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1,80 € davon 90 Cent für den/die Verkäufer/in! 22. Jahrgang · Ausgabe August/September 2015 · www.strassenkreuzer.info So haben Sie die Stadt noch nicht gesehen

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Page 1: 22. Jahrgang · Ausgabe August/September 2015 · www ... · jeder von uns erlebt die Stadt aus seiner persönlichen Perspektive. Manche Menschen interes-sieren sich zuallererst für

1,80 €davon 90 Cent fürden/die Verkäufer/in!

22. Jahrgang · Ausgabe August/September 2015 · www.strassenkreuzer.info

So haben Sie die Stadt

noch nicht gesehen

Page 2: 22. Jahrgang · Ausgabe August/September 2015 · www ... · jeder von uns erlebt die Stadt aus seiner persönlichen Perspektive. Manche Menschen interes-sieren sich zuallererst für

jeder von uns erlebt die Stadt aus seiner persönlichen Perspektive. Manche Menschen interes-

sieren sich zuallererst für die besten Adressen zum Einkaufen oder zum Feiern. Andere kommen

als Pendler und kennen vor allem die Straßen oder Gleise, die sie von D wie Daheim nach F wie

Firma bringen (und zurück). Manche suchen die ruhigen Orte im Getriebe, andere das Bad

in der Menge. Kinder erleben das Gebilde Stadt anders als Erwachsene, Besucher anders

als Einheimische.

Diese Ausgabe nimmt alle mit und lädt ein, die Perspektive auf die Stadt einfach mal

zu verändern. Wir orientieren uns an Nürnberg, mit einem Ausflug nach Erlangen

und Fürth. Doch der andere Blick funktioniert natürlich in jeder Stadt: Wo sind die

attraktivsten Plätze für einen Flaschensammler, was wächst auf Flächen, die eigentlich

niemand beachtet, wo fühlen sich Schulkinder wohl und wo sind ihre Sehnsuchtsorte? Wie

geht es den Bewohnern in Erdgeschosswohnungen an einer viel befahrenen Straße? Oder was

macht eine gute Nachbarschaft für einen Straßenkreuzer Verkäufer aus? Das sind nur einige

Fragen, die wir in diesem besonders dicken Sommermagazin beantworten.

Genießen Sie das Lesen. Vielleicht an einem der Plätze, die wir Ihnen ebenfalls in dieser Ausgabe

als „unbezahlbar“ ans Herz legen möchten. Möge die Stadt an Perspektiven gewinnen.

Das wünscht

Die Straßenkreuzer Redaktion (aus der Südstadt)

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Erst Nr. 4 verändert die Stadt

4 | Spendierhose

☞Hier

geht’s zur Umkleide

1 | Bermudas

2 | Jeans

3 | Hotpants

Spendenkonto Straßenkreuzer e.V. : IBAN DE73 7002 0500 0009 8155 00 · BIC BFSWDE33MUE · Bank für Sozialwirtschaft

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Mehr Bäume für Nürnberg.Eine Pflanzaktion der Sparkasse Nürnberg.

In Zusammenarbeit mit

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Ein Stadtbaum

filtert im Jahr

7 Tonnen Staub.*

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zumikon, Großweidenmühlstraße 21, 90419 NürnbergMittwoch bis Freitag 14 bis 18 Uhr, Samstag 12 bis 15 Uhrund nach telefonischer Vereinbarung, 0172-8118978www.zumikon.de

Cornelia Schleime 11. September bis 24. Oktober 2015

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Nürnberg. Fürth. Erlangen.

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KULTUR ÖFFNET HORIZONTE. NÜRNBERG - EINE STADT FÜR ALLE

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stadtwurstringer

BEStE PlätzE 5

Flaschen sammeln ist nur an manchen Plätzen in der Stadt

attraktiv. Ein Profi sagt, woSeite 7

Eben noch bei der Drogenbera-tung, gleich in der Notschlafstelle - „Schicht-Wechsel“ zeigt Orte der

Armut und Hilfe in NürnbergSeite 15

Schaut immer grimmig und muss mitten in Nürnberg viel aushalten. Sieben weitere unbezahlbare Orte

zum (wieder) Entdecken abSeite 8

Diese Villa hat einen Riss und ist nicht bewohnt. Traurige,

em pörende LeerständeSeite 12

Was spielt sich hinter Erdgeschoss-fenstern an einer belebten Straße ab? Wir haben in der Humboldt-

straße angeklopft, zum Beispiel bei Nummer 132

Seite 20

Auch ein wilder Strauß darf gekonnt in Szene gesetzt sein. Fotografin An-nette Kradisch hat keinen Aufwand

gescheut. Das Ergebnis ist dufte! Seite 24

So sieht Fürth von hinten aus, oder von innen. Jedenfalls vom Zug aus.

Die Strecke von Nürnberg in die Nachbarstadt bietet ungewohnte

Einblicke und AusblickeSeite 32

Steile Treppen hat die 7m der Mittelschule Insel Schütt auch im

übertragenen Sinne bewältigt – bis ihre „Klasse Stadt“ fotografiert und

geschrieben war. Alles selbst ge-macht!

Seite 36

Was uns bewegtSeite 35

Cappuccino mit gesundem Ausblickin Erlangen

Seite 40

Sauerei mit Spaghettiin FürthSeite 43

Das große Sommer-RätselSeite 44

zahl des Monats:1 gute Nachbarschaft

Seite 47

ImpressumSeite 43

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Im gesamten Nürnberger Stadtgebiet bieten wir Wohnungen unterschiedlichster Größen zur Vermietung an. Wir helfen Ihnen gerne bei der Suche nach der passenden Wohnung. Bitte rufen Sie uns an!

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Ihnen haben wir schon ein Zuhause gegeben! Jetzt sind Sie dran!

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MoME NtAuFNAhME 7

Wie und wann kam die Idee, Flaschen zu sammeln?Ich hatte einen Mann beobachtet, der Fla-schen aus einer Mülltonne gefischt hat und habe ihn ausgelacht. Das war natürlich doof von mir. Später habe ich gedacht, dass das gar keine schlechte Idee ist und es selbst auspro-biert. So richtig angefangen habe ich bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Noch heute sind Fußballspiele gute Anlässe, vor allem in den Sonderzügen findet man viel. Da fahre ich sogar mal bis nach Neumarkt, Augsburg, München oder Garmisch.

Können Sie sich noch an Ihre „erste Fla-sche“ erinnern?Das weiß ich noch genau. Das war vorm Marktkauf am Plärrer. Als ich in den Müll-eimer griff, schaute ich nach rechts und links, ob jemand zusieht. Ich habe mich so ge-schämt, es hat viel Überwindung gebraucht. Inzwischen denke ich beim Einkaufen in Dosen statt in Euro und laufe mit einem „Flaschenblick“ durch die Stadt. Es ist mir wurscht, was die Leute denken und wie sie schauen. Manche sehen mich mitleidig an, dabei ist Flasche sammeln ein harter Job. Die Tüten sind schwer und dann der Geruch … Den hat man im Zimmer, bis man die Fla-schen und Dosen endlich am nächsten Tag abgeben kann. Auch das ist anstrengend: Schlange stehen vorm Automat, die Leute

Wer mit Stefan Metzner unterwegs ist, sieht die Stadt mit anderen Augen. Nicht die schönsten Plätze, sondern bestimm-te Abfallkörbe sind für ihn attraktiv. Der 59-Jährige wohnt seit elf Jahren bei der Heilsarmee und sammelt regelmäßig Pfandflaschen und -dosen. Damit finan-ziert er Konzerte und Musicals – Kultur, die sein Leben reicher macht.

„ Ich denke in Dosen statt in Euro“

hinter einem sind genervt. Gefährlich kann das Sammeln auch sein: Ich wurde schon drei Mal überfallen. Und bei „Rock im Park“ wurden wir Flaschensammler schon mal mit Wachhunden eingeschüchtert.

Haben Sie eine festgelegte Strecke?Ich habe eine Stammroute: Ich beginne in der Gostenhofer Hauptstraße, über den Plärrer und gehe die Frauentormauer entlang vorbei an den Prostituierten, über die Färberstraße in die Innenstadt, zur Kaiser-, Adler- und zur Luitpoldstraße, wo die ganzen Bars und Clubs sind. Je nachdem, ob Clubs wieder schließen, ändere ich die Route. Seit das Goya zugemacht hat, bin ich nicht mehr so oft beim Willy-Brandt-Platz. Dort gehe ich trotzdem ab und zu gerne hin. Ich mag die Atmosphäre, mag es, dort zu sitzen, direkt neben Willy Brandt – ganz ohne den Blick auf Dosen und Flaschen.

Bei Ihren Touren kommt sicherlich einiges an Pfand zusammen. Was machen Sie damit?Ich belohne mich mit kulturellen Veranstal-tungen, gehe zu Konzerten oder Musicals. Ich war bei Bob Dylan in München – leider ein Flop – und schon zwei Mal bei Starlight Express. Einmal im Jahr fahre ich zum Eu-ropapark, aber nur wegen der Shows. Schon auf dem Weg nach Rust und bis zum Eingang

hab ich die Fahrt wieder drin. Auf Rast- und Parkplätzen liegt so viel Geld herum. Auch bei Konzerten, allein was man in der Pause an Pfand findet. Das mache ich aber neben-bei, hauptsächlich genieße ich die Veranstal-tung. Kultur ist etwas Schönes, sie bleibt in Erinnerung. Früher trank ich viel, manchmal eine Flasche Whisky am Tag. Vom Alkohol hatte ich nichts.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?Leider sind die guten Zeiten beim Sammeln vorbei. Seit etwa zwei Jahren hat die Kon-kurrenz zugenommen. An normalen Tagen findet man weniger. Ich gehe verstärkt zu Demonstrationen und deklariere mich bei der Polizei als Flaschensammler. Für die ist das in Ordnung. Seit einem Jahr hab ich das Sammeln jedoch schleifen lassen. Das mer-ke ich [klopft sich auf den Bauch]. Ich bin Diabetiker, die viele Bewegung tat mir gut. Ich war ja fast täglich bis zu neun Stunden unterwegs. Künftig möchte ich wieder mehr unterwegs sein. Man erlebt auch so viel. Das würde ich gerne aufschreiben. Aber wer liest das? Und einen Verleger zu finden, das ist schwer.

Text: Severine Weber, Straßenkreuzer RedaktionFoto: Kilian Brandenburg

www.caritas-nuernberg.de

Caritas ist mehr als eine Organisation – sie ist eine Lebens-einstellung. Als Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche hilft die Caritas aktiv Menschen in Not nach dem Grundsatz christlicher Nächstenliebe.

Als Ihr Caritasverband vor Ort sind wir ganz nah dran an den Problemen und sozialen Herausforderungen der Menschen. Unser vielfältiges Leistungsnetzwerk fängt Hilfesuchende sicher auf und bietet schnell unbürokratische Unterstützung. Wussten Sie schon, dass das fast alle Leistungsbereiche betrifft – von der Kinderbetreuung über die Sozialberatung bis hin zur Pflege?

