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Ein Silber- Kupfer - Oxovanadato-Oxomolybdat mit Silber in quadratisch-planarer Koordination: Ago^CusVo^Mo^sO^ On a Silver Copper Oxovanadate-Oxomolybdate with Silver in Square Planar Coordination: Ag 0. 5 Cu3V05 Mo 2 . 5 Oi 2 H. Szillat, Hk. Müller-Buschbaum Institut für Anorganische Chemie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Olshausen- straße 40, D-24098 Kiel Z. Naturforsch. 50b, 879-883 (1995); eingegangen am 29. November 1994 Crystal Structure, Silver, Copper, Vanadium, Molybdenum Single crystals of Ag 0 . 5 Cu 3 V 05 Mo 2 . 5 Oj 2 have been prepared by crystallization from melts and investigated by X-ray methods. They crystallize with triclinic symmetry, space group C?-P1, a = 6.797(6), b = 8.575(6), c = 9.897(7) A, a = 103.47(6), ß = 103.69(6), y = 101.48(6)° and Z = 4. The crystal structure is characterized by chains of edge-sharing Cu0 6 octahedra and Cu0 5 pyramids. Special features of this compound are the square planar surrounding of Ag+ by O2- and a statistical distribution of molybdenum and vanadium at one point position. Einleitung Die häufigste Koordination von Ag+ in Oxo- metallaten ist eine zweifache hantelförmige. In Gegenwart von hochgeladenen Ionen wie Mo6+, W6+, As5+, V5+ und P5+ tritt jedoch eine erstaunliche Vielfalt an Koordinationspolyedern um Silber(I) auf, d.h. die hantelförmige tritt zu gunsten höher koordinierter Ag+-Ionen in den Hintergrund. Als Beispiele seien die ternären Sil- ber(I)-Oxomolybdate Ag2Mo0 4 [1], Ag 2 Mo20 7 [2] und Ag 6Mo 10O 33 [3] genannt. In Ag 2Mo0 4 liegen regelmäßige AgOö-Oktaeder vor, in Ag2Mo2 0 7 sind diese verzerrt, und in Ag 6 Mo 10O 33 zeigt Ag+ eine trigonal-bipyramidale bzw. sieben fache Sauerstoffumgebung. Daneben existieren auch Untersuchungen an quaternären Silber(I)- Oxomolybdaten. Die Strukturaufklärung von AgLnMo 2Os [4] ergab für die mit Ag+- und Ln3+- Ionen gemeinsam gesetzten Positionen eine acht fache Koordination. Im Unterschied dazu liegt in AgInMo 2 Os [5] eine unregelmäßige 4 + 2 + 2-Koor- dination vor. Ag2 Zn 2Mo 30 12 [6 ] schließlich weist drei verschiedene Koordinationspolyeder um Ag+ auf. Neben einer verzerrt tetragonal pyramidalen und einer oktaedrischen Sauerstoffumgebung tritt hier auch die für Oxoargentate(I) typische hantel förmige Koordination auf. * Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. Hk. Müller- Buschbaum. Vergleichbar groß ist die Variationsbreite in der Gestalt der Koordinationspolyeder bei den Silber(I)-Oxovanadaten, -arsenaten, -wolframaten und -phosphaten. Aus Gründen der Übersichtlich keit soll hier jeweils nur ein Beispiel genannt wer den. Erwähnt sei /3-Ag0 33V2 O 5 [7], eine Phase der Vanadiumbronzen, in der Ag+ eine trigonal pris matische Umgebung mit einfacher Überkappung zeigt, und das Metavanadat AgTl(V0 3)2 mit Sil ber in oktaedrischer Koordination. Andere Poly eder um Silber liegen in Ag 3P0 4 [ 8 ] und (AgPO-*)* [9] vor. Im Orthophosphat Ag 3P0 4 sind die Ag+- Ionen tetraedrisch und im Polyphosphat (AgP03)jr tetragonal-pyramidal koordiniert. Die sehr seltene quadratisch-planare Koordination von Sauerstoff um Silber wurde in AgM3H 2 (As0 4)3 mit M = Co, Zn [10] beobachtet. Die planaren Ag04-Quadrate sind zu Bändern verknüpft. In AgCu 3Cu(As0 4)3 [11] wird eine ähnliche ebene Umgebung durch vier weiter entfernte Sauerstoffionen ergänzt. Eine besonders große Koordinationszahl von acht wird für Ag+ z.B. in AgLnW 2Os [12] erreicht. Schließlich sei auf das Silber(I)-Oxowolframat Ag 8W4 0 16 [13] hingewiesen, das ebenfalls die Koordinationsvielfalt Ag+-haltiger Verbindungen widerspiegelt. Hier tritt Ag+ in einer trigonal prismatischen, oktaedrischen, tetraedrischen und hantelförmigen Koordination auf. Einer Erwähnung bedarf die Substanz AgKCu 3Mo4 0 16 [14], über deren Kristallstruktur kürzlich berichtet wurde. Im Vergleich zum ver- 0932-0776/95/0600-0879 $06.00 © 1995 Verlag der Zeitschrift für Naturforschung. All rights reserved. This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution-NoDerivs 3.0 Germany License. On 01.01.2015 it is planned to change the License Conditions (the removal of the Creative Commons License condition “no derivative works”). This is to allow reuse in the area of future scientific usage. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland Lizenz. Zum 01.01.2015 ist eine Anpassung der Lizenzbedingungen (Entfall der Creative Commons Lizenzbedingung „Keine Bearbeitung“) beabsichtigt, um eine Nachnutzung auch im Rahmen zukünftiger wissenschaftlicher Nutzungsformen zu ermöglichen.

