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Schulpraxis evaluieren Forum: Lehrerbildung – Praxissemester im Studium? BBS-Info: Hagenbeck – einzigartige Zooschule des LI Schulforschung: KESS 7 – Förderschulen Zeitschrift für Hamburger Lehrkräfte und Elternräte PÄDAGOGISCHE BEITRÄGE VERLAG Hamburg macht Schule 2‘07

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Schulpraxis evaluierenForum: Lehrerbildung – Praxissemester im Studium?BBS-Info: Hagenbeck – einzigartige Zooschule des LI Schulforschung: KESS 7 – Förderschulen

Zeitschrift für Hamburger Lehrkräfte und ElternrätePÄDAGOGISCHEBEITRÄGE

VERLAG

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le2‘07

WERBUNG U2

Hamburg macht Schule 2|2007

Editorial

»Wie gut sind wir wirklich?« fragte sich das Kollegium der Grundschule Rellinger Straßeim Blick auf die Einführung neuer Lernkonzepte und ließ sich durch ein Marktforschungs-unternehmen extern evaluieren (vgl. S 14 f.). Einen Vorschlag, wie man die Eingangsfrageauch für sich selbst schnell und ohne externen Beistand beantworten kann, entnehme ichdem aktuellen Newsletter von Georg Lind, Professor für pädagogische Psychologie an derUniversität Konstanz:

»Test For Smart People. The following short quiz consists of 4 questions and will tell you whet-her you are qualified to be a professional.Look down for each answer. The questions are not that difficult. But don't look until you haveanswered the question!

1. How do you put a giraffe into a refrigerator?

2. How do you put an elephant into a refrigerator?

3. The Lion King is hosting an animal conference. All the animals attend except one. Whichanimal does not attend?

4. There is a river you must cross but it is used by crocodiles, and you do not have a boat. Howdo you manage it?

According to Anderson Consulting Worldwide, around 90 percent of theprofessionals they tested got all questions wrong, but many preschoolersgot several correct answers. Anderson Consulting says this conclusivelyproves the theory that most professionals do not have the brains of a four-year-old. Send this out to frustrate all of your smart friends.«

PS: Sollten Sie wider Erwarten bei diesem Test nicht zu Ihrer vollenZufriedenheit abgeschnitten haben, wenden Sie sich bitte den interes-santen Evaluationsberichten aus der Schulpraxis im Schwerpunktteildieses Heftes zu. Die kommen ganz ohne Giraffen, Krokodile und Kühl-schränke aus. Einen guten Start ins neue Schuljahr wünscht Ihnen

The correct answer is: Open the refrigerator, put in the giraffe, and close the door. This ques-tion tests whether you tend to do simple things in an overly complicated way.

Did you say, Open the refrigerator, put in the elephant, and close the refrigerator? Wrong Ans-wer. Correct Answer: Open the refrigerator, take out the giraffe, put in the elephant and closethe door. This tests your ability to think through the repercussions of your previous actions.

Correct Answer: The Elephant. The elephant is in the refrigerator. You just put him inthere. This tests your memory. Okay, even if you did not answer the first three questionscorrectly, you still have one more chance to show your true abilities.

Correct Answer: You jump into the river and swim across. Have you been listening? All the croco-diles are attending the Animal Meeting. This tests whether you learn quickly from your mistakes.

Hamburg macht Schule 2|2007

Inhalt

10 Schulpraxis evaluierenQualitätsprozesse zwischen professioneller Intuition undsystematischer Evaluation

14 »Wie gut sind wir wirklich?«Externe Evaluation als Selbstvergewisserung und Basis fürdie Weiterarbeit

16 Gemeinsam sieht man mehrKollegiale Hospitationen und Coaching als Evaluationsin-strumente

18 Zwei Jahre GanztagsschuleEine Gesamtschule zieht Bilanz und blickt nach vorn

20 Prozessbegleitende EvaluationSchulstrukturen und Unterrichtsentwicklung – eine Qualitäts-entwicklungsspirale

22 Schülerfeedback verbindlich verankern Wie man mit Bordmitteln einen offenen Dialog initiiert

24 Mit den gegenseitigen Erwartungen fängt es anSchülerfeedback als Steuerungsinstrument für Unterricht

26 Einfach, klein und konkret Ein Kollegium formuliert klare Ziele mit messbaren Indikatoren

27 Unterstützungsangebote des LI

6 Pro und ContraPraxissemester im Lehrerstudium?

6 Argumente gegen ein Praxissemestervon Hans Werner Heymann

8 Argumente für ein Praxissemestervon Reiner Lehberger

28 Aktive ElternEine Chance für die Schule

Von Astrid Kahlbohm

Schulpraxis evaluierenModeration: Christine Roggatz

Bildungspolitisches ForumVerantwortlich: Manfred Schwarz

Schulforschung30 KESS 7 an Förderschulen

von Ulrich Vieluf

Werkstatt Schule

Hamburg macht Schule 2|2007

Inhalt

Nachrichten: BBS

Mobilitätserziehung 32Polizeiverkehrslehrer kooperieren mit den Schulen

Hockey 32Neues Leistungszentrum am Rothenbaum

Rudern 33Allermöhe: Leistungszentrum wird ausgebaut

Vor allem für Familien 33Neues Bad in Altona

BBS, Bäderland und VAF 34Hamburger Schulen: Schwimmfest im Kaifu-Bad

»Jugend trainiert für Olympia« 35»Hamburg spielt Golf« – auch an einigen Schulen

Wettbewerb »Schule sind wir« 35Preisverleihungen im LI

100 Jahre Hagenbeck 36Einzigartige Zooschule in Hamburg

Johanneum 39Sponsoren und Behörde: Neuer Erweiterungsbau

Bundesweiter Wettbewerb 40Berufsorientierung: Emil-Krause-Gymnasium gewinnt

HSH Nordbank Run 40104 000 Euro zur Unterstützung junger Sportler

Neues Bildungshaus HafenCity 41Unter einem Dach: Schule, Kita und Krippe

Stellingen 41

Schüler dreier Schulen kämpfen gegen Müllberge in Sarajewo

»Jugend debattiert« 42Gymnasien Oberalster und Buckhorn holen sich den Landessieg

Aktionsbündnis 421000 Migranten zusätzlich kommen in die Ausbildung

Erfolgreiche Kooperation 44»Schüler machen Zeitung«

Schülerbegegnungen 44 Schulformübergreifend: Hamburg und Prag

Neu im Medienverleih des LI 45

Nachrichten: Regional

Zehn Jahre Erfolg 46 Hamburger Bildungsserver hat sich bewährt

Ausstellungsprojekt 46 Berlin – mit und ohne Mauer

Nachruf 47 Dr. h. c. Ursula Randt

Nachrichten: Überregional

Modellschule in Berlin 48 Generelle Deutschpflicht entschärft viele Konflikte

YFU 49 Ein Schuljahr im Ausland – aber wann?

LEITEN lernen 50 Ein Projekt der ZEIT-Stiftung

Jungen und Schule 50 Neue Publikationen des LI

BBS-InfoVerantwortlich: Manfred Schwarz

BBS-Info

Marktplatz

Impressum

Herausgeber:

Behörde für Bildung und Sport (BBS),Peter Daschner, Landesschulrat, Direktor desLandesinstituts für Lehrerbildung und Schulent-wicklung (LI), Felix-Dahn-Str. 3, 20357 Hamburg,E-Mail: [email protected] Luckow, Leiter Presse- und Öffentlich-keitsarbeit, Hamburger Str. 31, 22083 Hamburg;E-Mail: [email protected]:

Pädagogische Beiträge Verlag GmbH, Rothen-baumchaussee 11, Curiohaus, 20148 HamburgTel. (0 40) 45 45 83; Fax (0 40) 4 10 85 64 Verlagsredaktion und Gestaltung:Sören HavemesterRedaktion für Schwerpunkt, Werkstatt Schule,

Beitrag, Schulforschung, Marktplatz:

Prof. Dr. Johannes Bastian (verantwortlich), Christine Roggatz, Dr. Jochen Schnack, Tilman Kressel (Werkstatt Schule); Adresse:Rothenbaumchaussee 11, 20148 HamburgRedaktion für Bildungspolitisches Forum

und BBS-Info:

Dr. Manfred Schwarz (verantwortlich), Karin Bro-se, Colette Busse, Ulrich Hinderer, Hans-HermannSchumann, Jörg-R. Vahle, Rainer Wagner; BBS-Redaktionsassistenz: Rita Göttsche; Adresse: Be-hörde für Bildung und Sport, Hamburger Str. 31,22083 Hamburg, Tel.: 4 28 63-21 59, Fax: 4 28 63-30 34, E-Mail: [email protected]: Schüthedruck, Kanzlerstraße 6, 21079 Hamburg, Telefon (0 40) 7 63 20 25Anzeigen: v. Wels + Schütze, Hamburger Str. 148,22083 Hamburg, Tel.: (0 40) 29 80 03-0, Fax: 29 80 03-90Erscheinungsweise: 4-mal pro JahrAuflage: 15.000Bilder: W. v. Woensel: Titel, S. 4, 10, 13. M. Schwarz: S. 4, 7, 9, 32, 33, 34, 36, 37, 39, 40,41, 44. V. Mette: S. 15. G. Stark: S. 17. S. Kayser: S. 21. M. Vollmer: S. 29.Alle weiteren Fotografien dieser Ausgabe wur-den uns von den Autorinnen und Autoren zurVerfügung gestellt.Bezug: Hamburger Lehrkräfte und Elternräteerhalten HAMBURG MACHT SCHULE kostenlosüber die BBS. HAMBURG MACHT SCHULE kannauch beim Verlag bestellt werden. Hamburg macht Schule im Internet:

www.publikationen.bbs.hamburg.dePreis: EUR 3,00 zzgl. Versandkosten. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck nur mit vor-heriger Genehmigung des Verlages.ISSN 09 35 – 98 50

2/0718. Jahrgang

Die Stadt Hamburg plant zur Zeit eineinhaltliche Reform der Lehrerbildung,die strukturell mit der Umstellung aufdas Bachelor-Master-System einhergeht.Die Stärkung von Praxiserfahrungen derStudierenden ist ein wichtiger Aspektdieser Reform. In der Zukunft werdendie Studierenden voraussichtlich in derBachelor-Phase in der »Praxisorientier-ten Einführung« und in einem »Inte-grierten Schulpraktikum« sowie in derMaster-Phase in einem so genanntenKernpraktikum, das sich über ein gan-zes Semester erstreckt, unterrichtlicheund schulische Erfahrungen sammeln.

Das Kernpraktikum besteht aus einerPraxisphase (Hospitation von Unterricht,Erteilen eigenen Unterrichts, systemati-sche Erkundung und Erforschung desSystems Schule) und einer Begleitungdurch Seminare und Veranstaltungen derUniversität und des Landesinstituts fürLehrerbildung und Schulentwicklung (LI).

Am Beginn des Kernpraktikums steht einEinführungsblock, am Ende eine einwö-chige Auswertung. Der Umfang der Pra-xisphase an den Schulen beträgt 20Stunden pro Woche für die gesamte Zeitdes Praktikums. Der Umfang der Be-gleitung beläuft sich auf fünf Veranstal-tungen von ca. zwei SWS. Die Begleit-veranstaltungen werden von der Fach-didaktik und Fachwissenschaft, derSchulpädagogik und dem LI angeboten.

In den Begleitveranstaltungen werdenThemen, Fragen und Probleme aus derPraxisphase analysiert und aufgearbeitetund Hintergrundwissen vermittelt. Dar-über hinaus geht es darum, Forschungs-fragen zu entwickeln und zu bearbeiten,die sich auf pädagogisches Handeln in be-obachtbaren Feldern der Schule bezie-hen. Hieraus können sich auch Frage-stellungen für die Masterarbeit ergeben.

Die Einführung eines Praxissemesterswird in der Erziehungswissenschaft

allerdings sehr kontrovers diskutiert:Nur wenige Universitäten ziehen es der-zeit ernsthaft in Betracht. Hamburg gehtmit diesem Projekt einen besonderenWeg im Rahmen der Lehrerbildungsre-form. Ähnliche Projektarbeiten laufenzum Beispiel an der Universität Jena.

Sicher gibt es viele Vorteile einer Leh-rerbildungsreform, wie sie die Hanse-stadt realisieren will. Freilich sind auchkritische Aspekte bei der Reform kon-struktiv zu berücksichtigen.

Auf den folgenden Seiten können dieLeser von Hamburg macht Schule (HmS)wichtige Pro- und Kontra-Argumente zurReform der Lehrerbildung nachlesen –und sich so ein besseres Urteil bilden.

MSzAnm. der Redaktion: Die folgenden Texte

sind zuerst in der Zeitschrift PÄDAGO-GIK, H. 5/2007, erschienen. Der Text von

R. Lehberger erscheint hier modifiziert.

Hamburg macht Schule 2|2007

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Bildungspolitisches Forum

Pro und Contra

Praxissemester im Studium?

Die Lehrerbildung in Deutschland be-darf grundlegender Reformen. Sie istvon langer Dauer und teuer, ohne dassdie Qualität ihrer Resultate überzeu-gend wäre. Wer nach dem erstenStaatsexamen ins Referendariat ein-tritt, fühlt sich auf die Anforderun-gen, die nun auf ihn zukommen, meistnur unzulänglich vorbereitet. VieleLehramtsanwärter erleiden einen»Praxisschock«. Und die frisch geba-ckenen Lehrerinnen und Lehrer, die,mit dem zweiten Staatsexamen in derTasche, ihre erste »richtige« Stelle aneiner Schule antreten und nun erst-mals mit der vollen Komplexität undVerantwortung des Lehrerseins kon-frontiert werden, fühlen sich oft neu-erlich überfordert. Sie erleiden einenzweiten Praxisschock.

Erschreckend häufig betonen gestan-dene Lehrerinnen und Lehrer, dass sievon dem, was sie in der Ausbildunggelernt haben, nur wenig oder nichtsfür die Bewältigung ihres Berufsall-tags gebraucht hätten. Ist dann einPraxissemester – also der vollständi-ge Wechsel des Lernorts für etwa 20Wochen schon in der ersten Ausbil-dungsphase – nicht ein vorzüglichesMittel, solch betrüblichen Erfahrun-gen vorzubeugen?

Wer Lehrerin oder Lehrer werdenwill, hat in Deutschland, wie in vielenanderen Ländern auch, zunächst einUniversitätsstudium zu absolvieren.Dahinter steht die (richtige) Idee, dassman ein guter Lehrer nicht allein da-durch wird, dass man – nach dem Mo-dell der Handwerkslehre – bestehen-

de Praxis nachahmt. Das praktischeHandeln soll unter Bezug auf theoreti-sches Wissen reflektiert werden, unddie Auseinandersetzung mit der Wis-senschaft soll dafür – sowohl was diezu unterrichtenden Fächer angeht alsauch pädagogische und didaktischeTheorien – die Basis darstellen. Zu-künftige Lehrer sollen aus dieser Aus-einandersetzung Qualitätsmaßstäbeund Impulse für eine innovative Weiter-entwicklung ihrer Berufspraxis gewin-nen.

Dieser Anspruch lässt sich nur er-füllen, wenn das Lehramtsstudium voneinem nachvollziehbaren Berufsfeld-bezug geprägt ist. Daran hapert es vie-lerorts. Die universitäre Lehre erfolgtweitgehend abgespalten vom zukünf-tigen Berufsfeld Schule. Die Lehrer, die

Contra

Argumente gegen ein PraxissemesterHans Werner Heymann

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Bildungspolitisches Forum

im Nachhinein ihre Universitätsausbil-dung als für ihre Berufsausübung ir-relevant abwerten, dürften überwie-gend diese Erfahrung gemacht haben.

Sehr zu Recht räumen deshalb allenennenswerten Lehrerbildungskon-zepte den in das Studium integriertenund gut betreuten mehrwöchigenSchulpraktika einen hohen Stellenwertein: In ihnen lässt sich nicht nur diepersönliche Geeignetheit für den ge-wählten Beruf überprüfen, sondern dieStudierenden können erfahren, ob undwas das bis zu diesem Zeitpunkt ange-eignete theoretische Wissen mit denpraktischen Problemen am Arbeits-platz Schule mit den realen Problemenvon Lehrern und Schülern zu tun hat.Sie können das theoretische Lernendurch forschendes Lernen ergänzenund aus ihren Erfahrungen kritischeFragen und Orientierung für das eige-ne weitere Studium ableiten.

Bei der Einführung von »Praxisse-mestern« sehe ich vor allem zwei Ge-fahren: • Erstens, dass während eines so lan-

gen Zeitraums die notwendige engeVerbindung zwischen dem universi-tären, eher theoretischen Lernen und

dem praktischen Handeln unter All-tagszwängen verloren geht – die»Praxis« innerhalb des Studiumsbleibt ein »erratischer Block«, stattwechselseitiger Befruchtung erlebendie Studierenden ein beziehungslo-ses Abwechseln von Theorie- undPraxisphasen, die jeweils für sich ste-hen bleiben.

• Zweitens: Findet ein Praxissemester un-ter ungünstigen Bedingungen statt, mitunengagierten, überlasteten Mentorenund an wenig vorbildlichen Schulen, sobesteht für die Studierenden – im Unter-schied zu Modellen, in denen die ge-samte Praxiszeit auf mehrere kürzere(zum Beispiel vierwöchige) Praktika ver-teilt wird – kaum eine Chance, diese Ne-

Universität: »Philturm« neben dem Audimax

Eingang Universität Hamburg, Hauptgebäude

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Ganz ohne Zweifel ist der qualitativ wiequantitativ defizitäre Praxisbezug inden Lehramtsstudiengängen ein zen-traler Kritikpunkt an der universitä-ren Lehrerausbildung. Die Notwendig-keit zur Verbesserung wird inzwischenüberall gesehen. Ob man aber ein kom-plettes Praxissemester einführen soll– und das heißt in der Währung derneuen Bachelor/Master-Strukturimmerhin 900 Stunden Workload fürSchulpraxis und Begleitung und damit30 ECTS-Punkte –, darüber gehen dieAnsichten auseinander.

Frage ich meine Studenten, so ist dieMeinung fast einhellig für ein Praxisse-mester. Und auch systematisch gesehensprechen in der Tat gewichtige Argu-mente dafür. Erhärtet werden diesedurch empirische Erfahrungen, wie siein Bremen durch einen Evaluationsbe-richt zum Praxissemester in den Jahren2000 bis 2003 dargestellt wurden:• Zunächst einmal gilt, dass die Studie-

renden in einem Zeitraum von 16 bis

20 Wochen mit ca. 20 Stunden vor Ortin der Schule eine gute Chance haben,angemessen in die Praxis von Schuleund Unterricht einzudringen. Sie ler-nen Schülerinnen und Schüler ken-nen, erleben deren Entwicklung undsehen die Chancen, die durch »Erzie-hung und Unterricht« den Lehrern indiesem Entwicklungsprozess gegebensind.

• Nur bei einer längeren Verweildauerin der Schule ist ein Kennenlernen desSystems Schule sowie ein Tätigwer-den in Schulleben und Organisationmöglich. Dazu gehört die Teilnahmean Fach- und pädagogischen Konfe-renzen wie nicht zuletzt auch der sowichtige Kontakt zu den Eltern. Ge-rade auf diesem Feld versagt die bis-herige Ausbildung fast völlig.

• Bei einem längeren Aufenthalt kön-nen Studierende gezielt und differen-ziert hospitieren, erste kleinere Auf-gaben im Unterricht übernehmen, umdann über eine längere Strecke eige-

ne Unterrichtserfahrungen zu sam-meln und Kompetenzen in der Pla-nung, Durchführung und Auswertungzu erwerben. Insbesondere wenn imReferendariat – wie in den meistenBundesländern seit langem der Fall –von den Referendaren eigenverant-wortlicher Unterricht abverlangt wird,muss die erste Phase Startkompeten-zen schaffen – und dies kann nurdurch längere Praxis erreicht werden.

• Für eine professionelle Lehrerrolle istder Habitus des forschenden Lernenskonstitutiv. In einem Praxissemesterkönnen die Studierenden Forschungs-fragen entwickeln, die sich auf päda-gogisches Handeln in verschiedenenPraxisfeldern der Schule beziehen. Die-se werden mit den Methoden der Hand-lungsforschung (d.h. beobachten, ana-lysieren, bewerten) bearbeitet. Aus ih-ren Analysen formulieren die Studie-renden Verbesserungsvorschläge undkönnen diese zum Beispiel in einerKlassen- oder Fachkonferenz präsen-

gativerfahrungen durch positivere ananderen Schulen zu kompensieren.

Natürlich fordern die Befürworter vonPraxissemestern gute Betreuung und eineintensive Abstimmung zwischen Schuleund Hochschule – aber alle, die wissen,wie schwer das schon für zeitlich be-grenzte Schulpraktika zu realisieren ist,werden zu Recht daran zweifeln, dass die-se Verzahnungsforderung überzeugendflächendeckend umsetzbar ist. PositiveEvaluationen von Modellversuchen, diein der Regel unter Beteiligung von be-sonders engagierten und befähigten Ko-operationspartnern aus Schule und Hoch-schule durchgeführt werden, sind des-halb mit Skepsis zu betrachten.

In manchen anderen – beispielsweisewirtschaftlichen – Ausbildungsgängen ha-ben sich Praxissemester bewährt, weil siees den Studierenden ermöglichen, ihr zu-

künftiges Berufsfeld kennen zu lernen.Dieser Gesichtspunkt ist für angehendeLehrer wenig stichhaltig: Beim Eintritt indie Universität haben sie in der Regel 13Jahre als Schüler in der Institution ver-bracht, in der sie später tätig sein wollen.

Eine letzte Anmerkung: Ein Praxis-semester ist für den Staat zweifellosbilliger als ein halbes Jahr Referenda-riat. Meines Erachtens ist das ein hin-reichender Grund, alle Pro-Argumen-te besonders kritisch zu prüfen!

Pro

Argumente für ein Praxissemester

Zum Autor

Dr. Hans Werner Heymann, Jg. 1946, ist Profes-sor für Erziehungswissenschaft und Vorsitzen-der des Zentrums für Lehrerbildung an der Uni-versität Siegen.Adresse: Alte Landstr. 72, 57271 HilchenbachE-Mail: [email protected]

Reiner Lehberger

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Bildungspolitisches Forum

tieren und damit einen Beitrag zurSchulentwicklung leisten.

• Sind Studierende ein halbes Schuljahrhindurch verlässlich am StandortSchule, so können sie im kleinerenRahmen auch eigenverantwortlicheAufgaben übernehmen. Ich denkezum Beispiel an eine pro Woche zwei-stündige Übernahme von Hausaufga-benhilfe, Fördermaßnahmen, Wahl-angeboten oder die Begleitung einerKlassenreise. All dies würde von denSchulen als konkrete Unterstützunggesehen werden und sicher deren Mo-tivation steigern, sich intensiv an derAusbildung von Studierenden zu be-teiligen.

• Und nicht zuletzt: Ein Praxissemes-ter bietet die Chance einer phasen-übergreifenden Kommunikation undQualitätsverbesserung. Wenn Stu-dierende über einen so langen Zeit-raum in eine Schule integriert sindund in diesem Prozess von Universi-tätsdozenten, Seminarleitern derzweiten Phase und Mentoren an derSchule begleitet werden, bedarf eseiner feinmaschigen Abstimmungüber Organisation und Inhalte. Ins-besondere muss es eine Verständi-gung über Kriterien und Operatio-nalisierungen von dem geben, wasdie Beteiligten »guten Unterricht«nennen. Ein solcher phasenüber-greifender Konsens, der ja nicht nurPapierform hat, sondern handlungs-leitend für die Studierenden, aberauch für die zu hospitierenden Leh-rerinnen und Lehrer wird, könnte einwichtiger Baustein für die Qualitäts-verbesserung von Unterricht an al-len beteiligten Schulen werden.

Gelingensbedingungen

Aus der vorangegangenen Argumenta-tion geht hervor, dass für ein Praxisse-mester, will es erfolgreich sein, einigeStandards gelten müssen:• Ein Praxissemester muss durch vor-

angehende angeleitete Praxisberüh-rungen der Studierenden vorbereitetsein. Der Rollenwechsel von derSchüler- zur Lehrerrolle sollte ange-leitet sein, die fach- und allgemein-didaktische Vorbereitung durch Se-

minare und Unterrichtshospitationenist unverzichtbare Voraussetzung.

• Das Praxissemester muss in gemein-samer Verantwortung von Universität,Studienseminar und Schule stattfin-den. Dazu bedarf es verlässlicher Ko-operationsstrukturen. Jede Seite mussdie dazu nötigen Ressourcen bereit-stellen. Insbesondere müssen die be-teiligten Lehrerinnen und Lehrer fürdie Begleitung und Betreuung der Stu-dierenden am Praxisort Schule eineangemessene Anrechnung auf ihreWochenarbeitszeit erhalten. Ist diesbildungspolitisch nicht durchzusetzen,sollte man von einem PraxissemesterAbstand nehmen.

