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INHALT
Pferd und MenschDas UrwildpferdDas SportpferdBezeichnung der RassenVerhaltensweisen des PferdesUmgang mit PferdenPflege des Pferdes Stallhaltung und FütterungGefahren in der UmweltInteressante RassepferdeDer gute ReitstallDer ReitlehrerAnfänger in der Reitbahn Was heißt reiten?
©Naumann, Rita, Ratgeber Pferde 1/2014
Pferd und Mensch Pferdehufe sind schnell. Aber nicht schnell genug für das
atemberaubende Tempo des Jahrhunderts, in dem wir leben. Was
den Menschen Jahrtausende hindurch genügt hat, die Fortbewegung
zu Pferd, uns Menschen des 21. Jahrhunderts genügt es nicht mehr.
Und so schafften wir es in wenigen Jahrzehnten, dem Pferd den
Boden unter den Füßen wegzuziehen.
Eine der ältesten Mensch-Tier-Beziehungen fast restlos zu zerstören,
das Pferd beinahe zum Zootier umzugestalten. Kraft und
Schnelligkeit der Motoren haben das Pferd verdrängt, vom ganz
unersetzlichen Mitarbeiter zum Luxusgegenstand werden lassen.
Es mag der Phantasie jedes Einzelnen überlassen bleiben, sich aus-
zumalen, welche Veränderung in der Geschichte der Menschheit die
Domestizierung des Wildpferdes bewirkt hat. Der langsame
Zweibeiner wurde in einer für uns Heutige vermutlich unvorstellbaren
Weise entlastet, als er lernte, sich der Kräfte und Schnelligkeit des
Pferdes zu bedienen und seine Lebensmöglichkeiten dadurch rapide
zu steigern.
Es gab ihm Macht über jene, die die Möglichkeit, das Wildpferd auch
zu anderem als zum Verzehr zu nutzen, noch nicht erkannt hatten.
Es weitete seinen Lebensraum unter Schonung der eigenen Kräfte.
Es veränderte sein Leben vollkommen.
Und diese Mensch-Pferd-Beziehung behielt tatsächlich ihre
Bedeutung über Jahrtausende hinweg bis in unser Jahrhundert
hinein.
Die stürmische technische Entwicklung binnen einiger Jahrzehnte
von den ersten Eisenbahnen und Automobilen, deren Ansatzpunkte
in das vorige Jahrhundert reichen, bis zur Weltraumfahrt unserer
Tage hat unser Empfinden abgestumpft. Aber lohnt es sich nicht
doch, einmal zurückzudenken, wenigstens den Versuch dazu zu
machen?
Vielleicht kann man sich dann doch ein bisschen ausmalen, welch
überwältigende Erkenntnis es für unsere Vorfahren gewesen sein
muss, dass sie die Kraft des Pferdes für sich nutzbar machen
konnten, welche Bedeutung dem Pferd in der Geschichte der
Menschheit zukommt.
Wann diese Wandlung in der Pferd-Mensch-Beziehung eintrat, wann
der Fleischlieferant Pferd zum Lastenbeförderer wurde, kann
niemand genau sagen, es geschah vermutlich in der jüngeren
Steinzeit. Knochenfunde, Schnitzereien und Zeichnungen aus jenen
fernen Zeiten geben der Wissenschaft die Möglichkeit, einiges zu
rekonstruieren. Es ist wenig genug und andrerseits doch sehr viel,
was sich aus der Vorgeschichte bis in unsere Zeit erhalten hat und
dazu beiträgt, das Dunkel um das Leben unserer Vorfahren etwas zu
lichten.
Es gab zum Glück schon damals Künstler, die Szenen ihres Lebens
festhielten und uns damit Einblicke in unsrer aller Vergangenheit
ermöglichen, zu der ja auch die Vergangenheit der Tiere gehört.
Das Urwildpferd
Es gibt nicht nur einen Ahnen bei unseren Hauspferden, sie haben
nach Ansicht der Wissenschaftler mehrere wilde Vorfahren gehabt.
Versteinerungen und Knochenfunde aus frühester Zeit, die schon
erwähnten Kunstwerke eis- und steinzeitlicher Menschen sind die
Lehrbücher, aus denen diese Erkenntnisse gewonnen werden. Bis
vor etwa hundert Jahren lebten diese Hauspferdahnen noch frei und
ursprünglich in den Steppen Südrußlands und in den Wäldern
Osteuropas. Es waren der Steppentarpan und der Waldtarpan. Beide
verschwanden im 18. und 19. Jahrhundert von der Erde, ausgerottet
vom Menschen. Man kann denen, die das auf dem Gewissen haben,
kaum einen Vorwurf machen. Es fehlte an der nötigen Einsicht, wie
einfach es ist, eine Tierart zu vernichten, und wie unmöglich, sie neu
zu schaffen.
Eine Erkenntnis, die die Menschheit zwar heute dank der intensiven
Aufklärungsarbeit der Wissenschaftler durchaus hat, aber trotzdem
nur selten zur Kenntnis nimmt.
Wo Wildtiere dem Menschen in irgendeiner Weise in die Quere
kommen oder ihre Tötung ihm Nutzen verspricht, sind sie immer
noch von der völligen Vernichtung bedroht.
Die Tarpanherden waren nun nicht nur erhebliche
Nahrungskonkurrenten auf den Weidegründen der zahmen Haus-
pferde. Die Wildpferdhengste sollen auch Stuten aus den zahmen
Herden entführt haben, die dann durchaus nicht immer in den
Verband der domestizierten Genossen zurückkehrten.
Kam es zu Kämpfen zwischen den Wildpferd- und
Hauspferdhengsten, zogen Letztere in der Regel den kürzeren. So
wurden die Wildlinge also von den erbosten Herdenbesitzern
bekämpft, außerdem wurden sie durch die immer weiter
vorangetriebene Kultivierung ihres Lebensraumes zurückgedrängt
und waren nach wie vor gejagtes Wild zur Fleischbeschaffung.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts hielt ein polnischer Fürst noch eine
kleine Herde reinblütiger Tarpane, die er dann aber wegen
Schwierigkeiten der winterlichen Futterbeschaffung an seine Bauern
aufteilte. Diese zähmten die Wildlinge, paarten sie mit ihren, den
Wildlingen ja sowieso sehr ähnlichen, Hauspferden, so gingen sie in
den ponyartigen Hauspferdrassen auf. Zu spät fiel den Menschen
ein, dass man die Urpferde zumindest in einigen Exemplaren
reinblütig hätte, erhalten sollen. Auch um die noch vorhandenen
kümmerlichen Reste der Steppentarpane kümmerte man sich viel zu
spät.
Eine einzige reinblütige Tarpanstute war übriggeblieben. Sie entwich,
wurde gejagt, bis sie in eine Felsspalte geriet und ein Bein brach.
Man schaffte sie zwar lebend zurück in die Gefangenschaft, aber im
Dezember 1879 starb auch sie.
Der Tarpan war aus dem großen Buch der Natur gestrichen.
In der Inneren Mongolei hatte aber doch noch eine bis dahin völlig
unbekannte Wildpferdart überlebt. Sie wurde erst 1879, also zufällig
genau in dem Jahr, als die reinblütige Tarpanstute starb, von dem
russischen Forscher Nikolai Przewalski entdeckt.
Allerdings hielt er die Tiere erst für eine Halbeselart oder eine etwas
anders gefärbte Art des mausgrauen Tarpans. Aber sein Freund und
Kollege erkannte, dass es sich um ein echtes, bisher nicht bekanntes
Wildpferd handelte, es bekam, den Namen Przewalskipferd.
Auch dieses Urpferd wurde nun fleißig gejagt und wäre sicher wie
der Tarpan von der Erde verschwunden, wenn nicht ein Kaufmann
namens Assanow mit Friedrich von Falz-Fein, dem Besitzer einer
weltberühmten zoologischen Versuchsstation in der Ukraine, bekannt
gewesen wäre. Als Falz-Fein von diesen Wildpferden hörte,
beauftragte er Assanow, ihm lebende Tiere zu beschaffen, was auch
geschah. Carl Hagenbeck holte dann eine ganze Herde,
achtundzwanzig nach Hamburg und kaufte 1902 noch mehrere
Stuten und Hengste hinzu. Diese Hagenbeckischen-
Przewalskipferde sind die Urzelle aller heute in Tiergärten
gehaltenen Urwildpferde.
Zwar wurden mit den Wildpferden Kreuzungsversuche gemacht,
sodass auch hier die große Gefahr bestand, das echte
Przewalskipferd zu vernichten, aber es blieben zum Glück noch rein-
blütige Tiere übrig.
1960 legte der Prager Zoo, der heute über die größte Zuchtgruppe
Przewalskipferde verfügt, ein Zuchtbuch an, in das nun alle in den
Tiergärten der Welt geborenen reinblütigen Urwildpferde eingetragen
werden. Ob es Reste dieser Urpferde noch in freier Wildbahn gibt,
lässt sich nicht mit letzter Sicherheit sagen.
Zumindest aber in den Tiergärten scheint ihre Existenz gesichert,
was, nebenbei bemerkt, die Bedeutung Zoologischer Gärten als
Hüter bedrohter oder in der Freiheit schon ausgerotteter Tierarten
aufzeigt. Es sind auch Versuche gemacht worden, den Tarpan zu
rekonstruieren. Im Münchner Tierpark Hellabrunn versuchten sie,
den Tarpan neu zu züchten.
Es entstand ein mausgraues Pony mit Aalstrich, das sehr gut das
Erscheinungsbild des Wildtarpans wiedergab, aber trotz allem eine
Nachahmung blieb. Der rückgezüchtete Tarpan hat die hängende
Mähne des domestizierten Pferdes behalten, er hat einen
Stirnschopf, und die Mähnenhaare werden nicht in den Haarwechsel
einbezogen wie beim echten Wildpferd. Echte, reinblütige Wildpferde
gibt es außer dem Przewalski, dem Urwildpferd, nicht mehr. Ob
Dülmener Ponys, Camarguepferde oder Mustangs, sie alle sind
wieder verwilderte Hauspferde, aber keine echten Wildpferde.
Wir stehen bewundernd und ehrfürchtig vor den großen Werken, die
von Menschenhand und Menschengeist auf allen Gebieten der Kunst
geschaffen wurden.
Genau diese Gefühle müssten aber auch jeden beherrschen, der
Przewalskipferde betrachtet, denn hier steht ein Geschöpf vor ihm,
das ihn in gerader Linie zurück in die Eiszeit führt. Ein lebendes
Wunder, über das weitblickende Menschen gerade noch im rechten
Augenblick schützend ihre Hände breiteten.
Das Urwildpferd ist starkknochig, von Ponygröße, hat einen
schweren, langen Schädel, Mehlmaul, keinen Stirnschopf, stehende
Mähne, die mit den Körperhaaren gewechselt wird. Die Fellfarbe ist
rötlich bis fahlbraun, Aalstrich über den Rücken und Zebrastreifen an
den Beinen. Schweif und Mähne dunkel. In freier Wildbahn
vermutlich nicht mehr vorhanden.
Das Sportpferd
Noch vor 30 oder 35 Jahren konnte man bei einiger Pferdekenntnis
mit hoher Sicherheit die einzelnen Warmblutrassen an ihrem
Exterieur unterscheiden. Stellte man einen Trakehner,
Hannoveraner, Oldenburger, um nur einige zu nennen,
nebeneinander, sah der einigermaßen erfahrene Pferdefreund ihnen
ihre Herkunft an der Nasenspitze an. So klar waren diese Rassen im
Typ voneinander abgegrenzt.
Der leichte, flinke Trakehner, der wesentlich kräftigere Han-
noveraner, der stabile Oldenburger waren echte Kinder ihrer Scholle
und entsprachen in ihrem Typ genau der Arbeit, zu der sie
überwiegend gebraucht wurden. Trakehner wurden für die Kavallerie,
also leichte Reitpferde, gebraucht. Der Hannoveraner oder
Holsteiner war ein Vielzweck-Wirtschaftspferd mit besten
Reitpferdeigenschaften. Der Oldenburger oder auch Ostfriese ein
hervorragendes Kutsch- und Wirtschaftspferd. Aber die Ansprüche,
die heutzutage an Warmblutpferde gestellt werden, sind ganz
besonderer Art. Kriegspferde sind nicht mehr gefragt,
Wirtschaftspferde sind nicht mehr gefragt. Kutschpferde als
Spezialisten finden kaum noch Interessenten. Gefragt ist das
Sportpferd unter dem Aspekt, schnell, kräftig, wendig, springfreudig,
weder zu groß noch zu klein, mit einem Wort: vielseitig, sowohl als
Turnierpferd einzusetzen als auch im Freizeitsport, also zum Spa-
zierenreiten. Das bedeutete für nahezu alle Rassen eine Umstellung,
wenn man so will, eine Nivellierung.
Besonders die handfesteren warmblütigen Pferdeschläge mussten
edler werden. Das trifft natürlich nicht nur auf deutsche
Warmblutrassen zu, auch andere Länder mussten sich umstellen.
Wer heute Warmblutpferde züchtet und sich nicht den Wünschen der
Verbraucher auf diesem Markt anpasst, produziert für den
Pferdeschlachter. Das klingt hart, ist aber die Wahrheit.
So ist nun ein ziemlich einheitlicher Typ Warmblüter entstanden. In
den Grenzbezirken gibt es immer noch typische Vertreter des
früheren Zuchtideals, aber es ist heute normalerweise nicht mehr
möglich, auf den ersten Blick etwa einen Trakehner von einem
Holsteiner zu unterscheiden.
Besonders deutlich wird diese Veränderung natürlich bei den
schweren Warmblutschlägen, den Württembergern, Oldenburgern,
Ostfriesen. Es klingt in den Ohren der Züchter unserer vielen
Warmblutrassen vermutlich nicht so gut, aber an sich könnte man
durchaus generell vom Deutschen Warmblutpferd sprechen. Doch
jedes Pferd, das im Großen Sport ganz oben mitmischt, ist zugleich
ein unschätzbarer Reklameträger für sein Zuchtgebiet, seine Rasse.
Seine Erfolge schlagen sich in entsprechender Nachfrage nach Pfer-
den dieser Rasse nieder. Wer wollte darauf schon verzichten,
zugunsten des Begriffes Deutsches Warmblut?
Natürlich gehen die weitaus meisten Pferde nicht den Weg in die
Turnierställe, sondern zu jenen Pferdehaltern, die man heute
Freizeitreiter nennt.
Diese Reiter brauchen keine Springkanone, die über zwei Meter
hüpft, sie wollen Pferde mit möglichst unkompliziertem Charakter,
brav im Stall und Gelände, Pferde, mit denen sie gut fertig werden,
und die sie nicht vor allzu viele Probleme stellen. Selbstverständlich
kann die Masse der Warmblutpferde diese Anforderung erfüllen,
kann das Sportpferd ein sehr gutes Freizeitpferd sein.
Das Zuchtziel kann aber nicht das Spazierreitpferd sein, es muss ein
paar Stufen höher gesteckt sein, um die Qualität der Sportpferde zu
halten.
Bezeichnung der RassenVollblut - Halbblut - Warmblut - Kaltblut
Bevor ich mit dem Vorstellen der Rassen beginne, ist es wohl
angebracht, die oben genannten Bezeichnungen zu erklären. Sie
haben weder mit der Menge noch mit der Temperatur des Blutes,
das in den Adern dieser Pferdeschläge fließt, etwas zu tun.
VOLLBLUT
Vollblüter sind eine vom Menschen züchterisch erschaffene
Kunstrasse. Sie sind besonders schnell und haben ein lebhaftes, oft
auch heftiges Temperament.
HALBBLUT
Halbblüter sind alle Rassen mit einem mehr oder minder hohen
Vollblutanteil. Sie stellen das Hauptkontingent an Sport- und Frei-
zeitpferden, früher auch an leichten Arbeitspferden, als solche noch
gebraucht wurden. Ihr Temperament ist weniger explosiv, als es das
der Vollblüter sein kann.
Von Halbblut sprechen wir, wenn das betreffende Pferd tatsächlich
zu fünfzig Prozent von einem Vollblüter abstammt, also Halbblut ist.
WARMBLUT
Warmblüter ist ein in Deutschland verwendeter, an sich
übergeordneter Begriff, der sowohl Vollblut- als auch Halbblutrassen
umfasst. Im Sprachgebrauch hat sich die Bedeutung dieses Begriffs
aber sehr gewandelt. Wenn man in Deutschland von einem
Warmblüter spricht, denkt kaum jemand an einen Vollblüter, sondern
stets an eine jener Rassen, die die Reitpferde stellen.
KALTBLUT
Kaltblüter sind schwere Zugpferde, deren normales Arbeitstempo
der Schritt ist. Einige Kaltblutrassen sind aber wichtig für die Zucht
von Sportpferden.
Manche stehen dicht an der Grenze zum Warmblut und sind flotte
Traber. Andere wiederum haben Araberblut in ihren Adern, was sich
in lebhafterem Wesen und schnellerer Gangart bemerkbar macht. So
ist das Nordschwedische Pferd und das Dölepferd Norwegens in
diese Kategorie einzureihen.
Verhaltensweisen des Pferdes
Richtig reiten und richtig mit dem Pferd umgehen kann man nur,
wenn man weiß, wie sich dieses Tier verhält.
Das Verhalten aller Lebewesen ergibt sich aus dem ihnen
zugewiesenen Lebensraum. Sie alle sind von der Natur so
ausgestattet, dass sie in ihrem Bereich überleben können. Auch
unsere Stallpferde haben viele Verhaltensweisen des Herdentieres,
das sie ursprünglich waren, beibehalten. Pferde fühlen sich am
wohlsten, wenn sie unter Artgenossen sind, das heißt sich hören,
sehen, riechen und möglichst auch fühlen können. Daher muss sich
der Mensch in das natürliche Verhalten des Pferdes hineinversetzen.
Er darf es nicht mit dem Maßstab menschlicher Logik und
menschlicher Bedürfnisse beurteilen.
Pferde sind grasfressende, in Herdenverbänden lebende
Steppentiere, deren Waffe die Flucht ist. Aus den Eigenschaften, die
das Pferd als Herden- und Fluchttier braucht, lassen sich nicht nur
fast alle seine Verhaltensweisen und Bedürfnisse, sondern auch sein
Körperbau erklären.
Exterieur des Pferdes
Einige wichtige Körperteile des Pferdes
1 Widerrist 10 Huf
2 Schulterblatt 11 Lende
3 Vorarm 12 Kruppe
4 Brust 13 Flanke
5 Ellbogen 14 Knie
6 Unterarm 15 Hose:
7 Vorderfußwurzelgelenk 16 Sprunggelenk
8 Röhrbein
9 Fessel
Das Pferd ist ein Fluchttier
Flucht setzt Schnelligkeit voraus, und um schnell zu sein, muss man
schlank, hochbeinig und schmal – Körpermerkmale, die wir
Menschen als rassig oder edel bezeichnen.
Aber nicht nur der Körperbau ist wichtig für die Schnelligkeit, sondern
auch die Versorgung der Organe mit Luft und die Regulierung des
Wärmehaushaltes.
Die Nüstern des Pferdes sind von sehr zarter Haut umgeben und
daher stark dehnbar.
Damit es bei langem, schnellem Laufen keinen Hitzestau erleidet,
kann das Pferd, genau wie der Mensch, durch die Haut schwitzen.
Durch den Schweiß verdampft Wasser, und das kühlt.
Beißen und Schlagen
Dies tun Pferde nur, um ihre gegenseitigen Machtkämpfe um die
Rangordnung auszutragen oder aus Gegenwehr im äußersten
Notfall, wenn keine Flucht mehr möglich ist. Selbst in der Enge der
Reitbahn bedrohen sich Rangrivalen bei einer Begegnung durch
entsprechende Mimik.
Ansonsten sind Pferde friedlich und werden nur durch falsche
Behandlung zu Beißern und Schlägern.
Das Pferd ist ein Steppentier
Die Steppe ist mit teilweise hohem Gras bewachsen. Um nun einen
möglichst weiten Blickwinkel zu haben, ist der Hals des Pferdes hoch
aufgesetzt. Die Augen erlauben einen viel größeren Blickwinkel als
z. B. die des Menschen, da sie seitlich am Kopf sitzen. Auch die
Ohren sind unabhängig voneinander in alle Richtungen beweglich,
sodass die Pferde sich jederzeit nach allen Seiten hin orientieren
können. Pferde haben harte Hufe, deren Hornmantel sich in der
Steppe von allein abnutzt. In der Gefangenschaft muss der
Hufschmied diese natürliche Abnutzung steuern.
Der lange Schweif und der Schopf sind nicht nur Schmuck,
sondern sie helfen, Insekten abzuwehren.
Auch die Haut ist hochgradig empfindlich. Das Pferd kann durch
gezieltes Hautzucken Ungeziefer abwehren.
Pferde haben einen sehr feinen Geruchssinn und außerdem lange
Tasthaare am Maul und an den Augen, deren Bedeutung man noch
kaum erforscht hat.
