zum einfluß des kristallinitätsgrades und der orientierung auf die elektronenbeweglichkeit in...

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Acta Polymerica 36 (1985) Nr. 4 234 HANSPACH, HANSELu. a. : Elektronenbeweglichkeit in Polyethylenterephthalat Zum Einflu6 des Kristallinitatsgrades und der Orientierung auf die Elektronenbeweglichkeit in Polyethylenterephthalat J. HANSPACH*, H. HANSEL', M. KRYSZEWSKI** und R. GAULKE* **) Polnische Akademie der Wissenschaften, Zentrum fur Molekulare und Makromolekulare Forschung, Lbdi/VR Polen *j Padagogische Hochschule ,,Karl Liebknecht", DDR-1500 Potsdam Die Driftbeweglichkeit wird in partiell kristallinen PETP-Folien mit der Transitmethode nach der Elektronenimpuls- technik bestimmt. Aus den charakteristischen Abhangigkeiten der Beweglichkeit vom elektrischen Feld, der Tempe- ratur und besonders der Hoppingdistanz wird auf einen Hoppingmechanismus nach MOTT geschlossen. In allen Fallen erweisen sich die Kristallite als Hoppingzentrum. Die Molekulorientierung senkrecht zur Stromrichtung geht mit einer geringen Abnahme der Beweglichkeit einher. 0 eawlcuu cmenenu ispucmwuwocmu u opuelcmayuu na noi3euwnocma saei~mpolcoe e ll3T@-mennax OIIPeAeJIReTCR Hpea@OBaR IIOABHlKHOCTb aaeKTpOHOB AJIR UaCTIIUHO KPHCTaJIJIHUeCKHX n a T @ r w r e H o K C II0~04bm TpaHaHTHbIX H3MepeHHfi IIO aneKTpOHHOHMUyJIbCHOMy MeTOAy. M3 XapaKTepHbIX 3aBHCEiMOCTefi IIOABHXHOCTH aJIeKTpOHOB OT 3JIeKTpH4eCKOrO IIOJIR, TeMIIepaTypbI II IIphIXCKOBOrO PaCCTORHHR AeJIaIoT BbIBOA H a UpbImKOBEJfi MeXaHH3M IIO MOTT. BO BCeX CJIJTaRX KPIiCTaJIJIHThI OKa3bIBaIOTCR UpbIlKKOBbIMH qeHTpaMH. OpHeHTaqHFI UepneH- gHKYJIRpHa K HaIIpaBJIeHHIO TOKa CBR3aHa C He60XbIIIHM YMeHbIIIeHHeM IIOABHXCHOCTH. The effect of crystallinity and orientation on the mobility of electrons in poly(ethy1eneterephthalate) The drift mobility is determined by time-of-flight-method using the electron beam technique for partially crystalline PETP-foils. Based on the characteristic dependences of the mobility on the electrical field, temperature and especially on the hopping distance a hopping mechanism by MOTT is suggested to apply to the charge carrier transport. In all cases the crystallites are the hopping centres. Orientation of the molecules perpendicular to the direction of the trans- port is accompanied by a slight decrease of the mobility. 1. Einleitung Das Studium der elektrischen Transportprozesse in poly- meren Festkorpern steht noch im dnfangsstadium. Wie bereits unsere Analyse [I] zeigt, stoBt bereits der Versuch, die Strom- tragerbeweglichkeit als die eigentliche TransportgroBe zu mes- sen, auf Schwierigkeiten. So liegen die Beweglichkeiten bei verschiedenen Methoden aber auch bei gleicher Methode, jedoch verschiedenen Autoren, um GroBenordnungen auseinander. Als Ursache werden einerseits die Methoden selbst gesehen [l, 21 und andererseits wird die Vermutung geaulert, daS auch struk- turelle Unterschiede fur die Diskrepanzen verantwortlich sein konnten. Unsere Experimente haben gezeigt, daB die Transit- zeitmethode auch fur polymere Festkorper geeignet ist, da sie sowohl bei Dunkel- als auch bei Photoinjektion sowie bei Elek- tronenbeschuB die gleichen Ergebnisse zeigt [3]. Fur die Feld- und Temperaturabhangigkeit hat sich besonders die Elektronen- beschuBmethode bewahrt [4], die auch in der folgenden Unter- suchung zugrunde gelegt wird. Fur den polymeren Festkorper ergibt sich nun die Frage, ob die naturlichen oder kunstlich herbeigefuhrten strukturellen Besonderheiten bei der polymer- spezifischen Struktur uberhaupt elektrisch so gewichtig sind, daB sie beobachtbar sind. Weiterhin sollte die Analyse des Transportprozesses selbst durch eine gezielte Variation der physikalischen Struktur neben der Feld- und Temperatur- abhangigkeit erganzt werden, worauf in dieser Arbeit der Schwerpunkt gelegt wird. stellen. Die diffuse Kleinwinkellichtstreuung (Bild 2) belegt, daB es durch die relati7 kurzzeitige Temperung noch nicht zu einer spharolithischen Ifiberstruktur gekommen ist. Somit kann fur die folgenden Betrachtungen von einer stochastischen Kri- stallitverteilung ausgegangen werden. Fur die Bestimmung des Kristallinitatsgrads a wird von einem Zweiphasenmodell ausgegangen. Gemessen wird nach der Dichtemethode und einem modifizierten Schwebeverfahren von EGQERT und SCHREIER [6] und der Rontgenweitwinkel- streuung nach einem Verfahren von STATTON [7]. Die so gefun- denen Kristallinitatsgrade stimmen fur beide Methoden gut Bild 1. Rontgenweitwinkelaufnahmen (A = 0,154 nm). a) un- orientiert arnorph (or = 0,05; An = ; b) unorientiert kristallin (a = 0,28; An = 2 . ; c) orientiert kristallin (a = 0,32; An = 148 2. Variation und Charakterisierung der Struktur Bei der Variation der Struktur wird davon ausgegangen, daS lineare polymere Festkorper zur partiellen Kristallisation neigen [5]. Diese Eigenart wird an rontgenamorphen unverstreckten PETP-Folien der Dicke von ca. 360 pm durch gezielte Tempe- rungen im Temperaturbereich von 363 K bis 415 K bei einer Temperzeit von 10 min genutzt. Eine anschlieBende HeiB- reckung bei der jeweiligen Kristallisationstemperatur und Abschreckung in kaltem Wasser fuhrt zu einer dauerhaften Orientierung der Ketten und ganzer Kristallite. Wie die Rontgen- amorphen unverstreckten Ausgangsmaterial, unorientiert par- tiell kristalline und orientiert partiell kristalline Proben herzu- Ll 75 60 GS 30 15 0 15 30 45 60 7 ! Bild 2. Kleinwinkellichtstreuung an partiell kristallinem PETP (rote Linie des He-Ne-Laser) weitwinkelaufnahmen belegen (Bild l) gelingt es so, neben dem . e-