• Das Praxissemester bleibt – bei allernötigen Kooperation und auch Auf-gabenteilung – in der Verantwortungder Universitäten, denn es ist Teil desStudiums. Das heißt, es bedarf einerverlässlichen und wissenschaftlichenBegleitung für die Planung, Durch-führung, Reflexion und Auswertungder Praxiserfahrungen. Qualifizie-rungsprogramme für die Mentorenmüssen gesichert sein, an die verab-redeten organisatorischen und in-haltlichen Standards muss sich auchdie universitäre Seite halten. Aus denbisherigen Erfahrungen wissen wir,dass es gerade hier Nachholbedarfgibt.

Zum Autor

Dr. Reiner Lehberger, Jg. 1948, ist Professor fürErziehungswissenschaft an der Universität Ham-burg und Mitglied der Leitung des Zentrums fürLehrerbildung Hamburg.Adresse: Christoph-Probst-Weg 15, 20251 HamburgE-Mail: [email protected]

Eingang zum Gebäude des Zentrums für Lehrerbildung Hamburg

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Thema

Schulpraxis evaluierenQualitätsprozesse zwischen professioneller Intuition

und systematischer Evaluation

Evaluation ist mehr als das Austeilen und Auszählen eines Fragebogens. Sie be-

ginnt bei der Formulierung von Zielen, bei der Verständigung über Qualität, bei

der Kommunikation über Inhalte und Schwerpunkte pädagogischer Arbeit und

findet ihr Ende in der Auseinandersetzung aller Beteiligten mit den Ergebnis-

sen. Damit ist Evaluation in erster Linie eher ein komplexer sozialer Prozess denn

ein »technisches Datensammeln«, der verlässliche Strukturen braucht, um für

die Weiterentwicklung von Schulpraxis wirksam werden zu können.

Es sieht auf den ersten Blick so einfachund logisch zwingend aus: die gemeinsa-me Vorstellung von guter Schulpraxis wirdin ein Konzept gegossen, dieses wird er-probt, an Hand von Kriterien ausgewer-tet und beurteilt und auf dieser Grundla-ge im nächsten Schritt weiterentwickelt.Das überarbeitete Konzept führt zu einerveränderten (und hoffentlich) verbesser-ten Praxis, die wiederum evaluiert wird… Schaubilder dieser Qualitätsspirale sinduns bestens vertraut, stoßen in ihrer Aus-sage auf breite Zustimmung und werdendoch selten in der Praxis umgesetzt. Unddas, obwohl Lehrerinnen und Lehrer Ex-perten für Leistungsbeurteilung und Be-wertung sind.

Evaluation gehört zum Schulalltag …

Lehrende fällen in ihrem Berufsalltagfortlaufend Entscheidungen und Bewer-tungen auf Basis ihrer Beobachtungenund Einschätzungen: so wird beispiels-weise an den Reaktionen der Schülerin-nen und Schüler die Verständlichkeit ei-ner Erklärung abgelesen und ggf. nach-gesteuert. Auch aus dem Ausfall einerKlassenarbeit werden Rückschlüsse überden bisherigen Unterricht sowie Konse-quenzen für die weitere Planung gezo-gen und die Beobachtung von Schüler-verhalten findet ihren Niederschlag inRückmeldegesprächen und Noten. Die-se prozessbegleitende meist intuitive Ur-teilsfähigkeit gehört zur Professionalitätvon Lehrerinnen und Lehrern. Das Han-deln fließt und folgt einem Plan, dessenUmsetzung sich an den kontinuierlichenRückkoppelungen zwischen den Inter-aktionspartnern orientiert. Die Lehren-den »handeln auf einer Basis eines feelfor the situation und sind dabei häufigerfolgreich […]« (vgl. Altrichter 1998).

Erst wenn wir unerwartetes Verhaltender Schülerinnen und Schüler beobach-ten, werden wir aufmerksamer und su-chen aktiv nach einer Erklärung, die unsEntscheidungshilfen für die Weiterarbeitgibt. Alltagsevaluation heißt hier, Infor-mationen zu sichten, zu analysieren, zubewerten und auf dieser Grundlage an-gemessen zu handeln. Es stellt sich da-her die Frage, warum die oben be-schriebene Qualitätsspirale noch viel zuselten zur systematischen Weiterent-

wicklung von z.B. Unterrichtspraxis ein-gesetzt wird.

… und ist doch neu

Eine Antwort liegt in der Bestimmung vonEvaluation im Kontext von Unterrichts-entwicklung: Unter Evaluation verstehenwir »systematisches Sammeln, Analysie-ren und Bewerten von Informationen, umdaraus begründete und für die Weiterar-beit hilfreiche Konsequenzen zu ziehen«(vgl. Bastian 2007). Der Unterschied zumschulischen Alltagshandeln besteht alsonicht in den Handlungen selbst, sondernin ihrer Systematisierung. Während dieintuitive Prozessteuerung in der Regel un-systematisch, diskontinuierlich und indi-viduell stattfindet, sind Evaluationspro-zesse Ergebnisse bewusster Entscheidung,systematisch, kontinuierlich und koope-rativ. Mit systematisch ist ein kriterien-orientiertes, zielgerichtetes und metho-disch nachvollziehbares Vorgehen ge-meint. Kontinuierlich bedeutet, Evalua-tion regelmäßig für Entwicklungsprozes-se zu nutzen. Systematische Evaluationsollte in den Entwicklungsprozess derSchule integriert sein, kooperativ geplantund durchgeführt werden sowie Fragenaufgreifen, die für einen größeren Perso-nenkreis relevant sind. In der Regel wer-den diese Kriterien in der Planung und Er-probung z.B. unterrichtlichter Verände-rungen bereits berücksichtigt: es gibtschulorganisatorisch verankerte Gruppen(Steuergruppen, Jahrgangsteams), diesich gemeinsam über pädagogische Zieleverständigen, Konzepte entwickeln unddiese erproben. Der konsequente letzteSchritt, die Überprüfung der Ziele, eineAnalyse der Stärken und Schwächen dereingeführten Maßnahmen, unterbleibtallerdings in vielen Fällen. Als Gründewerden u.a. die Angst vor Beurteilung,fehlende Methodenkompetenz, Zeitman-gel, aber auch die intuitive Evaluation ge-nannt, die Lehrerinnen und Lehrern oftals Verständigungs- und Handlungsbasisgenügt (vgl. auch Bastian 2007).

Schritte des Evaluationsprozesses

Wenn etwas evaluiert werden soll, wirdin der Regel als Erstes die Frage gestellt:Wie wollen wir das machen? Damit stehtsehr früh die Frage nach dem passen-

den Erhebunginstrument auf der Tages-ordnung (z.B. Fragebogen oder Inter-views). Vor der Entscheidung darübermüssen jedoch wichtige Fragen geklärtwerden.

Auswahl des ThemasZunächst muss entschieden werden, wel-che der vielen möglichen Fragestellun-gen untersucht werden soll. Gesichts-punkte für die Auswahl von Evalua-tionsthemen sind: Wie zentral ist dasThema für den Unterricht/den Schulent-wicklungsprozess? Welche Bedeutunghat seine Bearbeitung für die Beteilig-ten? Verfügen die Betroffenen über dienotwendigen (zeitlichen und personel-len) Ressourcen, dieses Thema adäquatzu bearbeiten? Liegen mögliche Konse-quenzen im Handlungsbereich der Schu-le oder sind diese von externen Fakto-ren abhängig? Fragestellungen könnensowohl den eigenen Unterricht, aberauch die gesamte Schule betreffen.

Klärung der Funktion und der EbenenDie Konzeption einer Evaluation wird be-einflusst von der mit ihr verfolgten Funk-tion sowie den von ihr betroffenen Ebe-nen. Es wird zwischen drei Funktionenvon Evaluation unterschieden: • Sie kann erstens als Grundlage für eine

Entscheidung, z.B. über die Fortset-zung oder Beendigung eines Projekts,dienen (»instrumentelle Nutzung«).

• Die zweite Funktion ist die »konzep-tionelle Nutzung«. Evaluation soll hier-bei eine Datengrundlage erzeugen, diedie Basis für die Weiterentwicklung ei-nes Konzepts und der dazugehörigenPraxis bildet.

• Rechenschaftslegung oder auch Außen-darstellung z.B. für die Ziel- und Leis-tungsvereinbarungen ist die dritteFunktion (»symbolische Nutzung«) (vgl.Arnold 2005). Für die Autorinnen und Autoren der Er-fahrungsberichte in diesem Heft ist vorallem die zweite Funktion – die Weiter-entwicklung und Selbstvergewisserungvon Bedeutung.

Zusätzlich zur Funktion der Evaluationmuss geklärt werden, ob die Projektvor-aussetzungen, d.h. die zeitlichen, räum-lichen Ressourcen, die Projektprozesse,

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Evaluation

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sind meist nicht weniger nützlich als auf-wändige.« (Altrichter/Posch 2007).

Evaluation ist ein sozialer Prozess

Bei der Darstellung der Schritte wirddeutlich: Evaluation ist mehr als dasKonzipieren und Auswerten eines Fra-gebogens. Wesentlich ist die Verständi-gung über Ziele und Qualität, die Aus-einandersetzung über Indikatoren undInstrumente sowie die Diskussion derErgebnisse und Planung neuer Hand-lungen. Dabei muss ein Umgang gefun-den werden mit Bedenken und Ängsten,mit divergierenden pädagogischen Vor-stellungen und Sichtweisen sowie unter-schiedlichen Kenntnissen bezüglich derzu evaluierenden Maßnahmen, aberauch des Evaluationssprosses selbst. Die-se Zusammenarbeit und Einigung ist einwichtiger Schritt im Evaluationsprozess,der verlässliche Strukturen und Pro-zessverantwortliche braucht. Bei derEinführung von Strukturen und Frei-räumen kommt der Schulleitung eine be-sondere Bedeutung zu.

Erfahrungen und erprobte Konzepte

Die Erfahrungsberichte in diesem Hefthandeln von unterschiedlich weitrei-chenden Evaluationen und geben Anre-gungen zu verschiedenen Bereichenschulischer Qualitätsprozesse.

Sowohl an der Handelschule Weiden-stieg als auch an der Ida-Ehre-Gesamt-schule wird mit Hilfe von Schülerfeed-back Unterricht evaluiert und weiter-entwickelt. An der Gesamtschule wur-den regelmäßige Schülerrückmeldungenund Auswertungsgespräche auf Initiati-ve des Schülerrats verbindlich im Schul-profil verankert (vgl. Freyer, S. 22). DieHemmschwelle für Lehrerinnen und Leh-rer, sich im Dialog mit ihren Schülerin-nen und Schülern über die Qualität vonUnterricht auseinanderzusetzen, istdurch ein offenes Verfahren und einfa-che Instrumente gering. Ausgangspunktfür die Rückmeldeprozesse an der H5sind die gegenseitigen Erwartungen derLehrenden und Lernenden (vgl. Klaus,S.≈24). Am ersten Schultag werden die-se Erwartungen gemeinsam ermittelt,diskutiert und als Kriterien für gutenUnterricht festgehalten. Sie bilden den

Das Ziel der Carsten-Rehder-Schule ist,dass die Schule ein Leitbild hat, an de-ren Erstellung alle Mitglieder der Schul-gemeinschaft beteiligt sind. Indikatorendafür sind: • es gibt ein veröffentlichtes Leitbild;• es gab eine pädagogische Ganztags-

konferenz zu diesem Thema;• es gab Schülerrats- und Elternratssit-

zungen zum Thema Leitbildfindung;• die Schulischen Gremien stimmen mit

mindestens 2⁄3 Mehrheit für das Leit-bild.

Indikatoren sind meist »technische Be-schreibungen«, die messbar oder ein-deutig entscheidbar sind.

Auswahl der ErhebungsinstrumenteIn einem vierten Schritt werden für dieeinzelnen Ziele Evaluationsinstrumenteausgewählt oder konstruiert, mit denendie genannten Indikatoren erhoben wer-den können. Die Verschiebung diesesSchrittes nach hinten, bietet eine Ent-spannung im Planungsprozess der Evalu-ation. Durch die intensive Auseinander-setzung über die Bedeutung und Prakti-kabilität verschiedener Indikatoren, »ent-steht oft ein Bewusstsein über möglicheErhebungsinstrumente, und die Band-breite der verwendeten Methoden – vonder einfachen Checkliste bis zur Unter-richtsbeobachtung – wird deutlich größer.Nicht immer sind komplexe Instrumentedas Mittel der Wahl. Bei ihrer Auswahl gilt»small is beautifull«, oft reichen soge-nannte »Bordmittel« aus. Herbert Alt-richter und Peter Posch raten: »EinfacheMethoden der Informationsgewinnung

d.h. die Arbeitsabläufe und Kommuni-kationsprozesse, oder die Projektergeb-nisse, also die positiven (und evtl. auchnegativen) Wirkungen des Projekts eva-luiert werden sollen. Oft wird nach derSammlung aller potentiell interessantenAspekte festgestellt, dass die Interessenauf mehreren Ebenen liegen. Eine Ver-ständigung über die beabsichtigte Nut-zung der Ergebnisse liefert hier Ent-scheidungskriterien (vgl. Arnold 2007).

Formulierung konkreter Ziele undIndikatorenDieser Schritt hat für die Qualität desEvaluationsprozesses eine hohe Bedeu-tung. Die Beurteilung eines Projektessetzt Ziele und eine Verständigung übereinen Bewertungsmaßstab voraus. Erstauf einer solchen Grundlage können z.B.die Effekte einer Maßnahme festgestelltwerden. Zwei Beispiele:

Als Frage wird formuliert, ob die Schü-lerinnen und Schüler Freude am Lesenhaben. Dies lässt sich an folgenden In-dikatoren feststellen:• positive Antworten auf die Frage, ob

das Kind gerne liest; • Nennung des Lesens als Hobby bei ei-

ner entsprechenden offenen oder ge-schlossenen Frage;

• Einschätzung der Lesefreude des Kin-des durch die Eltern oder die Lehr-kraft;

• Anzahl der »freiwillig« gelesenen Sei-ten in der letzten Woche;

• Anzahl der Kinder- und Jugendbücher,die das Kind in den letzten drei Mo-naten gelesen hat. (vgl. Arnold 2005)

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Abb. 1: Der Reflexions-Aktions-Kreislauf (Altrichter u.a. 2006)

Hamburg macht Schule 2|2007 13

Maßstab für prozessbegleitende sowieabschließende Bewertungen des Unter-richts.

Die Förderschule Carsten-Rehder-Straße hat aus vergangenen Evalua-tionsprozessen gelernt, dass eine genaueZielklärung und konkrete, messbare In-dikatoren notwendig für verwertbare Er-gebnisse sind (vgl. de Feyter, S. 26). Dieswird an einem zweiten Beispiel, das inden Schulentwicklungsprozess einge-bettet ist, veranschaulicht.

Die mehrstufige Evaluation eines Ver-änderungsprozesses, der die ganze Schu-le betrifft, steht im Zentrum des Beitragsder Gesamtschule Harburg (vgl. Wissen,S.≈18). Vor zwei Jahren wurde die Schu-le zu einer teilgebundenen Ganztags-schule. Diese Veränderungen werdennun evaluiert, die Daten sind die Grund-lage für die Weiterentwicklung. Zeit-gleich werden neue Strukturen geschaf-fen um zu verhindern, dass die Evalua-tion ein isoliertes Ereignis bleibt.

Die Rolle der Schulleitung bei der Ein-führung verlässlicher Strukturen ist The-ma des Kurt-Tucholsky-Gymnasiums(vgl. Baeumer u.a., S.≈20). Der Unter-richt wurde unter der Zielsetzung Kom-petenz- und Problemorientierung ver-ändert. Gleichzeitig wurden Instrumen-te für Rückmeldeprozesse im Unterrichteingeführt, aber auch Strukturen für Pla-nungs- und Auswertungsgespräche derbeteiligten Kolleginnen und Kollegenuntereinander sowie mit der Schullei-tung geschaffen.

Der Dialog und die gemeinsame Ziel-klärung steht im Zentrum der Unter-richtsentwicklung an der integriertenHaupt- und Realschule Hermannstal. DieFachkonferenz Mathematik diskutiert anHand von Schülervideos über Ziele vonUnterricht und einigt sich auf Entwick-lungsvorhaben. Die Vorhaben zweierLehrerinnen werden durch kollegialeHospitationen begleitet, so dass sich die-se Kolleginnen und der Fachleiter ge-meinsam in einem kontinuierlichen Pro-zess von Zielsetzung, Planung, Durch-führung, Auswertung und Weiterent-wicklung befinden.

Die Grundschule Rellinger Straße hatsich, um sich der Qualität ihrer neuen

Unterrichtsstrukturen und Konzepte zuvergewissern, für eine externe Evalua-tion durch eine Marktforschungsfirmaentschieden (vgl. Stumpf, S.≈14). Dabeihaben sie nicht nur eine Bestätigung ih-rer pädagogischen Arbeit erfahren, son-dern auch Evaluationsexperten bei ihrerArbeit »über die Schulter schauen kön-nen« und ihre eigenen Kompetenzen er-weitert.

Allen Erfahrungsberichten ist ge-meinsam, dass das systematische Sam-meln, Analysieren und Bewerten von In-formationen – die Evaluation – einge-bettet ist in vorausgehende und nach-folgende Verständigungsprozesse und sofür die Weiterarbeit hilfreich war. Dassoll Mut machen für eigene Experimen-te.

Literatur

Altrichter, H. (1998): Reflexion und Eva-luation in Schulentwicklungsprozessen.In: Handbuch zur Schulentwicklung (Hg.H. Altrichter, W. Schley, M. Schratz) Inns-bruck/Wien, S. 263–335Altrichter, H./Messner, E./Posch, P.(2006): Schulen evaluieren sich selbst.Ein Leitfaden. Seelze/VelberAltrichter, H./Posch, P. (2007): ZwölfTipps für Unterrichtsevaluation. In: PÄ-DAGOGIK, H. 2/2007, S. 30–33Bastian, J. (2007): Unterricht evaluierenund entwickeln. Von der intuitiven zursystematischen Evaluation. In: PÄDA-GOGIK, H. 2/2007, S. 6 ff.Arnold, E. (2005): Evaluation in Bil-dungsinstitutionen. Skript www.erzwiss.uni-hamburg.de/personal/arnold/evaluationSo2005.pdfArnold, E. (2007): Stärkung von Selbst-verantwortung beim Lernen. Evaluation

der Wochenplanarbeit an einer Haupt-und Realschule. In: PÄDAGOGIK, H.2/2007, S. 15–19

Literaturempfehlungen

Eikenbusch, G./Leuders, T. (Hg.) (2004):Lehrer-Kursbuch Statistik. Alles über Da-ten und Zahlen im Schulalltag. Berlin

Methodische Hilfen und Anregungen fürEvaluationsvorhaben finden sich in:Burkard, Chr./Eikenbusch, G. (2000): Pra-xishandbuch Evaluation in der Schule.BerlinGRUNDSCHULE: Schulen evaluieren sichselbst. H. 2/2007PÄDAGOGIK, H. 11/2001 PraxishilfenEvaluationPÄDAGOGIK, Unterricht evaluieren undentwickeln. H. 2/2007

Methoden und Anregungen zur syste-matischen Feedbackarbeit finden sich in: Bastian, J./Combe, A./Langer. R. (2005):Feedback-Methoden. Erprobte Konzep-te, evaluierte Erfahrungen. Weinheim, 2.erw. Aufl.Hamburg macht Schule, H. 5/2003 Feed-back im UnterrichtPÄDAGOGIK, H. 5/2001 Schülerrück-meldung über Unterricht

Christine Roggatzist Lehrerin an der Gesamtschule Harburg

und Redaktionsmitglied von HmSE-Mail: [email protected]

Petra Stumpf: Der Unterricht und dasZusammenleben hat sich in den letztenJahren an unserer Schule stark verän-dert. Das Kollegium hat in enger Zu-sammenarbeit mit den Eltern Konzeptefür jahrgangsübergreifendes Lernen,Werkstattunterricht, soziales Lernen so-wie den Einsatz neuer Medien entwickeltund diese umgesetzt. Mit den Verände-rungen reagieren wir zum einen auf diegroßen Entwicklungs- und Leistungs-

Hamburg macht Schule 2|200714

Thema

unterschiede unserer Schülerschaft, zumanderen verfolgen wir damit das Ziel, un-sere Schülerinnen und Schüler zumselbstverantwortlichen Lernen in Ko-operation mit anderen zu befähigen.

Der Vorschlag, die Qualität dieserUnterrichtsveränderungen von einer ex-ternen Beraterfirma evaluieren zu las-sen, kam aus der Steuergruppe. Wir woll-ten für unsere Weiterarbeit wissen, obwir erfolgreich arbeiten, wie unsereSchülerinnen und Schüler, deren Elternund nicht zuletzt die Kolleginnen undKollegen die neuen Lernformen im All-tag erleben und beurteilen und wie sichdie Veränderungen auf die sozial-kom-munikativen Fähigkeiten sowie die Ler-nerprozesse und Lernergebnisse aus-wirken. Nicht nur die Einschätzungen al-ler Beteiligten, sondern auch »harte« Er-gebnisse wie die Lernleistungen unserSchülerinnen und Schüler waren für unsrelevante Bewertungskriterien. Durchdie Teilnahme am Schulversuch »Selbst-verantwortete Schule« konnten wir eineMarktforschungsfirma in Zusammenar-beit mit Dr. Matthias Riedel, Professorfür theoretische Designgrundlage an derFachhochschule Mainz, für eine externeEvaluation gewinnen und dies finanzie-ren.HMS: Warum hat sich die Schule für eineexterne Evaluation entschieden? P. Stumpf: Evaluation ist eine hochpro-fessionelle und zeitintensive Angelegen-heit. An der Schule fühlten wir uns mitder Durchführung einer handwerklichguten und gewinnbringenden Überprü-fung überfordert. Wir waren weder fürdie Konzeption von Erhebungsinstru-menten, die Auswahl einer repräsenta-tiven Befragungsgruppe noch die Analy-se und Interpretation von Daten kompe-tent. Daher beschlossen wir, uns zu-nächst auf unser »Kerngeschäft« und dieDinge, in denen wir gut sind, zu kon-zentrieren und die Evaluation dieses Malabzugeben.

HMS: Wie wurde die Evaluation durch-geführt?P. Stumpf: Um einen Eindruck von unse-rer Schule und unserem Unterricht zu be-kommen, haben Evaluatoren mehrereTage in verschiedenen Klassen hospitiertund Gespräche mit Kolleginnen und Kol-legen geführt. Dies schuf eine Vertrau-ensbasis und half, relevante Fragestel-lungen und Instrumente für die »maßge-schneiderte« Evaluation zu entwickeln.

Die Daten wurden anschließend so-wohl durch persönliche explorativeInterviews als auch durch Leistungstestserhoben. Es wurden 32 Schülerinnenund Schüler der jahrgangsübergreifen-den Lerngruppen befragt. Das Konzeptder Jahrgangsmischung wächst an un-serer Schule hoch, so dass zurzeit nurdie Jahrgänge 1 und 2 gemeinsam mitden Vorschülern lernen und arbeiten. Diezweite Gruppe der Befragten waren 32Eltern als indirekt am Unterrichtspro-zess Beteiligte. Als dritte relevante Per-sonengruppe wurden alle Lehrerinnenund Lehrer unserer Schule befragt, diein den Lerngruppen der Jahrgänge 0, 1und 2 unterrichten.

Zudem wurde die kognitive Leis-tungsfähigkeit aller Schülerinnen undSchüler der Altersstufen 1 und 2 mit demStolperstein Lesetest sowie dem Ham-burger Rechentest erhoben. Beide Testssind in der Testbibliothek des Landesin-stituts verfügbar.

Die Evaluatoren haben auf der Grund-lage der Daten Antworten auf unsereFragen sowie ein abschließendes Faziterstellt. Auch die Steuergruppe hat dieaufbereiteten Daten diskutiert und ihreeigene Interpretation, die im Wesent-lichen mit der externen Einschätzungenübereinstimmt, festgehalten.

Die Daten und Ergebnisse wurden unsam Ende des Schuljahres auf einer Kon-ferenz vor- und zur Diskussion gestelltund für die Weiterarbeit schriftlich über-reicht. Die Ergebnisse sind für uns über-

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»Wie gut sind wir wirklich?«Externe Evaluation als Selbstvergewisserung und Basis für die Weiterarbeit

Interne Evaluationen stehen bei

Kritikern im Verdacht, betriebs-

blind zu sein und Probleme nicht

zu erkennen. Externe Evaluatio-

nen rufen oft Bedenken oder so-

gar Ängste bei den Betroffenen

hervor. Das Beispiel zeigt, wie eine

externe Evaluation ein Kollegium

nicht nur in ihrem Entwicklungs-

prozess bestärken, sondern zu-

gleich auch eine praxisnahe Fort-

bildung in Sachen Evaluation sein

kann.

