wirtschaftlich fertigen dank baukastensystem

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DOSIEREN UND V ERGIESSEN IN DER ELEKTRONIKINDUSTRIE Wirtschaftlich fertigen dank Baukastensystem Immer häufiger sind die Lebenszyklen elektronischer Produkte kürzer als die der Anlagen, auf denen sie gefertigt werden. Elektronikzulieferer müssen deshalb schnell und einfach auf veränderte Anforderungen in der Produktion reagieren können. Auch Anlagen zum Dosieren und Vergießen sollten flexibel auslegbar sein. Rainer Haslauer D ie Automobil- und Konsumgüter- hersteller stellen heute an ihre Elektronikzulieferer hohe An- forderungen: So dürfen zum Beispiel die Projektierungsphasen meist nur wenige Monate in Anspruch nehmen. Bestell- mengen sollten flexibel anpassbar sein und neue Produktvarianten in kürzes- ter Zeit produziert werden können. Und sogar konstruktive Änderungen an den elektronischen Bauteilen müssen jeder- zeit kurzfristig umsetzbar sein. Vor dem Hintergrund, dass die Le- bensdauer der meisten Produkte nur noch wenige Jahre umfasst, bedeutet dies für die Zulieferer aus der Elektro- nikindustrie eine große Herausforde- rung. Fertigungslinien müssen sich in kürzester Zeit amortisieren. Auf der Su- che nach Wegen, trotz der enormen For- derungen wettbewerbsfähig zu bleiben, setzen immer mehr Unternehmen auf „Lean Production“ bzw. „schlanke Pro- duktion“. Wirtschaftlich bis ins Detail Um auf die Anforderungen des Mark- tes flexibler reagieren zu können, soll- ten die Kriterien der Lean Production schon bei der Konzeption von Produk- tionsanlagen Anwendung finden. Die Lösung liegt nicht mehr in großen und starren Produktionslinien, sondern in standardisierten Baukastensystemen, deren Module flexibel und individuell kombinierbar sind. Eine Verschwen- dung von Ressourcen wie Zeit oder Be- triebsmittel lässt sich damit vermeiden. Da die Anlagenmodule in Serie gefertigt werden, bieten sie zudem einen deutli- chen Kostenvorteil gegenüber den Son- deranlagen. Spezielle Schnittstellen sor- gen für die Anpassung bei Erweiterung oder Umbau der Anlage. Das Unternehmen Scheugenpflug, Hersteller von Anlagen zum Dosieren und Vergießen, bietet ein standardisier- tes Produktportfolio an, das nach Lean- Development-Prinzipien entwickelt und gefertigt wird. Es ermöglicht die wirt- schaftliche Lösung unter anderem der im Folgenden beschriebenen Produkti- onsaufgaben: Skalierbare Kapazität Insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen vermeiden meist hohe In- vestitionen in eine Fertigungslinie, die auch eine eventuell stark wachsende Nachfrage abdecken könnte. Anlagen nach dem Lean-Prinzip sind so konzi- piert, dass Maschinenmodule, die für die taktzeitkritischen Produktionsschritte relevant sind, problemlos bei Bedarf hin- zugefügt und mit der restlichen Anlage verbunden werden können. Der Elektro- nikhersteller profitiert folglich von mini- malen Investitionskosten und kann bei wachsendem Output trotzdem reagieren. Produktflexibilität Ist ein Elektronikbauteil erfolgreich im Markt etabliert, liegen bereits die nächs- ten Produktvarianten in der Pipeline. Normalerweise müsste hierfür eine kom- plett neue Linie geplant werden. Mit dem Lean-gerechten Baukastensystem können jedoch die Arbeitsschritte, die bei beiden Varianten gleich sind, auf der ursprüngli- chen Anlage laufen. Um Engpässe zu ver- meiden, werden lediglich die taktzeitkri- Definition: Lean Production „Unter Lean Production wird der sowohl sparsame als auch zeitef- fiziente Einsatz der Produktions- faktoren Betriebsmittel, Personal, Werkstoffe, Planung und Orga- nisation im Rahmen aller Unter- nehmensaktivitäten verstanden.“ (Quelle: http://wirtschaftslexi- kon.gabler.de/Definition/lean- production.html) ANLAGEN- UND GERÄTETECHNIK adhäsion 7-8/2014 28

