1. der wunsch, ein anderer zu...
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1. Der Wunsch, ein anderer zu sein
Sehn Sie, meine Herrn, ei Mensch, ei tierische Mensch und doch ei Vieh, ei bête. So bschäm die société! Sehn Sie das Vieh ist noch Natur unverdorbe Natur! Lern Sie bei ihm.
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Doktor
Hagen von der Lieth
Andres
Nikolaos Eleftheriadis
Karl, ein Idiot
Stephan Schäfer
Margreth, Nachbarin Maries
Christina Lisperoglou
Käthe, Mädchen beim Tanz
Joanna Kitzl
Unteroffi zier / Jude / Wirt
Jens Koch
Ausrufer einer Schaubude
Christian Schulz
Christian, Kind Maries & Woyzecks
Leo Burmedi / Thorben Lang
Besetzung
Woyzeck
Björn Bonn
Marie
Ute Baggeröhr
Tambourmajor
Till Bauer
Hauptmann
Ronald Funke
Woyzeckvon Georg Büchner
* 08.04.2006
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Inszenierungsteam
Regie
Martin Nimz
Ausstattung
Bernd Schneider
Dramaturgie
Katrin Spira
Regieassistenz
Ila Schnier
Mitarbeit Kostüme &
Ausstattungsassistenz
Helke Hasse
Kostümassistenz
Anne Dehof
Regiehospitanz
Viktoria Adam
Kinder
Lisa Bless
Cara Burmedi
Friederike Fischer
Alina Friede
Nora Kiss
Nina Kreutzer
Lea Langenfelder
Noemi von der Linde
Minne Nakamura
Daria Schlotmann
Agnes Schubert
Charlotte Senges-Andersson
Zoe Ueberhofen
Kristin Weiser
(in wechselnder Besetzung)
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Dramaturgiehospitanz
Helena Weiß
Ausstattungshospitanz
Rosa Hirn
Inspizienz
Silvia Edvesi
Souffl age
Miguel Wegerich
Technik und Werkstätten
Technische Leitung
Ivica Fulir
Technische Einrichtung
Benjamin Neuen
Licht
Steff Flächsenhaar
Ton
Wolfgang Freymüller, Andreas Legnar
Leiter Kostümabteilung
Frank Bloching
Gewandmeisterinnen
Dagmar Gröver, Alexandra Partzsch
Leiterin Maske
Kerstin Geiger, Anja Dehn (Stv.)
Leiterin Requisite
Esther Hilkert
Leiter Malsaal
Dietmar Lechner
Dekorationswerkstatt
Markus Rothmund
Leiter Schlosserei
Karl-Heinz Weis
Leiter Schreinerei
Klaus Volpp
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Zum Stück
Vom guten Menschen zum Mörder
F
Woyzeck hat mit seiner Geliebten Marie
ein uneheliches Kind und er arbeitet
zuviel. Er ist Soldat mit Zusatzdiensten,
Frisör eines depressiven, hundsgemeinen
Hauptmanns, Versuchsobjekt eines
wissenschaftsbesessenen und höchst
ehrgeizigen Doktors. Seine Familie,
die ihm alles auf der Welt ist, sieht
er kaum. Woyzeck ist immer auf
dem Sprung, ständig gehetzt, ein
Job jagt den nächsten. Trotzdem ist
nie genug Geld im Haus. Obwohl es
eine gute Geldquelle ist, schwächt
ihn das ernährungswissenschaftliche
Experiment. Woyzeck isst Erbsen – den
ganzen Tag lang. Und er wird krank: die
Haare fallen ihm aus, er ist psychisch
instabil, er halluziniert.
Woyzeck ist ein guter Mensch und gilt
als Sonderling. Die Natur ist ihm näher
als alles andere. Niemand versteht ihn.
Der Hauptmann bezeichnet Woyzeck
als dumm und unmoralisch. Woyzecks
Freund Andres versucht seine Worte
wegzusingen und zu verdrängen. Und
auch Marie fürchtet sich, wenn Woyzeck
ihr sagt: „Marie, es war wieder was. Es ist
hinter mir gegangen bis vor die Stadt.“
Marie lenkt sich ab und sieht den
schönen Männern in Uniform nach.
Zum Beispiel dem machohaften
Tambourmajor, der ihr Geschenke
macht und ihr schmeichelt. Marie
betrügt Woyzeck. Dieser verdrängt
zunächst seine eifersüchtige Ahnung.
Doch als der Hauptmann ihn in seiner
Angst bestätigt und Woyzeck Marie
und den Tambourmajor sogar beim
Tanz beobachtet, dreht er durch. Seine
Gedanken überschlagen sich, die
Eifersucht brennt in ihm, er redet im
Fieber – mehr noch: Es spricht zu ihm!
„Stich sie tot, stich die Zickwolfi n tot!“
ruft es in seinem Kopf. Diese Stimmen
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lassen ihn nicht mehr los. Er handelt
wie im Fieber und zieht das Messer. Die
Wunde brennt.
Woyzeck ermordet Marie und versucht
die Spuren zu verwischen. Doch das Blut
verrät ihn. Noch einmal kehrt er an den
Tatort zurück und versenkt die Waffe.
Es ist ein Mord, der die Stadt in Aufruhr
bringen wird. Ein Mord, der alles, was
Woyzeck hatte, zerstört. Wird er jemals
zur Ruhe kommen?
