1 universität potsdam institut für mathematik seminar: einführung in die mathematikdidaktik...
TRANSCRIPT
1
Universität PotsdamInstitut für Mathematik
Seminar: Einführung in die MathematikdidaktikDozent: Prof. Dr. Th. Jahnke
Innere Differenzierung im Mathematikunterricht
Referentinnen:Katharina SchubNadine Stelzer
2
Gliederung
1. Hinführung zur Thematik
2. Differenzierungsebenen
3. Innere Differenzierung
4. Weiterführendes
zur inneren Differenzierung
5. Bibliographie
3
1. Hinführung zur Thematik
Lernen von Schülern: 1. Schüler lernen durch Zuhören.2. Eine Klasse von 25 oder mehr Schülern kann
in einer bestimmten Zeit identische Inhalte lernen.
3. Alle Schüler können den gleichen Inhalt in der gleichen Tiefe aufnehmen.
4. Eine ruhige Schule ist eine gute Schule.5. Ein guter Lehrer muss hervorragender
Schauspieler sein.
Dunn/Dunn; 1972
4
Flüstergruppe
Kurze Phasen von Partner- oder
Gruppenarbeit im Frontalunterricht
Vorbereitung oder Wiederholung des Themas
Zusammenarbeit von Schülern
Arbeitsanweisungen auch schriftlich festhalten
5
Brainstorming:
„Was beinhaltet der Begriff der
Differenzierung
aus pädagogischer Sicht?“
6
2. Differenzierungsebenen
Gliederung:
2.1. Definition des Begriffs Differenzierung
2.2. Übersicht „schulische Differenzierung“
7
2.1 Definition des Begriffs Differenzierung
Dif|fe|ren|zie|rung die; -, -en:
Unterscheidung, Sonderung, Abstufung, Abweichung, Aufgliederung.
nach: Duden
8
„Unter Differenzierung wird im weitesten Sinne die Gliederung des Bildungswesens und der in ihm ablaufenden Unterrichtsprozesse nach unterschiedlichen Bildungswegen, Lehrgängen, unterrichtlichen Zielen und pädagogischen Abschlüssen verstanden. [...] Danach werden alle organisatorischen, inhaltlichen und didaktischen Vorkehrungen hierunter gefasst, die auf besondere Ausprägungen von Lernvoraussetzungen, Lernfähigkeiten und inhaltlichen Interessen verschiedener Schülergruppen eingehen“
(Lenzen 1989, S. 318).
9
2.2 Übersicht „ schulische Differenzierung“
Äußere Differenzierung
InnereDifferenzierung
Meyer, 2001, S.181
10
Äußere Differenzierung
Zuweisung von Schülern/innenzu den versch.Schulformen:
-OS/HS/RS/ GYM-- Sonderschulen
-- BBS-Privatschulen
Verweisung von einer Schule an
die andere.
Sortierung der Schüler innerhalb
der Schule:-Bildung von Jahr-
gangsklassen-Arbeitsgemein-
schaften-Fördergruppen-Jahrgangsüber-greifende Lern-
gruppen
Differenzierung durch:-Versetzt werdenund Sitzenbleiben-Kurs- Leistungs-
systeme-Einweisung inandere Klasse
-Überspringen einesJahrgangs
11
Innere Differenzierung
Im Blick aufdie Lernvoraus-
setzungen
Im Blickauf die
Ziele
Im Blickauf den
Unterrichts-inhalt
Im Blick aufMedien undMethoden
12
3. Innere Differenzierung
Gliederung: 3.1 Zeitungsartikel als Anregung zur inneren
Differenzierung im Mathematikunterricht
3.2 Definition innere Differenzierung /
Binnendifferenzierung
3.3 Grundsätze der inneren Differenzierung
13
3.4 Didaktisch – methodische Möglichkeiten
der inneren Differenzierung im
Mathematikunterricht
3.5 Einwände, Ängste, Vorbehalte – bei näherer Betrachtung unbegründet
3.6 Methodenkatalog (ausgewählte Bsp.)
3.7 Bewertung im differenzierten Unterricht
14
3.1 Zeitungsartikel als Anregung zur inneren Differenzierung im Mathematikunterricht
15
3.1.1 Differenzierte Zielsetzung – statt gleiche Zielsetzung für alle
gemeinsame Ziele:Alle Schüler
- berechnen selbstständig an einem Bsp. die Preiserhöhung
- vergleichen an Beispielrechnungen die Veränderung des Preises bei Veränderung der Warenmenge
differenzierte Ziele:Einige Schüler berechnen Preiserhöhungen
- in Aufgaben mit einfachen Zahlen- in komplexen Aufgaben mit schwierigeren Zahlen
in bestimmten Lerngruppen:- einzelne Schüler vergleichen die Preiserhöhungen vers.