Dazu kommt ein äußerst feines Gehör. Diese scharfen Sinne
erlauben sofortige Wahrnehmung von möglichen Gefahren.
Das Pferd ist ein Herdentier
Der Herdenverband bietet Sicherheit: Die Tiere können sich
gegenseitig helfen. Zum Beispiel werden Fohlen und schwache Tiere
in die Mitte genommen und so bei Gefahren geschützt. Auch warnen
sich die Mitglieder der Herde gegenseitig bei Gefahr und halten
Wache. Niemals liegen alle Tiere zugleich, selbst im Stall nicht,
immer passt wenigstens eins auf.
Um in der Gemeinschaft leben zu können, müssen sich auch die
Pferde unterordnen. Diese Fähigkeit hat ihnen die Natur mitgegeben.
Wir Menschen müssen das erst mühsam erlernen.
Innerhalb der Herde herrscht eine klare Rangordnung. Jedes Tier
hat seinen festen Platz. Stößt ein neues Pferd zur Herde, so wird es
nicht gleich begeistert aufgenommen, sondern es muss seinen Rang
erst erobern.
Häufig schließen zwei oder drei Pferde regelrecht Freundschaft. Sie
grasen in enger Entfernung voneinander, reiben sich gegenseitig das
Fell und rufen sich, wenn sie getrennt werden. Die Verständigung
erfolgt durch optische und akustische Signale wie Mimik,
Körperhaltung und verschiedene Laute. Diese Signale sind sowohl
dazu da, sich friedlich zu verständigen, z. B. sich zum gegenseitigen
Kraulen einzuladen, sich zu begrüßen, zu spielen, Rangkämpfe
auszutragen usw. Sie dienen aber auch der gegenseitigen Warnung
vor möglichen Feinden.
Optische Signale
Die sogenannte Achtungstellung. hocherhobener Kopf, gespitzte
Ohren, gespannte Muskeln, erhobener Schweif, signalisiert mit dem
ganzen Körperausdruck Gefahr: Alle Pferde reagieren entsprechend
und sind sofort fluchtbereit. Beginnt eines zu laufen, so rennen alle
hinterher. Das gefürchtete Durchgehen von Pferden ist also im
Grunde Flucht und wirkt ansteckend.
Mimik
Das Ohrenspiel verrät viel über ein Pferd. Gespitzte Ohren
bedeuten Aufmerksamkeit, nach hinten gerichtete Ohren können
Konzentration auf den Reiter anzeigen, aber auch auf Schmerz
hindeuten. Seitlich herabhängende Ohren zeigen, dass das Pferd
teilnahmslos ist, sei es, weil es döst oder krank ist.
Das Drohgesicht präsentiert durch flach angelegte Ohren,
hochgezogenen Maulwinkel und entblößte Zähne. Ein so drohendes
Pferd sollte man nur berühren, wenn man es kennt!
Die Augen des Pferdes verraten viel über sein Befinden. An ihnen
lassen sich Zufriedenheit oder Angst sofort erkennen.
Akustische Signale
Das Wiehern ist ausschließlich Begrüßungs- oder Rufsignal. Kein
Pferd wiehert aus Angst oder bei drohender Gefahr, wie es in
Wildwestfilmen so oft fälschlicherweise gezeigt wird.
Aus Angst schnauben Pferde, indem sie die Luft pfeifend und
stoßweise aus den Nüstern blasen. So prüfen sie auch ihnen nicht
ganz geheure Objekte oder Gerüche.
Schnauben hat mehrere Bedeutungen: Je nach Ausdruck kann es
Zufriedenheit anzeigen oder Entspannung. Ist es mehr ein Brummen,
so ist es Ausdruck von Zärtlichkeit, z. B. zwischen Stute und Fohlen.
Quieken hört man sie zuweilen bei Begrüßungen oder beim Spielen.
Manche Pferde quieken auch beim Bocken oder Springen.
Bedürfnisse des Pferdes
Pferde sind Gewohnheitstiere. Sie haben viele Verhaltensweisen, die
sie in der Freiheit regelmäßig zeigen und bei denen sie sich
offensichtlich sehr wohl fühlen. Eine davon ist die sogenannte
soziale Fellpflege.
Dazu stellen sich zwei Pferde Kopf zu Schweif und beknabbern sich
mit Inbrunst gegenseitig die Stellen, die sie bei sich selbst nicht
erreichen können. Auf diese Weise wedeln sie sich auch gegenseitig
die Fliegen weg.
Das Wälzen ist auch eine Säuberungsaktion, selbst wenn manche
Pony-und Pferdebesitzer daran verzweifeln möchten! Pferde wälzen
sich nämlich liebend gern im schönsten Dreck, weil das erstens
scheuert und zweitens der Lehm das Fell verklebt und sich damit
abgestorbene Haut- und Fellteile lösen. Daher sollte man gerade
Stallpferden so oft wie möglich die Gelegenheit geben, sich zu
wälzen!
Den Stallpferden fehlt es häufig an Licht. Die meisten Ställe sind viel
zu dunkel. Pferde fühlen sich im warmen Mief nicht so wohl wie die
meisten Menschen, sie werden sogar krank davon. Bewegung ist
wichtig. Eine Stunde pro Tag, ein Stehtag in der Woche und der Rest
ist Langeweile.
Pferde brauchen Körperkontakt mit anderen Pferden. Manche halten
ihre Pferde wie Raubtiere im Käfig. Und Pferde sollten auch die
Möglichkeit haben, dauernd zu fressen. Pferde sind Dauerfresser,
darauf ist ihr Verdauungssystem eingerichtet. Pferde brauchen
Abwechslung, denn sie sind neugierig. Sie erleben gern viel, ohne
dabei auf ihre Gewohnheiten verzichten zu wollen. Gewohnheit geht
ihnen über alles. Futter-, Arbeits-und Schlafzeiten sollten daher
regelmäßig sein.
Ein Pferd hat ein gutes Langzeitgedächtnis, aber es kann nicht
folgern: wenn-dann! Reiter, die ihr Pferd erst nach dem Absitzen für
irgendeine Missetat strafen, machen einen groben Fehler. Richtig ist
es, unmittelbar zu loben oder zu tadeln.
Und bei gut erzogenen Pferden genügt ein strenger Ton in der
Stimme als Strafe oder ein Leckerbissen, Absitzen oder Klopfen zur
Belohnung!
Pferde haben einen feinen Geruchssinn, daher wirken Parfümwolken
oder Zigarettenqualm eher abstoßend auf sie. Dafür sie sie durchaus
in der Lage, die Angst eines Menschen zu riechen!
Pferde mögen Zärtlichkeit, sie sollen aber nicht verzärtelt werden!
So ist es zum Beispiel falsch zu glauben, Regen oder Kälte schade
ihnen. Pferde ziehen es oft vor, im Regen zu stehen als in den Stall
zu gehen. In der Freiheit suchen sie sich sogar besonders windige
Plätze zum Schlafen aus.
Pferde mögen keinen harten Boden. Die Steppe federt, die Straße
dagegen macht pflasterlahm. Aber eine Straße ist immer noch
besser als spitzer Schotter.
Das Pferd braucht Bewegung
Neben der Sorge für Wasser, Futter und Unterkunft sind wir es dem
Pferd schuldig, für ausreichende Bewegung zu sorgen. Die braucht
es, um Organe, Muskeln, Gelenke und Kreislauf gesund zu erhalten.
Wer sein Pferd nicht ausreichend bewegt, gefährdet nicht nur dessen
Gesundheit, sondern auch seine psychische Verfassung. Viele
Unarten und Widersetzlichkeiten haben nämlich ihren Grund einfach
darin, dass die Pferde ihren Bewegungsstau und ihre Langeweile
abreagieren.
Ausreichende Bewegung heißt vor allem regelmäßige, tägliche,
abwechslungsreiche Bewegung.
Selbst am sogenannten Stehtag ist es besser, das Pferd in der Halle
oder auf der Koppel frei herumlaufen zu lassen.
Ausreichende Bewegung bedeutet auch, dass die Pferde schonend
und mit Überlegung bewegt werden müssen. Also: Übermäßig hohes
und häufiges Springen vermeiden, auf hartem Boden Schritt reiten
und immer wieder Erholungspausen einlegen.
Wichtig ist auch, dass wir dem Pferd mindestens einmal in der
Woche Gelegenheit geben, sich ohne Reiter möglichst im Freien
austoben zu können und sich zu wälzen!
Von der Art der Bewegung hängt es in erster Linie ab, ob ein Pferd
mit acht Jahren verschlissen ist, oder ob wir noch Freude an ihm
haben, wenn es zwanzig ist!
Und zuletzt: Pferde sind nun einmal Herdentiere und daher gesellig,
sie fühlen sich nur wohl in Seh- und Hörnähe ihresgleichen. Daher ist
es Tierquälerei, ein Pferd z. B. allein in der Garage hinter dem Haus
zu halten.
Es sei denn mit Gesellschaft: Freundschaften zwischen Pferd und
Hase, Pferd und Ziege oder Pferd und Esel sind bekannt.
Umgang mit Pferden
Aus den Verhaltensweisen und Eigenschaften des Pferdes ergibt
sich auch, wie man am geschicktesten mit ihm umgeht. Denn der
richtige Umgang mit dem Pferd ist die Basis der Reitausbildung.
Wenn man begreifen lernt, wie sich ein Pferd auf der Weide, im Stall,
in der Ruhe, in der Bewegung und im Umgang mit dem Menschen
zeigt, und weshalb es sich so und nicht anders verhält.
Vor allem müssen wir immer bedenken, dass das Pferd ein Fluchttier
ist und sehr leicht erschrickt. Nur dann kann man andere, sich selbst
und das Pferd vor Unfällen schützen.
VERTRAUENWichtig ist zunächst, dass der Reiter das Zutrauen und die
Zuneigung des Pferdes gewinnt. Dazu gehört, dass er sich intensiv
mit ihm beschäftigt. Dabei spielt die menschliche Stimme eine
wichtige Rolle.
Das Pferd versteht zwar nicht unsere Sprache, doch ist es so
sensibel, dass es am Tonfall sofort erkennt, ob es gelobt oder
getadelt wird und ob der Reiter innerlich aufgeregt ist oder Ruhe und
Selbstverständlichkeit ausstrahlt.
Nervosität, Hast, Angst, lautes Schreien machen Pferde nur unruhig,
ebenso hastige Bewegungen und wilde Gestik. Also: Ruhiges
Sprechen, Singen, ruhige Bewegungen, Körperkontakt mögen
Pferde gern.
RICHTIGES HERANGEHEN AN DAS PFERD
Niemals darf man sich dem Pferd von hinten nähern, ohne es ruhig
anzusprechen, da es sonst erschrecken könnte und dann instinktiv
reagiert.
Wenn wir zu einem Pferd gehen, sprechen wir mit ihm und halten
ihm die flache Hand entgegen, damit es sie beriechen kann. Auch
Leckerbissen werden auf der flachen Hand gereicht, damit nicht aus
Versehen die Fingerspitzen mit gefressen werden!
Droht das Pferd, halten wir lieber gehörigen Abstand, sofern wir es
noch nicht kennen.
FÜHREN
Zum Führen benutzen wir immer ein Halfter und einen Strick, den wir
in beiden Händen halten, denn auch das ruhigste Pferd kann
erschrecken, und niemand vermag es dann am Halfter festzuhalten.
In der Regel führen wir ein Pferd von links und gehen neben ihm auf
Schulterhöhe, das ist für den Führenden am sichersten.
Ist das Pferd gezäumt, so führen wir es, indem wir beide Zügel in die
linke Hand nehmen und mit der rechten die Zügel unterhalb der
Trensenringe mit Zeigefinger und Ringfinger teilen.
Beim Führen sollte man das Pferd nicht ansehen.
AUF DIE WEIDE FÜHRENEs ist besser, das Pferd erst dann loszulassen, wenn es wirklich auf
der Weide ist, nicht schon im offenen Gatter!
Wir sollten immer zwei Pferde gemeinsam von der Weide holen. Man
denke an den Herdentrieb. Ein Pferd allein würde nur ungern von
den anderen weggehen.
ANBINDEN
Zum Anbinden muss immer ein Halfter mit Strick verwendet werden,
auch wenn das Pferd aufgetrenst ist. Wenn Pferde erschrecken,
wollen sie fliehen und reißen sich los. Daher darf man sie niemals an
beweglichen oder schlecht befestigten Gegenständen wie
Türklinken, Boxentüren oder losen Zaunpfählen anbinden, auch nicht
für eine Minute!
Es haben schon viele Pferde große Tore mit sich gerissen! Aus
diesem Grund darf man unter keinen Umständen ein Pferd an der
Trense anbinden, auch wenn dies alle Cowboys in allen
Wildwestfilmen tun! Das Pferd könnte sich furchtbare Verletzungen
zufügen.
Man lasse ein angebundenes Pferd möglichst nicht allein stehen,
lieber ist man vorsichtig.
Zum Anbinden benutzen wir den Strick mit Panikhaken und
Sicherheitsknoten, damit man das Pferd notfalls sofort befreien
kann.
Es ist auch vernünftig, Lederhalfter statt der bunten,
unzerreißbaren Kunststoffhalter zu verwenden, denn im Ernstfall ist
ein zerrissenes Halfter besser als ein verletztes Pferd.
Weidepferde sollten kein Halfter tragen, da sie zu leicht damit
hängen bleiben können.
AUFHEBEN DER HUFEDazu stellen wir uns in Richtung Schweif dicht neben das jeweilige
Bein und streichen mit der Hand von der Schulter bzw. Kruppe aus,
erst außen und dann nach innen gleitend, hinunter bis zum
Fesselgelenk und sagen Fuß. Die meisten Pferde kennen das und
heben von allein brav das jeweils angesprochene Bein. Tun sie das
nicht, klopft man leicht gegen das Gelenk und hebt den Huf nach
hinten oben hoch. Soll der Huf länger aufgehoben bleiben, stützt
man ihn ab dem Fesselgelenk auf den Oberschenkel.
Die Hinterhufe hebt man, indem zugleich das Bein etwas nach hinten
gezogen wird, so kann das Pferd auch nicht schlagen, denn dazu
müsste es erst ausholen.
Pflege des Pferdes
Viele Reiter haben leider keine Ahnung davon, wie ein Pferd gepflegt
werden muss. Sie kommen zur Reitstunde, erklimmen das gesattelt
bereitstehende Pferd und liefern es nach der Stunde wieder an den
Stallmann ab, ohne sich um das weitere Ergehen ihres Kameraden
zu kümmern.
Natürlich sollte es anders sein. Wem es wirklich ernst ist mit seiner
Liebe zum Pferd, der wird auch wissen und lernen wollen, wie das
Tier im Stall versorgt, gepflegt, gesattelt und eingespannt wird. Das
alles muss man genauso lernen wie den Umgang mit Pferden, das
Reiten oder Kutschieren.
Und erst bei dieser intensiven Beschäftigung mit dem Pferd, wenn
man es selbst pflegt, sattelt, einspannt, wächst man wirklich mit
seinem Pferd zusammen, man lernt es von einer ganz anderen Seite
kennen … und manchmal sogar von einer recht schwierigen.
Empfindliche Pferde oder solche, die schlechte Erfahrungen gemacht
haben, können sowohl beim Putzen als auch beim Satteln allerlei
Theater machen.
Ich bin einmal von einem neu gekauften Pferd kräftig in die Seite
gebissen worden, als ich den Sattelgurt anziehen wollte. Josy, ein
Ire, mochte das nicht, was ich aber nicht wusste. Er hat mich aber
nur das eine Mal erwischt, es war schmerzhaft genug. In Zukunft
nahm ich den rechten Zügel kurz über Josys Hals, sodass er den
Kopf nicht zu mir herumdrehen konnte.
Er muss wenig gute Erfahrungen mit Pflegern gemacht haben, denn
er war anfangs sehr kopfscheu.
Das ist fast immer ein Zeichen, dass ein Pferd Schläge an den Kopf
bekommen hat. Nach einigen Wochen bei mir fasste er wieder
Zutrauen und ruckte nicht mehr sofort mit dem Kopf hoch, wenn man
zu ihm trat, er ließ sich brav aufzäumen und gewöhnte sich sogar
seine Empfindlichkeit gegen das Nachgurten ab. Man weiß durch
den täglichen intensiven Umgang mit seinem Pferd bald jedes
Ohrenzucken, jede Kopfbewegung zu deuten und lernt bei jedem
Pferd wieder etwas dazu. Eine Erfahrung, die ich lange Jahre
hindurch mit meinen ausschließlich von mir selbst betreuten Pferden
gemacht habe.
Gewiss ist nicht jeder Pferdefreund in der glücklichen Lage, sein
Pferd im Stall beim Haus zu haben und sich so täglich um das Tier
kümmern zu können. Aber auch der Reiter eines Verleihpferdes kann
diese Dinge lernen, er sollte es sogar.
Vorbedingung, einen Stall zu finden, der nicht nur mehr oder weniger
guten Reitunterricht gibt, sondern auch Kurse in Pferdepflege, im
Satteln und der Pflege des Geschirrs abhält. Diese Institute haben im
Übrigen fast immer auch erfahrene Reitlehrer.
Was braucht man nun an Utensilien zur Pferdepflege? Eine
Kardätsche, eine Bürste, die Naturborsten haben sollte.
Einen Striegel, der auch heute noch oft aus Metall ist, obwohl es
jetzt einen sehr viel besseren aus Kunststoff gibt, den sogenannten
Schwedenstriegel oder Finnenstriegel.
Während man mit dem alten Metallstriegel nur die fleischigen Teile
des Pferdekörpers bearbeiten kann, ist der Schwedenstriegel selbst
an den Gelenken anzuwenden, ohne dass es dem Pferd
unangenehm ist. Mit dem Metallstriegel darf man nur vorsichtig den
Schmutz lösen, er ist hauptsächlich zum Abstreichen der Bürste da.
Einen Mähnenkamm, meist aus Aluminium, nur bei langer Mähne
nötig. Zwei Wurzelbürsten, je eine für den Schweif und für die Hufe.
Zwei Schwämme, einen zum Säubern von Nüstern und Augen,
einen zum Säubern von After, Euter und den Geschlechtsteilen.
Einen Hufkratzer, das ist ein Metallhaken zum Auskratzen der Hufe.
Eine Dose Huffett mit Bürste zum Einfetten der Hufe.
Das Putzen geht so vor sich:
Das Pferd wird in die Stallgasse geführt und angebunden, bei gutem
Wetter putzt man draußen. Bei kitzligen Pferden empfiehlt es sich,
sie mit zwei Stricken nach beiden Seiten anzubinden, sie können
dann nicht so leicht beißen. Vorsicht ist vor allem bei rassigen Stuten
geboten. Im allgemeinen empfinden Pferde das Putzen aber als
angenehm, doch bestätigen auch hier Ausnahmen die Regel. Nun
lockert man mit dem Striegel den Schmutz im Fell.
Natürlich muss man dabei mit Fingerspitzengefühl vorgehen, beson-
ders mit dem Metallstriegel, und darf nicht einfach drauf loskratzen!
Den nächsten Arbeitsgang erledigt man mit der Kardätsche, mit ihr
wird die eigentliche Fellreinigung vollzogen.
Man nimmt die Kardätsche in die rechte, den Striegel in die linke
Hand. Nach je zwei Bürstenstrichen werden an der Bürste sitzende
Haare und der Staub an dem Striegel abgestrichen. Man sieht, wie
die Rillen des Striegels sich mit dem Schmutz füllen, und klopft ihn
nach Bedarf auf dem Stallboden aus. Das Pferd wird, angefangen
am Genick, von vorn nach hinten gründlich durchgebürstet, es muss
nach dieser Prozedur richtig glänzen.
Am Kopf muss man besonders vorsichtig sein, um dem Pferd nicht
wehzutun und es damit kopfscheu zu machen. Man fasst in das
Halfter, damit der Pflegling den Kopf stillhält, bürstet, falls vorhanden,
den Stirnschopf und säubert mit einem nassen Schwamm die
Nüstern und die Augenwinkel. Nun werden Mähne und Schweif mit
der Wurzelbürste durchgearbeitet, die Beine mit der Kardätsche
gesäubert. Als letzten Arbeitsgang nimmt man sich die Hufe vor.
Nacheinander muss das Pferd alle vier Beine auf Kommando
anheben, mit dem Hufkratzer entfernt man den Stallmist. Wenn nötig,
werden die Hufe dann mit Wasser gesäubert. Eingefettet werden die
Hufe nur dann, wenn man nicht gleich ausreiten oder fahren will, das
Fett also einziehen kann.
Frisch eingefettete Hufe würden sich sonst in der Bahn oder draußen
schnell mit einer klebrigen Schmutzkruste bedecken. Wird das Pferd
gleich nach dem Putzen zur Arbeit herangezogen, muss das Ein-
fetten der Hufe nach dem Abwarten geschehen.