Kinder- und Jugendhilfe

Besondere Lebenslagen

Beratung

Pflege

Wir sind für Sie da:

Senioren- und Pflegeheime:

Caritas-Senioren- und Pflegeheim Stift St. BenediktTauroggenstraße 2790491 NürnbergTel.: 0911-58 06 60

Caritas-Senioren- und Pflegeheim Stift St. MartinGrolandstraße 6790408 NürnbergTel.: 0911-93 57 40

Caritas-Senioren- und Pflegeheim St. MichaelAmalienstraße 17-1990419 NürnbergTel.: 0911-32 25 12 0

Caritas-Senioren- und Pflegezentrum St. WillibaldKlenzestraße 6 - 890471 NürnbergTel.: 0911-81 88 10

Caritas-Senioren- und Pflegeheim Jacobus-von-Hauck-StiftHerbartstraße 4290461 NürnbergTel.: 0911-46 25 750

Caritas-Senioren- und Pflegeheim St. JosefBenno-Mayer-Straße 590763 FürthTel.: 0911-75 66 290

Unsere Hilfen für Senioren und Kranke:

Ambulante Pflege:

Caritas-Sozialstation AngelusLeopoldstraße 3490439 NürnbergTel.: 0911-26 98 92

Palliative Pflege:

Caritas-Hospiz XeniaKlenzestraße 490471 NürnbergTel.: 0911-959 80 50

Rufen Sie uns an, wir beraten Sie gerne!

Caritasverband Nürnberg e.V. Obstmarkt 28, 90403 Nürnberg Tel. 0911 2354-0, Fax 0911 2354-109 [email protected]

Tages- und Kurzzeitpflege:

Tagespflege im Caritas-Senioren- und Pflegezentrum St. WillibaldTagespflege im Caritas-Senioren- und Pflegeheim St. Josef, Fürth

Kurzzeitpflege ist auf Anfrage in allen Häusern des Caritasverbandes Nürnberg möglich.

St. Theresien-Krankenhaus

Unsere Hauptfachabteilungen:Anästhesie, Allgemein- und Viszeralchirurgie, Innere Medizin, Geriatrische Rehabilitation, Unfall- und Orthopädische Chirurgie, Urologie

Unsere Belegabteilungen:Geburtshilfe und Gynäkologie, Strahlentherapie, Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde (HNO), Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie, Plastische und Ästhetische Chirurgie, Therapeutische Nuklearmedizin (Radiojodtherapie)

Unsere Kooperationen:Interdisziplinäres Schilddrüsenzentrum am St.Theresien-Krankenhaus, Brustzentrum am St. Theresien-Krankenhaus, Neurochirurgie, Dialysezentrum Nürnberg, Prostatazentrum Metropolregion Nürnberg, Herzkatheter-Labor, Radiologie und diagnostische Nuklearmedizin (RNZ), Reha-Zentrum Medical Park - St. Theresien GmbH

Berufsfachschule für Krankenpflege

Akademisches Lehrkrankenhaus der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Mommsenstraße 2490491 NürnbergTelefon [email protected]

www.theresien-krankenhaus.deSie finden uns auch auf Facebook und Twitter!

24-Stunden-Notaufnahme

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8 BEStE PlätzE BEStE PlätzE 9

Zugegeben: Nürnberg kann mit schöneren Brücken als die Theodor-Heuss-Brücke aufwarten. Aber unter keiner hat die Stadt mehr zu bieten. Denn zwischen den dicken Betonpfeilern im dank der Graffitis nicht mehr ganz so nackten 70er-Jahre-Charme Wer sich den Irrhain bei Kraftshof als klassi-

sches Labyrinth mit Trennwänden vorstellt, wird enttäuscht sein. Die „literarische Ge-denkstätte mit Irrwegen“ ist nur ein 14.000 Quadratmeter großes Waldstück, das dem Pegnesischen Blumenorden, einer seit dem Dreißigjährigen Krieg bestehenden „Gesell-schaft zur Pflege von Sprache und Dichtung“, im Jahre 1681 per Waldherrenerlass hoch-offiziell als Versammlungsstätte überlassen wurde.Wände und Sackgassen gibt es hier nicht, nur eine Vielzahl an Trampelpfaden, die nach his-torischem Vorbild durch ein Gelände führen, das weitgehend naturbelassen ist. So wie hier sah früher einmal der komplette Reichswald aus. Das war und ist gewollt: Nach Ansicht der hier lustwandelnden Dichter sollte der Irrhain ein „Abbild der wirren Welt“ sein und optisch einen Kontrapunkt zu den aufwändig gepflegten Barockgärten mit seiner von Men-schenhand domestizierten Natur setzen. Nur im unberührten Dickicht, so die frommen Dichterfreunde, könnten Seele und Geist au-thentische Naturerfahrungen machen.Vor allem das imposante steinerne Ein-gangs-Portal des Irrhains mit dem langen Gang dahinter dient bis heute gerne als Ku-

lisse für Fotoshootings aller Art. Und dann ist da noch der Scheinfriedhof mit seinen verwitterten Gedenksteinen und -tafeln im Zentrum. Aufgrund der naturbelassenen, „wirren“ An-lage ist das Gelände heute als europäisches FFH-Schutzgebiet (Flora-Fauna-Habitat) ausgewiesen. Alt- und Totholz dürfen nicht mehr entfernt werden. Im Jahre 2008 wurde der seltene Eremit-Käfer im Irrhain entdeckt, der auf modriges Holz angewiesen ist. Aus Sorge vor herabstürzenden Ästen und zum Schutz seltener Insekten musste das tradi-tionelle Irrhain-Fest einige Jahre ausfallen. Inzwischen scheint ein Kompromiss gefun-den, am ersten Sonntag im Juli wird jeden-falls wieder gefeiert: Dann lädt der Pegne-sische Blumenorden zu Schauspiel, Umzug und Gelage wie zu barocker Zeit. Übrigens: Wer dem Irrhain bei Kraftshof einen Besuch abstatten möchte, ist gut be-raten, nicht der Irrhainstraße zu folgen. Die führt in diesem Fall nämlich tatsächlich in die falsche Richtung.

„Irrhain“, Kraftshof, Lachfelderstraße www.blumenorden.de

Stefan Gnad, freier Journalist; Foto: Katharina Mages

Im März geht’s los. Zaghaft erst, das Krei-schen und Schreien klingt noch verhalten, so als wollten sich die Ankömmlinge erst wieder beheimaten auf der Insel am Wöhr-der See. Spätestens im April und im Mai sind die Graureiher nicht mehr zu überhören, die nun um Nistmaterial streiten, ihr Zuhause verteidigen und schließlich brüten neben dem Johann-Soergel-Weg. Hoch oben in den Bäumen, dass die Kronen wackeln. Im Früh-jahr können die Passanten noch gut sehen, wie mächtig die Vögel sind, wenn sie auf den winterkahlen Bäumen ihre Flügel ausbrei-ten. Dann ist der Blätter-Urwald dicht. Wer nun vorbeikommt, traut manchmal seinen Ohren nicht: Sind da Gorillas auf der Insel? Oder wird Jurassic Park Franken gedreht? Ein tolles Schauspiel, und ein noch tolleres Hörspiel bietet die Reiherkolonie jedes Jahr. „Im Hochsommer, wenn die Jungen flügge sind, ist dann Schluss“, erläutert Dieter Kaus

vom Landesbund für Vogelschutz (LBV). Vor rund 40 Jahren ist das heutige Land-schaftsschutzgebiet entstanden, als der obere Teil des Wöhrder Sees angelegt wurde. Eine Auenlandschaft, die an die 50 Reiher und ein paar Kormorane bevölkern. „So eine große Kolonie mitten in einer deutschen Großstadt gibt es sonst nicht“, weiß der Experte. Und weil die Graureiher genügsam sind und al-les verschlingen, was ihnen vor den starken Schnabel kommt, wird es auch so bleiben. Laut und kreischend und ganz wunderbar.

Reiherkolonie, Oberer Wöhrder See, Johann-Soergel-Weg, ca. 150 Meter vor der Ludwig-Erhard-Brücke, ein Stück rechts und links stehen Bänke zum Verweilen in der ersten Reihe.

Ilse Weiß, Straßenkreuzer RedaktionFoto: Sabine Jockisch

Irrhain | Ein Abbild der wirren Welt

Reiherkolonie | Da wackeln die Kronen

Rechenberg | Beim Ludwig Ruhe finden

Theodor-Heuss-Brücke | Grau – grün – buntherrscht so einiger Trubel. Besonders im Sommer: Im August drängen sich beim Brü-ckenfestival inzwischen weit über 20.000 Musikliebhaber zwischen Bühnen und Stände, lauschen Bands und DJs querbeet durch die Musikszene mit viel Lokalkolo-

rit. Angefangen hat das Kult-Event vor 15 Jahren mit 500 Besuchern. Viel los ist auch beim Afrika-Festival im Juni, das mit rhyth-mischen Klängen, exotischem Essen und Workshops unter der Beton- eine kulturelle Brücke schlagen will.Am angenehmsten aber ist die Theodor-Heuss-Brücke fernab von Veranstaltungen. An einem lauschigen Abend kann man sich in eines der Sitznetze am Rand legen und Hobby-Sportlern beim Körbe werfen zu-schauen. Sehr zu empfehlen ist das hinterste Netz an Pegnitzseite. Vor Augen hat man eine tolle „naturbane“ Kulisse – ein Mix aus dem Grün der Pegnitzauen, dem nackten Beton und bunten Graffitis (die Motive wechseln mindestens im Wochentakt). Der Drall und Hall der Bälle vermischt sich mit Lachen, Kindergeschrei, Hundegebell und Musik (entweder von Smartphones und/oder von mitgebrachten Gitarren oder Trommeln). Einzig die Rauchschwaden der unzähligen Grills stören. Da hilft nur: selbst grillen.

Theodor-Heuss-Brücke, B 4R Nordwestring-Maximilianstraße, Johannis/Kleinweidenmühle

Text: Severine Weber, Straßenkreuzer RedaktionFoto: Gerd Grimm

Ach, die neuen Bänke. 20 Stück wurden dieses Jahr in der Parkanlage Rechen-berg u.a. vom Bürgerverein neu belattet. Mir reicht im Grunde eine Bank. Eine von den sechs Bänken, auf denen sich - für mein Dafürhalten - am schönsten Platz nehmen lässt. Der Feierabend oder spätnachmittägliche Moment der Ruhe. Eine mitgebrachte Speise und/oder ein Getränk verzehren und in die Sonne blinzeln. Dabei der Blick durch oder über die Bäume - je nach Jah-reszeit - Richtung Burg. Vielleicht lesen. Oder nicht. Hier fühlt er sich wohl, der Bürger aus Erlenstegen-Light, Gemarkung Weigelshof. Hier hat er seinen Frieden. Im Hintergrund das Schein-Grabmal vom Ludwig. Sieht aus wie eine überdimensionale Bohne aus dem All. Und klar, sie ist aus Beton. Soll ja halten. Ludwig Feuerbachs Wohnhaus stand am Rechenberg. Hier hat er die letzten Jahre seines Lebens verbracht. Das ist lange her. Und leider hat er es mit einer Straße, die nach ihm benannt ist, nicht in das Philosophenviertel geschafft. Drüben am Stadtpark, bei Schopenhauer, Kant, Hegel und den anderen „echten“ Philosophen. Wobei es nicht die Bohne falsch ist, was auf dem Denkmal steht. Einerseits: „Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde.“ Andererseits: „Tue das Gute um des Menschen willen.“ Passt zusammen. Weiter hinten im Park sind Spielplätze, ein eingezäunter Fußballplatz und so ein Basketball-Dings. Was es noch nicht gibt, ist ein Skateboard-Hin-und-Her-Rutsch. Wird noch kommen. Hier vorne auf der Bank ist es ru-hig. Nur ein paar Hundebesitzer schwenken ihre braunen Tütchen in der Spätnachmittag-Sonne. Wird es Regen geben? Ein Kind stürzt sich auf einem Rad waghalsig den geteerten Weg Richtung Welserstraße hinunter. Huihuihui. Was ist das für ein Trubel heute.