Fragestellungen der Evaluation: • Wie erleben und beurteilen Kinder, Eltern und

Lehrerinnen die neuen Lernformen an der Schu-le Rellinger Straße?

• Wie wirken sie sich aus auf die:- Schulmotivation und -zufriedenheit der Kin-

der- Ihre sozial-kommunikativen Fähigkeiten- Ihre kognitiven Fähigkeiten (Lesen/Schreiben,

Rechnen)• Darüber hinaus:

- Wie gut können die Kinder ihren Lernprozessreflektieren und (allein bzw. gemeinsam) steu-ern?

- Wie interagieren sie mit Lehrerinnen und El-tern?

(diese beiden Fragen sind in den Ziel- und Leis-tungsvereinbarungen mit der Bildungsbehördezentral)

raschend positiv: Die Lehrerinnen undLehrer sind in ihrer Einschätzung derVeränderungen deutlich kritischer alsdie Schülerinnen und Schüler und dieEltern. Auch war es eine Beruhigung füruns zu erfahren, dass, obwohl der Lern-stand der Erstklässler bei den kogniti-ven Tests etwas geringer ist als der derEichstichprobe, die Ergebnisse unsererZweitklässler deutlich oberhalb derNormwerte liegen. Welche Gründe hier-für ausschlaggebend sind, konnten wirnicht eindeutig feststellen. Diese Fragekönnte Bestandteil einer nächsten Eva-luation werden.

Fortgesetzt wurde die Zusammenar-beit im August 2006 auf der pädagogi-schen Jahreskonferenz: es fand – von denexternen Experten durchgeführt – eineganztägige Fortbildung zum Thema Eva-luation statt. Neben einem theoretischenTeil zu den Fragen, was Evaluation ist undwelche Gütekriterien es dafür gibt, ar-beiteten wir zu konkreten Erhebungsin-strumenten und zu Aspekten der Durch-führung wie beispielsweise Kriterien füreine repräsentative Stichprobe. Das ge-schah weitgehend an Beispielen unsereseigenen Evaluationsprozesses. Dabeilernten wir nicht nur viel über Datener-hebung und Auswertung, wir verstandenauch die Hintergründe unsere eigenenDaten besser.HMS: Wie bewerten Sie heute die Ent-scheidung, die Unterrichtsveränderungen

an Ihrer Schule extern evaluieren zu las-sen? P. Stumpf: Dies war eine sehr gute Ent-scheidung, nicht nur, weil uns die Er-gebnisse in unserer pädagogischen Ar-beit sehr bestätigen. Darüber hinaus ha-ben wir einiges über die Durchführungvon Evaluation gelernt, so dass wir unsnun zutrauen, dieses Jahr eine eigene,klein angelegte Evaluation zu wenigenFragestellungen selbst durchzuführen.Dafür können wir einige bereits bekannteInstrumente anpassen, andere werdenwir neu entwickeln. Besonders hilfreichwar für uns, die Profis bei ihrer Arbeitdirekt zu beobachten und ihnen sozusa-gen »über die Schulter« schauen zu kön-nen. Dieses Lernen am praktischen Bei-spiel hat uns in unserem Umgang mit Er-hebungsinstrumenten und Datenaus-wertung geschult und sicherer gemacht.Auch ist uns das Problem der »Datenflut«bewusst geworden: Bei dem Einsatz vonFragebögen oder Interviews besteht dieGefahr, die Erhebung sehr breit anzule-gen und eine unübersichtliche, mit un-seren Möglichkeiten kaum auswertbareMenge an Daten zu erzeugen. Wir habendurch die Zielgespräche mit den exter-nen Experten gelernt, die Fragestellungklein zu halten und die Instrumente ent-sprechend auszuwählen. Dabei stellenwir uns folgende Fragen: Welche Datenbrauchen wir wirklich? Welche Instru-mente sind dafür geeignet und von uns

anwendbar? Aber auch: Welche Gruppekann ich am besten mit welchem Instru-ment erreichen? Auch haben wir gelernt,dass man nicht immer alle befragenmuss, um zu aussagekräftigen, dem wei-teren Entwicklungsprozess förderlichenErgebnissen zu kommen.

Eine gute und bereichernde Erfahrungwar auch die Zusammenarbeit mitNicht-Lehrern. Deren Sichtweise aufbzw. Einschätzungen von unserer Arbeitunsere eigene Wahrnehmung veränderthat. Wichtig war hierbei eine vertrau-ensvolle Basis, auf der die Zusammen-arbeit auf gleicher Augenhöhe stattfin-den konnte.

Anmerkung

Eine detaillierte Darstellung der umge-setzten Unterrichtsveränderungen unddes jahrgangsübergreifenden Lernensist in HAMBURG MACHT SCHULE, Heft4/2006 nachzulesen.

Hamburg macht Schule 2|2007 15

Das Gespräch führte Christine Roggatz(Kontakt s. S. 13)

mitPetra Stumpf,

Schulleiterin der Grundschule RellingerStraße

Rellinger Straße 13–15, 20257 HamburgE-Mail: [email protected]

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deren fehlten Hilfen, um die vereinbar-ten Vorhaben umsetzen zu können.

Neue Ausrichtung unsererFachkonferenzarbeit

Auf Grundlage dieser Erfahrung beschlos-sen wir, eine neue Vorgehensweise zu er-proben. Bei der Planung orientierten wiruns an vier Leitfragen:1. Wie wecken wir Neugierde und lang-

fristiges Interesse an didaktischen Fra-gen?

2. Wie gelingt uns die Sensibilisierung fürunser eigenes Handeln und die Lern-prozesse der Schülerinnen und Schü-ler?

3. Wie gelingt es uns, Vereinbarungen ein-zuhalten, Handlungen im Unterricht zuverändern und dies auszuwerten?

4. Wie können wir die individuellen Fra-gen und Interessen unserer Kollegin-nen und Kollegen erkennen und in dieEntwicklungsarbeit einfließen lassen?

Praktische Umsetzung – Schülervideos

Auf der nächsten Fachkonferenz batenwir unsere Kolleginnen und Kollegen,selbst eine Mathematikaufgabe zu lösenund dabei auf die eigene Vorgehensweisezu achten. Anschließend zeigten wir Vi-deoaufnahmen zweier Schüler, die diegleiche Aufgabe lösten und ihre Gedan-ken laut aussprachen. Beide überrasch-ten das Kollegium sowohl durch uner-wartete Schwächen, als auch durch un-geahnte Stärken, die womöglich imUnterricht untergegangen wären.

Anhand folgender Leitfragen schlosssich eine intensive Diskussion an:• Was weiß ich nun?• Welche Fragen stellen sich mir?• Welche Folgerungen kann ich für mei-

nen eigenen Mathematikunterrichtdaraus ziehen?

Im Gespräch wurde u.a. deutlich, dassdie Schüler bei der Lösung der Aufgabennur auf den aktuellen Unterrichtsstoffzurückgriffen. Andere Verfahren, Fer-tigkeiten oder allgemeine Problemlöse-

strategien fanden in ihren Überlegungenkaum Platz. Mehrere Kollegen schlugendaher vor, häufiger ungewohnte Aufga-ben in den Unterricht einfließen zu las-sen.

Es gelang uns durch den Einsatz der Vi-deos, eine didaktische Diskussion überZiele von Unterricht anzuregen, unsereKolleginnen und Kollegen für die indivi-duellen Lernwege unser Schüler zu sen-sibilisieren sowie in Ansätzen den eige-nen Unterricht zu reflektieren. Das Fach-kollegium stellte selbst Fragen und schlugnächste Arbeitsschwerpunkte vor. DiesenVerständigungsprozess verstehen wir alswichtige Grundlage für eine gemeinsameUnterrichtsentwicklung sowie derenÜberprüfung.

Kollegiale Hospitationen

Diese positiven Ansätze sind allerdingskein Garant dafür, dass die vereinbartenThemenschwerpunkte sowie die indivi-duellen Vorhaben im Unterricht umgesetztwerden. Durch eine Kooperation mit demLandesinstitut, Referat 12 Mathematik In-formatik, konnten wir mit freiwilligen Kol-leginnen und Kollegen weitere Schritteentwickeln.

In diesem Schuljahr begleite ich zweiKolleginnen jeweils eine Stunde pro Wo-che im Unterricht. In den ersten Wochenging es zunächst um gegenseitiges Ver-trauen und eine gemeinsame Arbeits-grundlage. Anschließend vereinbarten wirfolgende Grundsätze und Vorgehenswei-sen für die Begleitung:• Im Zentrum der Beobachtung steht das

Lernen der Schülerinnen und Schüler.• Der Coach trägt Mitverantwortung für

die Gestaltung und Durchführung desUnterrichtes.

• Bei Uneinigkeit hat die Lehrperson Ent-scheidungsvorrecht.

• Im Mittelpunkt steht die Weiterent-wicklung der individuellen fachdidakti-schen, und/oder methodischen Hand-lungskompetenzen der Lehrkraft. DasCoaching ist nicht defizitorientiert.

»Was verstehen wir unter allgemeinenmathematischen Kompetenzen und wielassen sich diese in unserem Unterrichtumsetzen?« Solche und ähnliche didak-tische Fragen strukturieren die inhaltli-che Arbeit unserer Fachkonferenz Ma-thematik. Am Ende dieser Konferenzenvereinbaren wir Vorhaben, wie z.B. dieErprobung einer offenen, kompetenz-orientierten Aufgabe im eigenen Unter-richt. Diese Erfahrungen reflektieren wirauf der nächsten Konferenz und arbei-ten auf dieser Basis weiter.

Das Problem: In der Praxis hatte kaumjemand an die Umsetzung gedacht. Diesstellte lange Zeit die Funktion der Fach-konferenz als Motor der Entwicklungs-arbeit in Frage.

»Wieso hält sich keiner an unsere Ab-sprachen?!?« Wir stellten in Gesprächenfest, dass selten Unwille der Grund fürunser inkonsequentes Verhalten war.Meistens gingen die Vorhaben in den viel-fältigen Anforderungen des Schulalltagsunter und trotz Interesse an den verein-barten Konzepten wurden individuell an-dere (didaktische) Schwerpunkte gesetzt.Darüber hinaus sahen einige bei sichselbst keinen Handlungsbedarf und an-

Hamburg macht Schule 2|2007

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16

Thema

Gemeinsam sieht man mehr Kollegiale Hospitationen und Coaching als Evaluationsinstrumente

Wie kommen Fachkollegien zu ge-

meinsamen Zielen und Vorhaben,

die auch umgesetzt werden? Wel-

che Strukturen helfen, diese Vor-

haben zu evaluieren? Die Fach-

konferenz Mathematik der Schule

Hermannstal nutzt Schülervideos,

um sich über Qualität von Unter-

richt zu verständigen und Arbeits-

schwerpunkte festzulegen. Durch

kollegiale Hospitationen wird

Unterricht reflektiert und gemein-

sam weiterentwickelt.

• Auch der Coach versteht sich als Ler-nender.

Vier Phasen des Coachings

Vereinbarungen treffen: In einem Vor-gespräch hielten wir u.a. die individuel-len Fragen und Beobachtungsschwer-punkte der Kollegin schriftlich fest. DieVereinbarungen trugen wir in eineCheckliste ein (vgl. Abb. 1).Vorbesprechung der Stunde: Die Kolle-gin benannte das Thema der kommen-den Stunde und skizzierte Unterrichts-verlauf und Aufgabenstellung. Gemein-sam überlegten wir, inwieweit die ver-einbarten fachdidaktischen Schwer-punkte in der Planung berücksichtigtwurden und veränderten ggf. die Pla-nung. Durch die gemeinsame Vorberei-tung übernahm ich als Coach eine Mit-verantwortung.Unterricht: Im Unterricht beobachteteich das Verhalten, die Lernprozesse unddie Produkte der Schülerinnen undSchüler sowie die Handlungen meinerKollegin. Im Mittelpunkt standen sowohldie vereinbarten Beobachtungsschwer-punkte als auch fachdidaktische Aspek-te. Falls einzelne Phasen nicht optimalgenutzt wurden, griff ich, unseren Ver-einbarungen entsprechend, in denUnterricht ein und meine Kollegin be-obachte mein Handeln. Nachbesprechung: Während der Nach-besprechungen überlegten wir, was dieSchülerinnen und Schüler gelernt hat-ten, wo Schwierigkeiten aufgetreten wa-ren und welche Hilfestellungen gelun-gen waren. Hierfür nutzten wir die Schü-leraufzeichnungen und die erstelltenProdukte. Die Checklisten halfen uns,das Gespräch zielorientiert durchzu-

führen. Erst zuletzt überlegten wir ge-meinsam, welche alternativen Hand-lungen und Methoden in den jeweiligenSituationen zielführender gewesen wä-ren.

Resümee

Die kollegialen Hospitationen waren füruns, trotz der zeitlichen Mehrarbeit, ent-lastend. Der regelmäßige zirkuläre Pro-zess von gemeinsamer Planung, Durch-führung, Reflexion und neuer Planunghat sich dabei als gewinnbringend er-wiesen. Im Prozess merkten wir zusätz-lich, dass klar formulierte Zielen mitkonkreten Indikatoren von entschei-dender Bedeutung sind. Durch den Aus-tausch gewannen nicht nur der Unter-richt selbst, sondern auch die kollegia-len Hospitationen an Qualität.

Nachträglich scheint es uns sinnvoll,die Begleitung auf zwei bis drei Unter-richtseinheiten im Schuljahr zu redu-zieren. Dies reduziert zum einen denZeitaufwand und zum anderen kann der Coach etwas Abstand gewinnen, um sei-ner Beobachterrolle gerecht zu bleiben.

Ausblick

Aufgrund der positiven Erfahrungen mitden Schülervideos und kollegialen Hos-pitationen werden wir im kommendenSchuljahr unserem eigenen, individuel-len Lernvorhaben mehr Bedeutung fürdie kollegiale Unterrichtsentwicklung zu-messen. Um die persönlichen Schwer-punkte in die gemeinsame Arbeit einzu-betten, erhält jede Kollegin und jeder Kol-lege einen eigenen Ordner, in dem u.a.die eigenen Fragestellungen und Vorha-ben festgehalten werden können. Auf die-ser Grundlage besprechen wir vier- bisfünfmal im Jahr die unterschiedlichenLernvorhaben der Kolleginnen und Kol-legen und werden diese möglichst durchkollegiale Hospitationen begleiten.

Anmerkung

Sowohl die Idee der kollegialen Hospita-tion als auch die Idee der Schülervideosstammen aus dem SINUS-Transfer Projekt.Die Checklisten sind auf unserer Schul-homepage abrufbar:www.schule-hermannstal.hamburg.de

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Dirk VossFachleiter Mathematik

Mitarbeiter des LI, Referat 12 MathematikInformatik

SINUS-Transfer-SetkoordinatorIntegrierte Haupt- und Realschule

HermannstalHermannstal 8222119 Hamburg

E-Mail: [email protected]

Vereinbarungen zwischen ____________________ und ________________________.

Vereinbarungen Reflexion am . . 2007

Erwartungen der Lehrerin andas Coaching

Erwartungen des Coachs

In welchen Phasen des Unterrich-tes darf der Coach wie agieren?

Soll der Coach direkt oder indi-rekt intervenieren?

Vereinbarte Beobachtungs- undEntwicklungsschwerpunkte

Abb. 1: Checkliste »Vereinbarungen«

Das Kollegium der Gesamtschule Har-burg hat vor gut zwei Jahren mit gro-ßer Mehrheit beschlossen, eine teilge-bunden Ganztagsschule zu werden. DieVeränderung wurde zuvor kontroversdiskutiert und war von Hoffnungen undÄngsten begleitet. Von Beginn an mit-gedacht war, die Folgen der Umgestal-tung auszuwerten. Bereits am Ende desersten Jahres fanden daher Befragun-gen von Sozialpädagogen, Honorarkräf-ten und Lehrenden, die im ganztägigenAngebot arbeiten, sowie von Schülerin-nen und Schülern zu Wünschen zum Er-weiterten Angebot und für die Mittags-pause statt. So konnte in der laufendenArbeit schnell punktuell nachgesteuertwerden.

Rahmenbedingungen der Evaluation

Fast zwei Jahre nach der Einführungder teilgebundenen Ganztagsschulewurden die Erfahrungen aller ca. 130Lehrerinnen und Lehrer unserer Schu-le erhoben. Zur Vorbereitung bildete sicheine Gruppe aus Vertretern der Schul-entwicklungsgruppe, der Schulleiterin,dem Stellvertreter, dem didaktischenLeiter sowie zwei externen Beratern, die

von der Agentur für Schulbegleitung inKooperation mit der Deutschen Kinder-und Jugendstiftung finanziert wurden.Als Vorbereitung stellten wir uns einigegrundlegende Fragen: Welche Art vonEvaluation können wir schulintern leis-ten? Welche Daten wollen wir erhebenund was machen wir mit den Ergebnis-sen? Besteht nicht die Gefahr, einseitigdie Probleme zu erfassen und damit aus-schließlich den Kritikern der Ganztags-schule ein Forum zu bieten?

Zielklärung und Planung

Der erste Schritt im Planungsprozess wardie Zielklärung: Die Evaluation sollte so-wohl eine Basis für die Weiterentwick-lung der Ganztagsschule schaffen als auchkonkrete Schritte zur Weiterarbeit ein-leiten. Damit dachten wir Evaluation nichtnur als Auswertung der bisherigen Ar-beit, sondern als ein wichtiges vorwärts-gerichtetes Moment unseres Schulent-wicklungsprozesses. Die Evaluation leg-ten wir daher als mehrstufigen Prozessan:• eine vorgeschaltete schriftliche Befra-

gung aller Lehrerinnen und Lehrer, • eine halbtägige Lehrerkonferenz in Ar-

beitsgruppen zur zukünftigen Gestal-tung der Ganztagsschule auf Grundla-ge der Befragungsergebnisse und

• Initiativen für die Fortsetzung der Ar-beitsgruppen in Fortbildungen undkonzeptioneller Arbeit im kommendenSchuljahr.

Der Fragebogen

Die Vorbereitungsgruppe erstellte einenFragebogen, mit dem alle Lehrerinnenund Lehrer mit sowohl geschlossenen alsauch offenen Fragen die bisherigen Ver-änderungen, den zukünftigen Verände-rungsbedarf sowie die eigene Bereitschaftzur Mitarbeit in diesem Prozess beurtei-len sollten. Wichtige Ergebnisse sind u.a.:• Viele Kolleginnen und Kollegen sagen

aus, dass sich die Rhythmisierung des

Schultages eher verschlechtert hat. AlsUrsache geben sie die langen Tage(Unterricht bis 16 Uhr) an, die zu er-heblichen Belastungen führen sowieKooperationen und eigene Vorberei-tungen erschweren.

• Viele Kolleginnen und Kollegen sehenin der Unterrichtsentwicklung einewichtige Aufgabe und geben an, daranmitarbeiten zu wollen. Dabei werdensowohl didaktisch-methodische Fragenals auch Fragen nach Rhythmisierungund Fächergrenzen aufgeworfen.

Die Planung des zweiten Schrittes

Der Auswertung der geschlossenen Fra-gen lieferte Bewertungen der bisherigenVeränderungen und Wünsche für die Zu-kunft und war wenig überraschend. Kon-krete Änderungsschritte ließen sich dar-aus nicht ableiten. Der Wert der quanti-tativen Auswertung lag darin, die Stim-mung im Kollegium ehrlich und unauf-geregt auszusprechen und festzuhalten.Die Antworten auf die offenen Fragen wa-ren interessant, allerdings teilweise un-vereinbar. Für unseren Qualitätsprozessstellten sich nun folgende Fragen: Wiekönnen wir aus den in den Fragebögengeäußerten Erfahrungen Schulentwick-lungsvorhaben konkretisieren? Wie kom-men wir zur Planung konkreter Ent-wicklungsschritte für das nächste Schul-jahr? Wir trafen zwei Entscheidungen fürdie Lehrerkonferenz:

Die Planung konkreter Entwicklungs-vorhaben wird für die Abteilungen 5–7und 8–10 getrennt angegangen.

Bei der Planung konkreter Entwick-lungsvorhaben wird zwischen organisa-torischen Änderungen, die bereits imnächsten Schuljahr greifen sollen, undlängerfristigen Entwicklungszielen unter-schieden. Die längerfristige Entwicklungwird mit etablierten Instrumenten derSchulentwicklung verknüpft: Vergabevon F-Stunden und dem Fortbildungs-konzept.

Hamburg macht Schule 2|2007

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Thema

Zwei Jahre GanztagsschuleEine Gesamtschule zieht Bilanz und blickt nach vorn

Das Lernen und Arbeiten an einer

Ganztagsschule stellt Lernende,

aber auch Lehrende vor neue Her-

ausforderungen: eine andere

Rhythmisierung, veränderte di-

daktische Konzepte sowie neue

Lern- und Erholungsangebote

müssen entwickelt und umgesetzt

werden. Der Beitrag berichtet, wie

eine Schule Bilanz zieht und

gleichzeitig Strukturen und Im-

pulse zur Weiterarbeit initiiert.

Hamburg macht Schule 2|2007 19

Evaluation

Die Lehrerkonferenz

Zu Beginn der Lehrerkonferenz stellte dieEvaluationsgruppe die quantitativen Er-gebnisse der Befragung vor. Den an-schließenden Arbeitsgruppen wurde diegesamte Auswertung schriftlich zur Ver-fügung gestellt. Die Arbeitsgruppen derAbteilungen I und II standen unter der all-gemeinen Fragestellung: Welche unter-richtlichen und organisatorischen Verän-derungen brauchen wir, damit sich dasLehren und Lernen an unserer Ganztags-schule verbessert? Durch eine abtei-lungsspezifische Auswertung des Frage-bogens konnte diese Frage in der Planungjeweils unterschiedlich konkretisiert wer-den. In der Abteilung I konzentrierten wiruns auf die Perspektive der Unterrichts-entwicklung: Was für Unterricht wollenwir in der Abt. I zukünftig? Wie soll sichdabei die kollegiale Zusammenarbeit ver-ändern? Was folgt hieraus für die Stun-denplangestaltung? In der Abt. II wurdenmit der Neugestaltung der Mittagspauseund der kollegialen Zusammenarbeitinnerhalb der Jahrgänge zwei Schwer-punkte gesetzt.

Neben diesen inhaltlichen Zuspitzun-gen wurde eine wichtige strategische Ent-scheidung getroffen: Das Fortbildungs-konzept der Schule sieht im nächsten Jahrvor, dass Kolleginnen und Kollegen 20Fortbildungsstunden direkt in die Ent-wicklung der Schule bzw. Abteilungen in-vestieren können. Eine Funktion der Leh-rerkonferenz war daher, Impulse für dieFortbildungsplanung zu geben. Die Kol-leginnen und Kollegen stehen so in derMitverantwortung für die Weiterentwick-lung ihrer Abteilung bzw. der gesamtenSchule. Gleichzeitig entlastete dies dieKonferenz von der (in der verfügbarenZeit) unlösbaren Aufgabe, verbindlicheBeschlüsse oder inhaltliche Konzepte zuden Schwerpunktthemen erarbeiten zumüssen.

Wie geht es weiter?

Mittlerweile wurden die Ergebnisse derArbeitsgruppen der Lehrerkonferenz zu-sammengestellt und veröffentlicht. DieSchulleitung hat interessierte Kolleginnenund Kollegen aus den Abteilungen zu Pla-nungsgesprächen eingeladen. Ziel ist, klei-

ne kollegiale Teams mit der konzeptio-nellen Entwicklung der Abteilungen undder Planung der begleitenden Fortbil-dungen zu beauftragen und dafür mit F-Stunden auszustatten.

Vorläufige Bilanz

Inwieweit diese mehrschrittige Evaluationerfolgreich war, wird sich erst anhand derArbeit im nächsten Schuljahr beurteilenlassen. In einer vorläufigen Bilanz lassensich drei für den Prozess konstitutive As-pekte hervorheben:

Die leitende Zielperspektive des Evalu-ationsprozess war nicht rückblickend,sondern zielte auf Konsequenzen für diezukünftige Arbeit. Dies wurde von derSchulleitung und der Vorbereitungsgrup-pe offensiv vertreten. Im gesamten Pro-zess wurden konkrete Impulse für dieWeiterentwicklung der Ganztagsschulegesetzt.

