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Barbara Koch

Wie gelangen Innovationen in die Schule?

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Schule und GesellschaftBand 48

Herausgegeben von

Franz HamburgerMarianne HorstkemperWolfgang MelzerKlaus-Jürgen Tillmann

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Barbara Koch

Wie gelangenInnovationen in die Schule?Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

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.

.1. Auflage 2011

Alle Rechte vorbehalten© VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

Lektorat: Stefanie Laux

VS Verlag für Sozialwissenschaften ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media.www.vs-verlag.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. JedeVerwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes istohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbeson derefür Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspei-cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesemWerk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solcheNamen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachtenwären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, HeidelbergGedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem PapierPrinted in Germany

ISBN 978-3-531-17747-2

Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Zugleich Dissertation Universität Bielefeld 2010

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Inhalt

1 Einleitung 11

1.1 Eine Verortun.g 111.2 Transfer in der Schulforschung und leitende Fragestellungen 151.3 Entstehungskontext der Studie 211.4 Aufbau der Studie 23

Erster Teil:Modellversuche, Transfer und schulische Innovationen:Theoretische und empirische Konzeption der Studie 25

2 Begriffliche Klärungen und Forschungsstand 27

2.1 Zum Verhältnis von Modellversuchsforschung undPraxisforschung als Schulentwicklungsforschung 28

2.2 Innovationen, Transfer und Schul- und Unterrichtsentwicklung 332.2.1 Zugänge der Schuladministration: die Entwicklung

von Schule als Steuerungsproblem 352.2.2 Zugänge der Bildungsforschung:

Schulentwicklungsforschungund Lehr-Lernforschung.....402.2.3 Das Zusammenspiel von Schuladministration und

Schulforschung am Beispiel der Schulpolitik desLandes Nordrhein-Westfalen seit den 1990er Jahren 46

2.2.4 Zusammenfassung 522.3 Innovationen, Transfer und Modellversuchsforschung 53

2.3.1 Innovationen und Transferformen 542.3.2 Theoretische Überlegungen 582.3.3 Bisherige Befunde empirischer Forschung 602.3.4 Erfahrungsbasierte Erkenntnisse 682.3.5 Zusammenfassung 70

2.4 Schulentwicklung, externer Transfer und Schulberatung 72

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3 Der Modellversuch ,Berufsorientierung im Verbund' alsBeobachtu.ngsfeld ••••••••••••••••••••••••••••••.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.• 77

3.1 Vemetzung als Instrument von Schulentwicklung 773.1.1 Überregionales Netzwerk I: Bildungspolitische

Anbindung 793.1.2 Überregionales Netzwerk 11: Begleitforschung und

Koordinierungsstelle des Modellversuchs 803.1.3 Regionale Netzwerke: Transferstellen in Nordrhein-

Westfalen und Hessen 813.1.4 Regionales Netzwerk: Projektgruppe BiZEbS 82

3.2 Innovative Ansätze der Schulentwicklung: die Produkte desTransfers 833.2.1 Produkte und deren Entstehungskontext 843.2.2 Produkte und deren Wirksamkeit 853.2.3 Dokumentation der Produkte 863.2.4 Problemadäquatheit der Produkte 873.2.5 Produkte und Schulentwicklung 883.2.6 Produkte und Implementierungstiefe 90

3.3 Externe Schulberatung als Instrument des Transfers 91

4 Empirischer Zugang 93

4.1 Forschungsansätze 934.1.1 Cluster-Evaluation 944.1.2 Fallanalyse 98

4.2 Erhebungsmethoden. 1004.3 Verlauf der Erhebung 1034.4 Stichprobe 105

4.4.1 Beteiligte Schulformen 1064.4.2 Schulentwicklungsberater 1084.4.3 Adressaten der Beratung: innerschulische und

außerschulische Akteure 1104.4.4 ProdukteIlnnovationen als Gegenstand der Beratung 112

4.5 Auswertungsdesign. 1144.5.1 Auswertung der schulbezogenen Daten 1144.5.2 Auswertung der Daten zu Netzwerken 123

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4.6 Fragestellungen der Erhebung 1244.6.1 Forschung 1244.6.2 Praxis in Schille und Beratung 1264.6.3 Bildungspolitik und -planung 126

Zweiter Teil:Ergebnisse der Erhebung.............•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.......................129

5 Wirkungen der Netzwerke 131

5.1 Regionale Netzwerke: Transferstellen und BiZEbS-Lehrer 1315.2 Überregionale Netzwerke: Koordinierungsstelle und

bildungspolitische Anbindung 1395.3 Merkmale eines transferförderlichen Netzwerkes 141

6 Transfererfolge und -effekte 143

6.1 Transfererfolge 1436.1.1 ,Eingeführte' ProduktelInnovationen 1456.1.2 ,Nicht eingeführte' ProduktelInnovationen 1486.1.3 ,Nur vorgestellte' Produktellnnovationen 1516.1.4 ,Zu früh' :für eine Einschätzung des Erfolgs 1536.1.5 ,Vertiefung' der Innovation/des Produktes 154

6.2 Transfereffekte 1566.2.1 Outputqualität: Durch die Einführung der Produkte

Erreichtes 1566.2.1.1 Effekte bei Schülern 1596.2.1.2 Effekte bei der Schule als Organisation 1626.2.1.3 Effekte bei Lehrern 1666.2.1.4 Effekte beim Unterricht 1676.2.1.5 Effekte bei der Zusammenarbeit mit

externen Partnern 1686.2.1.6 Effekte bei Eltem 169

6.2.2 Prozessqualität: Implementierungstiefe und Auswahl-und Anpassungsprozesse 170

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6.2.2.1 Implementierungstiefe 1706.2.2.2 Anpassungs- und Auswahlprozesse 175

6.3 Merkmale zur Erfassung von Transfererfolgen und -effekten 176

7 Wirkungsphasen im Schulentwicklungsprozess 179

7.1 Erste Phase im Prozess: Initiierung 1827.1.1 ProduktlInnovation 183

7.1.1.1 Produktwahrnehmung in der Kategorie nur,vorgestellt' 183

7.1.1.2 Produktwahrnehmung in der Kategorie,einge:fiihrt' 185

7.1.2 Externe Schulberatung 1897.1.3 Schulinterne Bedingungen 192

7.1.3.1 Schule als Organisation 1927.1.3.2 Lehrer 1977.1.3.3 Eltern 197

7.1.4 Konzeptbezogene Merkmale in der Phase derIn.itiierung 198

7.2 Zweite Phase im Prozess: Implementierung 2017.2.1 Beratung als Prozessunterstützung 203

7.2.1.1 Initiierende Beratungsverläufe 2047.2.1.2 Prozessbegleitende Beratungsverläufe 2117.2.1.3 Schulindividuelle Beratungsverläufe 225

7.2.2 Maßnahmen innerhalb eines Beratungsprozesses 2267.2.2.1 Übergreifende Workshops/schulexterne

Fortbildung 2277.2.2.2 Schulinterne Lehrerfortbildung 2287.2.2.3 Mitwirkung bei Gremienarbeit innerhalb

von Schule: Der Berater als Überzeugerund Prozesshelfer 229

7.2.2.4 Einzelgespräch mit Vertretern einer Schule 2307.2.2.5 Vorbereitende und prozessbegleitende

Workshops 2307.2.2.6 Erfahrungsaustausche/Arbeitstreffen mit

Vertretern unterschiedlicher Schulen 2327.2.2.7 Transferfördernde Bedingungen im

Querschnitt 234

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7.2.3 Schulinteme Bedingungen 2357.2.3.1 Schule als Organisation 2357.2.3.2 Lehrer als Multiplikatoren 2387.2.3.3 Schulleitun.g 241

7.2.4 Konzeptbezogene Merkmale in der Phase derIm.plementierung 242

7.3 Dritte Phase im Prozess: Institutionalisierung 245

8 Ansätze zur Theoriebildung auf der Grundlage der Ergebnisseder Erhebung 249

8.1 Ein Beitrag zur Schulentwicklungstheorie: Zum Konzept einerlernförderlichen schulischen Umwelt 249

8.2 Ein Qualitätsmodell zum Transfer von Innovationen in dieSchule: Innovationstransfennodell 252

Dritter Teil:Die Ergebnisse im Kontext aktueller Forschung undSchlussfolgerungen .•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.........................255

9 Diskussion und Schlussfolgerungen 257

9.1 Transfererfolge und Transfereffekte 2579.2 Transferfähige Produkte 2599.3 Produktbezogene Schulberatung 2649.4 Transferfördernde Netzwerke 2689.5 Transferförderliche und -hemmende Bedingungen im

Schulentwicklungsprozess 2709.5.1 Lehrer als Multiplikatoren 2709.5.2 Schulleitung als Unterstützer 2719.5.3 Schule als Organisation 2729.5.4 Eltern als Verstärker 274

9.6 Empirischer Zugang: kritische Reflexion 275

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Vierter Teil:Perspektiven für Bildungspolitik, Bildungsforschung undBildungspraxis ....•.•.•.•.•.•.•.•.•.•.•...................................................279

10 Perspektiven für Forschung 281

11 Perspektiven für Schule und Beratung 285

12 Perspektiven für Bildungspolitik 287

13 Verzeichnisse und Anlage 291

13.1 Literatur 29113.2 Intemetadressen 30413.3 Abbildungsverzeichnis 30513.4 Tabellenverzeichnis 30713.5 Verzeichnis der Fallstudien 30913.6 Verzeichnis der Protokolle 31013.7 Verzeichnis der Erhebungsinstrumente 31213.8 Anlage: Zielbeschreibungen zu den Produkten 313

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1 Einleitung

1.1 Eine Verortung

Die zentrale Frage der vorliegenden Studie lautet: Wie gelangen Innovationen indie Schule? Besonders die Ergebnisse internationaler Vergleichsstudien derOECD haben die Notwendigkeit der Weiterentwicklung von Schule ins öffentli­che und politische Bewusstsein gerückt. Eckhard Klieme (2009: 37) bewertetdie heutige Situation wie folgt:

"In der Wissenschaft haben wir aufgeholt, auch durch PISA. Aber wir haben nochnicht so recht verstanden, dieses Wissen in der Praxis zu nutzen."

Einen Beitrag zur Reform der Schule in Deutschland leisten, mit jeweils unter­schiedlichen Zugängen, die Forschung zur Schul- und Unterrichtsentwicklung,die Bildungsadministration in Form von Bildungspolitik und Bildungsverwal­tung und die schulische Praxis (TillmannlVollstädt 2001: 10ff.). Diese Bereichebilden die Entstehungs- und Rezeptionskontexte von Innovationen. Bildungspo­litische Entscheidungen und wissenschaftliche Untersuchungen sollen letztlichdas Ziel verfolgen, pädagogische Praxis zu verbessern (TillmannIVollstädt2001, Rahm 2005: 152). Dieser Auffassung folgt die vorliegende Studie, auchwenn es vereinzelt kritische Stimmen gibt (dazu HenkelJK.euffer 2005: 244), dieden Nutzen für die Praxis als Qualitätskriterium für die Schul- und Unterrlchts­forschung anzweifeln. Forschung bezieht sich auf pädagogische Praxis. Dabeiwird die einzelne Schule als "pädagogische Handlungseinheit" und damit alsMotor ihrer eigenen Entwicklung verstanden (Rahm 2005: 150). Mit Blick aufdas Verhältnis von Forschung und Praxis bestimmt das gewählte Forschungsde­sign den Nutzen der Forschungsergebnisse für die Schule (Klatki 2002: 203ff.).

In diesem Kontext befasst sich die vorliegende Studie mit der Frage, wieErgebnisse der Forschung in die schulische Praxis gelangen können und welcheAnforderungen an Forschung damit verbunden sind. Es wird analysiert, ob undin wie weit die Weiterentwicklung von Schule durch den Transfer! von Ergeb-

1 Der Begriff des Transfers suggeriert, dass die Möglichkeit besteht, eine Innovation, die in einembestimmten Kontext entstanden ist, vollständig in einen anderen Kontext zu übertragen. Davon kannnicht ausgegangen werden. Vielmehr findet ein umfassender Adaptionsprozess auf der Seite des

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B. Koch, Wie gelangen Innovationen in die Schule?, DOI 10.1007/978-3-531-92872-2_1,© VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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nissen der Praxisforschuni geschehen kann. In diesem Ansatz steckt ein Poten­zial zur Entwicklung von Schule, welches bislang nicht in dem möglichen Maßeerkannt und genutzt wird. Mit dieser Perspektive trägt die vorliegende Studieauch zur Entwicklung einer Theorie der Schulentwicklung bei (Rolff 2007,Dalin 1999, Rahm 2005, Klafki 2002). Überdies wird ein Beitrag zur Transfer­forschung geleistet. Eine umfassende Expertise für die schulische und beruflicheBildung haben Reinold Nickolaus und Cornelia Gräsel (2006) vorgelegt, in derdeutlich wird, dass die Transferforschung im Sinne eines Transfers von (pra­xis)Forschungsergebnissen an andere als den beteiligten Schulen am For­schungsprozess defizitär ist (siehe dazu auch Kriegesmann 2006). Diese Formdes Transfers wird in der vorliegenden Studie als externer Transfer bezeichnet.Er ist ausschließlich Gegenstand dieser Studie, die damit über bestehende empi­rische Studien hinausgeht, die sich überwiegend mit internem Transfer befassen.

Wolfgang Klafki (2002: 203ff.) sieht in einer "schu1- bzw. basisorientiertenVeränderungsstrategie" und in einer "praxisnahen Schulforschung" die größtenChancen für eine Entwicklung von Schule, Den Erfolg der "Verbreitung derResultate der Innovationsarbeit" knüpft er an die Art der Aufbereitung der Er­gebnisse der Praxisforschung und die Unterstützung der Innovations- und Trans­ferschulen durch "Regionale Pädagogische Zentren". Unter Berücksichtigungdieser grundlegenden Überlegungen zur Schulreform besteht das Erkenntnis­interesse der vorliegenden Studie darin, die Bedingungen des Transfers vonErgebnissen der Praxisforschung aufzuklären.

Entwicklungsmöglichkeiten des Schulsystems zu untersuchen, ist von zent­raler und wachsender Bedeutung, weil die Innovationsfähigkeit des deutschenSchulsystems nach wie vor verbessert werden muss (Baumert 2001, Prenzel etal. (Hrsg.) 2003, Prenzel et al. (Hrsg.) 2007, http://pisa.ipn.uni-kiel.de/zusam­menfassung_PISA2006.pdt). Besonders betroffen von gegenwärtigen Defizitensind Kinder und Jugendliche, denen durch die Mängel des Schulsystems eineTeilhabe an Bildung erschwert wird. Der Junge mit Migrationshintergrund undproblematischem sozioökonomischem Status ist das Pendant zur katholischenArbeitertochter vom Lande der Bildungsmisere der 1960er Jahre geworden

rezipierenden Systems statt (Klafki/Scheffer/Koch-Priewe/Stöcker/Huschke/Stang u.a. 1982, Fend2006). Hierauf macht etwa auch die neuere soziologische Systemtheorie aufmerksam (Luhmann1984, Willke 1994). Dennoch wurde der Begriff ,Transfer' verwendet, um einen Anschluss an dieaktuelle wissenschaftliche Debatte herzustellen (BMBF 2007).2 Der Begriff Praxisforschung wird in der vorliegenden Studie genutzt, um den spezifischen Entste­hungskontext der Innovationen zu beschreiben. Dabei wird hierunter nicht die Selbsterforschung deseigenen Unterrichts verstanden (Prenge11997), sondern eine Form der Kooperation zwischen For­schern und Lehrern mit dem Ziel, schulische Praxis zu verbessern (siehe dazu HollenbachlTillmann2009). In der vorliegenden Studie bezieht sich die pädagogische Praxis auf das Arbeitsfeld derBerufs- und Studienorientierung.

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(Wenning 1999). Ein zentrales Ziel des Schulsystems, eine Annäherung an dieGleichheit der Bildungschancen zu erreichen, wird verfehlt. Auch wenn dieGründe dafür nicht nur im Schulsystem selbst zu verorten sind, sondern auch inumfassenden ökonomisch-gesellschaftlichen-politischen Prozessen (Klafki2001), bleibt das Schulsystem dennoch durch seine Eigenständigkeit für Krisenund Schwierigkeiten weitgehend selbst verantwortlich (ebd.).

Angesichts dieser Situation werden in allen Bundesländern seit den 1980erJahren umfangreiche Anstrengungen unternommen, das Schulsystem zu verbes­sern. Dabei ähneln sich die bildungspolitischen Aktivitäten in einer Hinsicht: siebefassen sich umfassend mit der Diagnose der jeweiligen Systeme auf unter­schiedlichen Ebenen. Folgende Aufzählung gibt hierzu einen Überblick, derkeinen Anspruch aufVollständigkeit erhebt:

• Parallelarbeiten (z.B. http://www.schulministerium.nrw.deIBP/Schulsystem/Qualitaetssicherung/StandardsetzungllParallelarbeiten_3/index.html).

• Vergleichsarbeiten und zentrale Abschlussprüfungen (AckerenJBellenberg2004).

• Selbst- und Fremdevaluation (Bos/Holtappels/Rössner 2006).• Lernstanderhebungen (BonsenJBüchterlPeek 2006).• Vergabe von Siegeln (Ministerium für Schule und Weiterbildung des Lan­

des Nordrhein-Westfalen 2006).• Beteiligungen an internationalen (z.B. siehe oben) und nationalen Schul­

leistungsstudien (z.B. Lehmann et al. 2004) etc.

Vor dem Hintergrund der Erkenntnisse aus der Schulforschung seit den 1980erJahren bis heute erscheint diese Fokussierung der bildungspolitischen Aktivitä­ten auf die Diagnose bedenklich (siehe dazu auch Klieme 2009, Fend 2006). Solassen sich die Ergebnisse der Schulforschung pointiert wie folgt beschreiben:

• Ein festgestellter Mangel beinhaltet noch nicht dessen Beseitigung (Rolff1991, Huber 2005).

• Mit der Bearbeitung von Problemen in Schule sind meistens umfangreicheOrganisationsentwicklungsprozesse verbunden (Altrichter 1995, Holtap­peis 1995).

• Entwicklungsprozesse sind wahrscheinlicher, wenn sie extern unterstütztwerden (HoltappeIs 2003, Rolff 1998).

• Intern und extern eingesetzte Diagnoseinstrumente (z.B. Selbst- undFremdevaluation) bleiben bezüglich ihrer Entwicklungspotenziale hinterder Erwartung zurück (Koch-Priewe 2000, BoslHoltappelslRösner 2006).

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• Wenn top down - Ansätze zur Schulentwicklung an Voraussetzungen ge­knüpft sind, die nicht vorliegen, und bottom up - Ansätze mit Bedingungenverbunden sind, die in der Regelschule weitgehend nicht erfiillbar sind,dann wird es darum gehen, weiter fiihrende Ansätze zu verfolgen (Berke­meyerlPfeiffer 2006, Zymek et al. 2006).

Zum einen wird somit angezweifelt, dass die Anwendung von Diagnoseinstru­menten bereits Entwicklungen in Schule hervorruft. Zum anderen wird deutlich,dass die Erschließung eines Problems durch Diagnose im Verhältnis zur Prob­lemhearbeitung eher einfach erscheint und angemessene Strategien noch zufinden sind. Angesichts dieser Einsichten, und abweichend von den im deut­schen Sprachraum vorliegenden Ansätzen zur Schulentwicklung (z.B. Rolff etal. 2000), in denen zunächst, mit oder ohne externer Unterstützung, die Ent­wicklungsziele innerschulisch im Diskurs gefunden werden, um sie dann syste­matisch mehr oder weniger erfolgreich im Zuge eines Organisationsentwick­lungsprozesses abzuarbeiten, bringen in dem dieser Studie zu Grunde liegendemForschungsfeld die regionalen Berater bereits Konzepte zur Bearbeitung vonProblemen in Schule ein, und sie begleiten die Schulen bei der Implementation.Für diese Vorgehensweise spricht auch, dass Lehrer' sowie Schulleitungen oft­mals erforderliche Entwicklungsbereiche abschätzen können, aber keine ausge­reiften Konzepte für Verbesserungen fmden bzw. sich diese aus unterschiedli­chen Gründen (z.B. fehlende Ressourcen im Sinne von Kompetenzen oder Zeit)nicht erarbeiten können. Der Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung inSchule beinhaltet im Wesentlichen Anpassungsprozesse der Innovation an dieschulischen Bedingungen. Es ist zu erwarten, dass diese Aneignungsprozesse"deutlich weniger Ressourcen binden und damit auf mehr Akzeptanz in Schuletreffen als umfassende Zielfindungs-, Entwicklungs-, Erprobungs- und Evalua­tionsprozesse. Darüber hinaus vermitteln Ergebnisse der Praxisforschung vor­erst nicht den Charakter von administrativen Anweisungen, die von Schulenumgesetzt werden sollen. Die Praktiker entscheiden selbst, ob sie die Innovationimplementieren wollen. Mit dieser Herangehensweise grenzt sich der Ansatz inder vorliegenden Studie von "top-down-Strategien" (Gräsel/Parchmann 2004:198) ab, die die Durchsetzung von Neuerungen in einem hierarchischen Systemvon "oben" nach "unten" meinen.

Das Beobachtungsfeld dieser Arbeit ist der Modellversuch ,Berufsorientie­rung im Verbund' des BMBF-geforderten Programms ,Schule-Wirtschaft/Ar-

3 Da der Bezug auf die sowohl weibliche als auch männliche Form den Lesefluss erheblich stört,führe ich durchgehend die männliche Form auf.4 Dieser Begriff stammt aus dem Marburger Grundschulprojekt (KlafkilScheffer/Koch-Priewe/­Stöcker/Huschke/Stang 1982) und betont die aktive Rolle der Rezipienten.

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beitsleben', der in dem vorher beschriebenen Sinne konzipiert und initiiert wur­de. Ziel ist es, allgemeine Erkenntnisse über die Möglichkeiten der Entwicklungdes Schulsystems durch den Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung zuerhalten. Die Studie betreibt Schulentwicklungsforschung und Transferfor­schung, indem sie die Forschungskonzepte der Cluster-Evaluation und der Fall­studie verwendet. Die Cluster-Evaluation gibt durch ihre immanenten Regelnden Handlungsrahmen :für die Interaktion zwischen Forscher und Beforschtenvor. Die Fallstudie ermöglicht eine Mikroanalyse der Transferprozesse und-effekte im Sinne einer Kombination von fonnativer und summativer Begleit­forschung.

1.2 Transfer in der Schulforschung und leitende Fragestellungen

In der schulpädagogischen Forschung zum allgemein bildenden Schulsystemwird der Begriff der Innovation häufig verwendet (z.B. Haenisch 1995, Altrich­terlPosch (Hrsg.) 1996, Altrichter/Schley/Schratz 1998, Dalin 1999, Demmmer­Dieckmann 2005, Rahm/Mammes/Schratz 2006, Fend 2006). Im Verhältnisdazu ist das Auffmden von wissenschaftlichen Beiträgen in der Schulforschung,die sich mit dem Transfer von Innovationen befassen, deutlich seltener. Zu nen­nen sind hier Beiträge der Implementationsforschung zu hierarchischen Innova­tionsstrategien (Gräsel/Parchmann 2004) oder zu Strategien zur Entwicklungdes gesamten Schulsystems (Rolff 1991). Das heißt, es gibt kaum wissenschaft­liche Beiträge im Kontext der Einzelschulforschung der 1980er und 1990erJahre, die die Verbreitung von Innovationen an einem anderen als dem Entste­hungsort thematisieren.