Abwarten … auch das gehört zur Pflege und heißt, dass das Pferd
nach getaner Arbeit nicht einfach wie ein gebrauchter Gegenstand in
den Stall gestellt wird, sondern dass man es nach dem Absatteln
oder Ausspannen versorgt. Es hat vermutlich geschwitzt, es ist
staubig geworden. Schweiß und Staub werden entfernt, das nasse
Pferd trockengerieben. Natürlich soll ein Pferd, das vom Ausritt
heimkommt, nicht nass an die Stalltür gebracht werden, der gute
Reiter sorgt dafür, dass eine entsprechende Strecke zum Schluss im
Schritt geritten wird, damit das Pferd sich entspannen kann.
Aber bei großer Hitze schwitzt das Pferd stark nach, und dann muss
man eben darauf achten, dass es nicht klitschnass im Stall steht und
sich erkältet. Viel ungefährlicher ist es übrigens, wenn das Pferd
dann auf die Weide gelassen wird. Dort kann es sich wälzen und ist
zwar frischer Luft, aber keiner Zugluft ausgesetzt. Zum Abwarten gehört auch die genaue Kontrolle aller vier Hufe. Kleine Steine
können sich eingeklemmt haben und zu Lahmheit führen, wenn sie
nicht entfernt werden.
Dann wäscht man die Hufe, und nun können sie auch eingefettet
werden. Im Sommer tut ein Abduschen mit dem Gartenschlauch dem
Pferd gut, zumindest die Beine sollte man abspritzen.
Zum Abwarten gehört auch, dass Sattel und Zaumzeug ordentlich
verwahrt werden. Die Trense wird abgespült und niemals schmutzig
weggehängt, der Sattel muss mit hochgezogenen Bügeln und
übergeschlagenem Gurt luftig auf den Sattelbock gehängt werden.
Das sind die Grundlagen der Pferdepflege, die man beherrschen
sollte.
Indirekt gehört dazu auch die Pflege der Pferdekleidung, also des
Sattels, des Zaumzeugs oder des Fahrgeschirrs. Sind diese Dinge
nicht in Ordnung, passen Sattel, Zaumzeug und Fahrgeschirr dem
Pferd nicht richtig, kann es keine gute Arbeit leisten, weil es
Schmerzen hat oder zumindest Unbehagen verspürt. Pferde sind
keine genormten Maschinen, jedes Pferd hat seinen eigenen Kopf,
dem das Zaumzeug genau angepasst sein muss. Es kommt auf
jedes Riemchen dabei an.
Ein falsch sitzender Nasenriemen, eine nicht passende Trense
können das Pferd erheblich quälen. Darum muss jedes Pferd sein
ganz persönliches Kopfzeug haben, das für eben dieses Pferd
verschnallt wurde. Das gilt weitgehend auch für den Sattel, denn
längst nicht jeder Sattel passt auf jedes Pferd. Diese Dinge müssen
von einem erfahrenen Pferdepfleger in Ordnung gebracht werden,
der dem Neuling genau zeigen soll, worauf es ankommt, was richtig
und was falsch ist. Und vor dem Aufsitzen überzeugt der gute Reiter
sich selbst, ob Zaumzeug und Sattel richtig sitzen, alle Schnallen
auch wirklich zugeschnallt sind, die Satteldecke keine Falten wirft.
Die gleiche Sorgfalt muss der Fahrer anwenden.
Auch das Kopfzeug des Kutschpferdes muss genau angepasst
werden. Ob Brustblattgeschirr oder Kumt, das eine muss für das
Pferd verschnallt werden, das andere dem Pferd genau passen.
Beim Anschirren mit dem Kumt ist Vorsicht angebracht, wer einem
Pferd das Kumt grob über den Hals stülpt, muss sich nicht wundern,
wenn das Pferd sich nicht wieder anschirren lassen will!
Und so wie der Reiter, selbst wenn ihm das Pferd fertig gesattelt
vorgeführt wird, sich selbst zu überzeugen hat, ob alles in Ordnung
ist, so muss sich auch der Fahrer vergewissern, dass alle Schnallen
zugeschnallt sind, die Stränge richtig befestigt wurden und die
richtige Länge haben, bevor er auf den Bock steigt.
Selbstverständlich muss das ganze Lederzeug von bester
Beschaffenheit sein, brüchige Riemen können lebensgefährlich wer-
den. Das gilt besonders für den Sattelgurt und die Fahrleine.
Eine sorgfältige Pflege aller Geschirre ist nötig, um das nicht gerade
billige Lederzeug lange in gutem Zustand zu halten. Auch das muss
man lernen, und es ist gar nicht so einfach, nach einer
Generalreinigung, bei der alles in seine Einzelbestandteile zerlegt
wird, die Dinge wieder richtig zusammenzufügen. Übung macht auch
hier den Meister. Anfangs denkt man, das bekommt man nie wieder
in Ordnung, aber es lernt sich.
Alle Geschirre sollen möglichst nicht im Stall, sondern in einer
Kammer extra untergebracht werden, da der Ammoniakdunst im Stall
dem Leder nicht besonders gut bekommt. Sattelbock und
Aufhängevorrichtungen für Zaumzeug und Geschirre lassen sich
z. B. gut mit in der Futterkammer unterbringen.
So viel über die Pflege des Pferdes und seine Kleidung. Die
Feinheiten lernt man nur in der Praxis.
Stallhaltung und Fütterung
DER STALL
Wir haben die natürlichen Verhaltensweisen des Pferdes
kennengelernt und wissen, dass die Stallhaltung ein notwendiges
Übel ist und bleibt, zumal die meisten Ställe eher aus der Sicht der
rationell denkenden Menschen geplant sind, als dass sie sich an den
Bedürfnissen des Pferdes orientieren.
Der ideale Stall ist hoch, hell, luftig, trocken und kühl und ermöglicht
dem Pferd wenigstens einen kleinen Auslauf.
Die Pferde sollen in geräumigen Boxen oder Laufställen untergebracht sein mit Fenstern, aus denen die Tiere
hinausschauen können. Das verhindert Langeweile und beugt
Erkrankungen der Atemwege vor.
Auf jeden Fall müssen sich die Pferde im Stall sehen können, d. h.
Boxen, die seitlich hochgeschlossen sind und jeden Nachbarkontakt
unmöglich machen, sind nicht pferdegerecht.
Abzulehnen ist das Anbinden in Ständern. Es ist nicht nur gefährlich,
sondern widerspricht jeder artgerechten Haltung. Laufställe dagegen
kommen dem natürlichen Bedürfnis des Pferdes nach Kontakt mit
den Artgenossen entgegen, sie sind aber für Sportpferde nicht
geeignet, da zu viel Unruhe und Verletzungsgefahr besteht.
Freizeitpferde, die wenig Bewegung bekommen und viel allein sind,
sollte man jedoch in Laufställen unterbringen.
Vorher muss man aber herausfinden, wie sich die einzelnen Tiere
vertragen, und daran denken, immer eine gerade Anzahl von
Pferden gemeinsam unterzubringen (Sozialverhalten). Laufställe
machen zwar mehr Arbeit, sie sind aber pferdegerechter.
Pferdegerecht, aber arbeitsintensiv ist auch die meist übliche Streu aus Stroh. Man entfernt nur die Äpfel und sehr nasses Stroh und
streut frisches darüber. Schließlich bildet sich eine saugfähige
Matratze, deren unterste Lage aus feuchtem Mist besteht, deren
obere Schicht jedoch frisch und sauber ist. Diese Streu hat nicht nur
den Vorteil, warm und trocken zu sein, sondern die Pferde haben
auch ständig etwas zu knabbern.
Stehen Sie dagegen auf Torf oder Sägemehl, ist die Langeweile
unerträglich, es sei denn, sie erhalten ständig Raufutter (Heunetz
aufhängen). So gesehen sind auch künstliche Stallböden bedenklich,
da sie allein menschlichen Bedürfnissen gerecht werden.
Es ist selbstverständlich, dass die Streu mehrmals täglich gepflegt
wird. Schlecht riechendes, faules Stroh gehört nicht in den Stall,
sondern auf den Misthaufen! Und schließlich: Warmen Stallmief
mögen nur wir Menschen, Pferde werden davon krank.
TRÄNKENIn fast allen Ställen gibt es heute automatische Tränken. Diese
ersparen uns zwar das Schleppen der Wassereimer und ermöglichen
dem Pferd zu trinken, wann und so viel es will. Das Problem Wasser
ist aber damit noch lange nicht erledigt. Diese Tränken müssen
nämlich täglich kontrolliert und gepflegt werden, sonst riechen sie
moderig und sind ein Sammelbecken für Bakterien.
Pferde sind hinsichtlich des Trinkens sehr anspruchsvoll. Sie
brauchen für ihr Wohlbefinden reines, frisches Wasser.
Das Tränken aus dem Eimer ist zwar kraft-und zeitaufwendig, aber
auf diese Weise kann man kontrollieren, wie viel das Pferd trinkt, und
außerdem ist das Wasser unter Umständen sauberer als in einer
ungepflegten Selbsttränke.
Kranke Pferde sollte man auf jeden Fall aus dem Eimer tränken,
damit eine Rückinfektion durch die Selbsttränke verhindert wird. Ideal
wäre ein Brunnen am Stall, zu dem die Pferde zum Trinken geführt
werden. Das wäre auch eine zusätzliche Gelegenheit für das Pferd,
die Box hin und wieder zu verlassen.
FUTTERPferde fressen in der Freiheit ständig kleine Mengen leicht
verdaulichen Futters. Daher haben sie einen kleinen Magen und
einen empfindlichen Darm.
Im Stall erhalten sie Futter konzentriert in Form von Hafer oder
einem Gemisch aus Hafer und Mischfutter (Kraftfutter). Das
Volumen des Futters wird durch Heufütterung (Raufutter) erzielt.
Selbstverständlich darf nur allerbestes Heu verwendet werden. Es
sollte gut aufgeschüttelt und leicht angefeuchtet gereicht werden, da
es dann weniger staubt und die meisten Pferde ohnehin lieber
feuchtes Futter mögen, schließlich ist Gras auch stark wasserhaltig.
Die Pferde müssen so oft wie möglich gefüttert werden. Mindestens
aber dreimal täglich zu festgesetzten Zeiten. Das ist für die
Gesundheit des Magen-Darm-Traktes von großer Bedeutung.
Während der Futterzeit hat Ruhe im Stall zu herrschen. Nach dem
Füttern den Pferden mindestens eine Stunde Zeit zum Verdauen
lassen, bevor man reitet.
Die Fütterungsmenge richtet sich nach dem individuellen Bedarf des
einzelnen Tieres.
WichtigNicht zu viel Kraftfutter geben, wenn das Pferd nicht bewegt werden
kann. Es besteht die Gefahr von Hufrehe oder Kreuzverschlag.
Pferde, die stehen müssen, sind zufriedener, wenn sie mehr Heu
bekommen, dann sind sie nämlich beschäftigt.
Weidepferde
Weidepferde erhalten Zusatzfutter in Form von Kraftfutter oder Heu,
wenn die Weide nicht ausreicht oder wenn sie regelmäßig arbeiten
müssen.
Salzlecksteine
Salzlecksteine sind sowohl für Stall- als auch für Weidepferde
wichtig, da sie den Mineralhaushalt des Körpers ergänzen.
Zusatzfutter
Leckerbissen in Form von Brot, Obst, Möhren, ab und zu ein Ei und
Vitaminwürfel (statt Zucker) sind eine willkommene Abwechslung und
Ergänzung. Aber das Pferd ist kein Mülleimer. Schimmeliges Futter
macht krank! Kein geschnittenes Rasengras füttern! Ab und zu kann
man Birken-, Buchen-, Ebereschen-, Eichen-, Fichten-,
Rosskastanien- oder Tannenzweig zum Knabbern geben, weil darin
ätherische Öle, Bitter- und Gerbstoffe enthalten sind. Vorsicht mit
giftigen Pflanzen! Keine plötzlichen Futterveränderungen, aber eine
kleine Abwechslung ist auch für Pferde appetitanregend.
MashEinmal in der Woche sollte auch ein Pferd eine warme Mahlzeit
bekommen, das können wir ruhig den Engländern nachmachen.
Rezept für MashEine große Tasse Leinsamen wird in reichlich Wasser eingeweicht,
24 Stunden stehen lassen. Danach aufkochen. Vorsicht, es brennt
leicht an. Sobald sich die erste Blase zeigt, etwas kaltes Wasser
zufügen und das Ganze nochmals aufkochen. Anschließend wird es
mit Kleie, etwas Hafer und eventuell ein wenig warmen Wasser zu
einem dicken Brei aufgerührt. Warm füttern.
Futterverweigerung
Jede Art von Unbehagen wird von sensiblen Pferden durch Ablehnen
des Futters angezeigt, z. B. psychische Unruhe, physische
Überforderung, fieberhafte Erkrankungen, Zahnerkrankungen. Wenn
selbst Mash, Kleie in Wasser angerührt, Leckerbissen, Möhren oder
Äpfel nicht aufgenommen werden, sollte man den Tierarzt rufen.
Gefahren in der Umwelt
Wenn ich früher lange Ritte machte, war es selbstverständlich, dass
ich mein Pferd während der Rast am Weg- oder Wiesenrand grasen
ließ. Heute kann man das nicht mehr so ohne Weiteres riskieren. In
den letzten zehn bis fünfzehn Jahren sind Gefahren entstanden, die
es früher nicht gab und die sich laufend steigern. Ich meine den sich
ständig ausweitenden Einsatz von chemischen Giften in der Natur,
ob es sich nun um Insekten- oder Unkrautvernichtungsmittel handelt.
Wo früher der Wegrand, der Graben ausgemäht wurde, wird heute
rasch eine Chemikalie versprüht. Das ist natürlich sehr viel einfacher,
doch für die Tiere, die vom frisch besprühten Gras naschen, eine
große Gefahr. Eine in den letzten Jahren rapide angestiegene
Gefahr ist die sich ständig weiter ausbreitende Tollwut. Kein
Weidepferd ist vor einer Begegnung mit einem tollwütigen Wildtier
sicher, darum müssen alle auf Weide gehender Pferde jährlich gegen
Tollwut geimpft werden.
Noch eine sehr erhebliche Gefahr sei hier angeprangert, die Infektion
mit Wundstarrkrampf. Eine kleine Verletzung, wie sie sich besonders
Weidepferde leicht zuziehen, ebenso eine Vernagelung beim
Beschlagen genügt, um diese fast immer tödliche Erkrankung
hervorzurufen. Auch hier ist eine vorbeugende Impfung möglich.
Macht der Pferdebesitzer davon keinen Gebrauch handelt er grob
fahrlässig.
Dass Weiden in der Nähe vielbefahrener Autostraßen einen
gefährlich hohen Bleigehalt aufweisen, ist bekannt.
Auch die modernen Fliegenbekämpfungsmittel scheinen mir nicht
ganz so harmlos zu sein, wie sie hingestellt werden. Allergien gegen
die darin enthaltenen Stoffe kommen sicher nicht nur bei uns
Menschen vor. Husten oder Atembeschwerden bei Pferden, in deren
Stall solche Fliegenstrips hängen, können durchaus darauf
zurückzuführen sein. Man sollte in so einem Fall immer sofort die
Strips entfernen und beobachten, ob der Zustand der Pferde sich
dann bessert.
Vor den giftigen Pflanzen, die die Natur in reichem Maß wachsen
lässt, warnt die Tiere im allgemeinen ihr Instinkt. Aber leider nicht
immer. So kommt es hin und wieder vor, dass ein Pferd an dem
hochgiftigen Taxus knabbert und elend eingeht. Man sollte genau
darauf achten, dass Pferde auf keinen Fall in die Nähe von Taxus
kommen.
Futterkrippe!
Es ist vielleicht auch noch ganz interessant, einige der giftigen
Pflanzen zu kennen, um sein Pferd davon fernhalten zu können. Den
hochgiftigen Taxus habe ich schon erwähnt, nicht minder gefährlich
sind die folgenden verbreiteten Pflanzen: Eibe, Christrose, Wolfsmilch, Lebensbaum, Hahnenfuß, Herbstzeitlose, Buchsbaum, Fingerhut, Schierling, Goldregen, Ginster, Akelei, Schachtelhalm (alle Arten), Seidelbast, Tollkirschen, Sumpfdotterblumen.Dies ist nur eine kleine Auswahl, um einen ungefähren Überblick zu
geben.
Bei unerklärlichen Krankheitssymptomen von Tieren, die auf solchen
Koppeln grasen, sollte man auch die Möglichkeit einer Bleivergiftung
erwägen.
Umweltgefahren hat es immer gegeben, aber sie waren früher natür-
licher Art, während man jetzt alle jene Bedrohungen einbeziehen
muss, die eine Begleiterscheinung der auf anderen Gebieten
nützlichen chemischen Mittel sind. Daran muss jeder Reiter denken
und darauf achten, dass sein Pferd nur dort grast, wo ihm das Grün
mit Sicherheit keinen Schaden bringen kann.
Sehr gefährlich ist es auch, dem Pferd das kurze Rasengras
vorzusetzen. Die kurzen Halme werden einfach verschluckt und
können so zu schweren Koliken führen. Was der Rasenmäher mäht,
gehört auf keinen Fall in die Futterkrippe.
Einige interessante Rassepferde
VOLLBLUTArabisches Vollblut OX
Basis für die Zucht der Wüstenpferde waren die edlen orientalischen
Rassen, die es in Kleinasien schon seit Langem gab. Sie müssen in
der lebensfeindlichen Wüste unvorstellbar harten
Auslesebedingungen unterworfen gewesen sein. Überleben und sich
fortpflanzen konnte nur das Beste, Zäheste, Anspruchsloseste.
Mohammed legte den Grundstein für die Zucht des Wüstenarabers,
weil er erkannt hatte, dass es der Kraft und Schnelligkeit einer
schlagkräftigen Reiterei bedurfte, um Allahs Wort über Arabiens
Grenzen hinaus zu verbreiten. Die Lebensbedingungen der
Beduinen waren erbarmungslos hart, sie hatten schon Mühe, für sich
selbst, ihre Ziegen und Dromedare genügend Nahrung und vor allem
Wasser zu finden. Wie sollten sie in dieser Umwelt noch die
wesentlich anspruchsvolleren Pferde halten und züchten! Aber der
Prophet machte seinen Anhängern klar, dass die Zucht edler, harter
Pferde religiöse Pflicht wäre. Er versprach jedem, der einen
reinblütigen Araber besaß, alle Wonnen des Paradieses und
erreichte tatsächlich, dass die Pferde das höchste Gut der Beduinen
wurden. Es waren also reine Expansionsgelüste, denen wir die Ent-
stehung des Vollblutarabers verdanken.
Seine erstaunliche Zuchtkonsistenz hat ihn zum Veredelungsfaktor
für die meisten Warmblut-Pferderassen der Welt, viele Ponyrassen
und sogar einige Kaltblutrassen werden lassen. Darüber hinaus
stellte er, mit dem Berber, die Stammväter des Englischen
Vollblüters.
In seiner eigentlichen Heimat Arabien besteht nur noch geringes
Interesse an seiner Zucht. Ägypten hat das wertvolle Erbe
übernommen, im staatlichen Gestüt El Zaraah bei Kairo wurzelt
heute die Zucht des reinblütigen Originalarabers.
Exterieur:Trockener, wohlgeformter, leichter Kopf mit breiter Stirn, harmonisch
in allen Linien, nach unten stark verjüngt mit Einsenkung des
Nasenbeins Araberknick, aber auch mit gerader Profillinie. Feine,
sichelförmig nach innen geschwungene Ohren, die sich fast
berühren. Große dunkle Augen, die weit auseinanderstehen. Sehr
große, dünnhäutige Nüstern. Schön gebogener, langer Hals, der nie
massig sein darf. Breite Brust, hoher Widerrist, kurzer Rücken mit
waagerechter Kruppe, die möglichst lang sein soll. Der hoch
angesetzte Schweif soll hochgetragen werden und seidig-weiches
Haar haben. Sehnige, trockene Gliedmaßen mit kurzen Röhren,
mittellangen Fesseln und runden, kleinen, harten Hufen. Die
Beinstellung ist nicht immer ideal. Araber haben dadurch leicht einen
bügelnden Gang. Das Körperhaar ist besonders fein und seidig,
auffallend die langen Wimpern an den Augen.
Größe: zwischen 145 cm und 160 cm Stockmaß. Die in Polen und
Ungarn gezüchteten Araber sind meist etwas größer und stärker als
die aus ihrer Urheimat kommenden Wüstenaraber. Farbe: sehr viel
Schimmel, aber auch Füchse, Rappen, Braune.
Verwendung: ein hervorragendes Freizeitpferd für alle, die mit einem
sensiblen Pferd umgehen können. Denn obwohl der Araber einen
sehr sanftmütigen Charakter hat und besonders zutraulich werden
kann, besitzt er viel Feuer und kann bei falscher Behandlung
genauso verdorben werden wie jedes andere edle Pferd. Dank
seiner großen Ausdauer ein idealer Partner für Wander- und
Distanzritte. Auch als Wagenpferd bestens geeignet, aber nicht für
den großen Turniersport, dafür ist er zu klein.