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Ein Silber- Kupfer - Oxovanadato-Oxomolybdat mit Silber in quadratisch-planarer Koordination: Ago^CusVo^Mo^sO^On a Silver Copper Oxovanadate-Oxomolybdate with Silver in Square Planar Coordination: Ag0.5 Cu3V0 5 Mo2 .5O i2

H. Szillat, Hk. Müller-BuschbaumInstitut für A norganische Chemie der C hristian-A lbrechts-U niversität zu Kiel, O lshausen- straße 40, D-24098 KielZ. N aturforsch. 50b, 879-883 (1995); eingegangen am 29. N ovem ber 1994Crystal Structure, Silver, Copper, Vanadium, M olybdenum

Single crystals of A g0 .5 Cu 3 V 0 5 M o2 .5 O j2 have been prepared by crystallization from melts and investigated by X-ray methods. They crystallize with triclinic symmetry, space group C ? -P 1 , a = 6.797(6), b = 8.575(6), c = 9.897(7) A, a = 103.47(6), ß = 103.69(6), y = 101.48(6)° and Z = 4. The crystal structure is characterized by chains of edge-sharing C u 0 6 octahedra and C u 0 5 pyramids. Special features of this com pound are the square planar surrounding of A g+ by O 2- and a statistical distribution of m olybdenum and vanadium at one point position.

Einleitung

Die häufigste Koordination von Ag+ in Oxo- metallaten ist eine zweifache hantelförmige. In Gegenwart von hochgeladenen Ionen wie Mo6+, W6+, As5+, V5+ und P5+ tritt jedoch eine erstaunliche Vielfalt an Koordinationspolyedern um Silber(I) auf, d.h. die hantelförmige tritt zu­gunsten höher koordinierter Ag+-Ionen in den Hintergrund. Als Beispiele seien die ternären Sil- ber(I)-Oxomolybdate Ag2M o 0 4 [1], Ag2Mo20 7

[2] und Ag6M o10O 33 [3] genannt. In Ag2M o0 4

liegen regelmäßige AgOö-Oktaeder vor, in Ag2Mo20 7 sind diese verzerrt, und in Ag6M o 10O33

zeigt Ag+ eine trigonal-bipyramidale bzw. sieben­fache Sauerstoffumgebung. Daneben existieren auch Untersuchungen an quaternären Silber(I)- Oxomolybdaten. Die Strukturaufklärung von AgLnMo2Os [4] ergab für die mit Ag+- und Ln3+- Ionen gemeinsam gesetzten Positionen eine acht­fache Koordination. Im Unterschied dazu liegt in AgInMo2Os [5] eine unregelmäßige 4 + 2 + 2-Koor- dination vor. Ag2Zn2Mo30 12 [6 ] schließlich weist drei verschiedene Koordinationspolyeder um Ag+ auf. Neben einer verzerrt tetragonal pyramidalen und einer oktaedrischen Sauerstoffumgebung tritt hier auch die für Oxoargentate(I) typische hantel­förmige Koordination auf.

* Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. Hk. Müller- Buschbaum.

Vergleichbar groß ist die Variationsbreite in der Gestalt der Koordinationspolyeder bei den Silber(I)-Oxovanadaten, -arsenaten, -wolframaten und -phosphaten. Aus Gründen der Übersichtlich­keit soll hier jeweils nur ein Beispiel genannt wer­den. Erwähnt sei /3-Ag0 33V2O 5 [7], eine Phase der Vanadiumbronzen, in der Ag+ eine trigonal pris­matische Umgebung mit einfacher Überkappung zeigt, und das Metavanadat A gTl(V 03) 2 mit Sil­ber in oktaedrischer Koordination. Andere Poly­eder um Silber liegen in Ag3P 0 4 [8 ] und (AgPO-*)*[9] vor. Im Orthophosphat Ag3P 0 4 sind die Ag+- Ionen tetraedrisch und im Polyphosphat (A g P 0 3)jr tetragonal-pyramidal koordiniert. Die sehr seltene quadratisch-planare Koordination von Sauerstoff um Silber wurde in AgM3H 2(A s0 4) 3 mit M = Co, Zn [10] beobachtet. Die planaren A g 0 4-Quadrate sind zu Bändern verknüpft. In AgCu3C u(A s0 4 ) 3

[11] wird eine ähnliche ebene Umgebung durch vier weiter entfernte Sauerstoffionen ergänzt. Eine besonders große Koordinationszahl von acht wird für Ag+ z.B. in AgLnW 2O s [12] erreicht. Schließlich sei auf das Silber(I)-Oxowolframat Ag8W40 16 [13] hingewiesen, das ebenfalls die Koordinationsvielfalt Ag+-haltiger Verbindungen widerspiegelt. Hier tritt Ag+ in einer trigonal­prismatischen, oktaedrischen, tetraedrischen und hantelförmigen Koordination auf.

Einer Erwähnung bedarf die Substanz AgKCu3Mo40 16 [14], über deren Kristallstruktur kürzlich berichtet wurde. Im Vergleich zum ver-

0932-0776/95/0600-0879 $06.00 © 1995 Verlag der Zeitschrift für Naturforschung. All rights reserved.

This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution-NoDerivs 3.0 Germany License.

On 01.01.2015 it is planned to change the License Conditions (the removal of the Creative Commons License condition “no derivative works”). This is to allow reuse in the area of future scientific usage.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung-Keine Bearbeitung 3.0 DeutschlandLizenz.

Zum 01.01.2015 ist eine Anpassung der Lizenzbedingungen (Entfall der Creative Commons Lizenzbedingung „Keine Bearbeitung“) beabsichtigt, um eine Nachnutzung auch im Rahmen zukünftiger wissenschaftlicher Nutzungsformen zu ermöglichen.

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wandten Stoff K2Cu3Mo40 16 [15] war der partielle Austausch von Kalium gegen Silber gelungen, wo­durch Silber eine siebenfache 0 2~-Umgebung erreicht.

Der folgende Beitrag zeigt, daß es soeben ge­lungen ist, ein alkalimetallfreies S ilber-K upfer- Vanadato-Oxomolybdat der Formel Ago,5Cu3Vo,5Mo3 0 12 zu synthetisieren.