Der Evaluationsprozess wurde in meh-reren Schritten durchgeführt. Die vorge-schaltete schriftliche Befragung ermög-lichte es vielen Kolleginnen und Kollegen,ihre Kritik anzubringen und entlastete da-

durch die Lehrerkonferenz. In den Ant-worten auf die offenen Fragen wurde –bei aller Kritik im Detail – die Entschei-dung für die Ganztagsschule nicht in Fra-ge gestellt. Gleichzeitig ermöglichte dieAuswertung der kritischen und anregen-den Beiträge eine effektive und auf die Be-dürfnisse der Kolleginnen und Kollegenzugeschnittene Planung der Konferenz.

Die Ergebnisse der Konferenz werdenin der Fortbildungsplanung und bei derVergabe der F-Stunden für das nächsteSchuljahr umgesetzt. Damit ist die Evalu-ation in den Schulentwicklungsprozesseingebettet.

Andreas Wissenist didaktischer Leiter

der Gesamtschule HarburgTel.: 0 40/42 88 71-2 60

E-Mail: [email protected]

Der Schulleitung kommt eine be-

sondere Bedeutung für Entwick-

lungs- und Qualitätsprozesse zu.

Auf dieser Ebene können Voraus-

setzungen für eine systematische

Arbeit geschaffen sowie Prozesse

gesteuert werden. Der Beitrag des

Kurt-Tucholsky-Gymnasiums ver-

deutlicht, wie Unterrichtsverän-

derungen durch prozessbegleiten-

des Feedback kontinuierlich re-

flektiert werden können und

welche (Leitungs)Strukturen dies

befördern.

den 1999/2000 unsere pädagogischenLeitziele formuliert: Kompensation, För-derung und Orientierung.

Arbeit an Makrostrukturen

Damit die Förderung im Unterricht wirk-sam werden kann, benötigten wir ver-änderte Rahmenbedingungen für dasunterrichtliche Lernen. Die Lehrerinnenund Lehrer beschlossen daher u.a. dieEinführung der Ganztagsschule für dieSekundarstufe I, die Einführung einesKanons methodischer Mindeststandards,der sich in einem Methodenhandbuchund einem Projektcurriculum ausdrückt,sowie den Ausbau der Sprachförderung.Dass Schulentwicklung zunächst auf derMakroebene betrieben wurde, begrün-det sich in der Überzeugung, dass erstder Ganztagsschulbetrieb einen adä-quaten Rahmen für zusätzliche Angebo-te und fachübergreifende Aufgaben bie-tet.

Unterrichtsentwicklung: Kompetenz-und Problemorientierung

Im Schuljahr 03/04 begann die Arbeit ander konkreten Weiterentwicklung desUnterrichts. Die Rolle der Schulleitungin dieser Phase der Schulentwicklungbestand hauptsächlich darin, zu mode-rieren, Prozesse und Ziele transparentzu halten und zu fokussieren. Ende 2005stand für uns fest: Die Potenziale unse-rer Schülerschaft können nur durch För-derung ihrer Selbständigkeit gestärktwerden. Die Schülerinnen und Schülersollen von Beginn an darüber informiertwerden, welche konkreten Kompeten-zen durch den Unterricht erreicht wer-den sollen. Das Konzept Kompetenz-orientierung verändert den Unterrichterst dann wesentlich, wenn Problema-tisierungs- und Problemlösekompeten-zen in den Mittelpunkt der Arbeit ge-rückt werden. Also nicht: Heute übenwir Erörterungen, sondern: Brauchenwir Helden?

Evaluation an mehreren Schulen fügtsich in eine Qualitätsentwicklungsspira-le ein, die aus vier Schritten besteht: ers-tens sich Problemen stellen, zweitensZiele formulieren, drittens Praxis adä-quat gestalten und viertens nachsteuern.

Eine Schule erkenntVeränderungsbedarf

Das Kurt-Tucholsky-Gymnasium ist einsechsstufiges Aufbaugymnasium. SeineSchülerinnen und Schüler haben sich be-wusst für die Weiterentwicklung ihresBildungsweges entschieden. Nur seltenhat es in ihren Familien bereits jeman-den mit Abitur gegeben.

Den Unterricht an dieser Schulform er-leben die Lehrerinnen und Lehrer in ei-nem deutlichen Spannungsverhältniszwischen den Voraussetzungen und derZielvorgabe Abitur. Eine erste Stärken-Schwächen-Analyse ergab, dass unsereinternationale Schülerschaft besonderenFörderbedarf in methodischen Kompe-tenzen und hinsichtlich der Sprachkom-petenz hat. Auf dieser Grundlage wur-

Für den konkreten Unterricht bedeu-ten diese Entscheidungen u.a., dass dieSchülerinnen und Schüler für jedes Fachund für übergreifende Fähigkeiten Kom-petenzlisten mit zugeordnete Aufgabenerhalten. Zusätzlich werden Phasen in-dividualisierten Lernens eingerichtet.

Begleitende Evaluation derLernprozesse

Der Kern der Umgestaltung des Unter-richts hin zu größerer Selbstständigkeitsind Lernzielreflexionen und eine Feed-backkultur. Erst dort, wo die Schülerin-nen und Schüler größere Freiheit in derErreichung ihrer Ziele bekommen, ge-winnt das gemeinsame Gespräch überdie unterschiedlichen Lernwege an Be-deutung. Nach fast jeder Stunde findeteine kurze Reflexion des Lernprozessesstatt. Zentrale Fragen sind: Was habt ihrgelernt? Wie habt ihr gelernt? Wie fan-det ihr die Stunde? Diese drei Fragensind Ausgangspunkt für die Reflexion deseigenen Lernens. Die Schülerinnen undSchüler benennen mit Blick auf die Kom-petenzliste, was sie bereits können, inwelchen Unterrichtsformen sie gut ler-nen und was ihnen noch fehlt, um dieKompetenzen zu erreichen. Jede Wochefüllen sie Formblätter aus, in denen sieihren Lernprozess dokumentieren. DieLehrenden sprechen regelmäßig mit je-der einzelnen Schülerin bzw. jedem ein-zelnen Schüler über deren Lernfort-schritte und greifen dabei u.a. auf dasLerntagebuch zurück. Ungefähr alle zweiWochen findet ein ausführliches Feed-backgespräch statt, in dem die Schüle-rinnen und Schüler den Unterricht so-wie ihren Lernerfolg bewerten. Die Er-fahrung zeigt, dass insbesondere dort,wo Lerngruppen noch nicht gewohntsind, über Lernprozesse zu sprechen, esunabdingbar ist, dem freie Äußern vonGedanken, Wünschen und Unzufrieden-heiten viel Zeit und Ruhe zu einzuräu-men. Neben der regelhaften Reflexion

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Thema

Prozessbegleitende EvaluationSchulstrukturen und Unterrichtsentwicklung – eine Qualitätsentwicklungsspirale

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Evaluation

der Unterrichts- und Lernprozesse be-nutzen die Lernende Diagnosebögen, umihr fachliches Können zu bewerten. Die-sen Zwischenevaluationen sind jeweilsneue zusätzliche Trainingsaufgaben zu-geordnet.

Mit Hilfe dieser unterschiedlichen In-strumente reflektieren nicht nur die Ler-nenden ihre Arbeit, auch die Lehrendenbekommen eine regelmäßige Rückmel-dung über den Erfolg und über Schwie-rigkeiten der veränderten Unterrichts-strukturen und Konzepte.

Schulentwicklung undLeitungsstrukturen

Für das Pilot-Projekt in den Eingangs-klassen werden die genannten Bau-steine des veränderten Unterrichts ge-meinsam mit allen Beteiligten konzi-piert. Dafür stellt die Schulleitung Teamzeiten und Planungstage bereit, indenen sich das Klassenteam über dieWege, Schwierigkeiten und Ziele aus-tauschen kann. Während der Entwick-lungsarbeit versuchen wir diejenigeneinzubeziehen, die am kompetentestensind. Das führt dazu, dass es an derSchule diverse Entwicklungsgruppengibt: die Klassen- und Jahrgangsteams,die Fachkonferenzen, die Lesekompe-tenz-AG. In diesen Gruppen werden dieKompetenzlisten verfasst, die Beteilig-ten werten die Erfahrungen mit denveränderten Unterrichtskonzepten ausund leiten Probleme an die Schulleitungweiter.

Absolut notwendig für dauerhafteVeränderungen ist es, Ideen »von un-ten« mit einer Struktur »von oben« zuverzahnen: Was die Beteiligten wollen,wird in einem Arbeitsauftrag festge-halten, der das Prinzip der Ziel- undLeistungsvereinbarung innerhalb derSchule fortschreibt. Während »von un-ten« Freiwilligkeit und sprudelndeIdeen gebraucht werden, sind »vonoben« Struktur und Verbindlichkeit nö-tig. So sprechen wir als Schulleitungbeispielsweise die Verpflichtung aus,die fachlichen und methodischen Kom-petenzlisten bis zu vorgegebenen Ter-minen zu erstellen und an die Schüle-rinnen und Schüler auszuteilen sowiedie Kompetenzlisten und Unterrichts-

materialien am Schuljahresende an denFolgejahrgang zu übergeben. Mit denLehrkräften, die besondere Aufgabenim Entwicklungsprozess wahrnehmen,führen die Schulleitungsmitglieder imSinne einer begleitenden Evaluationebenfalls Feedbackgespräche. In ihnenwird geklärt, welche Ziele erreichbarsind, wo umgesteuert werden mussoder auch wo Unzufriedenheiten vor-liegen. Soweit es möglich ist, entlastenwir diejenigen, die aktiv an Neuerun-gen arbeiten. Sie erhalten ihre Tätig-keiten beispielsweise als Fortbildungs-stunden oder regelhafte Arbeitszeit an-gerechnet.

Nachsteuerung

Bewusst werden wir die Lernergebnisseder Schülerinnen und Schüler und denErfolg unserer Veränderungen erst inzwei bis drei Jahren systematisch mit

Hilfe einer empirischen Lernstands-untersuchung evaluieren. Wir sind derAnsicht, dass einige Veränderungen zu-nächst Zeit brauchen, um Schwierig-keiten im Entwicklungsprozess beglei-tend zu lösen, bevor sich größere Lern-erfolge einstellen können. Dabei haltenwir uns an die Grundregeln: Hole dirnur Feedback für etwas, das du bereitbist, in Frage zu stellen. Durch die pro-zessbegleitenden Qualitätsschleifen fin-den jedoch eine kontinuierliche Refle-xion und Weiterentwicklung statt.

Die Autoren Friederike Baeumer, UlrichBecker, Michael Fröhlich und Anke Müller

bilden die Schulleitung des Kurt-Tucholsky-Gymnasiums, Eckernförder Straße 70, 22769

Hamburg, Tel. 4 28 88 58 01

Schüler überlegen angestrengt, währendandere bereits hochkonzentriert schrei-ben.

Beschlossene Sache: Schülerfeedback

Vor zwei Jahren hat die Schulkonferenzeiner Initiative des Schülerrats zuge-stimmt und verbindliche Unterrichtseva-luationen in Form von Schülerfeedbackeingeführt. Seitdem sollen in jedem Unter-richtskurs halbjährlich Rückmeldepro-zesse stattfinden. Beschlossen ist eineUnterrichtsevaluation, bei der jede Schü-lerin und jeder Schüler schriftlich und an-onym die Unterrichtsqualität sowie dasKursklima kommentieren und bewertenkann. Die konkrete Fragestellung ist denLehrerinnen und Lehrern freigestellt. Siekann, wie in der obigen Szene, sehr offenangelegt sein oder kann ganz spezifischeMerkmale von Unterrichtsqualität abfra-gen.* Die Ergebnisse werden schriftlichzusammengefasst und bilden die Grund-lage für die Klasse und den Lehrenden,über den Unterricht ins Gespräch zu kom-men. Zusätzlich wurde festgelegt, dass dergemeinsamen Reflexion jeweils eine Stun-de gewidmet wird.

Was kommt zur Sprache?

Die Themen, die bei dieser Art des Unter-richtsfeedbacks zur Sprache kommen,sind sehr vielfältig: Lehreraktivitäten, diehäufig diskutiert werden, sind die Ver-ständlichkeit der Erklärungen, die Ange-messenheit der Hausaufgaben sowie dieAusgewogenheit der Aufgaben in denKlassenarbeiten. Ebenso werden aller-dings auch störende Verhaltensweisen vonMitschülerinnen und Mitschülern sowiedas Lernklima angesprochen. So kommtzum Beispiel Kritik an übermüdeten Ler-nenden zur Sprache. Auch werden vonden Schülerinnen und Schülern die Hilfs-bereitschaft untereinander sowie das En-

»Schon wieder Evaluation? Sie wissendoch, dass wir Ihren Unterricht gut fin-den« sagt eine Schülerin, während dieAuswertungsbögen von der Fachlehrerinausgeteilt werden. Darauf stehen drei ein-fache Fragen: »Was ist gut gelaufen?«,»Was ist schlecht gelaufen?«, »Was solltesich ändern?«. Einige Schülerinnen und

gagement bei einer längeren Projektar-beit kritisch reflektiert.

Positive Effekte von Unterrichtsfeedback

Die Vorteile einer systematischen Unter-richtsrückmeldung liegen auf der Hand:Im Schulalltag gibt es selten Zeiten für kon-struktives Feedback. Die Rückmeldung,die Lehrer und Lehrerinnen erhalten, istoft spontan, unsortiert und manchmal un-reflektiert, z.B. unmittelbar nach einerschlecht ausgefallenen Klassenarbeit.

Durch eine systematische und regel-mäßige Rückmeldung zum Unterrichtwird es für die Schülerinnen und Schülerschnell zur Gewohnheit, klar und präzisedie Stärken und Schwächen des jeweili-gen Unterrichts zu benennen. Dabei ge-hören zum Unterricht nicht nur frontalePhase sondern vor allem Gruppenarbei-ten und offene Lernformen.

Auch für die Lehrerinnen und Lehrerist es zunächst ungewohnt, regelhaft Feed-back einzufordern und mit den Schüle-rinnen und Schülern in einen Dialog überUnterricht zu treten. Hier entstehen durchdie Regelmäßigkeit sowohl Routine alsauch Vertrauen in den konstruktiven Aus-tausch.

Für den einzelnen Schüler ist dieHemmschwelle, aktiv auf den Lehrer zu-zugehen und Kritik an Inhalten oder Me-thoden zu üben, sehr groß. Möchte er denUnterricht kritisieren, fürchtet er mögli-cherweise ein schlechteres Verhältnis oderAuswirkungen auf seine Noten; lobt er ihn,riskiert er vor der Klasse als »Schleimer«dazustehen. Die anonyme Rückmeldungstellt hier eine angemessene Alternativedar und lässt die Schülerinnen und Schü-ler gleichzeitig üben, mit einer Vielzahlunterschiedlicher Meinungen und Inter-essen umzugehen. Denn zu kaum einemThema gibt es einen schnellen Konsens:Während die einen über zu viele Haus-

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Thema

Schülerfeedback verbindlichverankernWie man mit Bordmitteln einen offenen Dialog initiiert

Gelungene Evaluationsprozesse

erkennt man nicht an ihrer Erhe-

bungsmethode, sondern daran, ob

sie die Beteiligten in einen kon-

struktiven Dialog bringt. Der Bei-

trag zeigt auf, wie an einer Ge-

samtschule regelmäßiges Unter-

richtsfeedback in allen Kursen

verankert wurde. Dabei wird deut-

lich, dass auch mit einfachen Mit-

teln eine gewinnbringende Aus-

einandersetzung über Unterricht

erreicht werden kann.

Abb. 1: Ein-Punkt-Abfrage

Aufgabe: Überlege einen Augenblick, wie der bishe-rige Unterrichtsverlauf für dich war: a) in der Sache,vom Thema her; (b) von der Arbeitsatmosphäre, vomKlima im Kurs her. – Klebe dann bitte den Punkt so,wie es dir entspricht!

Ich habe etwas gelernt

Ich fühle mich wohl

aufgaben klagen, wünschen sich anderemehr Übungsmöglichkeiten als Vorberei-tung für die Arbeiten. Der Lehrer oder dieLehrerin wird also insofern entlastet, alsdas Dilemma, vielerlei Bedürfnisse erfül-len zu müssen, transparent wird.

Der Zeitaufwand

Der zeitliche Aufwand dieses Schüler-feedbacks ist begrenzt. Zum Ausfüllen derBögen brauchen die Schülerinnen undSchüler erfahrungsgemäß etwa 10–15 Mi-nuten. Für die anschließende Bespre-chung sollte eine Unterrichtsstunde re-serviert werden. Die dazwischenstehen-de Auswertung durch Schülerinnen undSchüler oder die Lehrkraft nimmt je nachangewandtem Verfahren etwa 60 Minu-ten in Anspruch. Diese schriftliche Aus-wertung bedeutet zwar zusätzliche Arbeit,ermöglicht der Klasse jedoch, das gesamteMeinungsspektrum wahrzunehmen undin das Auswertungsgespräch einzubezie-hen.

Wie alles begann

Hervorgegangen ist diese Praxis derUnterrichtsevaluation aus einer Initiativedes Schulsprecherteams. Einige von unswaren im Mathematikunterricht vonHerrn Erhardt mit Schülerfeedback kon-frontiert. »Ich möchte, dass Schüler offen,also möglichst angstfrei und ungesteuertihre Kommentare abgeben können«, fasster zusammen, warum er die im Ein-gangsbeispiel beschriebene Methodeschon Jahre vor der Verpflichtung zurRückmeldung in seinem Unterricht ver-wendet hat.

Diese von einigen Lehrerinnen und Leh-rern bereits praktizierten Feedbackme-

thoden beeindruckten uns und wir merk-ten, wie sie sowohl das Schüler-Lehrer-Verhältnis positiv beeinflussten, als auchkonkret die Unterrichtssituation verbes-serten. Aber auch das Gefühl der Einge-bundenheit, mit seinen Zielen und Lern-bedürfnissen wahr- und ernst genommenzu werden, gefiel uns. Daher fragten wiruns und andere Lehrer, warum nicht inallen Kursen ähnliche Methoden ange-wandt wurden. Es kristallisierte sich dieIdee heraus, Unterrichtsevaluation perSchulkonferenzbeschluss fest im Profil derSchule zu etablieren.

Bedenken im Kollegium

Wichtig war uns dabei zwar einerseits dieVerbindlichkeit, andererseits aber auchdie notwendige Offenheit, um evalua-tionserfahreneren Lehrerinnen und Leh-rern kein neues System aufzuzwängen.Wir stellten unsere Pläne der Lehrerkon-ferenz vor, wo sie auch weitgehend aufZustimmung stießen. Dennoch gab es inder Lehrerschaft auch Widerstände. »Wa-rum denn verpflichtend?«, »Woher sollenSchüler denn wissen, wie guter Unterrichtauszusehen hat?«. Überzeugt werdenkonnten die Zweifler vor allem durch Leh-rer, die bereits regelmäßig Unterrichts-evaluationen durchführten. So sieht zumBeispiel Bernd Peters »Evaluation eherals Grundhaltung denn als messtechni-sches Verfahren.« Schüler, die eigenver-antwortlich lernen, wüssten selbst, unterwelchen Bedingungen sie zu guten Er-gebnissen kommen.

In den vergangenen zwei Jahren hatsich diese Evaluationspraxis gut an unse-rer Schule etabliert, zumindest in derOberstufe ist Schülerfeedback mittlerweile

zur Selbstverständlichkeit geworden. Inden Jahrgängen 5–10 ergibt sich zur Zeitnoch ein durchwachseneres Bild. Hierwird häufig über Zeitmangel geklagt, mög-licherweise bestehen aber auch Zweifel,jüngeren Schülern einen verantwortlichenUmgang mit diesem Instrument zuzu-trauen

Einfache Methoden als Vorteil

Für die Evaluationslösung an unsererSchule sprechen ihre einfache Umsetz-barkeit, die schnellen Erfolgserlebnissefür alle Beteiligten und die Offenheit desVerfahrens.

Die Offenheit birgt allerdings auch Ri-siken: Nicht alle Lehrerinnen und Lehrerfühlen sich für die Entwicklung von Eva-luationsmethoden kompetent. Hier hatsich allerdings gezeigt, dass die einfachs-ten Methoden sehr erfolgreich sind. Zu-dem findet innerhalb des Kollegiums in-zwischen ein reger Austausch, z. B. übersogenannte Evaluationsordner in den Leh-rerzimmern, statt.

Fazit

Die Evaluation von Unterricht, an meinerSchule mit relativ geringem Aufwand ein-geführt, hat sich bewährt. Sie ist wichtigfür Lehrer, die erleben, wie hilfreich kon-struktives Feedback für sie und die Ver-besserung des Unterrichts sein kann; fürSchüler, die sich als Partner ernst ge-nommen fühlen und bei allen Beteiligten,weil sie sich in einen interessanten Aus-tausch miteinander begeben, der dabeihilft, auch das eigene Verhalten kritischin den Blick zu nehmen und ggf. zu ver-ändern.

Amnerkung

* Beispiele für Rückmeldebögen findensich auf der Homepage der Schule.

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Simon FreyerMitglied des Schulsprecherteams

Ida-Ehre-Gesamtschule Bogenstraße 36 20144 Hamburg

[email protected]: www.ida-ehre-gesamtschule.de

Die Rahmenbedingungen

Seit Anfang des Schuljahres nehmen 25Kolleginnen und Kollegen unsererSchule an einer Fortbildung am Lan-desinstitut teil, in der wir Konzepte fürein regelhaftes und verbindliches Schü-lerfeedback erarbeiten.

Auf Grundlage der Fortbildung ent-wickeln wir dieses Verfahren der feed-backbasierten Unterrichtsentwicklungschulgenau und können es gezielt aufdie Fähigkeiten und Bedürfnisse vonBerufsschülern des Bankwesens undauf die Organisationsstruktur desBlockunterrichts abstimmen.

Unsere Ziele

Die Schülerinnen und Schülern bewer-ten sowohl den Unterricht als auch ih-ren eigenen Lernprozess in jedemUnterrichtsblock. Sie sollen so mit ih-ren Anliegen und Einschätzungen Ge-hör finden und mit ihren Bedürfnissenernst genommen werden. Dabei sollensie Verantwortung für den Unterrichtund ihren eigenen Lernprozess über-nehmen sowie Mitgestaltungsmöglich-keiten aufgezeigt bekommen.

Die Schülerinnen und Schüler sollendurch Feedback motiviert werden,selbst aktiv zu werden und sich ge-meinsam über Kriterien für einen gu-ten Lernprozess auseinanderzusetzen.Ihnen werden dabei eigenes und frem-des Lernverhalten bewusst und sie kön-nen diese gemeinsam mit den Lehren-den reflektieren.

Wir wollen einen Dialog über Unter-richt von Schülerinnen und Schülernund Lehrerinnen und Lehrern errei-chen, der auch bei auftretenden Pro-blemen konstruktiv bleibt.

Für die Ziel- und Leistungsvereinba-rung zwischen Schule und Behörde ha-

An der H5 entwickeln und erproben wirim aktuellen Schuljahr ein Unter-richtskonzept, welches Schülerinnenund Schüler zur Mitwirkung bei der Ge-staltung des Unterrichts auffordern undMethoden zur Mitgestaltung an dieHand geben soll. Die Idee ist einfach:die Lernenden überlegen, wie sie ambesten lernen können, und geben denLehrenden ein Feedback zum gemein-samen Unterricht. Das Feedback wirdkonstruktiv aufgegriffen und fließt indie Planung künftiger Unterrichtstun-den ein.

Um das tun zu können, müssen dieSchülerinnen und Schüler sensibel fürihr eigenes Lernverhalten werden undüben, dies im Unterrichtskontext zu re-flektieren. Dabei geben unsere Berufs-schüler nicht nur den UnterrichtendenFeedback, sondern beurteilen auchuntereinander ihr Lernverhalten. Sowirken sie an einem Qualitätsprozessmit, an dessen Ende idealerweise dervon Schülerinnen und Schülern undLehrerinnen und Lehrern gemeinsamgestaltete optimale Unterricht steht.

ben wir daraus folgendes Ziel abgelei-tet: »Schüler und Lehrer der Berufs-schulklassen mit Vorbildung MittlereReife verbessern ihre Zusammenarbeitdurch regelmäßiges Schülerfeedbackzu bestimmten Kriterien.«

Der Weg: Erste Schritte zurVerankerung einer Feedbackkultur

Von Anfang an wollten wir nicht überdie Köpfe der Schülerinnen und Schü-ler hinweg, sondern mit ihnen gemein-sam den Lernprozess gestalten. Als ers-ten Schritt haben wir daher den erstenTag der Auszubildenden bei uns in derBerufsschule neu gestaltet: Die Kolle-ginnen und Kollegen verbringen dengesamten Vormittag in ihrer Klasse,führen das Feedbackkonzept ein undschaffen so die Basis für die zukünfti-ge Zusammenarbeit.

