zusammenhänge zwischen sonnenfackeln und sonnenflecken

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ASTRONOMISCHE NACHRICHTEN. Band 249. Nr. 5971. 19. ~ Zusammenhtinge zwischen Sonnenfackeln und Sonnenflecken. Von H. Stre6el. Die Tatsache, daD wir in der auf der Sternwarte Herrsching ausgeubten Ultraviolettmethode ein ausgezeich- netes Mittel zur Darstellung in photographischer Wiedergabe nicht nur der Granulation, sondern auch der Fackeln besitzen, ist geeignet, uns in der Erkenntnis der Sonnenphiinqmene einige Schritte weiter zu bnngen. H. Siedentopf schreibt in AN 247, Nr. 5920: nLeider ist die Beobachtung der Granu- lation in den letzten 25 Jahren sehr vernachlhsigt worden, so daB sich uber diese Erscheinungen wenig mehr sagen 1iiBt.a Diese sehr richtige Bemerkung trifft aber nicht nur zu auf das Studium der Granulation, sondem ebenso auf alle Er- scheinungen der Sonne, die sich im Niveau der Photosphiire abspielen, d. h. also besonders auch auf Flecken und Fackeln. Man hat scit dem Aufkommen der monochromatischen Auf- nahmemethoden das ganze Interesse praktisch in das Gebiet der ChromosphHre verlegt, die doch in substanzieller Be- ziehung sozusagen ein luftiges Nichts bedeutet (Scheiner). GewiB wird man an den aus monochromatischen Aufnahmen gewonnenenErkenntnissen unmoglich vorbeigehen khnen, aber es wiire an der Zeit, endlich wieder an die Untersuchungen anzuknupfen, die aus der Zeit der klassischen Sonnenbeob- achtung stammen und rnit den Namen Secchi, Lockycr, Young, Lunglcy, Carrington, Spoerer, Lokse, Wilsing u. a. verbunden sind. Wenn wir die Sonne visuell beobachten, so fallen uns die Sonnenflccken als hervorstechendstes Merkmal ins Auge. Dies hat seinen Grund darin, daB die anderen Struktur- eigenheiten der Sonnenobetfliiche, Granulation und Fackeln, nur rnit Schwierigkeit beobachtet werden khnen, von Protu- beranzen ganz zu schweigen. Im allgemeinen erkennt man die Granulation gut nur auf der Mitte der Sonnenscheibe, die Fackeln aber nur am Rande der Sonne. Im Prinzip sind unsere Kenntnisse von diesen Dingen trotz Photographie auf dem Punkte stehen geblieben, der vor etwa 30 Jahren bereits erreicht war, so daB sich EddingtoR in Sterne und Atomea rnit einigem Recht zu dem Ausruf veranldt fuhlen konnte: (S. 4) nGewBhnliche Photographien zeigen sehr schiin die dunklen Flecken, die sogenannten Sonnenflecken, aber im ubrigen sind sie ziemlich nichtssagend und ;eizlos.c Aber auch die Photographie der Sonnenflecke hatte wenig Fortschritte zu verzeichnen, weil eben die Aufmerksamkeit und das Interesse in ganz andere Richtung gelenkt war, und gute Sonnenfleck- aufnahmen wohl auch wesentlich schwieriger zu erhalten sind 81s monochromatische Aufnahmen. Nun gestattet aber die von mir und meinem Mitarbeiter, 0. KoeMe, im Laufe der letzten Jahre in Herrsching entwickelte Technik die Her- stellung von Sonnenaufnahmen, welche ein genaueres Studium der Sonnenoberflache, Granulation, Flecken und Fackeln in wesentlich erhohtem MaBe moglich machen. Es sei mir nun gestattet, auf einige t'berlegungen hinzuweisen, die sich wohl jedem bci der Betrachtung derartiger Aufnahmen sozusagen von selber aufdrtingen. Man hat bisher allgemein die Sonnenflecken, wie sie uns visuell erscheinen, als das Hauptproblem der Sonnenphysik betrachtet, obwohl schon Secchi, Spoerer u. a. darauf hin- gewiesen haben, daB den Fackeln eine gr6Bere Bedeutung zugeschrieben werden m u s e als den Flecken. Auch die Be- trachtung monochromatischer Aufnahmen zwingt uns diese Erkenntnis auf, d d die Fackeln, die ja rnit den flocculi durchaus nicht identisch sind, eine ganz besondere Bedeutung f i r die Fleckgebiete haben mussen. Auch das Studium der Herrschinger Sonnenaufnahmen hat mich zu dieser An- schauung gedriingt, und ich stellte mir die Frage, woher es wohl kommen mag, daB die Sonnenflecken ohne Aus- nahmen immer von ausgedehnten Fackelfeldern um- geben sind, die eine ganz wesentlich gr6Bere -4~s- dehnung besitzen als die eigentlichen Flecken. Ich habe %it langer Zeit schon von nSt6rungsgebietena gesprochen, innerhalb deren die Flecken vereinzelt oder in Gruppen ver- teilt sind; die Flecken erscheinen uns aber nur deshalb als die wichtigsten Stellen dieser Gebiete, weil eben die anderen Erscheinungen, Fackeln und Granulation rnit gewohnlichen Beobachtungsmitteln schwer zu erkennen sind. Ich bin heute der t'berzeugung, daB die Flecken nur als iirtliche und zeit- liche Teilerscheinung eines grol3eren zusammengehorigen Storungskomplexes zu betrachten sind, da13 die Flecken zwar ein auBerst vielseitiges Detail der Beobachtung darbieten, dal3 sie aber fur die Beurteilung der Energieentfaltung des Storungsfeldes an Bedeutung den Fackelfeldern wesentlich nachstehen und als sekundarer Vorgang zu betrachten sein durften. Das Alpha und Omega in der Ge- schichte eines Sonnenflecks wiire also nicht die Umbra, um die sich der Halbschatten gruppiert und die alle miiglichen formalen Veriinderungen erkennen lziat, sondern die Fackeln! Wir haben in ubereinstimmung rnit fruheren Autoren als Resultat des Studiums der Fackeln die Er- kenntnis gewonnen, daB an der Stelle, wo sich ein Fleck bildct, bereits vorher ein Fackelfeld bestanden hat, das leb- hafte Aktivitiit zeigt, und dd auch nach dem Verschwinden eincs Flecks noch fur lbgere Zeit die ablaufende Aufregung im StBrungsgebiet sich durch mehr oder weniger lebhafte Fackelfelder verrat: Nach Hale zeigt sich ja auch der Zeeman- Effekt bereits vor dem Auftauchen eines Flecks und noch Ibgere Zeit nach seinem Verschwinden, und die spektrale Untersuchung lehrt uns, daB an diesen Stellen sich in der Hohe eine Schicht intensiver leuchtenden Wasserstoffs (ich ;age absichtlich nintensiver leuchtenda und nicht marker er- iitzta ) befindet. Uber den Fackeln nimmt die Breite der iunklen Cu-Linien bedeutend ab, woraus auch Secchi folgeit, iaB sich an dieser Stelle eine Schicht hellcr leuchtenden :Seahi sagt allerdings ngluhendenu) Wasserstoffs befindet, der lie Absorption der niedrigeren Schichten teilweise aufhebt. Es inden sich aber sogar helle Linienumkehrungen, die man nach rlter Auffassung als aus hijher tempenerten Gasen stammend an- 24