Das Fragment Woyzeck
1836 schrieb Georg Büchner, damals 23-
jährig, das szenische Fragment Woyzeck,
das auf einem wahren Fall beruht und
das er bis zu seinem frühen Tod im Jahr
darauf nicht vollendete. Von Woyzeck
liegen drei verschiedene Handschriften
Büchners vor, die jeweils Grundlage der
heute verfügbaren Lesefassungen sind.
„Zieht man die durch Streichung als
verworfen gekennzeichneten und durch
Neufassungen überholten ab, verbleiben
grundlegend für die Textkonstitution
31 Szenen. Diese gehören vier
unterschiedlichen zum Teil umstrittenen
Entstehungsstufen an, und es ist nicht
ohne weiteres erkennbar, in welcher
Reihenfolge Büchner sie angeordnet
wissen wollte. Keine der als Einheiten
in sich auszumachenden Handschriften
ist paginiert. Ebenso fehlt in allen
Handschriften eine Nummerierung
der Szenen. Die strukturelle Eigenart
des Dramas ohne Akteinteilung, die
ungewöhnliche Kürze der Szenen und
ihre relative Eigenständigkeit erhöhen
die Schwierigkeit.“1 Es gibt von Woyzeck
mehrere Lesefassungen. Grundlage
der Heidelberger Inszenierung ist
die Kombinierte Werkfassung von
Henri Poschmann, die einen aktuellen
Forschungsstand der Editionsgeschichte
darstellt und möglichst viele Szenen
des Fragments in eine gut lesbare Folge
bringt.
Der historische Woyzeck
Grundlage von Büchners Woyzeck ist
ein zeitgenössischer Kriminalfall: Neben
mehreren anderen Quellen stützte sich
14 15
Büchner auf den Mord des arbeitslosen
Perückenmachers Johann Christian
Woyzeck an seiner Geliebten Johanna
Christiane Woost. Johann Christian
Woyzeck wurde am 03.01.1780 in Leipzig
geboren, brach eine Handwerkerlehre ab
und arbeitete dann als Perückenmacher,
Diener und Bote, bis er sich schließlich
als Soldat von holländischen, dann
schwedischen und mecklenburgischen
Truppen anwerben ließ. Nach langen
Jahren als Soldat, kehrte er 1818
nach Leipzig zurück, wo er sich als
Gelegenheitsarbeiter durchschlug, weil er
als Stadtsoldat keine Anstellung bekam.
Johanna Woost wurde seine Geliebte,
war ihm aber nicht treu, sondern trieb
sich gerne mit Stadtsoldaten herum.
Es kam zu Eifersuchtsszenen. 1821
wurde Woyzeck wegen kleinerer
Delikte verhaftet und zu acht Tagen
Arrest verurteilt. Danach fand er keine
Gelegenheitsarbeiten mehr und musste
betteln gehen. Johanna Woost lauerte er
weiterhin auf und beobachtete sie beim
Tanz mit anderen Männern. Dann hörte
Woyzeck in sich eine Stimme: „Stich
die Woostin tot.“ Er erstach sie einige
Tage darauf mit einer abgebrochenen
Degenklinge im Hauseingang ihrer
Wohnung.
Der Gerichtsprozess fand damals
große Beachtung. Es gab damals
– ein Novum – medizinische Gutachten
zur Tat. Hofrat Dr. Clarus attestierte
Woyzeck in einem ersten Gutachten
volle Zurechnungsfähigkeit und
Verantwortung.2 Am 11.10.1821 wurde
Woyzeck zum Tode verurteilt. Es folgten
mehrere Gnadengesuche Woyzecks,
die seine geistige Zerrüttung beweisen
sollten. Diese wurden allerdings
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abgelehnt und stattdessen in einem
weiteren Gutachten von Clarus die
Zurechnungsfähigkeit Woyzecks
bekräftigt. Am 27.08.1824 wurde Woyzeck
öffentlich auf dem Marktplatz von Leipzig
hingerichtet – mit wünschenswerter
„Präcision und Schnelligkeit“ wie das
Leipziger Tageblatt berichtet.
Büchner schrieb trotz allem kein
Dokumentarstück dieses Falles. Er legte
den Schwerpunkt seines Stückes auf
den Menschen, der in gesellschaftlichen
Abhängigkeiten und Zwängen gefangen
ist. Interessant sind gerade die
Abweichungen von der historischen
Vorlage: Das Paar Marie-Woyzeck
ist im Stück viel jünger, Woyzeck ist
nicht arbeitslos, sondern von Arbeit
überfordert, vor allem aber stellt
Büchner mit Woyzeck andere Fragen als
das Gutachten. Die schon in Büchners
Dantons Tod aufgeworfene Frage: „Was
ist das, was in uns hurt, lügt, stiehlt und
mordet?“ wird hier in neuer Radikalität
aufgenommen.
1 Henri Poschmann (Hg.): Georg Büchner.
Dichtungen, Frankfurt a. M. 2002, S. 680
2 Ein weiteres Dokument wurde erst
kürzlich entdeckt. Es bekräftigte damals
die Entscheidung für das Todesurteil.