Diese Forschungslage erklärt sich im Wesentlichen durch zwei sich wech­selseitig bedingende Strukturmerkmale: (1) Das vorherrschende bildungspoliti­sche Steuerungsverständnis und (2) das zu Grunde liegende Forschungspara­digma. In den 1960er, 1970er Jahren und Anfang der 1980er Jahre überwogenzentralistische Steuerungsstrategien. Es bestand die - aus heutiger Sicht - naiveVorstellung, dass in der Forschung entwickelte Curricula (z.B. CIEL-Arbeits­gruppe 1977, Knab 1981) durch bildungspolitische Programme in das Schulsys­tem integriert werden könnten. Die Kooperation zwischen Forschung und Schu­len bestand darin, dass letztere das in der Forschung entwickelte Curriculumimplementieren sollten und die Forscher diesen Prozess evaluiert haben. Damitwurden die Lehrer zu ,,Anwendern der Wissenschaft degradiert" (Koch-Priewe2007). Zur gleichen Zeit bildeten sich Forschergruppen zur Curriculumsent­wicklung heraus, die sich am Paradigma der Handlungsforschung ausgerichtethaben (Klatki/SchefferlKoch-Priewe/StöckerlHuschke/Stang 1982, Gstettner/

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Seidel 1975). In der Kooperation zwischen Lehrern und Forschern wurdenneuartige Unterrichtskonzepte entwickelt, die intern und extern adaptiert werdensollten. Obwohl die Innovationen (Curriculum) im Rahmen einer intensivenAuseinandersetzung zwischen Theorie und Praxis entstanden sind, haben diesebei Lehrern in der Adaptionsphase wider erwarten keine "selbständigen undkreativen Adaptionen ausgelöst" (Koch-Priewe 2007: 16), sondern ein "mecha­nisches Kopieren" (ebd.: 16). Uwe Hameyer (1978) hat schließlich 42 Projekteuntersucht, die die Entwicklung von Curricula zum Gegenstand hatten. Er zieht- mit Blick auf den Transfer - folgende ernüchternde Bilanz (ebd.: 310):

"In nahezu allen untersuchten Projekten wird das Problem der Übertragung von In­novationen als nebengeordnete (oder gar nicht als solche wahrgenommene) Aufga­be dieser Arbeitsgruppen betrachtet. Keines der 42 analysierten Projekte hat dieseFrage systematisch aufgegriffen. Allenfalls gibt es programmatische Äußerungen.Nirgendwo aber werden solche Übertragungsprobleme in der Konzipierungsphase-,Prozess- oder Evaluationsphase dieser Innovationsversuche angedacht oder plane­risch differenziert."

Vor diesem Hintergrund sind nicht nur zentralistische Steuerungsstrategiengescheitert, sondern auch die erwähnten sozialwissenschaftliehen Forschungs­strategien, die sich auf interne und externe Adaptionen richteten. Während esum die Handlungsforschung seit dieser Zeit in der deutschen Forschungsland­schaft sehr ruhig geworden ist (Altrichter 2009), hat sich die empirische Lehr­Lern-Forschung auf hohem Niveau weiter entwickelt (Koch-Priewe 2007), ohnedas Problem der Nutzung der Forschungsergebnisse :für die Praxis bearbeitet zuhaben. Allerdings lassen aktuelle Ansätze eine Hinwendung der Lehr-Lern­forschung zu Ansätzen der Handlungsforschung erkennen ("Sinus-Transfer"und "Chemie im Kontext", siehe Kapitel 2.2.2).

Mit der Vorstellung, dass Schulentwicklung nur als Entwicklung von Ein­zelschulen zu denken ist, hat in den 1980er Jahren ein Wechsel im Steuerungs­paradigma stattgefunden: von zentralistischen zu dezentralen Steuerungsstrate­gien. Einzelschulforschung bezog sich auf das Nachzeichnen innerschulischerProzesse, übernahm mit unterschiedlicher Intensität die Aufgabe, Schulen imEntwicklungsprozess zu unterstützen und leistete im unterschiedlichen Ausmaß,Beiträge zur Theorie der Schule und der Schulentwicklung (Horstkem­per/Tillmann 2003). Ergebnisse der praktischen Entwicklungsarbeit für anderePraktiker nutzbar zu machen, war weder für die Praktiker selbst noch für dieForscher relevant.

Aus diesem Grund wird zur Erhellung des Forschungsstandes auch auftheoretische Beiträge und Studien zurückgegriffen, die nicht die Terminologie,Transfer' nutzen, aber dennoch zumindest den Forschungsgegenstand ,Innova-

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Page 18: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

tionen und deren Transfer' erhellen. Zur Skizzierung des Forschungsdefizits undder Beiträge der vorliegenden Studie werden folgende Gegenstände betrachtet:(1) Pädagogisch-psychologisch ausgerichtete empirische Schu1- und Unter­richtsforschung, (2) Praxisforschung, (3) theoretische und empirische For­schungsergebnisse zu den Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Steuerung vonSchule und (4) Mangel an transferfähigen Innovationen.

(1) Die pädagogisch-psychologisch ausgerichtete empirische Schul- undUnterrichtsforschung beinhaltet mit Blick auf die Fragestellung der vorliegen­den Studie das Problem, dass nicht die erfolgreiche Umsetzung der Ergebnissein der Praxis im Vordergrund des Erkenntnisinteresses steht, sondern die Über­prüfung von Bedingungskonstellationen in Wirkungsanalysen (Gräsel/Parch­mann 2004). So halten Forschungsdesigns zwar empirisch analytischen Krite­rien stand, jedoch nicht der Frage, wie die Ergebnisse des Forschungsprozessesfür die schulische Praxis nutzbar gemacht werden können. Ein Beispiel hierfürist das von der DFG geförderte Programm "Qualitätsverbesserung in Schulenund Schulsystem" (Brackhahn 2004). Eine der wenigen Ausnahmen hierzubildet das Sinus-Programm (http://sinus-transfer.uni-bayreuth.de/). ManfredPrenzel (2001) als Leiter des Programms spricht zu dieser Problematik eineReihe von Fragen an und zeigt damit zugleich, dass dieser Forschungsbereichmit Bezug auf den Transfer noch am Anfang steht. Beispielsweise erwägt er dieweitere Aufbereitung von Handreichungen für eine Verbreitung der Ergebnisseund er erörtert die Notwendigkeit von Evaluationsstudien zur Absicherung derTransferwürdigkeit von Programmergebnissen. Zu der Einschätzung, dass dieTransferforschung noch am Anfang steht, kommt auch ein vom BMBF in Auf­trag gegebenes Gutachten (Kriegesmann 2006: 19): Hier "wird bei näherer Be­trachtung des Transfergeschehens deutlich, dass Transfer im Schu1bereich letz­tlich noch in den Kinderschuhen steckt." Klafki (2002) zweifelt sogar an, dassdiese Form der Forschung Einfluss auf die Schulwirklichkeit haben kann. Chris­tiane Henkel und Josef Keuffer (2005: 244) gehen davon, dass Wissenschaftselbst "in Fragen von Innovation, didaktischer Konstruktion und Implementati­on nicht mehr verwickelt" sein will. Comelia Gräsel und Ilka Parchmann (2004)sehen eine Lösung für die Nutzung wissenschaftlicher Ergebnisse in der Praxisin einer Annäherung der empirisch-analytischen Lehr-Lern-Forschung an dasForschungsparadigma der Praxisforschung in Kombination mit formativen undsummativen Evaluationen.

In dem Forschungsfeld der empirisch-analytischen Schul- und Unterrichts­forschung besteht folglich ein umfangreicher Untersuchungsbedarf dahin ge­hend, ob und wie Ergebnisse der Forschung in die Bildungspraxis Eingang hal­ten können. Die vorliegende Studie soll in diesem Zusammenhang Ansatzpunk­te für Entwicklungen benennen, in dem sie Anforderungen an transferfähige

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Innovationen benennt und Kriterien entwickelt, an denen Transfererfolge und-effekte erkennbar sind.

(2) Praxisforschung kennzeichnet sich durch Feldnähe, durch aufgenom­mene Fragestellungen mit Praxisrelevanz sowie durch die Absicht, mit der For­schung zur Weiterentwicklung des untersuchten Feldes beizutragen (EckertlFichten 2005). Veränderungsprozesse in der Praxis sind somit von vornhereinintendiert, aber zunächst nur :für die Schulen, die an der Entwicklung einer In­novation mitgewirkt haben. Mit Blick auf vorhandene wissenschaftliche Analy­sen zum Transfer von Innovationen besteht in der Praxisforschung ein ausgep­rägtes Forschungsdefizit. Kennzeichnend für dieses Deftzit sind wenige empi­risch und theoretisch fundierte Aussagen über Bedingungen des Innovations­Transfers (z.B. Dubs 2005). Eine Ausnahme bildet Michael Jäger (2004), derallerdings Transfer nur im Sinne von Verstetigung am Ort der Entwicklunguntersucht. Zu möglichen Instrumenten des Transfers - gemäß einem Transferder Resultate des Innovationsprozesses in andere Schulen - liegen Arbeiten ausden 1970er und 1980er Jahren vor (insbesondere KlafkilSchefferlKoch-PriewelStöckerlHuschke/Stang 1982). Wie bereits angedeutet, wurde dieser Ansatzdurch das Verschwinden der Handlungsforschung aus der deutschen For­schungslandschaft nicht weiter verfolgt und damit auch dessen Ergebnisse alsAusgangspunktefür eine vertiefte Forschung nicht genutzt.

Dies ist als besonders problematisch einzustufen, weil es vor dem Hinter­grund des Wechsels des schulpolitischen Steuerungsparadigmas in den 1980erJahren von der Entwicklung des Gesamtsystems zur Entwicklung der Einzel­schule (grundlegend dazu Rolff 1991) sowohl in der Schulentwicklungsfor­schung als auch für die schulpädagogischen Praxis weitgehend offen bleibt, wieSchulen den damit zusammenhängenden Innovationsauftrag, die Leistungsfä­higkeit der Schule zu steigern, bewältigen sollen. So erklärt Klafki (2002: 210)die "um sich greifende Reformmüdigkeit" , die "Enttäuschungen" und die "Kri­tik an der Schulreform und Schulforschung" mit der Erwartung der Forscher,der Praktiker und vor allem der Schuladministration, "zu viel in viel zu kurzerZeit" erreichen zu können. Gerade die Praxisforschung sollte sich, aufgrundihrer Nähe zum Feld, mit der Frage befassen, wie ihre Ergebnisse einen Beitragdazu leisten können, die Innovationslast für die Praktiker zu verringern. Diewissenschaftliche Beschäftigung mit der Frage des Transfers der Ergebnisse derPraxisforschung ist somit unabdingbar. Im Rahmen der vorliegenden Studiewird das Konzept der externen Schulberatung als eine Form der Unterstützungeingefiihrt, wobei sich die Beratung immer auf das Praxisforschungsergebnis(Produkt bzw. Innovation genannt) bezieht. Bereits Anfang der 1970er Jahre istder Begriff "Produkt" in Zusammenhang mit zentralistischen Strategien zurCurriculumsentwicklung verwendet worden (KlafkilSchefferlKoch-Priewe/Stö-

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ckerlHuschke/Stang 1982). Es ging darum, einen "curricularen Planungsent­wurf" auf seine Realisierbarkeit hin zu überprüfen (Scheffer 1982: 122). In demMarburger Grundschulprojekt, welches dem Paradigma der Handlungsfor­schung folgte, wurde er mit einer anderen Bedeutung belegt: am Ende einerForscher-Lehrer-Kooperation zur Entwicklung eines Curriculums sollte einErgebnis bzw. ein Produkt stehen, welches von anderen, am Entwicklungspro­zess nicht Beteiligten, adaptiert werden kann. Mit dieser Perspektive erhält derBegriff des "Produktes" eine neue Qualität: das "dialektische Verhältnis vonTheorie und Praxis" (ebd.: 125) findet in ihm seine Berücksichtigung. Im Rah­men der vorliegenden Studie wird der Begriff "Produkt" in dieser Bedeutungverwendet.

Die gegenstandsbezogene Schulberatung ist ein Zugang, der bisher imdeutschsprachigen Raum als strukturbildendes Merkmal noch wenig Beachtunggefunden hat (Wiechmann 2003). Wenn Schulen derzeit beraten werden, danndurch für diese Aufgabe qualifizierte Lehrer als Schulbegleiter, Moderatorenetc. Sie können zum einen nicht den Bedarf der Schulen in der Fläche decken(Hameyer 2003). Zum anderen beziehen sich die Beratungen nicht auf Ergeb­nisse der Praxisforschung. Ein Ansatz zur externen Beratung von Schulen, derumfassend theoretisch hergeleitet und wenig empirisch untermauert wird, liegthierzu von Hans-Günter Rolff et al. (2000) in Form einer "pädagogischenSchulentwicklungsberatung" vor. In Abgrenzung zu diesem Ansatz wird externeSchulberatung im Rahmen dieser Studie zugleich als ein Instrument für denTransfer von Innovationen verstanden. Die Berater bringen die Innovation inSchille ein und begleiten deren Implementation. Nach Rolff et al. (2000) gelan­gen Innovationen über die selbständige und zugleich an externen Anforderungenausgerichtete Setzung von Zielen und die Vorgehensweisen zur Erreichung derZiele in Schule. Zwar wird nicht explizit ausgeschlossen, dass die Innovationvon außen in Schule eingebracht wird, Rolff thematisiert dies aber nicht alsMöglichkeit bzw. Chance. Per Dalin (1999: 249), der einen ähnlichen Ansatzzur Schulentwicklung wie Rolff (2000) verfolgt, sieht darin sogar eine Vorge­hensweise, die "uns in Europa fremd erscheint".

In der Praxisforschung besteht somit ebenfalls ein umfassender For­schungsbedarf dahingehend, wie ihre Ergebnisse in die schulische Praxis Ein­gang halten können. Die vorliegende Studie untersucht, unter welchen Bedin­gungen ein Transfer gelingen kann bzw. scheitert.

(3) In den 1980er Jahren vollzog sich - wie bereits angedeutet - ein Wech­sel im staatlichen Steuerungsverständnis: von der Fremdsteuerung des Gesamt­systems zu einer Kombination von Selbst- und Fremdsteuerung der Einzelschule(Rolff 1991). Innovationen wurden in der ersten Variante überwiegend hierar­chisch ,angeordnet' mit dem Problem, dass sie oftmals nicht gemäß ihrer Ziel-

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setzung umgesetzt wurden (GräsellParchmann 2004). Hier gab es somit bereitsein Transferprob lern, welches allerdings vor dem Hintergrund äußerer Schul­entwicklung diskutiert wurde (Rolff 1991). In der bis heute gültigen Steue­rungsvariante sollen Lehrer weitgehend selbstgesteuert die Entwicklung derEinzelschule vorantreiben. Dies beinhaltet die Herausforderung, dass Lehrer fastvollständig die Last der Entwicklung von Innovationen tragen müssen. Sie ent­wickeln, erproben, evaluieren und verändern die innerschulischen Strukturenund das pädagogische Handeln, und zwar in allen schulischen Aufgabenfeldern,und sie scheitern auch oft damit. Eine eindeutige Überforderung angesichtsdieser Situation ist anzunehmen, die vielerorts von Lehrern auch geäußert undvon einschlägigen Studien empirisch nachgewiesen wird (z. B. Specht 1997,Haenisch 1994). Das weit verbreitete Modell, der Schulaufsicht unterstützendeAufgaben zu übertragen (aktuelle Steuemngsmodelle der Länder), kann nichtfunktionieren, wenn man die Anforderungen, die an einen erfolgreichen Schul­beratungsprozess gestellt werden, betrachtet (z.B. Rolff et al. 2000). Folglichliegen die Schwierigkeiten des Modells überwiegend in einer Überfrachtung derAufgaben und Überforderung der Schulaufsicht und weniger, wie vielfach dis­kutiert (z.B. Rolff 1998, Burkhard 1997), in der Konstellation, die der Schulauf­sicht zugleich kontrollierende und beratende Funktionen überantwortet. Vorlie­gende Untersuchungen (Strittmatter 1995, Kienbaum 1994, Rosenbusch 1994)zu diesem Problem kommen zu ähnlichen Einschätzungen. Vor dem Hinter­grund überzogener Erwartungen an Lehrer und mangelnder Unterstützung sindweit reichende Erfolge unwahrscheinlich. So ist es auch nicht verwunderlich,dass das deutsche Schulsystem in vielen Bereichen stagniert bzw. Entwick­lungsbedarf hat, wie die PISA-Ergebnisse eindrucksvoll belegen (Baumert2001). Positive Entwicklungen in den letzten Jahren sind nicht in allen erforder­lichen Bereichen erfolgt (Prenzel et al. (Hrsg.) 2003, Prenzel et al. (Hrsg.) 2007,http://pisa.ipn.uni-kiel.de/zusammenfassung_PISA2006.pdt). Besonders betrof­fen von den offensichtlichen Mängeln des deutschen Schulsystems sind Kinderund Jugendliche mit ungünstiger sozialer Herkunft. Im Zuge des skizziertenveränderten Steuerungsverständnisses fordern Schulentwicklungsforscher, dassSchulen externe Unterstützung erhalten müssen, um den Anforderungen gerechtwerden zu können (Buhren/Rolff 1996 (Hrsg.), Zech 1998, Pilgram 1998,SommerlStöck 1998, Jürgens 1998a, Jürgens 1998b, Landesinstitut für Schuleund Weiterbildung 1997, Dubs 1995, Horster 1995, DaschnerlRolffiStryck(Hrsg.) 1995, Steffens 1995, Hameyer 2003).

Entsprechenden Anforderungen Rechnung tragend, wird in der vorliegen­den Studie das Instrument der externen Beratung eingesetzt, welche die Beson­derheit hat, dass sie den Beratungsgegenstand als ein Konzept zur Bearbeitung

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eines schulischen Problems einbringt. In der vorliegenden Studie wird unter­sucht, welche Formen Beratung annehmen muss, um erfolgreich zu sein.

(4) Institutionell betrachtet, können Schu1en selbst, Landesinstitute (das inNordrhein-Westfalen gerade abgeschafft worden ist), Universitäten, Versuchs­schulen, Reformschulen, selbständige Träger und Forschungs- und Entwick­lungseinrichtungen Innovationsgeber sein. Ein unzureichendes Angebot vonleistungsfähigen Innovationen seitens der Innovationsgeber kann ein Grund :fürdie relativ geringe Innovationsrate von Schulen sein. Die Einschätzungen dazusind unterschiedlich. Laut Jürgen Wiechmann (2002), einer der wenigen Schul­entwicklungsforscher, die sich mit Fragen des Innovationstransfers explizitbefassen, ist das Fehlen von Innovationen nicht die Ursache für die geringeInnovationsrate von Schulen, sondern die unzureichende Forschung zum Trans­fer von Innovationen im Schu1system.

Die vorliegende Studie schließt an diese Einschätzung an. Sie wird darüberhinaus Kriterien entwickeln, die Innovationen erfüllen sollen, um zugleich qua­litätsfordernd (transferwürdig) und transferfähig zu sein. Die Kriterien sollen dieGrundlage :für eine Einschätzung bilden, ob leistungsfähige Innovationen in denunterschiedlichen schulischen Aufgabenfeldern vorliegen.

1.3 Entstehungskontext der Studie

Der empirischen Teil der vorliegenden Studie bezieht sich auf den Modellver­such ,Berufsorientierung im Verbund', der im Rahmen der Programms ,Schule­WirtschaftlArbeitsleben' durch das Bundesministerium für Bildung und For­schung, das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nord­rhein-Westfalen sowie das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Lan­des Nordrhein-Westfalen gefordert wurde. Der Modellversuch wurde von mir inZusammenarbeit mit Vertretern der beiden Ministerien des Landes Nordrhein­Westfalen initiiert. Zentrales Ziel des Modellversuchs war die Förderung derQualität der Berufs- und Studienorientierung an Schulen durch den Transfer vonKonzepten zur Berufs- und Studienorientierung, die in Vorgängerprojekten imRahmen des Programms ,Schule-Wirtschaft/Arbeitsleben' entstanden sind. Ichwar bereits in Vorgängerprojekten tätig und habe vor diesem Hintergrund denTransfermodellversuch entwickelt und bestehende Kontakte genutzt. Ein Mo­dellversuch war er dahingehend, dass der Transfer konzeptionell entwickelt,erprobt und evaluiert werden sollte. Der genaue Verlauf des Modellversuchs istin Kapitel 4.3 erläutert.

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Um den Transfer der Produkte institutionell anzubinden, wurden in Nordrhein­Westfalen fünf Transferstellen (Münster, Detmold, Duisburg, Düsseldorf undKöln) und in Hessen (Kassel) eine Transferstelle eingerichtet. Mit der Gründungdieser Transferstellen wurde bereits ein zentrales Element des von mir entwi­ckelten Transferkonzeptes umgesetzt. Die Finanzierung hat sowohl das Bun­desministerium für Bildung und Forschung (vier Transferstellen) als auch dasMinisterium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein­Westfalen (zwei Transferstellen) übernommen. Die Institutionen, an denen dieTransferstellen angesiedelt waren, wurden vor der Antragstellung des Modell­versuches für eine Kooperation gewonnen. Bedingungfür eine Teilnahme war,dass bereits umfangreiche Erfahrungen und Kontakte im Feld der Berufs- undStudienorientierung vorlagen.

Neben den Transferstellen wurde eine Koordinierungsstelle an der Fakultätfür Erziehungswissenschaft der Universität Bielefeld, eingerichtet, die durch dasBundesministerium für Bildung und Forschung finanziert wurde. Die Koordi­nierungsstelle übernahm die Leitung und die Begleitforschung für den gesamtenModellversuch ,Berufsorientierung im Verbund'. An der Koordinierungsstellewar noch ein weiteres regionales Netzwerkwerk angedockt: die BiZEbS­Gruppe. Dieses Teilprojekt wurde von meinem Kollegen - Johannes Korten­busch - geleitet. Ich leitete die Koordinierungsstelle. Daraus ergeben sich me­thodologische Konsequenzen, die im Kapitel 4.1.1 "Cluster-Evaluation" und imKapitel 9.6. "Empirischer Zugang: kritische Reflexion" behandelt und kritischbeleuchtet werden. Die Koordinierungsstelle hat in dieser Konstellation somitnicht selbst Produkte durch Beratung transferiert, sondern die Transferstellenund die BiZEbS-Gruppe dabei unterstützt, diese Aufgabe zu leisten. Die Funk­tionen der Koordinierungsstelle in diesem Zusammenhang sind im Detail inKapitel 3.1.1 beschrieben.

Es sollten in Absprache mit den beiden Landesministerien in Nordrhein­Westfalen insgesamt fünf Produkte durch die Transferstellen und die BiZEbS­Gruppe an Schillen herangetragen werden:

• Vor- und Nachbereitung von Schülerbetriebspraktika in der Sekundarstu-fe I (SBP)

• Duales Orientierungspraktikum für Schüler der Sekundarstufe 11 (DOP)• Berufswahlpass (BWP)• Lempartnerschaften• Individuelle Förderplanung zur beruflichen Integration

Die Transferstellen konnten wählen, mit welchen Produkten sie arbeiten woll­ten. Einige Transferstellen haben sich auf wenige beschränkt, andere haben die

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komplette Palette zum Gegenstand der Beratung gemacht. Zudem wurden keineVorgaben bezüglich der Anzahl der Schulen gegeben, die beraten werden soll­ten. Die BiZEbS-Gruppe hat nur das Produkt ,Individuelle Förderplanung zurberuflichen Integration' beraten, weil sie an der Entwicklung des Produkteswesentlich beteiligt war.

In der vorliegenden Studie wird darauf verzichtet, die einzelnen Produkte"im Detail inhaltlich zu beschreiben. Dies ist zum einen bereits an anderer Stelleumfassend geschehen (Koch/Kortenbusch (Hrsg.) 2009). Zum anderen würdedie vorliegende Studie um mehrere hundert Seiten erweitert, die mit Blick aufihre Fragestellungen keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn bringen. Im Kapitel3.2 werden allerdings Aspekte der Entstehung und der Beschaffenheit der Pro­dukte auf einer abstrakteren Ebene dargestellt, die für einen Transfer relevantsind.

1.4 Aufbau der Studie

Im ersten Teil der vorliegenden Studie wird die theoretische und empirischeKonzeption vorgelegt. Dies beinhaltet eine Darstellung des Forschungsstandeszum Transfer und eine Entwicklung des Vorverständnisses zum Transfer vonInnovationen in die Schule (1), eine Vorstellung des Transfermodellversuchs alsBeobachtungsfeld der vorliegenden Studie (2) sowie eine Erläuterung der empi­rischen Vorgehensweise (3).