Folgende Verfahren und Methodensind die Kernelemente des Vormittags: • Die Schülerinnen und Schüler sind

den ersten Tag in der Berufsschule.Sie kommen aus verschiedenen Ban-ken und kennen sich daher bishernoch nicht. Durch Partnerinterviewslernen sie sich kennen, bauen Ver-trauen auf und gehen erste Schritteauf einem Weg zu einer Lerngemein-schaft.

• Die Schülerinnen und Schüler erar-beiten in Gruppen ihre Erwartungenan die Lehrenden und die Mitschülermittels Schreibgittermethode auchbekannt als »Platzdeckchen«.* DieArbeitsergebnisse der Gruppen wer-den ausgetauscht. Im Anschluss fin-det eine gemeinsame Diskussion überdie Ziele und gegenseitigen Er1war-tungen statt, an deren Ende die Schü-lerinnen und Schüler sich auf For-mulierungen der gemeinsamen Er-wartungen und Ziele einigen. Der

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Thema

Mit den gegenseitigenErwartungen fängt es anSchülerfeedback als Steuerungsinstrument für Unterricht

Dass Schülerfeedback mehr sein

kann als eine gelegentliche Rück-

meldung zum Unterricht, zeigt der

Bericht der Handelsschule H5.

Feedbackmethoden werden hier

nicht nur genutzt, um Unterricht

und (eigene) Lernprozesse zu be-

werten und zu reflektieren. Durch

die Klärung der gegenseitigen Er-

wartungen kommen Lernende und

Lehrende zu gemeinsamen Quali-

tätskriterien für guten Unterricht.

Klassenlehrer moderiert das Ge-spräch und macht die Erwartungenund Ziele der Unterrichtenden trans-parent.

• Die Ergebnisse werden auf Plakatenfestgehalten. Dort stehen zu-sammengefasst• die Erwartungen der Schülerinnen

und Schüler an ihre Mitschülerin-nen und Mitschüler

• die Erwartungen der Schülerinnenund Schüler an die Unterrichten-den

• die Erwartungen der Lehrerinnenund Lehrer an die Schülerinnenund Schüler

Alle Beteiligten haben diesen ersten Be-rufsschultag – das zeigen uns die Rück-meldungen von Schülern und Lehrern– positiv erlebt. Ein Kollege berichtetezufrieden: »Jetzt weiß ich wieder, wa-rum ich Lehrer geworden bin!«.

Weitere Schritte und Beobachtungen

An den nächsten Unterrichtstagen ha-ben die Klassen aus den gegenseitigenErwartungen auf Flipchart-Papier eineArt Vertrag formuliert. In ihm sind dieBedingungen, die den Schülerinnen undSchülern, aber auch den Lehrerinnenund Lehrern für einen guten Lernpro-zess wichtig sind, festgehalten. DieseErgebnisse hängen für alle sichtbar imKlassenraum aus.

In den nachfolgenden Unterrichts-wochen stellten wir fest, dass der aus-gehängte »Vertrag« zunehmend zumSteuerungsinstrument innerhalb derKlasse wurde. Bei Verstößen gegen ein-zelne Inhalte durch Mitschülerinnenoder Mitschüler werden diese von ih-ren Klassenkameraden ausdrücklichauf den Aushang und deren Einhaltunghingewiesen. Die Schülerinnen undSchüler sagen hierzu, dass sie sich lie-ber von ihren Mitschülern an die Re-geleinhaltung erinnern lassen als vonihren Lehrern.

Dadurch, dass die Schülerinnen undSchüler die Vertragsinhalte selbst ent-wickelt haben, haben diese eine großeVerbindlichkeit. Die gemeinsame Arbeitschafft ein positives Lernklima mitgegenseitigem Vertrauen und Respekt.Darüber hinaus konnten wir beobach-

ten, dass die Beteiligung der Lernen-den am Unterrichtsprozess in diesenKlassen sehr hoch ist.

Das Abschlussfeedback

Zum Ende des Blockes geben die Klas-sen z.B. mittels Zielscheibe oder eineskurzen Fragebogens ein Feedback überden gesamten Unterrichtsverlauf. Da-mit werden die Vertragsinhalte hin-sichtlich ihrer Erreichung noch einmalkritisch überprüft. Die Rückmeldungbezieht sich unter anderem auf folgen-de Schwerpunkte:• das Lernklima in der Klasse• das Arbeitstempo• das Verhalten der Lehrenden (wie ge-

hen sie auf die Lernenden ein?)• den Umgang der Schülerinnen und

Schüler miteinander sowie Toleranzuntereinander

• die Qualität der ArbeitsunterlagenDas Abschlussfeedback erfolgt anonym.Die Ergebnisse werden ausgezählt undvon den Klassenlehrern und Klassen ge-meinsam in einer Gesprächsrunde dis-kutiert. Aus dieser Reflexion des Unter-richtsprozesses werden Vorschläge fürdie Weiterarbeit festgehalten.

Zu Beginn des nächsten Blockes tref-fen sich die Klassenlehrer der vier Be-rufsschulklassen, um auf dieser Grund-lage den weiteren Prozess zu planen.

Fazit und Ausblick

Aller Anfang ist schwer, aber wir ha-ben die ersten Schritte sehr erfolgreichgestaltet. Während der gesamten Zeitwaren wir besonders dadurch moti-viert, dass die Schülerinnen und Schü-ler »mitzogen« und sich die Lernatmo-sphäre in den Klassen deutlich verbes-serte. Wir freuen uns bereits auf dieZeit, wenn die Klassen zu ihrem 2. Blockwieder kommen. Es herrscht Auf-bruchstimmung in der Berufsschule, dieansteckend ist.

Ein Ziel der Arbeit war, dass die Schü-lerinnen und Schüler aus ihren Erwar-tungen und Zielen selbst Kriterien fürguten Unterricht und gute Lernbedin-gungen ableiten lernen. Diese warengeeignet, den Unterricht fortlaufend zureflektieren und erzeugten ein hohesMaß an Verbindlichkeit.

Hilfreich für die Entwicklung desFeedbackkonzepts und den anschlie-ßend Arbeitsprozess waren die schul-genaue Feedback-Fortbildung der Kol-leginnen und Kollegen sowie gemein-same feste Zeiten im Stundenplan fürdie Kolleginnen und Kollegen, die ander Konzeptentwicklung beteiligt wa-ren.

Anmerkung

* Instrumente und Bilder finden sichauf der Homepage der Schule.

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Evaluation

Gabriele KlausAbteilungsleiterin der Berufsschule

Staatliche Handelsschule mitWirtschaftsgymnasium Weidenstieg –

Berufsschule für das KreditgewerbeTelemanstraße 10, 20255 Hamburg

Tel. 4 28 01 27 46 [email protected]

Internet: www.wg-weidenstieg.de

Wie überprüft man seine Zielset-

zung und stellt den Erfolg oder

Misserfolg einer Maßnahme fest?

Das Kollegium der Förderschule

Carsten-Rehder-Straße hat die Er-

fahrung gemacht, dass man kon-

krete, einfache Ziele mit eindeuti-

gen Kriterien braucht, um spezifi-

sche Daten zu erheben.

senverband an einem Gewerbeschultagteilzunehmen, wurde abgelöst durch dieMöglichkeit, sich für einen Praxistag zubewerben. Dieser kann an unserer Schu-le (z.B. Lernbüro), in Gewerbeschulen (z.B.Bistro) oder in Betrieben als Eintages-praktikum durchgeführt werden. Die Mit-glieder der Steuergruppe formuliertenFragen an die Arbeitsgruppe, für derenTeilziele sowohl Indikatoren als auch Eva-luationsinstrumente bestimmt wurden.

Zentrale Erkenntnisse …

Die Auswertung der Evaluationsergeb-nisse hat in Fachkonferenzen und in derSteuergruppe stattgefunden und wurdedem Kollegium auf einer Konferenz prä-sentiert und zur Diskussion gestellt. Ne-ben inhaltlichen Erkenntnissen z.B. überdie unterschiedliche Annahme der drei An-gebote gewannen wir bei der Auswertungunserer Daten auch Einsichten über dieEvaluation selbst: Zum einen war die Da-tenmenge zu gering, da es durch interneMissverständnisse Projekte mit und ohneRückgabe der Praxismappen gab. Zum an-deren erwies sich der Beurteilungsbogenals Evaluationsinstrument als untauglich.Darüber hinaus stellten wir fest, dass un-sere Ziele und Indikatoren zu unkonkretwaren, um aus den Daten Erfolge oderauch Problembereiche ableiten zu können.

… für die weitere Arbeit

Die genaue Formulierung unserer Zieleund die Festlegung überprüfbarer Indi-katoren verstehen wir inzwischen als Pro-zess, der außer Zeit auch die Beteiligungdes ganzen Kollegiums benötigt. Daherhaben wir an den Präsenztagen im Au-

Seit dem Sommer 2004 nimmt die För-derschule Carsten-Rehder-Straße amSchulversuch »d.18 Selbstverantworte-te Schulen«, teil. Um unsere pädagogi-sche Arbeit weiterzuentwickeln, habenwir im Schuljahr 2005/06 zum ersten Malverbindlich Entwicklungsziele festgelegtund diese intern evaluiert.

Hilfreiche Strukturen

Hilfreich für die Konzeption und Steuerungunseres Schulentwicklungs- und Evalua-tionsprozesses waren neben Ressourcenim personellen und finanziellen Bereichneue Kommunikations- und Arbeitsstruk-turen: Eine gewählte Steuergruppe, beste-hend aus vier Kolleginnen und der Schul-leitung, koordiniert und begleitet den ge-samten Prozess, der von verschiedenen Ar-beitsgruppen inhaltlich gestaltet wird. Diefesten Ansprechpartner in der Steuer-gruppe haben die Aufgabe, die Mitgliederin den Arbeitsgruppen zu beraten, derenArbeit im Sinne einer abgestimmten Ent-wicklung zu koordinieren sowie die Er-gebnisse ins Kollegium zu kommunizieren.

Erste Ziele und Indikatoren

Ein Schwerpunkt für die Entwicklungs-vereinbarung 2005/06 betraf den Bereich»Arbeit und Leben«: Die Koordinatorinentwickelte mit ihrer Arbeitsgruppe einKonzept zur Umstrukturierung der Be-rufsvorbereitung. Die bisherige Praxis, imachten und neunten Jahrgang im Klas-

gust 2006 eine pädagogische Ganztags-konferenz mit externer Moderation durch-geführt, um Ziele unserer Schulentwick-lungsarbeit gemeinsam festzulegen undihnen nachweisbare Kriterien zuzuord-nen. Aus einem Brainstorming heraus ha-ben wir uns auf konkrete Arbeitsvorha-ben für das Schuljahr 2006/07 geeinigt:1.Die Schule Carsten-Rehder-Straße hat

ein Leitbild.2.Es werden Voraussetzungen geschaf-

fen, um die Lernprozesse im Fach Ma-thematik an den individuellen Lernvor-aussetzungen, Lernzielen und Lernbe-dürfnissen unserer Schüler auszurich-ten. Kompetenzraster für die Kl.1–9werden erstellt. Es liegen Lernstands-einschätzungen mit Hilfe des Kompe-tenzrasters für alle Schüler der Kl. 1 bis8 am Ende des Schuljahres vor.

3.Die Bildungspotentiale aller Schülerwerden so ausgeschöpft, dass die Chan-cen der Schüler steigen, ein Arbeits-verhältnis einzugehen

Aus den Erfahrungen des Vorjahres habenwir gelernt, die Ziele möglichst klar undeinfach zu formulieren, so dass sie mit Hil-fe von eindeutigen Indikatoren überprüftwerden können. Exemplarisch wird diesanhand von ausgewählten Indikatoren un-seres dritten Ziels (vgl. Abb. 1) deutlich.

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Thema

Einfach, klein und konkretEin Kollegium formuliert klare Ziele mit messbaren Indikatoren

Doris de Feyter, SchulleiterinFörderschule Carsten-Rehder-

Straße, E-Mail:[email protected]

Tel.: 4 28 88 08-0 www.schule-carsten-rehder.hamburg.de

Indikatoren Daten/Dokumente für die Evaluation

Mehr als 70 Prozent aller Schülerinnen und Schülernehmen regelmäßig am Praxistag teil

Von jedem Schüler gibt es am Ende des Schuljahresmindestens einen Profilbogen/Kompetenzbogen

Jeder Schüler führt eine Praxismappe nach festge-legten Kriterien und gibt sie am Ende des Schuljah-res an den Klassenleiter zurück.

Anwesenheitslisten

Überarbeitete Kompetenz-/Profilbögen über erwor-bene Fähigkeiten und Fertigkeiten

Praxismappe der Schülerinnen und Schüler

Abb. 1: Indikatoren für das dritte Schulentwicklungsziel

Hamburg macht Schule 2|2007 27

Evaluation

Mat

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Unterstützungsangebote zur Planung und Durchführung vonEvaluationen erhalten Schulen im Landesinstitut für Lehrer-bildung und Schulentwicklung. Ansprechpartner finden sichin folgenden Referaten und Abteilungen:

Unterstützungsangebote des LI

Abteilung Fortbildung: Qualifizierung für die schulinterneEvaluation

• Schulen erhalten die Möglichkeit, sich bei Verfahren derinternen Evaluation unterstützen zu lassen.

• Im kommenden Schuljahr wird es eine Veranstaltungsreihegeben, die sowohl Fortbildung als auch Beratung zur Ge-staltung des Prozesses der Evaluation von Schulentwick-lungsvorhaben bietet. Die inhaltlichen Schwerpunkte ent-sprechen in ihrer Abfolge dem zeitlichem Ablauf der schul-internen Evaluation von Schuljahresbeginn an, d.h. von derFormulierung von Ziel – und Leistungsvereinbarungen biszur Analyse und Kommunikation von Ergebnissen.

• Die Veranstaltungsreihe eignet sich für Kollegen und Kolle-ginnen, die im kommenden Schuljahr ein konkretes Schul-entwicklungsvorhaben evaluieren möchten, aber auch fürKollegen und Kolleginnen, die sich zu schulinternen Evalu-ationsberatern oder -beraterinnen qualifizieren wollen.

Krimhild Görlich, Tel.: 4 28 01 27 95E-Mail: [email protected]

Agentur für Schulbegleitung • Evaluation u.a. von Schulprogrammen, Ziel- und Leis-

tungsvereinbarungen, Projekten, Leitbild, Fortbildungs-planungen, Steuergruppenarbeit

• Vermittlung von internen und externen Referenten mit dementsprechenden Kompetenzprofil

• 2-jähriger Arbeitskreis »Qualifizierungsplanung- Arbeitenmit dem Schulportfolio«

• verfügbares Material: »Schulportfolio Qualifizierungspla-nung«

• auf der Website (www.li-hamburg.de/agentur) ist das An-bieterverzeichnis einzusehen, externe Anbieter stellen sichvor

• die Angebote richten sich an Schulleitung, Steuergruppen,Konzeptgruppen sowie Fortbildungsverantwortliche

Angela Kling, Tel.: 4 28 01 27 90E-Mail: [email protected]

Abteilung Qualitätsentwicklung und Standardsicherung (LIQ)

• Beratung bei der Auswahl geeigneter Evaluationsinstru-mente (z. B. Fragebögen)

• Unterstützung bei der Datenerfassung, Auswertung undErgebnisinterpretation

• Durchführung von Lernstandserhebungen (Erhebung derLernausgangslagen und der Lernentwicklung auf Klassen-und Jahrgangsebene)

• Fortbildungen (Jahrgangsteams, pädagogischer Jahrestagetc.) werden individuell vereinbart bzw. erfolgen im Rah-men von schulübergreifenden Projekten

• Die Testbibliothek im Landesinstitut bietet allen Hambur-ger Lehrerinnen und Lehrern die Möglichkeit, sich überdie verfügbaren diagnostischen Verfahren und Tests zu in-formieren. Zurzeit umfasst die Testbibliothek über 100 ver-schiedene Tests und Verfahren. Der Bestand wird laufenderweitert. Hier finden sich: • standardisierte Tests• informelle Verfahren zur Lernstandsfeststellung• Bücher und Broschüren mit Hintergrundinformationen

zum Einsatz von Tests in den SchulenUlrich Vieluf, Tel.: 4 28 01 37 09E-Mail: [email protected] Benzing, Tel.: 4 28 01 27 40E-Mail: [email protected]:Ruth Bäßler, Tel.: 4 28 01 24 47E-Mail: ruth.baessler@li-hamburgInternet: www.li-hamburg.de/abt.liq/abt.liq.Testbibl/

Referat Berufliche Schulen• Schulspezifische Beratung und Begleitung bei Schulent-

wicklungsprozessen, insbesondere der Evaluation schuli-scher Prozesse und Projekte sowie der Ziel- und Leis-tungsvereinbarungen

• regelmäßige Fortbildungsangebote zu• unterschiedlichen Verfahren und Methoden der Unter-

richtsevaluation• kollegialer Unterrichtsreflexion und -hospitation zur ge-

meinsamen Weiterentwicklung der Unterrichtsqualität• Feedback von Lernenden • Installation von Schülerfeedback als regelhaftem Ver-

fahren• Fortbildungen für Evaluationsbeauftragte

• »Methodenkoffer« – Instrumente für Feedbackprozesse • Zielgruppen:

• Mitglieder von Steuer- und Schulentwicklungsgruppen• Schulleitungen, Abteilungsleitungen• Lehrkräfte der beruflichen Schulen

Hans-Werner Schäfer, Tel. 4 28 01 27 89E-Mail: [email protected]: http://www.li-hamburg.de/rbb

Auf alle Schulen kommen neue Aufga-ben erzieherischer und methodisch/di-daktischer Art zu, ohne dass die finan-ziellen oder personellen Ressourcen er-höht werden. In dieser Situation freutsich jede Schule über Hilfe von außen. Die Eltern sind die der Schule nächsteUnterstützergruppe. Sie sind interessiertan ihren Kindern und damit meist aucham Schulleben und an Problemen, dieauf jeden zukommen, der mit Kindernund Jugendlichen umgeht.

Wie aber kommt man als Lehrer, alsSchulleitung an Eltern heran? Oft ist esja schon schwer, die Posten der Eltern-vertreter zu besetzen. Wie findet mandann Eltern, die sich an der Schule en-gagieren wollen?

Die beste Gelegenheit dazu bietet nachunseren Erfahrungen die jährlich statt-findende Elternversammlung am Beginndes Schuljahres, zu der jedes Jahr dieneu gewählten Elternvertreter und dieEltern aller Schülerinnen und Schülereingeladen werden. Hier findet man die-jenigen, die zu den »Aktivbürgern« zäh-len, die zwar nicht an Gremienarbeitinterssiert sind, aber an der Teilnahmean einem schulinternen, zunächst zunichts verpflichtenden Arbeitskreis sehrwohl zu gewinnen sind.

Die Vorstellung möglicher Ziele einessolchen Arbeitskreises durch die Koor-dinatorin, die Bitte um die Eintragungder e-mail Adressen der Interessiertenin eine Liste und die Bekanntgabe desersten (Abend-)Termins – schon hattenwir einen Kern an Mitarbeitern. So ha-

ben wir im Jahr 2000 begonnen, den fol-genden Jahren wurde diese Art der Wer-bung regelmäßig durchgeführt. Inzwi-schen arbeiten über 40 Eltern und dreibis fünf Lehrer mit. Zeitweise sind auchSchüler bei Projekten beteiligt. Die Tref-fen finden in vier- bis sechswöchentli-chem Abstand abends in der Schule statt,bei Bedarf auch häufiger.

Pädagogische Fragen sind ein»Dauerbrenner« für Eltern und vorallem junge Lehrer.

Alle zwei Jahre veranstaltet der Ar-beitskreis einen Informations- und Dis-kussionsabend zum Thema Pubertät,der sowohl als Fortbildungsveranstal-tung für Lehrer als auch als Forum desAustausches betroffener Eltern konzi-piert ist. Diese Veranstaltungen wirdvom Beratungslehrer und einem Kin-der- und Jugendpsychologen durchge-führt und locken inzwischen regelmä-ßig über 100 Eltern in die Schule. Der-artige Abende gibt es auch im zwei- bisdreijährigen Abstand wiederkehrendzur Suchtprävention (»Kiffen, Saufen…«, »Glotzen, Chatten, Simsen, Ballern…«, »Essstörungen«). Zu diesen The-men, zum Anti-Raucher-Training undzur Aidsprävention werden vom Ar-beitskreis auch Schülerveranstaltungenwährend der Schulzeit durchgeführt.

Die Erstellung einer Methodenmappefür die Mittelstufe, das »Lernen lernen«lag Eltern und Lehrern in der Anfangs-zeit des Arbeitskreises besonders amHerzen. Die Kinder der Mitarbeiter wur-den als Testpersonen für das Produkt ge-nutzt und schon nach einem halben Jahrlayouteten Eltern die 20seitige Mappe.Inzwischen wurde sie in der zweiten Auf-lage gedruckt und es ist Pflicht für alleSchüler und Kollegen, mit ihr zu arbei-teten.

Ein Gremium dieser Art ist aber auchein Frühwarnsystem für etwaige Miss-stände an der Schule. Aufmerksam ge-macht durch Berichte von Eltern über

Klagen von Schülern unterschiedlicherAltersstufen übereinander beschloss derArbeitskreis eine Untersuchung desSchulklimas. Je 25 Fragen wurden vonüber 900 Schülern beantwortet. Die Aus-wertung und Aufbereitung dieser Datenleisteten die Eltern. Der Vorstellung derinsgesamt positiven Ergebnisse auf ei-ner Lehrerkonferenz und im Elternratfolgten die notwendigen Konsequenzen:z.B. • Veränderungen in der Kantinensitua-

tion, • Einführung weiterer Schülerdienste, • Projekte wie peer-support, organisiert

von Oberstufenschülern für Unterstu-fenschüler und

• einige klasseninterne Änderungen.

Identifikation

Das Ziel der Verstärkung der Identifi-kation der Schüler mit ihrer Schule, dasdie Umfrage mit initiiert hatte, und dererkennbare Wunsch der Schüler, dazubeizutragen, führte nun zu einem be-sonderen Glücksfall. Im Arbeitskreiswaren so viele Aktivbürger mit ganz be-sonderen Fähigkeiten versammelt, zudenen eine Schule im Normalfall garkeinen Kontakt findet (Unternehmerin-nen, Buchhändlerinnen, Werbefach-leute, Computerfachleute, Psychologin-nen, Buchhalterinnen, Künstlerinnen,im Sozialbereich Beschäftigte und etli-ches andere mehr). Einige von ihnenfanden sich gesondert zusammen, ent-wickelten originelle Ideen und ver-wirklichten sie ohne die bei Lehrern üb-lichen Bedenken. Sie veranstalteten imAnschluss an den Nachmittagsunter-richt Bastelgruppen für Schüler, schal-teten erfolgreich die Presse ein, führ-ten an einem Sonntag einen sehr gutbesuchten Osterbasar in der Schuledurch und gründeten schon zwei Mo-nate später den GOldshop, einen vonSchülern betriebenen Laden, der Schul-kleidung und Schreibwaren mit demEmblem der Schule sehr erfolgreich in

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Aktive ElternEine Chance für die Schule

Wiegelingt es, Eltern in einer großen

Zahl am Schulleben zu beteiligen?

Wie können die vielfältigen Fähigkei-

ten entdeckt und koordiniert genutzt

werden? Die Erfahrungen am Gym-

nasium Oldenfelde zeigen Möglich-

keiten.

den Pausen vertreibt. Die AG GOldshopsteht Schülern ab der Klasse 10 offen,vermittelt unter realistischen Bedin-gungen betriebswirtschaftliche Kennt-nisse anhand eines echten Betriebes,wird inzwischen von einem Lehrer imWahlpflichtunterricht betreut und hateine große Zahl mitarbeitender Schü-ler gefunden.

Konkurrenzen

Natürlich verursacht eine solch aktive,voranpreschende Arbeitsgruppe auchKonflikte. Sie kann sehr schnell zu ganznormalen Kollisionen führen und Un-mut bei den anderen an Schule betei-ligten Gruppierungen auslösen, wenndiese sich durch eine so voranpre-schende Gruppe nicht ausreichend an-erkannt oder gar angegriffen fühlen.Hieraus können Missstimmungen undKonflikte erwachsen, die mühsam undzeitintensiv in vielen Gremiensitzungenwieder abgebaut werden müssen. Ausdiesen Erfahrungen haben die Beteilig-

ten gelernt, so früh wie möglich alle ander Schule beteiligten Gruppen über diegeplanten Projekte zu informieren, in-dem alle Protokolle per Mail an alle, dieWert darauf legen, versandt werden.(Protokolle in Ordnern zum Nachlesenanzulegen, reicht nicht!) So können Ein-wände schnell berücksichtigt und Fehl-planungen vermieden werden.