Der Araber wird noch heute in aller Welt gezüchtet.
Englisches Vollblut XXIn knapp 200 Jahren schufen die Engländer eine Pferderasse, die es
an Zuchtkonstanz mit dem arabischen Vollblut aufnehmen kann und
ebenso wie dieses zur Veredelung vieler Halbblutrassen
herangezogen wurde und wird, den Englischen Vollblüter.
Stammväter dieser Rassen sind orientalische Hengste, darunter
zumindest ein reiner Araber, der nach seinem Besitzer Darley
Arabian benannt wurde und in den Pedigrees der Vollblüter
dominiert. Stuten der heimischen Landschläge, vermutlich auch
Ponystuten und aus dem Orient eingeführte Stuten, bildeten die
Basis. Eine strenge Selektion nur nach Leistung fand statt. Ein
Rennpferd muss nicht schön sein, es muss Härte besitzen, mutig
und möglichst schneller als alle anderen sein.
1793 wurde das General Stud Book (GSB) zum ersten Mal von
James Weatherby zusammengestellt, und seitdem sind im GSB die
Namen aller Vollblutpferde verzeichnet, deren Abstammung auf im
GSB aufgenommene Eltern zurückgeht. Nur diese Vollblüter können
an den Zuchtrennen des Galoppsports teilnehmen.
Schon im jugendlichen Alter von zwei Jahren wird ein Vollblüter in
die Pflicht genommen und absolviert Rennen. Mit drei Jahren
bestreiten dann die Besten das wichtigste Rennen im Vollblutsport,
das Derby.
Der Derbysieger ist die absolute Spitze im Leben eines Vollblüters.
Ein paar Minuten und Bruchteile von Sekunden entscheiden über
Hunderttausende von Euro. Der Wert eines Derbysiegers schlägt
sich z. B. in der Höhe der Decktaxe nieder, wenn es ein Hengst, im
Wert der Fohlen, wenn es eine Stute ist. Es wäre aber ganz verfehlt,
in der Vollblutzucht eine Goldgrube zu sehen, das Gegenteil ist der
Fall. Vollblutzucht und Rennsport kosten in erster Linie Geld, viel
Geld.
England ist die Nabelschnur aller Vollblüter. Mögen sie auch in
Frankreich, Italien, Deutschland oder wo immer gezüchtet werden,
alle Pferde, die hinter ihrem Namen das doppelte XX haben,
stammen vom Englischen Vollblut ab, daran führt kein Weg vorbei.
Der Englische Vollblüter ist aber nicht nur eine Rennmaschine.
Größer als der Vollblutaraber, stellt er auch im Turniersport, selbst im
harten Springsport seinen Mann. Häufiger noch sieht man Vollblüter
in der Dressur. Aber auch als Jagdpferd und in
Vielseitigkeitsprüfungen, die mit das Härteste sind, was Sportpferde
zu leisten haben, findet man Vollblüter.
Exterieur:Da rein auf Leistung gezüchtet, uneinheitlich im Typ. Neben
bildschönen gibt es geradezu hässlich wirkende Vollblüter, aber das
ist eben keine Rasse, bei der Schönheit eine Rolle spielt.
Gewünscht ist ein trockener, edler Kopf mit großen, klugen Augen
und weiten Nüstern. Der Hals soll schön angesetzt und lang sein,
doch kommen sogenannte Hirschhälse häufig vor, die zwar im
Reitsport unerwünscht sind, im Rennsport jedoch keine Rolle
spielen.
Hoher Widerrist, lange, schräge Schulter, elastischer, gut
bemuskelter Rücken mit kräftiger Nierenpartie und lange, stark
bemuskelte Kruppe muss der Vollblüter ebenso haben wie einen
tiefen Brustkorb, der viel Platz für Herz und Lungen hat. Die
Gliedmaßen sollen muskulös mit klaren Sehnen sein und kräftige
Sprunggelenke haben. Die dünn behaarte, sehr feine Haut lässt das
Adergeflecht deutlich sichtbar werden. Größe: 160 cm bis 165 cm
Stockmaß, auch darüber. Farbe: alle Farben. Verwendung: Außer im
Rennsport für alle Zwecke des Turniersports geeignet, kein
Freizeitpferd im Sinne gemütlichen Bummelns. Der Vollblüter mit
seinem sprühenden Temperament braucht einen erfahrenen Reiter,
der mit so feinnervigen Pferden umzugehen versteht.
Anglo-AraberAus den beiden leistungsfähigen Vollblutrassen, Araber und
Engländer, formte man ein Pferd, das Schönheit und Sanftheit des
Arabers mit dem größeren Rahmen und dem Gangwerk des
Engländers verbindet, den Anglo-Araber. Da nun aber außer Vollblut-
Arabern auch Halbblütige zur Zucht genommen werden dürfen, ist
eine Unterscheidung zwischen Vollblut- und Halbblut-anglo-Arabern
nötig. Beide müssen mindestens fünfundzwanzig Prozent arabisches
Blut führen, der Vollblüter hat selbstverständlich zu hundert Prozent
eingetragene Vollblut-Ahnen und ist an dem X hinter seinem Namen
erkenntlich.
Exterieur:
Sehr nobles Pferd, oft im großen Rahmen mit edlem Kopf, schön
aufgesetztem Hals, langer, schräger Schulter und trockenen Beinen.
Größe: um 160 cm Stockmaß. Farbe: alle Farben. Verwendung:
hervorragendes Sportpferd, oft mit sehr großer Veranlagung zum
Springen. Auch als Freizeitpferd geeignet, aber nur für erfahrene
Reiter, die mit Blutpferden umzugehen wissen. Der Halbblut-anglo-
Araber hat im allgemeinen nicht ganz so viel Temperament.
TRABERIn vielen Ländern werden Traber gezüchtet, ohne dass diese zum
Halbblut gehörende Rasse einem Land speziell zugeordnet werden
könnte: Der Traber ist international.
Am Beginn seiner Entwicklungsgeschichte stand der Wunsch nach
besonders schnell und ausdauernd trabenden Kutschpferden, der in
England mit dem Norfolk-Trotter oder Hackney, in Russland mit dem
Orlow-Traber Erfüllung fand. Von da bis zum rein auf Leistung
gezüchteten Rennpferd war es nicht mehr weit.
Gegenüber dem ebenfalls nur auf Leistung gezüchteten Vollblüter
besteht der Unterschied, dass die Leistung im Trab und nicht im
Galopp erbracht werden muss.
Zu Hochburgen der Traberzucht entwickelten sich Frankreich und
Amerika. In Deutschland baute man erst auf den Orlow-Traber,
importierte dann aber bestes amerikanisches Zuchtmaterial und
verstand es, den Trabersport zu einem Volkssport zu machen.
Hamburg, München und Berlin sind Zentren des Trabersports.
Exterieur:Uneinheitlich im Typ, da nur auf Leistung gezüchtet wird. Manchmal
etwas grober Kopf mit großen, lebhaften Augen. Tief angesetzter
Hals, manchmal etwas kurz. Lange, gut bemuskelte Schulter,
weicher Rücken und kurze, runde, muskulöse Kruppe.
Sehr harte Beine mit kurzen Röhren und tiefsitzendem
Sprunggelenk, steile Fesselung, harte, kleine Hufe. Größe: 155 cm
bis 165 cm und darüber. Farbe: überwiegend Braune, aber auch
Rappen, Füchse, Schimmel. Verwendung: Spezialrasse für den
Rennsport, aber auch gutes Sport- und Freizeitpferd von lebhaftem,
aber meist gutartigem Temperament. Als Kutschpferd sehr geeignet.
TrakehnerDas in Ostpreußen gezüchtete Warmblutpferd ist nie in erster Linie
ein Wirtschaftspferd gewesen wie die im Norden und Süden
Deutschlands gezüchteten Rassen. Zwar wurde auch der Trakehner
zu jeglicher Arbeit in der Landwirtschaft eingespannt, aber Zuchtziel
war das harte, edle, leichte Reitpferd, wie die Kavallerie es bis in
unser Jahrhundert hinein in großer Zahl brauchte.
Das Zuchtvolumen in Ostpreußen war größer als in allen anderen
deutschen Pferdezuchtgebieten und umfasste bis zu 60000
Zuchtstuten, eine fast unvorstellbare Zahl! Ebenso unvorstellbar
aber, dass davon nur einige Hundert übrigblieben, dass der
Zusammenbruch 1945 fast das Ende dieser edlen Pferde gebracht
hätte. Etwa 800 Stuten und rund 40 Hengste überstanden die
enormen Strapazen des mörderischen Flüchtlings-Trecks und
wurden verstreut in ganz Westdeutschland untergebracht.
Aber sehr bald fanden sich engagierte Freunde dieser Rasse, sie
gründeten den Verband der Züchter und Freunde des
Warmblutpferdes Trakehner.
BERBERZu den ältesten Pferderassen gehört der in Nordafrika beheimatete
Berber. Zwei Jahrtausende hindurch trug er vor allem Krieger auf
seinem Rücken. In vielen Eigenschaften dem Araber ähnlich,
unterscheidet er sich äußerlich doch von seinem Wüstenbruder. Aber
wie der Araber hat auch der Berber maßgebend an der Entstehung
des Englischen Vollbluts mitgewirkt. Während der Araber sich jedoch
fast die ganze Welt erobert hat, sieht man den Berber außerhalb
seiner Heimat kaum.
Exterieur:Kräftiger, trockener Kopf, manchmal Rammsnase, kräftiger Hals,
kurzer Rücken mit abfallender Kruppe und tief angesetztem Schweif.
Kräftige, trockene und gut bemuskelte Gliedmaßen. Größe: um
150 cm Stockmaß, nur selten größer. Farbe: viel Schimmel, aber
auch andere Farben. Charakter: feuriges Temperament, aber
gutartig. Verwendung: stets nur als Reitpferd verwendet, schnell und
ausdauernd. Als Freizeitpferd durchaus geeignet. Diese Eignung
könnte dem Berber zu einer größeren Verbreitung außerhalb seiner
heimatlichen Grenzen verhelfen.
Zähigkeit und Ausdauer machen ihn zu einem idealen Pferd für
Wanderritte, und obwohl er nur wenige Zentimeter über Ponymaße
groß wird, ist er durchaus in der Lage, auch schwerere Reiter zu
tragen.
HannoveranerNicht umsonst hat Niedersachsen ein springendes Pferd im Wappen.
Pferde spielten und spielen in diesem Bundesland eine große Rolle.
1888 wurde das Hannoversche Stutenbuch gegründet. 1922 wurden
seine Aufgaben vom Provinzialverband hannoverscher
Pferdezüchter übernommen. Die Hengsthaltung liegt fast ausschließ-
lich in staatlicher Hand. Die Hengste werden einer monatelangen
Leistungsprüfung unterzogen, bevor sie zum Deckeinsatz kommen.
Neben den selbstverständlichen rein körperlichen Leistungen wird
größter Wert auf das Wesen gelegt. Temperament, Charakter, Lei-
stungswille, alles wird beurteilt. Der Hannoveraner soll nicht nur ein
hervorragendes Sportpferd sein, sondern auch dem Freizeitreiter ein
angenehmer, braver Partner.
Da auch der Hannoveraner heute nicht mehr allzu mächtig
gewünscht wird, ist der Vollblutanteil in der Zucht wieder etwas
angestiegen, vor allem aber haben sich Trakehner Hengste auch in
der hannoverschen Zucht bewährt. Das Warmblutpferd
hannoverscher Prägung hat bedeutende Nachzuchtgebiete in
Deutschland. Auf rein hannoverscher Grundlage züchtet man in
Bayern ein Warmblutpferd. Der Westfale ist im Grunde ebenfalls ein
Hannoveraner, wenn auch mit eigenem Stutbuch und eigenem
Landgestüt.
Exterieur:Der Kopf wirkt manchmal etwas schwer, ist aber trotzdem edel. Gut
angesetzter, langer Hals, tiefe Brust lange, schräge Schulter und
ausgeprägter Widerrist, der eine gute Sattellage verbürgt. Gut
bemuskelter, verhältnismäßig langer Rücken mit langer, leicht
abfallender Kruppe und schön getragenem Schweif. Kräftige
Gliedmaßen mit trockenen Sehnen und massiven Sprunggelenken,
kräftigen Hufen. Die in puncto Bodenverhältnisse recht
unterschiedlichen Aufzuchtgebiete des Hannoveraners bedingen
auch eine relativ große Bandbreite im Typ.
Es gibt ausgesprochen starke Gewichtsträger mit großem
Springvermögen und ausgesprochen edle, leichtgewichtigere
Hannoveraner, die im Dressursport und für den Freizeitreiter
besonders geeignet sind. Farben: sehr viel Braune und Füchse, aber
auch Rappen und Schimmel aller Schattierungen. Größe: 165 cm bis
175 cm Stockmaß.
Verwendung: für alle Zwecke des Reit- und Fahrsports. Im
Springsport stehen Hannoveraner in Europa sowohl der Quantität als
der Qualität nach an der Spitze der Turnierpferde.
WestfaleWie das Nachbarland Hannover hat auch Westfalen ein springendes
Ross im Wappen, hier wie dort hat die Pferdezucht eine alte
Tradition und große Bedeutung. 1826 wurde das Landgestüt
Warendorf gegründet, im März 1904 in Münster das Westfälische
Pferdestammbuch e. V. angelegt. Anfangs wurde der Westfale auf
Oldenburger Basis gezüchtet, auch Anglo-Normänner fanden in der
Zucht Verwendung. Aber seit 1920 ist die westfälische
Warmblutzucht auf hannoverscher Grundlage aufgebaut, das Zucht-
ziel ein charakterlich einwandfreies, großrahmiges Reitpferd von
ruhigem Temperament, das sowohl für den Turniersport als auch für
den Freizeitreiter geeignet ist. Aus dem westfälischen Zuchtgebiet
sind in den letzten Jahren hervorragende Springpferde gekommen,
eine nie zu unterschätzende Reklame für eine Pferderasse.
Auch in der wohl schwierigsten Disziplin des Reitsports, der Vielsei-
tigkeitsprüfung oder Military, beweisen Pferde aus dem
Westfalenland ihre hohen Qualitäten. Anziehungspunkt für Tausende
von Pferdefreunden ist alljährlich die Hengstschau in Warendorf.
Nach Hannover verfügt Westfalen über die größte Zahl ein-
getragener Stuten.
Exterieur:Edler Kopf, langer, gut aufgesetzter Hals, lange, schräge Schulter,
ausgeprägter Widerrist. Gut bemuskelter Rücken, lange, muskulöse
Kruppe. Kräftige Gliedmaßen mit trockenen Sehnen und massiven
Gelenken. Größe: 165 cm bis 175 cm Stockmaß. Farbe: alle Farben.
Verwendung: Sport- und Freizeitpferd für alle Zwecke.
HolsteinerAuf den fetten Weiden der Marschen ebenso wie auf den kargeren
Gründen der Geest wuchsen schon im Mittelalter hervorragende
Pferde heran. Holsteiner Herzöge, dänische Könige und nicht zuletzt
die Klöster waren Förderer der Pferdezucht zu Zwecken der
Bodenbearbeitung wie für Kriegsnöte, wie es in einer alten Chronik
heißt. Hengste aus Andalusien brachten dem Holsteiner das stolze
Gepräge, den hohen Aufsatz, die erhabene Knieaktion. Holsteiner
Hengste waren begehrt, wurden nicht nur Stammväter der
hannoverschen Zucht, sondern auch in Oldenburg, Mecklenburg,
Westfalen eingesetzt. Aber eine Festigung des Typs brachte erst die
Nachzucht von Yorkshire Coach-Hengsten, die im vorigen
Jahrhundert aus England eingeführt wurden.
In der »preußischen Zeit Holsteins wurde 1867 das Landgestüt
Traventhal gegründet. 1891 schlossen sich die Züchter des
Marschlandes zusammen. 1896 gründeten auch die Züchter der
Geestlande einen Verband … und 1935 taten sich beide zum Wohle
der Zucht zum Verband der Züchter des Holsteiner Pferdes
zusammen.
Von erheblicher Bedeutung war die Gründung der Reit- und
Fahrschule Elmshorn im Jahr 1894. Ihr Ziel war und ist auch heute
noch: Ausbildung der Züchterjugend, Herausbringen bestens
vorbereiteter Pferde für den Sport, erfolgreiche Werbung für das
Holsteiner Pferd.
1960 musste das Landgestüt Traventhal geschlossen werden, die
Zahl der Stutenbedeckungen war rapid zurückgegangen. Der
Züchterverband übernahm den Beschälerbestand. Das Zuchtziel des
Verbandes: Produktion eines marktgängigen Pferdes mit den
Vorzügen eines Reitpferdes für jeden Gebrauch, bei Beibehaltung
der unabdingbaren Eigenschaften eines Wirtschaftspferdes.
Bei der auch in der Holsteiner Zucht angestrebten Veränderung zum
marktgängigen, also edleren Typ verwendet man vor allem Vollblut-
hengste mit Steeplereigenschaften, damit das gewaltige
Springvermögen der Holsteiner keine Einbuße erleidet. So entstand
ein dem englischen und irischen Hunter adäquates, zwar immer noch
starkes, aber dabei edles Pferd, das im Großen Springsport ebenso
gefragt ist wie im Fahrsport. Holsteiner Gespanne haben die Nase
bei allen Gespannprüfungen vorn. Das Zuchtvolumen Holsteins ist
wesentlich geringer als das in Hannover oder Westfalen, trotzdem
finden sich im Turniersport fast ebenso viele Holsteiner wie
Hannoveraner.
Man kann einen Streifzug durch die Holsteiner Pferdezucht nicht
beenden, ohne des berühmtesten vierbeinigen Holsteiners zu
gedenken. Fritz Thiedemanns Meteor war unter den vielen guten
Springpferden Holsteins Bester der Besten, ein Ausnahmepferd, das
jahrelang auf allen großen Turnierplätzen bekannt und erfolgreich
gewesen ist.
Meteor setzte man ein Denkmal; es ist vor der Reit- und Fahrschule
Elmshorn aufgestellt.
Exterieur:Ausdrucksvoller, manchmal etwas schwerer Kopf mit Rammsnase.
Gut angesetzter, schön getragener Hals, gut gelagerte Schulter, tiefe
und breite Brust, kräftiger, oft etwas langer Rücken mit muskulöser
Nierenpartie und gut bemuskelter Kruppe. Korrekt gestellte
Gliedmaßen mit klaren Sehnen und Gelenken. Im Urtyp ein starkkno-
chiges, großes Pferd mit raumgreifendem Galopp und gewaltigem
Springvermögen, im heutigen Typ etwas edler.
Farbe: überwiegend Braune von Hell- bis Schwarzbraun, selten
Füchse und Schimmel. Größe: 165 cm bis 175 cm Stockmaß.
Charakter: gutes, oft lebhaftes Temperament. Verwendung: ein
Allroundpferd zum Reiten und Fahren mit spezieller Begabung zum
Springen.
OldenburgerSchon vor 300 Jahren praktizierte Graf Anton Günther, Regent von
Oldenburg, ein Verfahren in der Landes Pferdezucht, das man nur
als vorbildlich bezeichnen kann, und das entsprechenden Erfolg
hatte. Die Bauern erhielten aus seinen Gestüten nicht nur gute
Stuten zugeteilt, er stellte für sie dann auch seine Gestüthengste zur
Verfügung. Der gewünschte Pferdetyp jener Zeit war ein Karossier
mit viel Aufsatz und hohem Kniebug. Man könnte sagen, der hoch
trabende Oldenburger Karossier war der Mercedes 600 jener Zeit.
Aber die Zeiten ändern sich. Kutschpferde sind nur selten gefragt,
schwere Reitpferde erst recht.
So stand auch die Oldenburger Pferdezucht vor dem Problem, den
Oldenburger zu einem leichteren Sportpferd um zu züchten, ohne die
solide Grundlage des verhältnismäßig kleinen Stutenstammes zu
zerstören. Die Umzüchtung zum edlen Sportpferd ist voll gelungen,
ohne dass das leichtere Kaliber dem Oldenburger die stolze Haltung,
die Energie im Gang genommen hätte.
Exterieur:Feiner, edler Kopf, hoch aufgesetzter Hals, gut gelagerte, lange
Schulter, ausgeprägter Widerrist, nicht zu langer, kräftiger Rücken
und gut bemuskelte Kruppe. Korrekt gestellte Gliedmaßen, trocken
und muskulös mit kräftigen Gelenken. Farbe: braune, Rappen,
seltener Schimmel und Füchse. Größe: ideal 165 cm, Streuung nach
oben und unten von etwa 5 cm.
Charakter: ruhiges, angenehmes Temperament. Verwendung: Sport-
und Freizeitpferd, auch als Kutschpferd immer noch mit her-
vorragenden Leistungen. Als Militarypferd sehr gefragt.