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DOSIEREN UND VERGIESSEN IN DER ELEKTRONIKINDUSTRIE

Wirtschaftlich fertigen dank BaukastensystemImmer häufiger sind die Lebenszyklen elektronischer Produkte kürzer als die der Anlagen, auf denen sie gefertigt werden. Elektronikzulieferer müssen deshalb schnell und einfach auf veränderte Anforderungen in der Produktion reagieren können. Auch Anlagen zum Dosieren und Vergießen sollten flexibel auslegbar sein.

Rainer Haslauer

Die Automobil- und Konsumgüter-hersteller stellen heute an ihre Elektronikzulieferer hohe An-

forderungen: So dürfen zum Beispiel die Projektierungsphasen meist nur wenige Monate in Anspruch nehmen. Bestell-mengen sollten flexibel anpassbar sein und neue Produktvarianten in kürzes-ter Zeit produziert werden können. Und sogar konstruktive Änderungen an den elektronischen Bauteilen müssen jeder-zeit kurzfristig umsetzbar sein.

Vor dem Hintergrund, dass die Le-bensdauer der meisten Produkte nur noch wenige Jahre umfasst, bedeutet

dies für die Zulieferer aus der Elektro-nikindustrie eine große Herausforde-rung. Fertigungslinien müssen sich in kürzester Zeit amortisieren. Auf der Su-che nach Wegen, trotz der enormen For-derungen wettbewerbsfähig zu bleiben, setzen immer mehr Unternehmen auf „Lean Production“ bzw. „schlanke Pro-duktion“.

Wirtschaftlich bis ins Detail Um auf die Anforderungen des Mark-tes flexibler reagieren zu können, soll-ten die Kriterien der Lean Production schon bei der Konzeption von Produk-tionsanlagen Anwendung finden. Die Lösung liegt nicht mehr in großen und starren Produktionslinien, sondern in standardisierten Baukastensystemen, deren Module flexibel und individuell kombinierbar sind. Eine Verschwen-dung von Ressourcen wie Zeit oder Be-triebsmittel lässt sich damit vermeiden. Da die Anlagenmodule in Serie gefertigt werden, bieten sie zudem einen deutli-chen Kostenvorteil gegenüber den Son-deranlagen. Spezielle Schnittstellen sor-gen für die Anpassung bei Erweiterung oder Umbau der Anlage.

Das Unternehmen Scheugenpflug, Hersteller von Anlagen zum Dosieren und Vergießen, bietet ein standardisier-tes Produktportfolio an, das nach Lean-

Development-Prinzipien entwickelt und gefertigt wird. Es ermöglicht die wirt-schaftliche Lösung unter anderem der im Folgenden beschriebenen Produkti-onsaufgaben:

Skalierbare KapazitätInsbesondere kleinere und mittlere Unternehmen vermeiden meist hohe In-vestitionen in eine Fertigungslinie, die auch eine eventuell stark wachsende Nachfrage abdecken könnte. Anlagen nach dem Lean-Prinzip sind so konzi-piert, dass Maschinenmodule, die für die taktzeitkritischen Produktionsschritte relevant sind, problemlos bei Bedarf hin-zugefügt und mit der restlichen Anlage verbunden werden können. Der Elektro-nikhersteller profitiert folglich von mini-malen Investitionskosten und kann bei wachsendem Output trotzdem reagieren.

ProduktflexibilitätIst ein Elektronikbauteil erfolgreich im Markt etabliert, liegen bereits die nächs-ten Produktvarianten in der Pipeline. Normalerweise müsste hierfür eine kom-plett neue Linie geplant werden. Mit dem Lean-gerechten Baukastensystem können jedoch die Arbeitsschritte, die bei beiden Varianten gleich sind, auf der ursprüngli-chen Anlage laufen. Um Engpässe zu ver-meiden, werden lediglich die taktzeitkri-