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Page 1: Zum Einfluß des Kristallinitätsgrades und der Orientierung auf die Elektronenbeweglichkeit in Polyethylenterephthalat

Acta Polymerica 36 (1985) Nr. 4 234 HANSPACH, HANSEL u. a. :

Elektronenbeweglichkeit in Polyethylenterephthalat

Zum Einflu6 des Kristallinitatsgrades und der Orientierung auf die Elektronenbeweglichkeit in Polyethylenterephthalat J. HANSPACH*, H. HANSEL', M. KRYSZEWSKI** und R. GAULKE*

**) Polnische Akademie der Wissenschaften, Zentrum fur Molekulare und Makromolekulare Forschung, Lbdi/VR Polen * j Padagogische Hochschule ,,Karl Liebknecht", DDR-1500 Potsdam

Die Driftbeweglichkeit wird in partiell kristallinen PETP-Folien mit der Transitmethode nach der Elektronenimpuls- technik bestimmt. Aus den charakteristischen Abhangigkeiten der Beweglichkeit vom elektrischen Feld, der Tempe- ratur und besonders der Hoppingdistanz wird auf einen Hoppingmechanismus nach MOTT geschlossen. I n allen Fallen erweisen sich die Kristallite als Hoppingzentrum. Die Molekulorientierung senkrecht zur Stromrichtung geht mit einer geringen Abnahme der Beweglichkeit einher.