„Entscheidend an diesem wiedergefundenen
Gutachten ist, dass es die vorhandene
Expertenmeinung nicht ergänzt, sondern
bestätigt. Es belegt den Zusammenhalt
innerhalb einer wissenschaftlichen Peergroup,
hier angeführt von K. G. Kühn, dem Dekan der
Medizinischen Fakultät. J. C. Heinroth – die
eigentliche psychiatrische Autorität der Zeit
– war wohl aus formalen Gründen nicht an
der Sache beteiligt. Aber auch er hätte sich
dem Votum von Clarus nicht entgegengestellt.
In einer Rezension zu Clarus erklärt er
unmissverständlich: „Rec. Stimmt gänzlich
den Hauptansichten und dem Urtheile des Vfs.
Bey.“
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom
27.03.2006
18 19
Zum AutorP
Georg Büchner, geboren am
17.10.1813, gestorben am 19.02.1837,
schrieb innerhalb von drei Jahren
sein gesamtes literarisches Werk.
Er studierte Medizin in Gießen und
in Straßburg. 1834 verfasste er die
sozialrevolutionäre Flugschrift
Der hessische Landbote und ein
Jahr später das Revolutionsdrama
Dantons Tod. Kurz darauf wurde
er steckbriefl ich gesucht, fl oh ins
Exil nach Straßburg und übersetzte
nebenbei zwei Dramen von Victor
Hugo. Dann schrieb er die Novelle
Lenz und promovierte Über das
Nervensystem der Barben. 1836
schrieb er, ursprünglich für einen
literarischen Wettbewerb, das
Lustspiel Leonce und Lena. Im
Oktober desselben Jahres zog er nach
Zürich und begann eine Lehrtätigkeit
an der Universität. Ab Winter 1836
schrieb er an Woyzeck. Das Stück
blieb unvollendet. Büchner starb
mit 23 Jahren an Typhus. Er konnte
keines seiner Dramen auf der Bühne
erleben. Seine Stücke wurden erst
um 1900 wiederentdeckt. Woyzeck
wurde am 08.11.1913 im Münchner
Residenztheater uraufgeführt.
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Zur Inszenierung
Psychothriller Woyzeck
B
Kurz vor dem Tod
Die Stimmen lassen ihn nicht los, das Blut an den Händen hat ihn verraten.
Seine Geschichte ist ein Flashback: Alles ist vorbei und kommt doch wieder
– in Woyzecks Kopf. Wie ein Mensch, der kurz davor ist, zu sterben, erlebt er
sein Leben noch einmal, teilweise verzerrt, teilweise deutlicher, manchmal
schneller, manchmal langsamer als zuvor. Seine Nahtoderfahrung: Er sieht alles
wieder vor sich, „er jagt mit rasender Schnelligkeit sein Leben durch“ (Georg
Büchner: Lenz). Textpassagen aus Lenz öffnen die Krankenakte „Woyzeck“. Es
ist der Erinnerungsschrei einer verliebten, verrückten, kranken und verhassten
Er wurde ruhig, es war ihm als träten alte Gestalten, verges-sene Gesichter wieder aus dem Dunkeln, alte Lieder wachten auf, er war weg, weit weg.
Georg Büchner: Lenz
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Zeit. Das Leben eines stummen Underdogs, der schließlich doch grausam
aufbegehrt. Woyzeck schreit laut, ausdauernd, stumm, hilfl os, unerträglich.
Er sieht sich wie einen Anderen und kommt nicht hinterher. Wird der Schrei
heilen, andauern oder immer wieder kehren?
Körper holt Seele ein
Woyzeck ist ein guter Mensch, ein braver Mann. Er versucht alles, doch er
kommt seiner Arbeit nicht hinterher. Der Druck, seine Pfl ichten zu erfüllen,
hetzt Woyzeck durch den Tag. Dahinter steht seine Liebe und Fürsorge für
Marie und das Kind. Sie brauchen Geld zum Leben – und zwar so viel Geld,
dass es eben nicht reicht, nur einen Job zu haben. Obwohl Woyzeck es besser
weiß, ist er immer ein wenig zu spät dran. Und jedes Mal wird es noch später,
denn Woyzeck wird immer schwächer. Der medizinische Versuch zerfrisst
seinen Körper schleichend und unaufhaltsam. Woyzeck hat Halluzinationen
und Angstzustände. Er steigt nicht aus. Er hetzt sich weiter. Er hofft auf
Ruhe, auf eine Zeit, in der die Familie abgesichert und die Zukunft nicht mehr
schwarz ist.
Woyzecks Hoffnung erfüllt sich nicht: Was kommt, ist noch schwärzer, als er
jemals vermuten wollte und konnte. Marie ist Fluchtpunkt seiner Welt. Sie be-
trügt ihn. Woyzeck redet sich mit Ruhe und Verstand ein, dass das nicht wahr
sein kann. Doch irgendwann platzt das Andere aus ihm heraus: Sein Körper
überholt seine Vernunft. Woyzeck läuft Amok.
Sieben Mädchen treten aus den Ecken der Bühne und als Woyzeck-Abspal-
tungen mitten in sein Leben, in dem Moment, wo Woyzecks Vernunft leer
läuft. Die Kinder laufen schneller als Woyzeck es jemals konnte. Der eigent-
liche Woyzeck sieht sich dabei zu als sei er weit weg. Er sieht sich in seiner
Erinnerung laufen: ein Teil von ihm, der jetzt von ihm getrennt ist.
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Er beobachtet, wie er rennt und rennt, wie der eigene Körper die Seele hinter
sich liegen lässt und losprescht ohne sich umzusehen.
