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Vorlesung TU 12/11/08
EU-Erweiterung: Theoretische Erwartungen zu einer Integration extrem ungleicher Partner
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Wirkungen der bisherigenErweiterungsrunden auf die EU
Erweiterungsrunde
Zuwachs (%) BSP-Niveau
Bevölkerung
BSP EU 6=100
1973: EU 6 > EU 9
32 29 97
1986: EU 9 > EU 12
22 15 91
1995: EU 12 > EU 15
11 8 89
2004: EU 15 > EU 25
29 9 75
Q: Brasche (2003).
3
Entwicklungsniveau in den neuen Mitglied-staaten im Vergleich zur EU
27
Q: Eurostat.
BIP pro Kopf zu Kaufkraftparitäten, EU 27 = 100
76
52
3835
27
38
52 47
73
133
41
5653
58
6863
79
37
65
89
129
0
20
40
60
80
100
120
1401997
2006
EU 15 min 2006: 74 (Portugal)
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Makroökonomische Entwicklung der neuen Mitgliedstaaten
Veränderung gegen das Vorjahr in %
Q: Eurostat.
Bruttoinlandsprodukt real Verbraucherpreise
2004 2005 2006 2007 2003 2004 2005 2006
Tschechien +4,5 +6,4 +6,4 +5,8 -0,1 +2,6 +1,6 +2,1
Ungarn +4,8 +4,1 +3,9 +2,0 +4,7 +6,8 +3,5 +4,0
Polen +5,3 +3,6 +6,1 +6,5 +0,7 +3,6 +2,2 +1,3
Slowakei +5,4 +6,0 +8,3 +8,7 +8,4 +7,5 +2,8 +4,3
Slowenien +4,4 +4,1 +5,7 +6,0 +5,7 +3,7 +2,5 +2,5
Estland +8,3 +10,2 +11,2 +7,8 +1,4 +3,0 +4,1 +4,4
Litauen +7,3 +7,9 +7,7 +8,5 -1,1 +1,2 +2,7 +3,8
EU 27 +2,5 +1,8 +3,0 +2,9 +2,0 +2,0 +2,2 +2,2
Österreich +2,3 +2,0 +3,3 +3,3 +1,3 +2,0 +2,1 +1,7
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Entwicklung des BIP pro Kopf
Prognostizierte Wachstumsrate
Estland 6,6Lettland 7,2Litauen 7,4Polen 5,1Tschechien 3,6Slowakei 5,1Ungarn 4,3Slowenien 3,7Bulgarien 6,7Rumänien 4,6
Türkei 5,5
EU 15 1,9
Wachstumsrate
1995-2003(% p.a.)
6,5
7,1
6,2
4,0
1,8
3,5
4,0
3,7
1,9
2,1
1,1
1,8
Jahre bis 75%
EU-Niveau
33
35
38
46
82
46
55
18
53
100
56
Q: Eurostat, eigene Berechnungen.
Jahre bis 75%EU-Niveau
(KKP)
12
11
11
18
2
24
14
0
17
18
30
6
Lohnniveau in den neuen Mitgliedstaaten im Vergleich zu
Österreich
Q: WIIW, WIFO-Berechnungen.
Bruttomonatslöhne und –gehälter in der Gesamtwirtschaft 2004; Österreich = 100
In EUR zu Kaufkraftparitäte
n
Polen 21 47
Tschechien 22 45
Slowakei 14 30
Ungarn 23 42
Slowenien 44 63
Estland 18 33
Lettland 12 27
Litauen 13 30
Bulgarien 6 18
Rumänien 8 23
7
Lohnstückkosten in den neuen Mitgliedstaaten im Vergleich zu
Österreich
Q: WIIW.
Österreich = 100; KKP-bereinigt
21,0
27,9
18,6
49,7
21,323,7
15,6
39,9
44,7
29,5
59,8
40,9 41,2
32,3 31,0
23,7
0
10
20
30
40
50
60
70
Tschechien Polen Slowakei Slowenien Ungarn Estland Lettland Litauen
1995 2004
8
Preisniveau in den neuen Mitgliedstaaten
im Vergleich zur EU 27
Q: Eurostat.
KKP/WK in %, 2006
5659 59
44
67
586061
76
105
63
101
0
20
40
60
80
100
1202006
EU 15 min 2006: 86 (Portugal)
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Handelsgewinne bei komparativen Vorteilen
Winterrosen Computer
Österreich - 10.000.000 + 100.000
Marokko + 10.000.000 - 30.000
Beide Länder 0 + 70.000
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Komparative Vorteile aus Technologieunterschieden
Modell: David Ricardo (1817)
Annahmen: 2 Länder (In- und Ausland)
2 Güter (Wein und Käse)
1 Produktionsfaktor (Arbeit)
Länder unterscheiden sich (nur) in Technologie (= Arbeitsproduktivität)
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Funktion der Produktionsmöglichkeiten
im In- und Ausland
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Relatives Angebot und Relative Nachfrage in der „Welt“
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Konsummöglichkeiten bei Außenhandel
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Missverständnisse in Integrationsdebatte und Antworten
im Ricardo-Modell
„Freihandel ist nur vorteilhaft, wenn das Land stark genug ist, um der ausländischen Konkurrenz standzuhalten“
Ricardo: Falsch! Nicht absolute Vorteile, sondern relative Vorteile sind für Handelsgewinne ausschlaggebend.