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Page 1: Zusammenhänge zwischen Sonnenfackeln und Sonnenflecken

ASTRONOMISCHE NACHRICHTEN. Band 249. Nr. 5971. 19.

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Zusammenhtinge zwischen Sonnenfackeln und Sonnenflecken. Von H. Stre6el. Die Tatsache, daD wir in der auf der Sternwarte

Herrsching ausgeubten Ultraviolettmethode ein ausgezeich- netes Mittel zur Darstellung in photographischer Wiedergabe nicht nur der Granulation, sondern auch der Fackeln besitzen, ist geeignet, uns in der Erkenntnis der Sonnenphiinqmene einige Schritte weiter zu bnngen. H. Siedentopf schreibt in AN 247, Nr. 5920: nLeider ist die Beobachtung der Granu- lation in den letzten 25 Jahren sehr vernachlhsigt worden, so daB sich uber diese Erscheinungen wenig mehr sagen 1iiBt.a Diese sehr richtige Bemerkung trifft aber nicht nur zu auf das Studium der Granulation, sondem ebenso auf alle Er- scheinungen der Sonne, die sich im Niveau der Photosphiire abspielen, d. h. also besonders auch auf Flecken und Fackeln. Man hat scit dem Aufkommen der monochromatischen Auf- nahmemethoden das ganze Interesse praktisch in das Gebiet der ChromosphHre verlegt, die doch in substanzieller Be- ziehung sozusagen ein luftiges Nichts bedeutet (Scheiner). GewiB wird man an den aus monochromatischen Aufnahmen gewonnenen Erkenntnissen unmoglich vorbeigehen khnen, aber es wiire an der Zeit, endlich wieder an die Untersuchungen anzuknupfen, die aus der Zeit der klassischen Sonnenbeob- achtung stammen und rnit den Namen Secchi, Lockycr, Young, Lunglcy, Carrington, Spoerer, Lokse, Wilsing u. a. verbunden sind.

Wenn wir die Sonne visuell beobachten, so fallen uns die Sonnenflccken als hervorstechendstes Merkmal ins Auge. Dies hat seinen Grund darin, daB die anderen Struktur- eigenheiten der Sonnenobetfliiche, Granulation und Fackeln, nur rnit Schwierigkeit beobachtet werden khnen, von Protu- beranzen ganz zu schweigen. Im allgemeinen erkennt man die Granulation gut nur auf der Mitte der Sonnenscheibe, die Fackeln aber nur am Rande der Sonne. Im Prinzip sind unsere Kenntnisse von diesen Dingen trotz Photographie auf dem Punkte stehen geblieben, der vor etwa 30 Jahren bereits erreicht war, so daB sich EddingtoR in Sterne und Atomea rnit einigem Recht zu dem Ausruf veranldt fuhlen konnte: (S. 4) nGewBhnliche Photographien zeigen sehr schiin die dunklen Flecken, die sogenannten Sonnenflecken, aber im ubrigen sind sie ziemlich nichtssagend und ;eizlos.c Aber auch die Photographie der Sonnenflecke hatte wenig Fortschritte zu verzeichnen, weil eben die Aufmerksamkeit und das Interesse in ganz andere Richtung gelenkt war, und gute Sonnenfleck- aufnahmen wohl auch wesentlich schwieriger zu erhalten sind 81s monochromatische Aufnahmen. Nun gestattet aber die von mir und meinem Mitarbeiter, 0. KoeMe, im Laufe der letzten Jahre in Herrsching entwickelte Technik die Her- stellung von Sonnenaufnahmen, welche ein genaueres Studium der Sonnenoberflache, Granulation, Flecken und Fackeln in wesentlich erhohtem MaBe moglich machen. Es sei mir nun gestattet, auf einige t'berlegungen hinzuweisen, die sich wohl jedem bci der Betrachtung derartiger Aufnahmen sozusagen von selber aufdrtingen.