Rechenbergpark (an der Witzlebenstraße)

Artur Engler, Straßenkreuzer CD-Macher

unbezahlbar! Da sollten Sie mal (wieder) hingehen – Lieblingsorte von Kulturgut-Experten.

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10 BEStE PlätzE BEStE PlätzE 11

Man kennt sie als „Weinerei“, aber eigentlich nennt sich die Institution „Gesellschaft zur Förderung von Kunst und Kultur in Europa“ und ist ein gemeinnütziger Verein. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, Projekte jun-ger europäischer Künstler zu unterstützen, die über das Medium Kunst einen Beitrag zur Völkerverständigung in Europa leisten. Gegründet wurde das Projekt „Weinerei“ im März 2002 und war anfangs als offenes Wohnzimmer für die Freunde der Gründer und deren Freunde gedacht, mit gutem Wein und charmanter Atmosphäre.Die Weinerei wurde bald ein Forum für Künstler und Kreative, die sich und ihre Kunst präsentieren können. Sei es als Aus-stellung, Lesung, Konzert, DJ- und Film-abend, oder experimentelles Projekt. Alles, was frisch und interessant ist, soll sich hier ausprobieren können. Alle, die daran Freude haben, sind herzlich willkommen.Die Weinerei ist bei all der Offenheit jedoch keine Kneipe. Es gibt kein Personal, nur eh-renamtliche Mitglieder und aktive Helfer. Es gibt keine Getränkekarte, somit keine festen Preise und auch keinen Eintritt. Schließlich verfolgt der gemeinnützige Verein keine kommerziellen Interessen.Natürlich hat auch die Weinerei ihre Rech-nungen zu bezahlen, und um die Kosten für das Projekt decken zu können, hat sich ein

Ein unschöner, ein grimmiger Ort, in drei-erlei Hinsicht, das „Was“, das „Wie“ und das „Wo“ betreffend.Was: Beethoven, in der typischen Darstel-lung, mit heruntergezogenen Mundwinkeln und mit den Wahnsinn andeutendem Stier-blick. Man findet in der gesamten Kunstge-

Das Spielzeugmuseum steht bei den meisten Erwachsenen auf der Freizeit-Liste eher un-ten. Mit Ausstellungen wie der aktuell sehr sehenswerten „Notspielzeug“ – mit Spiel-sachen aus Kriegszeiten und viel Fantasie – ändert sich der Blick auf das Haus in der Karlstraße zumindest ein wenig. Dabei ge-langt man auch ganz ohne Eintritt in eine fast märchenhafte kleine Welt, die sich im Muse-umshof verbirgt: das Café „La Kritz“. Einfach an der Kasse Bescheid sagen und durch die Tür hinten rechts raus in den Hof gehen. Un-ter der denkmalgeschützten Dockengalerie lässt es sich mitten in der Stadt wunderbar entspannen. Die Galerie mit gedrehten Holz-stäben (Docken) und das Haus selbst wurden im Krieg stark zerstört und zum Teil wieder aufgebaut. Der Gockelreiterbrunnen von Mi-chael Mathias Prechtl plätschert, manchmal drückt ein Kind (oder Erwachsener) den ro-ten Knopf an der großen LGB-Anlage. Dann setzen sich mehrere Züge in Bewegung. Man selbst bleibt am besten mal ruhig sitzen, ge-nießt das Ambiente, trinkt und isst. Wirt Horst Dornberger kocht täglich Pasta mit frischer, hausgemachter Soße, Wirtin Karin Dornberger backt verschiedene Kuchen. Es

Liebesinsel | Knutschen in der CityDie Welt drumrum ist auf der Jagd nach den besten Schnäppchen… schöner ist es auf der Insel mit dem Schätzchen. Während also der Innenstadtbär tobt, kann man hier wunderbar in der Sonne vor sich hindösen oder die Beine in der Pegnitz baumeln lassen und … der Insel und ihrem Namen alle Ehre machen. Ab und zu legt der Gon-doliere mit seiner venezianischen Gondel an, er erhofft sich hier wohl ein gutes Geschäft. Danke, diesmal nicht, vielleicht ein andermal…

Liebesinsel, östliche Spitze der Trödelmarktinsel

Text/Foto: Wolfgang Gillitzer, Straßenkreuzer Grafiker

sehr eigenes Bezahlsystem entwickelt, das wie folgt funktioniert: An der Theke „mietet“ der Gast sich für zwei Euro ein leeres Glas und bedient sich selbst aus einem Sortiment aus-gewählter Weine und alkoholfreier Getränke. Anstatt die Getränke direkt zu bezahlen, wird jeder Gast gebeten, für den Wein, den Abend, die Ausstellung, die Musik, kurz für das ganze Dargebotene oder Erlebte zu spenden und dadurch das Weiterbestehen der Weinerei zu sichern. Wie hoch die Spende ist, bleibt dem Gast überlassen. Das Konzept funktioniert – die Weinerei existiert seit ihrer Gründung

ohne nennenswerte Unterbrechungen.Bis zum Sommer 2004 war die Weinerei in der ehemaligen Bayerischen Metallwaren-fabrik in der Nürnberger Steinstraße behei-matet. Danach zehn Jahre lang am Prinzre-gentenufer. Seit Herbst 2014 befindet sie sich zentral in der Ostermayr Passage (Königs-traße).

„Weinerei“, Ostermayr Passage, freitags und samstags ab 20 Uhr und zu besonderen Ver-anstaltungen, mehr unter www.weinerei.de

Text/Foto: Dirk Murschall, Weinerei-Mitglied, Gründer und Betreiber des Blogs sugarraybanister.de

Beethoven-Denkmal | Garantiert spaßfrei

schichte wohl kein Denkmal, keine Büste, kein Bild, das Beethoven mit einem Lächeln zeigt.Wie: Das Denkmal aus dem Jahr 1927 setzt Beethoven auf einen riesigen Steinsockel, größer als die dargestellte Person selbst, ein Thron, auf dem der Komponist gottgleich

gibt italienische Kaffee-Kultur, Wasser und Säfte, Weine und verschiedene Biere, die der gelernte Brauer Horst auch selbst mag. Vor allem gibt es Idylle pur, besonders bei schö-nem Wetter. Einen Hof weiter ist ein Spiel-platz für die kleinen Besucher – so hat jeder, was ihm gefällt.

Café La Kritz, Karlstraße 13-15, Di-Fr 10-17 Uhr, Sa, So 10-18 Uhr

Text: Ilse Weiß, Straßenkreuzer RedaktionFoto: Spielzeugmuseum Nürnberg

und unerreichbar auf das niedere Volk he-rabblickt.Wo: St. Johannis, Neutorgraben, am Altstadt-ring auf Höhe Hallertor, zwischen Büroge-bäuden und viel befahrener Hauptstraße. Man muss dieses Denkmal schon suchen, und hat man es – zufällig oder bewusst – ge-funden, bleibt man nicht gerne: Straßenlärm, Müll, Parkbankschläfer.Wenn man also mal zu gut drauf ist, vielleicht im Café/Bar Schnepperschütz in idyllischer Lage (und um die Ecke) einen zu schönen Sommernachmittag oder- abend verbracht hat, wenn man zu viel lacht und auch sonst zu viel Freude hat im Leben– einfach mal kurz am Beethoven Denkmal in Nürnberg vorbeigehen – der Gute-Laune-Killer funk-tioniert in jedem Fall!

Beethoven-Denkmal, Neutorgraben, Höhe Hallertor

Matthias Stubenvoll, Chorleiter und Dozent an der EWF NürnbergFoto: Celine Schmittlein

La Kritz | Idylle unter der DockengalerieWeinerei | Ein Glas mieten und Kunst genießen

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12 BEStE PlätzE BEStE PlätzE 13

Wie viel Leerstand gibt es im Stadtgebiet?Daniel Ulrich: Etwa drei Prozent, das ist sehr wenig. Den-noch wird Wohnraum knapper. Wir stehen an der Schwelle zum Problem, und das wird bei den Menschen wahrge-nommen – zuerst bei denen, die Probleme haben, sich mit Wohnraum zu versorgen. Die niedrige Quote spricht für ei-nen funktionierenden Markt. Wir haben in Nürnberg weder ein Zweckentfremdungs- noch ein Leerstandsproblem. Da im Moment der Wohnungsbereich marktbestimmend ist, gibt es keinerlei Druck, Wohnungen in Büros zu wandeln. Es geht eher in die entgegengesetzte Richtung: Umwandlungen von Gewerbe in Wohnen, wie das Heumann-Areal oder die Tucher-Brauerei in der Nordstadt zeigen.  

Gibt es Pläne, Leerstände sinnvoll zu nutzen? Wir gehen mit dem Stadtpla-nungsamt auf Besitzer von Baulü-cken zu, um diese zur Bebauung zu motivieren. Einzelne leere Ob-jekte wird es immer geben, aber auch hier suchen wir den Kontakt,

um eine Nutzung sicherzustellen. Diese Fälle sind eher sel-ten. Den aufkeimenden Mangel bekämpfen wir seit eini-ger Zeit sehr intensiv: Wir haben die Anstrengungen zur Baulandbereitstellung erhöht – wir versuchen, die wenigen kommunalen Flächen auf den Markt zu bekommen und gleichzeitig private Flächen zu aktivieren. Wir arbeiten an Flächenkonversionen im großen Stil, prüfen mögliche Um-nutzungen und halten weiterhin stark an der Wohnungs-bauförderung fest. Das Hauptproblem ist die Fläche: Nicht jeder Besitzer will verkaufen oder bauen, das macht uns große Nöte. Welche Position vertreten Sie als Baureferent bei Leer-stand und knappem Wohnraum?Wir versuchen das Problem jetzt zu bekämpfen, solange es noch geht. Mieten und Kaufpreise sind ansteigend, aber weit weg von den Zahlen mancher Nachbarstadt. Da wollen wir auch gar nicht hin. Die Baulandoffensive, das Baulü-ckenprogramm und die Anstrengungen unserer städtischen Töchter, allen voran der wbg, sind schon ein starker Ansatz. Seit der Krise 2008 steigen die Genehmigungszahlen fast kontinuierlich an: Wir liegen bei etwa 1800 genehmigten Wohnungen pro Jahr – umgerechnet auf die Einwohner ist das mehr als in Hamburg. Das zeigt, dass es gut läuft, aber eben noch nicht gut genug. Und genehmigt ist leider nicht gebaut. Wir haben etwa zehn bis 15 Prozent Schwund.