Artikel
16
3.1.2 Differenziertes Lernangebot – statt lineare Lernsequenz für alle
- aus differenzierter Zielstellung ergeben sich Konsequenzen für Unterrichtsverlauf
- Unterricht kann nicht als lineare Lernsequenz für die Gesamtklasse angelegt sein
- SONDERN: Lehrer muss vielmehr Verzweigungen vorsehen, in denen Teilgruppen unterschiedliche Aufgaben bearbeiten
17
2 mögliche Varianten für eine differenzierte Unterrichtsplanung:
• Variante 1:
Auswahl aus einem Aufgabenfeld
– statt gleiche Aufgaben für alle
• im Text implizit enthaltene Informationen werden in gewohnte Aufgabenformulier-
ungen angeboten
18
Schwierigkeiten können reduziert werden, indem- komplexe Teile der Aufgabe in Teilaufgaben aufgelöst werden- offene Formulierungen durch gezielte Rechenfragen ersetzt werden- Zusatzaufgaben und Erläuterungen eingefügt werden
19
Variante 2: Offene Aufgabenstellung für leistungsheterogene Kleingruppen
- Gruppe entscheidet selbst über Auswahl der Aufgaben und Arbeitsverteilung in der Gruppe- gemeinsame Besprechung des Lösungsweges- Rechnungen arbeitsteilig ausgeführt- Ergebnisse wechselseitig kontrolliert
20
3.1.3 Arbeitsvereinigung – differenzierte Antworten auf gemeinsame Fragen
• differenzierte Unterrichtsphase (nach 1 oder 2) mündet in ein Unterrichtsgespräch, in dem
- gemeinsames Lernergebnis für alle gesichert wird- über Ergebnisse der vers. Aufgaben berichtet wird- Lernerfahrungen ausgetauscht werden
• differenzierter Mathematikunterricht bietet auf Basis gemeineinsamer Grundanforderungen differenzierte Erweiterungen an
führen zu unters. Qualifikationsausprägungen
21
3.2 Definition innere Differenzierung /Binnendifferenzierung
= gruppeninterne Differenzierung• Definition: Von innerer Differenzierung oder
Binnendifferenzierung spricht man, wenn innerhalb eines Klassenverbandes oder einer anderen Lerngruppe Untergruppen gebildet werden
• mögliche Kriterien: Nachbarschaft, soziale
Distanz, Schulleistung, soziale Kompetenz,
Interessen, usw.
Hopf
22
3.3 Grundsätze der inneren Differenzierung
• Gemeinsame Grundbildung für alle und individuelle Schwerpunktbildung
• Förderung individueller Fähigkeiten und Interessen
• Vermeiden sozialer Selektion; Abbau sozialer Benachteiligung
• Förderung der Fähigkeit, über Lernwege und Lernziele mitzubestimmen
• Förderung kooperativen Verhaltens Pabst, 1977
23
3.4 Didaktisch – methodische Möglichkeiten der inneren Differenzierung im Mathematikunterricht
Möglichkeiten der Differenzierung auf didaktischer Ebene
1. Differenzierung nach dem Umfang der Unterrichtsinhalte
2. Differenzierung nach der methodischen Aufbereitung
3. Differenzierung nach der Intensität der Behandlung
Krippner
24
3.5 Einwände, Ängste, Vorbehalte – bei näherer Betrachtung unbegründet -
25
3.5.1 Die Angst des Lehrers vor dem Verlust des Überblicks „Wenn jeder Schüler etwas anderes gemacht hat, wie soll ich
wissen, was er kann und was er nicht kann?“
- Tatsache, dass Lehrer weiß, welche Aufgaben die Schüler gerechnet haben, garantiert nicht, dass jeder Schüler den Rechenweg weiß und versteht- aber: im diff. Unterricht ändert sich Blickrichtung des Lehrers bereits bei Planung- außerdem: - Lehrer kann sich in Arbeitsphasen öfter dem Einzelnen zuwenden - Schüler werden an Auswahl von Aufgaben beteiligt übernehmen Verantwortung für Erfolg ihres Lernens
26
3.5.2 Zeitgewinn statt Zeitverlust durch innere
Differenzierung
„Arbeitsformen wie Partnerarbeit und Gruppenarbeit sind
zeitaufwendig. Innere Differenzierung kommt ohne
verstärkten Einsatz solcher Arbeitsformen nicht aus.“
- aber: im Mathematikunterricht sollte auf Verständnis-fragen schwächerer Schüler eingegangen werden