Man hat bisher allgemein die Sonnenflecken, wie sie uns visuell erscheinen, als das Hauptproblem der Sonnenphysik betrachtet, obwohl schon Secchi, Spoerer u. a. darauf hin- gewiesen haben, daB den Fackeln eine gr6Bere Bedeutung zugeschrieben werden muse als den Flecken. Auch die Be- trachtung monochromatischer Aufnahmen zwingt uns diese Erkenntnis auf, d d die Fackeln, die ja rnit den flocculi durchaus nicht identisch sind, eine ganz besondere Bedeutung f i r die Fleckgebiete haben mussen. Auch das Studium der Herrschinger Sonnenaufnahmen hat mich zu dieser An- schauung gedriingt, und ich stellte mir die Frage, woher es wohl kommen mag, daB die Sonnenflecken ohne Aus- nahmen immer von ausgedehnten Fackelfeldern um- geben sind, die eine ganz wesentlich gr6Bere - 4 ~ s - dehnung besitzen als die eigentlichen Flecken. Ich habe %it langer Zeit schon von nSt6rungsgebietena gesprochen, innerhalb deren die Flecken vereinzelt oder in Gruppen ver- teilt sind; die Flecken erscheinen uns aber nur deshalb als die wichtigsten Stellen dieser Gebiete, weil eben die anderen Erscheinungen, Fackeln und Granulation rnit gewohnlichen Beobachtungsmitteln schwer zu erkennen sind. Ich bin heute der t'berzeugung, daB die Flecken nur als iirtliche und zeit- liche Teilerscheinung eines grol3eren zusammengehorigen Storungskomplexes zu betrachten sind, da13 die Flecken zwar ein auBerst vielseitiges Detail der Beobachtung darbieten, dal3 sie aber fur die Beurteilung de r Energieentfaltung des Storungsfeldes a n Bedeutung den Fackelfeldern wesentlich nachstehen und als sekundarer Vorgang zu betrachten sein durften. Das Alpha und Omega in der Ge- schichte eines Sonnenflecks wiire also nicht die Umbra, um die sich der Halbschatten gruppiert und die alle miiglichen formalen Veriinderungen erkennen lziat, sondern die Fackeln! Wir haben in ubereinstimmung rnit fruheren Autoren als Resultat des Studiums der Fackeln die Er- kenntnis gewonnen, daB an der Stelle, wo sich ein Fleck bildct, bereits vorher ein Fackelfeld bestanden hat, das leb- hafte Aktivitiit zeigt, und d d auch nach dem Verschwinden eincs Flecks noch fur lbgere Zeit die ablaufende Aufregung im StBrungsgebiet sich durch mehr oder weniger lebhafte Fackelfelder verrat: Nach Hale zeigt sich ja auch der Zeeman- Effekt bereits vor dem Auftauchen eines Flecks und noch Ibgere Zeit nach seinem Verschwinden, und die spektrale Untersuchung lehrt uns, daB an diesen Stellen sich in der Hohe eine Schicht intensiver leuchtenden Wasserstoffs (ich ;age absichtlich nintensiver leuchtenda und nicht marker er- iitzta ) befindet. Uber den Fackeln nimmt die Breite der iunklen Cu-Linien bedeutend ab, woraus auch Secchi folgei t, iaB sich an dieser Stelle eine Schicht hellcr leuchtenden :Seahi sagt allerdings ngluhendenu) Wasserstoffs befindet, der lie Absorption der niedrigeren Schichten teilweise aufhebt. Es inden sich aber sogar helle Linienumkehrungen, die man nach rlter Auffassung als aus hijher tempenerten Gasen stammend an-

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Page 2: Zusammenhänge zwischen Sonnenfackeln und Sonnenflecken

327 597' 328 spricht, nach neuerer Anschauung aber viel widerspruchs- freier als Lumineszenzeffekte aus starker Ionisationsanregung auffassen kann, die mit thermischen Effekten gar nichts zu tun hat. Denn es gibt auBer der rein thermischen Ionisation auch noch andere Ionisatoren, die helle Emissionen auch in kuhleren Reg ,onen erzeugen konnen. Ich verweise hierfur auf meine Ausfuhrungen in A N 2 6 , Nr. 5868. Derartige helle Emissionen projizieren sich einfach auf den Hintergrund der Granulation und der Fackelfelder, sind aber in viel hiiheren Niveaus entstanden, ebenso wie eine ganze Reihe anderer heller Linien aus anderen Elementen in der Chromosphiire entstehen. - Der Bildung von Sonnenfleckengruppen gehen (J. B. A. A. 1931, p. 441) starke Bewegungen der C-Linien voraus, man erkennt Umkehrungen und Krummungen auch in Gegenden, wo kein Fleck oder noch kein Fleck gesehen wird, und nach einigen Stunden kann man diese Erscheinungen als Vorliiufer-Indikation eines Sonnenflecks erkennen. In der Nachbarschaft eines Flecks zeigen sich manchmal Doppler- Effekte mit bis zu 450 km/sec Geschwindigkeit auswarts und I I O km/sec einwHrts speziell an den Heliumlinien. Auch bei den b-Linien zeigt sich, wenn auch selten, eine Umkehrung als Zeichen lebhafter Fackeltiitigkeit. Man darf allerdings nicht in den Fehler verfallen, diese Dopplerbewegungen als Ausdruck des wirklichen Transportes elementarer %assen aufzufassen; denn ta tsachl ich zeigen nicht a l le Linien und al le Elemente den Dopplereffekt, sondern n u r e in- zelne Lin ien einzelner Elemente, und wir wissen heute, daI3 diese Erscheinung auf die Emissionseffekte einzelner be- wegter Elektronen und Ioncn zuruckzufuhren ist, die wahr- scheinlich durch photoelektrische Anregung ionisiert, sich durch ein Gas hindurchbewegen kijnnen, das sich selbst in vollstiindiger Ruhe befindet (Stark-Effekt). Es gibt also schein- bare Wasserstoff-Einzellinien-Gewitter innerhalb einer ruhen- den Calciumdampfschicht. Es ist nun allerdings ein sehr muhsames und zeitraubendes Unternehmen, die Sonnenober- flache, wenn auch nur im Aquatorialgebiet nach derartigen Indikationen fur das Entstehen eines Sonnenflecks mit dem Spektroskop abzusuchen. Dagegen bietet die von mir pro- pagierte Ultraviolettmethode ein relativ einfaches Mittel, um ohne g d e Miihe diejenigen Regionen herauszufinden, die als Indikatoren fur Storungsgcbiete gelten konnen. Wenn man niimlich eine gute Ultraviolettaufnahme der Sonne betrachtet, so kann man neben den Fleckenauch die Fackelherde erkennen, und auf einer Serie von in kunen zeitlichen Zwischenraumcn gewonnenen Aufnahmen deren Formveranderungen ver- folgen und prognostisch fur das Bestehen und den Verlauf der inneren AktiviGt verwenden. Will man auf das Spektro- skop zur Beobachtung obengenannter intimeren Indikatoren nicht verzichten, so konnen solche Aufnahmen die Auffindung der in Frage kommenden Stellen wesentlich erleichtern. Man kann die Ultraviolettbilder auch visuell studieren, wenn man in den Fokus des Femrohrs eine fluoreszierende Glasplatte stellt, auf der man dann das Sonnenbild - bei unserem Spiegel von 9 cm Durchmesser - aukrordentlich kontrast- reich beobachten kann. Als Filter dient dabei ein Hanauer Schwarz-Glas. Allerdings kann man diese Beobachtung immer nur kurze Zeit durchfuhren, da sich das Filterglas schnell erhitzt und leicht springt. Diese Gefahr kann man durch folgendes Verfahren wesentlich herabmindern. Man

