verwendet werden.

Universitas: Ist der Verlust dieser „Bio-diversität“ nicht schade ?

S.V.: Das wäre, als ob man sagte, es seitraurig, krank zu werden, zu altern, zusterben. Es ist einfach so.

Universitas: Wie sieht es angesichts die-ser Entwicklungen mit der Ausbildungvon Übersetzern und Dolmetschernaus?

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„Ein kleiner Haufen Verrückter“

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S.V.: Zurzeit sollte man unbedingt nochSprachmittler ausbilden. Mehr als jezuvor, angesichts der Globalisierung.Anleitungen etwa müssen weiterhinübersetzt werden. Gerichtsdolmetschun-gen werden mehr benötigt als je zuvor.Zurückgehen wird das Konferenzdol-metschen, hingegen steigt der Bedarf anCommunity Interpreting und Gesprächs-dolmetschungen. Wir Konferenzdolmet-scher sind zwar am sichtbarsten, abernur ein kleiner Haufen Verrückter, derfür die Gesamtheit der Sprachmittlernicht repräsentativ ist. Das Konferenz-dolmetschen wird zweifellos an Bedeu-tung verlieren – dieser Zweig verändertsich am stärksten, da er am meisten demtechnischen, sozialen und wirtschaft-lichen Wandel unterworfen ist. In derEU sollten Dolmetscher wohl bald sie-ben Sprachen können, mit vier bis fünfSprachen ist man zurzeit gerade nochdabei. Niemand kann so viele Sprachenwirklich gut können. Für Englisch,Französisch, Deutsch oder Spanisch hatman vielleicht noch eine große Auswahlan Dolmetschern, aber bei Griechischund Finnisch ist die Qualität schwererzu wahren. Mit der Erweiterung wirddieses Problem noch gravierender. DieQualität wird vor allem in den „kleinenSprachen“ sinken. Am besten wäre eineenglische Kabine mit zehn Dolmet-schern, die alle anderen Sprachen insEnglische dolmetschen, ohne Dolmet-schung in andere Sprachen. Also nurEnglisch aktiv, allen anderen Sprachenpassiv. Das ist die Zukunft.

Universitas: Also ist Englisch aktiverforderlich?

S.V.: Unbedingt für Dolmetscher. EinDolmetscher ohne Englisch hat wenigerChancen als einer, der nur Englischspricht. Bei Übersetzungen ist dasanders. Jemand mit der KombinationKoreanisch-Japanisch kann durchausausgelastet sein.

Universitas: Was halten Sie in der Aus-bildung für wichtig?

S.V.: Ganz wichtig ist die theoretischeAusbildung. Bevor wir etwas tun, soll-ten wir uns überlegen, was wir tun undwarum und wie wir es tun. Übersetzerund Dolmetscher lesen über das Über-setzen und Dolmetschen soviel wieSchuster über das Schuhmacherhand-werk.Bei jeder Sprachmittlung müssen wirerst ergründen, wer, warum und wiekommuniziert. Wenn wir das außer Acht

lassen, ist unsere Arbeit wie ein Klei-dungsstück von der Stange statt einmaßgeschneidertes Werk. Die meisten kümmern sich gar nicht umdiese Fragen, einige erfassen sie instink-tiv. Ich halte daher die Theorie füräußerst wichtig, Theorie verstanden alsKonzeptualisierung der Praxis. So gibtes den Ansatz, dass ein Dolmetscheralles sagen muss, was der Sprecher sagt.Wenn das den Zuhörer aber nicht inter-essiert – wozu eigentlich? Wenn sie z.B.in Argentinien etwas einkaufen wollenund mich als Dolmetscher mitnehmen,möchten Sie dann wirklich, dass ichIhnen den ganzen Smalltalk des Verkäu-fers übersetze oder sehen Sie sich lieberin Ruhe um? Wenn Sie klug sind, über-lassen Sie das Gespräch mit dem Ver-käufer und die Details der Verhandlun-gen mir, der die örtlichen Gegebenhei-ten kennt. Das ist natürlich eine Fragedes Vertrauens – und eine Frage dersozialen Macht. Wir müssen – auf pro-fessionelle Weise, versteht sich – ebensodie Freiheit haben zu tun, was uns rich-tig erscheint, wie andere Spezialistenauch. Wir überlassen uns ja auch einemArzt, weil er mehr von seinem Fach ver-steht als wir, und wir auf seine Berufs-ethik vertrauen. Es ist wichtig, dass einDolmetscher herausfindet, was denKunden interessiert, um so eine effi-ziente Leistung erbringen zu können,indem er Kommunikation nicht nurermöglicht, sondern erleichtert, indemer die Ebene der Metakommunikationmit einbezieht. Bei einem Verkaufsge-spräch geht es allen Teilen darum, es soeffizient und schnell wie möglich abzu-schließen, und dazu soll der Dolmet-scher beitragen.Kommunikation ist selten ein Ziel ansich, sie dient einem bestimmten Zweck.Die Hauptverantwortung eines Sprach-mittlers ist es, seinem Kunden die Errei-chung seines Ziels zu ermöglichen.Wenn ich etwa einen Dolmetscherzuziehe, um eine Aufenthaltsbewilli-gung zu beantragen, lege ich keinenWert darauf, wortwörtlich übersetzt zuwerden und, weil ich ein falsches Regi-ster verwende und einen in der hiesigenKultur unverständlichen Witz reiße, denzuständigen Beamten gegen mich aufzu-bringen. Ich erwarte, dass der Dolmet-scher mein Anliegen korrekt und ange-messen vermittelt.Man arbeitet also immer für seinen Auf-traggeber. So wird etwa der Stil einerDolmetschung bei einer öffentlichenGerichtsverhandlung völlig anders seinals bei einem Treffen zwischen Anwaltund Klient in einem Gefängnis, also in