Die Kinder stehen bildlich für ein Handeln ohne Logik. Durch sie wird
Woyzeck zum Subjekt, zum Handelnden. Die moralischen Werte sind außer
Kraft gesetzt. Die Gesellschaft zählt nicht mehr. Kinder handeln instinktiv,
sie machen einfach, während der Geist nur nachmachen kann. Marie stirbt
nicht, weil Woyzeck sich vernunftgeleitet rächen will, sondern weil er nicht
anders kann. Ab da, wo Trieb und Natur sein Handeln bestimmen, ist er
nicht aufzuhalten. Sein Körper ist hilfl os, unschuldig, die reine Natur und
gleichzeitig brutal wie ein wildes Tier, brutal wie es der vernünftige, gute
Mensch Woyzeck niemals sein konnte. Es ist die größte Kraft seines Lebens,
die seine größte Lebensüberzeugung bei Weitem übertrifft: Er tötet, was ihn
am Leben hielt. Er befreit sich. Er ist grausam ein Anderer geworden und doch
nah bei sich geblieben.
Seine Nahtoderfahrung erlebt Woyzeck in einem Zwischenraum: Im
abgesenkten und mit Sperrholz ausgekleideten Orchestergraben steht er
wie in seinem Sarg. Die Bühne ist ein assoziativer Raum: Einzelne Teile aus
Sperrholz könnten Tribünenteile, Hochsitze oder eine Hörsaalformation
sein. Sie bilden ein Halbrund. Der Raum wirkt durchlässig und hermetisch
zugleich. Während in der Inszenierung ein intimer und zurückgenommener
Ton intendiert ist, unterstützt die elegische Musik das Pathos des Leidens
im Stück: Die 3. Sinfonie (UA 1977) des polnischen Komponisten Górecki
(*1933) handelt von den Leiden des polnischen Volkes.
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Regie
Martin Nimz
Martin Nimz, 1956 in Brandenburg geboren, studierte Schauspiel an der Staatlichen
Schauspielschule Rostock und war anschließend als Schauspieler und Regisseur u. a. in
Gera, Eisenach, Rostock und Berlin engagiert. Von 2002 bis 2004 war Nimz Schauspiel-
direktor und Regisseur am Staatstheater Kassel. Außerdem inszenierte er u. a. sehr er-
folgreich am Landestheater Württemberg-Hohenzollern Ein Volksfeind und Die Nacht
des Leguan, sowie in dieser Spielzeit am schauspielfrankfurt Die Gerechten und Wer
hat Angst vor Virginia Woolf. Am Theater und Philharmonischen Orchester ist Woyzeck
in dieser Spielzeit nach Die Räuber und Effi Briest bereits seine dritte Inszenierung.
Ausstattung
Bernd Schneider
Der gebürtige Berliner Bernd Schneider arbeitete u. a. als Hallenwart, Farbenreiber,
Theatermaler, Taxifahrer und Regieassistent. Er studierte von 1992 bis 1997 bei Prof.
Volker Pfüller an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee.
Als freier Bühnen- und Kostümbildner arbeitet er neben Martin Nimz mit Regisseuren
wie Florian Fiedler und Armin Petras zusammen, für den er demnächst am Thalia
Theater Bühne und Kostüme für Abalon – one nite in Bangkok von Fritz Kater entwirft.
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Woyzeck
Björn Bonn (*1978) 00-04 Schauspielstudium an der Folkwang
Hochschule Essen, Studiengang Schauspiel Bochum. Gast an den
Wuppertaler Bühnen und am Schauspielhaus Bochum. 04/05 Engage-
ment am Landestheater Württemberg-Hohenzollern. Seit 05_06 fest
am Theater und Philharmonischen Orchester der Stadt Heidelberg.
Hauptmann
Ronald Funke (*1954) studierte an der Staatlichen Schauspiel-
schule Rostock. Engagements in Eisleben, Schwerin, am Theater Mag-
deburg, am Nationaltheater Mannheim, am Theater Biel Solothurn,
am luzernertheater, am Volkstheater Rostock, am Hans-Otto-Theater
Potsdam und am Theater Osnabrück. Seit 05_06 fest in Heidelberg.
Marie
Ute Baggeröhr (*1973) Studium an der Hochschule für Musik
und Theater Felix Mendelssohn-Bartholdy; Gastengagements u. a.
am Thalia Theater Hamburg, Theater Freiburg, Theaterhaus Jena,
schauspielfrankfurt, an den sophiensaelen, Berlin, am TIF Dresden
und am LTT. Seit 05_06 Festengagement in Heidelberg.
Tambourmajor
Till Bauer (*1974) studierte Schauspiel am “theater der Kel-
ler” in Köln. Gastengagements in Bochum, Köln, Hamburg. Festes
Ensemblmitglied am Theater der Altmark Stendal und 04/05 am
Landestheater Württemberg-Hohenzollern, seit 05_06 festes Ensem-
blemitglied in Heidelberg.
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Hagen von der Lieth (*1975) 97-98 Musikstudium in Dresden;
98-02 Schauspielstudium an der Hochschule für Musik und Theater
Felix Mendelssohn-Bartholdy, Leipzig. 00-02 Schauspielhaus Leip-
zig; 02-05 Landestheater Württemberg-Hohenzollern. Seit 05_06
am Theater und Philharmonischen Orchester der Stadt Heidelberg.