WoHNHAUS Wo: Wodanstraße 57Eigentümer: Nach Informationen des Grundbuchamtes gehört das Haus einer „älteren Dame aus dem Münchner Raum“. Nach Artikel 14 des Grundgesetzes darf es den Eigentümer zu dessen Schutz jedoch nicht nennen.Nutzung: Das Gebäude mit neun Wohnungen und einem Ladengeschäft steht seit etwa 15 Jahren leer. Nach der Entwohnung wurden das Dach repariert und die Fenster ausgetauscht. Pläne: unbekannt

Gähnende leereWohnungen sind Mangelware, die Preise haben nirgendwo so kräftig angezogen wie in Nürnberg: Allein 2014 verteuerten sich Immobilien laut immowelt.de um 20 Prozent, die Miet-preise in den vergangenen fünf Jahren sogar um 25 Prozent. Umso ärgerlicher ist daher der Anblick leerstehender Häuser. Die Plattform leerstandsmelder.de listet ungenutzte Räume in deutschen Städten: In Nürnberg sind es derzeit rund 30. Fünf davon stellen wir vor.

Text/Interview: Severine WeberFotos: Zahra Hamid, Dirk Murschall, Severine Weber

Altes ArbeitsamtWo: Frauentorgraben 33-35Eigentümer: Ende 2011 erwarb ein Fami-lienunternehmen aus Aserbaidschan von der Kochinvest Unternehmens-gruppe das Gebäude. Nutzung: Das Haus steht seit 1986 leer; im Mai 2015 wurde es symbolisch aus Protest gegen Wohnungsnot schein-besetzt.Pläne: Kochinvest erarbeitete drei Jahre lang ein Konzept, welches das Objekt mit 10.000 m² Nutzfläche als Vier-Sterne-Hotel vorsieht. Der aktuelle Eigentümer übernahm nach Angaben von Kochinvest diese Pläne. Seitdem verstaubt jedoch das alte Arbeitsamt.

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Moderne Villa am Stadtrand Wo: Im Weller 14AEigentümer: aus datenrechtlichen Grün-den nicht genannt; die Immobilien-agentur Nürnberg e. K. vertritt das Objekt. Nutzung: ursprünglich und künftig als Einfamilienwohnhaus; Spatenstich im Jahr 2007, Baustopp wegen eines Risses in der Decke im ersten Stock, Rechtsstreit über rund vier Jahre, Ursache für den Baumangel war ein statisches Problem.Pläne: Die Bauarbeiten laufen wieder. Die Design-Villa soll noch in diesem Jahr bezugsfertig sein.

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Altes Gerberhaus aus dem 17. Jh.Wo: Hintere Ledergasse 43Eigentümer: 2002 haben die Altstadtfreunde Nürnberg e. V. das historische Gebäude erworben. Nutzung: Wegen Einsturzgefahr des Gebäudes mussten die Mieter ausziehen.Pläne: Sanierungsbeginn im Juni 2015; sieben Mietwohnungen zwischen 60 und 70 m² und eine Gewerbefläche sollen entstehen und ab 2019 bezugsfertig sein; historische Elemente bleiben nach Möglichkeit erhalten.

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Alte Federnfabrik Wo: Werderstraße 25 (Fenitzerplatz)Eigentümer: erworben von der Woneo Gruppe, weiterverkauft an die Schultheiss Wohnbau AG.Nutzung: Die ehemalige Federnfabrik steht aktuell leer. Laut dem Blog leerstandsmelder.de ist der Abriss des Altbaus bereits genehmigt.Pläne: Trotz mehrmaliger Anfrage gibt die Schultheiss Wohnbau AG keine Auskunft über das Bauprojekt. Ein Schild des Unternehmens an dem Gebäude wirbt für neue Eigentumswohnungen.

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Daniel F. Ulrich (parteilos) ist seit 1. Mai 2014 Planungs- und Baureferent der Stadt Nürn-berg. Zuvor leitete der studier-te Architekt und Ingenieur die Bauordnungsbehörde.

„Wir bekämpfen den aufkeimenden Mangel“Baureferent Daniel F. Ulrichzu knappem Wohnraum

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Die andere Seite Seit 2008 bietet der Straßenkreuzer mit „Schicht-Wechsel“ Stadtführungen der begegnenden Art. Insgesamt rund 30 Orte der Armut und der Hilfe in Nürnberg werden auf inzwi-schen vier Routen begreifbar. „Schicht-Wechsel“ bewegt zwei Stunden während der Führung – und in Gedanken oft noch lange danach.

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burg bis Athen unterscheidet: Die Stadtführer bleiben nicht draußen, vor den Einrichtungen stehen. Immer gibt es im wahrsten Sinne des Wortes Schwellenüberschreitungen in die Häuser hinein (einzig die Kollegen in der Schweiz haben ihre Führungen vor zwei Jahren in Basel und Zürich ebenso, und sehr erfolgreich, mit Inneneinblicken konzipiert). Mitarbeiter berichten über ihre Tätigkeit, über den Ta-gesablauf, beantworten Fragen und zeigen Räumlichkeiten. Natürlich wird dabei nie jemand „vorgeführt“ oder überrumpelt. Gleichwohl kommt es ab und an zu spontanen Begegnungen. Einmal kamen zwei Bewohner im Haus Domus Misericordiae an der Pirckheimerstraße in die kleine Kapelle neben der Notschlafstelle, wo Leiter Uli Süttner einer Studentengruppe gerade den Alltag im Haus für Männer der Caritas schilderte. Verblüfft, ein wenig unsicher und sichtlich beein-druckt ließen sich die jungen Leute von den beiden wohnungslosen Männern warnen, sie sollten nicht zu viel Alkohol trinken und fleißig lernen. „Ihr seht, dass das sonst nicht gut ausgeht.“Damit die Führungen immer gut ausgehen, also so stattfinden kön-nen, wie im Faltblatt beschrieben, müssen sie genau geplant werden. Dafür ist Peter Nensel verantwortlich: Er macht die Termine mit den

teilnehmenden Einrichtungen und Mitarbeitern und koordiniert die Abläufe.Besonders stolz sind Verein und Stadtführer, dass die Polizeikasernen in Dachau und Eichstätt Schicht-Wechsel für angehende Polizeibe-amte inzwischen fest in die Ausbildung einplanen. Allein im ersten Halbjahr 2015 nahmen 235 junge Polizisten an den Führungen teil. „Mir ist es ein Anliegen, dass Schubladendenken aufgebrochen wird“, sagt Stadtführer und Verkäufersprecher Thomas Kraft. Nachzulesen in einem Buch, das drei Studentinnen der Ohm-Hochschule vergan-genes Jahr als Projektarbeit zu Schicht-Wechsel angefertigt haben. Von Siglinde Reck ist in dem 100-seitigen Band mit vielen Bildern und Stimmen von Sozialarbeitern und Besuchern zu lesen: „Es ist

wichtig, dass der Funke überspringt! Ich finde es jedes Mal spannend zu sehen, wer an den Führungen teilnimmt. Es ist super, wenn man merkt, dass Interesse da ist und im Laufe der Führungen immer mehr Fragen gestellt werden.“ Und Peter Nensel wünscht sich, dass „den Menschen bei den Führungen ein soziales Licht aufgeht“.Ein so schöner wie wichtiger Effekt der Führungen: Es kommen, wie zuletzt CISS e.V. für Strafentlassene oder die Bundespolizei am Bahn-hof, immer wieder neue Einrichtungen hinzu. Und der Aufwand, den alle leisten müssen, lohnt sich: So sei beispielsweise die Auf-merksamkeit für die Lilith-Boutique durch Schicht-Wechsel spürbar gewachsen, sagt Lilith-Geschäftsführerin Daniela Dahm. Und das Sleep In, die Notschlafstelle für obdachlose Jugendliche, bekommt auch mal Kleidung geschenkt, die für die junge Klientel geeignet ist. Seit Februar dieses Jahres bietet der Straßenkreuzer e.V. mit der „Fremden-Führung“ eine weitere Möglichkeit, Menschen zu begeg-nen, diesmal mit Fokus auf kulturelle und religiöse Vielfalt. Besuche in einer Moschee, bei einem türkischen Frisör, im buddhistischen Tempel, Gespräche mit Flüchtlingsberatern und mit Bürgern, die aus weit entfernten Ländern nach Nürnberg kamen, oder ein Be-

ngehende Polizisten, Schulklassen, Studenten, ganze Un-ternehmensabteilungen, aber auch interessierte Privatper-sonen, selbst Priesterseminare und Geburtstagsgruppen

gehören zu den rund 12.000 Teilnehmenden, die sich seit Juli vor nunmehr sieben Jahren auf den Weg gemacht haben, um Nürnberg einmal anders und für tausende Betroffene doch so alltäglich zu er-leben: in Notschlafstellen, in der Wärmestube, bei Beratungsstellen für Menschen in sozialen Schwierigkeiten, der Bundespolizei oder dem Polizeipräsidium Mittelfranken, durch Hilfsangebote für Prosti-tuierte und Drogenabhängige, im Haus für ehemalige Strafgefangene, für Frauen in Not oder in einer Wohngruppe für minderjährige Flüchtlinge, um nur einige Orte zu nennen.Soziale Stadtführungen gibt es in mehreren Städten, von Hamburg bis München, von London bis Athen. Meistens initiiert von den dorti-gen Straßenzeitungen und -magazinen, wie auch in Nürnberg. Meis-tens führen ehemals obdachlose und/oder arme Männer und Frauen die Gruppen, denn sie sind Experten für diese besonderen Touren. In Nürnberg wie auch in anderen Städten haben die Stadtführer die Chance, durch ihre Arbeit eine Anstellung oder eine finanzielle Perspektive zu erhalten. In Nürnberg sind Thomas Kraft und Peter Nensel inzwischen fest angestellt, ihr Einsatz für Schicht-Wechsel ist jeweils Teil ihres Arbeitsvertrages. Zusätzlich führt Siglinde Reck vor allem zu Einrichtungen im Süden der Stadt. Sie kam vor Jahren als ehrenamtliche Mitarbeiterin zum Straßenkreuzer und kennt den Verein inzwischen gut. Ihr Einsatz bei Schicht-Wechsel ermöglicht, dass wirklich alle Routen immer angeboten werden können.Was „Schicht-Wechsel“ dennoch von allen anderen Touren von Ham-

Die Heilsarmee Sozialwerk Nürnberg ist die größte Einrichtung für Wohnungslose in Nordbayern, mit mehreren Häusern in

Gostenhof. Allein 200 Männer finden hier ein Zuhause auf Zeit oder für immer.

Zentrale Anlaufstelle ist „Haus Rothstein“ in der Gostenhofer Hauptstraße, einst ein

Jugendhotel. Rechts der Speisesaal.