OstfrieseDen eigentlichen alten Ostfriesen gibt es nicht mehr. Er war ein
schwerer Warmblüter, hart an der Grenze zum Kaltblut stehend, aber
mit viel Gang und Nerv: ein vorzügliches Kutsch- und
Wirtschaftspferd, im Mittelalter ein beliebtes und bekanntes
Ritterpferd. Später wurden bereits leichte, edle Hengste eingekreuzt,
die nicht immer das gewünschte Resultat brachten. Vor rund sechzig
Jahren stellte man Vollblut-Araber auf. So hat man sich dazu
entschlossen, den Ostfriesen dem Hannoveraner anzugleichen, um
das gewünschte Sportpferd im großen Rahmen mit genügend Adel
und Schwung anbieten zu können. Nicht nur im Pferdetyp sucht man
sich hannoverisch zu orientieren, das Ostfriesische Stutbuch hat sich
dem Verband hannoverscher Warmblutzüchter angeschlossen, und
es werden nur noch Hengste gekört, die arabischer, hannoverscher
oder ostpreußischer Abstammung sind.
Exterieur:Edler, auffallend kleiner Kopf, häufig mit Rammsnase, schön
angesetzter, mächtiger Hals, tiefer, breiter Rumpf mit gerader, gut
bemuskelter Kruppe, gut gelagerte Schulter, wenig Widerrist, kurze
kräftige Gliedmaßen mit trockenen Sehnen und starken Gelenken.
Farbe: viel Füchse, aber auch Braune, Rappen, bei Friesenarabern
viel Schimmel. Größe: Friesenaraber.
Württemberger
Der Württemberger war ehemals ein| nahe am Kaltblut stehendes,
kräftigest Wirtschaftspferd, wie die Bauern des| Landes es
brauchten: solide, zuverlässig, gutartig, sicher im Zug. Aber was über
Jahrhunderte hinweg gut und richtig war, hatte plötzlich keinen Wert
mehr. Sollte die Zucht des Württemberger Warmbluts
weiterbestehen, musste auch hier der große Umbruch erfolgen.
Der Württemberger von heute ist ein Pferd, das es an Eleganz und
Schönheit mit den gestandenen Reitpferdrassen aufnehmen kann
und dabei Zuverlässigkeit und guten Charakter des alten Typs
behalten hat. So ist auf dem Boden des über vierhundert Jahre
bestehenden und damit ältesten deutschen Gestüts Marbach eine
alte Pferderasse in neuem Glanz erstanden.
Exterieur:Edler Kopf, schön angesetzter Hals, tiefe Brust, ausgeprägter
Widerrist, gut bemuskelter, nicht zu langer Rücken und breite,
muskulöse Kruppe. Schräge Schulter, kräftiges Fundament mit
korrekter Beinstellung, harte Hufe. Farbe: Braune, Füchse, Rappen,
selten Schimmel. Größe: 160 cm bis 165 cm und darüber.
Verwendung: vielseitig verwendbares Sportpferd mit gutem
Charakter.
Hessisches Warmblut
Obwohl nicht so bekannt wie Hannoveraner, Holsteiner oder
Trakehner, gehört der Hesse zur ersten Klasse unserer
Warmblutzuchten. Wurde früher der etwas schwere Typ bevorzugt,
ist der Hessische Warmblüter heute eleganter geworden. Neben
Hannoveranern wurden auch Trakehner Hengste eingesetzt, sodass
der überall gewünschte Sportpferd-Typ auch vom Hessen verkörpert
wird. Hessen ist wie Westfalen und Hannover ein Pferdeland und hat
einen sehr großen Stutenbestand.
Exterieur:Wie der Hannoveraner ein Warmblüter, der von Leicht- bis
Schwergewicht jeden Reiter zu tragen vermag. Ein elegantes Pferd
mit viel Temperament, für den großen Sport ebenso geeignet wie für
den Freizeitreiter. Ein Hesse war sogar Sieger des schweren Spring-
Derbys in Klein-Flottbek: Kosmos unter dem unvergessenen Hartwig
Steenken 1974.
Bayrisches WarmblutAus dem urbayrischen Rottaler wurde in Anpassung an das heute
gewünschte Sportpferd das Bayrische Warmblut. Die Zucht ist auf
dem leichteren Typ des Hannoveraners aufgebaut. Auch Englische
Vollblüter und einige Trakehner wurden eingesetzt.
Seit 1963 ist das Bayrische Warmblut als bodenständige Rasse
anerkannt, das Zuchtziel ist ein elegantes Warmblutpferd mit
raumgreifenden, flachen Gängen, für alle Zwecke des Sports zu
verwenden.
Exterieur:Elegantes Warmblutpferd in großem Rahmen, dem Hannoveraner
ähnlich: Gut angesetzter, langer Hals, tiefe Brust, lange, schräge
Schulter und ausgeprägter Widerrist. Gut bemuskelter, langer
Rücken, kräftige Gliedmaßen mit trockenen Sehnen und massiven
Sprunggelenken. Größe: bis 170 cm Stockmaß: Farbe: überwiegend
Braune und Füchse, andere Farben kommen vor. Verwendung:
vielseitiges Sportpferd mit gutem Charakter und raumgreifenden,
flachen Gängen.
Brandenburger1787 wurde das Gestüt Neustadt a. d. Dosse gegründet. Zuchtziel
war ein für alle Zwecke verwendbares Warmblutpferd, schwer genug,
um auch in der Landwirtschaft jede Arbeit ausführen zu können, als
Kutschpferd gängig und ausdauernd, als Reitpferd noch nicht zu
schwer. Nach dem letzten Weltkrieg baute man die Brandenburger
Rasse mit Hannoveranern und einigen ostpreußischen Hengsten
wieder auf, das Zuchtziel ist aber nicht mehr ein schwerer Warm-
blüter, sondern der heute überall erwünschte Typ des gängigen
Sportpferdes.
Exterieur:Mittelgroßer Kopf, gut aufgesetzter Hals mittlerer Länge, gerader,
kräftiger Rücken, gut bemuskelte, recht lange Kruppe. Kräftige,
trockene Gliedmaßen. Größe: 165 cm Stockmaß, auch weniger oder
mehr. Verwendung: Reit- und Wagenpferd mit ruhigem
Temperament. Farbe: überwiegend Braune.
Cleveland BayDer Cleveland-Bay oder Cleveland 1 Brown, wie er seiner
ausschließlich braunen Farbe wegen auch genannt wird, ist ein
mittelschweres Warmblutpferd. Die Geschichte seiner Zucht ist etwa
200 Jahre alt, seine engere Heimat die Grafschaft Yorkshire.
Seine heutige Bedeutung liegt in dem Wert, den er für die Produktion
des Hunters hat. 1884 gründeten die Züchter, die Cleveland Bay
Horse Society, und nur die in ihrem Stutbuch eingetragenen Pferde
gelten als reine Cleveland Bay. Übrigens haben Cleveland Bay-
Hengste in früherer Zeit auch großen Einfluss auf deutsche
Warmblutzuchten gewonnen, so auf die Oldenburger Zucht.
Exterieur:Etwas langer, aber nicht unedler Kopf, kräftiger, gut getragener Hals,
schräge, lange Schulter, langer, manchmal etwas weicher Rücken,
lange Kruppe. Trockenes Fundament, lange Röhren, breite
Sprunggelenke. Farbe: Nur Braune, weiße Abzeichen gelten als
fehlerhaft. Größe: 165 cm bis 170 cm. Verwendung: für alle Zwecke
geeignetes Warmblutpferd mit ruhigem Temperament, großem
Spring- und Galoppiervermögen.
Seit alters her besteht die Tradition, dass die Kutschpferde für den
Königlichen Marstall überwiegend Cleveland Bays sind. Das ist aber
nur noch ein freundlicher Nebenzweig der Cleveland-Bay-Zucht.
-
HunterIrische und englische Hunter genießen Weltruf. Sie sind ein Begriff,
aber keine eigene Rasse. Großrahmige Vollblüter, auf der Rennbahn
als Steepler erprobt, sind die Väter. Stuten sehr stabiler
Warmblutrassen. In England überwiegend des Cleveland Bay, in
Irland vom Irisch Draught Horse, einem hart am Kaltblüter stehenden
Zugpferd, die Mutter dieser begehrten Jagdpferde mit dem
legendären Ruf. Äußere Schönheit spielt nicht die geringste Rolle bei
der Hunterzucht, es gibt ausgesprochen hässliche Pferde unter
ihnen, Hauptsache, die Leistung stimmt.
Eine Exterieurbeschreibung erübrigt sich, da kein einheitliches
Rassebild besteht. Gewünschte Merkmale: großrahmiges,
muskulöses Pferd von gedrungenem Bau mit breiter, geräumiger
Brust und starken Gliedmaßen. Größe: Wird unterschiedlich
angegeben, etwa 160 cm und darüber. Farbe: alle Grundfarben.
Einteilung in drei Gewichtsklassen, wobei sich das Gewicht nicht auf
das Pferd, sondern auf den von ihm getragenen Reiter bezieht:
Schwergewichts-Hunter, Mittelgewichts-Hunter, Leichtgewichts-Hun-
ter.
Im Springsport wird heutzutage auch Schnelligkeit verlangt, so dass
Hunter mit hohem Vollblutanteil besonders gesucht sind. Sie können
nicht nur sauber, sondern auch schnell über Hindernisse gehen.
HackneyDieser auffallende Traber mit dem hohen Kniebug ist heute ein
reines Schau-Pferd. Seine Ahnen, die Norfolk-Trotter, wurden schon
vor Jahrhunderten von den Farmern der Grafschaften Yorkshire und
Norfolk ihre außerordentlich schnellen und ausdauernden Trabens
wegen als Reit- und Wagenpferde hoch eingeschätzt. 1882 gründete
man in Norwich eine Gesellschaft zur Veröffentlichung eines
Stutbuches für den englischen Traber und gab diesem Pferd den
Namen Hackney. Dieser Hackney, in dessen Adern Vollblut,
spanisches und arabisches Blut floss, entwickelte sich zum reprä-
sentativen Kutschpferd der Jahrhundertwende. Die Blütezeit der
Hackneyzucht währte bis zum Ersten Weltkrieg. Als wieder normale
Zeiten herrschten, musste das Kutschpferd seine dominierende Rolle
an das Auto abgeben. Das war für den Hackney beinah ein ver-
nichtender Schlag. Dabei hatten Hackney-Hengste ihre Meriten auch
als gute Vererber bewiesen, der Hackney besitzt nämlich ein sehr
gutes Springvermögen. So hatte zum Beispiel die Olympiasiegerin
1936 Tora einen Hackneyhengst zum Vater. Wenn es nicht immer
noch Menschen gäbe, die ihr Herz an diese Pferde hängen, so wäre
der Hackney wohl schon verschwunden.
Exterieur:Großer, aber trotzdem edler Kopf, manchmal etwas Rammsnase,
mäßig langer, muskulöser Hals, hoher Widerrist, kräftiger Rücken.
Meist steile Schulter, gerade, manchmal leicht ab fallende Kruppe,
kräftige Gliedmaßen, kurze Röhren, leicht schräge Fesseln, feste,
runde Hufe. Auf einen schön getragenen Schweif wird Wert gelegt.
Farbe: Braune aller Schattierungen, Füchse, Rappen, auffallende
weiße Abzeichen erwünscht.
Größe: 150 cm bis 160 cm. Charakter: sehr temperamentvoll.
Verwendung: Wagenpferd mit extrem hohem Kniebug und step-
pender Trabaktion. Ein kleiner Bruder ist der Zwerg-Hackney.
CobDer Cob ist keine eigenständige Rasse, so wenig wie der Hunter,
spielt aber trotzdem eine große Rolle in der Zucht.
Der Cob soll alles haben, was man von guten Reit-, Spring- und
Wagenpferden erwartet, dabei nicht über höchstens 155 cm
Stockmaß hinauswachsen und mit besten Charaktereigenschaften
ausgestattet sein. Er muss schwergewichtige Reiter über Hinder-
nisse tragen können, als Reitpferd einen flachen, raumgreifenden
Gang haben und als Wagenpferd an den hohen Kniebug des
Hackney herankommen. Das alles wird durch entsprechende
Kreuzungen z. B. von kräftigen Ponystuten mit Vollbluthengsten er-
reicht. Seine geringe Größe macht den Cob zu einem sowohl für
ältere als auch sehr junge Reiter geeigneten Pferd.
Exterieur:Ein kurzbeiniges, kräftiges Pferd, manchmal etwas derb wirkend, mit
sehr bemuskelter, runder Kruppe. Schulter soll lang und schräg sein,
der Hals ist meist sehr stark, die Brust breit. Die Idealgröße liegt bei
150 cm. Cobs sind hervorragende Freizeitpferde, weil sie vom Pony
die Robustheit mitbringen können und dazu einen liebenswürdigen
Charakter haben. Der einzige zuchtgefestigte Cob ist der Welsh Cob.
Der Cob ist ebenso wie der Welsh-Cob bei uns noch eine Seltenheit.
Als ich einer sehr pferdeerfahrenen Bekannten die Aufnahmen eines
Welsh-Cob- Hengstes zeigte, fragte sie erstaunt: Was ist ein Cob?
Es wäre zu wünschen. dass die in diesem Buch erfolgte Vorstellung
dieses vielseitigen Pferdes ihm auch bei uns zu größerer Verbreitung
verhilft.
Anglo-NormännerNimmt man Anglo-Araber und Traber aus, die zwar beide mit Erfolg
auch in Frankreich gezüchtet werden, aber keine französischen
Rassen im engsten Sinn sind, bleibt als Warmblutpferd französischer
Prägung der Anglo-Normanne übrig.
Ob es stimmt, dass die Wurzeln der Rasse bis zu der Zeit der
Mauren und einer armorikanischen Rasse zurückreichen, lässt, sich
nicht mit Sicherheit nachweisen.
Armorika ist die lateinische Bezeichnung für ein Gebiet, zu dem die
Bretagne, die Vendee und die westliche Normandie gehören. Die von
Skandinavien kommenden Normannen setzten sich an der
Westküste Frankreichs fest. Nach einer langen Blütezeit erlebte die
Zucht der Race Normande durch wahllose Einkreuzung von
Fremdblut einen Niedergang, der fast den Untergang der norman-
nischen Pferde gebracht hätte. Frankreich befand sich zu jener Zeit
ja allein rund hundert Jahre im Krieg mit England, die ständigen
Remontierungen ließen den Pferdebestand nahezu ausbluten. Erst
von 1830 an begann eine Regeneration. Man führte aus England
Vollblüter und Halbblüter ein, unter anderen den Norfolk-Trotter
Young Rattler. Mit ihm begann die eigentliche Geschichte des Anglo-
Normänners. Gleichzeitig wurden Leistungsprüfungen im Trab für die
zur Zucht bestimmten Pferde eingeführt. Ab 1860 gilt der Anglo-
Normanne als gefestigte Rasse.
Der Anglo-Normanne war um die Jahrhundertwende als
schnelltrabender Karossier, als Renntraber und auch als
Wirtschaftspferd sehr begehrt.
Der Traber wurde dann als Trotteur Francais sozusagen selbständig,
das Kutsch- und Wirtschaftspferd entwickelte sich zu einem
Sportpferd von hohen Graden. Französische Tumierreiter glänzten
mit Anglo-Normannen auf vielen Turnieren. Bisheriger Höhepunkt
war der Olympiasieg von Pierre J. d'Oriola auf dem Anglo-
Normannen Lutteur in Tokio.
Aber die Rasse erwies sich auch für andere Warmblutrassen als
wertvoll, sie stellte vorzügliche Vererber, die die Warmblutzuchten in
Deutschland (Oldenburg. Württemberg, Holstein), Schweiz
(Einsiedler. Freiberger). Schweden und Holland stark beeinflussten
und noch beeinflussen. Nicht zu vergessen Ungarn: der Anglo-
Normänner Nonius hat dort einer ganzen Rasse seinen Namen
gegeben. Hauptzuchtgebiet ist die Normandie mit den Gestüten Le
Pin und Saint-Lö.
Exterieur:Mittelgroßer Kopf, manchmal leichte Rammsnase, verhältnismäßig
große Ohren, langer, muskulöser Hals, gut entwickelter Widerrist,
lange, schräge Schulter. Verhältnismäßig langer Rücken, manchmal
etwas weich, muskulöse, wenig abfallende Kruppe. Kräftige
Gliedmaßen mit klaren Gelenken. Feste, manchmal etwas breite
Hufe. Der Anglo-Normanne wird seit 1967 offiziell Seile Francais
genannt (Französisches Reitpferd).
Außer diesem Sportpferdtyp wird in geringer Zahl auch noch der
Cob-Typ als mittelschweres, aber gängiges Wagen- und
Wirtschaftspferd gezüchtet. Größe: bis 165 cm Stockmaß; Cob etwa
10 cm. Farbe: überwiegend Braune und Füchse. Besonders zu
beachten ist die Spätreife der Anglo-Normänner, das bedeutet, sie
sind erst mit 6-7 Jahren erst voll belastbar. Charakter: lebhaft, aber
gutartig, mit dem Temperament ausgestattet, das ein gutes
Sportpferd laben muss.
Camargue-PferdDas Crin Blanc zieht viele begeisterte Touristen in jene
provenzalische Landschaft, nach der es genannt wird, die Tamargue.
In dem morastigen Mündungsgebiet der Rhone, das mehr als
7000 km2 umfasst, leben außer zahllosen Mücken und vielen
Vogelarten halbwilde kleinwüchsige, schwarze Rinder, von berittenen
Hirten bewacht. Zu dieser nicht ganz ungefährlichen Hütearbeit
werden entsprechende Pferde gebraucht. Sie sind in den ebenfalls
halbwild lebenden, unverwüstlichen Pferden der Camargue
sozusagen griffbereit« vorhanden. Die Hirten fangen sich aus der
Pferdeschar heraus, was sie brauchen. Um die anderen kümmert
man sich kaum, sie leben weitgehend sich selbst über- lassen. Das
Camargue-Pferd besitzt die wachen Instinkte des fast noch wild
lebenden Pferdes, hat ein schnelles Reaktionsvermögen, was bei der
Unberechenbarkeit der Stiere unbedingt nötig ist. Es springt gut und
sicher, was in dem unübersichtlichen Sumpfgelände ebenfalls sehr
wichtig ist, und hat bei allem Temperament einen gutartigen
Charakter. So lag es nahe, den vielen Naturfreunden, die alljährlich
das sehenswerte Tierreservat im Süden Frankreichs besichtigen,
einen Ritt auf den nur ponygroßen Camargue-Pferden anzubieten
und damit das Interesse von Freizeitreitern auf diese Pferde zu
lenken.
Das Crin Blanc soll von dem in der Altsteinzeit lebenden Solutrepferd
abstammen. Orientalisches Blut, Berber und iberische Rassen sind
eingekreuzt worden.
Die Bezeichnung Crin Blanc (Crin = Rosshaar, Mähnenhaar; blanc =
weiß) deutet darauf hin, dass es sich bei den Pferden ganz
überwiegend um Schimmel handelt, selten kommen Füchse vor. Es
besteht eine Zuchtorganisation, die Aufzucht erfolgt in halbwilden
Herden (Manades) von je vierzig bis fünfzig Tieren.
Exterieur:Schwerer, oft rammsnasiger, selten edler Kopf, große Ohren, große,
aufmerksam und klug blickende Augen. Kurzer, gerader Hals, häufig
Hirschhals, flache, breite Brust, wenig Widerrist, muskulöser,
kräftiger Rücken, schmale, kurze, manchmal abfallende Kruppe.
Trockene Gliedmaßen mit guten Gelenken und starken, gesunden
Hufen. Sehr üppiges Mähnen- und Schweifhaar. Größe: 145 cm
Stockmaß, selten mehr. Farbe: ganz überwiegend Schimmel, wenig
Füchse. Verwendung: ausdauerndes, hartes Gebrauchspferd für den
Spezialeinsatz als Hirtenpferd. Geduldiges, wenn auch durchaus
temperamentvolles Reitpferd für Erwachsene und Jugendliche.
Zuchtgebiet: Rhone-Delta, Südfrankreich.
Niederländisches WarmblutMit viel Gespür für die Zeichen der Zeit auf dem Pferdemarkt und
großem Geschick haben es Hollands Pferdezüchter verstanden, ihre
beiden schweren Warmblutrassen, Groninger und Gelderländer,
durch entsprechende Zufuhr leichteren Blutes in gängige Sportpferde
umzuwandeln. Turniergrößen wie Rex the Robber rückten Pferde
aus Holland ins Blickfeld der Reiterwelt. Pferde, die im Typ
Schwergewichtshuntern entsprechen, gewaltig springen können und
immer noch, fall erwünscht, hervorragende Kutschpferde abgeben.