kocht das Filter mehrere Stunden lang in Wasser, nachdem man es langsam erhitzt hat, und kuhlt es darauf langsam ab und wiederholt dies 5 oder G Tage hindurch. Durch dieses Verfahrcn werden die inneren Spannungen im Glase, die zum Zerspringen fuhren, fast vollig beseitigt. Fluoreszenz- scheiben kann man sich leicht selbst herstellen, wenn man aus einer unbelichteten photographischen Platte durch Ausfixieren das Silber entfernt und die Plattc dann in einer schwachen Liisung von Askulin oder Uranin badet. Sehr ein- drucksvoll und lehrreich sind auch die Bilder, wenn man das hinter dem Schwarzglasfilter gewonnene Ultraviolettbild, etwas vergrijBert, auf einen feinkdrnigen Zinksulfidschirm falleti 1Ut und nach kurzer Einwirkung den Strahlengang abblendet ; der Schirm leuchtet dann in intensivem hell- griinem Fluoreszenzlicht auf und laBt Fackeln und Granu- lationsdetail gut erkennen. Selbstverstandlich mu0 man den Sulfidschirm im vdlig verdunkelten Raum betrachten. - Ein weiteres Mittel zur effektvollen Betrachtung der Sonne bietct eine irgendwo im Strahlengang, bei kleineren Fernrohren vor dem Objektiv angebrachte planparallele Glasplatte, deren Vorderseite gut versilbert ist, und die so aufgestellt werden muB, daB im Gesichtsfeld keine Spiegelbilder auftreten ; man sieht dann bekanntlich ein blaues Bild der Sonne. Man hat nach dem Vorgang von Faye auch die Vorderseite des Ob- jektivs selbst versilbert, es fuhrt dies aber zu verschiedenen C'nzutriiglichkeiten, und vor allem kann man das Fernrohr dann zu anderen Zwecken nicht mehr benutzen. Dieses blaue Bild stellt wohl die beste Art dcr Abfilterung uberAussiger Strahlung dar, und meine Methade hat vor allem den Vorzug, daB die uberflussige Strahlung bereits vor dem Fernrohr ausgeschaltet und deshalb die Erwiirmung innerhalb desselben ganz wesentlich reduziert wird, was die Qualitat des Bildes gcgenuber Methoden, die die nlitige Schwiichung der Strahlung erst hinter dem Fokusbild bewirken, erheblich steigert. Da durch die Silberschicht auch ultraviolette Strahlen hindurch- gehen, kann auch hier die Fluoreszenzscheibe vorteilhaft Ver- wendung finden.

Wie schon gesagt, geniigt die Betrachtung von Sonnen- flecken allein nicht als Wertmesser fur die Aktivitiit der Sonne; wir sind ja auch noch nicht imstande, die dhrmzeichenc in, um und oberhalb der Flecken richtig zu interpretieren. Wir mussen schon noch andere als die visuell und photographisch auf der Sonne erkennbaren Anzeichen heranziehen, und dam geh6rt das Auftreten der Nordlichter und das Verhalten des Erdmagnetismus, welcher als empfindlichstes Reagens auf die von der Sonne und spezicll von Sonnedecken ausge- schleuderten Elektronenstrome betrachtet werden muB, die ihrerseits fur eine Reihe von in der Erdatmosphiire sich ab- spielenden Vorgiingen kausal verantwortlich gemacht werden. Nach heutiger Anschauung sind die MaBzahlen des Erd- magnetismus ein viel besseres Charakteristikum fur die Sonnenaktivitiit als die Sonnenrelativzahlen. Es ist anzu- nehmen, did3 die Fackeln bei der in ihrem htiheren Gehalt an enhanced lines zum Ausdruck kommenden hijheren Ionisationsenergie auch entsprechend stiirkere Elektronen- produzenten sind; wenn nun ein stark mobiles Fackelfeld am Rande der Sonne auftaucht und sich in demselben als Maxi- mum der Energieentfaltung ein Sonnenfleck gebildet hat, dann haben nir es auch mit einem Maximum der Auswirkung