Kaum einer vermutet hier in der Vorderen Sterngasse das Sleep In, eine Notschlafstelle

für Jugendliche und junge Erwachsene.

Sozialpädagogin Carina Brauer berät bei der Drogenhilfe mudra in der Ottostraße. Außer-dem ist sie als Streetworkerin unterwegs.

„Start: Infopoint am Hauptbahnhof.“ Hier trifft Siglinde Reck (li.) regelmäßig Teilnehmer, die mit ihr zur Süd-Führung aufbrechen.

Bundespolizei-Sprecher Rainer Schlemmer (re.) gibt Einblicke in die Arbeit der Beamten.

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Mehr Informationen: www.strassenkreuzer.info Anmeldung unter: 0911 2127593-13 oder [email protected] für Führungen: 8 Euro für Erwachsene, ermäßigt 4 Euro

Die Einnahmen aus den Führungen helfen, die Festanstellungen der Stadtführer Thomas Kraft und Peter Nensel (von li.) zu finanzieren und unterstützen die Arbeit des Vereins.

such auf dem Aktivspielplatz mit Kindern aus vielen Ländern und im Nachbarschaftshaus schaffen Augenhöhe. Immerhin leben in Nürnberg 213.000 Menschen mit Migrationshintergrund und fast die Hälfte der Nürnberger Bevölkerung gehört keiner oder keiner christlichen Religion an. Fest steht: Die Fremden-Führung (immer um 15 Uhr am letzten Mittwoch im Monat) und vor allem Schicht-Wechsel erfreuen sich einer ungebrochen großen Aufmerksamkeit. Viele Teilnehmer kom-men immer wieder. Miteinander reden wirkt einfach.

Ilse Weiß, Straßenkreuzer RedaktionFotos: James Albright, PressefotografTom Schrade, www.schrade-kunst.de, privat

Der Kicker steht in der Notschlafstelle Sleep In für wohnungslose Jugendliche und junge Erwachsene.

Das Haus Großweidenmühle ist die städtische Einrichtung für obdachlose Männer und Frauen. Hier ein Blick in eine Unterkunft für Männer.

Sozialpädagogin Klara Reichelt arbeitet bei der Prostituiertenhilfe Kassandra. Sie macht offene Arbeit im Café an der Endterstraße und unterstützt auch Aussteigerinnen, z.B. bei Bewerbungen.

Abends in Haus Domus Misericordiae der Caritas: Männer lassen sich registrieren, um etwas zu essen und ein Bett zu bekommen.

Einfach spielend verstehen!

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Soziale Stadt mit Mitteln des Bayerischen Staats-ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst und der Städtebauförderung

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hinter GlasWer wohnt wohl im Erdgeschoss an einer viel befahrenen Straße? Wer gießt die Pflanzen, dekoriert hinter der Scheibe nach Geschmack? Wir zeigen Fenster der Humboldtstraße auf Augenhöhe – und haben bei einigen angeklopft.

Hindu Tempel „Sri Siththi Vinayaga“

Hinter der grauen Fassade betritt man den Hindu Tempel „Sri Siththi Vinayagar“, mit vielen Mitgliedern aus Sri Lanka und damit eine Welt voller Düfte und Rituale – am besten barfuß.Keine 100 Meter von der Gaststätte „Bierbrunnen“ entfernt wird der Elefantengott Ganesha an diesem wintergrauen Nachmittag gründlich mit Milch und Joghurt übergossen. Andächtig schauen etwa 40 Frauen, Männer und Kinder zu, wie der Priester die Gottheit salbt, dabei Gebete murmelt, die Skulptur mit Wasser abwäscht. Alle hier im Raum sind barfuß oder haben nur Socken an. Der Priester agiert mit nacktem Oberkörper, trägt Sarong, lange Ketten, die Stirn, Brust, Arme sind bemalt. Es ist warm wie in Asien, die Frauen sind farben-froh gekleidet wie in Asien, die Kokosnüsse und Bananen, die geopfert werden, könnten aus Asien kommen. Trotzdem ist hier die Humboldtstraße in Nürnberg. Draußen parken Autos, es ist kalt, die Leute gehen mit Schal und Nachmittagslaune an dem Haus vorbei.

(Auszug aus Straßenkreuzer, Ausgabe Januar 2013)

ausende Menschen fahren und gehen täglich durch die wichtigen Straßen einer Stadt. Während die einen sich auf Gehweg und Asphalt von A nach B bewegen, liegt vielleicht

direkt hinter einem Fenster im Erdgeschoss jemand im Bett, trinkt Kaffee, streitet sich mit dem Partner, liebt, liest, lacht, weint, ist einsam oder feiert. Erdgeschossfenster lassen manchmal ein wenig erahnen, was für ein Mensch hier wohl lebt. Plastikblumen, üppige Grünpflan-zen, Spitzenvorhänge, Dekorationen, staubiges Fenstergrau, geschlos-sene Rollos – jede Menge Ansichtssachen für Interpretationen.

Fotografin Maria Bayer hat, stellvertretend für viele andere Straßen, Erdgeschossfenster der Humboldtstraße dokumentiert. Die zieht sich fast 1600 Meter lang durch den Nürnberger Süden und berührt drei Postleitzahlen: 90443, 90461 und 90459. Einige Male zeigen sich Menschen, die hier wohnen, erzählen von sich und dem Leben auf Augenhöhe mit den vielen anderen, die tagtäglich bei ihnen vorbeigehen. Für ein paar Minuten ergibt sich eine Schnittstelle aus zwei Welten, dann schließt sich das Zeitfenster wieder.

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Text: Ilse Weiß, Straßenkreuzer Redaktion

Fotos: Maria Bayermariabayer.net

103 Erich Ungerbühle am Fenster seiner Ein-Zimmer-Wohnung.

Der Engel und die ganze Deko sind für mich und für die Leute. Ich hab noch mehr Engel, aber die Nachbarin über mir, die hat noch viel mehr. Ich wechsle meine Dekoration ab und zu. Keiner hat bisher was dazu gesagt, oder wegen dem Engel gefragt. Aber ich seh ja, wenn die Leute vorbei-gehen und tuscheln. Das ist in Ordnung für mich. Das kann jeder machen, wie er will. Mir macht es auch nichts aus, wenn mal einer reinschaut. Die andere Deko hab ich selbst gemacht. Mit Papierblüten und einem Fliegenfänger. Und der Schmetterling hier war auf eine Plastiktüte gedruckt. Das hat mir so gut gefallen, dass ich’s ausgeschnitten habe. Im Herbst kommt wieder eine andere Deko ins Fenster. Ich hab als Altenpfleger gearbeitet, bin aber schon lange krank. Manchmal nehm ich den Engel mit an den Tisch, denke nach und sinniere. Dann fühle ich mich wie befreit.

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Zwei Bewohner und ein Besucher sitzen im Hof.

Im Erdgeschoss wohnen will sicher nicht jeder. Frauen vor allem haben eher Angst vor Überfällen, man kann kein Fenster offen lassen, jeder kann reinschauen – nicht immer so einfach. Wir wohnen gar nicht im Erdgeschoss, aber wir treffen uns oft hier im Hof. Das wäre sicher nicht so, wenn jede der zehn Parteien einen Balkon hätte. Aber wir haben keine, und deshalb hat der Eigentümer, der auch hier wohnt, den Hof so schön hergerichtet. Wir haben eine WhatsApp-Gruppe fürs Haus, wenn einer heimkommt, dann kann er den anderen sagen, ich setz mich aufn Kaffee run-ter, wer mag auch? Und meistens kommen dann Nachbarn dazu. Das ist echt locker hier. Die Straße ist angenehm, die Südstadt liegt immer noch im Schatten anderer Viertel wie Gostenhof. Das hat Vorteile. Die Wohnungen sind noch be-zahlbar, die Atmosphäre ist gut. Hier im Haus sind wir mul-tikulti: Kanada, Deutschland, Großbritannien, Schweden, Kosovo…

Belkisa Salijevic mit ihrer Schwester und den Kindern Isabella und Elma.

Wir kommen aus Bosnien und leben schon lange in Nürnberg. Aber erst seit einem Jahr hier. Die Puppen habe ich gekauft. Noch nie hat jemand danach gefragt, aber es freut mich! Ich stelle sie für die Leute ins Fenster und für uns. Ich achte darauf, dass die Schei-ben sauber sind. Alles staubt hier schnell ein. Hinter dem Fenster ist unser Esszimmer, daneben das Schlafzimmer. Wir haben alles schön eingerichtet und gestrichen. Es macht mir nichts aus, im Erdgeschoss zu wohnen. Nur eins stört mich wirklich: Wenn die Leute ihre Hunde an die Mauer machen lassen oder der Hundekot unter unseren Fenstern liegt. Es stinkt schrecklich, ich gehe dann immer gleich raus und schütte Wasser drauf. Bald stelle ich noch eine Puppe ins Fenster, das ist doch schön.

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hier blüht Ihnen was!

Brachflächen gehören zu unseren Städten wie Ampelanlagen. Doch anders als Ampeln werden Brachen kaum wahrgenommen. Man fährt vorbei, radelt durch, sieht sie allen-falls als Hindernis auf dem Weg von A nach B. Kinder nutzen sie immerhin als Spielplatz, Tierfreunde leider gern als Hundeklo. Brachflächen haben nichts zu bieten – auf den ersten Blick. Doch sie sind wichtige „Naturreservate“ in der Stadt. Als unversiegelte Flächen speichern sie in den stark verdichteten Städten wertvolles Bodenwasser, sie sorgen für Luftaustausch und bereiten den Boden für eine Vielzahl von Pflanzen. Manche stehen längst auf der Roten Liste, andere haben sich hier, jenseits der Parks und Gärten, im Lauf der Jahre beheimatet. Wir haben uns drei wilde Flächen genauer angeschaut und sind fündig geworden. Lassen Sie sich von bunten Sträußen mit Natternkopf, Tüpfeljohanniskraut, Weißen Lichtnelken, Rundblättrigen Glockenblumen und vielen weiteren Schönheiten und Schlichtheiten bezaubern. Öde sieht anders aus!

Text: Ilse Weiß, Straßenkreuzer RedaktionFotos: Annette Kradisch, www.fotodesign-kradisch.de

Wir danken Dr. Dietmar Pilotek, Botaniker beim Umweltamt der Stadt Nürnberg, für die großartige Unterstützung bei der Auswahl der Flächen und der Bestimmung der Pflanzen

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Der zarteHeidenelke und Wiesenlabkraut

Eine Magerwiese westlich Laufam-holz – so ist das Gelände an der Eslarner Straße kartiert. Pflanzen-kenner horchen beim Stichwort „Magerwiese“ gleich auf. Die Sand-grasnelke liebt solch karge Böden. Tatsächlich sind hier viele der kuge-ligen, rosa Blütenköpfe auszuma-chen. Sie würden sich gut machen in jedem Strauß, stehen aber auf der Roten Liste. Also Finger weg. Bevor die Diehl-Wiese an der Laufamholz-straße bebaut wurde, konnte eine Sandgrasnelken-Kolonie in den Mari-enbergpark verpflanzt werden. Die Nelke hat keine Chance gegen wirt-schaftliche Interessen. Und natürlich ist Verdichtung meist besser als ein Wuchern der Städte. Doch gerade in Nürnberg mit seinen wenigen Grün-flächen wird es immer knapper mit Freiraum zum Aufatmen .