Der Groninger alten Schlages ist dabei allerdings fast verschwunden,
es besteht ja auch kaum noch Nachfrage für ausgesprochene
Karossiers. Der durch Vollblut und Halbblut veredelte Groninger
wurde wiederum bei den Gelderländern eingesetzt, um ein möglichst
einheitliches Pferd im gewünschten Typ des vielseitig verwendbaren
Sportpferdes zu bekommen. Der Gelderländer des alten Typs, den
man auch noch findet, ist ein Wirtschaftspferd, für alle Arbeiten in der
Landwirtschaft geeignet, ein ausgezeichnetes Wagenpferd, aber
auch ein stabiles, gut gehendes Reitpferd. Typisch für ihn ist die
Fuchsfarbe mit vielen weißen Abzeichen. Wenn es auch heute noch
die Bezeichnungen Groninger und Gelderländer gibt, so wird es
vermutlich in einiger Zeit nur noch das Niederländische
Warmblutpferd geben, denn das ist die logische Konsequenz aus
den erfolgreichen Bemühungen der Pferdezüchter Hollands, ein
modernes Sportpferd zu züchten.
Exterieur:Edler Kopf, starker, gut aufgesetzter Hals, gut ausgeprägter
Widerrist, breiter, tiefer Rumpf, zwar leichter als der Urtyp, aber
immer noch mit viel Masse. Größe: 160 cm bis 170 cm Stockmaß.
Farbe: viel Füchse, auch Schimmel und Braune. Verwendung: sehr
gutes Sportpferd mit hervorragenden Gängen und Springvermögen.
Sehr gutes Wagenpferd. Zuchtgebiet: Niederlande.
I
i
FrieseKnochenfunde aus prähistorischer Zeit beweisen, dass in Friesland
schon vor Tausenden von Jahren ziemlich schwere Pferde
vorhanden waren. Dass sie die Vorfahren der Friesen sind, lässt sich
zwar vermuten, aber nicht mit Sicherheit behaupten. Der Friese, wie
wir ihn noch heute kennen, ist das Produkt einheimischer Pferde, die
mit den von den Spaniern im 16. Jahrhundert ins Land gebrachten
orientalischen Rassen vermischt wurden. Ein recht elegantes Pferd
mit hoher Trabaktion entstand. Als im 17. Jahrhundert Trabrennen
eine Art Volkssport wurden, begann man, den Friesen systematisch
zum Harddraver, zum schnellen Traber, um zu züchten. Auch der
Friese wurde dann von einem derart heftigen Niedergang der Rasse
bedroht, dass er fast verschwunden wäre. Es gab 1910 nur noch drei
Beschäler im ganzen Land! Auch in diesem Fall fanden sich in letzter
Minute Freunde der Rasse zusammen, ein neues Stutbuch wurde
aufgelegt und der Wiederaufbau der Rasse mit Geschick und
Engagement betrieben. Königin Juliane der Niederlande übernahm
1954 die Schirmherrschaft über die nun Königliche Friesische
Züchtergemeinschaft. Immer noch kann der Friese seine spanischen
Ahnen nicht verleugnen und trabt mit hoher Knieaktion. Ihn vor dem
Wagen zu sehen, ist erfreulich. Er bewährt sich auch als braves
Pferd zum Spazierenreiten, mit weichen Gängen; besonders für
Reiter geeignet, die sich ihrer Größe und ihres Gewicht wegen nicht
so gern auf ein Pony setzen.
Exterieur:Mittellanger Kopf mit völlig gerader Profillinie, aufmerksam gespitzten
Ohren, lebhaft blickenden Augen. Schön aufgesetzter, kräftiger Hals,
ziemlich steile Schulter, kurzer Rücken, manchmal leicht eingesenkt,
stark abfallende Kruppe, tiefer Schweifansatz.
Kräftige, aber verhältnismäßig schlanke Gliedmaßen, harte Hufe,
unterschiedlich starker Kötenbehang. Größe: um 160 cm Stockmaß.
Farbe: nur Rappen ohne Abzeichen, ein kleiner Stern wird akzeptiert.
Verwendung: durch sein überragendes Trabvermögen ein sehr
schönes Wagenpferd, das auch angenehm unter dem Reiter geht.
Ein gutartiges, fleißiges und langlebiges Pferd. Zuchtgebiet:
Westfriesland.
EinsiedlerDas Pferd mit dem eigenartigen Rassenamen ist tatsächlich ein
Pferd der Mönche gewesen. Bereits Mitte des 11. Jahrhunderts fand
die Pferdezucht der Benediktinermönche von der Abtei Einsiedeln im
Kanton Schwyz Erwähnung. Zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert
erreichte die Zucht der Cavalli della Madonna ihren Höhepunkt, um
als Folge der Napoleonischen Kriege fast ausgelöscht zu werden.
Die Pferde wurden als willkommene Beute weggeführt.
Der Wiederaufbau der Zucht gestaltete sich sehr mühsam. Die
Mönche kauften auf, was an rein gezüchteten Einsiedlern in der
Umgebung noch vorhanden war. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts
wurde ein Yorkshire-Hengst aufgestellt, später zwei Anglo-
Normänner und mehrere Hackneys. Vor allem die Anglo-Normänner
setzten sich durch und beeinflussten die Zucht so, dass man den
Einsiedler von heute als Allroundpferd vom Anglo-Normänner-Typ
bezeichnen kann.
Exterieur:Edler Kopf, lebhafte, aufmerksam blickende Augen, gut aufgesetzter
Hals, tiefe Brust und kräftiger Rücken, leicht abfallende Kruppe,
kräftiges Fundament, gesunde, harte Hufe. Größe: um 160 cm
Stockmaß. Farbe: alle Grundfarben. Verwendung: Beliebtes
Kavalleriepferd, gesuchtes Reitpferd, auch für Turnierzwecke, mit
gutem Wesen. Ebenso sicher als Wagenpferd. Zuchtgebiet: Schweiz.
FreibergerDer Freiberger ist die zweite Schweizer Rasse. Es ist eigentlich
erstaunlich, dass dieses verhältnismäßig kleine Land zwei
bodenständige Pferderassen besitzt. Das Jurapferd, wie der
Freiberger auch genannt wird, war einst das Postkutschenpferd der
Schweiz. Mehrspännig zog es schnell und zuverlässig die
schwerbeladenen Postkutschen über die schwierigen Alpenstraßen.
Dazu waren nicht nur kräftige Pferde nötig, sondern auch besonders
scheufreie, absolut zuverlässig im Zug auch in kritischen Situationen.
Als die Eisenbahn ihren Siegeszug antrat, verlor der Freiberger seine
Aufgabe als Postkutschenpferd, behielt aber seine Bedeutung als
mittelschweres Pferd für die Landwirtschaft und als Militärpferd.
Auch der Freiberger erlebte das Auf und Nieder, das keiner
Pferderasse im Laufe ihrer Geschichte erspart bleibt. Anfang unseres
Jahrhunderts war der Freiberger durch die Zuführung von
Englischem Vollblut den Bauern zu leicht geworden, nun wurde
Kaltblut eingekreuzt. Dann richtete man die Zucht wieder nach den
Wünschen der Armee aus, die ein kräftiges, aber nicht schwerfälliges
Zugpferd brauchte. 1942 wurde ein Halbblut-Araber eingeführt, mit
dem kam wieder eine etwas leichtere Linie in die Zucht. Der
Freiberger von heute soll ein leichtes, gängiges Zugpferd sein,
sowohl für die Landwirtschaft als auch für den Dienst in der Armee
als Saumtier geeignet. Im Übrigen ist der Freiberger noch in einer
anderen Beziehung ein Zugpferd. Die Jurapferde sind eine echte
Touristen-Attraktion.
Exterieur:Feiner Kopf mit kleinen Ohren und aufmerksamen Augen.
Mittellanger, gut angesetzter Hals, kräftiger Rücken, gut bemuskelte
Kruppe, kräftige, kurze Gliedmaßen mit harten, gesunden Hufen.
Größe: um 160 cm Stockmaß. Farbe: alle Grundfarben.
Verwendung: gängiges Zugpferd mit Wandlungstendenz zum
Sportpferd. Zuchtgebiet: Schweiz.
Frederiksborger
Die Geschichte dieser einzigen bodenständigen dänischen
Warmblutrasse ist bunt, von Höhen und Tiefen gekennzeichnet. 1562
wurde das Hofgestüt Frederiksborg bei Kopenhagen gegründet. Die
damals so beliebten andalusischen und neapolitanischen Hengste
bildeten den Stamm, und die Zucht erwies sich als äußerst erfolg-
reich. Nicht nur, dass der Frederiksborger Hengst Pluto Mitbegründer
der Lipizzaner war und die Stute Deflorata aus Frederiksborg Be-
gründerin einer Lipizzaner Mutterstutenlinie, kurioserweise soll sogar
König Philipp II. von Spanien Frederiksborger Zuchthengste aus
Dänemark für seine Reitpferdezucht nach Spanien geholt haben.
Die starke Nachfrage nach den statiösen Pferden, die sich vortrefflich
für die im Barock so beliebte Hohe Schule eigneten, führte zu einer
ziemlich wahllosen Vermehrung. Es wurden schließlich sogar
qualitätsvolle Zuchtpferde verkauft. Um die Mitte des vorigen
Jahrhunderts führte der Ausverkauf des Frederiksborgers zur
Schließung des Gestüts, aber nicht zur völligen Vernichtung der
Rasse. Private Züchter verwandelten den Frederiksborger
Karossiertyp zum vielseitig verwendbaren Wirtschaftspferd, einem
immer noch mit schönem Gang ausgezeichneten starken
Warmblüter.
Neuerdings bemüht man sich, dem allgemeinen Trend folgend, aus
dem Frederiksborger ein modernes, also noch etwas leichteres
Sportpferd zu machen, denn nur so wird es überleben.
Exterieur:Kleiner, edler Kopf, Rammsnase häufig, schön aufgesetzter Hals,
wenig markierter Widerrist, gut gelagerte Schulter, langer, oft etwas
matter Rücken, lange, schräge Kruppe. Kräftige, trockene
Gliedmaßen, gut geformte, kleine Hufe. Größe: 155 cm bis 160 cm
Stockmaß, auch darüber. Farbe: überwiegend Füchse, selten andere
Farben. Verwendung: energisch vorwärtsgehendes Wagen- und
Reitpferd, temperamentvoll, gutartig. Die Zucht liegt ganz in
bäuerlicher Hand.
Eine aparte farbliche Variante des Frederiksborgers ist der
Knapstruper, ein Tigerschimmel. Diese Sonderrasse war fast
verschwunden, wird aber neuerdings wieder vermehrt gezüchtet, da
die Nachfrage nach aparten Pferden steigt. Knapstruper Hengste, die
ihre Farbe gut vererben, sind gesucht, denn die Fellzeichnung mit
den kleinen, unregelmäßig verteilten runden Flecken wird
keineswegs sicher vererbt. Im Exterieur entspricht der Knapstruper
dem Frederiksborger.
Schwedisches WarmblutSchweden ist flächenmäßig ein großes Land, aber ein dünn
bevölkertes. Umso erstaunlicher erscheinen die stolzen Erfolge der
schwedischen Warmblutzucht.
Schon im vorigen Jahrhundert wurden Trakehner, Englisches Vollblut
und Anglo-Araber zur Veredelung des in Schweden gezogenen
Warmbluts angekauft, und zwar nur erstklassige Hengste. Auch
Anglo-Normänner kreuzte man ein, also alles Rassen im besten
Reitpferdtyp.
Vor etwa 300 Jahren wurde das Gestüt Flyinge bei Lund in der
Landschaft Schonen gegründet. Aber damals experimentierte man
viel, das ständige Hin und Her in der Zucht schadete mehr, als dass
es etwas einbrachte. Ab Mitte des vorigen Jahrhunderts besann man
sich auf eine einheitlich ausgerichtete Linie in der Zucht und führte
1874 ein Prämiensystem für das gesamte Zuchtmaterial ein. Das
Gestüt Flyinge wurde 1888 aufgelöst, aber 1924 als Hengstdepot
wieder eröffnet. Qualitätsvolle Hengste aus Hannover und beste
Trakehner wurden auch nach dem Zweiten Weltkrieg eingeführt, so
dass der Typ des Schwedischen Warmblüters als edles,
leistungsfähiges Sportpferd noch mehr gefestigt und ein
Exportschlager wurde.
ExterieurHals, muskulös, aber nicht plump wirkend. starkes, trockenes
Fundament mit sehr gesunden Sehnen und Gelenken, starke Hufe,
fast kein Kötenbehang. Größe: bis 156 cm Stockmaß. Farbe:
überwiegend Braune und Rappen, selten Füchse und Falben. Ver-
wendung: leistungsfähiges Zugpferd mit sehr gutem Schritt und für
ein Pferd dieses Kalibers verblüffend leichtem. flotten Trabvermögen.
Temperamentvoll, aber gutartig und zuverlässig. Sehr hart,
ausdauernd und langlebig. Zuchtgebiet: Nordschweden, Hauptgestüt
Wangen.
Die Hengste müssen sich seit 1930 einer Leistungsprüfung
unterziehen und werden zur Zucht nur nach bestandener Prüfung
zugelassen.
DölepferdÄhnlich dem Nordschwedischen Pferd, zu dessen Ahnen es übrigens
gehören soll, ist Norwegens Dölepferd ein schwerer Warmblüter oder
ein leichter Kaltblüter, es kommt auf den Standpunkt an. Immerhin
stellt diese Rasse die Hälfte der Pferde Norwegens, ist wesentlich
flinker als Kaltblüter zu sein pflegen, und geht einen so schnellen,
munteren Trab, dass das Dölepferd wie sein schwedischer Nachbar
auch als Traber eingesetzt wird. So verwunderlich ist es vielleicht
nicht, wenn man hört, dass das Dölepferd aus Kreuzungen des
Alten, dem Fjordpferd ähnlichen Landschlag mit Englischem Vollblut
und Frederiksborgern Dänemark entstanden ist. Zwar wurde dann
später von der Landwirtschaft ein etwas schwererer Typ gezüchtet,
und man züchtete dann den Arbeitstyp und den Trabertyp. Aber da
die Nachfrage nach dem schweren Dölepferd aus bekannten
Gründen sehr nachgelassen hat, hat nun wieder der flinke Döletraber
die »Vorfahrt«.
Exterieur:Hübscher, edlen Ponys ähnlicher Kopf, kräftiger Hals mit langem,
dichtem Mähnenhaar, kräftiger Rücken, muskulöse, lange Kruppe.
Kräftige, gut gestellte Gliedmaßen mit einwandfreien Hufen, starker
Kötenbehang, üppiges Schweifhaar, ein harmonisch gebautes Pferd
von Mittelgröße. Größe: 150 cm bis 157 cm Stockmaß. Farbe: fast
nur Braune und Rappen.
Verwendung: zugfestes Arbeitspferd, flinker, ausdauernder Traber,
auch zum Reiten gut geeignet. Hart, genügsam und leichtfutterig.
Zuchtgebiet: vor allem das Gudbrandsdal, nach dem es auch
Gudbrandsdaler genannt wird.
LipizzanerJeder, der sich nur ein bisschen für Pferde interessiert, wird bei dem
Stichwort Österreich automatisch an die vierbeinigen Künstler der
Spanischen Hofreitschule in Wien, die Lipizzaner, denken. Zwar
werden in Österreich auch Kaltblüter (Noriker) und Ponys (Haflinger)
neben manchen eingeführten Pferderassen gezüchtet, aber die
österreichische Pferderasse aus den glanzvollen Zeiten der Donau-
Monarchie ist der Lipizzaner.
Erzherzog Karl von Österreich gründete 1580 das im Karst nahe
Triest gelegene Gestüt Lipizza. Den Stamm bildeten fünf Hengste
aus spanisch-italienischem Blut, denen sich später ein reinblütiger
Araber zugesellte. Die noch heute bestehenden, nach ihren
Begründern benannten Stämme heißen: Neapolitano…
Conversano…Favory… Maestoso … Pluto … Siglavy. Ihre Herkunft
verteilt sich so: Conversano und Neapolitano kommen aus Italien.
Aus dem Kaiserlichen Hofgestüt Kladrub bei Pardubitz kamen
Maestoso, Favory und der Original-Araber Siglavy. Pluto stammte
aus dem Dänischen Hofgestüt Frederiksborg, war aber auch
spanisch-italienischer Abkunft. Von Frederiksborg kam dann noch
eine Stute, deren Stamm ebenfalls bis auf den heutigen Tag erhalten
geblieben ist, sie hieß Deflorata.
Bis auf den Siglavy-Stamm haben alle Lipizzaner den hohen
Kniebug, der sie für die Hohe Schule prädestiniert.
Das Stammgestüt Lipizza wechselte in dem mehrfach geteilten und
verteilten Landstrich ebenso oft den Besitzer: Nach dem Zerfall der
Donaumonarchie gehörte es erst zu Italien und ist nun jugoslawisch.
Die Pferde, die den Namen des Gestüts tragen, wurden nach Piber
in der Steiermark umgesiedelt. Dort werden die Lipizzaner, nachdem
sie als Folge des Zweiten Weltkriegs fast vernichtet worden wären,
alter Tradition gemäß gezüchtet. Die besten Hengste gehen vier-
jährig an die Hofreitschule nach Wien zur Ausbildung, um später zum
Teil als Deckhengste zum Gestüt zurückzukehren.
Die Ausbildung der Hengste ist langwierig und erfolgt schonend,
denn der Lipizzaner gehört zu den spätreifen und langlebigen
Rassen. Die oft spektakulär wirkenden Sprünge der vierbeinigen
Künstler sind zur Vollendung getriebene natürliche Bewegungen.
Jeder Hengst führt nur die Sprünge aus, zu denen er von Natur aus
veranlagt ist. Auch die Stuten, die zur Zucht im Gestüt bleiben,
kommen mit 3 Jahren in eine Ausbildungsabteilung. Nur die Stuten,
die sich hier bewähren, werden der Mutterstutenherde zugeteilt.
Überzählige Stuten werden verkauft, ebenso kastrierte Hengste
(Wallache). Dank ihres noblen Wesens sind Lipizzaner begehrte
Freizeitpferde, die Nachfrage ist größer als das Angebot.
Exterieur:Ziemlich schwerer, aber sehr edler Kopf, manchmal rammsnasig.
Kleine! Ohren, große, lebhaft blickende Augen. Hoch angesetzter,
kräftiger, mittellanger Hals, häufig steile Schulter, breite Brust.
Widerrist wenig ausgeprägt, langer, manchmal etwas weicher
Rücken, gut gerundete, muskulöse Kruppe, hoch angesetzter, schön
getragener Schweif. Feine, trockenen Gliedmaßen mit klaren Sehnen
und ausdrucksvollen Gelenken, kleine, feste Hufe. Größe: bis
155 cm Stockmaß, selten größer. Farbe: überwiegend| Schimmel,
die dunkel geboren werden. Wenig Braune und Rappen.
Verwendung: Spezialrasse für die Hohe Schule sehr gutes
Wagenpferd. Für den, der Pferde mit hoher Knieaktion reiten mag,
sehr gutes Reitpferd. Für ein Pferd dieser Größe anspruchslos und
hart, sehr spät reif und langlebig. Zuchtgebiete: Österreich, Ungarn,
Jugoslawien.
Das Stammgestüt Lipizza war dem Verfall nahe, aber dann besann
man sich auf den hohen Wert der vierbeinigen Insassen auch für den
Tourismus. Eine Besichtigung des Gestüts und seiner schönen
Pferde gehört heute zum Programm jedes an Pferden interessierten
Besuchers. Man ist nun auch bemüht, die Hengste nach dem Muster
der Wiener Spanischen Hofreitschule zu ebensolchen Künstlern zu
machen. So dürfte auch hier die Zucht dieser edlen Pferderasse ge-
sichert sein, was jeden Pferdefreund nur freuen kann.
AndalusierDa jetzt viel von spanischem Blut die Rede war, ist es logisch, sich
mit der Rasse zu beschäftigen, die den hohen Kniebug, den
spanischen Schritt in Vollendung beherrscht. Viele Pferdezuchten in
der Welt haben einen mehr oder weniger starken Schuss
Andalusierblut in ihren Adern, das gilt besonders auch für jene
Rassen, die in erster Linie als Karossiers gezüchtet wurden. Wenn
auf ein Pferd die Attribute stolz und statiös angewendet werden
können, dann auf den Andalusier. Er wirkt wie sein eigenes
Denkmal. In der Blütezeit des Dressurreitens oder besser des
Reitens der Hohen Schule gehörte der Andalusier zu den
begehrtesten Pferden. Oft kommen sie im Zirkus zum Einsatz. Sie
sind besonders für die Hohe Schule geeignet. Zwar unter- scheidet
sich die Zirkusvorführung von der klassischen Hohen Schule, sie ist
mehr Show. Es dauert etwa 2 Jahre, bis ein Schulpferd manegereif
ist. Wer einmal Gelegenheit hatte, bei den Lehrstunden zuzusehen,
weiß, wie vernünftig mit den Tieren umgegangen wird. Nur mit einem
Pferd, das Vertrauen hat, lässt sich arbeiten.