(1) Zur Darstellung des Forschungstandes wird zunächst das Verhältniszwischen der Modellversuchsforschung und der Praxisforschung erläutert, umden Transfermodellversuch als Beobachtungsfeld der vorliegenden Studie in dieForschungslandschaft einordnen zu können. Im Anschluss daran werden die

5 Wie bereits angedeutet, ist die der vorliegenden Studie zu Grunde liegende Bedeutung des Begriffs,Produkt' entsprechend mit der im Marburger Grundschulprojekt (Klafki/Scheffer/Koch-Priewe/Stö­cker/Huschke/Stang 1982). Mit Blick auf den Inhalt stellt sich die Frage, ob die im MarburgerGrundschulprojekt entwickelten Unterrichtseinheiten und -konzepte vergleichbar mit den Produktender Studien- und Berufsorientierung sind und die vorliegende Studie damit an einem Forschungsan­satz der 1970er Jahre anknüpft. Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass sich die Produkteder vorliegenden Studie nicht auf die Entwicklung von Unterricht beziehen, sondern auf die Ent­wicklung der schulischen Berufs- und Studienorientierung, welche allerdings - zumindest bei denkomplexeren Produkten - den Unterricht mit einbezieht. Ähnlich sind sie sich in der Hinsicht, dassdie Produkte beider Projekte Teile eines Gesamtkonzeptes sind: des Grundschulunterrichts insge­samt bzw. der Berufs- und Studienorientierung einer Schule. Sie beinhalten beide Aussagen zuZielen, Inhalten, Methoden, theoretischen und praktischen Begründungen sowie zu Bedingungenund Erfahrungen in konkreten Situationen. Darüber hinaus sind Aspekte der Handlungsqualifikatio­nen von Lehrern und Schülern enthalten. Bei beiden .Produktgruppen' liegt somit eine komplexeStruktur vor.

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Erster Teil:Modellversuche, Transfer und schulische Innovatio­nen: Theoretische und empirische Konzeption derStudie

Im Folgenden wird der theoretische Bezugsrahmen vorformuliert. Es werdenzentrale theoretische Konzepte und direkte forschungsrelevante Bezugsstudienund deren Ergebnisse dargestellt. Der Forschungsstand zum Gegenstandsfeldwird gesichtet. Vor dem Hintergrund dieser Analyse erfolgt eine Beschreibungdes Modellversuchs ,Berufsorientierung im Verbund' als Beobachtungsfeld dervorliegenden Studie und eine Darstellung des empirischen Zugangs.

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2 Begriffliche Klärungen und Forschungsstand

In diesem Kapitel wird zunächst das Verhältnis von Schulforschung und Mo­dellversuchsforschung beschrieben, um den Modellversuch, der Beobachtungs­feld der vorliegenden Studie ist, in die Forschungslandschaft einordnen zu kön­nen. Danach erfolgt über unterschiedliche Zugänge eine Analyse, der Bedin­gungen, unter denen Innovationen in die Schule gelangen sollen und können.Am Beispiel des Landes Nordrhein-Westfalen wird verdeutlicht, dass die bil­dungspolitischen Rahmenbedingungen erheblichen Einfluss auf die Innovati­onsbereitschaft und -fähigkeit der Schulen haben. Nach einer Einführung desBegriffs Transfer wird das der vorliegenden Studie zu Grunde liegende Ver­ständnis von Transfer erläutert. Im Anschluss erfolgt eine Darstellung bisherigerBefunde empirischer Forschung sowie erfahrungsbasierter und theoretischerErkenntnisse der Modellversuchsforschung zu dieser Form des Transfers. Ab­schließend werden die beiden Perspektiven der Schu1- und Unterrichtsforschungund der Modellversuchsforschung zu einem Vorverständnis des Transfers vonErgebnissen der Praxisforschung in Schule zusammengeführt. Dieses Vorver­ständnis bildet den theoretischen Bezugsrahmen sowohl für die Konzeption desModellversuches ,Berufsorientierung im Verbund' als auch für den empirischenTeil der Studie. Dieser Bezugsrahmen ist die Voraussetzung, um über das empi­rische Material "in theoretischen Begriffen" (KelleIKluge 1999: 18) reflektierenzu können. Er ermöglicht die in qualitativen Forschungsprozessen geforderte"theoretische Sensibilität" (ebd.: 18). Der Bezugsrahmen fungiert als ein "Werk­zeug" (ebd.: 18) zur Beurteilung der Angemessenheit und Relevanz der Daten.Die Abbildung zeigt die Vorgehensweise im Überblick.

27B. Koch, Wie gelangen Innovationen in die Schule?, DOI 10.1007/978-3-531-92872-2_2,© VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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Abbildung 1: Theoretische und empirische Konzeption der Studie

Schul- und Unterrichtsforschung Modellversuchsforschung

DBedingungen vonSchulentwicklungüber unterschied­liche Zugänge

DTransfer­forschung

D

DTransferfors chung

DErkenntnisse zu:Internem und externem Transfer

D DVorverständnis eines Transfers von Ergebnissen der Praxisforschungin Schule:

• Bezugsrahmen für die Konzeption des Modellversuchs• Gewinnung zentraler Kategorien für die Auswertung der Daten

2.1 Zum Verhältnis von Modellversuchsforschung und Praxisforschungals Schulentwicklungsforschung

Transferforschung wird in der vorliegenden Studie als Teilbereich der Modell­versuchsforschung und der Schulentwicklungsforschung definiert. Beide For­schungsbereiche tragen zur Transferforschung in unterschiedlichem Maße bei.

Schulforschung kann Begleitforschung, empirisch-analytische Schulfor­schung, Praxisforschung, Grundlagenforschung etc. sein. Welche Formen vonForschung im Rahmen von Schulmodellversuchen angewendet werden, wird

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zum Beispiel durch die Art der Beziehung zwischen Wissenschaft und Praxisoder/und durch die Zielsetzungen der Forschung bestimmt. Es sind Mischfor­men (Klafki 2002) als auch kumulative Ansätze denkbar (Henkel/Keuffer2005). Mit Blick auf die Fragestellung der vorliegenden Studie ist von Bedeu­tung, ob die unterschiedlichen Forschungsansätze (als Pole: Praxisforschung vs.empirisch-analytische Forschung) Ergebnisse erzeugen, die für die schulischePraxis nutzbar sind. Reinold Nickolaus und Cornelia Gräsel (2006) unterschei­den in ihrer Expertise zum Transfer die Entstehungskontexte der Innovationennicht. Für die Transferfähigkeit einer Innovation ist dies aber von hoher Bedeu­tung, wie die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen werden. Tade Tramm(2009: 5) formuliert seine Position hierzu wie folgt:

,,[...], dass wir vermutlich nicht nur beide Formen der Forschung brauchen werden,um unser Bildungssystem zu verbessern und unsere Einsicht in die zu Grunde lie­genden Prozesse zu vertiefen, sondern dass es entscheidend darauf ankommen wird,diese Forschungsrichtungen so aufeinander zu beziehen, dass Synergien möglichwerden."

Im Rahmen eines Modellversuchs, der sich auf alle Bildungsbereiche beziehenkann, werden in der Praxis Innovationen entwickelt, erprobt und evaluiert. Inder Regel wird ein Modellversuch wissenschaftlich begleitet. Die Forschungs­ansätze der wissenschaftlichen Begleitforschung sind heterogen. Sie folgensowohl quantitativen als auch qualitativen Zugängen und bewegen sich imSpannungsfeld von Forschung, Aus- und Weiterbildung, Beratung und Schul­entwicklung (Reimers 2005a und 2005b). Seit der Förderalismusreform im Jahr2007 werden Schulmodellversuche und deren Forschung, die Beobachtungsfeldder vorliegenden Studie sind, nicht mehr länderübergreifend gefordert. Es han­delte sich um BLK-Modellversuche, die im Verfahren der Bund-Länder­Kommission für Bildungsplanung und Forschungsforderung (BLK) durchge­fiihrt und vom Bund und von den beteiligten Ländern je zur Hälfte finanziertwurden (MöhlenbrockIPloghaus 2006). Die Aufgabe und Verantwortung, inno­vative Ansätze an Schulen zu entwickeln, zu erproben, zu evaluieren und zutransferieren sowie mit einer externen Begleitforschung auszustatten, ist voll­ständig an die einzelnen Bundesländer abgegeben worden (siehe dazu Schulver­suche der Länder http://www.bildungsserver.de/zeigen.html?seite=932). Wirt­schaftsmodellversuche hingegen werden aufgrund der Zuständigkeit des Bundesweiter fmanziert. Hier zeichnet sich das BIBB, beauftragt vom BMBF, verant­wortlich. Die Abschaffung der Förderung der länderübergreifenden Schulmo­dellversuche fand bildungspolitischen Konsens, obwohl der Modellversuchsar­beit ein hoher Stellenwert für die Bildungspraxis und Bildungsforschung zu­gesprochen wird. Ohne sie wäre die Innovationsrate in der Praxis und der Ertrag

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in der Forschung vermutlich weitaus niedriger (Nickolaus/SchnurpeI2001) - sodie einhellige Meinung einschlägiger Wissenschaftler (ebd., Rauner 2004, Möh­lenbrockIPloghaus 2006). Die Frage des Transfers wird sich somit zumindest inländerübergreifenden Programmen, wie sie seit 1998 durch die BLK als eineStrategie zur Förderung der Verbreitung von Ergebnissen aus Modellvorhabengefördert wurden, nicht mehr stellen.

Transferforschung ist allerdings mit Blick auf Schulpraxis, Schulforschungund Schuladministration nach wie vor von hoher Bedeutung: Geht es doch letz­tlich um die Frage nach dem Beitrag der unterschiedlichen Zugänge für pädago­gische Innovationen (siehe dazu auch Koch-Priewe/Stübig/Hendricks 2002). Indiesem Zusammenhang sind u.a. folgende Bereiche zu nennen, die auf die Er­gebnisse einer Transferforschung nicht verzichten können:

• Schulversuche der Länder, deren Ergebnisse landesweit verbreitet werdensollen (in NRW z.B, "Eigenverantwortliche Schule").

• Die Arbeit der Landesinstitute, deren Ergebnisse verbreitet werden sollen.• Versuchsschulen bzw. Reformschulen, die den Auftrag haben, ihre Ergeb­

nisse anderen Schulen zur Verfügung zu stellen (z.B. Laborschule Biele­feld, Oberstufenkolleg Bielefeld, Terhart/Tillmann 2007).

• Forschungseinrichtungen, die sich das Ziel gesetzt haben, die Ergebnisseihrer Forschung in die Praxis zu tragen (z.B. http://www.ipn.uni-kie1.de/).

• Forschungsprogramme und Forschungsprojekte, die sich mit der Transfer­forschung befassen (http://www.ifb.uni-wupperta1.de/forschung-am-ifb/­proj ekte/projekt-transfer-21-effekte-auf-der-lehrer-schul-und-systemebene­traeff21.html).

• Forschungsprogramme und Forschungsprojekte, deren Ergebnisse Eingangin die Praxis finden sollen (z.B. Prenzel (Hrsg.) 2009).

Transferforschung ist somit ein aktuelles Thema. So greift auch das Rahmen­programm zur Förderung der empirischen Bildungsforschung (BMBF 2007: 13)"Transfer von Wissen" als eigenen thematischen Forschungsschwerpunkt auf,bei dessen Beschreibung ähnliche Fragestellungen formuliert werden, wie in dervorliegenden Studie.

Im Rahmen der vorliegenden Studie geht es um Innovationen, die in einembestimmten Zusammenhang gewonnen worden sind, und zwar im Rahmen vonSchulmodellversuchen, die weitgehend dem Forschungsparadigma der Praxis­forschung zuzuordnen sind.

Der Begriff der Praxisforschung steht in der deutschsprachigen For­schungslandschaft für eine besondere sozialwissenschaftliche Forschungsstrate­gie. Er knüpft einerseits an die Handlungs- und Aktionsforschung der 1970er

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Jahre an und markiert andererseits einen Neubeginn. Mit diesem neuen Begriffwurde seit den 1990er Jahren das Vorhaben eingeleitet, einem Forschungsan­satz, der sich unmittelbar auf Problembereiche der Praxis bezieht und diese mitdem Ziel ihrer Verbesserung bearbeiten will, wissenschaftliche Akzeptanz zuverschaffen (Hollenbach/Tillmann 2009). Es geht somit darum, diese Form derForschung als "eine Variante des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns" (ebd.:13) im deutschsprachigen wissenschaftlichen Kontext zu etablieren. Dies isteine Entwicklung, die sich im anglo-amerikanischen Wissenschaftsraum bereitsvollzogen hat (Altrichter 2009). Dabei handelt es sich um einen Ansatz jenseitsvon quantitativer und qualitativer Forschung (ebd.). Im anglo-amerikanischenRaum werden unter dem Begriff "practitioner research" verschiedene Zugängesubsumiert, die je nach Ausrichtung bzw. Schwerpunktsetzung zum Ziel haben,die Praxis besser zu verstehen, sie zu verändern, spezifische Fragen der For­schung zu beantworten und ihre Ergebnisse in andere Kontexte zu transferieren(ZeichnerlNoftke 2002). In der nationalen und internationalen Forschungsland­schaft werden gegenwärtig unterschiedliche Diskurse zur Handlungsforschunggeführt. Beispielsweise gibt es Vertreter (u.a. Kemmis, Australien, siehe ebd.),die die Aktionsforschung als eine Bewegung verstehen, um gesellschaftlicheVerhältnisse von der Basis aus zu demokratisieren. Einige Vertreter sehen indiesem Ansatz die Möglichkeit, über Lehrerfortbildung bildungspolitische Prog­ramme zu entwickeln und umzusetzen (u.a. Messner und Posch 2009, Öster­reich). Andere wiederum modellieren besonders das Verhältnis von Lehrern undForschern, um u.a. die Praxis "bottom up" innerhalb und außerhalb des eigenenSystems zu entwickeln und Beiträge zur erziehungswissenschaftliehen Theorie­bildung zu leisten (u.a. Hollenbach und Tillmann 2009, Deutschland).

Die Erläuterungen zeigen, dass die Zielsetzungen der Ansätze sehr unter­schiedlich sein können. Dennoch weisen sie eine Reihe von gemeinsamenMerkmalen auf, die im Folgenden benannt werden (Klafki 2002: 204, Altrichter2009), wobei nur diejenigen aufgeführt werden, die für die vorliegende Studierelevant sind:

• Praxisforschung strebt die Kooperation bzw. Wechselwirkung zwischenForschern und Praktikern an. Die Praktiker sind beteiligt am Forschungs­prozess, an der Formulierung der Fragestellungen, der Auswahl der Unter­suchungsverfahren und an der Auswertung der Daten.

• Praxisforschung will der mehrdimensionalen Realität, wie sie von Lehrern,Schülern und Eltern im Praxisfeld wahrgenommen wird, möglichst nahekommen.

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• Praxisforschung strebt in der Kooperation mit dem Praxisfeld bereits wäh­rend des Untersuchungsprozesses Veränderungen und Verbesserungen inder Schul- und Unterrichtswirklichkeit an.

• Praxisforschung muss als ein Lernprozess, als ein kommunikativer Selbst­veränderungsprozess aller Beteiligten, auch der Forscher, betrachtet wer­den.

• Praxisforschung muss ihre Resultate so formulieren, dass die Adressatenerkennen können, unter welchen Bedingungen und an welchen Zielsetzun­gen orientiert die Resultate entstanden sind. Sodass die Adressaten ent­scheiden können, ob ihre eigenen Zielsetzungen und die Bedingungen ihrerHandlungssituation gleich oder ähnlich sind und ob oder wieweit Übertra­gungen der Resultate möglich sind.

Mit dieser Beschreibung ist ein idealtypisch konstruierter Pol der Schulfor­schung umrissen. Den anderen Pol bildet die Schulforschung, die traditionellenAnsätzen empirischer Sozialforschung folgt (Klafki 2002). Tatsächlich durchge­fiihrte Schulforschungsprojekte operieren zwischen diesen Polen, wobei zuvermuten ist, dass, wenn es um Transfer von Ergebnissen der Schulforschunggeht, ein Schulforschungsprojekt mehr in Richtung Praxisforschung konzipiertsein muss. So stellt beispielsweise die Bewährung der Innovation in der Praxiseine zentrale Voraussetzung dar, um bei den Adressaten auf Akzeptanz zu sto­ßen.

Die Bedeutung der Praxisforschung für schulische Entwicklungen ist ange­sichts der Ergebnisse internationaler (Cochran-SmithlLythle 1999, Altrichter2009) und auch nationaler Forschung (Hollenbach/Tillmann 2009) nicht mehranzuzweifeln. Dennoch gibt es Forscher (HenkellKeuffer 2005, Nickolaus/Zieg­ler/AbellEccard/Aheimer 2006), die der Praxisforschung keinen eigenen Er­kenntnisgewinn, der Gegenstand eines Transfers sein könnte, zutrauen. Sie for­dern deswegen Praxisforschung mit Wirkungsforschung oder Evaluationsfor­schung zu verknüpfen. Ansonsten würde offen bleiben, ob das Resultat derPraxisforschung messbare und positive Wirkungen auf den unterschiedlichenEbenen von Schule (Lehrer, Schüler, Schule als Organisation, Unterricht) er­zeuge. Es erscheine erforderlich, dass ein bereichsspezifischer Erkenntnisstandum die Wirksamkeit der Umsetzung der ProduktelResultatelInnovationen in derSchule vorliegt, um die Transferwürdigkeit der Innovation nachzuweisen (Ni­ckolaus/Ziegler/AbellEccard/Aheimer 2006: 22). Hieran schließt sich die Über­legung an, welche Schulforschung bzw. welche Kombinationen von unter­schiedlichen Ansätzen der Forschung man braucht, um Verbesserungen auf derEbene der Schulpraxis durch den Transfer von Innovationen zu erreichen. In derSchulmodellversuchsforschung wird die Absicherung der Ergebnisse durch eine

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Begleitforschung der Modellversuche betrieben. Modellversuchsforschung beschreibt somit auch das Verhältnis von Forschung und Praxis. Dies kann bedeu­ten, dass die Praxisforschung eine Begleitforschung (Evaluationsforschung)braucht, um ihre Ergebnisse transferwürdig zu machen. Es ist aber auch denk­bar, dass die Praxisforschung für sich, mit ihrer theoretischen und methodischenFundierung, Ergebnisse erzeugt, die transferfähig und transferwürdig sind. Soist die Selbstevaluation ein zentraler Bestandteil dieser Fundierung.

In der vorliegenden Studie wird eine Einordnung der Innovationen, die Ge­genstand des Transfermodellversuches sind, unter den hier geschilderten Ge­sichtspunkten vorgenommen (siehe Kapitel 3).

2.2 Innovationen, Transfer und Schul- und Unterrichtsentwicklung

Der Begriff der Innovation ist in der Schulentwicklungsforschung nicht eindeu­tig definiert. So werden Begriffe wie Erneuerung, Veränderung, Reform, päda­gogische Entwicklungsarbeit häufig synonym benutzt (z.B. Haenisch 1995,AltrichterlPosch (Hrsg.) 1996, Dalin 1999, Rahm/Mammes/Schratz 2006, Fend2006). Mit Blick auf die Fragestellung der vorliegenden Studie ist auffällig, dasseine Innovation in der deutschsprachigen neueren Schulentwicklungsforschung(seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts) ausschließlich im System selbstgeneriert wird: die Schule bzw. deren Akteure bzw. ein Teil der in Schule be­fmdlichen Akteure erkennen ein Problem und entwickeln ein Konzept zur Bear­beitung dieses Problems. Um diesen Prozess in eine Ordnung zu bringen bzw.ihn zielfiihrend zu steuern, sind der Schule in der Vergangenheit zahlreicheInstrumente angeboten worden, wie beispielsweise Selbstevaluation, Schulprog­ramm und Teamentwicklung. Zudem wird immer wieder die bedeutende Rolleder Schulleitung in diesem Prozess betont. Flankiert wird dieser Prozess durchStandards der Schuladministration, externe Evaluation und Unterstützungssys­terne. Der Begriff der Innovation ist überwiegend positiv belegt, obwohl geradediese selbstgesteuerten Veränderungsprozesse auf den unterschiedlichen EbenenRessourcen innerhalb des Systems einfordern, die nicht zusätzlich eingespeistwerden. So hat die Laborschule Bielefeld (Demmer-Dieckmann 2005) vier Jah­re benötigt, bis der Schulversuch "Jahrgangsmischung" implementiert wurde.Irene Demmer-Dieckmann (2005) betont in diesem Zusammenhang, dass esunwahrscheinlich ist, dass eine Regelschule solche Vorbereitungszeiträume inAnspruch nehmen kann. Ferner sind die Ergebnisse von selbstgesteuerten Ver­änderungsprozessen oftmals nicht positiv zu bewerten bzw. stellt sich im Pro­zess sogar ein Scheitern der Beteiligten ein. Zugleich muss eine Veränderungnicht zwingend bessere Wirkungen auf Seiten der Leistungen der Schüler er-

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zeugen, sofem dies das Ziel der Innovation war. Die Beschreibungen zu Innova­tionen und Innovationsprozessen sind in der deutschsprachigen Schulentwick­lungsforschung abstrakt gefasst. Förderliche und hemmende Faktoren der Im­plementation werden beispielsweise unabhängig von dem Inhalt und der Kom­plexität der Innovation beschrieben. Es ist zu vermuten, dass bei einem umfas­senden Innovationsvorhaben, wie z.B, "Jahrgangsmischung" (Demmer-Dieck­mann 2005) andere Bedingungen der Implementation auftreten als bei einembegrenzteren Vorhaben wie z.B. die Implementation von .Portfolio-Arbeit"(SchwarzIVolkweinIWinter (Hrsg.) 2008) in einem Unterrichtsfach. Die vorlie­gende Studie soll hierzu Aufschlüsse geben. Wird der Begriff der Innovationeiner kritischen Analyse unterzogen, dann erfolgt dies in der Regel vor demHintergrund eines zentralistischen Steuerungsmodells (Rahm 2005: 128):

"Eine zentrale Innovationssteuerung würde ein Wissen über die Ausgangsbedin­gungen einzelner Schulen voraussetzen; standardisierte Lösungen können solcheVoraussetzungen nicht berücksichtigen und sind deshalb zum Scheitern verurteilt.Darüber hinaus übernehmen Schulen in der Regel vorgefertigte Lösungen nicht; siehaben komplexe Wirklichkeiten zu bewältigen und adaptieren von außen zielge­richtet angetragene Innovationen nur bedingt."

Vor dem Hintergrund dieser Einschätzung scheint der Transfer von Ergebnissender Praxisforschung eine Aufgabe zu sein, die keine Aussicht auf Erfolg hat.Klafki (2002: 211) hingegen bezieht sich in seiner Analyse auf die Praxisfor­schung und formuliert zu der Frage des Transfers von Innovationen folgendes:

"Jedes schulnah entwickelte, in einer oder wenigen Klassen oder Schulen durchge­führte Innovationsvorhaben [...] stellt eine komplexe Einheit aus typischen Faktorendar, nämlich generellen Zielsetzungen, generellen Strukturmerkmalen einer Thema­tik, typischen Lernmöglichkeiten und Lernschwierigkeiten von Kindern in einerübergreifend wirksamen historisch-gesellschaftlichen Faktoren, typischen Faktorender Institution Schule, typischer Einstellungen gewisser Elterngruppen usw. einer­seits und jeweils einmaligen Bedingungen und Situationen an der besonderen Schu­le bzw. den besonderen Schulen, in denen ein solches Innovationsprojekt zunächstentwickelt wird, andererseits. Im Hinblick auf die typischen Elemente widersprichtes dem Ansatz einer schulnahen Reformstrategie und praxisorientierter Schulfor­schung keineswegs, Resultate der Innovationsarbeit zu verbreiten."

Angesichts dieser beiden Positionen stellt sich die Frage, wie eine Innovationbeschaffen sein muss, damit sie auf Akzeptanz trifft, sich in das Bestehendeintegrieren lässt sowie generelle Merkmale und Verwirklichungsbedingungenfür die Schulen, die adaptieren, sichtbar werden. Die vorliegende Studie sollhierzu weiterführende Erkenntnisse liefern.

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Bezüglich der "Qualität" der Innovation bringen Reinhold Nickolaus et al.(2006) einen zusätzlichen Aspekt ein: die Absicherung der Wirksamkeit derInnovation durch summative Evaluationen. "Allein die quantitative Zielperspek­tive gelingenden Transfers greift zu kurz, Maßstab muss letztlich die erzielteProzess- und Outputqualität sein." (ebd.: 63) Diese Anforderung sollte bereitsfiir die Entwicklungsphase der Innovation gelten und bildet ein Kriterium fiirderen Transferwürdigkeit. Wird die Praxisforschung mit summativen Evaluati­onsansätzen kombiniert und kommen diese zu einem positiven Ergebnis, ist inder dargelegten Perspektive von Nickolaus et al. (2006) eine Voraussetzung fürdie Transferwürdigkeit der Innovation erfüllt. Die pädagogisch-psychologischeempirische Schulforschung wird dem oben formulierten Anspruch leichter ge­recht werden können. Sie muss sich dann aber im Anschluss an die Gewinnungder Forschungsergebnisse der Praxisforschung annähern, um sich Fragen derImplementation zu stellen und dies, bevor ein Transfer eingeleitet wird (Grä­sel/Parchmann 2004).