weiterhin: auch schwierige weiterführende Aufgaben lösen
27
- wenn beides mit gesamter Klasse „in gleicher Front“ geschieht:
Phase 1 Phase 2 Phase 3
Gemeinsame Einführung
(Grundanforderungen)
Gemeinsam:Weitere Grundaufgaben
(Verständnisfragen-Übung)
Gemeinsam:Weiterführende
Aufgaben
Konstanter Zeitrahmen
• Phase 2 für stärkere Schüler nicht optimal (darf für lernschwächere nicht entfallen)
• Phase 3 für lernschwächere problematisch(darf im Interesse der lernstärkeren Schüler nicht
entfallen)
28
• im diff. Unterricht kann man Phase 2 und 3 „parallel schalten“
• hier: Zeitgewinn für jede Teilgruppe durch Wegfall nicht optimal genutzter Phasen
• selbst wenn Zeit für Unterrichtsorganisation und Einüben der
Arbeitsweisen gebraucht wird, bleibt noch Zeitreserve
Einführung(Grundan-
forderungen)
Teil der Klasse:Weitere Grundaufgaben
Teil der Klasse:Weiterführende Aufgaben
Mehr Zeit für Grundaufgaben
Mehr Zeit fürVertiefungen
Zeitreserve
variabelnutzbar
Gemeinsame Phase Differenzierte Phase
Konstanter Zeitrahmen
29
3.6 Methodenkatalog (ausgewählte Bsp.)
1. Debatte:Austausch von Pro- und Kontraargumenten-> Widersprüche werden erlebbar-> Wissen kann neu organisiert werden
2. HelfersystemSchüler helfen sich gegenseitig bei unterrichtlichen
Tätigkeiten-> Lernen durch Lehren-> Individuelle Förderung
30
Methode „Blitzlicht“
MOTTO: „Was ich sage, soll echt sein, nicht alles, was echt ist,
soll ich hier und jetzt so sagen.“ (R.C. Cohn)
ZIELAusleuchten, wo die Lerngruppe jetzt steht!
SCHRITTE1. Jemand schlägt ein Blitzlicht vor, z.B.:
„Wie müsste es jetzt weitergehen?“„Was geht mir jetzt durch den Kopf?“
2. Zwei Minuten Schweigen zum Nachdenken, denn:„Es ist kaum möglich, gleichzeitig
klar zu denken und gut zuzuhören“ (Cohn)3. Reihum sagt jeder/jede kurz
ihren/seinen Beitrag. Der Beitrag wird nicht kommentiert.
4. Auswertung: Welche Konsequenzen ziehen wir?
Meister
S. 151
31
Arbeitsplanfür die Zeit vom ____ bis______Fach: _______________________
Pflichtaufgaben
Zusatzaufgabe
Name:•Alleinarbeit bei Aufgabe: ____________•Zusammenarbeit bei Aufgabe: __________mit: __________________________________
Thema:___________________________ erledigt gesehen
1.2.3.4.
1.2.3.4.
Meister,
S. 158
32
3. Weitere
- Infos sammeln: Medien wählen, Recherchieren, …
- Infos auswerten (verarbeiten): Brainstorming, Arbeitsblatt
- Infos darstellen (präsentieren): Mindmap, Struktogramm, Vortrag
- Arbeitsformen (z.B. Gruppenarbeit)
33
3.7 Bewertung im differenzierten Unterricht
• Berücksichtigung der individuellen Bezugsnorm• Gleiche Noten für gemeinsame Leistung• Gegenseitiges Helfen zulassen• Versuche mit Selbstbewertung• Hilfsmittel zulassen• Mehr an Stärken und Fähigkeiten als an
Schwächen und Defiziten orientieren• Mind. monatliche Rückmeldung
34
SelbstbeurteilungsbogenMein Name: _______________________________________________Die zu beurteilende Leistung: ____________________________Meine Leistung besteht vor allem in: _______________________________________________________________________________Nicht geschafft habe ich:_________________________________
Ich beurteile meine Leistungen folgendermaßen:++ = ausgezeichnet Meine Leistung war absolut spitze!+ = gut Insgesamt gesehen ist meine Leistung prima!O = zufriedenstellend Ich hätte mich zwar noch mehr anstrengen
können, aber ich bin zufrieden!- = ausreichend Naja, das reichte wohl gerade noch so!-- = unzureichend Wenn ich ehrlich bin: Das war wohl nix!I. Leistungen
Teil A = .............................................Teil B = .............................................Teil C = .............................................