0 eawlcuu cmenenu ispucmwuwocmu u opuelcmayuu na noi3euwnocma saei~mpolcoe e ll3T@-mennax OIIPeAeJIReTCR Hpea@OBaR IIOABHlKHOCTb aaeKTpOHOB AJIR UaCTIIUHO KPHCTaJIJIHUeCKHX n a T @ r w r e H o K C I I 0 ~ 0 4 b m TpaHaHTHbIX H3MepeHHfi IIO aneKTpOHHOHMUyJIbCHOMy MeTOAy. M3 XapaKTepHbIX 3aBHCEiMOCTefi IIOABHXHOCTH aJIeKTpOHOB OT 3JIeKTpH4eCKOrO IIOJIR, TeMIIepaTypbI II IIphIXCKOBOrO PaCCTORHHR AeJIaIoT BbIBOA H a UpbImKOBEJfi MeXaHH3M IIO MOTT. B O BCeX CJIJTaRX KPIiCTaJIJIHThI OKa3bIBaIOTCR UpbIlKKOBbIMH qeHTpaMH. OpHeHTaqHFI U e p n e H - gHKYJIRpHa K HaIIpaBJIeHHIO TOKa CBR3aHa C He60XbIIIHM YMeHbIIIeHHeM IIOABHXCHOCTH.

The effect of crystallinity and orientation on the mobility of electrons in poly(ethy1ene terephthalate) The drift mobility is determined by time-of-flight-method using the electron beam technique for partially crystalline PETP-foils. Based on the characteristic dependences of the mobility on the electrical field, temperature and especially on the hopping distance a hopping mechanism by MOTT is suggested t o apply to the charge carrier transport. In all cases the crystallites are the hopping centres. Orientation of the molecules perpendicular to the direction of the trans- port is accompanied by a slight decrease of the mobility.

1. Einleitung

Das Studium der elektrischen Transportprozesse in poly- meren Festkorpern steht noch im dnfangsstadium. Wie bereits unsere Analyse [I] zeigt, stoBt bereits der Versuch, die Strom- tragerbeweglichkeit als die eigentliche TransportgroBe zu mes- sen, auf Schwierigkeiten. So liegen die Beweglichkeiten bei verschiedenen Methoden aber auch bei gleicher Methode, jedoch verschiedenen Autoren, um GroBenordnungen auseinander. Als Ursache werden einerseits die Methoden selbst gesehen [l, 21 und andererseits wird die Vermutung geaulert, daS auch struk- turelle Unterschiede fur die Diskrepanzen verantwortlich sein konnten. Unsere Experimente haben gezeigt, daB die Transit- zeitmethode auch fur polymere Festkorper geeignet ist, da sie sowohl bei Dunkel- als auch bei Photoinjektion sowie bei Elek- tronenbeschuB die gleichen Ergebnisse zeigt [3]. Fur die Feld- und Temperaturabhangigkeit hat sich besonders die Elektronen- beschuBmethode bewahrt [4], die auch in der folgenden Unter- suchung zugrunde gelegt wird. Fur den polymeren Festkorper ergibt sich nun die Frage, ob die naturlichen oder kunstlich herbeigefuhrten strukturellen Besonderheiten bei der polymer- spezifischen Struktur uberhaupt elektrisch so gewichtig sind, daB sie beobachtbar sind. Weiterhin sollte die Analyse des Transportprozesses selbst durch eine gezielte Variation der physikalischen Struktur neben der Feld- und Temperatur- abhangigkeit erganzt werden, worauf in dieser Arbeit der Schwerpunkt gelegt wird.

stellen. Die diffuse Kleinwinkellichtstreuung (Bild 2) belegt, daB es durch die relati7 kurzzeitige Temperung noch nicht zu einer spharolithischen Ifiberstruktur gekommen ist. Somit kann fur die folgenden Betrachtungen von einer stochastischen Kri- stallitverteilung ausgegangen werden.