Doktor
Nikolaos Eleftheriadis (*1976) studierte von 00-04 Schauspiel
an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart.
04/05 Landestheater Württemberg-Hohenzollern. Seit dieser Spiel-
zeit fest im Heidelberger Ensemble.
Andres
Stephan Schäfer (*1977) 98-02 Schauspielstudium an der
Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“, Berlin; 2000 Gast
am Berliner Ensemble und Maxim Gorki Theater, Berlin; 02-05
Ensemblemitglied am Landestheater Württemberg-Hohenzollern.
Ab 05_06 im Festengagement in Heidelberg.
Karl, ein Idiot
Christina Lisperoglou (*1975) 96-99 Ausbildung am Hambur-
ger Schauspiel-Studio Frese. Seitdem freiberufl iche Schauspielerin
für Theater, Film und Fernsehen; 02/03 Gast, 03-05 fest am Lan-
destheater Württemberg-Hohenzollern. Ab 05_06 fest am Theater
und Philharmonischen Orchester der Stadt Heidelberg.
Margreth, Nachbarin Maries
32 33
Joanna Kitzl (*1980) studierte 98-02 an der Hochschule für Mu-
sik und Theater Hamburg. 02 Solopreis des Schauspielschultreffens.
99-01 Gastengagements u. a. am Ernst-Deutsch-Theater und am
Deutschen Schauspielhaus Hamburg. 02-04 am LTT, 04/05 Zürcher
Theater am Neumarkt. Ab 05_06 fest in Heidelberg.
Käthe, Mädchen beim Tanz
Jens Koch (*1978) 99-03 Schauspielstudium am „theater der
keller" in Köln; 03-05 Gastengagements in Neuss, Köln, Singen, Tri-
er und Aachen. Seit dieser Spielzeit fest am Theater und Philhar-
monischen Orchster der Stadt Heidelberg engagiert.
Unteroffi zier / Jude / Wirt
Christian Schulz (*1963) 1985-1989 Schauspielausbildung an
der Otto-Falckenberg-Schule, München; 89-93 Engagement an den
Vereinigten Städtischen Bühnen Krefeld/Mönchengladbach; 93-00
Theater Lübeck; 00-05 Theater Aachen. In Der Sturm und Effi Briest
zunächst als Gast, seit 2006 fest in Heidelberg.
Ausrufer einer Schaubude
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Wenn der Atem aussetzt und der Arzt es bestä-tigt: sind Sie sicher, dass man in diesem Augenblick keine Träume mehr hat?
Max Frisch
Nahtoderfahrung
R
„Obwohl ich noch im Koma war, sah ich
plötzlich von ganz weit oben auf mich
selbst hinab. Und dann schwebte ich
in einen Tunnel. Einem Licht entgegen.
Und es war das schönste Licht, das ich
je gesehen habe ...“ - ein Nahtodbericht
aus dem Film Flatliners. Immer wieder
berichten Koma-Patienten von ähnlichen
Erfahrungen: Tunnelblick, helles Licht,
Glücksgefühl, Trennung des Ichs vom
eigenen Körper, fi lmartiger Rückblick auf
das eigene Leben.
Sind die Erlebnisse auch ähnlich, sind die
Auslöser verschieden. Michael Schröter-
Kunhardt, Arzt, Neurologe, Psychiater und
Experte für Nahtoderfahrungen erklärt:
36 37
„Es gibt einmal typische Auslöser: das
wären todesnahe Situationen, z. B. ein
Autounfall oder ein Herzinfarkt. Und dann
die so genannte psychologische Todes-
nähe: Man erwartet zu sterben, etwa bei
einem Bergsturz kann man das schon im
freien Fall erleben, obwohl man gar nicht
verletzt ist.“
Mediziner können die Nahtod-Erlebnisse
teilweise sogar durch elektrische Reize
erzeugen. Prof. Gerhard Roth erklärt:
„Das ist ja ein Konstrukt, das über lange
Jahre langsam im Kleinkind ausreift und
das uns sagt, was zum eigenen Körper
gehört und was nicht. Das wird über einen
Teil der Hirnrinde vermittelt. Wenn dieser
Scheitellappen mit zu wenig Sauerstoff
oder zu wenig Zucker versorgt wird, geht
die Wahrnehmung auseinander. Dann sieht
man sich oberhalb seines Körpers. Das
kann man übrigens auch träumen.“
Auch für das allumfassende Glücksge-
fühl – ein weiteres Standardelement der
Nahtoderlebnisse – liefert er eine unspek-
takuläre Erklärung: „Dieses Wohlgefühl
ist zurückzuführen auf eine Ausschüttung
der hirneigenen Opiate. Wenn sehr starke
Schmerzen auftreten, kommt es zu einer
übermäßigen Ausschüttung, und man fühlt
sich richtig ‚high‘.“
Unerklärbar scheint dagegen die Tatsa-
che, dass ein Patient Tage nach seiner
Wiederbelebung präzise weiß, in welche
Schublade die Krankenschwester sein
Gebiss gesteckt hat und wie der Raum in
der Notaufnahme aussah – obwohl er im
Koma lag.
Peter Fenwick vom Institute of Psychiatry
in London plant eine einmalige Studie:
Kameras sollen Koma-Patienten dauerhaft
fi lmen. Außerdem werden LCD-Anzeigen
über dem Bett angebracht, sodass sie nur
von der Zimmerdecke aus zu sehen sind.