Schulentwicklung vollzieht sich im Zusammenspiel von Schulforschung,Schulpraxis und Schuladministration, wobei Letztere erheblichen Einfluss aufdie Innovationsbereitschaft der Schulpraxis hat. Zu vermuten ist, dass Strategienzur Entwicklung des Systems, die unterstützenden Charakter haben, deutlichbesser bei den Adressaten ankommen als Strategien, die kontrollierenden, be­wertenden und diagnostizierenden Charakter haben. Unter analytischen Ge­sichtspunkten ist es somit Erkenntnis fördernd, wenn zur Frage, wie Innovatio­nen ins Schulsystem gelangen, die unterschiedlichen Felder ,Schulpraxis'(Schule und deren Akteure) ,Schuladministration' (Schulaufsicht und Schulpoli­tik) sowie ,Schulforschung' (Schulentwicklungsforschung) unterschieden wer­den (siehe dazu Klafki 2002, Tillmann/Vollstädt (Hrsg.) 2001). Jedes Feld hatseinen eigenen Zugang zu der Fragestellung wie Schule sich entwickeln kann.Am Beispiel der Bildungspolitik des Landes Nordrhein-Westfalen wird dasZusammenspiel der unterschiedlichen Felder verdeutlicht. Darüber hinaus bil­den die erwähnten Einheiten zentrale Komponenten einer Theorie der Schul­entwicklung (Rahm 2005, Holtappeis 2003).

2.2.1 Zugänge der Schuladministration: die Entwicklung von Schule als Steue­rungsproblem

In den 1960er und 1970er Jahren versuchte die Bildungsadministration, bil­dungsökonomisch und bildungssoziologisch begründete Innovationen durchInstrumente und Konzepte zentralstaatlicher Bildungsplanung in das gesamteSchulsystem hineinzutragen.

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Ewald Terhart (2001: 20f.) beschreibt die Vorstellung über das Verhältnis vonBildungsforschung, Bildungsadministration und Bildungspraxis in dieser Zeitmit Blick auf die Entwicklung des Systems pointiert wie folgt:

"Identifizierte Problemlagen im Bildungsbereich werden von der Bildungsfor­schung analysiert; auf der Basis dieser Analysen entsteht ein Wissen, das Lösungenfür die Problemlagen konstruierbar macht. Die Erkenntnisse der Bildungsforschungfließen beratend in den Prozess der politischen Entscheidungsfindung ein. Mehrqualifiziertes Wissen erzeugt bessere politische Entscheidungen. Auf der Basis po­litischer Entscheidungen werden dann (zunächst) Experimentalprogramme durch­geführt, um die Tauglichkeit der getroffenen Entscheidungen bzw. die problemlö­sende Kapazität der installierten Reformen zu überprüfen. Diese wissenschaftlichenbegleiteten und ausgewerteten Experimentalprogramme wiederum führen zu (posi­tiven und negativen) Innovationsentscheidungen im Blick auf das Gesamtsystem.Die in positiv verlaufenen Modellversuchen bewährten Lösungen lassen sich aufdas Gesamtsystem übertragen und führen dort dann ebenfalls zu positiven Wirkun­gen."

Diese Vorgehensweise wurde durch Bewertungen wie ,Bildungskrise', ,Versa­gen des Bildungssystems und der Bildungspolitik' sowie ,Scheitern der Bil­dungsreform' von Wissenschaftlern (z.B. Timmermann 1987) einhellig als nichtproblemadäquat und bei näherer Betrachtung sogar als problemerzeugend ein­gestuft. Kennzeichnend für diese Zeit waren ,äußere Reformversuche' , in denenSteuerungsinstrumente qualitativer und struktureller Bildungsplanung wie neueCurricula und Organisationsformen (z.B. Einführung der Gesamtschule) einge­setzt wurden. Eine Ausnahme bildete - wie bereits mehrfach erwähnt - dasMarburger Grundschulprojekt (KlatkiJScheffer/Koch-Priewe/Stöcker/Husch­ke/Stang u.a. 1982). Mit der Stagnation der Bildungsreform in den 1980er Jah­ren wuchs das Interesse an Forschung, die der Frage nachging, warum die Ge­samtsystemstrategien nicht den erwarteten Erfolg hatten. Analysiert wurde so­mit die Frage nach dem Gelingen bzw. Misslingen des Transfers von Innovatio­nen - dies allerdings innerhalb des Paradigmas einer zentralistischen Einführungvon Innovationen. Angelsächsische Implementationsstudien (Dalin 1973, Ber­man et al 1974, HubermanlMiles 1984, OddenIMarsch 1989, LiebermanlMiller1990, Fullan 1991) kamen zu dem Ergebnis, dass sich die Umsetzung und damitauch der Erfolg von Plänen nicht auf der staatlichen Ebene, sondern auf derEbene von einzelnen Schulen entscheidet.

Mit Zugängen wie "Qualität von Schule" (Rolff 1991) und die "Schule alspädagogische Handlungseinheit" (Fend 1986) erfolgte in den 1980er Jahren einParadigmawechsel in der Vorstellung, wie Innovationen in das System gelangenkönnen. Nun sollte, begründet mit empirischer Schulforschung (z.B. ebd.), die

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einzelne Schu1e die Verantwortung für Leistungssteigerungen übernehmen,wobei sie sich an vorgegebenen Standards zu orientieren hatte. In dieser Sicht­weise entwickelt sich die einzelne Schule aus eigenem Antrieb kontinuierlichweiter (Rahm 2005). Alle Bundesländer sind in ihren bildungspolitischen Pro­grammen mehr oder weniger dieser Erkenntnis gefolgt. Das Stichwort ist indiesem Zusammenhang teilautonome Schule (einen Überblick zu den Ansätzenin den einzelnen Bundesländern gibt Vogel 1998; in NRW ist das Projekt"Selbständige Schule" ein Beispielfür eine ausgeprägte Form von Gestaltungs­spielräumen). Diese Vorstellung hat sich bis heute in unterschiedlichen Ausprä­gungen bildungspolitisch gehalten. Die Instrumente, die Schulen einsetzen sol­len, um sich selbst zu steuern und Qualitätssteigerungen zu erreichen, sind,Schu1programm' und ,Selbstevaluation' . In der Perspektive der vorliegendenStudie stellen diese Instrumente ebenfalls Innovationen dar, die konkrete Vor­haben und deren Entwicklung, Umsetzung und Kontrolle rekursiv miteinanderverknüpfen sollen.

Wie kommen nun konkrete Innovationen ins Spiel, wie etwa das Vorhaben,den naturwissenschaftlichen Unterricht zu entwickeln? Die Schulen setzen sichim Rahmen ihres Schulprogramms Entwicklungsziele, die sich an vorgegebenenStandards orientieren und welche dann umgesetzt die Innovationen sein sollen.Mit der Selbstevaluation wird einerseits ermittelt, welche innerschu1ischenProblembereiche als zu bearbeitende Zielsetzungen vorrangig behandelt werdensollen. Andererseits wird dieses Verfahren eingesetzt, um zu überprüfen, ob dieZiele auch erreicht werden. Dabei ist es auch denkbar, dass Schulen sich eineInnovation von außen holen oder/und als Projektschulen an Forschungspro­grammen teilnehmen. Dieser Prozess ist selbstverständlich nicht trivial. DieSchu1forschung hat beispielsweise mit dem Forschungsansatz der Fallanalysenviele Beiträge zu den Bedingungen und Problemfeldern von Innovationsprozes­sen durch die theoriegeleitete Rekonstruktion von Schulentwicklungsverläufengeleistet (Demmer-Dieckmann 2005, Biermann 2007, Horstkemper/Tillmann2003, Hameyer 1995, einen Überblick gibt Horstkemper/Tillmann 2003). Zurtheoretischen Erklärung von schu1ischen Veränderungsprozessen als organisa­tionalem Wandel wurden von den Schulforschem (z.B. Rolff 1991, Rahm 2005)organisations- und systemtheoretische Ansätze (z.B. Weick 1985, Agyris/Schön1996, Willke 1993, 1994) herangezogen und auf die Schule als Organisationund als soziales System übertragen. Mit Blick auf die Erkenntnisse dieser An­sätze und die Fragestellung der vorliegenden Studie ist in diesem Zusammen­hang von Bedeutung, dass Schulen sich als autonome und selbstreferentielloperierende Organisationen nur sehr selektiv mit ihrer Umwelt auseinanderset­zen. Für das hier zentrale Problem des Transfers bedeutet dies, Veränderungenvon Schule nur als Selbstanpassung möglich sind und einen internen Prozess des

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,sense-making' (Weick 1985) voraussetzen. Entsprechend erscheint eine externeDetermination von schulinterner Strukturen und Prozessen ausgeschlossen. DerSteuerungsanspruch wird aber nicht vollständig aufgegeben, sondern in denoben genannten Ansätzen als .Anleitung zur Selbststeuerung' defmiert. Sie sollOrganisation bzw. Schulen dazu veranlassen, ihre Selbststeuerung in einemerweiterten Kontext zu leisten und ihr Problemlösungs- und Problemmanage­mentverhalten zu verbessern. Die hier skizzierten Erkenntnisse beinhalten Kon­sequenzen für den Transfer von Innovationen in die Praxis. Sie werden beson­ders durch zwei Hypothesen von Cornelia Gräsel, Michael Jäger und HelmutWillke (2006) auf den Punkt gebracht:

,,Personen und Organisation [... ] operieren primär selbstreferentiell. Dies ist Be­dingung ihrer Identität und Autonomie und deshalb keine pathologische oder dest­ruktive Eigenschaft. Nur unter besonderen Bedingungen ("gute Gründe") werdensie externe Anregungen positiv aufgreifen." (ebd.: 453) (Herv. im Original)

"Im Gegensatz zu Trivialsystemen bauen kommunizierende komplexe Systemeeigene kognitive Strukturen, Erwartungsmuster und Identitäten auf, die als Filterund Abwehrmechanismen gegenüber externen Interventionen wirken. GelingenderTransfer setzt Anschluss an die Eigenkomplexität des Zielsystem voraus." (ebd.:457)

Externe Evaluationen können beispielsweise ein Instrument zur Anleitung zurSelbststeuerung sein. Bezogen auf die Schuladministration sollen Evaluationendas Erreichen der Standards kontrollieren. An diesem anspruchsvollen Auftrag(Dubs 2005) scheiterten aus unterschiedlichen Gründen nicht nur viele Akteurein Schulen, sondern auch die Inspektoren der externen Evaluation.

Etwa seit 2000 geraten die Ansätze der Bildungsadministration zur Ent­wicklung von Schule, die aus einer Kombination von Selbst- und Fremdsteue­rung von Schule bestehen, zunehmend in die Kritik (z.B. Journal für Schulent­wicklung 2004: Evaluation zwischen Anspruch und Wirklichkeit). Die Effektedurch Selbst- und Fremdevaluation sowie Schulprogrammarbeit haben sichnicht in der erwarteten Form eingestellt (siehe dazu Koch-Priewe 2000 oderBos/Holtappels/Rösner 2006). Vor diesem Hintergrund werden Ansätze wieregionale Bildungsbüros, Netzwerke etc. zur Entwicklung von Schulen zuneh­mend in den Blick genommen (BerkemeyerlPfeiffer 2006, Zymek/Sikors­kilFrankelRagutt/Jakubik 2006, Journal für Schulentwicklung 2005: Schulent­wicklung in der Region). Diese neuere Entwicklung steht allerdings noch amAnfang. Die Tragfähigkeit und Wirksamkeit solcher Ansätze wurde bisher em­pirisch kaum erfasst. Eine Ausnahme bildet die Darstellung der Ergebnisse derBegleitforschung des nordrhein-westfälischen Modellvorhabens "SelbständigeSchule" (HoltappelslKlemmJRolff2008). Dort wird "eine gelingende Regionali-

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sierung als notwendige Bedingung einzelschulischer Weiterentwicklung inter­pretiert" (LehmpfuhllPfeiffer 2008: 195). Es wurden Gelingensbedingungen wie"zuverlässig und gut erreichbare, als hilfreich erlebte Unterstützung" oder "Ein­richtung einer Vermittlungs- und Serviceagentur quer zu bestehenden Struktu­ren" ermittelt. Diese Aufgaben wurden vor allem durch die regionalen Bil­dungsbüros realisiert. Vor dem Hintergrund, dass die Regionalisierung einzel­schulische qualitative Entwicklungen stützen sollte, ist es ein ebenso wesentli­ches wie bedenkliches Ergebnis der Studie (HoltappelslKlemmJRolff 2008),dass die Schulen und ihre Akteure Regionalisierungsprozesse nicht in der erwar­teten Form wahrgenommen haben (ebd.).Eine Regionalisierung von Bildung, Erziehung und Beratung im Sinne vonNetzwerkbildung und Kooperation soll (ebd.)

• die Öffnung von Schule im sozialen Umfeld ermöglichen,• den Informationsaustausch zwischen Schulen und anderen pädagogischen

Akteuren sichern,• übergreifende regionale - und nicht nur rein pädagogische Initiativen und

Projekte ermöglichen,• Qualitätssicherung unterstützen und• individuelle Programmentwicklung bei gleichzeitiger Sicherung eines um­

fassenden regionalen Bildungsangebotes erleichtern.

Die vorliegende Studie nimmt den Aspekt der regionalen Vernetzung als In­strument zur qualitativen Entwicklung von Schule in der Modellvorstellung auf(siehe dazu Kapitel 2.2.2), wobei als Regionen überwiegend Kreise und kreis­freie Städte gelten. Da der vorliegende Modellversuch im Bereich des Über­gangs von der Schule in den Beruf bzw. in das Studium angesiedelt ist und da­mit ein Zusammenspiel von abgebenden und aufnehmenden Systemen des Bil­dungs- und Beschäftigungssystem voraussetzt, wird erwartet, dass die regionaleNetzwerkbildung eine zentrale Voraussetzung für den schulintemen Entwick­lungsprozess im Bereich der Berufs- und Studienorientierung darstellt.

Weniger unter dem Aspekt der Regionalisierung als der Netzwerkbildungliegen Studien zu Wirkungen von Schulnetzwerken vor. Kathrin Dedering(2007) zeigt in ihrer Studie, dass Netzwerke Impulse geben und helfen, die ei­gene schulische Arbeit zu reflektieren. Ob diese Wirkungen sich entfalten, hängtallerdings von den bestehenden Merkmalen der Organisationskultur der Schuleim Netzwerk ab. Die in dieser Studie beschriebenen Netzwerke haben das Ziel,die Qualität der Einzelschule zu entwickeln. Sie übernehmen unterstützendeFunktionen. Es geht also nicht um den Transfer von innovativen Konzepten.Christian Ostermeier (2004) beschreibt ebenfalls die Bedeutung von Netzwer-

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ken für die Qualitätsentwicklung von Schulen. Hierbei geht es um das Prog­ramm "Sinus". Allerdings beziehen sich die gewonnenen Erkenntnisse auf dieEntwicklungs-, Erprobungs- und Evaluationsphase des Programms. D. h. dieBedeutung des Netzwerkes für den Transfer von innovativen Konzepten wirdvon Christian Ostermeier (ebd.) nicht thematisiert.

2.2.2 Zugänge der Bildungsforschung: Schulentwicklungsforschung und Lehr­Lernforschung

Der Wandel von der Entwicklung des Gesamtsystems zur Entwicklung der Ein­zelschule machte sich auch in der Ausrichtung der Bildungsforschung bemerk­bar. So befasste sich in den 1980er Jahren die Schulentwicklungsforschung mitder Qualität von einzelnen Schulen und lieferte Listen von Kriterien, die ,gute'Schule ausmachen und definierte diese Kriterien zugleich als Entwicklungszielefür die Schulen, die noch nicht ,gut' sind (exemplarisch Fend 1986, Purkey/Smith 1990, Lightfoot 1983, SteffenslBargel 1993). Dieser Ansatz wurde da­hingehend kritisiert (siehe dazu Rolff 1991), dass empirische Forschungen überKriterien ,guter' Schulen Zielklärungsprozesse einzelner Schulen nicht ersetzenkönnen. Sie würden den Schulen durch statistische Prozeduren gewonneneDurchschnittswerte ansinnen, die auf die einzelne Schule weder zutreffen, nochvon ihr akzeptiert werden. Ein gelungener Beitrag des Forschungsbereichs be­stand darin, für Entwicklungsziele sensibilisiert zu haben. Zu der Zeit fehltenAnsätze in diesem Bereich, die Maßnahmen beschreiben, die dazu fiihren, dassdie Ziele erreicht werden. Vor diesem Hintergrund wurden seit den 1990er Jah­ren die Ergebnisse der Schulqualitätsforschung zunehmend mit Ansätzen derprozessualen Entwicklung von Schulen in Verbindung gebracht (Altrichter1995, Melzer 1997, Holtappeis 1995, Dalin 1999). Die Leistungsfähigkeit desSchulsystems zu erhöhen, bedeutet in dieser Sichtweise, Instrumente und Ver­fahren bereitzustellen, die den Prozess der einzelschulischen Entwicklung un­terstützen. Die Schulentwicklungsberatung stellt in diesem ZusammenhangInstrumente wie Schulprogrammentwicklung, Verfahren interner und externerEvaluation sowie Modelle der Praxisforschung zur Verfiigung (Rahm 2005).Schulentwicklungsforschung untersucht vor diesem Hintergrund die Wirksam­keit unterschiedlicher InstrumentelMethoden zur (Selbst-)Entwicklung vonSchule bei unterschiedlichen Akteuren, wie Schüler, Lehrer etc.

Aufgrund der Erkenntnis, dass die Entwicklung von Schule über die ein­zelne Schule erfolgt und nicht über zentralistische Steuerungsstrategien (sieheKapitel 2.2.1), beschäftigt sich die neuere deutschsprachige Schulentwicklungs­forschung nur marginal mit externem Transfer. In der Sichtweise dieser For-

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schungsausrichtung werden Entwicklungsziele innerschulisch im Diskurs ge­wonnen und dann systematisch abgearbeitet. Die Forschung ermittelt vor die­sem Hintergrund schulinterne und schulexterne Faktoren, die diesen Prozessbegünstigen bzw. verhindern.

In der vorliegenden Studie wird die Auffassung vertreten, dass mit dieserVorgehensweise Innovationspotenziale verschenkt werden. Michael Fullan(2001) sieht im Transfer von Innovationen einen Motor der Schulentwicklung.In seiner Sichtweise sollten folgende Voraussetzungen gegeben sein:

• qualitativ gute Innovationen,• Kenntnis der Schulen über die Innovation,• Befürwortung der Innovation durch die Bildungsadministration und die

Schulleitung,• Bedingungen, die es Lehrern ermöglichen, die Innovationen umzusetzen

und• externe Berater, die den Implementationsprozess unterstützen.

Die Innovation kann somit von anderen entwickelt, getestet und kritisch beur­teilt sein. Die Möglichkeit, dass Schulen von anderen Schulen eine Innovationübernehmen, bezeichnet Per Dalin (1998) als unwahrscheinlich. Er bleibt aller­dings in seiner Begründung hinter den Möglichkeiten dieses Ansatzes zurück,weil er als Innovationsgeber nur die Bildungsadministration sieht und zugleichdem Steuerungsparadigma der 1970er Jahre folgt (siehe Kapitel 2.2.1).

In Übereinstimmung mit der Schulentwicklungsforschung stellt Fullan(2001) dar, dass es sich beim Transfer von Innovationen um einen Schul­entwicklungsprozess handelt, der sich durch drei Phasen kennzeichnet:

• Phase 1: Initiierung: Am Ende dieser Phase fällt die Entscheidung, ob eineInnovation eingeführt wird.

• Phase 2: Implementierung: In dieser Phase des Prozesses befinden sich dieSchillen in der Einführung und Umsetzung der Innovation. Sie sammelnerste Erfahrung mit der Innovation in der Praxis. Bemerkenswert ist, dassFullan (ebd.) für diese Phase einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren vor­sieht (Fullan 2001: 50).

• Phase 3: Institutionalisierung: In dieser Phase wird das pädagogische Kon­zept, welches mit der Einführung und Umsetzung der Innovation verbun­den ist, zum festen Bestandteil des gesamtschulischen Konzeptes. Der da­mit verbundene Prozess wird zur Routine.

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In jeder dieser Phasen wirken unterschiedliche Faktoren auf den Prozess. DiesePhasen werden in der vorliegenden Studie als Bezugsrahmen zur Analyse desDatenmaterials genutzt. Fullan (2001) betont in diesem Zusammenhang, dassdie Innovation aus dem System selbst generiert werden kann. Sie kann aberauch von außen kommen.

Die deutschsprachige Schulentwicklungsforschung kennzeichnet, dass dieEbene des Unterrichts deutlich weniger untersucht worden ist (Huber/Hameyer2000). Dies leistet u.a, die Lehr-Lernforschung, ohne dass beide Forschungsfel­der systematisch miteinander verknüpft werden. Ein Ziel dieser Forschungsaus­richtung ist es, dass ihre Erkenntnisse einen Beitrag zur Entwicklung des Unter­richts leisten. Diese überwiegend empirisch-analytische Forschungsausrichtungbeinhaltet vor dem Hintergrund der Fragestellung dieser Studie das Problem,dass nicht die erfolgreiche Umsetzung der Ergebnisse in der Praxis im Vorder­grund des Forschungsvorhabens steht, sondern die Überprüfung von Bedin­gungskonstellationen in Wirkungsanalysen. So halten Forschungsdesigns derVorhaben empirisch analytischen Kriterien stand, aber nicht der Frage, wiederen Ergebnisse in die schulische Praxis Eingang finden können. Gräsel/Parch­mann (2004) sprechen in diesem Zusammenhang von .Jmplementationsfor­schung als Desiderat der Unterrichtsforschung". Dennoch ist es gerade dieserForschungsbereich, der die Möglichkeit der Nutzung der Forschungsergebnissefür die schulische Praxis zunehmend als Aufgabe auch der Forschung auffasst.Beispiele hierfür sind

• das Programm "Sinus-Transfer" (http://sinus-transfer.uni-bayreuth.del),• das Programm "Transfer-21" (http://www.transfer-21.del) und• das Projekt "Chemie im Kontext" (Demuth et al. 2008).

Im Folgenden werden Studien zum Transfer mit Blick auf deren Beitrag zu denKonzepten ,Innovation, ,SchulberatunglUnterstützung', ,Netzwerk' und ,Schul­entwicklungsprozess' analysiert. Hierbei werden nur Ergebnisse zusammenge­fasst, die sich auf den Transfer an andere Schulen beziehen (externer Transfer).Zunächst werden die Studien vorgestellt, die im Rahmen der Schulentwick­lungsforschung vorgenommen worden sind (Fullan 2001, Jäger 2004). Danacherfolgt eine Darstellung der Ergebnisse, die der Unterrichtsforschung zuzuord­nen sind (Demuth et al. 2008, FußangellGräsel 2008, Krebs 2008, Krebs/Prenzel2007, Prenzel (Hrsg.) 2009, Ostermeier 2009).

Fullan (2001) legt ein differenziertes Modell zum Transfer von Innovatio­nen vor, welches in der vorliegenden Studie als Orientierungsrahmen genutztund mit der Praxisforschung verknüpft wird (siehe Kapitel 7).

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Besonders hilfreich ist die Unterscheidung des Schulentwicklungsprozesses indie Phasen Initiierung, Implementierung und Institutionalisierung und die Be­schreibung des Einflusses der schulintemen und schulexternen Faktoren in Ab­hängigkeit von diesen Phasen. Ein Produkt bezeichnet Fullan (2001) als trans­ferfähig, wenn

• ein Bedarf für die Innovation besteht und eine hohe Priorität der Einfüh­rung vorliegt;

• die Ziele und der Inhalt der Innovation sich klar vermitteln.

Zudem weist er darauf hin, dass - je komplexer eine Innovation - desto weitreichender der Reformprozess und desto höher die Implementationshürde ist.Bezogen auf das schulinterne und -externe Umfeld einer Schule sind für denSchulentwicklungsprozess förderliche Faktoren

• die Veränderungsbereitschaft der Lehrer;• die Unterstützung durch die Schulleitung;• die Form der Zusammenarbeit im Kollegium;• die Unterstützung des Vorhabens durch Schulberatung.