einem „privaten“ Rahmen. BeiGeschäftsverhandlungen wiederum istes wichtig, die Verhandlungsstrategiedes Auftraggebers zu kennen, um adä-quat dolmetschen zu können. Wenn derKunde sie nicht preisgeben will, mussman sie eben erraten. Um noch einmaldas Beispiel des Arztes zu bemühen:Auch er muss eine Diagnose erstellen,selbst wenn der Patient sich schlechtoder falsch ausdrückt, sich nicht aus-kennt oder gewisse Symptome gar nichtals solche wahrnimmt. Der Arzt mussdie richtigen Fragen stellen können. Dazu brauchen wir die Theorie. In dendreißig Jahren meiner Berufstätigkeithabe ich viel gelesen. Als angestellterDolmetscher mit festem Gehalt habe iches natürlich einfacher, es ist eine Zeit-und Geldfrage. Es gibt viele sehr inter-essante Werke und Ansätze. Insgesamterscheint mir die „relevance theory“(„teoría de la pertinencia“) am wichtig-sten, die ganz einfach besagt: Der Über-setzer bzw. Sprachmittler ist da, damitder Auftraggeber versteht, was er zuverstehen hat, auf die Weise, wie er eszu verstehen hat und zum Zweck, den erbei seiner Kommunikation verfolgt.Dies ist natürlich sehr schwierig.Schließlich sterben auch trotz ärztlicherBehandlung Leute. Nicht immer ist Hei-lung möglich bzw. unser Tun erfolg-reich. Manche Aufgaben erfordern Spe-zialisierung, etwa literarische Überset-zungen. Manchmal muss auch in unse-rer Arbeit „amputiert“ werden, um dasGanze zu retten. Grundsätzlich ist derEingriff aber immer zum Guten, zumSchlechten wendet er sich nur, wenn wirFehler machen. Diese passieren nichtunbedingt aus Dummheit, sondern ein-fach, weil wir Entscheidungen oft aufeiner mangelhaften Grundlage treffenmüssen.Die Theorie ist dabei die Laterne in derDunkelheit, in der wir manchmal tap-pen. Vielleicht ist ihr Licht nicht injedem Fall ausreichend, aber immer bes-ser als nichts. Theorie ist wie ein Kom-pass. Viele Praktiker wehren sich gegendie Theorie, aber wenn sie wirklichnutzlos wäre, wieso gibt es für etwas soPraktisches wie Klavierspielen ein Kon-servatorium, warum studiert manSchauspiel, Tanz, Malerei, Sport?

Universitas: Vielleicht liegt es daran,dass theoretische Werke oft schwer zuverstehen sind?

S.V.: Deutschsprachige Autoren leiden

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häufig an der Erbsünde der klassischenPhilosophie – sie versuchen ständig, dasSein zu ergründen.Was ich mit der Relevanztheorie sagenmöchte, lässt sich an folgendem Beispielerklären: Bei einer großen Sitzung gra-tulieren 184 Delegierte dem 185. zurWahl zum Vorsitzenden und erklärenweiters, wie schön Wien nicht sei, wel-che Freude, hier zu sein. Wie oft, glau-

ben Sie, möchte das die Delegation ausCosta Rica, ja selbst die österreichischeDelegation hören? – Es ist ja nun nichtanzunehmen, dass jemand sagen wird,Wien sei furchtbar. Ich lasse das allesweg, all diese Rituale. Die Zuhörer sindzwar Delegierte, aber schließlich auchnur menschliche Wesen. Niemandbraucht diese Dolmetschungen, da derInhalt nicht relevant ist. Bei der IAEO

gehen Sitzungen oft bis Mitternacht,wenn dann ein Delegierter spricht, istniemand mehr da außer den Dolmet-schern und dem Sicherheitspersonal.Zwar dolmetschen wir trotzdem weiter,aber es ist so unnütz wie das Original.