Definition: Lean Production „Unter Lean Production wird der

sowohl sparsame als auch zeitef-

fiziente Einsatz der Produktions-

faktoren Betriebsmittel, Personal,

Werkstoffe, Planung und Orga-

nisation im Rahmen aller Unter-

nehmensaktivitäten verstanden.“

(Quelle: http://wirtschaftslexi-

kon.gabler.de/Definition/lean-

production.html)

ANL AGEN - UND GER ÄTE TECHNIK

adhäsion 7-8/201428

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Der Autor

Rainer Haslauer

([email protected],

Tel.: +49 9445 9564 0) ist als Pro-

duktmanager bei der Scheugen-

pflug AG in Neustadt tätig.

tischen Module ergänzt. Die speziellen Schnittstellen erlauben zudem, etwaige neue Fertigungsschritte zu ergänzen.

Änderung vor Start of Production (SOP)Wird eine konstruktive Anpassung des elektronischen Bauteils kurz vor der Markteinführung notwendig, stellt dies nicht nur terminlich eine große Heraus-forderung dar. Änderungen am Produkt können aufwendige Modifikationen der Fertigungsschritte verursachen. Bei herkömmlichen Produktionslinien fol-gen dann meist einschneidende und kos-tenintensive Anpassungen.

Das Baukastenprinzip nach den Re-geln der Lean Production bietet dagegen die Möglichkeit, situativ und kurzfris-tig einzelne Anlagenmodule umzubau-en und auszutauschen, ohne die gan-ze Linie modifizieren zu müssen. Große Neuinvestitionen erübrigen sich somit.

Produktion in unterschiedlichen LändernInternational produzierende Elektro-nik unternehmen benötigen zuweilen von einer Anlage mehrere Ausführun-gen. So werden beispielsweise in Asi-en einfache Arbeitsschritte oft manuell ausgeführt, in Europa die gleichen Pro-zessschritte jedoch automatisiert. Dank eines modularen Anlagensystems be-steht die Möglichkeit, mehrere gleichar-tige Anlagen herzustellen, die je nach Einsatzort als vollautomatisierte Versi-on oder als Handarbeitsplatz einsetz-bar sind.

Umbau für After-Market-ProduktionNeigt sich der Lebenszyklus eines Pro-duktes dem Ende zu, verringert sich die Nachfrage und der Output wird herun-tergefahren. Bei einem Baukastensys-tem können die Anlagenmodule, die für eine schnelle Taktzeit zuständig waren, herausgenommen und beispielsweise in eine neue Anlage integriert werden. So lässt sich bei Bedarf eine vollautomati-

sierte Produktionslinie zu einem teil-automatisierten Handarbeitsplatz redu-zieren, auf dem eine kleine Stückzahl für das Ersatzteillager gefertigt werden kann.

WiederverwendbarkeitLäuft ein Produkt aus, werden herkömm-liche Produktionslinien abgeschrieben und häufig verschrottet. Bei einem Bau-kastensystem können die meisten An-lagenkomponenten für die nächste Pro-duktgeneration oder eine komplett ande-re Produktion wiederverwendet werden. Dies wird umso attraktiver, je häufiger die Lebenszyklen der Produkte kürzer sind als die der Anlagen.

FazitWer sich aus einem gut sortierten Pro-duktportfolio die richtigen Module und Komponenten zur richtigen Zeit zusam-menstellen kann, profitiert doppelt. Ers-tens von der geringen Investitionssum-me und zweitens von der Flexibilität in Bezug auf Erweiterungs- und Umbau-

möglichkeiten der Anlagen. Es ist kei-ne großangelegte Umstrukturierung des Unternehmens vonnöten, um „lean-gerecht“ fertigen zu können. Neben der selbstverständlichen Ressourcenscho-nung und Effizienz ist vor allem die Konstruktion der flexiblen Anlagenmo-dule Erfolgsgarant. Erst der problemlo-se Aus-, Umbau sowie Austausch die-ser Module ermöglicht es einem Un-ternehmen, während des kompletten Produktlebenszyklus wirtschaftlich zu arbeiten und wettbewerbsfähig zu blei-ben.

Um elektronische Bauelemente wirtschaftlich vergießen zu können, sollten die entsprechenden Anlagen nach den Grundsätzen der Lean Production konzipiert sein.

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