Experimentelles

Zur Darstellung von Einkristallen der Phase Ag0,5Cu3V0<5Mo2i5O i2 wurden A gN 03, CuO, V20 5 und M0 O 3 (alle Merck, reinst) im molaren Verhältnis 1 :6 :0 ,5 : 6 eingewogen, innigst ver­mengt und im Silberrohr einer Reaktionstempera­tur von 800 °C ausgesetzt. Nach zehnstündigem Tempern wurde die Reaktionsmischung mit 20 °/h auf RT abgekühlt. Das Reaktionsprodukt enthielt neben mikrokristallinem Material kleine orange­farbene, stäbchenförmige Einkristalle, die sich an der Silberoberfläche abgeschieden hatten. Sie wa­ren gegen Luft und Feuchtigkeit stabil und wurden mit energiedispersiver Röntgenspektrometrie (Elektronenmikroskop Leitz SR 50, EDX-System Link AN 10000) bei Anwendung einer standard­freien Meßtechnik halbquanitativ analytisch un­tersucht. Die für die Metalle erhaltenen Werte A g:C u:V :M o = 1,7:3,0:0,5:2,8 zeigen einen zu hohen Wert für Silber, der durch die Verwachsung der Kristalle mit der Oberfläche der Silberrohre hervorgerufen ist.

Mit Drehkristall-, Weißenberg- und Precession- aufnahmen sowie Vierkreisdiffraktometer-Mes- sungen wurden die in Tab. I zusammengestellten kristallographischen Daten bestimmt. Die Intensi­tätsmessung der Röntgenreflexe von Ag0 5Cu3V0 5 Mo2 5 O 12 erfolgte auf einem Sie- mens-AED2-Einkristalldiffraktometer mit G ra­phitmonochromator unter Verwendung von MoKa-Strahlung. Die fehlenden Auslöschungen führen zu den möglichen Raumgruppen P I und P I. Die Kristallstruktur wurde in beiden Raum­gruppen gelöst. Hierauf wird in der Diskussion näher eingegangen. Die ungefähren Lageparame­ter der Metallatome wurden mit dem Programm SHELXS- 8 6 [16] ermittelt. Mit Fourier-Synthesen gelang die Zuordnung der Lageparameter der leichteren Sauerstoffatome. Die Verfeinerung der Lageparameter und isotropen bzw. anisotropen Temperaturfaktoren erfolgte mit dem Programm SHELX-76 [17]. Tab. II enthält die endgültigen Werte. Mit diesen Daten berechnen sich die in Tab. III wiedergegebenen wichtigsten Abstände.

Tab. I. K ristallographische D aten und M eßparam eter für A g0 .5 C u 3 V0 5 M o2 .5 O i2 mit Standardabw eichungen in K lam m ern.

Kristallsystem triklinR aum gruppe Q 1- P I (Nr. 2)G itterkonstan ten [A] a = 6.797(6)

b = 8,575(7) c = 9,897(6) a = 103.47(6)° ß = 103,69(6)°

Zellvolum en [A3]y = 101,48(6)°V = 525,0

Form eleinheiten in der E Z Z = 4A uslöschungen keineD iffraktom eter Siemens A E D 2Strahlung/M onochrom ator M oK a/G raphitM eßm ethode Q/2 0-ScanM eßbereich 2d 5 -7 0 °M eßzeit 2 - 8 sA bsorptionskoeffizient 136,0 cm “ 1

G em essene Reflexe Sym m etrieunabhängige

4595

Reflexe 4595R eflexe für (I > 2 a (I)) 999K orrekturen Polarisations- und Lorentz-

faktor, A bsorptionskorrek­tu r E M PIR [30], = 1,5

A nzahl der Param eter 78R -W erte R = 0,099, R w = 0,072,

w = 2,3806/cr(Fo)

Tab. II. A tom koordinaten und T em peraturfaktoren [Ä 2 x l0 3] für Ag0 .5 C u3 V 0 5 M o2 .5 O n mit Standardabw ei­chungen in K lamm ern.