Das Gespräch führte Doris Bankhamer.

FEDER.CEN.TR.I.Federazione Nazionale Centri di Traduzione ed Interpretariato

www.federcentri.org

4th International Conference

L’INDUSTRIA DELLA TRADUZIONE OGGIComunicazione, normazione, formazione

THE TRANSLATION INDUSTRY TODAYCommunication, Standardisation, Education

Starhotel Excelsior, Viale P. Pietramellara, 51 – 40121 Bologna– Italy www.starhotels.com

FEDER.CEN.TR.I. wishes to encourage the participation of translation companies and translators from outside Italy and oflanguage service users. Last year a number of professional associations (EUATC, ATA, LISA, GALA, AITI, ANITI, etc.)attended, and the same is expected this year, with in-depth discussions of the problems involved in the translation industry.

The Conference will take place from Friday 10 to Saturday 11 October 2003. The work will be divided into 4 main sessions(Friday and Saturday morning and afternoon), each dedicated to a principal topic, with discussions and highly qualified formalspeakers.Exhibitors will have their space in front of the entrance to the meeting rooms and in the hotel lobby next to the bar used forcoffee breaks. Freelance translators and interpreters will have their own separate area (where they can present their CVs).Translation companies will take part in “Getting to Know You” on Saturday and will also be able to contact freelanceprofessionals throughout the Conference.

A number of seminars, workshops and training sessions will be organized and as far as possible will be divided into basic andadvanced sessions.

Conference Secretariat: Livia Caprara, c/o ARCA sas via Giovanni Pascoli 4 – 48100 RAVENNA (RA).Tel. +39 0544 219714, fax + 39 0544 245228, e-mail: [email protected]

FEDER.CEN.TR.I.

FEDER.CEN.TR.I. is the leading Italian Association of Companies providing Language Services. It was founded in 1993 withthe principal aim of pooling common interests in order to foster, measure and promote quality language services.

FEDER.CEN.TR.I. is a founder member of the EUATC – the EUROPEAN UNION OF ASSOCIATIONS OF TRANSLATIONCOMPANIES, which includes national associations of companies providing translation and interpreting services. The Union isrecognised by the European Commission and currently includes associations from the following countries: Belgium, Finland,France, Germany, Great Britain, Greece, Hungary, Italy, Portugal, Spain.

In 1996, FEDER.CEN.TR.I. and UNITER submitted draft norms to the Italian Standards Authority (UNI) which were dulyapproved, becoming recommended national norm no. 10574: “Definition of services and activities of translation and interpreting enterprises”. This was the first norm in the field to be introduced in Europe, and sets out service requirements,acting as a reference point for all companies wishing to certify their quality systems to UNI EN ISO 9000 standards.

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Verbandsmitteilungen:

Neuaufnahmen:

Mag.phil. Mona EL GENDI OM D/Ar./E/FErlaaerstraße 55-63/19/2 Bürgen: Sanjath, Haussteiner1230 WienMobil: 0699 / 108 126 25Email: [email protected]

Chiara FRANCESCHINI-NELL OM I/D/EScheibengasse 7/8 Bürgen: Zwölfer,1190 Wien Munoz de Schachinger Tel.+Fax: 01 / 369 62 50Mobil: 0676 / 706 18 28Email: [email protected]

Dominique SANDERS JM D/E/SpHetzendorferstraße 111 Bürgen: Fürthauer, Kurz1120 WienTel.+Fax: 01 / 804 60 81Mobil: 0699 / 110 530 61Email: [email protected]

Judith Anna PLATTER JM D/I/E/FQuellenstraße 86/15 Bürgen: Prilisauer, Weginger1100 WienMobil: 0699 / 125 088 51Email: [email protected]

Birgit WEILGUNY JM D/Sp/EBeethovenstraße 7 Bürgen: Langer, SpathA-9020 KlagenfurtEmail: [email protected]

Berichtigung:

Agnes Bogyó Sprachen: D/Ung/E

Abo neu:Mag. Myriam Gerlache, Bettina Rittsteuer

Neuaufnahme in das DolmetscherInnenverzeichnis

Mag.phil. Angelika Simon A: DeutschMaria Trosterstr. 170 G B: ItalienischA-8044 Graz C: FranzösischTel.: 0316 / 39 21 44Fax: 0316 / 39 20 40Mobil: 0664 /405 40 25Email: [email protected]