Fur die Bestimmung des Kristallinitatsgrads a wird von einem Zweiphasenmodell ausgegangen. Gemessen wird nach der Dichtemethode und einem modifizierten Schwebeverfahren von EGQERT und SCHREIER [6] und der Rontgenweitwinkel- streuung nach einem Verfahren von STATTON [7]. Die so gefun- denen Kristallinitatsgrade stimmen fur beide Methoden gut

Bild 1. Rontgenweitwinkelaufnahmen (A = 0,154 nm). a) un- orientiert arnorph (or = 0,05; An = ; b) unorientiert kristallin (a = 0,28; An = 2 . ; c) orientiert kristallin

(a = 0,32; An = 148

2. Variation und Charakterisierung der Struktur

Bei der Variation der Struktur wird davon ausgegangen, daS lineare polymere Festkorper zur partiellen Kristallisation neigen [ 5 ] . Diese Eigenart wird an rontgenamorphen unverstreckten PETP-Folien der Dicke von ca. 360 pm durch gezielte Tempe- rungen im Temperaturbereich von 363 K bis 415 K bei einer Temperzeit von 10 min genutzt. Eine anschlieBende HeiB- reckung bei der jeweiligen Kristallisationstemperatur und Abschreckung in kaltem Wasser fuhrt zu einer dauerhaften Orientierung der Ketten und ganzer Kristallite. Wie die Rontgen-

amorphen unverstreckten Ausgangsmaterial, unorientiert par- tiell kristalline und orientiert partiell kristalline Proben herzu-

L l 75 60 GS 30 15 0 15 30 45 60 7!

Bild 2. Kleinwinkellichtstreuung an partiell kristallinem PETP (rote Linie des He-Ne-Laser)

weitwinkelaufnahmen belegen (Bild l) gelingt es so, neben dem . e -

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HANSPACH, HANSEL u. a. : Elektronenbeweglichkeit in Polyethylenterephthalat

Acta Polyrneriu 36 (1985) Nr. 4 235

Bild 3 . Transitimpuls im GroSsignalbereich. z = 0,2 mscm-*, y = 0, l yAcm-1, Up = 120 V

+ “B I I I

103 104 vcm-f 105 E

Bild 4. Feldabhangigkeit der Driftbeweglichkeit

uberein. Die Kristallinitatsgrade lieBen sich uber die Kristalli- sationstemperatur im Bereich van 0,04 bis 0,4 variieren. Fur die eigentlichen elektrischen Messungen konnten jedoch wegen der hohen Sprodigkeit nur Proben bis zu a I_ 0,3 genutzt werden.

Die mittlere KristallitkantengroDe RH wird von SCHNELL und FARBY [S] aus der Halbwertsbreite der Rontgenweitwinkel- reflexe zu 5,74 nm bestimmt. Entsprechend den kristallographi- schen Daten der triklinen Elementarzelle [9, 101 setzt sich ein Kristallit somit aus ca. 1000 Elementarzellen zusammen. Die Kristallitkantenlingen erweisen sich bereits bei Kristal- lisationstemperaturen uber 373 K als temperaturunabhangig. Somit geht die meitere Erhohung des Kristallinitatsgrades rnit der Konzentration der Kristallite einher.

SchlieBlich 1aSt sich die Orientierung uber die Doppelbre- chung An charakterisieren [ll, 121. Die Messung erfolgte rnit einem Polarisationsmikroskop und ERINctHAus-Kompensator. Die hochsten Doppelbrechungen An = 0,16 erreicht man fur kristallines Material bei relativer Reckung A1 w 3 und fur amor- phes Material (An = 0,15) bei A1 m 5. Bedenkt man, daB die Eigendoppelbrechungen fur die kristalline Phase An = 0,29 und die der amorphen Phase An = 0,20 sind [ l l ] , dann wurden hier sehr hoch orientierte Proben erreicht.