In Jägers (2004) empirisch-analytischen Studie geht es um Transfer im Sinnevon Verstetigung (zeitliche Wirksamkeit): die Implementation von Schulent­wicklungsprogrammen. Angesicht des Schwerpunktes der vorliegenden Studie,der bei externem Transfer liegt, sollen hier nicht im Detail alle förderlichen undhemmenden Faktoren der Verstetigung aufgeführt werden. Theoretische Ergeb­nisse zu Voraussetzungen externen Transfers, die Jäger (2004) aus den empiri­schen Ergebnissen zum internen Transfer ableitet, sind folgende:

• Das Eingangstor für externen Transfer kann ein einzelner Lehrer sein. ZumTransfer kommt es aber nur, wenn das Kollegium die Einführung und Um­setzung der Innovation mit trägt.

• Es muss Unterstützungssysteme geben.

Zum Projekt "Chemie im Kontext" liegen unterschiedliche Studien zum exter­nen Transfer vor, die im Folgenden erläutert werden. Demuth et al. (2008) un­tersucht mit einem empirisch-analytischen Forschungsdesign die Kooperationder beteiligten Lehrer sowie deren Motivation. Er formuliert folgende Bedin­gungen, die die Innovation erfüllen sollte, bevor sie durch das Instrument derLehrerkooperation, transferiert wird:

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• Die Unterrichtskonzeption ist abgleitet aus der Lehr-Lernforschung und inintensiver und systematischer Auseinandersetzung mit Lehrern weiter ent­wickelt worden.

• Die Konzeption lässt durch ein Baukastensystem Freiräume der Ausgestal­tung und sichert damit die Anbindung an das Bestehende ab.

• Es gibt ein Implementationskonzept für die kooperative Planung von Un­terrichtseinheiten.

• Lehrer müssen die Innovation als persönlich bedeutsam erleben.

Zusammenfassend kommt er auf der Grundlage seiner Forschungsergebnisse zudem Schluss, dass Kooperationsstrukturen den Transfer von Innovationen för­dern.

FußangeIJGräsel (2008) untersuchen die Kooperationserfahrungen vonLehrern und die Effekte auf der Ebene des Unterrichts durch den Transfer. Derexterne Transfer wird durch Netzwerke in Form von Professionellen Lemge­meinschaften betrieben. Erfahrene Lehrer, bezogen auf Unterrichtsentwicklungund Organisation der Netzwerke, aus der ersten Projektphase haben in derTransferphase Netzwerke geleitet. Darüber hinaus konnten sich die neuen Leh­rer bereits durch vorliegendes Material in die Thematik einfinden. Sie nennenfolgende positive Punkte der Zusammenarbeit in den Netzwerken, die sich ausder Auswertung aus Interviews ergeben haben:

• der fachliche Austausch,• die gemeinsame Vorbereitung des Unterrichts,• die Abstimmung des Unterrichtshandelns,• die Arbeitsentlastung und die emotionale Entlastung sowie• die Erleichterung bei der Durchführung fächerübergreifenden Unterrichts.

Ein negativer Punkt wird auch durch die Lehrer genannt: Die Organisation derKooperation wird als unökonomisch beschrieben. Effekte wurden aus der Sichtder Lehrer und der Schüler erfasst. Die Effekte der ersten Projektphase wurdenmit Effekten der Transferphase verglichen. Insgesamt haben sich die erwartetenEffekte eingestellt.

Das Programm "Sinus-Transfer" (Prenzel (Hrsg.) 2009) ist ein Beispiel fürdie Erfordernis unterschiedliche Forschungsansätze miteinander zu kombinie­ren, um sowohl die Transferwürdigkeit als auch die Transferfähigkeit von For­schungsergebnissen herzustellen. Zunächst wurden auf der Basis der Erkennt­nisse der empirisch-analytischen Lehr-Lemforschung Module zur Weiterent­wicklung des mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts entwickelt.Diese Module wurden dann mit Schulen erprobt, evaluiert und verbessert. Die-

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ser Ansatz ist eher der Praxisforschung zuzuordnen. Im Anschluss daran wurdendiese Ergebnisse an weitere Schulen herangetragen, die die Module implemen­tieren sollten. Hierbei bestimmte ein Transferkonzept die Vorgehensweise. Zu­dem gab es eine begleitende Evaluation (z, B. Ostermeier 2009). Es ist zu ver­muten, dass die Nutzung unterschiedlicher Forschungsstrategien in einem For­schungsprogramm zum einen aus der Erkenntnis heraus entstanden ist, dassForschungsergebnisse selten durch ihre Publikation Eingang in die schulischePraxis halten. Zum anderen scheinen während der Durchführung der Praxisfor­schung weitere Erkenntnisse gewonnen worden sein, die :für eine gelungeneImplementation der Module von Bedeutung waren.

Bezogen auf die zentralen Konzepte der vorliegenden Studie sind folgendeErkenntnisse relevant (Krebs 2008, KrebslPrenzel 2007):

• Der Nutzen der Innovation sollte für den Adressaten erkennbar sein.• Zu Beginn eines Veränderungsprozesses brauchen Lehrer mehr Unterstüt­

zung als in einer späteren Phase des Implementierungsprozesses.• Arbeitsgruppen können eine zielbezogene, kooperative Unterrichtsentwick­

lung fördern.

Mit Blick auf die Schulentwicklungsforschung liefert Fullan (2001) umfassendeErkenntnisse zum externen Transfer von Modellversuchsergebnissen, die imRahmen der vorliegenden Studi e als Orientierungsrahmen genutzt werden. Diedeutschsprachige Implementationsforschung, wie sie zum Beispiel von Dalin(1999) und Rolff (2007) vertreten wird, lehnt einen Transfer ,externer' Konzep­te ab und sieht in dem Ansatz von Fullan (2001) dementsprechend keine Reali­sierungschancen. In der Sichtweise von Dalin (1999) und Rolff (2007) ist eineInnovation ein positives Resultat eines Dialogs zwischen internen Bedürfnissenund von außen kommenden Forderungen. Jäger (2004) führt aus der Sicht derImplementationsforschung die verschiedenen Transferformen (siehe auch Ta­belle 3) theoretisch ein. Empirisch befasst er sich aber nur mit der schwächstenForm von Transfer: der Verstetigung am Ort der Innovationsentwicklung und-erprobung. In der Lehr-Lernforschung sind Ansätze zur Erforschung von för­derlichen und hemmenden Bedingungen des Transfers vorhanden. Durch empi­risch-analytischen Zugang dieser Studien werden aber nur ausgewählte und vorallem sehr wenige Aspekte in den Blick genommen (z.B. die Bedeutung vonLehrerkooperationen zur Entwicklung des Unterrichts). Inka Bormann (2009)kritisiert in diesem Zusammenhang die .Pfadabhängigkeit" der vorliegendenwissenschaftlichen Analysen zum Transfer. Das Forschungsdefizit könnte nichtdeutlicher zu Tage treten.

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2.2.3 Das Zusammenspiel von Schuladministration und Schulforschung amBeispiel der Schulpolitik des Landes Nordrhein-Westfalen seit den1990er Jahren

In diesem Kapitel wird das Zusammenspiel von Bildungsadministration, Bil­dungsforschung und Bildungspraxis am Beispiel des Landes NRW beschrieben,in dem der Modellversuch ,Berufsorientierung im Verbund ' hauptsächlichdurchgeführt wurde. Ziel ist es, den theoretischen Bezugsrahmen zur Konzepti­on des Modellversuchs und zur Auswertung des Datenmaterials zu erweitern. Ineiner historischen Betrachtungsweise wurde die Entwicklung von Schule inNRW über unterschiedliche Steuerungsmodelle vorangetrieben (siehe Kapitel2.2.1). Das jetzt gültige Steuerungsmodell kann als eine Kombination vonSelbst- und Fremdsteuerung von Schule beschrieben werden (siehe Abbildung2). Der Paradigmawechsel im Steuerungsverständnis des Landes NRW erfolgtein den 1980er Jahren insbesondere motiviert durch Ergebnisse der Schulent­wicklungsforschung, offensichtliche Schwachstellen im traditionellen Steue­rungssystem und der Finanzmisere der öffentlichen Verwaltung. Die positivenWirkungen des Steuerungswechsels haben sich allerdings nicht in der erwarte­ten Form eingestellt. Das unterdurchschnittliche Abscheiden von NRW beiPISA hat dies deutlich hervorgebracht (http://www.schulministerium.mw.de/BP/Schulsystern/Qualitaetssicherung/PISA/PISA_2003IPISA_E/index.html).

Die nachstehende Abbildung zeigt eine Auswahl zentraler Strategien zurEntwicklung von Schule am Beispiel des Landes NRW.

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Abbildung 2: Das schulpolitische Steuerungsmodell des Landes Nordrhein­Westfalen

1 Strategien zur Qualitätsentwicklung

Verfahren zur Initiierung und Gestaltung des internen Entwick­lungsprozesses, z.B.

-I Selbstevaluation

--I Schulprogramm

-I Personalpolitik und -entwicklung, z.B.

Ausschreibung von Projekten zur Teilnahme, z.B.:• Betrieb und Schule

-. Selbständige Schule• Entwicklung zur Ganztagsschule

Lehrerfortbildung, die sich an den Erfordernissen der Schuleausrichtet und Prozesse begleitet

Interne und externe Verfahren zur Erhebungdes Ist-Zustandes, z.B.

-I Qualitätsanalyse (Fremdevaluation)

--I Lemstandserhebungen

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Alle beschriebenen Elemente können als Instrumente zur Entwicklung des nord­rhein-westfälischen Schulsystems bezeichnet werden (siehe dazu auch Huber1999). Im Folgenden werden diese Strategien erläutert und vor dem Hintergrunddes Beitrags zur Entwicklung des Systems und zur Fragestellung der vorliegen­den Studie diskutiert:

Die Ausschreibungen von Projekten des Ministeriumsfür Schule und Wei­terbildung des Landes NRW leisten einen hohen Beitrag zur Entwicklung desSchulsystems. Dies gilt allerdings zunächst nur :für die beteiligten Schulen. Hierkann ein Transferproblem antizipiert werden. Die Projekte haben einen ausgep­rägten Praxisforschungscharakter: sie kennzeichnen sich durch Feldnähe, durchaufgenommene Fragestellungen mit Praxisrelevanz sowie durch die Absicht, mitder begleitenden Forschung zur Weiterentwicklung des untersuchten Feldesbeizutragen. Die Teilnahme für Schulen ist freiwillig und wird oftmals an einBewerbungsverfahren geknüpft. In der Regel erhalten Schulen zusätzliche Res­sourcen, um das Vorhaben zu realisieren. Dies sind beispielsweise Lehrerstun­den und vor allem externe Unterstützung. Die Ausschreibungen sind meistens inForm von Projekten organisiert und haben damit eine begrenzte Laufzeit. DasProblem liegt auf der Hand: es :führt nur bei einer ausgewählten Anzahl vonSchulen zu Entwicklungen. So sind an dem Projekt "Selbstständige Schule" 278Schillen von etwa 7000 Schulen in Nordrhein-Westfalen beteiligt (http://www.­bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/bstJhs.xsl/prj_88751.htm). Weitere Bei­spiele für Ausschreibungen sind: ,Berufsorientierung im Verbund' (Beobach­tungsfeld dieser Studie), ,,Betrieb und Schule (BUS)" (http://www.schulminis­terium.nrw.deIBP/SchulsystemlProjekteIBUS/index.html) und "Entwicklung zurGanztagsschule" (http://www.schulministerium.nrw.deIBP/Schulsystem/Ganz­tagsbetreuung/InfoGTGS/index.html). In der Modellversuchsforschung werdensolche Projekte zudem als "eine nicht ganz billige Form der Lehrerfortbildung"bezeichnet (Fischer 2001: 91). Ein zentrales Kennzeichen dieser Fortbildungenist, dass sie sich konsequent an organisationalen Erfordernissen und nicht anindividuellen Fortbildungsbedürfnissen ausrichten. Mit den Ausschreibungenbetreibt die Bildungspolitik Schulversuche, die zum Teil wissenschaftlich be­gleitet werden (z.B. Holtappels/Klemm/Rolff 2008). Die dann stattfindendeBildungsforschung handelt im politischen Auftrag. Eine kritische Analyse zudieser Kooperationsform haben Witlof Vollstädt und Klaus Jürgen Tillmann(Hrsg., 2001) vorgelegt. In der Schulentwicklungsforschung wird diskutiert, obdurch die erweiterten Gestaltungsfreiräume :für Schule zu große Unterschiedezwischen den Schulen entstehen, womit nicht mehr gewährleistet wäre, dass alleKinder und Jugendlichen eine gleichwertige Bildung erhalten. Große Unter­schiede zwischen den Schulen entwickeln sich auch durch die Teilnahme ansolchen Projekten, die in der Regel auf wenige Schillen begrenzt sind und die

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eine erhebliche Professionalisierung der Lehrer der beteiligten Schulen nachsich ziehen (Euler 2001). Da sich solche Projekte über den Erfolg legitimieren,werden vermutlich im Auswahlprozess der interessierten Schulen solche ge­wählt, denen unterstellt wird, dass sie das Potenzial haben, die Veränderungs­prozesse mit zu tragen. Es gibt zudem Hinweise dafür, dass sich immer wiederdieselben Schulen um solche Projekte bewerben. So ist auffällig, dass bei­spielsweise auf Tagungen, bei denen Good-Practice-Beispiele vorgestellt wer­den, häufig dieselben Lehrer aktiv sind. Mit Blick auf die Fragestellung dervorliegenden Studie ist hervorzuheben, dass Unterstützungsleistungen - organi­siert in Projekten - offensichtlich zu Qualitätssteigerungen führen. Solangediese Unterstützungsleistungen nicht zum strukturbildenden Merkmal der Bil­dungspolitik und -planung werden, können davon aber nur wenige Schulen unddamit Kinder und Jugendliche profitieren.

Die Schulen sollen sich im Rahmen ihrer Schulprogrammarbeit Entwick­lungsziele setzen, die nach und nach umgesetzt werden. Dies soll zu einer posi­tiven Entwicklung der Schule führen. Eine schulinterne Evaluation soll denAusgangspunkt der Entwicklungen bestimmen und überprüfen, ob die Zieleerreicht wurden; ggf. wird nachgesteuert. Die Qualitätsanalyse seitens derSchulaufsicht bringt die externe Sicht in den Entwicklungsprozess ein. StephanGerhard Huber (1999: 10) formuliert eine Einschätzung des Beitrags der In­strumente zur Qualitätsentwicklung von Schulen wie folgt:

.Zur Erfüllung der Rechenschaftspflicht ist die Methode der Selbstevaluation zu"weich" und für eine Verbesserung kann sie nur der erste Schritt sein. Externe Eva­luation erfüllt mit Sicherheit den Aspekt einer "härteren" Überprüfung und Bewer­tung. Gibt sie jedoch nicht die nötigen Hinweise, was genau zu verbessern ist undvor allem WIE dies geschehen kann, ist ihre Brauchbarkeit für eine Qualitätsver­besserung erst recht nicht gegeben" (Herv. im Original).

Die Instrumente Schulprogramm und Selbstevaluation zur Steuerung des inner­schulischen Entwicklungsprozesses haben sich in NRW weitgehend nicht be­währt. So geraten Schulprogramme sowohl von der Bildungspolitik als auch vonSchulen zunehmend in Vergessenheit und Selbstevaluation stellt für viele Schu­len inzwischen nur noch eine Zumutung dar. Durch die nordrhein-westfälischeQualitätsanalyse in ihrer jetzigen Form wird ein externes Kontrollinstrumenteingesetzt, welches den Schwerpunkt auf die Diagnose der Schulsituation legt.Dieser Ansatz setzt voraus, dass Schulen selbständig Problempunkte aufgreifenund bearbeiten. Es ist fraglich, ob die dafiir erforderliche Unterstützung zurVerfiigung gestellt wird. Unter der Fragestellung dieser Arbeit bedeutet dies,dass sie zunächst ein Konzept (eine Innovation) zur Bearbeitung ihres Problemsentwickeln müssen, um dieses Konzept dann innerschulisch umzusetzen (inter-

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ner Transfer, siehe Kapitel 2.3.1). Mit Blick auf Schulentwicklung fokussiertBildungspolitik mit diesen Instrumenten auf die einzelne Schule und deren Leis­tungen. Da die Leistungsfähigkeit dieser Instrumente anzuzweifeln ist (Fend2006), sollten Bildungspolitik und Forschung sich mehr mit den Kapazitäten desUmfelds der Schulen beschäftigen. So vertritt Fu1lan (2000: 15) die These, dass"Schulentwicklung nicht stattfmden wird, solange die Infrastruktur, die Schulenumgibt, nicht signifikant verbessert und koordiniert wird".

Die Verfahren zur Erhebung von Leistungsständen gehen ebenfalls davonaus, dass die Diagnose die innerschulische Entwicklung von Strategien anstößt,die in der Zukunft zu besseren Ergebnissen führen. Auch hier gibt es keine Un­terstützung für Schulen.

Es ist zu beobachten, dass die Bildungspolitik des Landes Nordrhein­Westfalen und weiterer Bundesländer dem Fehlschluss aufsitzen, dass durchgehäufte Diagnosen in den unterschiedlichen Bereichen von Schule (z.B. Lern­standserhebungen, Qualitätsanalyse) die erforderlichen Veränderungsprozessesich aus eigener Kraft einstellen (zur Wirkung von Datenrückmeldungen sieheAltrichter 2010). Eine Frage in diesem Zusammenhang ist, wie viel Diagnoseman braucht, um den Ausgangspunkt für zukünftige Entwicklungen zu bestim­men, um daraus Ziele und Maßnahmen abzuleiten. Bezieht man die Sichtweisevon Lehrern ein, sind die geforderten Diagnosen in Schule oftmals so umfang­reich, dass :für die Veränderungsprozesse keine Ressourcen (Zeit, Motivation,Volition etc.) mehr zur Verfügung stehen. In diesem Zusammenhang scheint essinnvoller zu sein, mehr auf die Bearbeitung von innerschulischen Problemenund angestrebte Ziele zu fokussieren.6

Die Lehrer/ortbildung die sich an den Bedürfnissen der Schule ausrichtet,ist ein Eingangstor :für Innovationen. Hat die Lehrerfortbildung zudem das Ziel,den Einführungs- und Umsetzungsprozess zu begleiten, kann davon ausgegan­gen werden, dass Schulen sich entwickeln. Lehrerfortbildung wird in Nordrhein­Westfalen nur selten so konzipiert. Gegenwärtig liegen folgende Ansätze vor:

6 Es liegt die Vermutung nahe, dass vor allem Bundesländer, die keine Konzepte fiir offensichtlicheProbleme im Schulsystem anbieten oder erarbeiten können oder wollen, sich intensiv mit der Diag­nose des Problems befassen, und zwar so intensiv, dass kein Raum mehr bleibt für die Umsetzungvon Strategien zur Problembearbeitung. Oder ist die Bildungspolitik gar nicht auf der Suche nachKonzepten zur Problembearbeitung? Geht es vielmehr darum, eigene politische Probleme aufzugrei­fen und primär die Beobachtungen bestimmter Publikumsgruppen zu gestalten? Auf ,gut' getesteteSchulen kann man seine Kinder schicken, auf ,mangelhaft' getestete Schulen nicht. Die erheblicheöffentliche Resonanz auf solche Rankings bestimmt das politische Geschehen (Rahm 2005: 174).Einen Beitrag zur Unterstützung von Schulen bei der Bearbeitung ihrer Probleme ist damit abernoch nicht geleistet.

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1. Staatlich organisierte Lehrerfortbildung über die Bezirksregiemngen undSchulämter: Schulexterne Lehrerfortbildung. Hier sind in Nordrhein­Westfalen zurzeit Veränderungen im Gange. Es sollen in 54 Kreisen undkreisfreien Städten, angesiedelt an den Kommunen, so genannte Kompe­tenzteams aufgebaut werden, die jene Schulen fortbilden, die zu den jewei­ligen Kreisen bzw. kreisfreien Städten gehören. Der Erfolg dieser Entwick­lung ist zurzeit nicht abzuschätzen.

2. Vermittlung von Moderatoren für schulinteme Maßnahmen: SchulinterneLehrerfortbildung. Die schulinterne Lehrerfortbildung wird in der Schul­forschung als Schlüssel zur Entwicklung von Schule betrachtet (Hu­ber/Hameyer 2000). Deren Erfolg ist an folgende Faktoren geknüpft: sorg­same und differenzierte Planungsphase unter Beteiligung des Kollegiums,verantwortliche Vorbereitungsgruppe, genau passender Zuschnitt der Fort­bildung für die jeweilige Schule und vor diesem Hintergrund: sorgfaltigeAuswahl der externen Berater. Im Rahmen dieser Studie wird erwartet,dass diese Strategie zur Entwicklung des Systems in der Beratungsarbeithäufig eingesetzt wird.

3. Auf der Ebene der Schule, des Schulamtes, der Bezirksregierung und desMinisterium wird in Nordrhein-Westfalen über Art, Umfang, ThemensteI­lung, Schwerpunkte, Organisation und Durchführung der Lehrerfortbildungentschieden. Die Angebote richten sich aus an den Qualifizierungsbedürf­nissen von Lehrern, den Systembedürfnissen der einzelnen Schulen und anden bildungspolitischen Schwerpunkten der Landesregierung. Dabei solldem Grundsatz gefolgt werden, die Entscheidungen so problemnah wiemöglich anzusiedeln. Dies bedeutet, dass in Nordrhein-Westfalen die ein­zelne Schule über ihre Fortbildungsplanung entscheidet. Die Schule kannsomit - theoretisch gesehen - ein Angebot auswählen, welches von unter­schiedlicher Trägerschaft sein kann. Praktisch ist diese Auswahlmöglich­keit sehr beschränkt, weil der einzelnen Schule zu wenig Mittel zur Verfü­gung stehen, um tatsächlich als Kunde von Beratungsangeboten aufzutre­ten.

Das Problem mit Blick auf die Fragestellung der vorliegenden Studie ist, dasszentrale und dezentrale Aktivitäten seitens der Bildungspolitik zur Entwicklungdes gesamten Systems gleichzeitig durchgeführt werden und sich in ihrer Aus­richtung zum Teil widersprechen. Dies stellt für die schulische Praxis allerdingsden Normalfall dar und bildet den Kontext für innerschulische Entwicklungen(Gräse1JJägerlWillke 2006).

Sibylle Rahm (2005: 172) beschreibt diese Problematik folgendermaßen:"Die Programmatik der Schulentwicklung und die behördliche Normierungs-

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praxis sind nicht kongruent; diese kann schultheoretisch in der Geschichte derSchille begründet werden." Angesichts dieser Situation ist es eine besondereHerausforderung, Schillen dazu zu motivieren, Innovationen zu implementieren.

2.2.4 Zusammenfassung

Ziel war es, aus der Analyse des Forschungsstandes der Schul- und Unterrichts­forschung ein Vorverständnis zum Transfer von Ergebnissen der Praxisfor­schung in Schule zu entwickeln. Das vorläufige Modell soll den theoretischenBezugsrahmen sowohl für die Konzeption des Modellversuchs ,Berufsorientie­rung im Verbund' als auch für die Auswertung des Datenmaterials bilden. Fol­gende Konzepte sind mit Blick auf die Fragestellung der vorliegenden Studieund den Forschungsstand zu nennen:

Innovation/Produkt

Eine Innovation im Sinne der Schulentwicklungsforschung ist (1) eine Idee zuBeginn eines Schulentwicklungsprozesses mit dem Ziel, die Prozess- und Out­putqualität zu erhöhen, (2) das Ergebnis eines Forschungsprozesses und (3) dasErgebnis eines schulintemen Entwicklungsprozesses. Der Forschungsprozesskann sich an unterschiedlichen Forschungsparadigmen ausrichten. Klafki (2002)weist den Ergebnissen der Praxisforschung einen größeren Nutzen für die schu­lische Praxis zu als den Ergebnissen der empirisch-analytischen Forschung.Ferner wird die Position von Rolff (2007) und Dalin (1999) in Zweifel gezogen,dass von Außen kommende Innovationen von Schulen rezipiert werden. In derExpertise von Nickolaus/Gräsel (2006) wird betont, dass die Wirksamkeit derInnovationen durch summative Evaluationen nachgewiesen sein sollte. Fullan(2001) benennt schließlich folgende Bedingungen für einen erfolgreichen Trans­fer von Innovationen:

• Für die Innovation liegt ein Bedarf vor und dieser hat hohe Priorität.• Die Innovation ist klar bezüglich ihrer Ziele und der Vorgehensweise zur

Implementation.• Eine hohe Komplexität der Innovation erschwert den Implementierungs­

prozess.