A tom Lage X y z u eq

M o l 2 i 0,2294(4) 0,6649(4) 0,2567(4) 13(1)Mo/V 2 i 0.1119(5) 0,0923(5) 0.3412(5) 15(1)M o2 2 i 0,4059(5) 0,7258(4) 0.8838(4) 15(1)C u l 2 i 0,6205(6) 0,0516(6) 0,3933(5) 2 1 ( 1 )Cu 2 2 i 0,0476(6) 0.2044(5) 0,0129(5) 14(1)Cu 3 2 i 0,2510(6) 0,2696(6) 0.7686(5) 18(1)Ag* 2 i 0.9649(7) 0,4854(7) 0,4689(6) 28(1)O l 2 i 0.0863(9) 0,1054(9) 0,1605(9) 23(1)0 2 2 i 0,1671(9) 0,2874(9) 0,4434(9) 32(1)0 3 2 i 0,3382(9) 0,2245(9) 0,9995(9) 14(1)0 4 2 i 0.3160(9) 0,5033(9) 0,8017(9) 35(1)0 5 2 i 0,1686(9) 0,4578(9) 0,1586(9) 27(1)0 6 2 i 0,9840(9) 0.2537(9) 0,8232(9) 13(1)0 7 2 i 0,7653(9) 0.2136(9) 0,0229(9) 1 2 ( 1 )0 8 2 i 0,4750(9) 0,7500(9) 0,2552(9) 26(1)0 9 2 i 0.3373(9) 0.0207(9) 0.4124(9) 1 0 ( 1 )OIO 2 i 0,8605(9) 0.9817(9) 0.3552(9) 7(1)O l l 2 i 0,2323(9) 0.6799(9) 0,4287(9) 2 2 ( 1 )0 1 2 2 i 0,4031(9) 0.8262(9) 0,7488(9) 29(1)

* B esetzungsfaktor S.O.E = 0,5.

Alle Rechnungen wurden auf einer IBM RS/ 6000 des Instituts für Anorganische Chemie der Universität Kiel durchgeführt und die Zeichnun­

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Tab. III. In teratom are B indungsabstände [Ä] für Ago.5C u3Vo.5M 02.5 0 ,2 m it S tandardabw eichungen in Klamm ern.

M o l - O l l 1,672(11) C u 2 - 0 1 1,846(12)M 0 I - O 8 1,689(8) C u 2 - 0 7 1,961(9)M o l - 0 5 1,728(9) C u 2 - 0 3 1,987(9)M 0 I - O 6 1,826(9) C u 2 - 0 6 1,987(11)

C u 2 - 0 5 2,178(9)M 0/ V - O 2 1,657(9) C u 2 - 0 1 2,647(9)Mo/V - O 1 1,788(11)M o /V - 0 9 1,813(9) Cu 3 - 0 4 1,895(10)M o /V -O lO 1,835(9) C u 3 - 0 8 1,966(9)M o 2 - 0 7 1,732(10) C u 3 - 0 6 2,001( 10)M o 2 - 0 1 2 1,749(11) C u 3 - 0 10 2,098(9)M o 2 - 0 3 1,751(7) C u 3 - 0 3 2,363(11)M o 2 - 0 4 1,803(8)

A g - O l l 2,322(11)C u l - O lO 1,933(10) A i - 0 2 2,373(11)C u l - 0 1 2 1,936(12) A g - O l l 2,385(10)Cu 1 - 0 9 1,950(9) A g - 0 2 2,393(11)C u l - 0 9 2,128(12) A g - 0 4 2,932(11)Cu 1 - 0 1 1 2,401(9) A g - 0 1 2 3,185(8)Cu 1 - 0 8 2,496(9)

gen mit einem modifizierten ORTEP-Programm [28, 29] erstellt.

Weitere Einzelheiten zur Kristallstrukturunter- suchung können beim Fachinformationszentrum Karlsruhe, D-76344 Eggenstein-Leopoldshafen, unter Angabe der Hinterlegungsnummer CSD401432 angefordert werden.

Ergebnisse und Diskussion

Die Röntgenstrukturanalyse von Ag0 5 Cu3V0.5Mo2.5O 12 zeigt interessante kristall­chemische Gesichtspunkte, die im Anschluß an die Strukturbeschreibung diskutiert werden sollen. Zunächst sei hervorgehoben, daß C u(l) und Cu(2) gemäß Tab. III eine gestreckt oktaedrische und Cu(3) eine verzerrte tetragonal-pyramidale Sauer­stoffumgebung aufweisen. V',+ und Mo6+ sind tetraedrisch koordiniert und besetzen eine der drei Molybdänlagen statistisch. Silber ist von O2- vierfach koordiniert. Das Koordinationspolyeder leitet sich von einem trigonalen Prisma ab, in wel­chem Silber in Richtung auf eine Prismenrecht­eckfläche verschoben ist, wie dies Abb. 1 anhand der eingezeichneten Bindungsabstände wieder­gibt.