3. Elektronendriftbeweglichkeit fur teilkristalline unorientierte PETP-Proben

Die Ladungstragerbeweglichkeit wird in dieser Arbeit, wie an anderer Stelle ausfuhrlich beschrieben [ 4 ] , rnit der Transitzeitmethode vorwiegend im GroBsignal-, aber auch im Kleinsignalbereich gemessen. Hierzu wird durch eine transparente Goldelektrode ein Elektronenimpuls der Energie von 2 keV in Elektrodennahe eingeschossen und so fur den Transit bereitgestellt. Die Impulsladung wurde fur den GroBsignalbereich auf Q A N, 2 pAs und fur den Kleinsignalbereich auf Q A N, 2 nAs eingestellt. Die Ladung fur den GroBsignalbereich, die nach der Theorie von WEISZ u. a. [13] mindestens der kapazitiven Ladung der

Probe entsprechen sollte, ist somit um fast zwei GroBen- ordnungen hoher. Das Bild 3 zeigt einen typischen GroD- signalimpuls fur teilkristallines PETP rnit 01 = 0,26. Die Transitstrome liegen generell funf bis sieben GroBenord- nungen uber den stationaren Gleichgewichtsstromen. Fur die folgenden charakteristischen Abhangigkeiten werden fur jeden dargestellten Beweglichkeitswert ca. 100 Transit- zeitmessungen zugrunde gelegt.

Die Elektronenbeweglichkeit ist in einem groBeren Feld- bereich bis hin zu einer kritischen Feldstarke EK konstant (Bild 4), wobei EK geringfugig vom Kristallinitatsgrad abhangig ist. Fur die weitere Behandlung der Beweglich- keit in Abhangigkeit von der Temperatur und dem Kri- stallinitatsgrad wird die feldunabhangige Beweglichkeit ( E < E K ) zugrunde gelegt.

3.1. Beweglichkeit in Abhangigkeit der Temperatur

Die verhaltnismaBig geringe Temperaturabhangigkeit der Beweglichkeit (Bild 5) 1aBt sich fur alle teilkristallinen Proben gut durch einen phononenassistierten Hopping- prozeB nach MOTT [I41 beschreiben:

wobei R die Hoppingdistanz, Ro der Lokalisierungsradius der Wellenfunktion des Elektrons, Y die effektive Phono- nenfrequenz, W, die Beweglichkeitsaktivierungsenergie, e die Elementarladung, T die Probentemperatur und kB die Boltzmannkonstante sind. Man erkennt das, wenn man die Gleichung entsprechend Bild 6 linearisiert. Die Re- gressionsanalyse ergibt Regressionskoeffizienten, die samt- lich zwischen 0,900 und 0,998 liegen. Weiterhin folgt die Beweglichkeitsaktivierungsenergie unmittelbar aus dem Anstieg 6T = -w,/kB der Regressionsgeraden. Es zeigt sich eine interessante Abhangigkeit der Aktivierungs- energie von der Kristallinitat (Bild 7, Kurve 1) . Mit, wachsendem OL nimmt W, zunachst relativ schnell ab. Inwieweit sich W , dem Wert W, = 0 fur 01 = 1 nahert, kann von uns nicht diskutiert werden, da wir nur Kristalli- nitatsgrade & 0,3 erreichten. Weiter folgt aus dem absoluten Glied der Regressionsgeraden der Ausdruck 8,

(2) eR2v 2R & = - exp - -. 6kB RO

Dabei zeigt sich eine uberlineare Abhangigkeit &(a) -vom Kristallinitatsgrad. Die uberlineare Funktion von bT(a) (Bild 7, Kurve 2) fuhrt direkt zu unserer Arbeitshypothese, daB sich die Hoppingdistanz rnit wachsendem Kristalli- sationsgrad verkleinert. Dabei mu13 jedoch vorausgesetzt werden, daB durch den KristallisationsprozeB sowohl Pho-

‘t I I I 1 .A 100 I S 0 200 250 300 K 3SO

T

Bild 5. Temperaturabhangigkeit der Beweglichkeit

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Acta Polyrnerica 36 (1985) Nr. 4 236 HANSPACII, HANSEL u. a. :

Elektronenbeweglichkeit in Polyethylenterephthalat

0,s I I I I I 1 t I I - 0 I 2 3 4 5 6 7 K - ' 8

iff3/ T

Bild 6. Linearisierte Temperaturabhangigkeit der Beweglich- keit gemaB Gleichung (1)

80 10-2Kcm2('/sl-'

60

L IQ

40

20

3

Bild 7 . W,(a) - Kurve 1; a,(a) - Kurve 2

nonenfrequenz als auch Lokalisierungsradius nicht ver- andert werden. Wir kommen auf diese Voraussetzung nochmals zuruck.