II. Mitarbeit und soziales Verhalten:Mitarbeit in der KleingruppeMitschülern ruhig zuhörenFriedliches Verhalten in Streitfällen
Gesamtbeurteilung
Außerdem finde ich:
Kommentar des Lehrers:
Meister
S.
161
35
Nach der Bewertung wird wieder differenziert:
• Lernbereich differenziert = Lernkontrollen differenziert
• Ziele: - Ermittlung der
Lernausgangslage
- Ermittlung sinnvoller Gruppierungen
Drunkemühle, 1980, S. 100
36
Lerngruppen ermitteln
Lernziele, Materialien
Lerngruppen, Alleinarbeit
Lernkontrolle
Lernkontrolle
Nach Drunkemühle
37
4. Weiterführendes zur inneren Differenzierung
Gliederung:4.1 Lehrfunktionen
4.2 Empfehlungen für eine differenzierte
Unterrichtsgestaltung
4.3 Fazit und Kritik
38
4.1 Lehrfunktionen
neue Funktionen:
1. Initiierende Funktion
2. Informierende Funktion
3. Regulierende Funktion
4. Bewertende Funktion
5. Simulierende Funktion
Meister, 2000, S. 34
39
„ … der Lehrer gibt ein Stück Macht aus
seiner Hand,
- mit allen Risiken des Scheiterns und der
Angst, die damit verbunden ist.“
Gudjons 1997, S. 116
40
4.2 Empfehlungen für die Arbeit im differenzierten Unterricht
1. Differenzierte Zielsetzung
2. Planungsnetz
3. Problemfelder
4. Aufgabenfelder
41
5. Flexibler Medieneinsatz
6. Beteiligung der Schüler
7. Lernerfolgskontrolle
8. Leistungsbeurteilung Krippner 1992, S. 76
42
4.3 Fazit und Kritik
• undifferenzierter Unterricht existiert nicht
• Kontrolle durch geplante Differenzierung
• Gründe für Differenzierung: Homogene Lerngruppen sind Fiktion.
43
• Leistungskonkurrenz wird negativ belegt
-> kann aber auch förderlich sein
• Differenzierung in der Bewertung fördert Subjektivität und Probleme (z.B. Gemeinschaftsarbeit)
• Spannungsverhältnis Lehrplanorientierung Schülerorientierung
44
• Spannungsverhältnis Individualisierung soziales Lernen
• Unterschätzung der Lernleistung des Lernenden
• Voraussetzungen für Binnendifferenzierung ungünstig (bei Lehrer; Schule)
• bis heute große Unsicherheit über Langzeiteffekte der Binnendifferenzierung
45
Fazit
„Jeder ist der Mittelpunkt der Welt, aber
eben jeder, und nur weil die Welt von
solchen Mittelpunkten voll ist, ist sie kostbar.
Das ist der Sinn des Wortes Mensch: jeder
ein Mittelpunkt neben unzähligen anderen,
die es ebenso sehr sind wie er.“
Canetti 1981, S. 58
46
5. Bibliographie• Bönsch, Manfred: Differenzierung in Schule und Unterricht.
Ansprüche, Formen, Strategien. München 1995• Drunkemühle, Ludgar u.a.: Differenzieren läßt sich lernen. Berlin
1980• Fuhr, Reinhard u.a.: Soziales Lernen, Innere Differenzierung,
Kleingruppenunterricht. Braunschweig 1977• Hopf, Dieter: Differenzierung in der Schule. Rosenheim 1976• Krippner, Wolfgang: Mathematik differenziert unterrichten.
Planungshinweise und Praxisbeispiele aus der Jahrgangsstufe 5/6. Hannover 1992
• Meister, Hans: Differenzierung von A-Z. Eine praktische Anleitung für die Sekundarstufen. Stuttgart 2000
• Meyer, Hilbert: Schulpädagogik. Band 2 für Fortgeschrittene. Berlin 1997, S. 181