Neuaufnahme in die DolmetscherInnen-Vorliste

Mag.phil. Denise Tschager A: DeutschNeubaugürtel 23/14 B: Italienisch1150 Wien C: EnglischTel.+Fax: 01 / 983 07 03Mobil: 0699 / 111 998 58Email: [email protected]

Adressenänderungen:

Mag.phil. Stella AvalloneÖst. KulturforumPiazza del Liberty 8I-20121 MilanoTel.: 0039 / 02 / 783 741 oder 42Fax: 0039 / 02 / 783 625Email: [email protected]

Agnes BogyóTel.+Fax: 0316 / 28 50 33

Elena Dall’AgnolSchießstattgasse 8/26A-8010 GrazMobil: 0650 / 264 46 42

Thomas HöflerJaxstraße 16AA-8642 St. Lorenzen im MürztalTel.+Fax: 03864 / 26 73Mobil: 0676 / 922 37 63Email: [email protected]

Mag.phil. Gabriela SchöklerRomy Schneider Gasse 4/3/391230 WienTel.+Fax: 662 83 41Mobil: 0699 / 119 603 34Email: [email protected]

Dagmar WegingerMobil: 0699 / 110 864 57

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Der vom Ü-Ausschuss der UNIVER-SITAS organisierte Computerkursfand an vier Nachmittagen im Märzbzw. April d.J. im Seminarraum desInstitutes für Übersetzer- und Dolmet-scherausbildung unter Leitung vonHerrn Balint Kelen, in Kürze Absol-vent des Institutes und Tutor fürComputerkurse, statt.

Begonnen wurde mit der Hardware undder anschaulichen Demonstration dereinzelnen Bestandteile eines Computers.Unter www.geizhals.at findet man übri-gens Preisvergleiche sowie Bestpreisan-gebote zahlreicher Hardware- und Soft-ware-Anbieter. Anschließend wurdehauptsächlich das Programm MicrosoftWord mit seinen zahlreichen Funktio-nen, wie Verknüpfungen, AutoText,Spalten, logische Felder, Inhaltsver-zeichnisse, Formatvorlagen, Tabellen,Makros u.a.m., erläutert und geübt, dadies naturgemäß für die Teilnehmerinnenund Teilnehmer von größtem praktischenInteresse war. Herr Kelen ist mit großerGeduld auf alle Fragen eingegangen undhat für viele „Licht ins Dunkel“gebracht, etwa wenn der Computer wie-der einmal nicht das tat, was man eigent-lich wollte ... Zum Abschluss führte HerrKelen noch für die übersetzerische Pra-

xis nützliche Adressen von Wörterbü-chern im Internet an, etwa www.yourdic-tionary.com oder http://dict.leo.org, etc.,die manche von uns bereits kannten,andere nicht.

Der Computerkurs ist bei den Kollegin-nen und Kollegen gut angekommen, daer maßgeschneidert für die Bedürfnisseder übersetzerischen Tätigkeit war. AufGrund des regen Interesses fand am 16.und 17. Mai d.J. eine Fortsetzung statt.

Es soll aber auch nicht verschwiegenwerden, dass wir für die geplanteWiederholung dieses Kursangebotes imHerbst noch einiges verbessern müssen.Die TeilnehmerInnen des nun abgelaufe-nen Kurses hatten unterschiedliche Aus-gangskenntnisse. Das hat natürlich dazugeführt, dass nicht alle vom Kurs gleich-ermaßen profitieren konnten. Der Ü-Ausschuss hat zwar in seiner Einladungzur Teilnahme darauf hingewiesen, dassder Kurs für Kolleginnen und Kollegengedacht ist, die kein allzu professionel-les Computer-Niveau haben, doch eskamen letztendlich auch einige sehr IT-kundige ÜbersetzerInnen. Hier müssenwir uns noch etwas überlegen, um schonim Vorfeld die Kenntnisse abzuklärenund vielleicht zwei Gruppen zu bilden.

Der im Anschluss an die Kursserie ver-teilte Fragebogen hat außerdem zahlrei-che Anregungen für einen Ausbau derThemenbereiche gebracht. Der Ü-Aus-schuss wird versuchen, auch darauf ein-zugehen und vielleicht einen weiterfüh-renden Kurs in Zusammenarbeit mitHerrn Kelen oder, da dieser bald seinStudium abschließen und vielleicht nichtin Wien bleiben wird, mit einem anderenKursleiter zu gestalten.