Inzwischen hat der Arbeitskreis einenMail-Service aufgebaut, über den mehrals 400 interessierte Eltern einmal mo-natlich einen Elternbrief der Schule mitallen für sie interessanten Terminen er-halten. Bei der Sammlung der Adressenauf den Elternabenden erfragten die El-tern des Arbeitskreises gleichzeitig dieBereitschaft der Eltern, bei Schulveran-staltungen Hilfestellungen verschiede-ner Art zu leisten. Diese Informationenarbeiteten sie, datenschutzrechtlich ab-gesichert, in eine Datei ein, die inzwi-schen der Schule zur Verfügung steht. Soverfügen nun Lehrer auf Knopfdrucküber Listen mit interessiereten Eltern,

wenn sie Unterstützung benötigen, wiez.B. berufskundliche Vorträge oder Füh-rungen durch Betriebe oder Kuchen fürKlassenfeste.

Ein derartiger Arbeitskreis ist im übri-gen auch ein »Übungsplatz« für Füh-rungsnachwuchs. Die Zusammenfüh-rung von Interessen der unterschied-lichen an Schule beteiligten Gruppen, dieOrganisation und Durchführung von Ver-anstaltungen und die Kanalisation vonInitiativen in »schultaugliche« Bahnen –das alles ist dort gefordert und zeigt diebesondere Qualifikation von Kollegen.

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Astrid KahlbohmMittelstufenkoordinatorin am Gymnasium

Oldenfelde

640 Siebtklässler aller 22 Hamburger För-derschulen waren im Rahmen der Er-gänzungsstudie »KESS 7 an Förderschu-len« im Oktober/November 2005 in denKompetenzbereichen Leseverständnisund Mathematik getestet worden. Mithil-fe eines Schüler- und eines Elternfrage-bogens wurden außerdem Hintergrund-merkmale erhoben. 85 Prozent der Schü-ler und 61 Prozent der Eltern füllten dieFragebögen aus – für die Schulform un-gewöhnlich hohe Teilnahmequoten. Anden beiden Fachleistungstests nahmen so-gar 92 (Leseverständnis) bzw. 90 Prozent(Mathematik) teil.

Mithilfe von Ankeraufgaben war esmöglich, die von den Förderschülern zuBeginn der Klassenstufe 7 erreichtenLernstände mit den mittleren Lernstän-den unterschiedlicher Schülergruppen zuvergleichen, die zweieinhalb Jahre zuvoram Ende ihrer Grundschulzeit an KESS 4teilgenommen hatten.

Lernstände im Vergleich

Abb. 1 zeigt die mittleren Lernstände, diedie Förderschüler zu Beginn der Klas-senstufe 7 erreicht haben (rechte Säulen),im Vergleich zu den mittleren Lernstän-den aller Viertklässler, die im Jahre 2003an KESS 4 teilgenommen haben (linkeSäulen), sowie der Teilgruppe derjenigenViertklässler, denen von der Zeugniskon-ferenz ihrer Grundschule eine Empfeh-lung für den Besuch der Beobachtungs-

stufe der Haupt- und Realschule ausge-sprochen worden war (mittlere Säulen).

Der Mittelwert der Gesamtstichprobewurde auf 500 Punkte, die Standardab-weichung auf 100 Punkte festgelegt. Mit30 (Lesen) bzw. 68 Punkten bleiben dieFörderschüler 30 bzw. 68 Prozent einerStandardabweichung und damit deutlichunter dem Mittelwert der Viertklässler miteiner HR-Empfehlung, im Vergleich zu al-len Viertklässlern des KESS-Jahrgangssind es sogar 63 Prozent einer Standard-abweichung (Lesen) bzw. etwas mehr alseine Standardabweichung (Mathematik).

Diese beträchtlichen Lernrückständekorrespondieren einerseits mit deutlichgeringer ausgeprägten kognitiven Fähig-keiten, die mithilfe des Kognitiven Fähig-keitstests (KFT) ermittelt wurden – der fürdie Förderschüler ermittelte Wert beträgt9,8 Punkte und liegt damit 6,1 Punkte bzw.eine Standardabweichung unter demMittelwert des KESS-Jahrgangs insgesamtbzw. 3 Punkte bzw. eine halbe Standard-abweichung unter dem Mittelwert der HR-Schüler. Auf der anderen Seite gehen dieLeistungsrückstände mit ungleich un-günstigeren sozialen Lagen einher.

Lernstände und Hintergrundmerkmale

Jungen sind in den Förderschulen mit ei-nem Anteil von 59 Prozent deutlich über-repräsentiert. Im Leseverständnis liegenihre Leistungen gleichauf mit denen derMädchen, in Mathematik beträgt ihr Vor-sprung eine drittel Standardabweichung.

Ebenso sind Schüler mit Migrations-hintergrund in den Förderschulen über-repräsentiert. Wird das Merkmal »Ge-burtsland der Eltern« zugrunde gelegt,ergibt sich zwischen den drei Gruppen –beide Eltern/ein Elternteil/kein Elternteilim Ausland geboren – kein bedeutsamerLeistungsunterschied. Von den 461 Schü-lern, für die die entsprechende Angabevorliegt, sind 47 Prozent der Eltern inDeutschland geboren, während in 13 Pro-zent der Schülerfamilien ein Elternteil, in40 Prozent der Familien beide Eltern imAusland geboren wurden.

Für 267 Schüler liegt eine Angabe zumBruttojahreshaushaltseinkommen ihrer

Familie vor. Mit 63 Prozent liegt der An-teil an Familien, deren Einkommen20.000 € nicht übersteigt, weit über demHamburger Durchschnitt, während Brut-tojahreseinkommen über 40.000 € mitknapp 8 Prozent weit unterproportionalvertreten sind. Wie in den zuvor betrach-teten Gruppen, findet sich wiederum keinsignifikanter Unterschied zwischen denLernständen der verschiedenen Einkom-mensgruppen.

Die Autoren fassen diese Befunde fol-gendermaßen zusammen: »In Überein-stimmung mit früheren Untersuchungenzeigt sich erneut, dass Hamburger För-derschulen von einer Schülerschaft be-sucht werden, die durch eine deutlichekognitive und sozioökonomische Benach-teiligung charakterisiert ist. Den Kindernstehen in ihren Elternhäusern ver-gleichsweise geringe ökonomische undkulturelle Ressourcen zur Verfügung – einNachteil, der offenkundig allein mit schu-lischen Fördermöglichkeiten für dieseSchülergruppe nicht kompensiert werdenkann.« (W. Bos et al.: Vertiefender Berichtzu den KESS 7-Ergebnissen, Behörde fürBildung und Sport, Hamburg 2007, S. 101).

Nachzulesen sind diese und weitere Be-funde in dem vertiefenden Bericht zurKESS 7-Erhebung: www.hamburger-bildungsserver.de/schulentwicklung/qualitaet/KESS-7-Bericht_140507.pdf

Ulrich Vieluf, LI

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Schulforschung

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KESS 7 an Förderschulen

Abb. 1: Lernstände im Vergleich

Abb. 2: Hintergrundmerkmale im Vergleich

WERBUNG I#1

»Sicherheit von Kindern im Straßen-verkehr« – das ist ein aktuelles Themader Verkehrserziehung an Schulen in derHansestadt. Schon seit Jahren ist derschulische Unterricht in Verkehrserzie-hung dadurch gekennzeichnet, dass esvielerorts eine enge Zusammenarbeitgibt zwischen Pädagogen und Polizei-verkehrslehrern. Ein Schwerpunkt derArbeit: die Schülerinnen und Schüler,aber auch ihre Eltern, nachhaltig zu ei-nem verantwortlichen Verhalten imStraßenverkehr zu motivieren.

Einen wesentlichen Bereich der Ko-operation zwischen Polizei und Schulenbilden die Fahrradprojekte für die Klas-sen 5 und 6, die sich unter Schülerinnenund Schülern großer Beliebtheit erfreu-en. Die Koordination dieser schulischen

Arbeit obliegt dem Referat »Verkehrser-ziehung« in der Behörde für Bildung undSport (BBS). Das Referat hat auch viele at-traktive Unterrichtsmaterialien heraus-gegeben – oftmals in Zusammenarbeit mitdem Hamburger Verkehrsverbund (HVV).

Wesentlich unterstützt werden die Pro-jekte traditionell in jedem Schuljahr durchetliche Seminare im Landesinstitut fürLehrerbildung und Schulentwicklung (LI).

Die Verkehrserziehung in Hamburghat seit längerem bundesweit einen sehrguten Ruf – das bestätigte unlängst auchdas Umweltbundesamt. Weitere Informationen: • www.hvv.de• www.bbs.hamburg.de• www.li-hamburg.de

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BBS-Info

Umweltbundesamt: Mobilitätserziehung – Hamburg ist Spitze

Verkehrserziehung: Polizei kooperiert mit den Schulen

Zur Einweihung des neuen Hockey-Lan-desleistungszentrums am Rothenbaumhatten sie sich am Tag der Arbeit, am 1.Mai, versammelt: Elf Weltmeister wa-ren mit ihrem Bundestrainer angetre-ten – zum Spiel gegen keine geringereMannschaft als die aus England. Zwarging das Spiel für die Deutschen danndoch noch verloren; aber die Freude wartrotzdem groß – über das neue Leis-tungszentrum des Leistungszentrumsfür Hamburger Hockeyspieler.

Bis zur EM im August dieses Jahres –hier qualifizieren sich nur die ersten dreifür Olympia 2008 – wird die National-mannschaft noch viel trainieren. FürHamburg wichtig: Im 18er Kader sindsieben Hamburger »Krummstock-Kön-ner« (Hamburger Abendblatt). Hier wirdklar: Hamburg ist eine Hockey-Hoch-burg – die nun ein neues Landesleis-tungszenrum ihr eigen nennt; die alteTrasiningsstätte in Groß-Flottbek warinzwischen überaltert.

Für die Hockey-Spieler – ob Profis, Stu-denten, Schüler oder die vielen aktivenSpieler aus den Vereinen – gibt es jetzt op-timale Trainingsbedingungen. Finanzierthaben die neue Anlage das Hochschulamtund das Bundesministerium des Inneren.

Weitere Informationen:• www.verwaltung.uni-hamburg.de• www.bbs.hamburg.de

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Hockey-Hochburg: Neues Landesleistungszentrum

Am Rothenbaum: HochmodernerPlatz – zentral gelegen

Das Hokey-Zentrum im Universitätsviertel

Altonas neues Bad – es kostet rund 16Millionen Euro – wird von außen ausgesehen recht bunt und rund anzuse-hen sein. Bäderlandchef KlauspeterSchelm dazu: »Wir wollen hier ja auchkein Büro bauen, sondern ein Bad fürKinder und Familien.«

Am 1. Juni 2007 stellte Bürgermeis-ter Ole von Beust an der Baustelle dasModell des neuen Bades vor. Geplantsind mehrere Becken – mit insgesamt ei-ner Fläche von 1400 Quadratmetern;das entspricht der Schwimmfläche desbisher größten Schwimmbades in Ham-burg, der Alsterschwimmhalle. Ende

2008 soll der Bau fertig sein. »Andersals in der ‚Schwimmoper’ in Hohenfel-de soll im ›Festland‹ jedoch nicht derSport im Vordergrund stehen, sondernFamilien mit Kindern« (HamburgerAbendblatt).

Auf rund 900 Quadratmetern soll esdort drei flache Becken mit sehr war-mem Wasser zum Spielen geben. Dar-unter werden ein kleines Becken fürsBabyschwimmen, ein Kleinkindbeckenund die eigentliche Spiellandschaft fürKinder bis zwölf Jahre gebaut. Außer-dem sind drei große 25-Meter-Beckengeplant, eines davon befindet sich drau-

ßen. Eine Saunalandschaft – mit Dach-garten – wird auf dem Dach entstehen.Im Untergeschoss baut man eine Tief-garage.

Der Eintrittspreis soll sich an denPreisen des alten Altonaer Bismarck-bads orientieren, das abgerissen wor-den ist.

Weitere Informationen:• www.baederland.de• www.hamburg.de• sportamt.bbs.hamburg.de

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Hamburgs Ruderer eilen mit hoherSchlagzahl von einem Erfolg zumnächsten. Einschließlich der U 23- undU 19-Athleten starteten bei der letztenWM 23 Ruderer aus der Hansestadt –davon schafften es 21 aufs Treppchen.Spätestens jetzt wurde klar: Das Ham-burger Ruderer-Zentrum in Allermö-he war längst zu klein geworden.

Bis zu 100 Sportler trainieren dortam Wochenende. Teure Boote musstenTag und Nacht draußen liegen bleiben –das Bootshaus, es wird auch von Kanu-ten genutzt, musste endlich erweitertwerden. Sicher war das nicht der einzi-

ge Engpass. Aber es war einer von wich-tigen Missständen »auf der Anlage ausden 80er Jahren, die nun beseitigt wer-den sollen« (Hamburger Abendblatt vom2. Mai 2007). Und das Abendblattschrieb weiter: »2,14 Millionen Euro in-vestieren Stadt und Bund in das Trai-ningszentrum – die Erfolge machen denWeg frei.«

Den Grundstein für das Bauvorhabenhat die Sportsenatorin am 2. Mai 2007gelegt. Es wird eine neue, größere Boots-halle geben. »Statt bislang einen Achterund einen Zweier in der Länge passtkünftig ein weiteres Boot der Königs-

klasse hinein« (Hamburger Abendblatt).Außerdem sollen drei neue Raumein-heiten hinzukommen – ein Trainerzim-mer, größere Indoor-Trainingsflächenund kleinere Büros. In den Büroräumenwerden unter Federführung von Prof.Klaus Mattes von der Universität Ham-burg die Ruderleistungen und -techni-ken analysiert.

Dieser Ruderer-Standort Hamburghat – gemeinsam mit dem von Ratze-burg – den Status eines Bundesstütz-punktes.

Weitere Informationen:• www.osphh-sh.de• www.bbs.hamburg.de

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BBS-Info

Die Stadt investiert 16 Millionen Euro

Vor allem für Kinder und Familien:Altonas neues Bad wird bunt und rund

Mehr Platz für die Talente

Rudern: Leistungszentrumin Allermöhe wird erweitert

Im Ruderzentrum wird gebaut

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BBS-Info

Rund 1000 Schülerinnen und Schüleraller Schulformen folgten der Einla-dung des Sportamtes der Behörde fürBildung und Sport (BBS), am diesjäh-rigen Schwimmfest der HamburgerSchulen im Kaifu-Bad teilzunehmen.

Bei strahlendem Sonnenschein, am12. Juni, pfiff die Senatorin für Bildungund Sport, Alexandra Dinges-Dierig, amfrühen Morgen pünktlich die erste Pen-delstaffel der Grundschulen an.

Die Grundschulkinder verausgabtensich in der Schwimm-, Mattentran-sport- und Dribbelballstaffel – die Schü-lerinnen und Schüler der 6. Klassen ga-ben ihr Bestes beim Kampf um die Torebeim Wasserballturnier.

Bei den Staffeln zeigten die Grund-schulkinder voller Begeisterung ihr beiden Bäderland-Schwimmlehrern er-

worbenes Können: Sie »kraulten undschwammen Brust, was die Puste her-gab und wurden von ihren Klassenka-meraden angefeuert, bis die Kehlenheiser waren« (Sportamt der Behördefür Bildung und Sport). Spannend wares auch beim Wasserballturnier.

Während der Organisationspausengab es viele Möglichkeiten der aktivenBeschäftigung: Der »Spieltiger« hatteeine Hüpfburg und eine Rollenrutschefür Geschicklichkeits- und Denkspielezur Verfügung gestellt. Wen der Durstplagte, zog es hin zur Wasserbar: »Ham-burg Wasser« verwöhnte die Kinder undJugendlichen mit Mineralwasser unter-schiedlichster Geschmacksrichtungen.

Am Ende der Veranstaltung erhiel-ten alle Schulklassen eine Urkunde fürdie erzielten Leistungen in Staffel und

Wasserballturnier; die Bäderland Ham-burg GmbH spendierte den jeweiligenSiegern einen Besuch in einemSchwimmbad.

Die konstruktive und reibungsloseZusammenarbeit zwischen der Bäder-land GmbH, dem Verein Aktive Freizeite.V. (VAF) und dem Sportamt warGrundlage für die insgesamt sehr ge-lungene Auftaktveranstaltung, über dieauch etliche Medien berichtet haben.

Solche Schwimmfeste soll es in Zu-kunft wieder öfter geben.

Weitere Informationen• www.schulsport-hamburg.de• www.baederland.de• www.vafev.de/seiten/kiss.htm

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Allianz: BBS, Bäderland und VAF

Großes Schwimmfest der Hamburger Schulen im Kaifu-Bad

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BBS-Info

Abschlagen, putten, chippen: Golf ist»in« – auch bei etlichen Jugendlichen.So wurde Golf als 16. Sportart im Schul-wettbewerb »Jugend trainiert für Olym-pia« aufgenommen. Und bereits seit1999 läuft die Initiative »Abschlag Schu-le«, an der sich in Hamburg neun Schu-len beteiligen.

Die Vereinigung clubfreier Golfspieler(VcG) und der Deutsche Golf Verband(DGV) haben 1999 das Kooperationspro-jekt »Abschlag Schule« gegründet – mitdem Ziel, Golf in Ergänzung zu den klas-sischen Sportarten in möglichst vielenSchulen zu verankern. Natürlich geht esauch darum, Golf populärer zu machenund eine aktive Nachwuchsarbeit zu be-treiben. Eine Million Euro investiert dieVcG jährlich in ihre Arbeit. Die VcG sorgtoftmals für den Personen-Transport zwi-

schen Schule und Golfplatz, sie finanziertGolfunterricht und stellt Unterrichtsma-terial und Leihschläger zur Verfügung.

In Hamburg leistet die Initiative»Hamburg spielt Golf« wichtige Arbeitim Interesse der Nachwuchsförderung.Fast alle Klubs – oder öffentliche Anla-gen wie die Golf Lounge an den Elbbrü-cken – bieten heute den »Kleinen« in derMetropolregion Hamburg Schnupper-kurse an. Der GC Treudelberg bei-spielsweise ermöglicht es in jedem Win-ter rund 40 Schülern – im Alter von 11bis 14 Jahren – sehr preisgünstige Golf-kurse zu absolvieren. Manche Veran-staltung ist sogar gratis zu besuchen.Der Club verschenkt auch Mitglied-schaften. Der Golfclub »Red Golf« zumBeispiel kooperiert seit längerem mitSchulen und der Universität Hamburg.

Folgende Unternehmen und Institutio-nen organisieren die Initiative »Ham-burg spielt Golf«: hamburg.de, Ham-burger Abendblatt, Hamburg TourismusGmbH, hamburg-web.de und die Deut-sche Bank Players’ Championship.

Am 12. Juni 2007 wurden die Landes-Wettkämpfe »Jugend trainiert für Olym-pia« – Bereich Golf – am Treudelberg aus-getragen. 1. Sieger wurde das Gymna-sium Oberalster – vor dem GymnasiumAlbert-Schweitzer und dem GymnasiumHochrad.

Weitere Informationen• www.hamburg-spielt-golf.de• www.schulsport-hamburg.de• www.jugendtrainiertfuerolympia.de

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Jugend trainiert für Olympia / »Abschlag Schule«

»Hamburg spielt Golf« – auch an Schulen

Schulen wollen durch die Verknüpfungihrer pädagogischen Intentionen undMaßnahmen zur Außendarstellung ihrSchulleben verändern. Die Lernkultursoll sich verbessern und das Zu-sammengehörigkeitsgefühl soll wach-sen. Manche Schulen führen dazu Pro-jekte und Veranstaltungen durch oderlegen ihr Hauptaugenmerk auf die Ge-staltung anregender Lernumgebun-gen. Andere achten auf angemesseneSchulkleidung, entwerfen ein Logo undnutzen es auf Kleidung, Briefpapierund Website. So wird das pädagogischeKonzept der Schule gelebt und sicht-bar – eine Corporate Identity entsteht.

Das Ziel des Wettbewerbs »Schule sindwir« – organisiert von der Behörde fürBildung und Sport (BBS) mit Unterstüt-zung der Agentur manusinmano – war,die vielen Ansätze, die in Hamburg dazubereits vorhanden sind, zusammenfüh-

ren und das Engagement der Schulenhervorheben.

Zehn Schulen reichten ihre Konzepteein. Plakate, Broschüren, Flyer und CDsgehörten ebenso dazu wie Websites undEntwürfe einheitlicher Schulkleidung.

Am 12. Juni trafen sich Abordnungender am Wettbewerb teilnehmenden Schu-len zur Preisverleihung in der Aula des LI.Nach einem musikalischen Auftakt unddem Grußwort von LI-Direktor Peter Da-schner würdigte die Senatorin für Bildungund Sport, Frau Dinges-Dierig, die Impul-se, die durch den Wettbewerb gesetzt wur-den, und das große Engagement, mit demviele Schulen ihren Diskussionsprozess be-gonnen haben. Anschließend hob der Or-ganisator des Wettbewerbs Thomas Al-brecht (BBS) die vielfältigen kreativen An-sätze der teilnehmenden Schulen hervor,machte aber auch deutlich, dass die CI-Entwicklung ein langer Weg ist.

Die Senatorin für Bildung und Sport,Alexandra Dinges-Dierig, übergab diePreise an die jeweiligen Vertreter derGrund-, H/R-Schulen, Gesamtschulenund Gymnasien.

Für die Gruppe der Grundschulen gingder 1. Platz an die Grundschule Gens-lerstraße – Ballerstaedtweg.

In der Gruppe H/R Schulen und Ge-samtschulen teilen sich die Ganztags-schule St. Pauli und die Schule Othmar-scher Kirchenweg den Sieg.

Der 1. Platz in der Gruppe der Gym-nasien ging an das Gymnasium Bram-feld.

Als Sonderpreis für vier Lehrkräfteaus jeder teilnehmenden Schule hat die»Stiftung Kinderjahre« eine gemeinsa-me Landpartie zum Kinderbauernhofnach Helle ausgegeben.

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Wettbewerb "Schule sind Wir"

Preisverleihung des ersten Wettbewerbszur Entwicklung einer Corporate Identity

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BBS-Info

In diesem Jahr hat Hagenbecks Tier-park auch bundesweit Schlagzeilen ge-macht – er feierte sein 100-jähriges Ju-biläum. Was manche Bürger selbst inHamburg nicht wissen: Auf dem Arealvon »Hagenbeck« arbeitet auch eine be-sondere Schule – die Zooschule.

Sie ist eine eigenständige Einrichtungdes Landesinstituts für Lehrerbildung undSchulentwicklung (LI) und arbeitet sehreng mit dem Tierpark zusammen.

»Wie schlafen Giraffen oder wie rau isteine Löwenzunge …?« Diese und andereFragen beantworten die Zoopädagogendes LI – eine Institution der Behörde fürBildung und Sport (BBS) – während ihrerFührungen durch den Zoo. Das ist Biolo-gie-Unterricht zum »Be-Greifen« – im be-sten Sinne des Wortes: Schülerinnen undSchüler dürfen auch mal einen Tiger-

schädel, eine Ara-Feder, ein Straußeneioder einen Elefantenrüssel anfassen. Und:Was die kleineren Besucher interessiert,finden oft auch die Großen spannend …Spannender als hier kann Schule kaumsein.

Die Zooschule im Tierpark Hagenbeckist nach Meinung von Experten eine dergrößten und modernsten in Deutsch-land. In Zusammenarbeit mit der Bil-dungsbehörde und dem Tierpark Ha-genbeck bietet sie Kindern, Jugend-lichen und Lehrern ein umfangreichespädagogisches Programm, das seines-gleichen sucht. Bei Erkundungsgängendurch den Tierpark lernen die Kinderspielerisch – und real – Tiere und Pflan-zen kennen, Lehrer können – im wahr-sten Sinne live – »Unterrichtsmateria-len« nutzen. Die Zooschule im Tierpark

Hagenbeck ist eine der größten undmodernsten in Deutschland.

Die Zooschule des LI bietet zum Bei-spiel an:• Organisierte Führungen für Schulklas-

sen, Projektgruppen, Kurse sowie fürErwachsene. Es sind auch ganz spe-zielle Veranstaltungen möglich – zumBeispiel für blinde Kinder und Jugend-liche. Fast jede Gruppe ist willkommen;so hat schon mancher Betriebsausflughier – in einem geräumigen Pavillon-Zelt, das zur Zooschule gehört – seinenkrönenden Abschluss gefunden.

• Die Möglichkeit, den (Kinder-) Ge-burtstag mal ganz anders zu feiern: Er-fahrene Zoopädagogen führen einenRundgang beispielsweise ins Land derLöwen und Tiger. Das »offizielle« Füh-rungs-Programm dauert rund 90 Mi-

100 Jahre Hagenbecks Tierpark

Zooschule des Landesinstituts:Bundesweit einzigartig

Eingangsbereich zu Hagenbeck

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BBS-Info

nuten und ist für Kinder ab sechs Jah-ren geeignet.