„Auslandskonkurrenz ist unfair und schädigt entwickelte Länder, wenn sie auf niedrigen Löhnen basiert“
Ricardo: Falsch! Ob komparative Kostenvorteile aus niedrigeren Löhnen oder höheren Produktivitäten, ist uninteressant.
„Bei Freihandel wird ein Land ausgebeutet, wenn seine Arbeitskräfte viel geringer entlohnt werden als jene des Handelspartners“
Ricardo: Falsch! Arbeitskräfte sind mit Außenhandel besser gestellt als ohne Außenhandel.
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Erkenntnisse Ricardo-Modell für EU-Erweiterung
Länder exportieren jene Güter, die sie RELATIV effizient produzieren können, und importieren Güter, bei deren Produktion sie relativ ineffizient sind.
Produktions- und Handelsmuster werden daher durch jeweilige KOMPARATIVE VORTEILE (nicht: absolute Vorteile) bestimmt.
Ausrichtung Produktionsstruktur entlang komparativen Vorteilen bei Außenhandel allein durch entsprechend Preisanreize (also durch Marktmechanismus)
Außenhandel ist für beide Länder vorteilhaft. Dies gilt auch dann, wenn Produktivitäten in einem Land in allen Sektoren niedriger.
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Probleme RICARDO – Modell
Modell prognostiziert extremes Ausmaß Spezialisierung (empirisch nicht belegbar)
Beschränkung Modell auf einen Produktionsfaktor verhindert Analyse Effekte Außenhandel auf Einkomensverteilung INNERHALB Länder
Herkunft komparativer Vorteile bleibt offen
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Komparative Vorteile aus Unterschieden
in der Faktorausstattung
Modell: Eli Heckscher & Bertil Ohlin (1930er Jahre)
Annahmen: 2 Länder (In- und Ausland)
2 Güter (Bekleidung und Nahrungsmittel)
2 Produktionsfaktoren (Arbeit und Boden)
- Länder unterscheiden sich in Ausstattung mit Produktionsfaktoren
- In Produktion beider Güter werden beide Produktionsfaktoren eingesetzt
- Substitution Produktionsfaktoren in Produktion möglich; Grenzertrag Faktoreinsatz aber sinkend
- Vollkommene Konkurrenz
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Mögliche Faktorkombinationen in der Nahrungsmittelproduktion
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Zusammenhang Faktorpreise und Inputwahl
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Zusammenhang Güter- und Faktorpreise
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Güterpreise und Wahl der Inputs
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Erkenntnisse Heckscher-Ohlin - Modell
Relativer Outputpreis Güter bestimmt relative Faktorpreise und damit Einkommensverteilung
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Faktorausstattung und Ressourcenallokation
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Faktorausstattung und Ressourcenallokation: Wachstum des
Faktors Boden
25
Erkenntnisse Heckscher-Ohlin - Modell
Relativer Outputpreis Güter bestimmt relative Faktorpreise und damit Einkommensverteilung
Land produziert jene Güter relativ effizient, bei deren Produktion jene Faktoren vermehrt eingesetzt, die in Land reichlich verfügbar
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Faktorausstattung und Produktionsmöglichkeiten
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Konvergenz relative Preise bei Außenhandel
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Erkenntnisse Heckscher-Ohlin - Modell
Relativer Outputpreis Güter bestimmt relative Faktorpreise und damit Einkommensverteilung
Land produziert jene Güter relativ effizient, bei deren Produktion jene Faktoren vermehrt eingesetzt, die in Land reichlich verfügbar
Länder exportieren jene Güter, die reichlich verfügbare Faktoren vermehrt einsetzen > Spezialisierung bei Außenhandel
Bezieher von Einkommen aus reichlich verfügbarem Faktor gewinnen im Außenhandel, Bezieher von Einkommen aus dem knappen Faktor verlieren.
Außenhandel führt zu vollständigem Faktorpreisausgleich
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Erkenntnisse HO-Modell für EU-Erweiterung
WEST konzentriert sich im Integrationsfall auf Güter mit hoher Kapitalintensität i.w.S. OST exportiert arbeitsintensive bzw. humankapital- und technologieextensive Güter.
Langfristig ist Angleichung Faktorentgelte zwischen OST und WEST zu erwarten (Konvergenzprozess)
In WEST Anpassungskosten bei arbeitsintensiven Branchen mit relativen (!) Technologienachteilen
Integration erhöht Wohlfahrt in allen Ländern, führt aber in WEST zu größerer Ungleichheit in Einkommensverteilung
Da netto Wohlfahrtsgewinne: Kompensation Verlierer durch Gewinner möglich
Wirkungen Integration allein durch freien Güterhandel, Wanderung Produktionsfaktoren dafür nicht erforderlich. Damit: Übergangsbestimmungen in Freizügigkeit Arbeitskräfte verhindern verteilungspolitische Konsequenzen nicht.