Wir ersuchen daher alle interessiertenMitglieder, Frau Böhm unverbindlichper E-Mail, Fax oder Telefon mitzutei-len,a) ob Interesse an einer Wiederholung

des gerade abgelaufenen Kursesbesteht, d.h. an einem Kurs, der für alljene gedacht ist, die zwar auf demComputer ihre Übersetzungen schrei-ben können, aber sonst nicht sehr vielAhnung von den zahlreichen Word-Funktionen haben; oder

b) ob Sie an einem weiterführenden Kursinteressiert sind, in dem (laut Vor-schlag der jetzigen KursteilnehmerIn-nen) Themen wie Suchmaschinen,PowerPoint, Excel, Kopieren aus demInternet, vielleicht sogar TRADOSbehandelt werden.

Computern, aber richtig!Bericht über den vom Ü-Ausschuss organisierten Computerkurs

Christine Helmberger und Eva Holzmair-Ronge

50 Jahre AIIC

Die AIIC feiert ihr 50jähriges Bestehen am 5. Juli 2003 in Paris mit Festakt, Diner und Tanz. Außerdem

sind geplant (und in Ausführung): eine 8-seitige Beilage über die AIIC in der Zeitschrift AMI (von und

über Kongressveranstalter) und das Beilegen von Lesezeichen mit Glückwünschen zum 50jährigen

Bestehen der AIIC im Jahrbuch der Kongresszentren. Anfang 2004 soll in ARTE ein Film über Dolmet-

scher gezeigt werden, „Die Flüsterer/The Whisperers“, dessen Verfilmung jetzt beginnen soll, und in

dem aus der Sicht von 4 Dolmetschern, die 4 Generationen vertreten, gezeigt werden soll, was Dolmet-

scher tun.

Zum Vormerken: Die Region Österreich hält ihren Festakt am Freitag, 7. November 2003, von 18.00

bis 20.00 Uhr in der Diplomatischen Akademie ab, wozu alle an unserem Beruf Interessierten herzlich

eingeladen sind.

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Das diesjährige

Hieronymus-Festwird von der Übersetzergemeinschaft veranstaltet.

Zum Vormerken:

WANN: Dienstag, 30. September 2003, 19:30

WO: Literaturhaus1070 WienZieglergasse 26a

Im Rahmen der Veranstaltung wird Rechtsanwalt Dr. Alfred Noll über „die Rechte der Übersetzer“ sprechen.

ÜbersetzerInnentreffen in Avignon im Oktober

Das Réseau franco-allemand ist eine Gruppe von Über-setzern der Spachkombination deutsch-französisch, dieseit nunmehr 10 Jahren existiert. Ziel dieser Gruppe istdie Schaffung von Kontakten über Landesgrenzen hin-weg und die Förderung des Terminologieaustauschs undder Zusammenarbeit zwischen Übersetzern. Der persön-liche Kontakt ist dabei selbstverständlich ein wichtigesElement. Die Gruppe trifft sich deshalb einmal im Jahrjeweils in Deutschland, Frankreich, Belgien. Vor dreiJahren war das erste Treffen in der Schweiz. Es gibt fürdie Teilnahme keine weiteren Bedingungen, praktischsind jedoch alle Teilnehmer Mitglied in einem der Über-setzerverbände.

Die Organisatoren sind Marie-Noëlle Buisson-Lange(Aticom), Silvia Brügelmann (CBTIP), Frank van Pernis(ASTTI) und Sabine Colombe (SFT).

Das nächste dieser Jahrestreffen, an denen etwa 50 Über-setzer teilnehmen, findet vom 17. bis 19. Oktober inAvignon statt. Um den Kontakt der Übersetzer unterein-ander auch zwischen den Treffen aufrecht zu erhalten,wurde eine Diskussionsliste eingerichtet, in der imwesentlichen Terminologiefragen gestellt werden.

Wir würden uns über die Teilnahme österreichischer Kol-legen und Kolleginnen sehr freuen. Das vorläufige Pro-gramm wird ebenso wie das Anmeldeformular in Kürzeauf der Website der Société Française des Traducteurs(www.sft.fr) zu finden sein.

Weitere Informationen:

Tél.: 04 92 72 85 65Fax : 04 92 72 68 [email protected]

Das hat ka Goethe g’schrieben?

Ein Übersetzungs„reigen“, gefunden von Michael Reiterer imInternet:

AusgangstextJohann Wolfgang von Goethe:

Wanderers Nachtlied

Über allen GipfelnIst Ruh',

In allen WipfelnSpürest du

Kaum einen Hauch;Die Vögelein schweigen im Walde.