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in bezug auf thermixhe Energie sowie in bezug auf Elek- tronenausscheidung und photoelektrischen Effekt (Ultra- violettstrahlung) sowie Strahlungsdruck zu tun. Der Hijhe- punkt der in einem Fackelfeld zum Ausdruck kommenden Energie ist eben die Entstehung eines Sonnedecks, aber einen Fleck ohne Fackeln gibt es nicht. Es ist ja auch schon von Setchi, Marchand, Sfierer, Moreux u. a. groI3er Wen auf die Ziihlung und Auswertung der Fackelherde gelegt worden, speziell fur meteorologische Zwecke ; auch die Sternwarte Zurich gibt in ihren Monatskarten Rechenschaft uber die Fackelherde. Wenn aber die Fackeln tatsiichlich eine wichtige Beziehung zur Wetterbildung haben, so sind diese Berichte zu Prognosen doch kaum zu gebrauchen, da sie zu spat kommen. Von v. AufseJ, AbQot u. a. wurde ja auch versucht, den Nachweis einer Variation der Solarkonstante zu er- bringen und als Unterlage fur Wetterprognosen zu benutzen; dieser Nachweis ist aber anscheinend bis heute nicht erbracht und vor allem fehlt auch noch die sichere Indikation fur die Mitbeteiligung der Fackeln an den solaren Ereignissen und ihrer Ruckwirkungen auf die Erdatmosphare. Ich bin auch der Meinung, daB weniger die Variation der Solarkonstante in Frage kommt speziell hinsichtlich einer ausgesprochenen thermischen Auswirkung, sondern hauptsachlich die Variation der Ultraviolettstrahlung und die lichtelektrischen Aus- wirkungen und daB tatsachlich die Fackelfelder als uberlegene Ultraviolettgeneratoren zusammen mit der Elektronenausgabe und dem Strahlungsdruck aus diesen Feldern und den Umbra- kaminen einen sozusagen lichtelektrisch betriebenen Motor fur die erdatmospharische Dynamik darstellen, in Zusammen- wirkung mit der Warmeinsolation und lokalen irdischen Verhiiltnissen.')

Die Sonnenflecken fur sich allein durften ihre Rolle als allein verantwortliches Phiinomen fur meteorologische Aus- wirkungen ausgespielt haben von dem Moment sb, wo es gelingt, den Kachweis zu erbringen, daB von den die Flecken stets umhullenden Fackelfeldern viel mehr Ultraviolett aus- strahlt als von den Flecken selbst, und dieser Nachweis ist durch unsere Ultraviolettaufnahmen ohne weiteres zu er- bringen. Die Flecken stellen lediglich den sichtbar gewordenen Ausdruck fur die innerhalb der Fackeln wirksame Hiichst- leistung der Sonnenenergie dar. Die Fackeln bedecken ein drei- bis vier- und mehrfaches des Areals der Flecken. Es kommt vor, daB an einem Tage wenig Fackeln zu sehen sind, aber bereits am nffchsten Tage die Fackeln 2-4 Tausendstel der ganzen Sonnenoberfliiche uberdecken. Demgegenuber beta@ das Areal der Flecken tatsachlich nur einen geringen Bruchteil, und entsprechend muB auch die von den Fackel- feldern ausgehende Ruckwirkung hijher bewertet werden, so- wohl in thermischer und lichtelektrischer Beziehung als be- zuglich der Ultraviolettstrahlung, die ja auch im Sinne einer chemischen Synthese und chemischen Analyse auf die irdischen atmosphbischen Komponenten einwirkt.

Fackeln ohne Flecken zeigen eine grol3e innere Mo- bilitirt ; sie entstehen und verschwinden rascher als Fackeln,

bei denen sich die innere Energie bis zur Ausbildung des Fleckphiinomens gesteigert hat, das also offenbar der Indi- kator ist fur eine grijBere Dauerhaftigkeit und Konstanz der Formen. Die Fackelkurven sind im Gegensatz zu den Fleck- kurven viel ungleichmiBiger, obgleich sich die elfjkhrige Periode auch bei den Fackeln deutlich auspragt. Da13 die Flecken sozusagen das hkhste Kraftentfaltungsphhomen darstellen, den Gradmesser fur die im Fackelphanomen zum Ausdruck kommende Energieentfaltung, uber deren Ursache wir letzten Endes ja noch ganz unsicher sind, geht auch daraus hervor, daB im Gebiete des ganzen riesigen Fackelareals der Durchmesser der Sonne gr6Ber ist als auf der normalen Photosphare, d. h. uber dem ganzen fraglichen Gebiet ist die Oberflache der ehemaligen Photosphiire ausgebeult, was man bei groBen Sonnenbildern von 150 cm Durchmesser ganz deutlich wahrnehmen kann. Yhysikalisch erklirt sich diese Erscheinung dadurch, da13 die Granula beim Eintreten in das Fackelstadium eine Expansion nach allen Richtungen unter Steigerung ihrer inneren Energie erfahren. Fadtelfelder, die sich bis zum Fleckphiinomen entwickeln, zeigen gegenuber solchen, die dieses Stadium nicht erreichen, eine Abweichung insofern, als sie eine grijBere Dauerhaftigkeit und eine ge- ringere Neigung zur Formiinderung zeigen. Wie schon er- wahnt, bestehen solche Fackelfelder (DesZundres, Marchand, Fox, Spoerer u. a.) bereits vor dem Erscheinen eines Flecks und uberdauern denselben, ja es kommt vor, daB im gleichen Fackelfeld nach dem Verschwinden eines Flecks, fast an der gleichen Stelle neue Flecken auftauchen. Auf Grund einer taglichen Obenvachung von Flecken und Fackeln liiBt sich vielleicht das interessante Ergebnis bestiitigen, daB mit be- sonderen, ganz unerwartet auftretenden dnderungen der Form und Intensitat ein paralleler Gang mit irdischen be- deutenden meteorologischen Vorgangen verknupft ist. Nodon (Action Clectrique du Soleil) macht darauf aufmerksam, daB es wichtig ware zu untersuchen, in welcher Phase, ob im auf- steigenden oder im absteigenden Ast der Sonnenaktivitat derartige Ereignisse stattfinden. Die Schwierigkeit einer exakten Bestimmung der steigenden oder fallenden Aktivitgt liegt aber in der Schwierigkeit der Beobachtung der phiino- menalen Vorgange selbst, die bisher nur mehr oder weniger gefiihlsmiBig geschehen konnte. Durch die von mir ange- gebenen Mijglichkeiten einer exakten Beobachtung ist man heute besser imstande, durch photographische Methoden sich solide Grundlagen zu sichern, wenn es nicht gar gelingt, durch photometrische Intensitatsmessungen, wie ich sie zu- sammen mit Dr. Thurzng [Z. f. Aph. 5, Heft 5 (1932)] vor- genommen habe, vergleichende Auswertungen auf messender Basis zu erhalten, indem sich fur jede Aufnahme cinschwanken des Intensitiitsverhiiltnisses im C'ltraviolett zwischen photo- sphiirischer und umliegender Fackelstrahlung ergeben muBte gegenuber vorausgehenden oder nachfolgenden Tagen.