Wenn jemand dann wirklich eine außer-
körperliche Erfahrung hat, und sich selbst
von oben sieht, müsste er auch diese
Anzeige sehen können. Peter Fenwick
ist auf alles gefasst: „Wenn jemand einen
Code erfassen kann, obwohl er bewusst-
los ist, würde das bedeuten: Körper und
Geist sind voneinander unabhängig. Wir
müssten uns dann ernsthaft fragen, was
unseren Verstand eigentlich ausmacht.
http://www.br-online.de/wissen-bildung/arti-
kel/0404
44 45
Nur für Verrückte
g
Es war einmal einer namens Harry,
genannt der Steppenwolf. Er ging auf
zwei Beinen, trug Kleider und war ein
Mensch, aber eigentlich war er doch
eben ein Steppenwolf. Er hatte vieles von
dem gelernt, was Menschen mit gutem
Verstande lernen können und war ein
ziemlich kluger Mann. Was er aber nicht
gelernt hatte, war dies: mit sich und
seinem Leben zufrieden zu sein. Das kam
wahrscheinlich daher, dass er im Grunde
seines Herzens wusste, dass er eigentlich
gar kein Mensch, sondern ein Wolf aus
der Steppe sei.
Der Steppenwolf hatte also zwei Naturen,
eine menschliche und eine wölfi sche,
dies war sein Schicksal und es mag wohl
sein, dass dies Schicksal kein so beson-
deres und seltenes war. Es sollen schon
viele Menschen gesehen worden sein,
welche viel vom Hund oder vom Fuchs,
vom Fisch oder von der Schlange in sich
hatten, ohne dass sie darum besonde-
re Schwierigkeiten gehabt hätten. Bei
diesen Menschen lebte eben der Mensch
und der Fuchs, der Mensch und der
Fisch nebeneinander her, und keiner tat
dem andern weh, einer half sogar dem
andern und in manchem Manne, der es
weit gebracht hat und beneidet wird,
war es mehr der Fuchs oder Affe als der
Mensch, der sein Glück gemacht hat.
Dies ist ja jedermann bekannt. Bei Harry
hingegen war es anders, in ihm liefen
Mensch und Wolf nicht nebeneinander
her und noch viel weniger halfen sie
einander, sondern sie lagen in ständiger
Todfeindschaft gegeneinander und einer
lebte dem andern lediglich zu Leide und
wenn zwei in einem Blut und einer Seele
miteinander todfeind sind, dann ist das
ein übles Leben.
von Hermann Hesse
46 47
Diese Vision dauerte nur einen Moment. Dann überschritt Bowman eine
Schwelle des Bewusstseins, die noch kein Mensch vor ihm erreicht hatte.
Die Quellen seiner Erinnerung wurden freigelegt: er durchlebte seine Vergan-
genheit, wenn auch in umgekehrter Folge. Aber nicht nur die Szenen, auch
alle Wahrnehmungen seiner Sinne und alle je empfundenen Gefühle durch-
lebte er erneut in rasendem Tempo.
Er durchschritt den Korridor der Vergangenheit, und während er in seine
Kindheit zurückkehrte, wurde alles, was er gewusst und erfahren hatte, aus
ihm herausgeholt. Nichts ging verloren. Schneller, immer schneller bewegte
er sich in längst vergessene Jahre zurück. Menschen, die er einst geliebt hatte
und die seiner Erinnerung entwichen waren, lächelten ihn freundlich an.
Er lächelte zurück, zärtlich aber ohne Wehmut. Dann verlangsamte sich der
rasende Rücklauf und die Quellen seiner Erinnerung trockneten aus.
Rücklauf
F
David Bowman warf sich unruhig hin und her. Er schlief nicht länger, er war
auch nicht wach; er träumte nicht, aber er war auch nicht völlig besinnungs-
los. Einmal hatte er durch ein Mikroskop auf den Querschnitt eines mensch-
lichen Gehirns geschaut, und dessen Netzwerk von Fasern besaßen die
gleiche labyrinthartige Zeichnung. Aber es war tot und unbeweglich gewesen,
während das hier das Leben selbst war oder noch mehr. Er wusste – oder
glaubte zu wissen -, dass er die Arbeit eines gigantischen Geistes beobachtete,
ein Universum, von dem er selbst einen winzigen Teil vorstellte.
von Arthur C. Clarke
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Im Vergleich zu den anderen empfand ich mich als eher unan-genehmen Kranken. Ich hatte gewisse Schwierigkeiten, wieder Besitz von mir selbst zu ergreifen. Seltsame Erfahrung. Die eige-nen Beine als fremde Gegenstände zu sehen, als etwas, das mit dem eigenen Geist nichts zu tun hat, dem sie mehr oder min-der zufällig zugeordnet sind, und das eher schlecht. Sich selbst – fast ungläubig – als einen Haufen von Gliedmaßen in Bewe-gung vorzustellen. Und man braucht sie, diese Gliedmaßen, man ist unbedingt auf sie angewiesen. Trotzdem sehen sie manchmal ziemlich merkwürdig aus, ziemlich bizarr. Vor allem die Beine.