Warte nur, baldeRuhest du

auch.

Übersetzung1902 wurde das Gedicht ins Japanische übertragen, 1911 ausdem Japanischen ins Französische und kurz darauf zurück insDeutsche -- in der Annahme, es handele sich um ein japani-sches Gedicht. Eine Literaturzeitschrift druckte es unter demTitel:

Japanisches Nachtlied

Stille ist es im Pavillon aus JadeKrähen fliegen stumm

Zu beschneiten Kirschbäumen im Mondlicht.Ich sitze

Und weine.

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Ausstellungstipp:

„Der Turmbau zu Babel“ in Graz/Schloss EggenburgIngrid Haussteiner

Von 5. April bis 5. Oktober 2003 gehteine vom Kunsthistorischen Museum imSchloss Eggenberg für die EuropäischeKulturhauptstadt Graz 2003 konzipierteGroßausstellung dem biblischen Mythosdes Turmbaus zu Babel, der für Sprach-verwirrung und Zerstreuung derMenschheit steht, nach. Die Schau the-matisiert anhand von Bildern, Schriften,archäologischen und kunsthistorischenExponaten und Installationen – es wer-den 600 Leihgaben von internationalenMuseen und Sammlungen gezeigt –Sprachenvielfalt sowie Ursprung vonSprache und Schrift. Ein vierbändigerKatalog und ein Kinderkatalog doku-mentieren die umfassende und interes-sante Ausstellung. Empfehlenswert istdie Nutzung des Tonführers.

Die in der bedeutendsten Schlossanlageder Steiermark, dem am Westrand vonGraz gelegenen Schloss Eggenberg(Baubeginn 1625), ausgerichtete Aus-stellung gliedert sich in drei Bereiche,umspannt vom Turmbau zu Babel unddem Sprachenwunder des christlichenPfingstfestes. Letzteres lässt sich quasials neutestamentliches Echo auf dieTurmerzählung interpretieren: StattBabel – Jerusalem, statt Sprachverwir-rung – Verständigung, statt Turmbau –flächendeckende Verbreitung des Evan-geliums, statt Zerstreuung – Sammlung.

Blickfang des ersten, kunsthistorisch-archäologischen Bereichs – „Geschichteder Darstellung des Turmbaus zu Babel“– stellt das Bild „Turmbau zu Babel“von Pieter Breughel d. J. aus dem 16.Jahrhundert dar. Hier finden sich nebenmittelalterlichen Handschriften, Zeich-nungen, Radierungen und Gemäldenauch frühe Darstellungen des Turmbaus,z. B. in der Millstätter Genesis aus dem12. Jahrhundert. Dem Streben der Men-schen, im Land Schinar einen Turm bisin den Himmel zu bauen, begegneteGott in 1. Mose 11:6-8 mit „Siehe, einVolk sind sie, und eine Sprache habensie alle, und dies ist [erst] der Anfangihres Tuns. Jetzt wird ihnen nichtsunmöglich sein, was sie zu tun ersinnen.Wohlan, lasst uns herabfahren und dortihre Sprache verwirren, dass sie einerdes anderen Sprache nicht [mehr] ver-stehen! Und der Herr zerstreute sie von

dort über die ganze Erde, und sie hörtenauf, die Stadt zu bauen.“ Der Erfor-schung und Rekonstruktuion babyloni-scher Stufentürme im ehemaligenMesopotamien, dem heutigen Irak, istder archäologische Teil gewidmet; hierfindet sich auch eine Aufnahme von derRuine am „Ground Zero“. Patrick Mim-rans Turminstallation „Babel. TV“, eine3 m hohe Skulptur aus 50 Flachbild-schirmen und Wörterbüchern – auf denBildschirmen sind verschiedene Spra-chen sprechende Münder zu sehen undzu hören – soll die „Fassade universellerKultur und universellen Konsens“ sym-bolisieren und ziert auch die Ausstel-lungsposter und -faltblätter.