Ich habe schon erwlhnt, daB man bei einem stark ver- gr6Berten Sonnenbild niemals einen vijllig gleichmiil3ig ver- laufenden Rand vor sich hat, sondern man erkennt ganz

') Nach Nodon, Elements d'htrophysique, berechnet sich der auf feinste materielle Teilchen ausgetibte Strahlungsdruck zu 70000 Pferde- kraften pro kg und zu jsoo Pferdekraften fur weniger feine Teilchen in der Stunde. Wenn tatsPchlich cine .4bschleuderung korpuskulairer Elemente von der Sonne stattfindet, denn muB die Abbnmsung der Geschwindigkeit der vom Strahlungsdruck getnebenen Teilchen innerhalb der Edatmosphftre zu betriichtlichen Wanneeffekten fuhren und die Auswirkung der Fackeln in dicscm Sinne meteorologische Auswirkung zeitigcn.

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deutlich im Bereich von randstandigen Fackelfeldern mefibare t'berschneidungen, d. h. also uberschreitung des Sonnen- radius gegenuber fackelfreier Photosphiire. Ja auf guten Negativen erkennt man sogar ganz deutlich, dal3 einzelnc Fackelwiille sich uber den Sonnenrand hinuberschllngeln. Ich habe derartige zweifelsfreie Fackelauslaufer, die isoliert sich aus dem Sonnenrand herausheben, rnit 1000 km Hohe be- rechnen konnen. Eine derartige, beulenfomige Auftreibung der Photosphiire unter dem Fackelfeld bedeutet aber eine lokale Pulsation. Schon F. R. Moulton hat Untersuchungen dariiber angestellt, welche Wirkungen etwaige Verlnderungen des Radius und der Form der Sonne auf ihre Temperatur und Strahlung ausuben. Eine Schwankung des Durchmessers der Sonne von O:I wurde danach ihre Temperatur um 1400' C erhohcn und eine Kontraktion um denselben Betrag ihre Strahlung um das Zweieinhalbfache vergroBern, ihre Helligkeit also um I GrtiI3enklasse steigern. Solche lokale Pulsationen der Photosphare rnit Zustandsverinderungen im Charakter von Fackelmassen als Folgeerscheinung lassen sich an unseren starken SonnenvergroBerungen nachweisen, wie man auch die Abstammung der die Flecken umgebenden Fackelherde aus Granulationsfiguren sichtlich greifen kann. Auf guten Ultraviolettbildern ist sehr wohl eine Ausmessung der Fackel- und Fleckareale mtiglich, und es lieBe sich bei gleichzeitiger bolometrischer und photometrischer Auswertung ein YaR fur die diesbezuglichen Leistungen am groBen Projektions- bild gewinnen. Wenn die photographisch-photometrisch ge- messene Intensitat von einem Tag zum anderen deutliche Schwankungen an bestimmten hellen Stellen zeigt, und auch die bolometrische, thermoelektrische Ycssung Differenzen aufweist im gleichen Sinne, so ktinnte doch wohl rnit einigem Recht geschlossen werdcn, daB eine thermische Mehrleistung in parallelem Gang rnit einer Steigerung der Ultraviolett- intensitat einer Steigerung der Aktivitiit der Sonne gleicheu- setzen ist. Solche Messungen liegen aber heute sicher im Be- reich der Moglichkeiten, nachdem es uns gelungen ist, zu zeigen, dal3 man die Granulation und die Fackeln photo- metrisch untersuchen kann. Ich mochte an dieser Stelle darauf hinweisen, dal3 bei bolometrischen wie photometrischen Untersuchungen der Sonnenflecke resp. der Intensitiitsver- hiiltnisse zwischen diesen und der Photosphiire nicht ver- gessen werden darf, daB man im engsten AnschluB an den auBeren Rand der Penumbra keine normale Photosphiire vor- findet, sondern stets ein Fackelfeld, dessen thermische und Helligkeitsintensit vie1 hiiher ist als die der normalen Photosphiire, und dal3 mir aus diescm Grunde die Resultate der bisherigen Temperaturbestimmungen von Sonnenflecken sehr unsicher erscheinen. Dieses enge Umschlieaen der Penumbra rnit einem Fackelwall zwingt die Frage auf: Welche Energie eneugt einen Fleck, und m a r inmitten eines vorherbestehenden Fackelfeldes und warum halten die Fackelwalle ihre offensichtlich von der Penumbraseite aus vorgeschriebene Position so streng ein, wie es tatsachlich der Fall ist? Denn wenn wir einen Sonnenfleck im Ultraviolettbild betrachten, so haben wir den frappierenden Eindruck, daB der Fleck, solangeer sich noch im Stadium des wuhenden Hof- flecks befindet, wie rnit einer Stanze aus der Photosphiire herausgeschlagen aussieht. Erst wenn sich das Stadium 'der Dekadenz einstellt, beginnen allmahlich lokalisierte Ein-