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Externe Schulberatung

Gemeinsam ist den Ansätzen zur Schulentwicklungsforschung, dass Schulent­wicklung externer Unterstützung bedarf. Weitgehend übereinstimmend ist auchdie Erkenntnis, dass die Schulaufsicht diese Funktion nicht übernehmen kann.Zum einen ist anzuzweifeln, dass jemand der kontrolliert auch beraten sollte.Zum anderen ist fraglich, ob die Kompetenzen und Ressourcen für eine Bera­tung seitens der Schulaufsicht vorliegen. Mit Blick auf ein flächendeckendesAngebot für Schulen werden in der Schulentwicklungsforschung bestehendeStrukturen als nicht ausreichend und nicht zielführend eingestuft. In neuerenAnsätzen sollen regionale Netzwerke zur Entwicklung von Schulen beitragen.Ergebnisse der Transferforschung aus der Lehr-Lernforschung zeigen die Be­deutung von Kooperationen für den Innovationstransfer. Während einige For­scher in schulinternen Lehrerfortbildungen die zentrale Vorgehensweise zurBeratung der Schulen sehen, hat Jäger (2004) in seiner Studie gezeigt, dass dieUnterstützung von Schulen auch über einen einzelnen Lehrer erfolgen kann.Dieser muss allerdings auf schulischen Rückhalt treffen.

Schulentwicklungsprozess

Zentrales Ergebnis der Schulentwicklungsforschung fiir die vorliegende Studieist, dass der Schulentwicklungsprozess sich in drei Phasen unterteilt: Initiierung,Implementierung und Institutionalisierung. Nach Fullan (2001) sind förderlicheund hemmende Bedingungen für Innovationsprozesse in Anhängigkeit vondiesen Phasen zu beschreiben.

Netzwerke

Vorliegende empirische Studien zeigen, dass regionale Netzwerke Schulent­wicklungsprozesse fördern können. Unter welchen Bedingungen dies geschehenkann, wird im Rahmen der vorliegenden Studie untersucht.

2.3 Innovationen, Transfer und ModeUversuchsforschung

In der Modellversuchsforschung liegen die umfangreichsten Ergebnisse zuTransfervoraussetzung, -prozessen und -effekten vor. Dies ist u.a. darauf zu­rückzuführen, dass bereits in den 1970er Jahren sich die Erkenntnis durchgesetzt

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hat, einen Modellversuch nur dann als erfolgreich einzustufen, wenn ein Trans­fer der dort entwickelten Innovationen gelingt. Neuen Schwung hat die Diskus­sion um den Transfer erhalten, als die BLK 1998 von der Einzelprojektförde­rung auf die Programmförderung umgestellt hat (MöhlenbrockJPloghaus 2006).Die vorliegenden wissenschaftlichen Analysen zum Transfer beziehen sichallerdings überwiegend auf den Bereich der beruflichen Bildung in Schille(Schulmodellversuchsforschung) und Betrieb (Wirtschaftsmodellversuche). DieErgebnisse dieses Kapitels werden ebenfalls für die Konzeption des Modellver­suches ,Berufsorientierung im Verbund' herangezogen und bilden auch eineGrundlage für die empirische Analyse. Es werden zunächst die Begriffe Innova­tion, Dissemination, Implementation und Diffusion im Kontext der Modellver­suchsprogramme und -forschung eingeführt und dann unterschiedliche Transfer­formen unterschieden. Im Rahmen der vorliegenden Studie geht es um diestärkste Form des Transfers: den externen Transfer. Im Anschluss daran werdentheoretische Überlegungen sowie empirische und erfahrungsbasierte Erkenn­tnisse zu dieser Form des Transfers aufgeführt. Diese Vorgehensweise soll eineBewertung des Standes der empirischen Forschung zum externen Transfer er­möglichen.

2.3.1 Innovationen und Transferformen

Gegenstand des Transfers sind Innovationen, die in unterschiedlichen Zusam­menhängen entstanden sein können. Wie bereits in vorangegangenen Kapitelnerläutert, wird es im Rahmen der vorliegenden Studie um Innovationen gehen,die Ergebnisse der Praxisforschung darstellen. Im Kontext der Modellversuchs­forschung ist eine Innovation eine Neuerung (Dubs 2005, Haenisch 1994), dieumgesetzt zur Entwicklung des Bildungsbereiches führt. Diese Entwicklung sollpositiv sein, das heißt beispielsweise bezogen auf das Schulsystem soll die Qua­lität schulischer Arbeit bzw. die Leistungsfähigkeit durch die Einführung derInnovation verbessert werden. Innovationen sind mehr als eine Idee, wie einProblem bearbeitet oder ein schulisches Curriculum entwickelt werden kann.Sie umfassen vielmehr ein ausgearbeitetes, erprobtes und bewährtes Konzept fiirdie Bearbeitung von schulischen Problemen oder die erfolgreiche Durchführungeines Entwicklungsauftrages. Transfer ist dann die Anwendung von pädagogi­schen Konzepten, die in einem spezifischen institutionellen und personellenKontext entwickelt und erprobt wurden, auf Problemlagen in ähnlich struktu­rierten Bereichen (in Anlehnung an Euler 2001). Hier ist ein wesentlicher Un­terschied zur Schulentwicklungsforschung zu sehen, die sich mit den Bedingun­gen gelingender Schulentwicklung im Rahmen des Forschungsansatzes der

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Einzelfallstudien befasst (Horstkemper/Tillmann 2003). Diese Studien analy­sierten die Entwicklung einzelner Schulen. Es ging um wissenschaftliche For­schung, die sich an den Problemen und Bedürfnissen einzelner Schulen orien­tiert (ebd.). Dass im Zuge des einzelschulischen Entwicklungsprozesses unddessen Erforschung Ergebnisse entstehen können, die auch für andere Schulenund deren Entwicklungsprozesse von Interesse sein können, wurde nicht mitgedacht. Vor diesem Hintergrund liefert die Modellversuchsforschung, die imVerfahren der Bund-Länder-Kommission:für Bildungsplanung und Forschungs­förderung durchgeführt wurden (siehe Kapitel 2.1) wichtige Erkenntnisse zurBearbeitung der Fragestellungen der vorliegenden Studie.

Folgende Anlässe für die Entstehung von Innovationen lassen sich katego­risieren:

Tabelle 1: Anlässe für die Entstehung von Innovationen

AnlässeEntwicklungszieleoder Problemdruckin den Schillen

Vorgaben (im Sinneeiner Idee) der über­geordneten Instan­zen von SchulenAusschreibungenvon Programmender Bund-Länder­Kommission oderdes einschlägigenBundesministeriumsAufforderungen zurBeteiligung an Mo­dellversuchen dereinzelnen Bundes­länder

BeispielDie berufliche Integration in den ,ersten' Arbeitsmarktgelingt Jugendlichen im Anschluss an die schulischeAusbildung nur noch im Einzelfall. Eine Schule entwi­ckelt ein Konzept, um diesem Problem zu begegnen.Das Konzept .Betrieb und Schule (BUS)" des Ministe­rium fiir Schule und Weiterbildung des Landes NRWlag zunächst nur als Idee vor und wurde dann inner­schulisch nach und nach konzeptionell angereichert.Das Programm ,Schule-WirtschaftlArbeitsleben' hatdie Ziele die Berufsorientierung von Jugendlichen zufördern und das Zusammenspiel der Akteure in derBerufsorientierung zu optimieren. Die in diesem Rah­men geförderten Projekte haben eine Reihe von Innova­tionen entwickelt, erprobt und evaluiert.In dem Projekt "Selbständige Schule" des Landes NRWsollten Schulen durch mehr Handlungsspielräume undEigeninitiative die Qualität des Unterrichts verbessern.Schulen konnten sich um eine Teilnahme bewerben.Von etwa 2800 Schulen in NRW waren 273 am Projektbeteiligt und 383 waren als Korrespondenzschuleninvolviert (http://www.bertelsmannstiftung.de/cps/rde/­xchglbstlhs.xsllprj88751.htm).

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Fortsetzung Tabelle 1: Anlässe :fiir die Entstehung von Innovationen

Anlässe BeispielForschungsinteresse Eltern werden als wichtige Akteure im Berufsorientie-

rungsprozess ihrer Kinder angesehen. Ihre Beteiligungan schulischen Angeboten zur Berufsorientierung ge-lingt aber nur selten. Die Frage ist, woran dies liegt.Ergebnisse zu dieser Forschungsfrage können genutztwerden für die Entwicklung von Konzepten, die dieElternbeteiligung erhöhen.

Bei der Beschreibung der Entstehungsanlässe von Innovationen bleibt offen, mitwelchem Forschungsparadigma deren Entwicklung betrieben wird. Für dieTransferfähigkeit von Innovationen ist dies aber von Bedeutung.

In der Transferforschung der Modellversuchsforschung/ (u.a. Pätzold et al.2002, Pätzold 2003, Nickolaus/Schnurpel 2001, EulerlBerger 1999, Euler/Slo­ane 1998, Fischer 2001, Brönner 2001) werden unterschiedliche Vorgehenswei­sen beschrieben, um Innovationen zu transferieren. Werden Aktivitäten unter­nommen, die dazu führen, dass eine Schule eine Innovation rezipiert, die nichtan ihrer Entwicklung beteiligt war, wird dies als Implementation (Übertragungund Verankerung) bezeichnet. Welche Aktivitäten dies sein sollen, lässt dieTransferforschung in diesem Zusammenhang weitgehend offen. Die vorliegendeStudie leistet zu dieser Frage einen Beitrag. Dissemination meint die Verbrei­tung transferwürdiger und transferfähiger Ergebnisse aus Modellversuchenbeispielsweise durch Netzwerkaktivitäten bzw. forcierte Marketingaktivitäten(Kriegesmann et al. 2006). Allerdings bleiben diese Aktivitäten deutlich hinterder Erwartung zurück, dass als Folge ihrer Ausführung Innovationen implemen­tiert werden (Kriegesmann et al. 2006).8 Dementsprechend wird die Dissemina­tion im Rahmen dieser Studie als nicht weit reichend genug angesehen und desWeiteren nur am Rande behandelt. Ein zentraler Unterschied zwischen den

7 Die nachstehenden Autoren sind dem Forschungsfeld der beruflichen Bildung zuzuordnen. Siewurden in der vorliegenden Studie einbezogen, weil sie sich bereits sehr:früh mit Fragen des Trans­fers auseinandergesetzt haben. Zum Start des Modellversuchs .Berufsorientierung im Verbund' imJahr 2004 waren die Erkenntnisse dieser Forschungsarbeiten zentral für die Konzeptionalisierungdes Modellversuchs.8 Die Begriffe Implementation und Dissemination wurden in dem Forschungsbericht zum MarburgerGrundschulprojekt anders verwendet (Klafki/Scheffer/K.och-Priewe/Stöcker/Huschke/Stang u.a.1982): unter Implementation wurde verstanden, dass der Lehrer, der am Entwicldungsprozess desCurriculums mitgewirkt hat, das Curriculum implementiert hat. Unter Dissemination wurde erfasst,dass ein Lehrer einer anderen Schule das Curriculum adaptiert hat. In diesem Zusammenhang wur­den auch die Begriffe interne und externe Adaptionen genutzt.

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beiden Vorgehensweisen liegt darin, dass die Implementation zum Ziel hat, dasseine Schule eine Innovation adaptiert. Ihr Erfolg misst sich an den Effekten inFolge der ImpIementation. Mit Dissemination hingegen ist die zeitliche undräumliche Verbreitung von Innovationen gemeint. Beispielsweise werden dieInnovationen systematisch dokumentiert, es fmden Tagungen zum Thema stattund bzw. oder es gibt eine intemetgestützte Lemplattform zur Vorstellungen derInnovation. Ob eine Dissemination stattgefunden hat, wird mittels der Aktivitä­ten, die hierfür unternommen worden sind, analysiert. Es erfolgt keine Untersu­chung der Wirkungen dieser Aktivitäten. Diese Unterscheidung ist relevant,weil letztere bereits häufig praktiziert und zum Teil Gegenstand von Forschungwaren, hingegen Aktivitäten zur Implementation eine Ausnahme darstellen undin der Folge kein Gegenstand zur Forschung vorlag", Diffusion ist ein weitererBegriff, der in Zusammenhang mit dem Transfer von Modellversuchsergebnis­sen genannt wird. Diese Vorgehensweise spielt im Rahmen dieser Studie keineRolle, weil mit ihr eine ungesteuerte und zufällige Verbreitung von Modellver­suchsergebnissen gemeint ist (Jäger 2004).

Für eine Einordnung und Bewertung der vorliegenden Forschung ist vonBedeutung, welche Transferform Untersuchungsgegenstand war. NachfolgendeTabelle erläutert die unterschiedlichen Transferformen (in Anlehnung an Euler2001, Jäger 2004).

Tabelle 2: Transferformen

Form BeispielInterner Verstetigung am In der Entwicklungs- und Erprobungspha-Transfer, Innovationsort se eines Modellversuches beteiligt sichinterne eine Schule. Die damit verbundene Um-Adaptionen setzung eines berufsorientierenden Kon-

zeptes wird auch nach dem Ende des Mo-dellversuchs beibehalten.

Transfer in andere Die Einführung eines berufsorientierendenBereiche der glei- Konzeptes erfolgt zunächst nur als Pilot inchen Schule einer Klasse. Nach Auslaufen des Modell-

versuchs wird das Konzept in der ganzenJahrgangsstufe eingeführt.

9 Diese Aussage bezieht sich überwiegend auf Modellversuche, die seit 1998 im Verfahren derBund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsforderung durchgeführt wurden.

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Fortsetzung Tabelle 2: Transferformen

Form BeispielExterner Transfer in andere In einem Modellversuch ist ein berufs-Transfer, Schulen orientierendes Konzept entwickelt worden,externe welches von bisher nicht beteiligten Schu-Adaptionen len rezipiert wird.

Interner Transfer sollte das Ergebnis jeden Modellversuchs sein, wenn sich dieInnovation bewährt hat. Dennoch kann selbst das Erreichen dieser Transferformeine Herausforderung darstellen: wenn nämlich die Verstetigung nur mit zusätz­lichen Ressourcen und unter den Bedingungen des Modellversuchs gelingenwürde. So sind in Schulen zusätzliche Ressourcen nur in Ausnahmefallen zugenerieren. In der Vergangenheit wurden allerdings auch solche konzeptionellenAnsätze im Rahmen von Modellversuchen gefördert, die die Frage der Versteti­gung am Innovationsort offen gelassen haben. Der Transfer einer Innovation inandere Bereiche derselben Institution oder gar in andere Institutionen stellt einenoch größere Herausforderung dar. Der Erfolg eines Modellversuchs ist abervom Gelingen des externen Transfers abhängig (siehe dazu Rauner 2004, Ni­ckolaus 2002a, Nickolaus 2002b, Ewer 2001, Kriegesmann u.a. 2006, Nicko­laus/Gräsel 2006). Vor diesem Hintergrund geht es in der vorliegenden Studienur um externen Transfer.

2.3.2 Theoretische Überlegungen

In diesem Kapitel werden theoretische Überlegungen aufgefiihrt, die Aufschlussdarüber geben sollen, unter welchen Bedingungen ein externer Transfer gelin­gen kann. Die theoretischen Überlegungen beziehen sich mit Blick auf dieKonstruktion der vorliegenden Studie auf das Konzept .Schulentwicklung'.

Zunächst ist in einer erkenntnistheoretischen Sichtweise festzuhalten, dasspädagogische Konzepte (Innovationen) immer nur aus der subjektiven Einschät­zung des Rezipienten relevant oder irrelevant sind. Die subjektive Einschätzungkann nach Nickolaus (1999) und Jäger (2004) folgende Dimensionen annehmen:

• positive Einschätzung der Kompatibilität des pädagogischen Konzeptes mitpersönlichen Werten und Erfahrungen,

• positive Einschätzung des Konzeptes für die eigenen Organisationsziele,• positive Einschätzung der situativen Praktikabilität im eigenen Handlungs­

feld (Komplexität der Innovation) und

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• positive Einschätzung des pädagogischen Konzeptes für individuelle Be­dürfnisse.

Darüber hinaus lässt sich über die kognitiv-konstruktivistische Erkenntnistheo­rie begründen, dass ein externer Transfer sich in einem .Aneignungsprozess"vollzieht (Klafki/SchefferlKoch-Priewe/StöckerlHuschke/Stang u.a. 1982: 365).Pädagogische Konzepte können nicht von einer Organisation auf eine anderekopiert werden. Vielmehr ist ein Auswahl- und Konstruktionsprozess erforder­lich. Die Rezipienten interpretieren das Konzept vor dem Hintergrund ihrersubjektiven Erfahrungen und Kenntnisse. Dies entspricht dem in Kapitel 2.2angesprochenen Prozess des ,sense-making' (Weick 1985). Der Auswahl- undKonstruktionsprozess stellt sich als eigener Lernprozess dar, der selbst gesteuertoder durch beratende Unterstützung von außen durchlaufen werden kann. AlsErgebnis steht eine angepasste oder manchmal - am Produkt gemessene - nichtwieder zu erkennende konzeptionelle Umsetzung. Helmut Fend (2006: 167)fasst diesen Prozess unter dem Begriff der "Rekontextualisierung". Es erfolgteine Transformation des Konzepts anhand "selbstreferentieller Überlegungen",wobei "übergeordnete Handlungsvorgaben reflektiert und auf vorgegebeneHandlungsbedingungen hin transformiert werden".

Einen weiteren Hintergrund für theoretische Überlegungen zum Transferliefern Theorien zur Organisationsentwicklung. So betrachtet auch Nickolaus(1999) die Transferproblematik auf organisationaler Ebene als Organisations­entwicklungsproblematik. Die Implementation einer Innovation, wie sie imRahmen der vorliegenden Studie verstanden wird, soll umgesetzt im Sinne ihrerPhilosophie auf den unterschieden Ebenen der rezipierenden Organisation Ver­änderungen bewirken. Am Beispiel von Schule sind Entwicklungen auf indivi­dueller Ebene, auf der Ebene von Unterricht und auf der Ebene der Schule alsOrganisation intendiert. Damit findet eine Verknüpfung des Transfers von Mo­dellversuchsergebnissen mit der Einleitung von Organisationsentwicklungspro­zessen statt. In diesem Sinne geht es um personale Entwicklung, Beziehungs­und Kommunikationsentwicklung und die Gestaltung von Strukturen. Im Zugedieses Prozesses gehen organisationsbezogene Transfermaßnahmen über dasengere Trans ferziel , beispielsweise der Förderung der Berufsorientierung vonJugendlichen, hinaus (Euler 2001). Die vorliegende Studie befasst sich aus­schließlich mit dem Transferproblem als "Organisationsentwicklungsproblem"(Nickolaus 2003: 142).

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2.3.3 Bisherige Befunde empirischer Forschung

Die anschließende Tabelle zeigt die vorliegenden empirischen Studien zumTransfer von Innovationen aus Modellversuchen. Es werden keine Forschungs­berichte in die Analyse einbezogen, die aus Gründen der Legitimation ihrereigenen Arbeit Auflistungen von Transferaktivitäten enthalten (z.B. Krup­pa/MandllHense 2002). Zur Analyse der vorliegenden Studie ist es von Bedeu­tung, ob die Erkenntnisse aus der Untersuchung von Modellversuchen, derenSchwerpunkt auf der Entwicklung und Erprobung der Innovation lag, oder ausTransfermodellversuchen gewonnen worden sind. Es ist zu erwarten, dass Er­kenntnisse - gewonnen aus letzteren - weit reichender sind (Nickolaus/Gräsel2006). Zudem ist es für eine Analyse und Bewertung der vorliegenden Studienvon Bedeutung, welche Transferformen untersucht worden sind. Die folgendeTabelle enthält nur Ergebnisse zum externen Transfer. Die Darstellung der Er­gebnisse orientiert sich an den zentralen Konzepten der vorliegenden Studie:Innovation, Unterstützung/externe Schulberatung, Schulentwicklungsprozessund Netzwerke. In den vorgestellten empirischen Studien zum Transfer werdenin der Regel Maßnahmen genannt, die nach dem Modellversuch stattfindensollen, um den Transfer zu sichern. Diese Maßnahmen werden unter dem Kon­zept ,Unterstützung/externe Schulberatung' eingeordnet.

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Tabelle 3: Zentrale Befunde aus der Modellversuchsforschung

Autoren,Kennzeichen

Ergebnisse zu den zentralen Konzepten der vorliegen­den Studie: Innovation, Maßnahmen/Unterstützung,Schulentwicklungsprozess und Netzwerke

Schulmodellversuchsforschung in der beruflichen Bildung

In der Planungsphase von Modellversuchen istbesonders der potenzielle Rezipient der Innovationzu berücksichtigen.Die Modellversuchsergebnisse sollten allgemeinzugänglich und für den Rezipienten relevant sein.Eine adressatenorientierte Aufbereitung der Er­gebnisse des Modellversuchs ist erforderlich.Ein erfolgreiches Transferkonzept sollte die unter­schiedlichen Rahmenbedingungen beim Ent­wickler und beim Rezipienten einplanen.Es sollten auch Wege zur Erreichung der Zielebeschrieben werden.

Innovation/Produkt:

Günter Pätzold et Besonders problematisch an dieser Studie ist, dass dieal. (2002) empirischen Ergebnisse nicht immer den unterschiedli­

chen Transferformen zugeordnet werden. Für den ex­ternen Transfer werden folgende Überlegungen ange­führt, bei denen unklar bleibt, ob diese empirisch fun­diert formuliert worden sind.

Transferformen:empirische Er­kenntnisse zuminternen Transfer,vermutlich theore­tische Erkenntnissezum externenTransfer

Gegenstand derStudie:Modellversuche

Methodische Vor­gehensweise:Fallstudien, retros­pektiv

Schulentwicklungsprozess:

Ein externer Transfer beinhaltet die Einleitung vonOrganisationsentwicklungsprozessen beim Rezipienten.

Maßnahmen/Unterstützung:

Es sollten regionale Lehrerfortbildungen mit Multipli­katoren durchgeführt werden.

61

Page 63: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Fortsetzung Tabelle 3: Zentrale Befunde aus der Modellversuchsforschung

Autoren, Kennzeichen Ergebnisse zu den zentralen Konzepten dervorliegenden Studie: Innovation, Maßnah­men/ Unterstützung, Schulentwicklungspro­zess und Netzwerke

Schulmodellversuchsforschun ~ in der beruflichen BildungPätzold (2003) Die empirischen Erkenntnisse zum externen

Transfer sind marginal und werden in derTransferformen: Studie durch theoretische Überlegungen er-empirische und theoretische weitert, die im Folgenden aufgeführt werden.Erkenntnisse zum internenund externen Transfer Innovation/Produkt:

Untersuchungsgegenstand •der Studie:BLK-Modellversuche, die •zeitlich vor der Neukon-struierung der Modellver- •suchsförderung und derEinführung der Programm­trägerschaften abgeschlossen •waren (also vor 1998)

•Methodische Vorgehenswei­se:es handelt sich um eine re­trospektive Metastudie

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Für die Innovation muss ein Bedarfvorhanden sein.Die Innovation sollte Lösungen für rele­vante und akute Probleme anbieten.Sie sollte durch die Rezipienten in einemvertretbaren Zeitrahmen erschlossenwerden können.Sie sollten mit konkreten Beispielen undUmsetzungsvorschlägen verbunden sein.Es sollte eine adressatenspezifische Er­gebnisdarstellung erfolgt sein.

Page 64: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Fortsetzung Tabelle 3: Zentrale Befunde aus der Modellversuchsforschung

Autoren, Kenn- Ergebnisse zu den zentralen Konzepten der vorliegendenzeichen Studie: Innovation, Maßnahmen/Unterstützung, Schulent­

wicklungsprozess und NetzwerkeModellversuchsforschung in der beruflichen Bildung

Die Innovation sollte eine hohe Adaptivität an anderesituative Kontexte besitzen.Sie sollte auch unter Alltagsbedingungen problemlosnutzbar sein.Der potenzielle Rezeptionsraum sollte im Vorfelddes Modellversuchs näherungsweise bestimmt wer­den.Die Innovation sollte angemessen dokumentiert sein.Zu der Innovation sollte es abrufbare Implementa­tionshilfen geben.Die Innovation sollte eine Antwort auf den wahrge­nommenen Problemdruck des Rezipienten sein.