• Das Mieten eines Grillplatzes im Tier-park – direkt neben dem Tiger-Gehege;das ist ein neues Angebot für alle Die-jenigen, die eine Führung in der Zoo-schule gebucht haben und es rustikalmögen: Ein Grillplatz kann gemietetwerden, direkt neben dem Tiger-Gehe-ge – eine Feuerstelle, Bänke und ein gro-ßes Zelt stehen zur Verfügung. Die Ta-gesmiete beträgt 10,– Euro. Die Bu-chung erfolgt über die Zooschule.

Hagenbecks Tierpark wird insgesamtvon der Hansestadt Hamburg – vor al-lem finanziell – gefördert. Die Zoo-

schule der BBS erhöht darüber hinausdas Interesse der (jungen) Bürger, demgrößten Tierpark im Norden einen Be-such abzustatten, sie sorgt also auchfür Besuchernachwuchs. Die Zooschul-Kooperation sieht so aus: Der Tierparkstellt den Pavillon und ermöglicht dieNutzung des Hagenbeck-Areals, das LIfinanziert die Unterhaltung des Pavil-lons und die benötigten Sachmittel, dieBBS bezahlt die Zoopädagogen.

Der Schulpavillon steht gleich hinterdem Haupteingang des Tierparks.Jährlich besuchen rund 11.000 Schü-ler diese attraktive pädagogische Ein-richtung. Denn für die Besucher ist die

Zooschule Ausgangspunkt für einenspannenden, lehrreichen und lustigen– sowie in aller Regel unvergesslichen– Tag.

Weiterführende Infos:Landesinstitut für Lehrerbildung undSchulentwicklung, Zooschule, Lokstedter Grenzstraße 2;Tel.: 0 40/5 40 53 23Fax: 0 40/54 27 88E-Mail: [email protected]: www.hagenbeck-tierpark.dewww.li-hamburg.de

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Eingang zur Zooschule

Die neue Elefantenfamilie – gegenüber der Zooschule

Werbeseite

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BBS-Info

Die größte Spende, die eine einzelneHamburger Schule je erhalten hat,kommt von ehemaligen Schülern desaltsprachlichen TraditionsgymnasiumsJohanneum: Die Mäzene stifteten zweiMillionen Euro, um ein zusätzliches,neues Gebäude – das Forum Johanneum– und eine Leichtathletikanlage teil zufinanzieren. Weitere 3,7 Millionen Euroinvestierte die Behörde für Bildung undSport (BBS). Die BBS-Senatorin Ale-xandra Dinges-Dierig hielt am 24. Mai2007 die feierliche Eröffnungsrede – aufden Tag genau 478 Jahre nach Grün-dung der »Gelehrtenschule«.

2200 Quadratmeter umfasst das neueGebäude. Es ist, wie der denkmalge-schützte »Schumacher-Bau« von 1914,ein Klinkerbau – allerdings nicht aus ro-tem, sondern aus gräulichem Klinker.»Wir haben uns für einen zweifach ge-brannten dänischen Kohlebrand ent-schieden, um die Hamburger Traditiondes Klinkers fortzuführen«, sagten dieArchitekten Andreas Heller und SonaKazemik.

Schulleiter Dr. Uwe Reimer bedanktesich herzlich bei den beiden großzügi-gen Mäzenen und bei Senatorin Dinges-Dierig. Reimer erklärte während seinerRede auch: Schulen mit weniger wohl-habenden Eltern seien mehr als das Jo-

hanneum auf staatliche Gelder ange-wiesen.

Bauherr bei dem Projekt war nicht dieBBS, sondern eine eigens gegründete Ge-sellschaft. Innerhalb nur eines Jahres wur-de der Bau – ergänzt durch eine großzü-gige Leichtathletikanlage – fertig gestellt.

Im neu gebauten dreigeschossigenTrakt – mit großzügiger Terrasse – gibtes jetzt für die rund 600 Schülerinnenund Schüler des Johanneums eine Ca-feteria, die wichtig ist für die Ganztags-

konzeption der traditionsreichsten undältesten Schule der Hansestadt. Außer-dem können Lehrer und Schüler nunmoderne Räumlichkeiten für Musik,Kunst und Theater nutzen.

Weitere Informationen: • www.johanneum.de• www.johanneum-elternrat.de• www.bbs.hamburg.de

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Auf den Tag genau: 478 Jahre nach Gründung der Schule

Johanneum: Neuer dreigeschossigerErweiterungsbau und Leichtathletikanlage

Altbau

Neubau

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Was macht eine gute Schule aus? Dasbundesweit vertrieben Magazin UNI-CUM ABI hat nachgeforscht. Zum fünf-ten Mal hat das Schülermagazin Schu-len im Rahmen des Wettbewerbs»Schule des Jahres« ausgezeichnet.

Insgesamt beteiligten sich 1.368Schüler aus 111 zum Abitur führendenSchulen aus ganz Deutschland an demWettbewerb und gaben ihre Stimme imInternet ab. Die Preisverleihung fandAnfang Mai in Berlin statt.

Mit der Auszeichnung der Sieger desWettbewerbs »Schule des Jahres«zeichnet UNICUM ABI Schulen aus, de-ren Lehrer oder Projektgruppen sich –über den Unterricht hinaus – dafür ein-setzen, Schüler ihrer Schulen in ihrerEntwicklung zu fördern und sie auf ih-rem Weg ins Berufsleben zu unterstüt-zen.

Neu am diesjährigen Wettbewerb»Schule des Jahres«: Anders als in denletzen Jahren konnten die Teilnehmerihre Schule erstmalig direkt in einerder sechs Wettbewerbskategorien no-minieren. Eine Jury kürte entspre-chend sechs Schulen als die jeweiligenSieger-Schulen. In Hamburg siegte das

Emil-Krause-Gymnasium: im Bereichder Arbeit zur Berufsorientierung.

In den andere Kategorie-Bereichen siegten:• Berufsorientierung: Emil-Krause-

Gymnasium (Hamburg)• Medienerziehung: Städtische Ge-

samtschule (Solingen) • Kultur: Evangelische Schule (Neurup-

pin)• Individuelle Förderung: Wilhelm-Ost-

wald-Gymnasium (Leipzig)

• Integration: Werner-von-Siemens-Gymnasium (Bad Harzburg)

• Sport- und Gesundheitsförderung: In-tegrierte Gesamtschule Köln Holwei-de (Köln)

Weitere Informationen:• www.unicum.de/evo/6213_1• www.emi l -krause-gymnasium.

hamburg.de/index.php/

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Bundesweiter Wettbewerb

Berufsorientierung: Emil-Krause-Gymnasiumgewinnt Wettbewerbs-Preis

Am 2. Juni 2007 startete der 6. HSHNordbank Run durch die HafenCity.An diesem Spendenlauf – zugunstender Aktion »Kinder helfen Kindern«des Hamburger Abendblatts – nah-men 744 Mannschaften und 20813Teilnehmer teil. Das waren 8400mehr als im vergangenen Jahr.

Das Event wurde auch in diesemJahr zum Volksfest. Die Teilnehmererliefen 104 315 Euro – das war dop-pelt soviel wie im Vorjahr. Mit diesen

Geldern werden junge Sportler aussozial schwachen Familien unter-stützt. Auf diese Weise wird es die-sen Jugendlichen ermöglicht, aktiv ineinem Verein Sport zu treiben. Dennmit diesen Finanzmitteln wird dieentsprechende Aktion »… und los!«der Hamburger Sportjugend unter-stützt.

An diesem Lauf haben auch etlicheHamburger Schulen teilgenommenund ebenfalls eine Mannschaft der Be-

hörde für Bildung Sport (BBS). DasBBS-Team lief unter der Führung vonStaatsrat Andreas Ernst.

Weitere Informationen:• www.hsh-nordbank.de• www.hamburger-sportbund.de• www.hamburger-sportjugend.de• www.abendblatt.de• www.sportamt.bbs.hamburg.de

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Rekordlauf: HSH Nordbank Run durch die HafenCity

Spendenlauf: 104 315 Euro zur Unterstützung junger Sportler in Vereinen

Klassischer Bau: Emil-Krause-Gymnasium

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Vom Spätsommer 2007 an entsteht inder HafenCity ein Schulneubau, derGrundschule, Krippenbetreuung, Kin-dergarten und Hort unter einem Dachvereint. Das Konzept ist, so Bildungsse-natorin Alexandra Dinges-Dierig, weg-weisend.

Die Senatorin erklärte bei der Vorstel-lung der Pläne, dies sei die erste Schule,die ein modernes Bildungshaus der Zu-kunft darstellen werde: Wenn Kinder vomKrippen- bis zum Schulalter an einem ge-meinsamen Standort betreut würden, tra-ge dies zur besseren Vereinbarkeit vonFamilie und Beruf bei.

Die Behörde für Bildung und Sport(BBS) geht neue Wege auch bei der Fi-nanzierung des Schulbaus. Ein privaterInvestor errichtet das 17,4 Millionen Euroteure Gebäude auf städtischem Grund.Der Investor übernimmt für 25 Jahre aufeigenes Risiko die Bewirtschaftung.Außerdem: Der sandsteinfarbene Bau –er entsteht zwischen Sandtorpark undDalmannkai – soll auf 3100 Quadratme-tern auch 30 Wohnungen integrieren.

Die Schule soll nach jetzigen Planun-gen Ende 2008 fertig sein. Dann könnendie ersten Kinder in der HafenCity unter-richtet werden. »Das Projekt erhöht dieAttraktivität des Standorts für Familienmit Kindern«, erklärte Senatorin Dinges-Dierig. Von diesem Projekt erhofft sichder Geschäftsführer der HafenCity-GmbH, Jürgen Bruns-Berentelg, einen»Schlüsseleffekt für die Entwicklung derHafenCity«.

Nach der Fertigstellung ist geplant, dassdie rund 700 Meter entfernte Schule beider Katharinenkirche mit zunächst 200Kindern in den Neubau einzieht. »Insge-samt wird das fünfgeschossige Gebäudeauf 9000 Quadratmetern Platz für 375Schüler sowie 100 Kinder im Kindergar-ten bieten, der vom Diakonischen Werk be-trieben wird. Schule und Kindergarten wol-len intensiv zusammenarbeiten« (Die Welt).

Die Klassenräume sollen zum Park hinausgerichtet sein. Der Kindergarten wirdvoraussichtlich im Erdgeschoss unterge-bracht werde. »Eine Turnhalle wird inden oberen Geschossen des Gebäudes in-

tegriert, das um einen Lichthof herum an-gelegt ist« (Die Welt). Mittelpunkt desBaus wird eine zweigeschossige Mehr-zweckhalle und eine Mensa. In dieser Ca-feteria können alle Kinder ein Mittages-sen bekommen. Die dreizügige Grund-schule wird Ganztagsunterricht anbieten.Besondere Serviceleistungen – wie einBring- und Holdienst oder ein Kinderho-tel – sollen das Bildungshaus zusätzlichattraktiv machen. Ein besonderer Pau-senhof wird auf dem Dach der Schule ent-stehen. Er soll mit Grünpflanzen umrahmtwerden und über ein Schutzdach verfü-gen, das eine Nutzung auch bei Regen er-laubt. In den Dachbeeten soll sogar »wil-der Wein gepflanzt werden« (Die Welt).Ein zweiter Pausenhof wird zu ebenerErde entstehen.

Weitere Informationen:• www.hafencity.com• www.bbs.hamburg.de• www.hamburg.de

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Bildungshaus: Attraktiv auch für Familien

Unter einem Dach: Schule, Kita und Krippe

Am 9. Juni traten 16 Hamburger Schü-ler eine lange Reise an. Ziel: das VierteGymnasium in Ilidza, einem Stadtteilvon Sarajevo, Hauptstadt von Bosnienund Herzegowina. Die Schüler engagie-ren sich für die Themen Müllvermei-dung und Energiesparen.

»Bereits im vergangenen Sommer be-malten Schüler der Gesamtschule Stel-

lingen, des Gymnasiums Corveystraßeund der Ida-Ehre-Gesamtschule eineStraßenbahn in Sarajevo« (HamburgerAbendblatt). Es geht um einen Aufruf zumökologischen Handeln im Rahmen einesAustauschprogramms. Seit vier Jahrenbesuchen sich die 9- bis 12-Klässler ausHamburg und Sarajevo regelmäßiggegenseitig.

In diesem Jahr wollten die Hambur-ger möglichst viele bedruckte Stoffbeu-tel mit nach Sarajevo nehmen, um die-se dort zu verteilen. »›Es ist nicht zuspät! It is not too late! Nije prekasno!‹steht da zum Beispiel dreisprachig überdem durchgestrichenen Männchen, wel-ches eine Erdkugel in einen Mülleimer

wirft« (Hamburger Abendblatt). Mehr als5000 solcher Beutel wurden bereits vonder Partnerfirma der Gesamtschule Stel-lingen – das ist »Budnikowsky«- gestif-tet. Ziel ist es, 10 000 Tragetaschen jezur Hälfte in Sarajevo und Hamburg zuverteilen.

Die Projektteilnehmer suchen übrigensweitere Sponsoren.

Weitere Informationen:• www.hh.schule.de/GyCor• www.gesamtschule-stellingen.de• www.hamburg-intern.de/webkatalog/

Bildung-Schulen-Gesamtschulen.shtml

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Kooperation von drei Schulen

Stellinger Schüler kämpfen in Sarajevogegen Müllberge

Gesamtschule Ida-Ehre

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Maximilian Berenbrok und Marie Flech-senberger sind die Sieger des Landes-wettbewerbs »Jugend debattiert« 2007in Hamburg. Bei einem spannenden rhe-torischen Schlagabtausch im Kaisersaaldes Rathauses überzeugten die jugend-lichen Rednerinnen und Redner ihreinteressierten Zuhörer mit treffendenArgumenten. Der 14jährige MaximilianBerenbrok ist Schüler des GymnasiumsOberalster, die 18jährige Marie Flech-senberger besucht das GymnasiumBuckhorn.

In mehreren Bereichen hatten sich diebeiden Landessieger gegen ihre Mit-streiter durchgesetzt.

Im laufenden Schuljahr beteiligten sichrund 1.800 Schüler ab der Klasse 8 amLandeswettbewerb Jugend debattiert inHamburg. Der Wettbewerb wurde in die-sem Jahr zum fünften Mal durchgeführtund ist ein Projekt der GemeinnützigenHertie-Stiftung und der Hamburger Be-

hörde für Bildung und Sport in Zu-sammenarbeit mit dem NorddeutschenRundfunk – NDR 90,3, NDR HamburgJournal.

Rund 200 Gäste verfolgten im Kaiser-saal des Rathauses faire und spannendeStreitgespräche der acht jugendlichenRednerinnen und Redner, die zum fünf-ten Landesfinale von »Jugend debattiert«angetreten waren.

»Soll in Hamburger Gaststätten einRauchverbot ohne Ausnahmeregelungeneingeführt werden?«, lautete das Thema,über das die vier Finalisten der Klassen 8bis 10 engagiert debattierten. MaximilianBerenbrok setzte sich in der Endrundegegenüber Jennifer Gaedt vom Gymna-sium Buckhorn (2. Platz), Ajoki Kalo vonder Gelehrtenschule des Johanneums (3.Platz) und Dominik Peters vom Gymna-sium Marienthal (4. Platz) durch.

In der Jahrgangsstufe 11 bis 13 über-zeugte Marie Flechsenberger vor Florian

Kamp von der Gelehrtenschule des Jo-hanneums (2. Platz), Philipp Mayer (3.Platz) und Carina Weber (4. Platz), beidevom Gymnasium Marienthal. »Soll imHamburger Schulwesen das Zwei-Säu-len-Modell eingeführt werden?«, war dasThema, zu dem die Oberstufenschüler ihrPro und Contra gekonnt und engagierteinbrachten.

Barbara Duden, Vizepräsidentin derHamburgischen Bürgerschaft, Dr. Mi-chael Voges, Staatsrat in der Behördefür Bildung und Sport, Claudia Spiewak,Programmchefin NDR-LandesfunkhausHamburg und Dr. Christof Eichert, Ge-schäftsführer der Gemeinnützigen Her-tie-Stiftung, würdigte die Sieger desWettbewerbs.

Weitere Informationen: • www.jugend-debattiert.ghst.de• www.bbs.hamburg.de

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Event im Rathaus: »Jugend debattiert«

Zwei Gymnasien siegen

Etliche Unternehmen haben erkannt,dass die Kompetenzen junger Bewer-ber nicht immer mit herkömmlichenEinstellungsverfahren gemessen wer-den können. Das meint der Erste Bür-germeister der Hansestadt, Ole vonBeust. Er stellte die Ergebnisse einesneuen Paktes von Unternehmern,Kammern, Verbänden, der Arbeits-agentur und des Senats vor.

Das neue Aktionsbündnis zur Inte-gration junger Migranten in Ausbildungund Arbeit hat die vor einem Jahr selbstgesteckten Ziele bei Weitem übertrof-fen. 2006 hatte Bürgermeister Ole vonBeust im Gästehaus des Senats an derAußenalster ein Bündnis aus Unterneh-mern, Kammern, Verbänden, Gewerk-schaften und der Arbeitsagentur ge-schmiedet: Der »Aktionsplan zur Inte-gration junger Migrantinnen und Mi-granten in Arbeit und Ausbildung« wur-

de von 20 Unterzeichnern beschlossen.Am Senatsprogramm sind unter ande-rem die Handels- und die Handwerks-kammer, der DGB, die Norddeutsche Af-finerie, die Hamburger Sparkasse unddas Unternehmen Budnikowsy beteiligt.

Ziel des Aktionsprogramms: innerhalbvon zwei Jahren 1000 neue Ausbil-dungsplätze für junge Menschen mitausländischem Hintergrund zu schaffen.Von Beust zog im Mai 2007 am selbenOrt eine Zwischenbilanz: »Dieses Zielhaben wir bereits nach einem Jahr er-reicht«. Der Bürgermeister kündigte an:»In einem großen Kraftakt wollen wirim kommenden Jahr noch einmal 1000junge Migranten zusätzlich in Arbeit undAusbildung vermitteln.«

Im vergangenen Jahr gelang es, zu-sätzlich 550 Ausbildungs- und Arbeits-plätze in den Unternehmen mit jungenMigranten zu besetzen. »460 junge Mi-

granten haben zusätzlich in gefördertenProgrammen des Senats, der Agenturfür Arbeit und von team.arbeit.hamburgeinen Ausbildungsplatz gefunden« (DieWelt).

Ein Grund für die verzeichneten Er-folge sei sicher auch der allgemeineRückgang der Jugendarbeitslosigkeit,räumte der Senatschef ein. Die Jugend-arbeitslosigkeit hat sich nämlich denjüngsten Arbeitsmarktreports zufolgeweiter reduziert. »Im Vergleich zum Vor-jahr sank die Quote der erwerbslosenJugendlichen unter 20 Jahren in derHansestadt von 9,4 auf 6,7 Prozent« (DieWelt).

Weitere Informationen:• www.hk24.de• www.hwk-hamburg.de• www.haus-der-wirtschaft.de

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Aktionsbündnis: Unternehmen, Verbände, Arbeitsagentur und Senat

Mehr Migranten in der Ausbildung

WERBUNG

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In die 13. Runde kommt sie in diesemJahr bereits – die Aktion »Schüler ma-chen Zeitung«. Das Gemeinschafts-projekt vom Hamburger Abendblatt,der HypoVereinsbank, der Behörde fürBildung und Sport (BBS) und dem me-dienpädagogischen Institut Promediaermöglicht es Hamburger Klassen, sichsechs Wochen lang mit dem Thema Zei-tung zu befassen.

Dazu gehört zum Beispiel ein Redak-tions- oder Druckereibesuch und dasRecherchieren und Verfassen von Arti-keln, die im Abendblatt abgedrucktwerden. Zudem richtet die Zeitung je-der Klasse einen eigenen Weblog ein.»So können Schüler und Leser sich auchim Internet über ihre Artikel austau-schen« (Hamburger Abendblatt). DasProjekt – ähnliche Aktionen laufen mit-lerweise in vielen anderen ZeitungenDeutschlands – läuft längst sehr er-folgreich. Nach einer Umfrage durchPromedia gaben alle teilnehmendenLehrer der Aktion von 2006 an, dass sie

das Projekt noch einmal mit einer an-deren Klasse machen würden.

Die Aktion »Schüler machen Zeitung«geht im neuen Schuljahr 2007 / 08 in die13. Runde. Das Gemeinschaftsprojektvon Abendblatt, HypoVereinsbank,Schulbehörde und dem medienpädago-gischen Institut Promedia ermöglichtHamburger Klassen, sich sechs Wochenlang mit dem Thema Zeitung zu befas-sen. Dazu gehört zum Beispiel ein Red-aktions- oder Druckereibesuch, das Re-cherchieren und Verfassen von Artikeln,die im Abendblatt abgedruckt werden.Zudem richtet die Zeitung jeder Klasseeinen eigenen Weblog ein. »So könnenSchüler und Leser sich auch im Internetüber ihre Artikel austauschen« (Ham-burger Abendblatt).

Ähnliche erfolgreiche Aktionen lau-fen inzwischen auch bei vielen ande-ren Tageszeitungen in Deutschland.

Weitere Informationen:• www.abendblatt.de• www.focus-magazin-verlag.de

• www.bbs.hamburg.de• www.hamburg.de

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Erfolgreich in die 13. Runde

Abendblatt, HypoVereinsbank und BBS:»Schüler machen Zeitung«

Warum Schülerbegegnungen fürHamburger Schülerinnen und Schü-ler in Prag und umgekehrt? Ein Grundfür eine Reise dorthin war für diedeutschen Schüler vor allem die Idee,herausfinden zu wollen, wie Schülerin Tschechien – unlängst noch ein so-zialistisches Land, jetzt Mitglied derEU – über das Thema »Demokratie inder Schule« denken.

Ein weiterer Grund: die schon zurTradition gewordenen Schülerbegeg-nungen zwischen Hamburg und Pragweiter zu entwickeln. Denn schon zumdritten Mal organisierte und koordi-nierte das SchulInformationsZentrum

(SIZ) der Behörde für Bildung und Sport(BBS), punktuell auch in Kooperationmit dem Goethe-Institut-Prag, diese eu-ropäische Begegnung.

Bei den beiden ersten Malen im Okt-ober 2005 und im Februar 2006 trafensich jeweils 25 Prager und HamburgerSchülerinnen und Schüler der Gymna-sialen Oberstufen. Im Oktober 2006waren, unterstützt von der Alfred-Toepfer-Stiftung, dem BLK-Prokjekt»Demokratie lernen und leben« undder Commerzbank in Prag, über 30Hamburger und Prager Schülerinnenschulformübergreifend aus den Klas-sen acht bis zehn. Eines verbindet die-

se Schulen: Ihre Schülervertretungenengagieren sich – über das »normale«Maß hinaus.

Die Schüler aus Deutschland waremzum Beispiel erstaunt darüber, dass in denPrager Schulen – mehr als in Hamburg –eine ausgeprägte Disziplin herrscht.

Weitere Informationen:• SchulInformationsZentrum, Barbara

Beutner, Hamburger Straße 35,22083 Hamburg, Tel. (040) 428 63 –28 97

• www.yfu.de

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Im neuen Europa

Hamburg / Prag: Schulformübergreifende Schü-lerbegegnungen – organisiert vom SIZ der BBS

Das Abendblatt-Center

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BBS-Info

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Alaska – Erdöl und UmweltIn den Naturschutzgebieten im NordenAlaskas liegen die größten Erdöl- undErdgasvorkommen der USA. Der Filmbefasst sich mit der stark umstrittenenFrage, ob hier zukünftig nach Öl ge-bohrt werden soll. Ureinwohner, Um-weltschützer und Vertreter der Indus-trie stellen ihre Standpunkte vor. In ei-nem Exkurs wird die Öltankerkatas-trophe der »Exxon Valdez« (1989) be-handelt.

21 min, ab Klasse 7, Video: 42 10547, DVD: 4610547

Erdöl aus dem IranAm Beispiel der Insel Kharg, dem Za-gros-Gebirge und der Hafenstadt Abadanvermittelt der Film grundlegende Kennt-nisse zum Thema Erdöl: Entstehung,Förderung, Transport, Verarbeitung. Einweiterer Aspekt ist der wirtschaftlicheAufschwung des Landes – die politischeBedeutung des Erdöls aus dieser Regionwird hingegen nicht erörtert.