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Probleme Heckscher-Ohlin – Modell
Modell kennt nur „raumlose Punktmärkte“; Keine Modellierung Transport- und Transaktionskosten
Modell unterstellt konstante Skalenerträge in Produktion (vollkommene Konkurrenz) > keine Berücksichtigung externer Effekte
Modell kann wichtige „Stylised Facts“ im Außenhandel nicht erklären
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Grundlagen „neue“ Integrations- und Standorttheorien
Modelle:
Neue Außenhandelstheorie
New Economic Geography
Annahmen:
Monopolistische Konkurrenz
Horizontal differenzierte Produkte: Branchen produzieren mehrere Produktvarianten (jeweils mit steigenden Skalenerträgen)
Konsumenten ziehen Nutzen aus Produktvielfalt
Anbieter Produktvariante ist Monopolist: Preisgestaltungsspielraum führt zu Monopolrenten
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Erkenntnisse „Neue Außenhandelstheorie“ für EU-
Erweiterung
Im Handel mit neuen MS herrscht zunächst inter-industrieller Handel (zwischen Branchen) vor, mit Aufholprozess wird auch intra-industrieller Handel (innerhalb Branchen) bedeutend.
Gänzliche Angleichung Einkommensniveaus nicht mehr gesichert
Produkte mit steigenden Skalenerträgen tendieren zum größeren Markt („Heimmarkteffekte“)
In Hinblick auf Marktzugang „größere“ Länder produzieren (relativ) mehr Güter mit steigenden Skalenerträgen, „kleineren“ Länder verbleibt Spezialisierung auf Güter mit konstanten Skalenerträgen.
Einkommenseffekte Integration sind je nach Spezialisierung unterschiedlich; Integration führt zu Zentrum-Peripherie – Muster
Dauerhaftes Zurückbleiben („peripherer“) neuer Mitgliedstaaten denkbar
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Grundlagen „New Economic Geography“
Annahmen (monopolistische Konkurrenz, Branchen mit steigenden Skalenerträgen; Produktdifferenzierung) wie Neue Außenhandelstheorie
Dazu: Faktorausstattung wird endogen (Faktorwanderung)
Selbst verstärkende Effekte; Mechanismen kumulativer Verursachung
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Zentripetale und zentrifugale Kräfte und ihre Modellierung
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Standortwahl bei konstanten Skalenerträgen
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Standortwahl bei steigenden Skalenerträgen
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Ergebnisse New Economic Geography
Externe Skalenerträge können über Faktorwanderung (Arbeitskräfte, Unternehmen) kumulative Prozesse erzeugen und stark ungleiche Entwicklungen im Raum auslösen
Externe Skalenerträge können „first-mover – Vorteile“ erzeugen; einmal entstandene „Zentren“ sind „Newcomern“ überlegen
Bei externen Skalenerträgen keine eindeutigen Modelllösungen mehr (multiple Gleichgewichte)
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Zentripetale und zentrifugale Kräfte und ihre Modellierung
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Integrationsstand und Standortwahl
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Ergebnisse New Economic Geography II
Standortwahl als „trade-off“ zwischen Ballungsvor- und –nachteilen
Integration verändert Standortmuster massiv
Integration führt über Wanderung Produzenten von Gütern mit steigenden Skalenerträgen zunächst zu Verstärkung Polarisierung und zu Herausbildung Zentrum-Peripherie – Gefälle
In späten Integrationsphasen vermindert sich Einkommensgefälle wieder > Catching up der Peripherie; Konvergenz Einkommen
U-förmiger Verlauf räumliche Konzentration bzw. Einkommensgefälle im Integrationsprozess
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Catching-up Prozess im Mehr-Regionen-Fall
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Erkenntnisse „New Economic Geography“ für EU-Erweiterung
Kontinuierlicher Aufholprozess neuer Mitgliedsländer nicht gesichert
Performance Region in Integration nicht nur durch komparative Kostenvorteile, sondern auch durch Marktzugang und Skalenerträge bestimmt
Regionen mit großen Märkten (Zentren) bringt Integration zunächst Vorteile. EU-Erweiterung kann räumliche Polarisierung damit zunächst verstärken
In späten Integrationsphasen Konvergenzprozess, periphere (Ost-)Standorte holen auf
Langfristige Konvergenzprozesse erfassen nicht alle Regionen gleichzeitig, sondern breiten sich wellenförmig aus.
Zügige Annäherung Regionen beiderseits Grenze bei gleichzeitiger Verstärkung Disparitäten innerhalb neuer Mitgliedstaaten wahrscheinlich. Auch dauerhaft Rückfall einzelner Regionen möglich.
Kurzfristige Vorteile können aufgrund kumulativer Effekte zu dauerhaften Unterschieden Regionen führen > Wettbewerbsfähigkeit zu Beginn Integration bestimmt weitere Entwicklung.