3.2. Beweglichkeit in Abhangigkeit vom Kristallinitatsgrad

AuBer der Temperaturabhangigkeit von p ware es ins- besonders wunschenswert, auch die Hoppingdistanz zu variieren, um den funktionellen Verlauf der Beweglichkeit durch den MoTTschen HoppingprozeB zu bestatigen. Damit ist die Frage nach der Bestimmbarkeit und Variation der Hoppingdistanz R, gegebenenfalls aus den Strukturpara- metern gestellt. Wenn man den Lokalisierungsradius R, der Elektronenwelle auf den perfekten Teil des Kristallits ausdehnt, fuhrt das zu einem recht anschaulichen struktur- bedingten Elektronentransport. Der HoppingprozeB findet dann uber die Phasengrenzflachen von Kristallit zu Kri- stallti statt.

Im folgenden sol1 durch eine geometrische Idealisierung des Zweiphasenmodells (Bild 8) eine Relation zwischen dem Kristallinitatsgrad und dem Kristallitabstand ge-

funden werden. Hierzu nehmen wir an: Die Kristallite sind stochastisch in der amorphen Phase verteilt; ihr mittlerer Abstand sei R(a). Die Kristallitgeometrie ist wurfelformig mit der mittleren Kantenlange RK. Im Eindimensionalen ergibt sich die Lange L der Probe aus der Zahl N der Kristallite, R(a) und R K zu

L + A'(& + wj. (3)

Die Gesamtzahl der Kristallite im Probenvolumen kann aus dem Volumen der kristallinen Phase und dem Kri- stallitvolumen berechnet werden:

womit fur den mittleren Kristallitabstand

( 4 )

folgt. Mit (5) laBt sich fur jeden Kristallinitatsgrad der mittlere Kristallitabstand R(a) berechnen. Sieht man dann entsprechend unserer Modellvorstellung R(a) als Hop- pingdistanz an, so kann man durch entsprechende Lineari- sierung von (1) den geforderten funktionalen Zusammen- hang zwischen der Beweglichkeit und der nun struktur- abhangigen Hoppingdistanz fur den HoppingprozeB nach MOTT belegen (Bild 9). Die Regressionsanalyse ergibt einen

Krisfoll i f omorphe Bereiche

Bild 8. Eindimensionale idealisierte Darstellung des teilkri- stallinen polymeren Festkorpers

Bild 9. Linearisierte Distanzabhangigkeit der Beweglichkeit gemaIj Gleichung (1)

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HANSPACH, IIHNSEL u. a.: Elektronenbeweglichkeit in Polyetliylenterephthalat

Acta Polymerica 36 (1985) Nr. 4 237

Bild 10. Beweglichkeit in Abhangigkeit vom Kristallinitatsgrad bei To = 293 K (berechnet aus Gleichung (6))

nahezu idealen Regressionskoeffizienten von r = 0,998. ,411s dem ilnstieg der Regressionsgeraden iiR = -22/Ro ergibt sich tatsachlich fur die verschiedenen kristalli- sierten Proben ein konstanter Lokalisierungsradius R, = (1,9 & @,I) nm. SchlieBlich folgt aus dem absoluten

Glied die Konstante & = - und somit eine vom

Kristallinitatsgrad unabhangige Phononenfrequenz

ev 6 k ~ T

v = (8 f 1) - 1010 s-1.

Fur unorientiertes teilkristallines PETP konnen somit fur verschiedene Kristallinitatsgrade 01 von 0,04 bis 0,28 alle Hoppingparameter angegeben werden :

R(a) von 1 1 , O nni bis 3,O nm

W J a ) von 45 meV bis 20 meV

Ro = (1,9 5 0,l) nm

v = (8 f 1) * 1010 s-1.