bruche vom Rand der Penumbra her. Es ist eine von vielen alten Beobachtern konstatierte Tatsache, daB die Fackeln im vorangehenden Teil eines Flecks hoher und steiler stehen als im nachfolgenden Teil, und auf der Vorderseite des Flecks sind die Fackeln lebhafter und schiirfer begrenzt ; SeccAi sagt deshalb bereits: (Sonne, p. 538) *Die Frage nach der Unter- suchung der Flecken gewinnt dadurch einen neuen 'Gesichts- punkt. Was man bisher als Hauptbestandteil eines Flecks angesehen hat, sein dunkler Kern, stellt sich in Wirklichkeit nur als sekundiirer Teil eines weit gewaltigeren Phiinomens dar, welches sich uber einen sehr groBen Teil der Photosphare ausbreitet. Nicht der Fleck oder die Protuberanzen sondern die Phbomene der Fackeln scheincn die Grundlage aller Vorgiinge auf der Sonnenoberflache zu hi1den.a Ich selbst kam durch das Studium unserer Sonnenbilder unabhangig davon auf den gleichen Gedanken und freue mich, daD, wie ich spiiter fand, der Altmeister der Sonnenforschung die gleiche Anschauung vertreten hat.

Auf photographischen Bildem findet man niemals Fackeln uber den Flecken stehen; was man bisher als Fackeln in derartigen Situationen angesprochen hat, sind in Wirklich- keit hoch, d. h. im Niveau der oberen Photosphiire gelegene hohe Brucken. c b e r diese Frage und die Einteilung der Briicken in hohe und tiefe, echte und unechte Brucken habe ich mich schon in Bd. 246, Nr. 5890, der Astr. Nachr., 19.32, eingehend geaukrt. Die hohen Rriicken zeigen allerdings eine gewisse Verwandschaft mit photospharischem Material, insofern als ich durch unsere starken VergroBerungcn der Sonne nachweisen kann, daB derartige Brucken aus ex- pandicrten Granula zusammengesetzt erscheinen ; tiefe Brucken zeigen dagegen niemals diescn Typus, sondern nur denjenigen beweglicher Filamente, einzeln oder in Aggregaten. DaI3 aber in hohen Brucken expandierte Formen der normalen Photo- spharc vorkommen und als solche auch durchaus nicht aus dem Rahnien des Fleckphiinomens herausfallen, erhellt daraus, daB ja der Fleck auch nicht in normaler Photosphiire liegt, sondern in einer zu Fackeln transformierten FlHche, und es muB sich jede substantielle hde rung auch bei dem Material auswirken, aus welchem die hohen Briicken bestehen, die ubrigens immer erst dann erscheinen, wenn sich das die Flecken erzeugende Energieniveau senkt und damit die Ruckbildung zur Korm einleitet. Auf diese Tatsachen hat bisher noch niemand aufmerksam gemacht ; ihre Nicht- beachtung muB aber zu fehlerhaften Bestimmungen fuhren, wie des Kontrastverhiiltnisses der Umhra-Dunkelheit, und bei bolometrisch-thermoelektrischen Messungen. Es sei aus- driicklich darauf hingewiesen, daB das Querschnittprofil der Flecksenke zum groBen Teil xhon unterhalb des Fackel- wallbereichs gelegen ist und nur mit einem Restteil in das ideelle normale Photospharenniveau eingesenkt liegt, das aber in der Fackel- Fleck-Epoche als soches nicht existiert.

Bekanntlich haben die Flecken eine wechselnde Eigen- bewegung, die sich zur Rotationsbewegung der Photosphiire im Fleckgurtel im positiven oder negativen Sinne hinzuaddiert. Der vorangehende Fackelwall ist hoch aufgestaut, wohl wegen des Widerstandes, den das photosphiirische Material der Vorwartsbewegung entgegenstellt. Man sollte abcr meinen, daR infolge dieser sichtlich starkcn Pressung, die sich auch zwischen den Fackeln in lebhaftcster Agitation in Protu-

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Page 5: Zusammenhänge zwischen Sonnenfackeln und Sonnenflecken

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beranzenbildung iiuDert, das Fackelmatenal in.die Flecksenke hineingeprefit werden und die Grenzen der Penumbra ge- waltsam uberschreiten mate. Dies geschieht aber nicht; wenigstens ist im Stadium des ruhenden Hofflecks von der- artigen Erscheinungen absolut nichts zu sehen, ebensowenig wie von der S i t e her sich Fackelmatehl in die Fleck- senke hineinbewegt. Man hat den deutlichen Eindruck, dal3 im Fleck selbst eine Energie tiitig ist, welche die randstiindigen Fackclmassen abhiilt, den Bannkreis dieser Energie zu iiber- schrciten. Es m a t e ja eigentlich auch eine Druckdifferenz be- stehen und eine Neigung zur DifFusion der undurchsichtigen photosphiirischen Massen und Fackelmassen in denverdiinnten Gasraum der Flecksenke, der von Granula-Substanz frei ist, also ein ausgesprochen negativer pneumatisch-saugender Zug vor- handen sein. Der Fleck darf aber in Wirklichkeit nicht als Depression aufgefafit werden, sondern als eine Stelle, wo ein Defekt nur vorgetiiuscht wird: die vor dem Fleckstadium an der Fleckstelle vorhandene Substanz hat nur ihren undurch- sichtigen Zustand physikalisch veriindert, indem innmhalb der Flecksenke die dunklen Granula verschwunden sind. Dieser Bannkreis, der die Aufmerksamkeit besonders auf sich zieht, kann nur dadurch bedingt sein, dal3 die im Fleck selbst tiitige Energie stark auf die Fackelwille driickt, oder aber, was mir wahrscheinlicher vorkommt, daB wohl Fackelmaterhl die scheinbare Bannmeile uberschreitet, aber sofort eine Zu- standsiinderung erf"ahrt, bedingt durch die gleiche Energie, die eben auch die vorher an der Fleckstelle vorhandenen undurchsichtigen photosphiirischen und Fackelmassen trans- formiert und durehscheinend gemacht hat; wenn Secchi von Gazeifaction4 spricht, so stimmt dieses Bild am besten mit der Erscheinung uberein.