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Schafgarbe

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Roter Wiesenklee

Heidenelke(Vorwarnliste der Roten Liste Bayern)

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Rundblättrige Glockenblume

Wiesenlabkraut

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Goldhafer

Scharfer Hahnenfuß (Butterblume, leicht giftig)

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Ein Aufmarschgelände der Nazis war das hier mal an der Karl-Schönleben-Straße. Direkt gegenüber beginnt die Große Straße. Seit über 30 Jahren liegen die knapp sechs Hektar brach. Irgendwann ist mal Wohnbebauung geplant. Noch aber gibt es hier vor allem Gras- und Krautflur und Gehölz. Ein Trockenstandort. Eine Freifläche, die aber nicht frei ist von Abfall, Fast Food-Überbleibseln, Plastikmüll. Kein schöner Ort. Und doch hat sich ausgerechnet hier eine Kornblume in zartem Pastell und gar nicht blau beheimatet. Es könnte ein Gartenflüchtling aus einem der nahen Anwesen sein. Wie mutig!

Gänseblümchen

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Wiesenknäuelgras

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Kornblume

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Tüpfeljohanniskraut

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Bunte Kronwicke

Der NaturburscheNatternkopf und Glatthafer

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Der WildeHartriegel und Ausdauernder Lolch

Brennesseln gedeihen hier an der Schleswiger Straße, anspruchsloses Grün überwuchert Haufen, in denen landwirtschaftlicher Abfall verrottet, dazu wächst Gestrüpp. Es gibt einla-dendere Orte. Doch er verdeutlicht, was Brache eigentlich bedeutet: Ab dem 14. Jahrhundert fielen erheb-liche, ehemals landwirtschaftlich genutzte Flächen brach. Heute meint der Begriff auch Freiflächen in der Stadt, die irgendwann genutzt oder bearbeitet wurden. Der Stillstand ist die Chance für seltene Arten. In den 1990er Jahren dokumentierte eine Diplomarbeit für Nürnberg 312 Pflanzenarten auf Industrie- und Gewerbeflächen, 16 davon standen auf der Roten Liste Bayerns. Ende der 1980er Jahre wurden zudem noch 22 Tierarten der Roten Liste in Nürn-berger Stadtbiotopen nachgewiesen. Für den Strauß von der Schleswiger Straße hat sich dann doch noch Klatschmohn, Wilde Malve und sogar Echte Kamille gefunden. Und wer hat schon einen Ausdauernden Lolch daheim…?!

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Klatschmohn

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Echte Kamille

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Hartriegel

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StraßenzügeWer im Zug durch die eigene Stadt fährt, dem kommen selbst vertraute Plätze oft fremd vor. Die Stadt zeigt ihre verborgene, oft ungepflegte und schäbige, manchmal aber auch eine interessante, überraschende Seite. Fotograf Gerd Grimm ist mit der S-Bahn von Rehhof nach Fürth gefahren und hat solche Ansichten festgehalten. Steigen Sie ein!

Ein übergroßer Schäferhund schaut ins Abteil. Er prangt auf dem Lager der Firma „Dinner for Dogs“ an der Breitengraserstr. Hier wird, so verspricht es die Firmen-Homepage, hochwertige Feucht- und Trockenvollnah-rung für den Vierbeiner vertrieben. Inzwischen auch für die Katz, plus Zubehör. Bevor die Hunde zum Dinner schreiten können, machen die Mitarbeiter augenschein-lich aber erstmal Lunch. Also Brotzeit.

Das ehemalige und allererste Elektrizitätswerk Nürnbergs steht zwar nicht weit von diesem Trafo in der Tullnau, doch dieser gehört der Deutschen Bahn. Es handelt sich um eine Umrichterstation, die Hoch- in eine niedrigere Spannung umwandelt, zur Versorgung des Schienennetzes. In dem mit Graffiti verschmierten Schalthäuschen dahinter befinden sich weitere Trafos, es dient zudem Mitarbeitern der Bahn als Sozialgebäude.

Ein wenig zwergenhaft wirken rechts die Wohn- neben den weitaus größeren Mehrfamilienhäusern. Hier trifft dörfliches auf urbanes Flair, hier geht Mögeldorf in die City über. Im Zeitraffer: einst Wirt-schaftshof von König Konrad II. (urkundlich erstmals 1025 erwähnt), dann Bauerndorf, Eingemeindung in Nürnberg im Jahr 1899, inzwi-schen 10.000-Einwohner-Stadtteil. Der dörfliche Charme ist fernab der Bahnstrecke im historischen Kern rund um den Mögeldorfer Kirchenberg noch deutlich zu spüren.

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Seit Jahrzehnten steht der denkmalgeschützte Rundbau ne-ben der alten Hauptpost trostlos, grau und ungenutzt in der Innenstadt. Investor Hubert Haupt aus Grünwald hat den gesamten Komplex mit Kopfbau 2013 gekauft. Während der Kopfbau trotz Bürgerprotest abgerissen werden soll, bleibt der Rundbau wohl erhalten. Mehrere Hotels sollen hier ein-ziehen – in einer Nachbarschaft, die schon fast ausschließ-lich aus Hotels besteht.

Nächster Halt: Bahnhof Steinbühl! Zwischen Geländer, Treppe und der Unterseite des Gleis-betts lugt ein Teilgebäude des ehemaligen Hauptgüterbahnhofs im Stadtteil Kohlenhof hervor. Bis Mitte der 1980er Jahre war dieser in Betrieb, die Gebäude stehen leer. Das Brach-gelände gehört Aurelis, der Immobiliengesell-schaft der Deutschen Bahn.

Sommerliches Semesterende in 7200 Sekunden „Zeit ist für alle gleich“, sagt Frank Braun. Der Regionallotse und Gründer von Bluepingu – dem ökologischen, fairen und regionalen Einkaufswegweiser – hat es beim Semesterabschlussfest der Straßenkreuzer Uni vorgerechnet: 86.400 Sekunden hat jeder von uns jeden Tag, um das Glück zu finden, sich auf den Weg zu machen und sich zu trauen. Egal, ob arm oder reich. Wie im Flug vergehen bei solch beschwingten Reden und heißen Boogies bei der sommerlichen Feier im Haus Großweidenmühle zwei gemeinsame Stun-den – also 7200 Sekunden – mit gut 70 Gästen. Unter ihnen sind neue und langjährige Hörer, Dozenten und Unterstützer der Straßenkreuzer Uni. Sie feiern den Erfolg des kostenlosen und niedrigschwelligen Bildungsangebo-tes, das im Sommersemester 2015 mit 14 Veranstaltungen 350 Frauen und Männer erreicht hat. Insgesamt zählt die Straßenkreuzer Uni in inzwischen elf Semestern über 4200 Hörer, die Freude an Bildung haben und sich öffnen für spannendes Wissen und lebhafte Diskussionen. Im Oktober startet die Straßenkreuzer Uni mit neuen spannenden Themen in ihr zwölftes Semester. Das Programm wird rechtzeitig auf www.strassen-kreuzer.info vorgestellt.

Illustration: Antonia B

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Schuhe für breite FüßeStraßenkreuzer Verkäufer Waldemar Graser (Im Weißen Turm) sucht gebrauchte, bequeme, eventuell hand-genähte Straßenschuhe, Größe 44, da er breite Füße hat und manche Schuhe ihm Schmerzen bereiten.

Mit Rückenwind durch die StadtCharly Huber radelt gern und viel – seit er ein E-Bike besitzt, noch lieber und mehr. Jetzt ist der 71-jährige Straßenkreuzer Verkäufer mit seinem Hund Lord auf dem Elektrorad verewigt: Auf Wunsch hat ihm Pedelec Schmidt ein Anhängerschild angefertigt. Darauf flitzen Charly und Lord „mit richtig viel Rückenwind durch die Stadt“. Den Slogan hat sich Geschäftsführerin Elke Schmidt ausgedacht. Eine schöne Geste und ein Dankeschön des Verkäufers, denn das Nürnberger Un-ternehmen schenkte ihm im vergangenen Winter das Elektrorad. Damit kann Charly trotz schwachem Herz die Zeitschriften leichter zu seinen Verkaufsplätzen bringen und seine Gassi-Touren am Kanal mit Lord fahren. Und hatte er bislang ein Problem mit seinem E-Bike, etwa weil das Schutzblech verbogen war, haben sich Elke Schmidt und ihre Kollegen sofort darum gekümmert – das alles auf Kulanz.

Spende statt Geschenke„Ich bin in der komfortablen Situation vieles zu haben“, sagt Christa Schmidt-Baumeister (2. von rechts). Anstelle eines Geschenketischs stellte sie zur Feier ihres 60. Geburtstags da-her eine Spendenbox für den Straßenkreuzer auf, um dem Verein zu helfen. 1000 Euro ka-men zusammen. Damit unterstützte die Ober asbacherin nun das Sommerfest für Verkäufer, Ehrenamtliche und Mitarbeiter des Straßenkreuzers: eine schöne Feier für 60 Teilnehmer bei Bratwurst Röslein. „Ich freue mich umso mehr, dass gleich zwei Mal gefeiert wurde“, sagt Christa Schmidt-Baumeister. Mit dem Straßenkreuzer kam sie durch ihre Tochter in Berührung. Als Studentin half Tanja Baumeister ehrenamtlich im Vertrieb aus.

Sprechen Sie Rumänisch?Wenn ja, dann freuen wir uns, wenn Sie uns dabei helfen, die rumänischen Verkäuferinnen und Verkäu-fer im Team des Straßenkreuzers besser zu verstehen. Wenn Sie etwas Zeit für ein Ehrenamt investieren möchten und gerne mit Menschen umgehen, dann melden Sie sich bitte beim Straßenkreuzer e.V.: 0911 217 593-0 oder [email protected]

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Wie seht ihr eure Stadt? Welche Plätze bedeuten euch etwas, sind euch vertraut, was stört euch? So lautete die Aufgabe an die 18 Schülerinnen und Schüler der Klasse 7m an der Mittelschule Insel Schütt. Hier sind ihre Ansichten.