18 min, ab Klasse 7, Video: 42 10549, DVD: 4610549

Tankerunglück vor der BretagneAm 11. Dezember 1999 verunglückte derTanker »Erika« vor der bretonischenKüste. Der Film verdeutlicht die ökolo-gischen Auswirkungen der Katastrophefür Mensch und Umwelt.

16 min, ab Klasse 6, Video: 42 10546, DVD: 4610546

Serie: Felix und die wilden

Tiere

Die Abenteuer einer KröteFelix beobachtet »Willi«, eine selteneWechselkröte, die nach einer gefähr-lichen Wanderung in einer Kiesgrube an-kommt und sich ein Weibchen sucht. DieEntwicklungsschritte vom Ei über dieKaulquappe bis zur jungen Kröte wer-den verdeutlicht.

25 min, ab Klasse 3, DVD: 46 32477

Warum machen Giraffen Spagat?Der Tierfilmer informiert über die Bio-logie der Giraffe. Er ist besonders faszi-niert über das komplizierte Trinken derlangbeinigen Riesen am Wasserloch.

25 min, ab Klasse 4, DVD: 46 32474

Wenn die Seepferdchen tanzenBesonders ästhetische Unterwasserauf-nahmen geben einen Einblick in das Le-ben der zierlichen und gut getarntenSeepferdchen. Zum Erstaunen von Fe-lix ist die Geburt der Jungen »Männer-sache«.

25 min, ab Klasse 3, DVD: 46 32575

Spielfilmtipps:

EdelweißpiratenKöln-Ehrenfeld im Jahre 1944: Karl undseine Clique sind unangepasste jungeLeute aus der Arbeiterschicht, die sichinmitten der Trümmerlandschaft Ran-geleien mit der HJ-Jugend liefern. Mitder Bekanntschaft des KZ-FlüchtlingsHeinz Steinbrück gewinnen ihre Akti-vitäten an Dynamik: es kommt zu be-waffneten Überfallen und Sabotageak-ten. Sie geraten ins Visier der Gestapo,die mit härtester Konsequenz vorgeht.(Regie: Niko von Glasow)

96 min, ab Klasse 9, DVD: 4632536

SchwabenkinderDüster gehaltenes Drama, das am Bei-spiel des 8-jährigen Kaspar aus einemTiroler Bergdorf die jahrhundertelangausgeübte Praxis der Kinderarbeit inder Landwirtschaft anprangert. Kas-par kehrt im Jahre 1908 an das Ster-bebett seines Vaters zurück. Er er-innert sich in Rückblicken an diescheinbar endlose Wanderung über dieverschneiten Alpen und wie er auf demKindermarkt in Ravensburg an einentyrannischen Bauern »verkauft« wird.In völliger Verzweiflung und durchglückliche Umstände gelingt ihm dieFlucht nach Amerika. (Regie: Jo Bai-er)

110 min, ab Klasse 7, DVD: 46 32425

Neu im Medienverleih des LI

Medienverleih im LI, Hartspung 23

Auf Wunsch senden wir Ihnen Medienlisten mitden neu angekauften Medien zu oder auch The-menzusammenstellungen. Bei Interesse schickenSie uns bitte Ihre E-Mailadresse zu.

Bestellungen:

Aus dem Online-Katalog, direkte Buchung mit Pass-

wort oder per Warenkorb:

www.li-hamburg.de/medienverleih

Telefonisch: 4 28 01-28 85/86/87,

per Fax: 4 28 01-28 88,

per E-Mail: [email protected]

Textzusammenstellung und Beratung:Annette Gräwe

Di.–Do.Tel.: 4 28 01-35 86

E-Mail: [email protected]

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BBS-Info

Anlässlich des Mauerbaus vor 45 Jah-ren habe ich mit Schülern einer Höhe-ren Handelsschulklasse der Handels-schule Bergedorf vor den Sommerfe-rien 2006 über diesen einschneiden-den Vorgang in der deutschen Ge-schichte gesprochen. Die Unwissenheitwar sehr groß, aber auch das Interes-se an den Ereignissen. Als ich denSchülern der HHO53 dann noch von derviel beachteten Fotoausstellung er-zählte, die Wolfgang Kluge nach Ber-lin und Stettin zuletzt im FrankfurterPresseclub gezeigt hat, war die Idee ei-nes Projektes geboren.

Wolfgang Kluge fand unsere Projekt-idee sogar »genial« und war sofort be-reit, mit den Schülern und mir ein ge-meinsames Projekt zu starten. Für un-sere gemeinsame Ausstellung hatten wiruns mit Unterstützung seitens der Har-

burger Bezirksverwaltung die Öffentli-che Bücherhalle Harburg ausgesucht,die mit ihren modernen und großzügi-gen Räumlichkeiten und wegen der ho-hen Besucherzahlen der optimale Aus-stellungsort zu sein schien.

Nach den Sommerferien begannen dieSchüler den historischen Ablauf desMauerbaus von 1961 und den Fall derMauer 1989 zu recherchieren. Die ein-zelnen Gruppen gaben ihre Arbeitser-gebnisse jeweils auf einer Seite bzw. zweiSeiten ab, trugen sie in der Klasse vorund lieferten außerdem eingängigeTexte für die Stellwände der Ausstellungin der Öffentlichen Bücherhalle. Insge-samt wurden es sechs große, beschrif-tete und beklebte Pappen, die trotz ih-rer Größe aber noch in der TU Harburglaminiert werden konnten. Vier der Ta-feln bezogen sich auf die Vorbereitung

des Mauerbaus, seinen Ablauf, die Re-aktion des Westens und die Opfer dieses»antifaschistischen Schutzwalles«. Diebeiden anderen Tafeln waren folgendenInhalten vorbehalten: »Die DDR amEnde«, Schabowskis Versprecher am 9.November 1989 und die ersten Tagenach dem Fall der Mauer.

Eine weitere Schülergruppe erarbei-tete für den Tag der Eröffnung eine Po-werpoint-Präsentation und überlegtesich Fragen an Wolfgang Kluge, der kei-ne Rede halten, sondern sich lieber ei-nem Schülerinterview stellen wollte.Außerdem übte ein Schüler seinen Vor-trag über die sehr persönliche Leidens-geschichte aus seiner Familie ein, diemit dem Bau der Mauer begann.

Die Ausstellung ist zu einem großemErfolg geworden.

Günter Bosien

Berlin mit und ohne Mauer

Gemeinsames Ausstellungsprojekt mitdem Berliner Fotografen Wolfgang Kluge

Der Hamburger Bildungsserver feier-te – am 28. Juni im Kaisersaal desRathauses – sein zehnjähriges Beste-hen. »Die Internetplattform gehört mit ins-gesamt 1,7 Millionen Seitenaufrufenund mehr als 270 000 Besuchern mo-natlich zu den erfolgreichsten Bil-dungsangeboten in Deutschland«(Hamburger Abendblatt). Adressatendes Bildungsservers sind in erster Li-nie Schüler und Lehrer: Er bietet zumBeispiel Informationen zu 13 Sprachen,eine Übersicht zu Autoren und Epochender Weltliteratur, Darstellungen zumKlimawandel und Seiten zur Vorberei-tung auf unterschiedliche Abschlus-sprüfungen. Verantwortlicher Redak-

teur ist Eike-Manfred Buba (Behördefür Bildung und Sport).

Heute gibt es jedem Bundesland ei-nen Bildungsserver – dazu eine ent-sprechende Plattform auf Bundesebe-ne.

1996/97 wurden zur Unterstützungder bundesweiten Initiative »Schulenans Netz« auch die ersten Landesbil-dungserver in Deutschland gegründet.Der Hamburger Bildungsserver warvon Anfang an dabei und verschriebsich klar dem Ziel, primär das eigen-ständige Lernen an den Schulen überdas Internet zu fördern. Diese Aus-richtung hat bis heute seine 10jähri-ge Geschichte bestimmt, die er er-folgreich durchlaufen und während

der er sich zu einem der gefragtestenBildungsserver Deutschlands entwi-ckelt hat. 10 Jahre sind ein junges Al-ter im wirklichen Leben, im schnelle-bigen Internet ist damit aber schondie Reife erreicht. Und die lässt sichdem HBS durchaus bescheinigen: DasAngebot deckt nahezu das gesamteThema Unterricht und Schule ab, unddie Nutzung steigt stetig an und gehtweit über die Grenzen Hamburgs hin-aus.

Weitere Informationen:• www.hamburger-bildungsserver.de• www.bildungsserver.de

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Internet-Jubiläum: Zehn Jahre

Hamburger Bildungsserver feiertim Kaisersaal

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Vielen im Hamburger Schulwesen warUrsula Randt als Sprachheilschulleh-rerin an der Sprachheilschule Zitze-witzstraße bekannt, andere verbindenmit ihr vor allem ihre vielfältigen Be-mühungen um die Aufklärung der Ge-schichte des jüdischen Bildungswesensin unserer Stadt. Auch der UniversitätHamburg war Ursula Randt über lan-ge Jahre eng verbunden – als Lehrbe-auftragte, als Mitglied in der For-schungsstelle Hamburger Schulge-schichte, als Co-Autorin zahlreicherPublikationen und Ausstellungen.

Im April 1989 erhielt sie vom Fach-bereich Erziehungswissenschaft die Eh-rendoktorwürde in Anerkenntnis dreierherausragender Tätigkeiten:• der wissenschaftlichen Aufarbeitung

der jüdischen Schulgeschichte – ihreMonographie zur »IsraelitischenTöchterschule« in der Carolinenstra-ße 35 war 1984 erschienen,

• der Sammlung umfangreichen Ar-chivmaterials wie Briefen, Dokumen-ten und Fotos

• und ihrer Vermittlungsarbeit durchVorträge zur jüdischen Bildung undKultur in Hamburg.

Mit der Aufarbeitung der jüdischenSchulgeschichte hatte sie sich einemThema zugewandt, das bis in die acht-ziger Jahre des 20. Jahrhunderts sträf-lich missachtet worden war. Selbst fürdie Talmud-Tora-Schule, die in un-mittelbarer Nähe des universitären Pä-dagogischen Instituts lag und von die-sem nach 1945 sogar als Seminarort ge-nutzt worden war, hatten die Professo-ren der Universität weder in ihren Ver-anstaltungen noch in ihren Veröffentli-chungen Interesse gezeigt. Zeitzeugen,die nach dem Kriegsende dort studierthatten, berichteten, man hätte ihnennicht einmal erzählt, dass diese Schulebis 1942 eine jüdische Erziehungsein-richtung gewesen war.

Durch die Forschungen von UrsulaRandt und die von ihr inspirierten wei-teren Arbeiten ist dieser Zustandgründlich verändert worden. Die ehe-

maligen jüdischen Schuleinrichtungen,die »Israelitische Töchterschule«(1889–1892) und die Talmud-Tora-Schule (1802–1942) die sich von einerReligionsschule zu einer Oberreal-schule entwickelt hatte, sind mit ihrerGeschichte in der Öffentlichkeit be-kannt geworden. Im Gebäude Karoli-nenstraße 35 wurde sogar eine von Ur-sula Randt mitkonzipierte und langeZeit auch mitbetreute Gedenk- und Bil-dungsstätte eingerichtet.

Im Nachhinein muss man vielleichtsogar froh sein, dass das Thema »Jü-disches Schul- und Erziehungswesen«so lange auf seine Erforschung hatwarten müssen, dass es Ursula Randtwar, die sich ihm gewidmet hat. Dennkeiner verstand es wie sie, die Ge-schichte solcher Institutionen dem Le-ser nahezubringen. Dabei hat sie kei-ne soziologisch oder rein strukturge-schichtlich orientierten Studien vor-gelegt, sie hat die Institutionen durchdie Geschichte der mit ihnen verbun-denen Menschen zum Sprechen ge-bracht – sie hat die Geschichte imwahrsten Sinne des Wortes »mit Lebengefüllt«. Dies ging nur, weil UrsulaRandt an diesen an den Schulen täti-gen Menschen wirklich interessiertwar, weil sie sie nicht – wie bei uni-versitären Historikern oft üblich – zuObjekten der Forschung oder gar zuArchivmaterial herabstufte. OhneÜbertreibung darf man sagen: Vieledieser Menschen erhielten durch Ur-sula Randt ihre Stimme zurück.

Diese Kunst der Darstellung und ihrpersönliches gewinnendes Auftretenhaben dazu geführt, dass viele derÜberlebenden des Holocaust ihr Mate-rialien anvertraut haben, die sie überJahrzehnte hinweg sorgsam gehütethatten. Unzählige Briefe und Fotos füll-ten ihre Wohnung, vor Jahren schon hatsie das meiste Material an die wissen-schaftlichen Einrichtungen der Stadtweitergegeben und der zukünftigenForschung damit eine tragfähige Basisfür weitere Untersuchungen geboten.

Allerdings – da bin ich sicher: So wieUrsula Randt diese Dokumente ausge-wertet hätte, wird es keiner nach ihrmehr bewerkstelligen können.

Forschen und Schreiben ist das eine,wirksam werden ist das andere. Vie-les, was an unseren Universitäten ge-schrieben wird, bleibt einem kleinenLeserkreis vorbehalten oder versinktsogar im »Meer des Ungelesenen«.Wie man Forschungsergebnisse in dieÖffentlichkeit trägt, auch davon konn-te die universitäre Zunft von UrsulaRandt nur lernen. Ich hatte das großeGlück, mit ihr zahlreiche Vortrags-veranstaltungen an Hamburger Schu-len und diversen Bildungseinrichtun-gen durchführen zu dürfen und kanndaher eines versichern: Ursula Randtzog nicht nur Erwachsene, sondernauch die Schülerschaft schon mit ih-ren ersten Sätzen fest in ihren Bann.So wie sie schrieb, konnte sie auchsprechen – bildhaft, einfühlsam undandere bewegend, unterstützt durcheine Stimme, der man gerne auch übereine längere Zeitspanne hinweg zu-hören mochte. Durch all dies fand siehohe Anerkennung nicht nur in Ham-burg, sondern nicht zuletzt auch in Is-rael. Wenige Tage vor ihrem Tod ehr-te sie der »Verein für HamburgischeGeschichte« für ihre außerordent-lichen Verdienste in der Erforschungdes jüdischen Bildungswesens mit derLappenberg-Medaille. In dieser Stadtwird man ihren Namen nicht verges-sen.

Reiner Lehberger

Dr. h. c. Ursula Randt: 25. Mai 1929 – 20. Mai 2007

Ein Nachruf

Hamburg macht Schule 2|2007

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BBS-Info

Weniger Gewalt und bessere Leis-tungen: Das ist die Bilanz der Berli-ner Realschule Herbert-Hoover an-derthalb Jahre nach der Einführungeiner generellen Deutschpflicht –auch während der Pausen auf demSchulhof.

In Schulen mit hohem Ausländeran-teil kann es zu Verständigungsproble-men kommen.

370 Kindern besuchen die Herbert-Hoover-Schule im Bezirk Wedding –davon sind nur wenige deutscher Her-kunft. Die meisten Schülerinnen undSchüler sprechen zu Hause Türkisch

oder Arabisch. Der serbischstämmigeSchulsprecher Nezir Asanovic erklär-te: »Das hat früher zu vielen Konflik-ten geführt, weil jede Gruppe auf demSchulhof die eigene Sprache gespro-chen hat und es so zu Missverständ-nissen kam.«

Die Schulleitung beschloss daher,eine generelle Deutschpflicht einzu-führen – auch in den Pausen auf demSchulhof. Diese Idee stieß allerdingszunächst vielerorts auf viel Kritik. An-fang vergangenen Jahres war in die-sem Zusammenhang eine bundeswei-te Debatte über den Umgang mit aus-ländischen Schülern entbrannt. »Da-bei fiel auch der Begriff der ‚Zwangs-germanisierung’« (Focus).

Doch die Regelung blieb bestehen.Auch sehr viele Eltern waren und sindmit der Vorschrift einverstanden. Of-fensichtlich hat die Regelung inzwi-schen zum Erfolg geführt. »Wir sindsehr zufrieden« – so die Leiterin derHerbert-Hoover-Schule, Jutta Stein-kamp. Die Schulleiterin weiter: »DieZahl der Gewalttaten ist deutlich ge-

sunken, und die mündliche Kompetenzfast aller Schüler hat sich sehr ver-bessert.« Und Schulsprecher Asanovicmeint, jetzt seien »unsere Konfliktlot-sen arbeitslos«. Im vergangenen Jahrwar die Schule mit einem Preis derDeutschen Nationalstiftung ausge-zeichnet worden.

In der Schule sind inzwischen wei-tere Projekte gestartet worden, um dieChancen der Schüler auf dem Arbeits-markt zu verbessern. So läuft derzeitein Modellversuch, »der die sprach-lichen Fähigkeiten der Jugendlichennicht nur im Deutschunterricht fördernsoll« (Focus). Im Herbst ist sogar eineKooperation mit Schulen in Schwedenund Großbritannien geplant: DieseSchulen haben ähnliche Probleme wiedie Berliner.

Weitere Informationen:• www.herbert-hoover-oberschule.

cidsnet.de• www.berlin.de/sen/bwf/presse/

MSz

Modellschule

Berlin: Generelle Deutschpflicht entschärftviele Konflikte

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BBS-Info

Welchen Einfluss hat die Schulzeitver-kürzung auf die Teilnahme an einjähri-gen Schüleraustauschprogrammen? DieUmstellung auf zwölf Schuljahre erzeugtVerwirrung, weil die eingespielten undbewährten Muster – Auslandsschuljah-re während des elften Jahrgangs – nichtunverändert bleiben können.

Aber es bestehen auch weiterhin guteMöglichkeiten für Hamburger Jugend-liche, ein ganzes Schuljahr im Auslandzu verbringen. Die finanzielle Förderungeinkommensschwacher Familien durchdie Hansestadt wird ab August 2007 so-gar noch umfangreicher sein als bisher.

Der größte Unterschied gegenüber derbisherigen Praxis besteht darin, dass essich aus unserer Sicht anbietet, einjäh-rige Austauschprogramme schon wäh-rend des 10. Jahrgangs zu absolvieren– die Teilnehmer werden also jünger.Schülerinnen und Schüler können sichein während der 10. Klasse im Auslandverbrachtes Schuljahr anrechnen las-sen. Sie gehen also nach der 9. Klasseins Ausland und kommen nach ihrerRückkehr direkt in die Studienstufe, die11. Klasse. Aus diesem Grund solltenkünftig bereits die 8. Klassen über ein-jährige Austauschprogramme infor-miert werden.

Nach wie vor können Jugendliche einAustauschjahr auch zwischen der 10.und 11. Klasse einschieben. In diesemFall müssen sie allerdings auf die Aner-kennung ihrer Schulleistungen im Aus-land verzichten.

Für welche der beiden MöglichkeitenHamburger Jugendliche sich entschei-den, sollten sie im Vorfeld mit ihren El-tern und den Lehrern ihrer Schule dis-kutieren. Für die Entscheidung spielen

der schulische Leistungsstand und dieZiele sowie die geplante Länge des wei-teren Bildungswegs die ausschlagge-bende Rolle. Der Bildungswert einesAustauschjahres, in dem Schlüsselqua-lifikationen wie interkulturelle und so-ziale Kompetenzen ebenso wie Fremd-sprachenkenntnisse erworben werden,hat dabei einen so hohen Wert, dass sicheine Verlängerung der Schulzeit nachunserer Meinung um ein Jahr auch dannlohnt, wenn das im Ausland verbrachteSchuljahr nicht angerechnet wird.

Bisher wurden finanziell bedürftigeJugendliche nur dann unterstützt, wennsie sich die Leistungen aus dem Aus-tauschjahr anerkennen lassen konnten.Das hat sich geändert: In der »Neufas-sung der Richtlinie zur Förderung einesSchulbesuches im Ausland« wird die An-erkennung nicht mehr als Vorausset-zung für eine Förderung genannt – eskommen jetzt also alle bedürftigen Ju-gendlichen dafür in Frage. Die neueRichtlinie tritt zum 1.8.2007 in Kraft.

Langfristig soll es laut Beschluss derKultusministerkonferenz vom Juni 2006sogar möglich sein, dass Jugendliche ein

Austauschjahr während der Qualifika-tionsphase – also während des 11. Jahr-gangs – absolvieren und es sich an-rechnen lassen. In Hamburg ist diesedritte Variante bisher nicht vorgesehen;die gewachsene Mobilität der Menschenund der zunehmend internationaleCharakter aller Lebensbereiche wirddies aber nach unserer Meinung auf lan-ge Sicht unausweichlich machen. DieBildung der Zukunft wird interkulturellund international geprägt sein; das wirdsicherlich auch das föderale Bildungs-wesen Deutschlands berücksichtigen.Wir meinen: Je rascher wir uns daraufeinstellen, desto besser!

Knut Möller, GeschäftsführerDeutsches YOUTH FOR UNDERSTAN-

DING Komitee e.V. (YFU)

Weitere Informationen: YFU: Deutsches YOUTH FOR UNDERSTANDING Komitee e.V. (YFU)Averhoffstaße 10, 22085 HamburgTelefon: (040) 22 70 02 -0E-Mail: [email protected]: www.yfu.de

Nach der Schulzeitverkürzung in Hamburg

Ein Schuljahr im Ausland – wann ist der richtige Zeitpunkt?

Das Programm steht unter dem Leitmo-tiv »Schule entwickeln – Qualität sichern«.

Es informiert in seinem redaktionellenTeil über wichtige thematische Schwer-punkte des Landesinstituts. Dazu gehörendie Angebote zur datengestützten Schul-entwicklung, zum Qualitätsmanagementder Schulen, zur Unterrichtsentwicklungund zur Reform der Gymnasialen Ober-

Die ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bu-cerius fördert im Rahmen ihrer neuenBildungsaktivitäten schulischen Lei-tungsnachwuchs.

Der aktuelle Generationswechsel anSchulen findet auch auf Leitungsebenestatt: Innerhalb der nächsten 10 Jahrescheiden in Hamburg 60 Prozent (ca.700 Personen) des jetzigen Leitungs-personals aus, davon in den kommen-den fünf Jahren etwa 30 Prozent (ca.210 Personen).

Um diese rasante Veränderung alsChance zu nutzen, bedarf es praxisna-

her und hochwertiger Qualifizierungs-maßnahmen, die motivierte Lehrkräftefür zukünftige Leitungsaufgaben vorbe-reiten und ihnen Gelegenheit geben,Kompetenzen zu erproben und zu ent-wickeln. Dies gilt besonders für die Lei-tung und Steuerung von zunehmend ei-genständigen Schulen.

Zu diesem Zweck führt die ZEIT-Stif-tung – in Kooperation mit dem LI – in derersten Woche der Frühjahrsferien 2008ein Entwicklungsassessment mit Zertifi-kat für 12 bis 15 Lehrkräfte durch, diebereits Leitungserfahrungen (z.B. als

Fachleiter, Mentoren oder Projektleiter)sammeln konnten.

Im September 2007 stellt die ZEIT-Stif-tung das Projekt in einem Brief an alleSchulleitungen vor und lädt interessier-te Lehrkräfte ein, sich zu bewerben.

Peter Daschner

stufe, zur pädagogischen Diagnostik undzu Formen des individualisierten Lernens.Neben den Veranstaltungen der Fachbe-reiche mit festen Terminen sind die An-gebote auf Nachfrage der Schulen weiterausgebaut worden.

Auf der Website der jeweiligen LI-Ar-beitsbereiche werden die Angebote lau-fend aktualisiert, zudem sind hier die aus-führlicheren Veranstaltungsbeschreibun-gen zu finden. Die LI-Angebote für be-sondere Teilnehmergruppen (z. B. Bera-tungslehrkräfte, Funktionsträger, Eltern)werden ebenso wie die Einladungen zuden Tagungen außerdem gesondert ver-öffentlicht.

Beratung im System Schule, Heft 2

Zum Thema »Jungen und Schule – Im-pulse aus der Jungenpädagogik für die Be-ratungsarbeit« ist das 2. Heft der LI-Rei-he für Beratungslehrkräfte erschienen.Ideen, Good Practice und Projektberichtefür die schulische Beratungstätigkeit wer-den u. a. in acht Artikeln gegeben: Der Bo-gen reicht von der Frage, wie Jungen zuErfolgserlebnissen kommen können, überden Bericht zur Einrichtung einer Jun-genkonferenz, den Projektbeschreibun-

gen von zwei Ansätzen zur Jungenarbeitaußerhalb und innerhalb von Schule biszur Konzeption eines Projektes, das männ-liche Patenschaften von schulexternenUnterstützern für Schüler vermittelt. DieBroschüre umfasst 34 Seiten und ist auchals Download unter Publikationen auf derWebsite des Landesinstituts (www.li-hamburg.de) zu finden.

Uwe Grieger

Hamburg macht Schule 2|200750

Marktplatz

Neues Fortbildungsprogramm des Landesinstituts

LEITEN lernen: Qualifizierung für schulische Verantwortung