Michel Houellebecq
Horror-Experiment
v
London, 16. März – Dass man bei der US-
Firma Parexel, die für Pharmaunterneh-
men klinische Tests durchführt, vorsorg-
lich die Schotten dicht gemacht hat, liegt
daran, dass sich diese Woche hinter der
Glastür im siebten Stock des Northwick
Park Hospital eine der folgenschwersten
und gruseligsten Pannen in der Geschichte
jüngerer pharmakologischer Forschung
ereignet hat. Sechs gesunde junge Männer,
an denen ein neues Medikament gegen
Leukämie und Rheuma getestet werden
sollte, brachen nur Minuten nach der
Injektion zusammen.
Das Medikament mit der Bezeichnung
TGN1412 hat die Aufgabe, die Killerzel-
50 51
len des menschlichen Immunsystems zu
aktivieren, damit sie Krankheitserreger
bekämpfen können. Bei dem Test freilich
scheint es auf grauenvoll gründliche
Weise gewirkt zu haben. Denn was sich
vor den Augen der fassungslosen Ärzte
abspielte, erinnerte eher an einen Horror-
fi lm als an einen klinischen Versuch: „Sie
rissen sich die Hemden vom Leib und
klagten über Fieber. Einige schrieen, weil
sie glaubten, ihre Köpfe könnten jeden
Moment explodieren. Andere brachen be-
wusstlos zusammen, übergaben sich oder
krümmten sich vor Schmerzen in ihren
Betten.“ Ein anderer Mann habe den Rü-
cken nach vorne durchgedrückt, „als ob
ihm jemand ins Kreuz treten würde“ und
die Ärzte um Schmerzmittel angefl eht.
Das Einzige, was die Ärzte bislang zu wis-
sen scheinen, ist, dass bei den Versuchs-
personen lebenswichtige Organe einfach
versagten. „Seine Lungen, sein Herz, und
seine Nieren müssen künstlich unterstützt
werden“ erklärte die Freundin eines Be-
troffenen. Eine andere erzählt, „Sein Kopf
ist aufs Dreifache angeschwollen, und
sein Hals ist sogar noch breiter als sein
Kopf. Seine Haut ist dunkelviolett und
seine Augen sind mit Tesafi lm zugeklebt.“
Und er leide unmenschliche Schmerzen:
„Es war die reine Agonie“.
Die menschlichen Versuchskaninchen
hätten ein Honorar von 2000 Pfund (etwa
3000 Euro) für die Teilnahme an dem Test
erwarten können. Die furchtbare Panne
von London freilich wird nicht dazu füh-
ren, dass klinische Tests von Medikamen-
ten an Menschen aufhören. Derweil noch
immer zwei Menschen auf der Intensiv-
station des Northwick Park Hospital mit
dem Tode ringen, sitzt hinter der Glastür
im siebten Stock ein junger Mann auf der
Couch. Kräftig, gesund – und nicht so
wohlhabend, dass er auf ein paar tausend
Pfund verzichten würde. In der Hand
hält er einen Stift und ein Stück Papier.
Sorgfältig und voller Konzentration füllt
er sein Formular aus.
Süddeutsche Zeitung vom 17.03.2006
52 53
Multijobber in Deutschland
j
Freizeit ist für sie ein Fremdwort. Nach
einem Job wartet bereits der nächste. Ihr
Terminkalender ist voll, und es gibt Tage,
da klingelt das Handy im Minutentakt.
Ihre Arbeitszeiten ändern sich kurzfristig.
Und ein geregeltes Einkommen haben sie
nicht. Für traditionelle Arbeitnehmer ist
das eine Horrorvorstellung. Für Multijob-
Voß von der Universität Chemnitz. Viele
Menschen leiden unter hohen Bela-
stungen. Sie sind gezwungen, sich eine
weitere Arbeit zu suchen, weil ihnen das
Geld aus dem Hauptberuf zum Leben
nicht reicht. In Amerika nennt man das
„working poor“. Jeder fünfte US-Bürger
verdient in seinem Erstjob weniger als
den Sozialhilfesatz. Immer mehr Deut-
sche sind gezwungen, „relativ vogelwilde
Beschäftigungsverhältnisse einzugehen“,
beobachtet Voß.
Gerade junge, gutausgebildete und un-
gebundene Menschen sehen die neuen
ber ein Lebensstil. In Deutschland domi-
niert zwar die klassische Vollzeitarbeit,
doch der Trend zum Zweit- und Drittjob
ist unaufhaltbar. Über zwei Millionen
Multijobber gibt es heute.
Multijobbing ist kein pures Lifestyle-Phä-
nomen. „Das Leben ist anspruchsreicher
geworden“, sagt der Soziologe Günter
Arbeitsbedingungen dagegen oft positiv.
Denn wer mehr als eine Arbeit hat, hat
nicht nur mehr zu tun, sondern auch
mehr Chancen. Viele Akademiker pro-
bieren nach dem Uni-Abschluss mehrere
Arbeitsstellen aus – teils parallel – bevor
sie sich für eine entscheiden.
Ulrike Seidl, 44, drei Jobs: Buchhal-Ulrike Seidl, 44, drei Jobs: Buchhal-
terin für eine Heizkostenablesefi rma, terin für eine Heizkostenablesefi rma,
Anwaltsassistentin & alleinerziehende Anwaltsassistentin & alleinerziehende
Mutter von zwei Kindern (7 & 12 Jahre).Mutter von zwei Kindern (7 & 12 Jahre).