Der funktionale Zusammenhang zwischen Beweglichkeit und Kristallinitatsgrad ergibt sich direkt aus den Be- ziehungen (1) und (5):

WP kBT

x t.xp - -. Die bereclinete Kurve im Bild 10 gibt den experimen-

tellen Befund richtig wieder, wobei aus den Rechnungen hervorgeht, daB die Beweglichkeitsanderung um ca. drei GroBenordnungen vorwiegend durch die Veranderung der Hoppingdistanz R(a) und weniger durch die der Aktivie- rungsenwpie I-!; gegeben ist. Allerdings geht die Beweg- lichkeit fiir arnorphes PETP nicht gegen Null, wie es Beziehung (6) fordert, sondern es pegelt sich ein unterer Grenzwert bei 8 - lo-’ cm2(Vs)-l ein. Dieser Grenzwert ist

in unserem Model1 nur erklarbar, wenn fur sehr kleine a von der konstanten mittleren Kristallitkantenlange RK abgegangen wird und zunachst neben dem Anwachsen der Kristallitkonzentration auch ein Kristallitwachstum bis RK zugelassen wird. SchlieBlich sollten bei a = 0 bereits Kristallitkeime bis zur GroBe einer Elementarzelle sto- chastisch im Polymer verteilt und als Hoppingzentren wirksam sein.

Es kann festgestellt werden, daB die Beziehungen (1) und (6) fur einen phononenassistierten HoppingprozeB bezuglich der Temperatur- und Hoppingdistanzabhangig- keit und schlieBlich der Feldkonstanz den Transport- mechanismus an teilkristallinen PETP gut beschreiben, wobei der strukturelle Aspekt berucksichtigt ist.

4. Einflu/? der Orientierung

Eine weitere Polymerspezifik wird uber die Orientierung der Ketten und Kristallite sichtbar. Dabei ist zu beachten, daB bei unserer MeBtechnik nur eine Orientierung quer zur Transportrichtung moglich ist und es dadurch bei den teilkristallinen Proben zu einer Abnahme der Beweglichkeit kommt (Bild 11, Kurve 1). Es mag dabei zunachst ver- wunderlich sein, daB sich die Proben mit einer amorphen Anfangsstruktur gerade entgegengesetzt dazu verhalteri (Kurve 2). Wenn man jedoch bedenkt, daB sich der Kri- stallinitatsgrad mit der Reckung, insbesondere bei amor- pher Anfangsstruktur, wesentlich erhoht, erscheint dieses gegensatzliche Verhalten erklarbar. Offensichtlich wirkt hier der Beweglichkeitserniedrigung bei wachsender Orien- tierung eine dominierende Erhohung durch die Kristalli- sation entgegen.

Es ist nun durch den experimentell ermittelten Zusam- menhang zwischen der Beweglichkeit und dem Kristallini- tatsgrad fur unorientierte Proben (s. Bild 10) moglich, auf die Anfangskristallinitaten zu schlieBen. Dazu wird jeweils die Beweglichkeitserhohung durch die reckungs- induzierte Kristallinitatsgraderhohung unter Zugrunde- legung von Bild 10 von den experimentellen Beweglich- keitswerten (Bild 11 a) abgezogen. Das entsprechendc Ergebnis zeigt Bild 11 b. Im Bild 11 b sind dann tatsachlich sowohl bei den teilkristallinen als auch bei der amorphen Modifikation Beweglichkeitsabnahmen mit der Orientie- rung zu beobachten. Mit der Annahme, daB die Beweglich- keit beim Ladungstransport langs der Ketten entschieden

t An

Bild 11. Beweglichkeit als Funkdion cler Doppelhrechunp. a) Kurve I: Anfangskristallinitat LY = 0,27; Kurve 2: Anfangs- kristallinitat a = 0,04. b) Kurve I: separiert auf LY = 0,27;

Kurve 2: separiert auf a = 0

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Aeta Polyrncriu 36 (1985) Nr. 4 238 ZASLAVSKIJ, TATUR u. a.: Untersuchung

von intensiv-verformten Polypropylenfaserstoffen

gro13er ist als beim Transport quer z u den Ketten, ist diese Abnahme durch zunehmende Querstellung der Ket ten m i t wachsender Orientierung verstandlich. Erwartungs- gemah macht sich dann die Querstellung ganzer Ketten- systeme, wie bei den orientierten Kristalliten, s tarker be- merkbar als die Querstellung einzelner Ketten.