Alter Real Hengst Wie im Nachbarland Spanien liebt man in Portugal edle Pferde mit
hohem Kniebug. Pferde, die speziell für die Kunst der Hohen Schule
oder den ins Auge fallenden »prahlenden« Trab vor Prunkkarossen
geboren zu sein scheinen. Außerhalb der Iberischen Halbinsel sieht
man diese statiösen Rassen fast nur im Zirkus. Sie sind zwar eine
Augenweide, für den Sport- und Freizeitreiter aber weniger geeignet.
Über 200 Jahre alt ist die Zucht des königlichen Alter, aufgebaut auf
andalusischem Blut. Die Beschlagnahme zahlreicher bester Pferde
durch Napoleons Armee, zog eine starke Reduzierung des
Stutenstammes nach sich. Desinteresse des Königshofes an der
Zucht des Alters brachte die Rasse fast zum Verschwinden.
Als man dann Rettungsversuche durch Einkreuzen zu viel fremden
Blutes machte, beschleunigte man nur den Abbau der Rasse fast bis
zum totalen Zusammenbruch. Erst als wieder andalusische Stuten
und Hengste zugeführt wurden, konnte man den Alter Real
regenerieren.
Exterieur:Dem Andalusier sehr ähnlich. Größe: 150 cm bis 160 cm Stockmaß.
Farbe: braun. Verwendung: Spezialisten für Hohe Schule. Gestüt:
Nationalgestüt Vila de Portei.
LusitanoDer Lusitano ist ebenfalls eine bodenständige portugiesische
Pferderasse und gleicht im Typ dem Andalusier. Mut, Schnelligkeit
und Wendigkeit muss der Lusitano in der Stierkampfarena beweisen.
Allerdings ist der Stierkampf in Portugal unblutig. Der Stier bleibt am
Leben und das Pferd natürlich erst recht. Der Lusitano ist auch hin
und wieder auf dem Lande in Bauernhand zu finden und war das
Reitpferd der Armee. Was über Andalusier und Alter Real gesagt
wurde, trifft auch auf den Lusitano zu. Größe: 150 cm bis 160 cm
Stockmaß. Farbe: überwiegend Schimmel, seltener andere Farben.
Aufgerichteter Hals, kurzer Widerrist, langer, gerader Rücken, breite,
kurze Kruppe. Die Schulter ist steil, doch gut bemuskelt. Die kräftigen
Gliedmaßen sind ebenfalls sehr gut bemuskelt mit trockenen Sehnen
und Gelenken. Sprunggelenk ziemlich steil, lange Fesselung, große,
steile Hufe. Schweif hoch angesetzt und schön getragen. Größe: Bis
180 cm soll möglichst darunter liegen. Farbe: Schimmel (Generale-
Linie), Rappen (Sacra- moso-Linie).
Verwendung: statiöses Kutschpferd, als Reitpferd für Dressur, aber
nicht zum Springen geeignet. Wer einen Kladruber reiten will, muss
Pferde mit hohem Kniebug und wenig raumgreifenden Gängen
mögen.
WielkopolskiNach 1945 entstand unter der Bezeichnung Wielkopolska ein
weiteres und zugleich das größte Warmblut-Zuchtgebiet Polens. Das
Warmblutpferd dieser Gegend, Wielkopolski genannt, ist ein Masure
Trakehner Prägung. Der zunehmende Pferdesport machte eine
Angleichung an den zu Sportzwecken gewünschten Typ nötig. Die
dazu nötigen edlen Pferde hatte man, und denen Stuten gekreuzt,
als so durchschlagender Vererber, dass er der Gründer einer neuen
Rasse wurde. Da seine Nachkommen ungewöhnlich ausgeglichen
waren, erkannte man den Nonius 1840 als eigenständige, gefestigte
Rasse an. Es gibt den Großen und den Kleinen Nonius.
Exterieur:Kleiner, trockener Kopf, bei dem großen Typ oft Rammskopf, gut
aufgesetzter, langer, kräftiger Hals, gut gelagerte. schräge Schulter,
langer Rücken, der manchmal etwas weich ist, kurze, etwas schmale
Kruppe. Sehr stämmige, gut bemuskelte Beine mit kräftigen Sehnen
und Gelenken, manchmal etwas schwach gefesselt, mittelgroße
Hufe. Größe: Typ Großer Nonius 155 cm bis 160 cm Stockmaß. Typ
Kleiner Nonius 145 cm bis 150 cm Stockmaß. Farbe: überwiegend
Rappen und Braune. Verwendung: Reit- und Kutschpferd, auch für
landwirtschaftliche Arbeit zu nutzen, gutes Temperament, gute
Gänge und gute Veranlagung zum Springen.
Furioso-North-StarDass eine ganze Pferderasse ihren Namen nach zwei Hengsten
erhält, ist einmalig. Der englische Vollblüter Furioso, 1840 nach
Ungarn eingeführt und im Gestüt Mezöhegyes aufgestellt, erwies
sich als hervorragender Vererber. Mit seinen zahlreichen, auf die
Deckstationen der KK-Monarchie verteilten Söhnen gründete er eine
Art Pferde-Dynastie: die Furioso-Linie. Zwölf Jahre später wurde ein
weiterer hochklassiger Hengst aus England eingeführt, der
Halbblüter North Star. Auch er wurde zu einem Volltreffer und gab
der North-Star-Linie seinen Namen.
Als man dann die beiden Linien miteinander verschmolz, ergab sich
eine Rasse, die in jeder Beziehung den Vorstellungen von einem
harten, genügsamen, edlen Halbblüter entsprach. Da beide Hengste
gleich viel Anteil an dieser Rasse hatten, erhielt sie gerechterweise
den Namen Furioso-North-Star.
Exterieur:Ein kräftiger Halbblüter mit edlem Kopf, geradem Rücken, gut
bemuskelter Kruppe und korrekten Gliedmaßen. Größe: um 160 cm
Stockmaß. Farbe: überwiegend Braune und Rappen, andere Farben
kommen vor. Verwendung: Sportpferd für alle Zwecke, Springen,
Dressur, Vielseitigkeit. Kann auch angespannt werden.
Der sehr korrekt gebaute Halbblüter verfügt über sehr angenehme
und harmonische Bewegungen in allen drei Gangarten, ihm ist ein
weiter, flacher Schritt, ein raumgreifender Trab und ein schneller,
weicher Galopp eigen.
Ausdauer und Härte zeichnen ihn ebenso aus, wie ein guter
Charakter. Man sagt ihm große Gelehrigkeit nach, und zu all diesen
Tugenden gilt er auch noch als genügsam.
In den Weiten Russlands hat man stets hervorragende Pferde
gebraucht und gezüchtet. Daran hat sich im Zeitalter der
Mechanisierung zwar einiges, aber zum Glück nicht alles geändert:
Pferde sind auch heute noch in Russland unentbehrlich. Von den
vielen vorhandenen Rassen sollen hier vier aufgeführt werden:
TerskNach der sehr Alten eine noch sehr junge russische Pferderasse. Sie
erhielt ihren Namen nach dem Gestüt Tersk. Dort wurde diese Rasse
herausgezüchtet. Stammväter waren zwei Hengste der einst
berühmten Streletzk-Araber, die als Einzige nach dem Ersten Welt-
krieg übriggeblieben waren. Man führte ihnen Vollblut- und
Halbblutaraberstuten vom Kuhajlan-Muniqui und Siglavy-Typ zu, war
aber stets darauf bedacht, den Streletzker-Typ her auszufiltern. Es
dauerte runde 30 Jahre, bis die Kreuzungsprodukte im Typ so
gefestigt waren, dass man von einer eigenständigen Rasse sprechen
konnte. Sie wurde 1949 unter dem Namen Tersk offiziell registriert.
Tersk-Pferde werden heute nicht mehr in ihrem Ursprungsgestüt,
sondern im Gestüt Stawropol gezüchtet.
Exterieur:Kleiner, feiner Araberkopf mit großen, lebhaft blickenden Augen.
Schön getragener Hals, kurzer Rücken, kräftige Kruppe, hoch
angesetzter Schweif, trockene Gliedmaßen. Größe: bis 154 cm
Stockmaß. Farbe: überwiegend helle Farben, weiß-grau-gelblich, das
seidige dünne Fell muss einen Silberschimmer haben.
Sie sind ebenso bewundernswert schön wie die Achal-Tekkiner!
Verwendung: Reitpferd mit besonderer Eignung zur Dressur. Sanfter
Charakter. Da der Tersk sich leicht abrichten lässt und durch seine
Schönheit bezaubert, ist er ein beliebtes Zirkuspferd.
Achal-TekkinerDieses bildschöne Pferd sieht man bei uns vorerst eigentlich nur im
Zirkus, dabei ist der Achal-Tekkiner ein hartes Gebrauchs- und
ausgezeichnetes Sportpferd. Ein großer Erfolg war der Gewinn der
Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 1960 in der Dressur
durch Sergej Filatow auf dem Achal-Tekkiner Absent.
Während alle Halbblutrassen auf englisches und arabisches Vollblut
zurückgehen, ist das bei dem Achal-Tekkiner nicht der Fall, er ist
eine uralte eigenständige Rasse, seine Geschichte reicht in die Zeit
Alexander des Großen zurück. Die Steppen Turkmeniens sind seine
Urheimat, dort wird er auch heute noch gezüchtet.
Exterieur:Leichter Kopf mit geradem Nasenrücken und großen, feurig
blickenden Augen. Langer, schlanker Hals, gerader Rücken mit
hohem, langen Widerrist, leicht abfallende Kruppe, sehr hochbeinig,
trockene Gliedmaßen. Mähnen- und Schweifhaar seidig und Größe
bis 157 cm Stockmaß. Farbe: alle Farben und stets mit dem
speziellen Metallschimmer, der diese Pferde so außergewöhnlich
schön aus- sehen lässt. Verwendung: ungemein zähes Pferd, für
Langstreckenritte hervorragend geeignet, aber ebenso für Springen
und Dressur. Braucht feinfühligen, erfahrenen Reiter, da sehr
sensibel und eigenwillig. Kein Jedermannspferd!
Don-PferdMehr als 200 Jahre ist diese Rasse alt, die, wie die meisten
Pferderassen, ebenfalls ein Produkt der Landschaft war und ist. Die
weiten Steppen am Don sind die Heimat des Don-Pferdes, das
ursprünglich ein kleines, zähes, aber nicht sehr ansehnliches Pferd
mit orientalischem Einschlag war. Als man ein etwas größeres Pferd
wünschte, wurden Orlow-Traber, Streletzk-Araber und auch
englische Vollblüter eingekreuzt. Das Don-Pferd heutiger Prägung
entstand, edler und kräftiger als das ursprüngliche Pferd der Don-
Steppen, aber immer noch äußerst hart und fähig, rund um das Jahr
ohne Stall zu leben.
Exterieur:Nicht zu großer Kopf, manchmal rammsnasig, große Augen, kleine
Ohren, mittellanger Hals, gut ausgeprägter Widerrist, kurzer, kräftiger
Rücken, trockene, muskulöse Gliedmaßen. Größe: um 160 cm
Stockmaß. Farbe: Füchse. Verwendung: Solides, gutartiges Reit-
und Wagenpferd, dank seiner Ausdauer ideal für Wanderritte.
Orlow-TraberDie schönen, schnellen Pferde verdanken einem Günstling der Zarin
Katharina II. ihr Entstehen und ihren Namen: Graf Alexej Orlow
wollte ein ebenso ausdauerndes wie schnelles Wagenpferd züchten
und hatte Erfolg mit seinen Bemühungen. Am Anfang stand die
Verbindung von einem Schimmelhengst aus dem Orient (Araber oder
Perser) mit einer Frederiksborger Stute. Deren Sohn wurde mit einer
niederländischen Stute gekreuzt, und deren Sohn I. wurde Stamm-
vater der Orlow-Traber.
Exterieur:Im Ganzen kräftig gebaut. Ziemlich großer, aber hübscher Kopf mit
großen Augen und verhältnismäßig kleinen Ohren. Gut aufgesetzter
Hals, langer Rücken, breite Kruppe, kräftige, trockene Gliedmaßen.
Größe: um 160 cm Stockmaß. Farbe: viel Schimmel, aber auch
Braune und Rappen. Verwendung: Vorzügliches Wagenpferd geht
ausdauernd schnellen Trab mit mächtigem Schub aus der
Hinterhand. Temperamentvoll, aber gutartig. Um die Rasse dieser
Pferde voll zu erfassen, muss man sie in Aktion sehen! Kritischen
Tierfreunden müsste die traditionelle Troikaanspannung missfallen.
Den Außenpferden werden die Köpfe durch entsprechende
Ausbindezügel zur Seite gezerrt. In dieser unnatürlichen Halsstellung
müssen die Tiere lange Strecken zurücklegen. Dass das ohne
Schmerzen möglich sein soll, scheint mir unmöglich. Aber darüber
hat man sich wohl noch nicht viel Gedanken gemacht.
Quarter- HorseVor Millionen von Jahren lebten in Nordamerika die prähistorischen
Vorfahren der Pferdeartigen. Ein Teil wanderte über die damals noch
bestehende Landbrücke der Beringstraße nach Asien und Europa
aus. Die in Nordamerika verbliebenen wurden, wie so manche
andere Tierart, ein Opfer der Eiszeit, sie starben aus. Amerika, die
Wiege des Equus cabal- lus, musste Jahrmillionen bis ins 16.
Jahrhundert warten, bis wieder Pferdehufe die Urheimat betraten.
Hernando Cortez, der spanische Eroberer Mexikos, landete mit 16
Pferden auf Kuba und setzte von dort zu seinem Eroberungszug an.
Seine Pferde hatten andalusisches, arabisches und Berberblut. Ohne
Zweifel handelte es sich um Pferde von großer Härte. Wie hätten sie
sonst die Strapazen langer Reisen auf den mehr als primitiven
Segelschiffen überstehen sollen!
Den Indianern Mexikos blieb nicht verborgen, welchen Vorteil der
Besitz von Pferden mit sich brachte, im Laufe der Zeit ging so
manches Pferd, rechtmäßig oder unrechtmäßig, in ihren Besitz über.
Da andere als diese spanischen Pferde ja vorerst nicht ins Land
kamen, mussten die vorhandenen immer wieder untereinander
gepaart werden. Dass sie diese Inzucht über mehr als hundert Jahre
vertrugen, ist erstaunlich und zeugt ebenfalls von der hervor-
ragenden Qualität jener Pferde.
Im 17. Jahrhundert brachten dann Auswanderer aus europäischen
Ländern auch Pferde aus ihrer Heimat mit. Wiederum müssen es
äußerst zähe Rassen gewesen sein, um die endlosen Schiffsreisen
zu überleben.
Auf dem Rücken ihrer Pferde breiteten die Neuamerikaner sich
allmählich über den ganzen Kontinent aus und besiedelten das Land.
Das ist in aller Kürze ein Streifzug durch die Vorgeschichte der
Pferderassen Nordamerikas. Wir betrachten uns jetzt jene genauer,
die sich bei uns steigender Beliebtheit erfreuen, weil sie her-
vorragende Freizeitpferde sind.
Die Rasse mit dem eigenartigen Namen ist die älteste noch
vorhandene nordamerikanische Pferderasse. Mit den Einwanderern
aus Großbritannien kamen nicht nur Pferde ins Land, die mit den
vorhandenen spanischen gekreuzt wurden, sondern auch die
britische Leidenschaft zum Wetten. Da Rennbahnen wie in der
Heimat natürlich nicht zur Verfügung standen, half man sich auf
einfache Weise: Eine kurze Rennstrecke ließ sich schließlich überall
schaffen. Vierhundert Meter, eine Viertelmeile, eben a quarter, ge-
nügten da schon. Allerdings mussten Pferde für diese kurze Distanz
einen blitzschnellen Antritt haben und ein ebenso schnelles
Reaktionsvermögen, dem menschlichen 100-m-Läufer ähnlich, der ja
auch den Start nicht verschlafen darf. Bei einem Pferd muss dazu
noch eine enorme Schubkraft der Hinterhand kommen. Das alles
brachte das im Alltag als Cowpony bestens bewährte Pionierpferd
mit und wurde als Quarter Horse bekannt.
Exterieur:Kleiner, edler Kopf mit breiter Stirn und kleinen Ohren. Die Augen
stehen weit auseinander und haben einen ausgesprochen
freundlichen Ausdruck. Schwerer, kurzer Hals, tiefe und breite Brust,
kurzer Rücken und eine auffallend stark bemuskelte, runde Kruppe,
korrekte Gliedmaßen. Das Quarter- Horse ist oft leicht überbaut.
Größe: im Durchschnitt 152 cm Stockmaß. Farbe: überwiegend
Braune und Füchse. Schecken werden nicht ins Zuchtbuch
aufgenommen. Verwendung: wegen seiner Intelligenz und
Gutartigkeit ein ideales Freizeitpferd, ausdauernd und anspruchslos.
AppaloosaWie das Quarter- Horse gehört der Appaloosa zur Gruppe der
Western Horses. Es ist die eigenartige Fellzeichnung, die ihn so
besonders auffällig macht. Interessant auch, dass es ein
Indianerstamm war, dem diese Rasse ihr Entstehen verdankt. Im all-
gemeinen befassten die Indianer sich nicht mit geregelter Zucht, die
vorhandenen Pferde vermehrten sich eben einfach. Anders der
Stamm der Nez Perce, die Gefallen an ausgefallen gefleckten
Pferden gefunden hatten. Diese Indianer müssen ungewöhnlich
großes Geschick in züchterischen Fragen besessen haben. Sie
züchteten nicht nur die besonders aparte Fleckung heraus, sondern
festigten sie auch bis zur Reinzucht. Als später Weiße bis in diese
Gegend vordrangen, fanden sie eine Pferderasse vor, die schon vom
Äußeren her sofort ihr Interesse weckte, bei denen die
Scheckenzeichnung wie eine Prunkdecke über der Kruppe liegt. Sie
tragen denn auch den Namen Schabrackenscheck. Außerdem gibt
es den Leopardenscheck, den Schneeflockenscheck und den
Marmorscheck. Bei allen ist die Art der Zeichnung genau festgelegt.
Bei uns war der Appaloosa bis vor Kurzem nur auf der Leinwand in
Westernfilmen oder höchstens einmal im Zirkus zu sehen. Jetzt ist
er, wie auch die anderen Western Horses, auf dem besten Weg, als
ausgesprochenes Freizeitpferd bei uns Fuß zu fassen.
Exterieur:Nicht zu großer Kopf mit breiter Stirn, geradem Nasenrücken,
kleinen, spitzen Ohren und großen Augen, die einen ausgemacht
freundlichen Ausdruck haben. Gut bemuskelter und schön
getragener Hals, tiefe, schmale Brust. Gerader Rücken, gut
bemuskelte Kruppe. Größe: 145 cm bis 155 cm Stockmaß. Farbe:
Nur Schecken mit genau festgelegter Zeichnung. Verwendung:
vorzügliches Freizeitpferd für die ganze Familie.
PintoWieder ist es eine bunte Rasse, die im farbenfreudigen Amerika auf
die Pferdebeine gestellt wurde. Diesmal sind es Schecken, wie auch
wir sie kennen. Doch erfreuen sich Schecken bei uns als Reitpferde
keiner besonderen Vorliebe, abgesehen von Kinderponys. Warum
das so ist, lässt sich schwer erklären. Aus eigener Sicht muss ich
gestehen, dass ich nie auf den Gedanken gekommen wäre, mir
einen Schecken als Reit- oder Wagenpferd bei denen die
Scheckenzeichnung wie eine Prunkdecke über der Kruppe liegt,
zuzulegen. Vielleicht kam einem das früher zu zirkusmäßig vor.
Dass diese Fellzeichnung bei den Indianern so beliebt war, kann
außer dem Spaß an der bunten Jacke tatsächlich noch einen
handfesten Grund gehabt haben. Jeder, der mit der Natur vertraut
ist, kennt die verblüffende Tarnwirkung mehrfarbiger Fell- oder
Gefiederzeichnung: Die Tiere verschmelzen mit der Umgebung. So
könnten auch die Schecken aus größerer Entfernung weniger
auffällig gewesen sein als einfarbige Pferde. Für die Indianer seiner-
zeit ein durchaus wichtiger Grund, es konnte lebensrettend sein.
Aber wie auch immer, der Pinto ist bis auf den heutigen Tag in
Amerika äußerst beliebt. Pintos werden in zwei Klassen nach ihrem
Farbmuster eingeteilt: bei dem Tobiano ist die Grundfarbe weiß, bei
dem Overo dunkel.
Exterieur:Kleiner, gerader Kopf mit großen Augen, gut getragener Hals, kurzer,
kräftiger Rücken, etwas abschüssige, gut bemuskelte Kruppe.
Größe: bis 155 cm Stockmaß. Farbe: Braunweiß und schwarzweiß
gescheckt. Verwendung: Gutartiges, flinkes und wendiges Reitpferd,
wird auch von Kindern gern geritten.