„Vormittags arbeite ich von Montag bis
Freitag viereinhalb Stunden in einer
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Anwaltskanzlei. Von dem Geld, das ich
dort verdiene, kann ich gerade meine
Miete zahlen. Danach fahre ich jeden Tag
eins meiner Kinder zum Bogenschießen,
Tanzen oder was sonst noch anfällt.
Die Kinder und Haushalt sind ein echter
Fulltime-Job. Seit ich von meinem Mann
geschieden bin, arbeite ich abends von
zu Hause aus. Ich mache Abrechnungen
für eine Heizkostenablesefi rma. Ich bin
gottfroh, dass ich diese Arbeit habe
– sonst könnte ich nicht überleben. Das
wichtigste ist, dass man sich den Tag
gut organisiert. Aber das ist Routine
Nina Kränsel, 31, fünf Jobs: Musikerin, Nina Kränsel, 31, fünf Jobs: Musikerin,
Promoterin für Clubs, Schallplattenver-Promoterin für Clubs, Schallplattenver-
käuferin, DJ, Autorin von Kunstbüchernkäuferin, DJ, Autorin von Kunstbüchern
„Ich lehne einen geregelten Job grund-
sätzlich ab. In diese Mühle möchte ich
nicht hineingeraten. Nach dem Abitur
hatte ich kurz ein regelmäßiges Einkom-
men und konnte mir leisten, mit meinem
Freund eine Woche nach London zu
fl iegen. Aber ich war entsetzlich unglück-
lich über diesen starren Montag-bis-
Freitag-Rhythmus. Meine Entscheidung
war dann, hauptsächlich Musik machen
und andere Jobs drum herum basteln. Ich
für mich. Freie Zeit gibt es so gut wie
keine. Besonders schwer ist es, wenn die
Kinder Ferien haben. Ab und zu muss
ich Freunde bitten, dass sie auf meine
Kinder aufpassen – ich hab’ ja keine Zeit.
Und sonst hilft mir keiner. Mein Exmann
bezahlt keinen Unterhalt für die Kinder.
Trotzdem: Eigentlich bin ich ganz glück-
lich so. Ich mache das für meine Kinder.
Das lohnt sich. Vielleicht treffe ich einen
neuen Partner, und es wird entspannter.
Dass mir einmal das Geld nicht gereicht
hätte, kam noch nie vor. Dafür bin ich zu
fl eißig.“
lebe von ca. 1000 Euro im Monat. Das ist
ein rechtes Jonglieren, aber ich brauche
kein Polster auf meinem Konto. Für mich
ist es ein Lebensentwurf. Man kann nie
abschalten. Manchmal renne ich von
einem Termin zum nächsten. Da denke
ich mir schon: Wo bleibt jetzt die Zeit für
mich? Das denke ich mir allerdings nur an
schlechten Tagen. An guten Tagen denke
ich: Hey, mach’ ich viel, das ist cool. Und
deshalb will ich so weitermachen.“
Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung
vom 02.04.2006
Ich hatte alle äußeren Kennzeichen eines menschlichen We-sens – Fleisch, Haut, Haare –, aber meine Entmenschlichung war so gravierend, reichte so tief, dass die Fähigkeit zur An-teilnahme abgetötet, einem schleichenden, zielstrebigen Ver-fall zum Opfer gefallen war. Ich imitierte einfach die Wirk-lichkeit, die grobe Karikatur eines menschlichen Wesens, und nur ein düsterer Winkel meines Hirns blieb in Betrieb. Das einzige, was mir Linderung brachte, war der angenehme Klang von Eiswürfeln, die in ein Glas J&B fallen. In den Stunden vor der Dämmerung fand ich mich über unser Bett gebeugt, einen Eis-pickel in der Hand und wartete, dass Evelyn die Augen aufschlug.
Bret Easton Ellis
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Bret Easton Ellis: American Psycho, Köln 1991
Nicht gekennzeichnete Texte sind Originalbei-
träge von Katrin Spira.
Wenn wir trotz unserer Bemühungen Rechtein-
haber übersehen haben sollten, bitten wir um
Nachricht.
Internet: www.theaterheidelberg.de
Theater und Philharmonisches Orchester der
Stadt Heidelberg
2005_06, Programmheft Nr. 23
Impressum
Herausgeber: Theater und Philharmonisches
Orchester der Stadt Heidelberg
Intendant: Peter Spuhler
Verwaltungsleiterin: Andrea Bopp
Redaktion: Katrin Spira
Redaktionelle Mitarbeit: Helena Weiß
Gestaltung: atelier september
Herstellung: abcdruck GmbH, Heidelberg
Anzeigen: Greilich / Neutard
Nachweise
Probenfotos: Helke Hasse & Bernd Scheider
Bilder: http://www.amrep.org/images/woyzeck/
woyzeck3.gif (S. 15)
http://coverpearl.piranho.de/Bildung/pix/
buechner.jpg.de (S. 19)
Texte: Hermann Hesse: Der Steppenwolf,
Frankfurt a. M. 1974
Michel Houellebecq: Ausweitung der
Kampfzone, Reinbek 2000
Arthur C. Clarke: 2001 - Odyssee im Weltraum,
München 1976
Gerhard Zacharias (Hg.): Das Böse, München
1972
„Blum Antiquitäten & Kunst“74937 Spechbach i. Kraichgau
Wolfstraße 2 Tel 06226- 44253 Mitglied im Deutschen Kunsthandelsverband e.V.
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