Klasse Stadt

Hallo, ich bin Sanel. Ich

spiele jeden Tag Fußball,

weil Fußball mein Leben

ist. Fußball ist sowas wie

mein bester Freund. Wenn

ich traurig bin, spiele ich

Fußball, oder wenn ich

glücklich bin. /// Sanel

Jedes Mal, wenn ich nach Hause fahre, freue ich mich, die Anzeigetafel zu sehen. Das ist meine Lieb-lingsstelle, weil sie mir sagt, dass ich bald daheim bin. *** Gš nen und Mine

Der Stadtstrand ist mein Lieblingsort, weil es dort chillig ist. Es macht Spa§, d a zu sein, nach der Schule oder in der Freizeit. Und der Slush schmeckt auch sehr gut. /// Marvin

Immer, wenn ich zur Lorenzkirche gehe, um gebrannte Mandeln zu kau-fen, muss ich dort vorbei. Und das Blödeste ist, dass es dort öfters nach Fleisch und nach Klärwerk riecht. Nur wegen dieser öffentli-chen Toilette. /// David

Die anstrengendsten Treppen sind hinter meinem Haus. Ich

gehe dort gerne hin, weil wenn ich oben bin, dann kann ich

meinen Balkon sehen. *** Valentina

Das ist eine Straße auf der sehr viele Autos fahren, die sich nicht jeder leisten kann. Deswegen mag ich diese Straße. /// René

Das ist der Platz beim Theater PfŸt ze. Da kann ich entspan-nen und in Ruhe ein

Buch lesen. Ich finde diesen Ort

magisch und schš n. *** Patrizia

Ich mag diesen Platz einfach sehr.

Ich finde ihn sehr praktisch.

Da kann man sich im Supermarkt neben-

an was kaufen, wenn man Hunger hat, und

entspannen, wenn man entspannen will.

*** Asma

Ich mag den Brunnen. Dort rede ich gern mit Freunden, wenn das Wasser aus den Figuren des Brunnens herausschießt. *** Nhat Vy

In den Luitpoldhain gehe ich gern. Ich laufe entw

eder rum, oder ich hör M

usik oder ich

fahr mit dem

Fahrrad. Oder ich treffe m

ich dort m

it Freunden und wir setzen uns

un

ter e

ine

n B

au

m und

reden oder überlegen. *** Lara

Ich gehe mit meinem Hund am

liebsten im Luitpoldhain Gassi.

Oder ich treffe mich mit Freun-

den. Wir fahren alle mit dem

Fahrrad hin und setzen uns dann

unter einen Baum oder spielen

mit meinem Hund.

Ronja

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38 BEStE PlätzE

Die Schüler der 7m (auf dem Foto ist ein Teil der Klasse mit Lehrerin Angela Köblitz - ganz links - zu sehen) sind 12 bis 14 Jahre jung. Ihre Wurzeln liegen in den Ländern Irak, Türkei, Italien, Deutschland, Serbien, Kroatien, Bosnien, Griechenland, Ghana und Vietnam. Ihr Alltag dreht sich um Schule, manchmal haben sie Hobbys, oft spielt das Mobiltelefon eine zentrale Rolle in ihrer Freizeit. Dann nehmen die kleinen Geräte einen großen Platz im Leben ein. Die Jugendli-chen halten damit Kontakt zu unsichtbaren und sichtbaren Freun-den, surfen im Netz, schauen sich irgendwas an, spielen. Die Stadt, ihre Stadt, reduziert sich bei einigen Schülern auch wegen dieses

eingeengten Blicks anfangs auf Burg, Cinecittà und Stadtstrand. Tou-risten- und Konsumorte also, nur in Ausnahmefällen ein Sinnbild für persönliche Erlebnisse. Doch dann entwickeln sich im Gespräch Fan-tasien, Erinnerungen, Sehnsüchte, Alltägliches. Und sie benennen Orte und Situationen, die tatsächlich etwas bedeuten. Ihnen etwas bedeuten. Dank der motivierenden Klassenlehrerin Angela Köblitz finden schließlich fast alle ihren persönlichen Ausdruck. Klar, dass die meisten Bilder und einige Texte über WhatsApp ankommen. Wie praktisch – so bleibt Zeit für andere Dinge.

Wenn ich mit meiner Freundin reden will, dann gehen wir zum Park, setzen uns auf die Mauer und reden. *** Valentina

Ich gehe gern mit meinen Freunden in den Annapark, weil sie dort in der Nähe wohnen. Es macht Spaß mit ihnen Fußball zu spielen. Wenn

alle Fußballplätze belegt sind, dann chillen wir einfach im Park.

Annapark hat einen großen Fußball-platz, und da spielen schon viele

Leute. /// Kadir

Die Wöhrder Wiese ist einfach ruhig und entspannend. Dort esse ich manch-mal Eis und Bratwurst. Es gefällt mir gut dort und ich habe nichts gegen den Ort bzw. ich finde es toll, dass ich neben ihm wohne. Tatsache ist, es ist dort ideal, um Spaß zu haben. Ali

An diesem Hügel sind wir früher, als ich im Hort war, im Winter immer herunterge-rutscht. Das hat viel Spaß gemacht. +++ Gönen und Mine

Auf diesem Bild bin ich in meinem

Hof. Ich mag es, dort Skate-board zu fahren. Letztes Jahr

konnte ich das noch nicht, aber jetzt

kann ich es sehr gut. Und ich liebe es.

///SahandIch bin beim Hars-dörffer, weil ich mich dort mit Freun-den treffe und auch Basketball spiele.#Julian

Ich mag diesen Stadtparkweiher

sehr, weil ich dort mit Freun-den picknicke und rede, man kann natürlich auch Musik hören oder

lesen. Aber am liebsten genieße ich dort die Sonne und überlege, was ich am nächsten Tag tun möchte.

*** Ermina

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40 BEStE PlätzE BEStE PlätzE 41

er vor dieser Theke steht, bekommt Appetit: Belegte Bröt-chen in allen Variationen, Fladen, Kuchen, und während der Mittagszeit mehrere warme Gerichte zur Auswahl. Da-

neben finden sich Süßigkeiten sowie eine große Auswahl an Zeit-schriften und Zeitungen. Das Ambiente lädt ebenfalls zum Bleiben ein: Die dunkle Holzvertäfelung erinnert an den Charme eines Wie-ner Kaffeehauses, kleine Lampen in den Ecken sorgen für warmes Licht und die Tische schmücken, je nach Saison, passende Deckchen und Dekors. Die Außenterrasse bietet einen unverstellten Blick auf den herrlichen Schlossgarten – und das alles, gemessen an der In-nenstadtlage, zu erschwinglichen Preisen.

Manche wollen nur rein, wenn‘s sein muss

Dennoch betreten nur wenige „von außen“ die ruhige (es säuselt auch keine Hitparaden-Musik im Hintergrund) Cafeteria im Alten Universitätskrankenhaus in der Erlanger Krankenhausstraße 12 – obwohl das Café jedem offen steht. Viele wissen das nicht. Andere wiederum schrecken einfach davor zurück, eine Klinik zu betreten, um dort Kaffee zu trinken. „Für viele Menschen sind Krankenhäuser negativ belastet; jeder

Cappuccino mit gesundem Ausblick

weiß, wie es dort ist, war womöglich selbst schon in einer Klinik gelegen, will aber auf keinen Fall hinein, wenn es nicht unbedingt sein muss“, sagt Verkaufsleiterin Sabine Wagner. Die gelernte Kon-ditoreifachverkäuferin, die für alle sieben Cafeterias des Erlanger Universitätsklinikums (siehe auch Kasten) zuständig ist, kann diese Einstellung zwar verstehen, bedauert sie aber sehr. „Bei uns ist je-der herzlich willkommen“, sagt die 45-Jährige. Seit März 2014 leitet Sabine Wagner den Cafeteria-Bereich, davor war sie mehr als 20 Jahre unter anderem als Filialleiterin einer regionalen Großbäckerei tätig. Viele Ideen, die sie dort kennengelernt hat, fließen in ihre neue Aufgabe ein: So gibt es nun auch Vollkornbrote („die Essgewohn-heiten ändern sich nun mal“), täglich wechselnde Aktionen (Tages- oder Saisonangebote) sowie zusätzliche Hinweisschilder vor den Gebäuden. Wagners nächster Wunsch wäre, Schilder auch außerhalb des Klinikareals anzubringen – um schon am Schlossgarten auf die Uniklinik-Cafés aufmerksam zu machen. Noch aber sind es vor allem Patienten, deren Angehörige und Freun-de sowie Krankenhaus-Mitarbeiter selbst, die die Cafés mit ihren ins-gesamt 25 Mitarbeitern aufsuchen. Früh holen sich meist Angestellte vor Dienstbeginn schnell einen Cappuccino („auf den Stationen gibt

Zum Kaffee ins Krankenhaus? Durchaus! Das Erlanger Universitätsklinikum hat sieben öffentliche Cafeterias, eine davon am Schlossgarten, mit Wiener Charme – das kann nie schaden.

es fast nur Filterkaffee“), mittags ist ohnehin viel los und ab 14.30 Uhr kommen Patienten mit ihren Gästen zum Kaffeetrinken. Die Cafeteria-Aufenthalte sind für die meisten Patienten eine wich-tige Abwechslung: „Kranke, die den ganzen Tag im Zimmer liegen, sehen in der Cafeteria etwas anderes und können Produkte genießen, die sie im Klinikalltag nicht haben.“ Cappuccino kostet 2,20 Euro, belegte Brötchen gibt es ab 1,90 Euro, Schnitzel im Brötchen 3,10 Euro, Salat mit Thunfisch oder Hirtenkäse 3,60 Euro, um nur einige Preise zu nennen.

Täglich Hunderte Butterbrezen und Brötchen

Der Bereich, der zu 100 Prozent zum Universitätsklinikum gehört, soll sich wirtschaftlich tragen und Personal- und Stromkosten de-cken. Allein der logistische Aufwand ist enorm: Im Versorgungs-zentrum im Ulmenweg wird die von außen angelieferte Ware auf die Cafés verteilt. Am Tag sind das z.B. rund 320 Butterbrezen, 420 belegte Brötchen sowie 170 belegte Laugenstangen. Natürlich gibt es auch Kranke, die eine Laugenstange weder allein an den Tisch tragen noch schneiden können. „Das machen wir dann sofort, auch wenn der nächste Kunde etwas warten muss“, sagt Sabine Wagner. Der Umgang mit Kranken erfordere mehr Einfühlungsver-mögen als im Verkauf sonst üblich. In den Bäckereien außerhalb einer Klinik werde den Kunden zum Abschied immer noch ein super Tag und ein super Wochenende hinterher gerufen, erzählt Wagner. „In der Klinik wünsche ich den Patienten einen guten Tag und wenn ich sehe, dass jemand eine Infusion hat, dann sage ich noch: „soweit es für Sie eben möglich ist.“ Für Wagner und ihre Mitarbeiter ist Sensibilität oberstes Gebot. „Wenn in einer Klinik plötzlich mehr Kinder liegen, achten wir dar-auf, dass es dort auch Kinderzeitschriften oder Hefte mit Spielzeug zu kaufen gibt, in der Kinderklinik ist das ohnehin der Fall.“ Natürlich gehe es nahe, wenn man einen sichtbar schwer kranken Patienten über einen langen Zeitraum immer wieder sieht, berichtet die Ver-kaufsleiterin. Umso mehr freue man sich mit, wenn er wieder nach Hause darf. Und vielleicht wieder kommt, wenn er gesund ist.

Text: Sharon Chaffin, Redakteurin bei den Erlanger NachrichtenFotos: Mile Cindric

Von Retro-Look bis Toskana-Garten

Die Cafeteria im Alten Universitätsklinikum hat den Charme eines alten Wiener Kaffeehauses. Altes Universitätskrankenhaus, Krankenhausstraße 12, Mo.-Fr., 7.30 bis 17 Uhr, Sa., So. und Feiertag 10.45 bis 17 Uhr.