••

Maßnahmen/Unterstützung:

Transferformen:interner undexterner Trans­fer

Reinold Nicko- Innovation/Produkt:laus und UrsulaSchnurpel(2001)Nickolaus(2003)

Untersuchungs­gegenstand:Modellversuche(retrospektiv)

MethodischeVorgehenswei­se:Befragung derModellver­suchsträger undDurchführungvon Fallstudiennach Auslaufendes Modellver­suchs

• Es sollte eine in Zeitintervallen immer wieder aufge­legte Infokampagne erfolgen.

• Es sollten Multiplikatoren gewonnen werden.• Es sollten institutionell und administrativ abgesicher­

te, nicht spezifizierte, weitere Transferaktivitätenstattfinden.

Schulentwicklungsprozess:

Subjektive Einschätzungen (1) des Beitrags der Innovati­on :für eigene Organisationsziele und individuelle Bedürf­nisse, (2) des Aufwands- und Ertragsverhältnisses und (3)der Praktikabilität im eigenen Handlungsfeld bestimmendas Rezeptionsverhalten.

63

Page 65: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Fortsetzung Tabelle 3: Zentrale Befunde aus der Modellversuchsforschung

Autoren, Kennzeichen Ergebnisse zu den zentralen Konzepten der vorlie­genden Studie: Innovation, MaßnahmenlUnter­stützung, Schulentwicklungsprozess und Netzwerke

Modellversuchsforschunj in der beruflichen Bildung

Innovation/Produkt:

Trans/eiform:externer Transfer (dieGrundlage bildete einTransfermodell)

Nickolaus (2002) Die Ergebnisse beziehen sich auf die unterschied­lichen Phasen der Modellversuchsarbeit. FolgendeFaktoren sind für den externen Transfer von Be­deutung:

Methodische Vorge­hensweise:Durchfiihrung einerDelfi-Umfrage mitExpertenhearings

• Während der Entwicklung- und Erprobungs­phase sollten bereits potentielle Rezipienteneinbezogen werden.

• Die Innovation sollte anzuknüpfen sein anVorhandenes (z.B. Kenntnisstand einzelnerLehrer).

• Der Nutzen sollte erkennbar sein.• Die Innovationen sollten Lösungen :für Prob­

leme in Schule darstellen.• Die Innovationen sollten adressatenspezifisch

zugänglich sein.• Die Innovationen sollten unter Normalbedin­

gungen umsetzbar sein.• Der Aufwand für die Umsetzung sollte für

den Rezipienten einschätzbar sein.

MaßnahmenlUnterstützung:

• Der Transfer sollte aktiv und systematischbetrieben werden.

• Der Transfer sollte politisch-administrativabsichert und flankiert werden.

Netzwerke:

Es sollten länderübergreifende Innovationskoope­rationen aufgebaut werden.

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Page 66: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Fortsetzung Tabelle 3: Zentrale Befunde aus der Modellversuchsforschung

Autoren, Kennzeichen Ergebnisse zu den zentralen Konzepten dervorliegenden Studie: Innovation, Maßnah­menlUnterstützung, Schulentwicklungspro­zess und Netzwerke

Modellversuchsforschung in der beruflichen BildungDieter Euler und Klaus Ber- Es handelt sich um eine empirische Studie,ger (1999) die abgeschlossene Modellversuche unter

dem Gesichtspunkt externen und internenTransferform: Transfers der Modellversuchsergebnisseinterner und externer Trans- analysiert.fer

Innovation/Produkt:Untersuchungsgegenstand:abgeschlossene Schulmo­dellversuche und Wirt­schaftmodellversuche

Dieter Euler und Peter F.E.Sloane (1998)

Transferform:interner und externer Trans­fer

Methodische Vorgehenswei­se:Fallbeispiel, erfahrungsba­siert

• Aspekte der Aufbereitung, Präsentationund Verbreitung der Modellversuchser­gebnisse sollten in der Entwicklungspha­se berücksichtigt werden.

• Es sollte ein ähnliches Problembewuss­tsein beim Rezipienten vorliegen.

Die theoretischen und erfahrungsbasiertenÜberlegungen werden am Beispiel eines Fallskonkretisiert. Die Autoren führen folgendeErkenntnisse auf:

MaßnahmenlUnterstützung:

Der Transfer von Innovationen bedarf einerunterstützenden Organisationsentwicklungs­arbeit.

65

Page 67: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Fortsetzung Tabelle 3: Zentrale Befunde aus der Modellversuchsforschung

Autoren, Kenn- Ergebnisse zu den zentralen Konzepten der vorliegendenzeichen Studie: Innovation, Maßnahmen/Unterstützung, Schulent­

wicklungsprozess und NetzwerkeModellversuchsforschung in der beruflichen BildungFortsetzung Schulentwicklungsprozess:

Dieter Eulerund Peter F.E.Sloane (1998)

Untersuchungs­gegenstand:abgeschlossenerModellversuch

MethodischeVorgehenswei­se:Analyse einesFallbeispiels

Albert Fischer(2001)

Trans/eiform :intemerundexterner Trans­fer

Der Transfer von Innovationen (Problemlösungen) wirdnicht als Kopier-, sondern Auswahl- und Konstruktions­prozess verstanden. Damit ist er streng genommen einneuer Problemlöseprozess.

Die Anpassungsnotwendigkeiten bzw. Transferhin­dernisse können folgendermaßen strukturiert werden:politische Interpretation der Innovation, organisatorischeInterpretation der Innovation (das heißt Anpassung an dieinstitutionellen Bedingungen) und Interpretation der Mate­rialien zur Innovation. Auch hier können die Interpretatio­nen sehr "weit reichend" sein.

Die Autoren defmieren folgende Faktoren, die denProzess des externen Transfers beeinflussen können: (1)sachlich-intentionale Bedingungen (Problemübereinstim­mung zwischen Ort der Entwicklung und Rezipienten), (2)personelle Bedingungen (vorhandene Handlungskompe­tenzen für die Umsetzung der Innovation) und (3) institu­tionelle Bedingungen (Vorhandensein der materiellen undkulturellen Voraussetzungen beim Rezipienten).Es handelt sich um eine empirische Studie, die abge­schlossene Modellversuche untersucht. Es gibt eine Reihevon Aussagen zu den Transferaktivitäten der Modellver­suche. Dabei bleibt es dann auch: ob diese Aktivitätentatsächlich zum Transfer der Ergebnisse geführt haben,bleibt offen.

Folgende Maßnahmen werden genannt:Untersuchungs-gegenstand: •abgeschlossene •Schulmodell- •versuche •

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Austausch mit anderen SchulenErstellung und Veröffentlichung von MaterialWorkshops, Fachtagungen und LehrerfortbildungenAnbindung an Schulaufsicht

Page 68: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Fortsetzung Tabelle 3: Zentrale Befunde aus der Modellversuchsforschung

Autoren,Kennzeichen

Ergebnisse zu den zentralen Konzepten der vorlie­genden Studie: Innovation, Maßnahmen/Unter­stützung, Schulentwicklungsprozess und Netzwerke

Trans/eiform:externer Transfer

Methodische Vorge­hensweise:qualitativer Zugang

Modellversuchsforschung in der beruflichen BildungAndrea Brönner In der Studie werden die erfolgten Transfermaß-(2001) nahmen beschrieben (z.B, Bereitstellung von Er­

gebnissen im Internet, einzelne schulinteme Maß­nahmen). Ob auf der Ebene der Bildungspraxistatsächlich ein Transfer erfolgte, wird nicht empi­risch belegt bzw. nachgehalten (2001: 158). DieseStudie geht allerdings bezüglich des externenTransfers über die anderen Studien hinaus, daTransfermaßnahmen nicht nur konzipiert und be­schrieben sondern auch tatsächlich durchgefiihrt

Untersuchungsgegen- werden.stand:Transfermodellversuch Innovation/Produkt:

• ist leicht verfügbar• istfür die Bearbeitung des Problems angemes­

sen• enthält eine adressatenorientierte Aufbereitung

der Konzepte (Unterrichtskonzepte)• beinhaltet klare Zielformulierungen und Ziel­

gruppenbeschreibungen• ist adressatenorientiert dokumentiert

Maßnahmen/Unterstiitzung:

• Die Präsentation der Ergebnisse sollte übereine Verknüpfung mit Beispielen erfolgen.

• Es sollten Transferseminare und Fortbildungenstattfinden. Dabei sollten die Referenten Mo­dellversuchsbeteiligte gewesen sein.

Schulentwicklungsprozess:Die Transferproblematik ist eine Organisationsent­wicklungsproblematik,

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Die Erkenntnisse der Transferforschung in der Modellversuchsforschung sindbezüglich der Beschreibungen, über welche Eigenschaften die Produkte verfü­gen sollten, um transferfähig zu sein, sehr umfassend. Für einen erfolgreichenTransferprozess ist nach der vorliegenden Forschung zudem von Bedeutung,wie diese Produkteigenschaften von den Rezipienten eingeschätzt werden. Esgeht somit nicht immer um ,objektive' Eigenschaften, sondern um Wahrneh­mungen, die beeinflusst werden können. Dies bietet einen Ansatzpunkt, Schulendazu zu motivieren, Innovationen zu rezipieren. Die Ergebnisse der vorliegen­den Forschung verweisen zudem darauf, dass die Rezeption einer Innovationmit einem Schulentwicklungsprozess verbunden ist, der unterstützt werdensollte. Wird ein Schulentwicklungsprozess durchlaufen, sollen ähnliche Fakto­ren fördernd und hemmend wirken, wie sie bereits durch die Schulentwick­lungsforschung aufgedeckt worden sind. Ob dies tatsächlich der Fall ist, wirdnicht untersucht. Es gibt keine empirischen Erkenntnisse zu den Bedingungenvon Transferprozessen beim Rezipienten. Marginal sind die Erkenntnisse zumöglichen Maßnahmen, die den Transfer stützen können. Es liegen zwar Auf­zählungen von Maßnahmen vor. Diese werden aber weder mit der Transferformverbunden noch wird deren Erfolg untersucht. Befunde zu Transfererfolgen und-effekten im Sinne externen Transfers liegen dementsprechend nicht vor. Zudieser Einschätzung kommen auch Cornelia Gräsel, Michael Jäger und HelmutWillke (2006: 544). Eine Rückbindung an Transferprozesse ist ebenfalls nichterfolgt. Die gesamte Forschungslage zum externen Transfer in der Modellver­suchsforschung ist somit als defizitär zu beschreiben. Dieses Ergebnis ist aller­dings nicht unerwartet. So sind die vorliegenden empirischen Studien nahezualle retrospektiv, das heißt es werden abgeschlossene Modellversuche unterTransfergesichtspunkten analysiert, die ihren Schwerpunkt auf der Entwicklung,Erprobung und Evaluation einer Innovation hatten. Eine Ausnahme bildet dieStudie von Brönner (2001).

2.3.4 Erfahrungsbasierte Erkenntnisse

Erfahrungsbasierte Erkenntnisse zum Transfer von Modellversuchsergebnissensind umfassende Schlussfolgerungen aus den Erlebnissen mit durchgeführtenModellversuchen, die in der Regel in Abschlussberichten zum Ausdruck ge­bracht werden (CzerwanskilLohre 2001, Euler 2001, Koch 2001, Kriegesmannet al. 2006, FischerlPrzygodda 2003). Sie sollen hier entlang der zentralen Kon­zepten der vorliegenden Studie zusammengefasst wiedergegeben werden.

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Produkt/Innovation

• Die Innovation soll zusammen mit einzelnen ausgewählten Institutionendes Bildungsbereichs entwickelt, erprobt und evaluiert werden. Hierfürsollten eigene Ressourcen zur Verfügung gestanden haben. Die Effektivitätder Innovation sollte geprüft sein, und zwar nicht nur mittels wissenschaft­licher Kriterien, sondern auch anband der Brauchbarkeit für das institutio­nelle Problem als Lösung.

• Die bewährten Innovationen sollen Lösungenfür virulente Probleme in derPraxis sein und überzeugen. Ihr Nutzen für die schulische Praxis soll er­kennbar sein (Czerwanski/Lohre 2001).

• Die Innovation soll sich am .Durchschnittsfall der Praxis" orientieren (Eu­ler 2001)

• Die Innovationen sollen dokumentiert vorliegen (Koch 2001, Euler 2001).Die Konzepte sind durch ihre adressatengerechte Dokumentation klar undverständlich (ebd.). Sie vermitteln Handlungsnähe (Euler 2001) und benen­nen die zu bearbeitenden Probleme eindeutig. Hierbei ist zu berücksichti­gen, dass die alleinige Bereitstellung von Dokumentationen nicht in dererwarteten Form zum Transfer geführt hat (Kriegesmann et al. 2006).

• Die Innovationen sollen in bestehende Konzepte integrierbar sein (Czer­wanski/Lohre 2001). Damit sind die Innovationsziele anschlussfähiger.

• Die Innovation soll individuelle und organisationale Ziele bedienen.• Innovationen sollen auch im Regelbetrieb umsetzbar sein (Koch 2001,

Czerwanski/Lohre 2001).

MaßnahmenlUnterstützung/Schulberatung

• Ein externer Transfer soll aktiv herbeigeführt werden und erfordert damitein Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure sowie eine Anwendung ver­schiedener Theorien (Czerwanski/Lohre 2001).

• Den potenziellen Rezipienten sollen durch verschiedene Maßnahmen dieInnovationen bekannt gemacht werden (Koch 2001, Euler 2001). Die Inno­vation soll in attraktiver Form präsentiert werden und damit das Interessedes Rezipienten wecken. Zudem sollen Informationen über die Innovationbereitgestellt werden. Die Maßnahmen sollen somit werbenden Charakterhaben. Hilfreich ist es zudem, positive Erfahrungen aus der Praxis in dieMaßnahmen einzubinden (Euler 2001).

• Die rezipierenden Institutionen sollen bei der Einführung und Umsetzungder Innovationen begleitet werden (Euler 2001). Der interne organisationa-

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Page 71: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

le Veränderungsprozess im Sinne der Innovationsziele soll durch die Be­gleitung effektiver und effizienter verlaufen. Der begleitete Veränderungs­prozess soll eine schrittweise Abstimmung der Ausgangslage vor Ort mitden Innovationszielen erleichtern. Dies soll auch die Gefahr von Überfor­derungen seitens der Beteiligten verringern.

• Der Transfer soll institutionell abgesichert (Koch 2001) und auf Dauergestellt sein (Czerwanski/Lohre 2001). Denkbar in diesem Zusammenhangsind Dokumentations- und TransfersteIlen (Koch 2001).

Netzwerke

Für den Transfer förderlich sollen eine breite Streuung der Modellversuchsstan­dorte, länderübergreifende Ansätze, Netzwerke und eine inhaltliche Koordinie­rung der Modellversuchsaktivitäten sein (Koch 2001, Euler 2001). In der 1000­

vationsforschung wurde die Zusammenarbeit in Netzwerken als ein Instrumentidentifiziert, um den Transfer zu fördern (Kriegesmann 2006). Das Instrumentblieb allerdings hinter den Erwartungen zurück (ebd., Fischer/Przygodda 2003).Das Problem wird darin gesehen, dass die Frage der Aktivierung der Nachfra­gerseite zu wenig Berücksichtigung fand.

2.3.5 Zusammenfassung

Ziel war es, aus der Analyse des Forschungsstandes der Transferforschung inder Modellversuchsforschung ein Vorverständnis zum Transfer von Ergebnissender Praxisforschung in Schule zu entwickeln. Das vorläufige Modell soll dentheoretischen Bezugsrahmen sowohl für die Konzeption des Modellversuchs,Berufsorientierung im Verbund' als auch für die Auswertung des Datenmate­rials bilden. Folgende Konzepte sind mit Blick auf die Fragestellung der vorlie­genden Studie und den Forschungsstand zu nennen:

Produkt/Innovation

Eine Innovation im Sinne der Modellversuchsforschung ist ein ausgearbeitetes,erprobtes und bewährtes Konzept für die Bearbeitung eines Problems. Um trans­ferfähig zu sein, sollte eine Innovation folgende Bedingungen erfüllen:

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• Die Zielgruppe und Zielsetzungen der Innovation sollten klar beschriebensein.

• Die Innovation sollte für den Rezipienten einen Nutzen haben.• Die Innovation sollte unter Alltagsbedingungen implementierbar sein.• Die Innovation sollte für die Adressaten dokumentiert sein.• Die Dokumentation sollte Implementationshilfen enthalten.• Die Innovation sollte an Bestehendes anknüpfen.• Der Aufwand für die Implementierung muss für den Adressaten abschätz­

bar sein.• Die Innovation sollte ein für den Transferkontext generelles und kein für

den Entstehungskontext der Innovation spezifisches Problem behandeln.• Die Innovation sollte leicht verfügbar sein.

Die Erkenntnisse der Transferforschung in der Modellversuchsforschung zei­gen, dass diese Bedingungen bereits in der Entwicklungs-, Erprobungs- undEvaluationsphase eines Modellversuchs erfüllt sein müssen. Dies führt zu erheb­lichen Konsequenzen für die Planung eines Modellversuchs und für die finan­zielle Ausstattung, da eine Reihe zusätzlicher Aufgaben entstehen. Beispiels­weise würde die Berichterstattung gegenüber einem Förderer eines Projektesnicht den Kriterien einer adressatenorientierten Dokumentation genügen. Hierzumüssten eigene Aktivitäten unternommen werden. Dies gilt im Prinzip für alleInstitutionen (siehe Kapitel 2.1), die Ergebnisse erzeugt haben, die für die schu­lische Praxis nutzbar gemacht werden sollen.

Schulentwicklungsprozess

Zentrale Ergebnisse mit Blick auf die Fragestellung der vorliegenden Studiesind, dass die Wahrnehmung der Innovationen durch subjektive Einschätzungender Akteure in der Praxis geprägt ist und dass mit dem Transfer von Innovatio­nen die Einleitung von Schulentwicklungsprozessen verbunden ist. Weiterhin istfür die vorliegende Studie von Bedeutung, dass im Zuge des Implementations­prozesses die Innovation vermutlich angepasst und verändert wird.

Externe Schulberatung

In der Modellversuchsforschung wird die Begleitung von Schulentwicklungs­prozessen, ausgelöst durch die Implementation einer Innovation, als die inten-

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Page 73: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

sivste Form im Spektrum möglicher Transferaktivitäten betrachtet. Darüberhinaus werden folgende Hinweise für Transferaktivitäten gegeben:

• Die Präsentation der Innovation sollte mit konkreten Beispielen erfolgen.• Die Innovation sollte Gegenstand von Fortbildung sein.• Die Entwickler der Innovation sollten als Multiplikatoren genutzt werden.

Netzwerke

Die Wirkung von Netzwerken für den Transfer von Innovationen wird in derModellversuchsforschung kontrovers diskutiert. In dem Modellversuch ,Berufs­orientierung im Verbund" der Beobachtungsfeld der vorliegenden Studie ist,sind Netzwerke zentrale Bestandteile der Konzeption. Inwieweit diese ihre Wir­kungen entfalten, ist eine zentrale Forschungsfrage.

2.4 Schulentwicklung, externer Transfer und Schulberatung

Angesichts der Ausführungen in den beiden vorhergehenden Kapiteln werdenzur Konzipierung des im Rahmen dieser Studie entwickelten Modells folgendeAspekte berücksichtigt:

• Regionale Netzwerke zur Entwicklung von Schu1en,• schulinteme Lehrerfortbildung als zentraler Schlüssel zur Entwicklung von

Schule,• ModellversuchsergebnisselErgebnisse der Praxisforschung als vorgegebe­

ner Gegenstand der Entwicklung und• externe Begleitung der Schulen.

In diesem Kapitel wird es darum gehen, die Konzepte Schu1entwicklung undexternen Transfer zu verknüpfen. Externer Transfer meint den Transfer vonInnovation in andere Organisationen als dem Innovationsort. Die intensivsteForm externen Transfers stellt die Begleitung der rezipierenden Schule bei derEinführung und Umsetzung der Innovation dar. Die Einführung und Umsetzungder Innovation geht einher mit der "Umwandlung bestehender Praxis in neuePraxis" (Dalin 1999: 245). Diese Form des Transfers wird im Rahmen der vor­liegenden Studie realisiert, da entsprechend der Ergebnisse der Schu1entwick­lungsforschung qualitative Entwicklungen auf der Ebene der Einzelschule ex­terne Unterstützung erfordern. Qualitative Entwicklungen auf der Ebene der

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Einzelschule bedeuten in der vorliegenden Studie eine "erneuerte und verbesser­te Praxis" (Dalin 1999: 238). Das vermittelnde Instrument in dieser Studie istdie externe Schulberatung. Mit diesem Instrument werden nicht mehr die Un­terstützungsleistungen des Schulsystems an sich genutzt (z.B, Moderatoren derLandesinstitute), sondern solche entwickelt, die institutionell dem Schulsystemzugehören können, aber nicht müssen. Entscheidend ist, dass sie nicht durch dieSchulverwaltung gesteuert werden. Da Schulen vermutlich unter dieser Bedin­gung nicht in den Beratungsprozess einsteigen würden (siehe Kapitel 2.2.3,Burkhard 1998). In diesem Sinne wird erwartet, dass Berater mit einer institu­tionellen Anbindung, die in der Wahrnehmung der Schulen der Schulaufsichtnäher stehen als Berater mit einer anderen institutionellen Anbindung, wenigerErfolg haben werden.

Des Weiteren wird das Konzept der externen Schulberatung'" skizziert.Zur Klärung des Begriffs der ,Beratung' in der vorliegenden Studie werden

seine zentralen Merkmale (Zirkler 2005) kurz erläutert: Wer berät? Wer wirdberaten? Was ist der Gegenstand der Beratung? Wie lässt sich Beratung theore­tisch konzeptualisieren? Welche Ziele verfolgt die Beratung? Welche Form vonBeratung wird durchgeführt? Welche Methoden setzt die Beratung ein?

In einer systemtheoretischen Sichtweise kann man davon ausgehen, dassVeränderung von Schule nur als Selbstanpassung (Luhmann 1994) bzw. Selbst­veränderung (Willke 1993, 1994, 1997) denkbar ist. Dieser Auffassung wird indieser Studie gefolgt. Empirisch lässt sie sich durch folgende Implementations­studien stützen: Dalin 1973, Berman et al 1974, Huberman/Miles 1984, Od­denIMarsch 1989, LiebermanlMiller 1990, Fullan 1991. Steuerungsversuche derBildungsadministration stellen in der Sichtweise dieses theoretischen Ansatzesnur Veränderungen in der schulischen Umwelt dar, deren Art der Verarbeitungund Integration die Schule selbst bestimmt. Daraus folgt, dass Angebote, diedarauf zielen, dass Schulen sich verändern bzw. positiv entwickeln, aus derPerspektive der Schulen als relevant und hilfreich interpretiert müssen. Dieexterne Schulberatung als ein Instrument externen Transfers kann ein solchesAngebot sein. Eine zentrale Frage der vorliegenden Studie wird sein, unter wel­chen Bedingungen eine Schulberatung als relevant und hilfreich eingeschätztwird.

Die externe Begleitung wird als Prozessberatung" verstanden. Sie zieltdarauf, rezipierenden Institutionen bei der Selbstentwicklung Hilfestellung zu-

10 In Zusammenhang mit Schulen wird der Begriff der Beratung in erster Linie mit der Beratung vonSchülern in Verbindung gebracht (Schnebel 2007). Darum geht es in der vorliegenden Studie nicht.11 Eine Prozessberatung kann unterschiedlich theoretisch fundiert sein: z.B. systemtheoretisch(Wimmer 2004) oder psychoanalytisch mit Bezügen zur Organisationskultur (Schönig 2000). Vorallem der vorliegenden Literatur zur Beratung aus der Schulpädagogik mangelt es an theoretischer

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geben, um ihre Leistungsfähigkeit zu sichern und zu verbessern. Die Prozessbe­ratung setzt Methoden ein, die entweder die generelle Fähigkeit zur Bearbeitungvon Problemen in Organisationen erhöhen oder einen Beitrag zur konkretenProblembearbeitung leisten (HowaldtIKopp 2001). Die vorliegende Studie un­tersucht, welche Methoden dies sein können. Damit richtet sie sich nicht aufFachberatung, die darauf zielt, dass eine Schule ein Produkt übernimmt und dieBeratung damit abgeschlossen ist (Zirkler 2005). Angesichts des formuliertenZiels liefert sie vielmehr Erkenntnissefür eine Organisationsentwicklungsbera­tung (ebd.).