Mit Abb. 2 wird gezeigt, daß die weit und eng schraffierten Oktaeder um C u(l) und Cu(2) über Kanten zu Cu2O 10-Oktaederdoppeln verknüpft sind. Diese werden durch die tetragonalen

Abb. 1. K oordinationspolyeder um A g+ (große offene Kugel) mit B indungsabständen und gekennzeichneten Sauerstofflagen.

Abb. 2. A usschnitt aus der K ristallstruktur von A go5Cu3Vo.5M 02.5O j2. Die O k taeder um C u (l) sind weit und die um Cu(2) eng schraffiert. D ie D reiecks­flächen der tetragonalen C u (3 )0 5-Pyram iden und die U m randung der planaren Polygone um A g+ (große offene Kugel) sind schwarz hervorgehoben. Kleine offene Kugel = O 2 -.

C u(3)05-Pyramiden zu Ketten verbunden. In dem gewählten Strukturausschnitt ist zur Verbesserung der Übersicht die Zeichentiefe längs [100] be­grenzt worden, so daß nur Kettenfragmente wie — Cu(2)2O 10- CuOs — Cu( 1 ̂ O jo - CUO5 — Cu(2)20 io - C u 0 5- und -C u ( l) 2O 10-C u O 5 - Cu(2)2O i0 -C u O 5- z u erkennen sind. Abb. 2 zeigt auch, daß die durch dickere Umrandung hervorge­

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hobenen planaren A g 0 4-Polygone die Cu/O-Poly- ederketten längs [0 1 0 ] verknüpfen.

Einen anderen Blick in die trikline Kristall­struktur gibt Abb. 3 wieder. Verdeutlicht werden die Cu/O-Kettenbildung und deren Verknüpfung durch Mo6+-Ionen sowie durch Positionen der sta­tistisch mit Mo6+/V5+ besetzten Punktlage. Die planaren A g 0 4-Polygone sind nicht eingezeichnet. Alle M o 0 4- und M o/V 04-Tetraeder verbrücken ausschließlich über Ecken zum dreidimensionalen Polyedergerüst.

Zu diskutieren ist die Unterbesetzung der Punktlage Ag und die ungewöhnliche Koordina­tion der Ag+-Ionen sowie eine mit Mo6+ und V;'+ gemeinsam besetzte Punktlage.

Wie Tab. II zeigt, liegt Ag+ nicht auf den speziel­len Positionen x = 0,0; y = 0,5 und z = 0,5, wodurch die einzählige Lage ( lg ) in die allgemeine (2i) übergeht. Wäre diese voll besetzt, würde gegen die Bruttozusammensetzung verstoßen und es träten mit den röntgenographisch ermittelten Atomlagen x = 0,9655, y = 0,4847 und z - 0,4694 viel zu kurze A g-A g-A bstände auf. Die beobachtete Halbbe-

Abb. 3. Perspektivische D arstellung der Polyederver­knüpfung (ohne Silber) in Ago.5 Cu3 Vo.5 M 0 2 .5 Ch2 mit Blick längs [01 0], Schraffur der Polyeder wie in Abb. 2, Kugel mit Segm ent = M o (l), große Kugel mit Kreuz = Mo/V. kleine Kugel mit K reuz = M o(3), kleine offene Kugel = O 2-.