Im zweiten Bereich – „Sprachenvielfaltder Welt“ – erfahren die BesucherInnen,dass auf der Erde über 6000 Sprachengesprochen werden. Darunter befindensich 273 Millionensprachen, 4.162„kleine“ Sprachen und 1.982 „kleinste“Sprachen. Allein in Europa gibt es 143Sprachen, von denen 44 zu den Milli-onensprachen zählen. Die weltweit am

meisten gesprochene Sprache ist Chine-sisch mit einer Sprecherzahl von 1.210Millionen, gefolgt von Englisch;Deutsch liegt mit 101 Millionen an sieb-ter Stelle. Chinesisch, gleichermaßendas „Latein Ostasiens“, wird eingehen-der vorgestellt. Ein großer Globusmacht die Sprachenvielfalt der Welt inüber hundert Hörbeispielen erfahrbar.Eine besonders nette Idee verwirklichteChristian Möller mit einer interaktivenKlanginstallation im Innenhof desSchlosses. In seinem „Sprachenwald“,der aus 37 berührungssensitiven Stahl-stangen besteht, kann man über Satelliteingespielten Sprachen (Radiosendun-gen) lauschen. Sprachentstehung undSpracherwerb, sprachwissenschaftlicheModelle, die indogermanischen Spra-chen, Sprache und Gesellschaft, Plan-sprachen, Gebärdensprache und bedroh-te Sprachen werden in diesem zweitenAusstellungsbereich ebenso beleuchtetwie Sprachtechnologie (Artificial Intel-ligence), so z. B. maschinelle Spracher-kennung und Sprachwiedergabe. Immerwieder werden die BesucherInnen inter-

Ausstellungsinformation:Schloss Eggenberg, Eggenberger Allee 90, 8020 Graz

5. April – 5. Oktober 2003täglich 10.00 – 18.00 Uhr, Do 10.00 – 21.00 Uhr

Normalpreis: E 10.–, ermäßigt: E 7.–

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aktiv eingebunden. Mit demPfingstwunder setzt sich eineRaum-Klang-Installation voncolletiva media auseinander, diedurch ein Gemälde eines spani-schen Malers aus dem Pradoeindrucksvoll ergänzt wird.

Im dritten und letzten Bereich –„Die Geschichte der Schrift“ –wird das neben der Sprachewichtigste Kommunikationsmit-tel des Menschen aus archäolo-gischer Sicht beleuchtet. Anhandvon unzähligen Objekten wirddie Erfindung und Entzifferungverschiedenster Schriften veran-schaulicht. Auf Keilschrifttafelnwurden beispielsweise Handels-geschäfte festgehalten – für dieseUrkunden lassen sich Übersetzungenanbieten, während einige Sprachen bisheute nicht eindeutig entziffert wurden.Das Rätsel der ägyptischen Hierogly-phen konnte allerdings schon im 19.Jahrhundert dank des Rosetta-Steins,

von dem wir hier eine Nachbildungsehen, gelöst werden. In diesemAbschnitt der Ausstellung erfahren wir,von einem Raum in den nächsten schrei-tend, Wissenswertes über die Anfängeder Schrift, ägyptische Schriftzeugnisse,die Entwicklung des Alphabets, arabi-

sche und persischeSchrift, das griechischeAlphabet und dessenWeitergabe an die Etru-sker und Römer, euro-päische Alphabetschrif-ten und asiatischeSchriften, rätselhafteSchriften wie z. B. dieIndus-Schrift, Schrift-systeme in Mesoameri-ka und im Andenraumund nicht zuletzt auchüber Kryptographie (soist eine Enigma-Maschine ausgestellt),die geheimnisvolleKabbala und die Blin-denschrift. Im schönen

Schlosspark faszinieren großformatigeBuchstabenskulpturen von ChristianMöller und Pete Conolly, die je nachStandpunkt der BetrachterInnen undderen Blickrichtung die Wörter „Turm-bau“ „zu“ „Babel“ oder abstrakte Tafel-gruppen ergeben.

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Neues übersetzungswissenschaftliches Forum

Chères collègues,Chers collègues,

Le 20 mai dernier avait lieu le lancement officiel d'une liste de diffusion intitulée TRANSLATIO par les doctorants en traduc-tologie de Aston University à Birmingham, en Grande-Bretagne.L'objectif premier de cette liste est de permettre aux étudiant-e-s en traductologie d'échanger sur des questions théoriques,méthodologiques et pratiques reliées à la recherche en traductologie, ainsi qu' à annoncer les colloques et conférences sur ledomaine.Les chercheur-e-s/professeur-e-s sont également invité-e-s à participer aux échanges.La liste est hébergée par JISCMAIL (www.jiscmail.com) en Grande-Bretagne. Les discussions se feront en anglais, au moinspour commencer ;-)On peut s'inscrire en cliquant sur le lien suivant: http://www.jiscmail.ac.uk/lists/TRANSLATIO.htmlNous comptons sur la participation de tous et chacun pour faire de cette liste un lieu d'échange international des plusdynamiques!