PalominoDer Vierte aus dem Bund der Western Horses ist wieder extravagant
gefärbt, diesmal aber einfarbig. Im Idealfall hat der Palomino ein Fell,
das in einem satten Goldton schimmert, Mähne und Schweif müssen
silbrig-weiß sein. Da die Palominofärbung nicht erbfest ist, gibt es bei
der Zucht immer wieder farbliche Abweicher, die selbstverständlich
nicht als Palominos gelten und nicht in das Stutbuch eingetragen
werden. Diese Färbung kommt hin und wieder auch bei anderen
Pferderassen vor, z. B. bei manchen Ponyrassen. Korrekt müsste
man sie dann Isabellen nennen. Doch seit Palominos auch in Europa
zu sehen sind, bürgert sich dieser Name für alle Goldisabellen ein.
Nun ist der amerikanische Palomino von sehr unterschiedlicher
Größe: vom Noch-Pony-Maß bis zu etwas mehr als 160 cm
Stockmaß ist er sowohl als Kinderreitpferd als auch für Erwachsene
geeignet.
Wie alle Western Horses besitzt er viel Intelligenz, ist wendig,
ausdauernd und anspruchslos. Als beliebtes Showpferd sieht man
Palominos im Zirkus, doch dank seiner Wendigkeit wird er auch als
Polopferd geschätzt. Zu seiner Verwendung ist zu sagen: ein äußer-
lich attraktives Reitpferd für viele Zwecke, mit Temperament und In-
telligenz, gutartig und auch für Kinder geeignet.
Die Amerikaner schätzen ihren Palomino sehr, nicht nur wegen
seiner schönen Färbung, sondern auch wegen des angenehmen
Wesens.
In das Stutbuch der Palomin Horse Breeders of America werden nur
Pferde eingetragen, die den gestellten Forderungen voll
entsprechen.
Die Zucht liegt überwiegend in Privathand, Palominos werden überall
in Amerika, besonders viel in Kalifornien, Texas und dem Süden
Kanadas gezüchtet. Als gutes Freizeitpferd wird der Palomino auch
bei uns häufiger.
PolopferdPolo, das schnelle Spiel mit dem langen Schläger und dem kleinen
Ball aus Bambusholz, ist das älteste Reiterspiel der Welt. Nur
katzengewandte, harte Pferde, die über große Schnelligkeit verfügen
und schärfste Stopps aus vollem Lauf verkraften, sind für diesen
Sport zu gebrauchen. Die Bezeichnung Polopony stammt noch aus
der Zeit, als in den Ursprungsländern und anfangs dann auch in
England auf einheimischen Ponyrassen geritten wurde. Die Ponys
waren nicht über 138 cm Stockmaß groß.
Heute ist Argentinien unbestritten das führende Land in der Zucht
von Polopferden, die eine Größe von 158 cm Stockmaß haben. Es
ist keine Rasse im eigentlichen Sinn, sondern wie Cob oder Hunter
ein bestimmter Pferdetyp, der folgende Merkmale haben muss: Härte
und Ausdauer, Schnelligkeit und extreme Wendigkeit, Temperament,
ohne heftig zu werden. Polopferde dürfen nicht kleben, sie müssen
sich jederzeit willig aus dem Pulk lösen lassen.
Sie dürfen auch nicht schreckhaft sein, sonst könnten sie den dicht
an ihren Köpfen vorbeisausenden Schläger nicht verkraften. Und viel
Intelligenz sollen sie ebenfalls haben. Dass sie außerdem auf
eisenharten Beinen stehen müssen, ist jedem klar, der einmal einem
Polospiel zugesehen hat und etwas von Pferden versteht: Derart
harte Stopps aus vollem Lauf hält nur ein Pferd aus, das bestens auf
den Beinen ist.
Der gute ReitstallDas Schulpferd
Ohne Frage ist das ältere gut ausgebildete Reitpferd immer der
beste Lehrmeister. Der gute Charakter, die Gesundheit und die gute
Grundausbildung eines Schulpferdes sind wichtiger als dessen
Schönheit. Es soll brav sein, weiche Bewegungen haben, nicht zu
faul, im Gelände sicher, umgänglich und stallfromm sein.
Schulpferde sind harte Arbeiter mit einer geduldigen Seele. Sie sind
Kummer mit ihren Anfängern gewohnt und bedürfen besonderer
Liebe und Pflege.
Der Reiter
Reiter kommt von Ritter. Die Tugenden des Ritters – Höflichkeit,
Bescheidenheit und Mut – sollten auch die Tugenden des Reiters
sein.
Reiten heißt sich bewähren an einem anderen Lebewesen. Das
verlangt eine ständige Überprüfung der eigenen Person.
Nicht das Pferd macht die Fehler, sondern der Reiter – jedenfalls
meistens!
Dass man reitet, braucht nicht dokumentiert zu werden, indem man
sporenrasselnd über die Straße geht. Sporen trägt man nur. Solange
man auf dem Pferd sitzt, und auch dann nur, wenn es unbedingt
nötig ist.
Nicht von ungefähr gibt es Auseinandersetzungen zwischen
Spaziergängern und Herrenreitern, die, durch Matsch und Pfützen
galoppierend, alle anderen Lebewesen ringsumher in Schrecken
versetzen! Der richtige Reiter dagegen versetzt sich ständig sowohl
in sein Pferd, seine Mitreiter als auch in die zu Fuß gehenden
Mitmenschen. Dann verfügt er vielleicht über das, was man
Reitertakt nennt.
Reitertakt wird aber weder durch Alkoholkonsum erworben noch
durch Beschimpfen des Pferdes als sturer Bock oder alte Krücke.
Die besten Tugenden des Reiters sind Geduld und Bescheidenheit.
Er genießt auch kleine Freuden und Fortschritte, ist hilfsbereit und
kümmert sich mehr um sein Pferd als um seine Zuschauer. Er
benutzt die Überlegenheit seines Verstandes dazu, gegebenenfalls
seine eigenen Bedürfnisse hinter die des Pferdes zu stellen, um ihm
gerecht zu werden.
Anfänger in der Reitbahn
Reiten in der Abteilung Dies bildet den sinnvollen Übergang von der Ausbildung an der
Longe zum Einzelreiten.
Ist der Anfänger an der Longe sicher genug geworden und hat er
gelernt, aktiv auf sein Pferd einzuwirken, so wird ihn der Reitlehrer in
eine Anfängerabteilung aufnehmen. Das ist für den Reiter die
einfachste Art, hinter einem geübten Anfangsreiter das Gelernte zu
erproben und einigermaßen selbständig anzuwenden, denn in der
Abteilung gehen die Schulpferde, dem Herdentrieb und der Stimme
des Reitlehrers folgend, ruhig und gleichmäßig hintereinander her.
Der Reiter hat daher durchaus noch die Möglichkeit, zwischendurch
einmal passiv zu sein und sich auf den Sitz zu konzentrieren.
Beim Reiten in der Abteilung lernt der Anfänger sein Pferd zu führen
und zu regulieren, so dass er den Sicherheitsabstand zum
Vordermann einhalten kann und sein Pferd die verschiedenen
Hufschlagfiguren korrekt ausführt.
Einzelreiten Hat der Reiter auch in dieser Gruppierung einige Sicherheit
gewonnen, ohne dass der Sitz gelitten hat, lässt ihn der Reitlehrer
Einzelaufgaben ausführen. Jetzt wird eine präzise Hilfengebung
notwendig und damit die Selbständigkeit des Reiter geprüft und
gefördert.
Das Beherrschen des Einzelreitens ist die Voraussetzung für den
ersten Ritt ins Gelände.
Aufbau einer ReitstundeDie Reitstunde gliedert sich im allgemeinen in drei Abschnitte von je
zwanzig Minuten:
1. Lösungs-und Vorbereitungsphase
2. Arbeitsphase
3. Nachbereitungs- und Entspannungsphase
Zu 1: Lösungs- und Lockerungsübungen für Reiter und Pferd:
Schritt am langen Zügel, Leichttraben, große Wendungen reiten,
Tempounterschiede.
Nachgurten nicht vergessen!
Zu 2: Erlernen neuer Lektionen, Übungen zum Verbessern und
Verfeinern der Hilfengebung.
Einlegen einer kurzen Erholungsphase vor dem Ende der
Arbeitsphase, bevor sie mit einer Übung beendet wird, die Pferd und
Reiter gut gemacht haben, denn jede Stunde sollte mit einem
Erfolgserlebnis (für beide) abgeschlossen werden.
Zu 3: Zügel aus der Hand kauen lassen, Pferd loben, Schritt reiten,
möglichst im Gelände spazieren reiten oder – führen.
Nach dem Absitzen Gurt lockern, Bügel hochziehen, Pferd
versorgen.
Die ReitbahnDie Reitbahn ist ein offenes oder überdachtes Rechteck von 20 x 40
oder 20 x 60 Metern mit zwei langen und zwei kurzen Seiten.
Die äußere Begrenzung der Reitbahn nennt man Bande.
Entlang der Bande verläuft der Hufschlag, der sich meist als
ausgetretene Rinne erkennen lässt. Zirka 1,5 Meter danebenliegt der
zweite Hufschlag.
- Innen ist die dem Inneren der Bahn zugekehrte Seite.
- Außen ist die der Bande zugekehrte Seite.
- Reitet man auf der rechten Hand, so reitet man rechts herum.
- Reitet man auf der linken Hand, so reitet man links herum.
- Die Reitbahn ist aufgeteilt und bezeichnet durch verschiedene
Punkte oder Buchstaben, die auch die Markierungspunkte für die
Hufschlagfiguren darstellen.
BahnregelnIn der Reitbahn gelten ganz bestimmte Regeln, die für die Sicherheit
von Reitern und Pferden wichtig sind:
- Betritt man die Bahn oder verlässt man sie, ruft man Tür frei und
wartet ein ist frei ab.
- Auf- und abgesessen wird in der Mitte des Zirkels.
- Im Schritt lässt man immer den Hufschlag frei, außer es wird
Abteilung geritten.
- Grundsätzlich hat Vorfahrt, wer auf der linken Hand reitet.
- Sind viele Reiter in der Bahn, ist es besser, wenn alle auf der
gleichen Hand reiten. Dann bittet der Reitlehrer oder der
älteste Reiter zirka alle 5 Minuten um Handwechsel.
- Auch in der Reitbahn gelten Sicherheits- und Höflichkeitsregeln,
etwa wie beim Skifahren:
Rücksicht, Vorsicht, Nachsicht.
Rücksicht nehmen auf junge Pferde und unerfahrene Reiter.
Der geübte Reiter kann sein Pferd besser kontrollieren als der
Anfänger.
Immer genügend Abstand zum Vordermann halten.
Immer genügend seitlichen Abstand halten.
Wichtige GrundbegriffeMan unterscheidet folgende Hufschlagfiguren:
... Ganze Bahn: CMBFAKEH
(rechte Hand)
… Halbe Bahn: CMBXEH
(rechte Hand)
…Lange Seite: MF oder KH
(rechte Hand)
…Kurze Seite: beiderseits C oder beiderseits A
… Mittellinie: (Länge der Bahn): CXA oder AXC
… Wechsellinie durch die ganze Bahn: MXK oder FXH
… Wechsellinie durch die halbe Bahn: ME oder FE oder KB oder
HB
… Mittelpunkt der Bahn: X
… Zirkel: Er ist ein Kreis von 20 m Durchmesser. Die Zirkelpunkte, die der
Reiter für die Dauer einer Pferdelänge berühren muss, liegen beim
Reiten auf der rechten Hand bei C, auf der Mitte zwischen der
Ecke
Nach C und B (10 m), bei X und auf der Mitte zwischen E und der
Ecke vor H (10 m).
Der zweite Zirkel liegt zwischen A und X sinngemäß.
… Aus dem Zirkel wechseln:
Nach Vollendung eines Zirkels reitet der Reiter durch den Punkt X
Und kommt zwangsläufig auf den zweiten Zirkel.
…Durch den Zirkel wechseln: Hier wendet der Reiter am Zirkelpunkt an der langen Seite in
einem Kreisbogen von 10 m Durchmesser ab, durchreitet den
Mittelpunkt des Zirkels und kehrt auf einem Kreisbogen von
10 m Durchmesser auf die Zirkellinie zurück.
… Wechselpunkte: Sind die Punkte M, F, K und H.
…Einfache Schlangenlinie: Sie ist eine gleichmäßig gebogene
Linie
Entlang der langen Seite, die sich maximal 6 Schritt (ca. 5 m) von
der langen Seite entfernt. Sie beginnt beim ersten Wechselpunkt
und endet beim folgenden Wechselpunkt an der langen Seite.
…Doppelte Schlangenlinie:
Sie wird an der langen Seite ausgeführt und entfernt sich zweimal
bis zu maximal 3 Schritt vor der langen Seite. Sie beginnt am
ersten
Wendepunkt der langen Seite, berührt B bzw. E mit einer Pferde
länge den Hufschlag und endet beim folgenden Wechselpunkt.
Beide Bogen müssen gleichmäßig sein.
… Schlangenlinien durch die ganze Bahn: Hier kann die Zahl der Bogen vorgeschrieben werden. Bei z. B.
Fünf Bogen muss der Reiter den Hufschlag der langen Seiten
außer an den beiden Wechselpunkten dreimal, jeweils mit einer
Pferdelänge, berühren.
… Volte: Sie ist ein Kreis von 6 Schritt (ca. 5 m) Durchmesser.
… Aus der Ecke kehrt: Dies ist eine Wendung, die bis zur Hälfte wie eine Volte von 6
Schritt (ca. 5 m) geritten wird und nach ca. 9 Schritt zur
Langen Seite hin endet.
…Doppelvolte: Eine Volte, die zweimal hintereinander ausgeführt wird.
… Acht:
Eine Volte auf der rechten (linken) Hand, der sich sofort eine
Volte auf der linken (rechten) Hand anschließt. Sie wird immer
im Mittelpunkt der Bahn, bei X, ausgeführt.
Was heißt reiten?Wissenswertes vor der ersten Reitstunde
Jeder weiß, dass wir unter reiten, das Sitzen auf einem Reittier
verstehen. Aber es ist ein Unterschied, ob wir uns von einem Esel
eine Anhöhe herauf tragen lassen oder selbständig ein Pferd über
einen
Parcours lenken wollen!
Richtiges Reiten hat eine rein technische (physische Seite), die jeder
erlernen kann. Die andere Seite ist Gefühlssache und kann durch
keine Reitlehre vermittelt werden. Die physische Seite des Reitens
soll in diesem Kapitel erklärt werden, damit wir auch einmal
verstehen, worauf die perfekte Ausbildung von Reiter und Pferd
abzielt.
Das Pferd befindet sich ohne Reiter im natürlichen Gleichgewicht,ebenso wie der Mensch ohne Lasten und andere den
Bewegungsmechanismus beeinträchtigende Hemmnisse keine
Bewegungsschwierigkeiten hat.
Sitzt nun ein Reiter auf einem Pferd, so stellt sich zunächst bei
beiden Lebewesen das Problem, mit dem neuen
Gleichgewichtsverhältnis fertig zu werden. Nicht nur der Reiter hat
anfangs Balanceschwierigkeiten, sondern auch das Pferd. Das
Gleichgewicht des Pferdes wird beeinträchtigt, durch das
ungewohnte Gewicht und durch die fehlende Übereinstimmung des
eigenen Schwerpunktes mit dem des Reiters.
Reiten ist zu Anfang eine Frage der Balance zwischen Reiter und Pferd.Dazu ein einfaches Beispiel: Tragen wir eine Last, so sind wir
bestrebt, diese genau über unseren Schwerpunkt zu bringen, da
dann das Tragen am leichtesten fällt.
Wer einen Rucksack trägt, beugt sich vor.
Beim Reiten besteht nun das Problem darin, die Schwerpunkte von
Pferd und Reiter in Einklang zu bringen, damit dem Pferd das Tragen
der Last erleichtert und es in seinem freien Bewegungsablauf nicht
mehr gehindert wird.
Steht das Pferd still, stimmen die Schwerpunkte von Reiter und Pferd
nicht überein: Der Schwerpunkt des Reiters liegt hinter den des
Pferdes. Je schneller sich das Pferd aber fort bewegt, desto mehr
streckt es sich und verlagert entsprechend auch seinen Schwerpunkt
immer weiter nach vorn.
Stimmen nun, bei schlechter Reitweise, die Schwerpunkte beider
Lebewesen nicht überein, so wird sich das Pferd verkrampfen und
unregelmäßig gehen und der Reiter entsprechend unbequem sitzen,
da er auf dem verkrampften Pferderücken geschüttelt wird.
Es gibt nun zwei Möglichkeiten, die Schwerpunkte von Reiter und
Pferd in Einklang zu bringen:
- Der Reiter verlagert seinen Schwerpunkt über den des Pferdes,
indem er der Bewegung nach vorn durch Vorneigen des
Oberkörpers folgt (leichter Sitz).
- Das Pferd wird veranlasst, seine Körperhaltung so zu verändern,
dass sich sein Schwerpunkt nach hinten unter den des Reiters
verlagert (Dressursitz).
Wann nun die eine oder die andere Möglichkeit angewendet wird,
richtet sich nach der vom Pferd verlangten Leistung.
Zu 1: Beim Renn-, Spring- und Geländereiten liegt die Leistung in
erster Linie beim Pferd: Es muss die größtmögliche Geschwindigkeit
bzw. Sprunghöhe erbringen. Der Reiter unterstützt den
Bewegungsablauf dadurch, dass er in die Bewegung eingeht und
den Oberkörper über den Schwerpunkt des Pferdes beugt.
Zu 2: Beim Dressurreiten kommt es auf die Gymnastiziertheit des
Pferdes an: Es soll sich so schön und mühelos bewegen wie möglich
und dem Reiter so gehorchen, dass man keinerlei Einwirkung mehr
wahrnimmt.
Durch Gymnastizierung des Pferdes wird schließlich erreicht, dass
es mit der Hinterhand vermehrt unter den Schwerpunkt tritt
(Hinterhand-Hinterbeine-Motor des Pferdes). Jetzt hebt sich die
Vorhand, die Tritte werden erhabener, ausdrucksvoller, der Hals
wölbt sich und die Pferdenase steht leicht vor der Senkrechten.
Dadurch wirkt das Pferd runder.
In der Fachsprache nennt man diesen Vorgang Versammlung.
Die Versammlung wird nur über Losgelassenheit des Pferdes,
niemals durch Zwang und Verkrampfung erreicht. Dann kann auch
der Reiter entspannt senkrecht im Sattel sitzen bleiben, denn der
Schwerpunkt des Pferdes stimmt mit dem des Reiters überein.
Ist einmal Übereinstimmung im Gleichgewicht erreicht, stellt sich bei
Reiter und Pferd ein Gefühl der Mühelosigkeit ein.
Hat man es aber einmal erlebt, auf einem so mühelos gehorchenden
Pferd zu sitzen, so wird man immer wieder versuchen, diesen
Zustand herbeizuführen. Dies gelingt, je nach Fähigkeiten und
Ausbildungsstand von Pferd und Reiter, mehr oder weniger oft.
Jedes gerittene Pferd, ganz gleich ob Freizeit- oder Turnierpferd, Pony oder Springpferd, sollte lernen, unter dem Reiter gelöst und im Gleichgewicht zu gehen.
Dafür gibt es zwei Gründe:
- Ein nicht im Gleichgewicht gerittenes Pferd würde bald Schaden an
Sehnen und Gelenken erleiden.
- Auch der Freizeitreiter möchte eine gewisse Übereinstimmung
mit seinem Pferd erleben. Er sollte senkrecht und entspannt im
Sattel sitzen dürfen und ein entspanntes Pferd unter sich fühlen,
das sich mühelos lenken lässt.
Um sich mit seinem Reiter im Gleichgewicht zu befinden, muss das
Pferd einen größeren Teil der Last mit der Hinterhand tragen, den
Rücken entspannt aufwölben und den Hals gelöst fallen lassen,
wobei sich die Pferdenase der Senkrechten nähert.
Doch das alles tut kaum ein Pferd von allein, sondern der Reiter
muss lernen, es dazu zu veranlassen.
Wohlgemerkt nicht durch Zwang, denn man kann niemanden dazu
zwingen, sich zu entspannen!
Diese Feinabstimmung zwischen treibenden Hilfen (damit die
Hinterhand vermehrt unter den Schwerpunkt tritt) und verhaltenen
Hilfen (damit das Pferd durch das Treiben nicht eiliger, sondern
aktiver wird) erfordert viel Üben, viel Geduld und vor allem viel
Gefühl.
Und da sowohl jedes Pferd als auch jeder Reiter anders sind und
beide sich jeden Tag anders fühlen, lernt man lebenslänglich reiten!
Reiten heißt also eine Übereinstimmung zwischen zwei Lebewesen
herstellen.
Richtig reiten hat daher, abgesehen von allen anderen Zwecken, zunächst den Sinn, beiden, Pferd und Reiter, den neuen Bewegungszustand so angenehm und kräftesparend wie möglich zu machen, um daraus zu sportlichen Fähigkeiten zu gelangen oder einfach Vergnügen zu haben.
ENDE