Die Cafeteria im Chirurgischen Zentrum (Bettenhaus) Östliche Stadtmauerstraße 27 Mo.-Fr. 7.30 bis 17 Uhr, Sa., So., und Feiertag: 10.45 bis 17 Uhr.

Die Cafeteria in der HNO-Klinik ist im toskanischen Stil gestaltet, mit einem ruhigen, terrassenförmig angelegten Garten. Waldstraße 1 Mo.-Fr. 7.30 bis 17 Uhr, Sa., So. und Feiertag 13 bis 17 Uhr.

Die Cafeteria im Internistischen Zentrum, mit viel Licht, Metall und Glas. Ulmenweg 18 Mo.-Fr. 7.30 bis 17 Uhr, Sa., So. und Feiertag 9 bis 17 Uhr.

Die Cafeteria in der Kinderklinik: Durch einen Glasboden blickt man auf den Grund des ehemaligen Schwimmbeckens. Loschgestraße 15 Täglich 7 bis 18.30 Uhr.

Die Cafeteria in den Kopfkliniken ist im Retro-Look der 1970er Jahre gehalten. Schwabachanlage 6 Mo.-Fr. 7.30 bis 17 Uhr, Sa., So und Feiertag 10.45 bis 12 Uhr sowie 12.30 bis 17 Uhr.

Die Cafeteria im Translational Research Center bietet einen direkten Blick ins Schwabachtal. Palmsanlage Mo.- Fr. 9 bis 13 Uhr sowie 13.30 bis 16 Uhr, Sa., So. und Feiertag geschlossen.

W

Oben links viel Grün vor der Kinderklinik, hier die Terrasse im Internistischen Zentrum.

Sieht aus wie Wiener Original, ist aber original Altes Universitätsklinikum.

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n Zeiten von Fun-Parks könnte so ein Gehege mit Schweinen ein Schat-tendasein führen. Gestrig irgendwie.

Doch die Anlage im Fürther Stadtwald zieht ungebrochen viele Besucher an – und hat Fans wie Kritiker. Zum Beispiel im Internet auf der Reise- und Ausflugs-Plattform Tripadvisor. Die meisten beurteilen das Gehege beim Trimm-Dich-Pfad (auch so eine feine Attraktion aus dem letzten Jahrhundert!) dort mit „Sehr gut“. Es gibt aber auch Ausschläge in alle Richtungen. Beispiele? Bitte: „Wir waren letztens nach lan-ger Zeit wieder mal auf dem Trimm-Dich-Pfad und kamen auch am Wildschweingehege vorbei. Die Frischlinge kamen gleich grunzend an den Zaun und ließen sich kraulen. Mir bricht es das Herz bei dem Gedanken, dass sie schon bald als „lecker Braten“ auf dem Teller landen!“ Oder: „Auch im Winter schön. Morgens im Dunkel laufen. Da begegnen dir nur ganz wenige auch mit dem Rad. Die Wildschweine kannst du nur ahnen, manchmal grunzt oder raschelt es. Nur zu gut, dass du keinem direkt begegnen wirst.“ Und: „Mitten im schönen Fürther Stadtwald ein großes Gehege mit einer großen Wildschwein-Familie. Am Wochenende pilgern viele Familien dorthin, vor allem wenn es Nachwuchs bei den Tieren gegeben hat!“

Impressum

Straßenkreuzer – Das SozialmagazinJahrgang 22 / Heft 8, August/September 2015

Der Straßenkreuzer ist Mitglied im Inter-nationalen Verband der Straßenzeitungen INSP (www.street-papers.org) und im lokalen sozialen Netzwerk „Anlauf“

Herausgeber: Straßenkreuzer e.V. Wilhelm-Spaeth-Str. 65, 90461 NürnbergTel. 0911 217593-0, Fax -20e-mail: [email protected]: Walter Grzesiek, Sabine Felser, Sabine Sinn-Rausch und Götz Schwanhäußer

Straßenkreuzer Redaktion: Ilse Weiß (verantw.), Severine WeberVerwaltung und Straßenkreuzer Uni: Barbara Kressmann

Öffnungszeiten Redaktion: Mo bis Do, 9 bis 15 Uhr

Redaktionelle Mitarbeit in dieser Ausgabe: Sharon Chaffin, Artur Engler, Wolfgang Gillitzer, Stefan Gnad, Dirk Murschall, Matthias Stubenvoll

Fotos: James Albright, Maria Bayer, Kilian Brandenburg, Mile Cindric, Wolfgang Gillitzer, Gerd Grimm, Zahra Hamid, Sabine Jockisch, Annette Kradisch, Katharina Mages, Dirk Murschall, Celine Schmittlein, Tom Schrade, Regina Maria Suchy, Severine Weber, Ilse Weiß

Illustrationen: Gerd Bauer, Antonia Brehm

Wir danken der Nachrichtenagentur Reuters für ihre Unterstützung

Titelbild: Gerd Grimm

Manuskripte sind nach Absprache mit der Redaktion willkommen.Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Gestaltung: www.gillitzer.net

Druck: hofmann infocom GmbH, NürnbergAuflage: 18.000

Vertrieb:Straßenkreuzer Vertrieb, Wilhelm-Spaeth- Str. 65, 90461 Nürnberg

Mitarbeiter/-innen im Vertrieb:Birgit Eckl, Sabine Felser, Katharina Glaß, Holger Hoffmann, Marco Korder, Ilka-Maria Mertel, Julia Minderlein, Helmut Nill, Helmut Nordhardt, Daniela Post, Manfred Rathgeber, Siglinde Reck, Helga Rottkamp, Daniela Rubner, Sofia Schier, Ernst Schottky, Sabine Sinn-Rausch, Betty-Bianka Steinbach, Patricia Wallat, Christa Widmann, Gerhard Winkler

Anzeigenannahme und -verwaltung: Gillitzer Werbeagentur, Tel. 0911 3005158, [email protected] gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 18(Anzeigenpreise im Internet unter www.strassenkreuzer.info)

Spendenkonto:IBAN DE73 7002 0500 0009 8155 00BIC BFSWDE33MUEBank für SozialwirtschaftBLZ 700 205 00 · Konto 9 815 500Bei Spenden bis 200 EUR genügt der Überweisungsschein als Steuerbeleg.

Verkaufspreis 1,80 EUR (davon 90 Cent für die Verkäufer/-innen)

Der nächste Straßenkreuzer erscheint am 29.9.2015. Anzeigenschluss: 8.9.2015

Der Straßenkreuzer ist eine Zeitschrift, die Menschen in sozialer Not hilft, sich selbst zu helfen. Die Zeitschrift wird von Wohnungslosen, Lang-zeiterwerbslosen und Armen auf der Straße verkauft.

I

BEStE PlätzE 43

Sauerei mit Spaghetti Ein Geheimtipp sieht anders aus. Nicht mit Zaun und gleich neben dem Trimmpfad … Aber es geht ja um einen allerbesten Platz – und das Wildschweingehege ist definitiv einer. In Fürth.

All dem ist nur noch hinzuzufügen: Es gibt Kinder und Erwachsene, die die Schweine mit Spaghetti oder Eicheln füttern, Leibspeisen der Schwarzkittel! Manche Jogger halten angeblich nur deshalb länger durch, weil sie bei ihren Runden nach Schwarzwild (so der richtige Name) spähen können und nicht merken, wie sie sich verausgaben. Seit 1987 gibt es die Schweinerei im Stadtwald. In-itiiert wurde das Projekt vom Verein zur Pflege des fränkischen Brauchtums. Vor allem für die Fürther ist das Gehege gedacht. Wie sehr ihnen die Anlage am Herzen liegt, hat sich gezeigt, als der erste Kei-ler „Eberhard“ im Jahr 2000 das Zeitliche gesegnet hatte. Rund 250 Bürger beteiligten sich an der Wahl eines Namens für den neuen Herrn der Rotte. Er heißt inzwischen „Rudi II“. Und ja, im Herbst wer-den Schweine geschlachtet. Mit dem Fleisch wird ein Teil der Kosten für das Gehege finanziert. Stadtförs-ter Martin Straußberger schaut einmal täglich bei den Schwarzkitteln vorbei. Das holt kein Besucher auf. Aber hingehen, Stadtwald genießen, Schweine besuchen, das lohnt sich auch ein Mal.

Text: Ilse Weiß, Straßenkreuzer RedaktionFotos: Katharina Mages

Wildschweingehege Fürth, Zum VogelsangBuslinie 178, oder Parkplätze beim Hotel Forsthaus

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BEStE PlätzE 4544 KoPF uND toPF

R ä t s e l

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zAhl DES MoNAtS 47

Sei es Hausnummer 3, 5 oder 7 – überall sind Menschen, die ihn auf ihre Weise unterstüt-zen und schätzen. Das fängt schon mal mit Maria Maurer an, die hier mit Rudi auf dem Foto zu sehen ist. Die 74-jährige Mieterin in Haus Nummer 5 öffnet Rudi jeden Morgen die Tür, damit er einen Hocker rausholen kann, der über Nacht im Hausflur deponiert wird. Natürlich mit Zustimmung der Hausei-gentümerin, Martha Schuster. Schließlich, da sind sich die Frauen einig, soll Rudi Fuchshu-ber nicht stundenlang stehen müssen beim Verkauf. Weil er schon mal da ist, nimmt er Pakete an, wenn jemand das möchte. Klar, dass er Kunden des Uhrengroßhändlers im Nachbarhaus auf dessen Mittagspause auf-merksam macht – „sonst steigen die Leute ja 68 Stufen umsonst hoch“. Die Verkäuferin-nen bei Hunkemöller sind alle sehr nett, er-zählt Rudi, und auf die „Tchibo-Mädels“ lässt er eh nix kommen. Maria Maurer kam vor 40 Jahren aus Siebenbürgen, „wir mussten zusammenhalten, das vergisst man nicht“.

Ihr Vater war Bauer und wurde enteignet, sie selbst hatte in der alten Heimat Bienen gezüchtet. Vertreibung, Verlust, all das ist ihr vertraut und hat ihr Menschenbild ge-prägt. Manchmal wechselt sie mit Rudi ein paar Worte, morgens, oder abends, wenn der Hocker wieder ins Haus kommt. Sie weiß, dass er aus Niederbayern stammt, zuletzt 15 Jahre Lackierer bei BMW war, bis er schwer erkrankte. Ob Lackdämpfe mit Schuld waren an der Gehirnblutung und den Lähmungen, ist nicht klar. 59 ist Rudi jetzt, und wer sich für ihn interessiert (und einen Straßen-kreuzer kaufen will), findet ihn neben der Tchibo-Filiale. Einen Hocker hat er, eine gute Nachbarschaft auch. Gute Gespräche können nix schaden.

Text/Foto: Ilse Weiß, Straßenkreuzer Redaktion

Z A H L D E S M o N A T S

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Rudi Fuchshuber am Ludwigsplatz.

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