Chantal Gagnon et Stefan BaumgartenGestionnaires de la liste

Dear colleagues,

On May 20th 2003, the postgraduate students at Aston University, Birmingham, UK, launched a discussion forum regardingissues in Translation Studies, entitled TRANSLATIO.This forum is primarily aimed at postgraduate students to encourage debates and make announcements on forthcoming eventsin TS. All sorts of research-related and theoretical questions are welcome. Experienced scholars are also invited to jointhe list.The Forum's host, JISCmail (http://www.jiscmail.ac.uk/), is based in UK.People can subscribe on the Web page on the following link: http://www.jiscmail.ac.uk/lists/TRANSLATIO.htmlCould you please pass on the information to potential list members?Best regards and thanks for your cooperation,

Stefan Baumgarten and Chantal GagnonListowners

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Das Letztevon Vera Ribarich

Waagrecht:

5 Sprosse auf der Tonleiter, in „Sound of Music“ als a long,long way to run verküRzt definiert

6 Gehobene Funktion an Beckenrand und Meeresstrand,mit geselligem(!) Wannentraining anzustreben

7 Fachsprachlich gesagt, die Wissenschaft von derEinhaltung des Abgabedatums?

12 Market-taugliches Angriffsziel von „Exterminator 3“?13 Blitzdichters Arbeitsauftrag? Für die Reise dorthin wäre

der Interviewte von S. 8 oper-ativ der 17 waagrecht?14 Damit sind Kernkraftnaturen in ihrem Element15 Auf der kroatischen Insel zahlst du im Urlaub umgekehrt

Cash?16 Sie bewies als Higgins’ Phonetikstudentin vornämlich

musicalisches Talent17 Solche Lösung ist gefragt, beim Lotto gleich sechsmal18 So romanisch drückte sich Erato aus, wenn sie verwirrt

war20 Englische Universitätsstadt, wo man sich beim

Verflossenen-Studium devonair geben kann21 Schalte mal um: Was redst du, wenn jiddischer Klartext

gefragt ist?

Senkrecht:

1 Nach römischer Norm war sie immer certa2 Mehrzähliges Knödelbrot, wie’s K. Valentin gebot (in

Berlin anders beschrippen)3 So fühlst du dich, anfangs ganz sauber, wie neu geboren4 Filmreifer Name eines Killers: Wer verzehrte (sich nach)

Wanda?

5 Warnung vor der Warteschleife: „Das Streichquartetthör’n Sie so drei-/ bis viermal, bis die Leitung –!“

8 Poetische Blatt-Linie: Was der Laureatus fürs Beuschelkränzlich unverzichtbar findet

9 Der lässt hier, von Molière beschrieben, in deutscherÜbersetzung die Geldkassette klingeln

10 Gehobene Stätten für die saisonal angezeigteKaltschalenverabreichung (Mz)

11 Zum Davonlaufen: Passende Bauweise in Babel?12 Werkzeug für die manuelle Ventilation, multi-disziplinär

auffassbar19 Der Seufzer beschließt die Sommerfrische in

Payerbach(!)

Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz:Vorstand des Österreichischen Übersetzer- und Dolmetscherverbandes UNIVERSITAS

Präsidentin: Mag.phil. Florika Griessner; Vizepräsidentin: Mag.phil. MAS Erika KesslerGeneralsekretärin: Mag.phil. Eva Martina Strobl; Stellvertreter: Mag.phil. Ingrid Haussteiner & Mag.phil. Dagmar Sanjath

Redaktion: Vera Ribarich, Mag.phil Doris Bankhamer; Layout: Peter Bierwolf

A-1190 Wien, Gymnasiumstraße 50 E-Mail: [email protected]. + Fax: 01/368 60 60 Homepage: www.universitas.org

Das Mitteilungsblatt dient dem Informationsaustausch zwischen den Verbandsmitgliedern.

CHECKLISTE FÜR BEITRÄGE FÜR DIE NÄCHSTE AUSGABE DER „UNIVERSITAS“:

• E-Mail, Diskette oder Ausdruck an das UNIVERSITAS-Sekretariat bis spätestens 5. September 2003• Manuskript als Fließtext (keine automatische Silbentrennung, keine von Hand gesetzten Trennstriche)• Rechtschreibüberprüfung des Textverarbeitungsprogrammes durchgeführt Diskette virengescannt• Pressesplitter: Datum und Quelle nicht vergessen• Richtig gesetzte Anführungszeichen (im Deutschen „xxxx“, nicht "xxxx")• Richtig geschriebene Beträge (im Deutschen öS xx.xxx,- nicht S xxxxx.- oder ös xx.xxx.-)• Leerschritt vor Prozentzeichen (im Deutschen: 15 %, im Englischen: 15%)• Schrift: Times New Roman, Größe 10 Pt, Zeilenabstand – einfach