Flecken und Fackeln haben also einen gemeinsamen Ursprung und die Fleckbildung zeigt nur den Hijhepunkt der Energieentfaltung des ganzen Phiinomens an. Den FackeIn wird allgemeh aus verschiedenen Griinden eine hijhere Tem- peratur zugesprochen als der normalen Photosphiire, und wohl mit gutem Grund, wie aus meiner Diskusdon der Berech- nungen von Moulfon hervorgeht. Die Differenz zwischen der Temperatur der Fackeln und derjenigen der normalen Photosphiire ist entschieden wichtiger als eine Differenz der Temperaturen von Fleck und Photosphiire, und es wiire wesentlich, eine wirklich einwandfreie Bestimmung des Ausfalls a n Temperatur durchzufiihren. Ich sage ab- sichtlich: Temperaturausfall. Denn bekanntlich zeigen heiBe Case keine wesentliche Temperaturstrahlung, d. h. die Tem- peratur he&r GasvolUmina kann bolometrisch-thenno- .elektrisch aus der Feme nicht registriert werden, wohl aber die Strahlung kontinuierlich leuchtender fester und fliissiger Kijrpr. Dieses im Laboratorium jederzeit nachpriifbare Re- .sultat, das mit dem Kirchhoffschen Gesetz zusammenstimmt, soll aber nun nach Behauptungen - aber unbewiesenen - der neueren theoretischen Astmphysik fur die Sonne und Fix- sterne nicht stimmen. Es wire meines Erachtens ungemein wichtig,. festzustellen, ob dim Behauptung tat&hIich zu Recht besteht oder nicht. Die Tatsache, dal3 bei der Strahlung der Fleckumbra ein thermisches Manko gegeniiber der .Strahlung der Photosphhe regismert wird, legt man dahin aus, daB im Fleck die Temperatur niedriger ist. Man kann aber auch zu anderen Schliissen kommen, denn im Fleck herrscht Gasstrahlung! Und dann die Hauptsache: bei allen

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bishenqa Mesungen dieser Art ist iibersehen worden, M der Fleck von Fa&& umgeben ist, daB ex stets mitten in einem Fackelfeld liegt, daI3 also seine Stiahlung nicht mit der der normalen Photosphkc verglichen wird, sonden, mit der- jenigen des vie1 hijher temperierten Fackelfeldes!

Bei dieser Sachlage ergibt sich von selbst die Bedeutung, die der Strahlung der grol3en Areale der das normale Nivcau der Photosphiire uberragenden Fackelfelder fiir die Erd- atmosphkre gegenuber den seltenen Momenten der direkten, radialen Fledrstrahlung im Moment der Meridianpassage zukommt. Wenn sich also die langfristige modeme Wetter- prognose auf die Behauptung stutzt, daD umfangreiche statistische Arbeiten und Korrelationsnchnungen zeigen, daI3 die Solarkonstante ihre tiefsten Werte in den Jahren der Sonnedeckenmaxima und Minima und ihre.Hiichstwerte in den dazwischenliegenden Jahren aufweist, so miissen diese Rechnungen sich nun auch mit dem Faktum abfinden, daI3 nicht b l d die Flecken, sondern in no& Vie1 hijherem MaBe auch die Fackeln dabei wirksam sind und Uberhaupt die Veriinderlichkeit der Solarkonstante erst einmal bewiesen werden m a , was mir bis jetzt noch nicht der Fall zu sein scheint. Dabei muB naturlich grundsiitzlkh unterschieden .werden zwischen den zwei Klassen von Fackeln, die wir be- obachten kijnnen: zwischen den ruhigen und den exzessiv aktiven. Letzteren kommt wohl nicht nur eine Bedeutung als Kaloriapender zu, sondem auch als Sendestation 'fiir Elek- tronen, und die Passage der Fackelfelder durch den Meridian bedeutet fdr die Erdatmosphiire ein kritisches Ereignis, wobei auf dem Umwege uber Ultraviolett sowk d u d direkte EIektronenbeschieBung und durch erhijhten Strahlungsdruck in der Erdatmosphlire Reaktionen lichtelektrischer Natur mit kausaler Wirkung in meteorologixher Beziehung auftreten werden. In bezug auf Temperatureffekt sinkt die Fleckstrah- lung gegenitber dem Effekt der gr&n Fackelfelder zur Be- deutungslosigkeit herab und Fleckenmaxima und Minima kommen in ihrer thermischen Auswirkung wohl nur mehr deswegen in Betracht, weil die Maxima eine Periode der Sonnentiitigkeit bezeichnen, in welcher die bis. zur Fleck- intensitfit gesteigerte Fackelenergie hiiuliger und umfang- reicher in Erscheinung hitt als in der Minimumpenode, wo diese Energiestufe seltener erreicht wird. Im ubrigen legt uns die thermische uberlegenheit der Fackelstrahlung die Frage nahe, ob in dem flachen Fleckteller, der von allen Seiten der gewaltigen Einstrahlung der Fackelfelder ausgesetzt ist, tststichlich dabei eine Abkiihlung stattfinden kann, wie es die Theorie verlangt.

Eine absolute Bestimmung der Strahlungsleistung des Ultraviolettgehaltes der Fackelfel&r wid wohl wegen der atmosphiirischem Hindedsse unmijglich bleiben miissen; durch Messung des Areals der Fackelfelder und vergleichende Bestimmung des Verhiiltnisses der Ultraviolettleistung von Fackeln und Photosphiire kijnnte man aber vielleicht doch wenigstens zu einer brauchbaren Anniiherung kommen

Zum SchluD sei nochmals betont, dal3 man die Flecken also nicht fur sich all& betrachten und auswerten darf, sondem nur im Zusammenhang mit den Fackelfeldern, in denen und aus denen die Fleclcen entstehen; die Flecken markieren lediglich ein Maximum der Energieentfaltung der Fackelfelder.

Sternwarte Miinchen, Abteilung Herrsching, 1933 Mai 7. _ _ -- - --