setzung der Lage (2i) muß so interpretiert werden, daß stets nur eine der symmetrieverknüpften Posi­tionen vorhanden ist. Ag+ besetzt somit eine Split­lage. Eine Splitlage kann jedoch auch durch eine falsche Symmetrie bedingt sein. Um diesen Fall zu überprüfen, wurde die Kristallstruktur auch in der azentrischen Raumgruppe P I verfeinert. Hierbei stellte sich heraus, daß alle Temperaturfaktoren stark korrelieren und paarweise zusammengefaßt werden müssen. Aus der ursprünglich halbbesetz­ten Lage (2i) der höheren Raumgruppe geht nun eine mit Ag+ vollbesetzte Punktlage der niederen Raumgruppe hervor. Wie entsprechende Rech­nungen zeigen [18], sind jedoch beide Splitpositio­nen (xa - 0,9654, ya = 0,4854, z a = 0,4692 und xb = 0,0346, yb = 0,5146, zb = 0,5311) äquivalent und getrennt voll mit Silber besetzbar. Dieser Befund spricht ebenfalls für die höhere Symmetrie und eine statistische Verteilung der Ag+-Ionen auf die in Abb. 2 eingezeichneten planaren 0 4-Polygone.

Die hier für Ag+ beobachtete Koordination durch O2- ist ungewöhnlich. In Oxoargentaten sind Ag+-Ionen oft hantelförmig und Ag3+~Ionen in der Regel quadratisch planar durch Sauerstoff koordiniert. Dies trifft zum Beispiel auch für die Oxide AgO = Ag20 A g 20 3 [19-21] und Ag20 4

[22] zu. Die in Ag0 5Cu3V0 5 Mo2 50 12 beobach­tete planare Koordination des Silber läßt somit vermuten, daß dieses in der höheren Oxidations­stufe vorliegt. Zur Ladungskompensation könnte sowohl für Vanadium als auch für Molybdän die Oxidationszahl entsprechend erniedrigt sein. Berechnungen der Coulomb-Anteile zur G itter­energie [23, 24] zeigen, daß Ag3+ nicht vorliegen kann, sondern Ag+ in annähernd planarer Koor­dination vorliegt. Die Kristallchemie von Ag+ in Ag0,5Cu3V0 5Mo2 50 12 ähnelt somit der in AgM3H 2(A s0 4) 3 mit M = Co, Zn [10] und AgCu3C u(A s0 4) 3 [11].

Einer Erwähnung bedarf die in Tab. II aufge­führte Punktlage Mo/V, die mit Vanadium und Molybdän im Verhältnis 1:1 statistisch besetzt ist. Oxomolybdate sind in der Regel nicht zu Oxovanadaten isotyp, dennoch besetzen Mo6+ und V5+ in den gemischten Oxomolybdaten-Oxo- vanadaten häufig Punktlagen gemeinsam. Als Beispiele seien die Phasen K vV vM o 1 _v0 3 [25] und N avV2 _yMov0 5 [26] genannt.

Zu diskutieren ist auch die kristallchemische Beziehung von Ag0 5Cu3V0 5Mo2 s 0 12 zu

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H. S z illa t-H k . M üller-Buschbaum • Ein S ilber-K upfer-O xovanadato -O xom olybdat 883

Nao,5Zn2,75Mo3O i2 [27]. Ein Vergleich der Kri­stallstrukturen beider Stoffe zeigt, daß Kupfer die kristallchemische Funktion von Zink und Silber die von Natrium übernimmt. Die in Abb. 2 ge­zeigte Verknüpfung von Oktaedern und tetrago- nalen Pyramiden zu Polyederketten tritt auch in Na0 5 Zn2 75M o3O i2 auf. Der Unterschied zwischen beiden Phasen wird an der Koordination von Sil­ber bzw. Natrium deutlich. So verändert sich die oktaedrische um Natrium in eine trigonal prisma­

tische Umgebung für Silber. Ag+ liegt weder wie Na+ in der Prismenmitte noch in der quadrati­schen Fläche (vgl. Abb. 1), wie oben gezeigt wurde.

Dank

Der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem Fonds der Chemischen Industrie danken wir für die Unterstützung mit wertvollen Sachmitteln.

[1] J. D onohue, W. Shand (Jr.), J. Am. Chem . Soc. 69, 222 (1947).

[2] B. M. G atehouse, P. Leverett, J. Chem. Soc. Dalton Trans. 1976, 1316.

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