5. SchluPbemerkungen

Durch die Messung der Elektronenbeweglichkeit an PETP- Folien rnit gezielt variierter Struktur (Kristallinitatsgrad, Orientierung) gelang es, einen Einblick in den strukturspezi- fischen Elektronentransport in teilkristallinen Polymeren zu gewinnen. In PETP-Folien ist die Elektronenbeweglichkeit in der kristallinen Phase um mindestens drei GroBenordnungen groBer als in der amorphen.

Die funktionale Abhangigkeit der Beweglichkeit von der Temperatur, der Hoppingdistanz und schliedlich die Unab- hangigkeit der Beweglichkeit vom elektrischen Feld bis hin zu einer kritischen Feldstarke fuhren eindeutig auf einen HoppingprozeB, wie ihn MOTT fur einen phononenassistierten HiipfprozeB iiber nachste Nachbarn fordert. Durch die gezielte Variation der Kristallinitatsgrade war es moglich, auch den wichtigen funktionalen Zusammenhang der Beweglichkeit von der Hoppingdistanz zu untersuchen. So konnten einerseits der TransportprozeB nach MOTT weitaus sicherer als bisher analysiert und andererseits auch alle Hoppingparameter be- stimmt werden. Bei der von uns modellierten Hoppingdistanz in Abhangigkeit vom Kristallinitatsgrad ist uns jedoch bewult, daB der Betrag R(a) wahrscheinlich zu groB ist, da der Bereich von 3,O bis 11,O nm mehrere Gitterkonstanten iiberstreicht.

Wenn man annimmt, daB der Zusammenhang R(a) rnit dem Kristallinitatsgrad nach Beziehung (5) richtig ist, so sollte sich die wahre Hoppingdistanz nur um den Faktor c von R(a) unterscheiden:

R = c R ( a ) rnit O < c < 1. (7)

Folglich korrigieren sich R,, um den Faktor c und Y urn c - ~ , was in beiden Fallen zu objektiveren Werten fiihren wiirde. Ein noch tieferer Einblick in die behandelte Problematik ware moglich, wenn es gelange, die KristallitgroBenverteilung zu finden. Eine gewichtete Mittelung zugunsten der kleinen Kri- stallite wiirde den Faktor c und damit die Hoppingdistanz dann wahrscheinlich auf ein noch realistischeres MaB bringen. SchlieBlich konnen wir die Abnahme der Hoppingaktivierungs-

energie W , rnit zunehmendem Kristallinitatsgrad (siehe Bild 7) nur dann verstehen, wenn auch die amorphe Phase sich zu hoherer Ordnung hin verandert, ohne jedoch mit einer merk- lichen Dichteanderung einherzugehen. Hier werden die Grenzen des verwendeten Zweiphasenmodells zur Strukturbeschreibung deutlich.

Danksagung

An dieser Stelle danken wir Herrn Dr. T. PAKULA (L6di) und den Kollegen der Arbeitsgruppe von Herrn Prof. Dr. sc. W. MISCHOK (PH Gustrow), insbesondere Herrn Dr. P. DOBBERT fur die freundlichen Hilfen bei der Strukturaufklarung.

Literatur

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Eingegangen am 28. Marz 1983 Revidiert eingegangen ant 4 . November 1983

Untersuchung von intensiv-verformten Polypropylenfaserstoff en mittels Annihilation von Positronen B. I. ZASLAVSKIJ, A. 0. TATUR, V. P. SANTAROVI~, Ju. A. KUZNECOV, Ju. V. ZELENEV und G. A. BUDNICKIJ

Moskovskij tekstilnyj institut, 117071 Moskva V-711SSSR

Die Spektren der Positronenlebensdauer und der Richtungskorrelation der Annihilationsstrahlung von deformierten Hohlfasern aus Polypropylen wurden im Vakuum, in Luft und in Sauerstoff registriert. Die Analyse der Daten fiihrt zu der SchluBfolgerung, daB unter der Wirkung der Sauerstoffmolekiile groBe Poren in den deformierten Polypropylen- fasern entstehen.

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Investigations with polypropylene fibres subjected to intensive deforniation by positron annihilation The spectra of positron annihilation and the direction correlation of the annihilation radiation of deformed polypro- pylene hollow fibres were recorded in vacuum, air and oxygen. The results indicate the formation of large pores by the action of oxygen in the deformed fibres.