Adressaten der externen Begleitung sind einzelne Akteure als Multiplikato­ren ihrer Institutionen; Teams, die für bestimmte Aufgabenstellungen in ihrerInstitution verantwortlich sind, und ganze Kollegien. Innovationen gelangen indiesem Ansatz somit überwiegend über Professionalisierungsprozesse in dieSchule. Mit dieser Perspektive wird Organisationsentwicklung mit Personalent­wicklung verbunden. Lehrer und Schulleitungen bearbeiten durch die Adaptionvon Innovationen innerschulische Probleme in Form eines Schulentwicklungs­prozesses. Durch die gegenstandsbezogene Beratung erhalten sie sowohl Un­terstützung in diesem Prozess als auch beim Erwerb der erforderlicher Kompe­tenzen.

Extern ist die Begleitung, weil sie zum einen durch Personen, die nicht zurrezipierenden Institution gehören, und zum anderen durch Personen, die nichtdem schulischen Bildungsbereich selbst zuzurechnen sind, wahrgenommenwird.

Der Gegenstand der Beratungen sind innovative Konzepte, die die obenaufgeführten Voraussetzungen weitgehend erfüllen.

Das Konzept der externen Schulberatung wird hier nicht weiter theoretischentfaltet. In dem Modellversuch ,Berufsorientierung im Verbund', der Beobach­tungsfeld der vorliegenden Studie ist, übernehmen die Transferstellen mit ihrenBeratern sowie die BiZEbS-Lehrer12 die Aufgabe der externen Beratung. ImLaufe des Modellversuchs hat sich diese offene Vorgehensweise bestätigt. Dieanfänglichen Hypothesen zum Konzept zur Schulberatung haben sich nur zumTeil bestätigt. Beispielsweise war eine Erwartung, dass sich Schulberatungenhauptsächlich über schulinterne Lehrerfortbildungen vollziehen. Dies war aber

Fundierung (z.B. Rolff 2000, Ender/Schratz/Steiner-Löffler (Hrsg.) 1996). Die Ansätze ähneln sichallerdings in der Hinsicht, dass sie eine problemadäquate organisationale Entwicklung durch ,bot­tom-up' - Prozesse bewirken wollen.12 BiZEbS ist die Abkürzung für ,,Beruf im Zentrum - Eingliederung benachteiligter Schülerinnenund Schüler", Sie steht für einen Modellversuch, in dem Konzepte zur beruflichen Integration vonbenachteiligten Schülern entwickelt, erprobt und evaluiert wurden. An dem Modellversuch warenacht Modellschulen beteiligt, die Lehrer für die Projektarbeit freigestellt haben. Diese sind dieBiZEbS-Lehrer.

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nicht der Fall. Im Laufe der Beratungsarbeit haben sich unterschiedliche Bera­tungsmaßnahmen herauskristallisiert. Dieses Ergebnis wäre bei engeren Umset­zungsvorgaben für die Berater seitens der Leitung des gesamten Modellversuchs,Berufsorientierung im Verbund' nicht entstanden.

Aus den bisherigen Erläuterungen ergibt sich folgende Modellvorstellungzum Transfer von Innovationen zur qualitativen Entwicklung des Schulsystems.

Abbildung 3: Vorverständnis des Transfer von Innovationen in die Schule

Externe Beratung als Prozessberatung in Form vonschulinterner Lehrerfortbildung

~,---------Schulentwicklungsprozess

Praxisforschungsergebnis

qualitätsfor­dernde in­nerschuli­sehe Effekte

Regionales Netzwerk

Die theoretische Vorannahme der vorliegenden Studie beinhaltet somit, dassdurch den Transfer innovativer Konzepte (Ergebnissen der Praxisforschung)mittels externer Schulberatung als Prozessberatung Leistungssteigerungen vonSchulen im Bereich der Berufsorientierung erzielt werden können. Die Konzep­te ,externe Beratung als Prozessberatung', ,Praxisforschungsergebnis', ,Schul­entwicklungsprozess' , ,Netzwerk' und .qualitätsfördernde innerschulische Ef­fekte' sollen im Zuge des Forschungsprozesses sensibilisierend verwendet und"in der Auseinandersetzung mit dem empirischen Feld konkretisiert und damitin defmitive Konzepte umgewandelt werden" (KelleIKluge 1999: 27). Darüberhinaus sollen die Beziehungen der Konzepte zueinander aufgeklärt werden.

Dies bedeutet, dass beispielsweise der Begriff der ,Prozessberatung' nichtverwendet wird, um zu Beginn eine testbare Hypothese über das Ausmaß derProzessberatung zu formulieren, sondern um durch die Erhebungsmethoden zuerfahren, ob und in welcher Form eine Prozessberatung im Transferprozess eine

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3 Der Modellversuch ,Berufsorientierung imVerbund' als Beobachtungsfeld

In dem Modellversuch wird ein Ansatz zur Schulentwicklung verfolgt, der seitden 1970er Jahren im europäischen Sprachraum keine Beachtung mehr gefun­den hat: Schulentwicklung soll durch die Einführung und Umsetzung von Au­ßen kommender und in Praxisforschungsprojekten gewonnener Innovationenangestoßen werden. Im Gegensatz zu den Ansätzen der 1970er Jahre wird aller­dings berücksichtigt, dass die Entwicklung von Schule nur in einem sich selbstverändernden Prozess denkbar ist (siehe Kapitel 2.2.1), wobei der Entwick­lungsprozess im Rahmen des Modellversuchs extern begleitet werden soll. DerModellversuch ,Berufsorientierung im Verbund' als Beobachtungsfeld der vor­liegenden Studie bietet durch seine ausschließlich auf Transfer ausgerichteteKonzeption, die Möglichkeit, Erkenntnisse über Prozesse und Wirkungen exter­ner Adaptionen zu gewinnen. Dabei kann zur empirischen und theoretischenOrientierung auf Arbeiten von Fullan (2001) zurückgegriffen werden.

Der Modellversuch ist ein Projekt zum Transfer von Modellversuchsergeb­nissen. Er wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschunggefördert, um nur diese Aufgabe wahrzunehmen. Damit ist eine zentrale Vor­aussetzung für den Erfolg des Transfergeschehens erfüllt (Nickolaus/Ziegler/AbellEccardlAheimer 2006): der Transfer erhält einen eigenen Projektrahmen.

3.1 Vernetzung als Instrument von Schulentwicklung

Eine zentrale Voraussetzung des Transfers stellt die Gründung von Netzwerkendar (Koch 2001). Empfohlen wird, dass Modellversuchsstandorte breit gestreutund über mehrere Bundesländer verteilt sein sollten. Zudem ist es aus seinerSicht sinnvoll, das gesamte Netzwerk inhaltlich zu koordinieren. Diesem Ansatzfolgt der hier beschriebene Modellversuch. In diesem Sinne sind die geschäfts­führende Koordination und das Projektmanagement in der Geschäftsstelle,Schule-Wirtschaft/Arbeitsleben' an der Universität Bielefeld angesiedelt.

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B. Koch, Wie gelangen Innovationen in die Schule?, DOI 10.1007/978-3-531-92872-2_3,© VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

Page 79: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Der Modellversuch .Berufsorientierung im Verbund' war wie folgt organisiert:

Abbildung 4: Aufbau und Zielsetzung des Modellversuchs,Berufsorientierung im Verbund'

Überregionales Netzwerk I: Lenkungsausschuss (siehe Kapitel 3.1.4)Lenkungsausschuss: Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nord­

rhein-Westfalen, Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein­Westfalen, Regionaldirektion der Agentur für Arbeit des Landes Nordrhein-Westfalen,

Leitungen der Transferstellen, Leitung der Koordination

überregionales Netzwerk 11: Begleitforschung und Koordination(siehe Kapitel 3.1.1)

Geschäftsstelle ,Schule-Wirtschaft!Arbeitsleben" Universität Bielefeld

Steuerungsin­strumente

Evaluationsinstrumente, Workshops, Informationsmanage­ment, Leitung von Arbeitsgruppen, Berichterstattung, Doku­mentation etc.

Regionale Netz­werke

Netzwerkbeziehungen derBiZEbS-Gruppe(siehe Kapitel 3.1.3)

Netzwerkbeziehungen derTransferstellen(siehe Kapitel 3.1.2)

Projektelemente Schulberatung durchBiZEbS-Lehrer

Schulberatung durchTransferstellen

Schulen aller Schulformender Sekundarstufe I und 11

Förderschulen

>--I Zielgruppen

Träger der Ent­wicklung, Erpro­bung und Evalua­tion

BiZEbS-Lehrer mit Ge­schäftsstelle

Transferstellenin Nordrhein-Westfalenund Hessen

Reflexion und Erweiterung der studien- und berufsorientie­renden Konzepte der Schulen und damit Qualitätsentwicklungim Bereich der Studien- und Berufsorientierung~>I Ziele

Projektergebnisse Transfer der ProdukteAusbau vorhandener NetzwerkstrukturenErkenntnisse zu erfolgreichen Transfermaßnahmen

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Page 80: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Im Folgenden wird der Projektverbund beschrieben. Dabei liegt der Schwer­punkt auf der Darstellung der institutionellen und personellen Anbindung mitden jeweiligen Zielsetzungen.

3.1.1 Überregionales Netzwerk!: Bildungspolitische Anbindung

Mit Blick auf den Modellversuch war die Unterstützung seitens der Bildungspo­litik sehr ausgeprägt. Dabei sind zwei Aspekte besonders zu benennen:

1. Förderstruktur

Der Modellversuch ,Berufsorientierung im Verbund' war ein Projekt des vomBundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Programms ,Schule­WirtschaftiArbeitsleben'. Das Programm sah seit etwa der Hälfte der Laufzeitim Transfer der Modellversuchsergebnisse eine wesentliche Aufgabe der Pro­jekte. Über eine Tagung im Jahr 2002 mit dem Titel ,,"Innovation - Nachhaltig­keit - Transfer" - Zwischenergebnisse und erste Folgerungen aus dem Prog­ramm ,Schule-WirtschaftIArbeitsleben' (http://www.swa-programm.de/tagun­gen.html) sollten die Kompetenzen der Programmbeteiligten in dieser Hinsichtgestärkt werden. Der Modellversuch ,Berufsorientierung im Verbund' wurdegefördert, weil er den Transfer von Ergebnissen des Programms als die zentraleZielsetzung ausgewiesen hat. Das Ministerium für Schule und Weiterbildungdes Landes Nordrhein-Westfalen beteiligte sich an dem Modellversuch durchdie Abordnung von insgesamt zehn Lehrerstellen. Hierbei handelte es sich imVergleich zu anderen Projekten im gleichen Programm um eine sehr hohe Betei­ligung. Das Kultusministerium Hessen stellte ebenfalls Lehrerstunden zur Ver­fügung. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nord­rhein-Westfalen finanzierte zwei der fünf Transferstellen in Nordrhein-West­falen. Zudem förderte es den Modellversuch in Nordrhein-Westfalen im Jahr2007 weiter. Auch diese Beteiligung ist im Verhältnis zu den anderen Projektenanderer Länder in dem Bundesprogramm ,Schule-WirtschaftJArbeitsleben'ungewöhnlich: nur in Nordrhein-Westfalen wurde dieses Finanzierungsmodellrealisiert.

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2. Inhaltliche Aspekte

Der Modellversuch transferiert Produkte, deren Ziele in hohem Maße mit denberufsorientierenden Zielen der Landesministerien übereinstimmen. So wurdeder Berufswahlpass auf freiwilliger Basis allen Schulen in Nordrhein-Westfalenzur Einführung empfohlen. Weiterhin sollten alle Schillen in NRW eine Lem­partnerschaft mit einem Unternehmen eingehen. Im Jahr 2009 ist eine Handrei­chung zur Berufs- und Studienorientierung in NRW an alle Schulen der Sekun­darstufe I und 11 verteilt worden, die u.a. die zentralen Produkte der vorliegen­den Studie vorstellt und Implementierungshinweise gibt (Koch/Kortenbusch2009).

3.1.2 Überregionales Netzwerk 11: Begleitforschung und Koordinierungsstelledes Modellversuchs

Die Koordinierungsstelle hat in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Ar­beit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen und dem Minis­terium :für Schille und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen das Pro­jekt initiiert. Die inhaltliche Federführung lag bei der Koordinierungsstelle ander Universität Bielefeld'". Der Modellversuch umfasste drei Teilprojekte:Schulberatung durch Transferstellen, Schulberatung durch BiZEbS-Lehrer so­wie intemetgestützte, prozessbegleitende Lehrerfortbildung (siehe Abbildung4). Mit den drei Projektelementen wurde die gleiche Zielsetzung verfolgt: dieErhöhung der Qualität berufsorientierender Konzepte in Schule durch denTransfer von Ergebnissen der Praxisforschung.

Die Geschäftsstelle ,Schule-WirtschaftlArbeitsleben' an der UniversitätBielefeld koordinierte das erste Teilprojekt ,Externe Schulberatung durchTrans ferstell en '. Dies umfasste u.a.:

• die Durchführung von Workshops,• den Aufbau und die Pflege von Kooperationsstrukturen innerhalb des Ver­

bundprojektes,• die Berichterstattung im Lenkungsausschuss des Verbundprojektes und• die Entwicklung und den Einsatz des Evaluationskonzeptes.

13 Die Leitung der Koordinierungsstelle lag bei mir.

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Das zweite Teilprojekt ,Externe Schulberatung durch BiZEbS-Lehrer' wurdeebenfalls von der Geschäftsstelle koordiniert. Das hieß u.a. folgendes:

• Vorbereitung der Ausschreibung des Angebotes zur Schulberatung,• Absprache mit der Bezirksregierung in Detmold zur Ausschreibung,• Leitung der regelmäßigen Sitzungen der BiZEbS-Projektgruppe,• Erstkontakte zu den Schulen, die Beratung wünschten,• Koordination des Einsatzes der Moderatorenteams und• Einführung eines Evaluationskonzeptes, welches mit dem des ersten Teil­

proj ektes korrespondierte.

Im dritten Teilprojekt war die Geschäftsstelle in einer anderen Rolle: sie entwi­ckelte, erprobte und evaluierte internetgestützte Lehrerfortbildungen zu denProdukten Berufswahlpass, Individuelle Förderplanung zur beruflichen Integra­tion und Duales Orientierungspraktikum. Dieser Ansatz wird im Rahmen dervorliegenden Studie nicht weiter beschrieben.

3.1.3 Regionale Netzwerke: Transferstellen in Nordrhein-Westfalen undHessen

Die Transferstellen - verortet in ihren regionalen Netzwerken - stellten eineweitere wesentliche Voraussetzung für den Transfer von Modellversuchsergeb­nissen dar: die institutionelle Anbindung des Transfers. Die einzelnen Transfer­stellen (fünf in Nordrhein-Westfalen und eine in Hessen) brachten ihre langjäh­rigen Beziehungen zu regionalen Netzwerken und umfangreiche Erfahrungen inder Zusammenarbeit mit Schulen im Bereich der Berufsorientierung ein. Es sindsomit Strukturen aufgebaut bzw. genutzt worden, die nicht dem Schulsystem ansich zugeordnet werden können. Darüber hinaus stellte das Ministerium fürSchule und Weiterbildung NRW den einzelnen Transferstellen Lehrer im Rah­men einer Abordnung zur Seite. Die Abbildung 5 zeigt, dass durch externeSchulberatung, bezogen auf einzelne Produkte, Schulentwicklungsprozesseinitiiert werden sollten, die im Sinne der Ziele der Produkte, innerschulischeEffekte auf unterschiedlichen Ebenen nach sich ziehen. Die Aktivitäten waren inein regionales Netzwerk eingebunden. Die Berater haben nicht an der Entwick­lung der Produkte mitgewirkt, sondern lernten diese erst im Laufe der Projekt­laufzeit des Modellversuchs kennen.

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Abbildung 5: Vorverständnis des Transfers von Innovationen in die Schule fiirdie TransfersteIlen

Externe Schulberatung durch dieProjelctmitarbeiter und abgeordne­te Lehrer der TransfersteIlen,ohne an der Entwicklung derProdukte mitgewirkt zu haben

"-----------~

Schulentwicklungs­prozess

Vor- und Nachbereitung von SBP,Duales Orientierungspraktikum,Lempartnerschaften, IndividuelleFörderplanung zur beruflichenIntegration, Berufswahlpass

3.1.4 Regionales Netzwerk: Projektgruppe ,BiZEbS ,

qualitäts­förderndeinnerschu-

===> lischeEffekte

Regionales Netzwerk

Das regionale Netzwerk ,BiZEbS' stellte eine weitere institutionelle Absiehe­rung des Transfers dar. Die beteiligten Lehrer des Projektes "Beruf im Zentrum- Eingliederung benachteiligter Schüler" (siehe dazu KochIKortenbusch 2007)haben in diesem Teilprojekt Förderschulen (in der Regel mit dem Förder­schwerpunkt Lernen) in Fragen der beruflichen Integration beraten. Sie botenSchulen die im BiZEbS-Projekt entstandenen Erkenntnisse und Vorgehenswei­sen bezogen auf Individuelle Förderplanung zur beruflichen Integration, Förder­praktika, Programm der Oberstufe der Förderschule zur beruflichen Integrationetc. mit dem Ziel an, durch deren Adaption, die Qualität der beruflichen Integra­tion an Schulen zu erhöhen. Die Adaption des Produktes setzt Schulentwick-

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lungsprozesse voraus, die im Sinne der Ziele des Produktes, innerschulischEffekte nach sich ziehen. Diese Berater unterscheiden sich durch folgendenzentralen Aspekt von den Beratern der Transferstellen: Sie haben an der Ent­wicklung der Innovation mitgewirkt und diese zum Teil in ihren eigenen Schu­len umgesetzt.

Abbildung 6: Vorverständnis des Transfers von Innovationen in die Schule fürdie BiZEbS-Lehrer

Externe Schulberatungdurch BiZEbS-Lehrer, diean der Entwicklung desProduktes beteiligt waren

"-----------~Schulentwicklungspro­zess

qualitätsför­dernde in­nerschuli­sehe Effekte

Individuelle Förderpla­nung zur beruflichen In­tegration Regionales Netzwerk

Wie bereits erwähnt, ist für die Angebote beider Netzwerke kennzeichnend,dass sie in einer Hinsicht keinen Projektstatus hatten: alle Schulen, die das An­gebot wahrnehmen wollten, konnten sich beteiligen. Es wurde keine Auswahlvon Schulen betrieben. Denkbar ist allerdings eine Verzerrung der Stichprobe(beteiligte Schulen) durch Selbstselektion (siehe Kapitel 4).

3.2 Innovative Ansätze der Schulentwicklung: die Produkte des Transfers

Die vorliegende Forschung zum externen Transfer (siehe Kapitel 2.2 und 2.3)verweist auf Aspekte der Entstehung und der Beschaffenheit von Innovationen,die diesen Transfer besonders fördern sollen. Diese Aspekte werden nun mit denvorliegenden Bedingungen des Transfermodellversuchs verknüpft. Darüber

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hinaus wird dargestellt, in welcher Hinsicht die innovativen Ansätze Produkteder Praxisforschung darstellen. Die Erläuterungen beziehen sich - wie bereits inKapitel 1.3 dargelegt - auf folgende Produkte im Arbeitsfeld der Studien- undBerufsorientierung (Koch/Kortenbusch 2009):

• Vor- und Nachbereitung von Schülerbetriebspraktika in der Sekundarstu-fe I (SBP)

• Duales Orientierungspraktikum :für Schüler der Sekundarstufe II (DOP)• Berufswahlpass (BWP)• Lempartnerschaften• Individuelle Förderplanung zur beruflichen Integration für benachteiligte

und behinderte Schüler

3.2.1 Produkte und deren Entstehungskontext

Die Produkte der Geschäftsstelle ,Schule-WirtschaftlArbeitsleben' (DualesOrientierungspraktikum, Individuelle Förderplanung zur beruflichen Integrationsowie Vor- und Nachbereitung von Schülerbetriebspraktika) wurden in engerZusammenarbeit mit der schulischen Praxis entwickelt, erprobt, evaluiert unddokumentiert. Bereits in der Phase der Modellversuchsentwicklung wurden inKooperation mit den Praktikern schulische Problemebereiche formuliert, diedurch den Modellversuch bearbeitet werden sollten. Hierdurch sollte erreichtwerden, dass für die Praxis relevante und virulente Problembereiche aufgegrif­fen werden konnten. Es wurden gemeinsam (Mitarbeiter der Geschäftsstelle ander Universität Bielefeld und Lehrer) und sukzessive Konzepte zur Bearbeitungvon schulischen Problemen ausgearbeitet und Verfahren entwickelt, die dieErgebnisse und Prozesse evaluierten. Im Zuge des Entwicklungs- und Erpro­bungsprozesses wurden die Konzepte angesichts der Erprobung in der Praxisimmer wieder überarbeitet. Zugleich hat die Erprobung und Reflexion der Kon­zepte dazu geführt, dass die schulische Praxis verändert wurde. Mit dieser Vor­gehensweise wurde erreicht, dass "Theorieanwendung" und "Theoriebildung"eng miteinander verzahnt wurden (Euler/Sloane 1998: 313). Der Entwicklungs­prozess vollzog sich als ein "zirkulärer Prozess im Zyklus von Konzeption ­Implementation - Reflexion - Konzeption etc." (Euler/Sloane 1998: 322) Diesermöglichte, dass die im Rahmen des Modellversuchs erstellten Handreichun­gen die Produkte nicht nur im Detail inhaltlich vorstellen, sondern auch zahlrei­che kommunikativ validierte Hinweise für deren Implementation geben.

Bei den Produkten ,Lempartnerschaft' und ,Berufswahlpass' ist deren Ent­stehung nicht in dem Maße nachzuvollziehen wie bei den Produkten der Ge-

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schäftsstelle ,Schule-WirtschaftlArbeitsleben'. Bei beiden Produkten lagen zuBeginn des Transfermodellversuchs kaum Hinweise zur innerschulischen Im­plementierung vor. Bei der dem Produkt ,Lempartnerschaft' fehlten sogar Ziel­beschreibungen. Dies legt die Vermutung nahe, dass die Produkte zwar in Zu­sammenarbeit mit der Praxis entwickelt wurden, aber dies nicht einem struktu­rierten Prozess von "Konzeption - Implementation - Reflexion - Konzeption"(ebd.) eingebunden war. Zum Berufswahlpass wurden die fehlenden Erkennt­nisse zur innerschulischen Implementierung im Rahmen des anderen Teilprojek­tes (intemetgestützte, prozessbegleitende Lehrerfortbildungen, Claves 2008) desModellversuchs gewonnen (siehe Kapitel 3.1.2).

3.2.2 Produkte und deren Wirksamkeit

Der Transfermodellversuch unterstellt, dass sich durch die Einführung und Um­setzung der Produkte Effekte auf den unterschiedlichen Ebenen einstellen. Zudieser Annahme ist es gekommen, weil im Zuge von Vorgängermodellversu­chen ein Teil der Produkte (siehe unter (1)) im Rahmen handlungsforschenderAnsätze (im Sinne der Praxisforschung) entwickelt worden sind und die Bewäh­rung der Produkte in der Praxis im Zuge dieses Forschungsansatzes überprüftwurde. Damit besteht ein Erkenntnisstand über die Wirksamkeit der Produkte(dazu Nickolaus/Ziegler/Abel/Eccard/Aheimer 2006). Hinzu kommt, dass, wennes darum geht, Schulwirklichkeit zu verändern, Ansätze, die der Praxisfor­schung (z.B. AltrichterlPosch 1998) angelehnt sind, erfolgreicher sind, als sol­che, die der klassischen empirischen Sozialforschung folgen (Klafki 2001).Diese Auffassung teilt auch Felix Rauner (2004), der eine transferorientierteModellversuchstypologie vorgelegt hat.

In der Entwicklungs- Erprobungs- und Evaluationsphase wurde bei folgen­den Produkten im Rahmen dieses Modellversuchs dem Ansatz der Praxisfor­schung gefolgt: Duales Orientierungspraktikum, Individuelle Förderplanung zurberuflichen Integration, Vor- und Nachbereitung von Schülerbetriebspraktika.Bei der individuellen Förderplanung zur beruflichen Integration wurde sogarüber die gesamte Projektlaufzeit eine Verbleibsstatistik gefiihrt. Diese zeigt,dass nur Schulen benachteiligte und behinderte Jugendliche in den ersten Ar­beitsmarkt integrieren können, die die zentralen Konzeptelemente umsetzen. Fürden Berufswahlpass liegt eine eigene Studie vor (Arnold 2006), die die Wirk­samkeit des BWP beschreibt. Für das Produkt ,Lempartnerschaften', wie es imRahmen des Transfermodellversuchs eingesetzt wurde, gibt es keine explizitenHinweise für dessen Wirksamkeit.

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3.2.3 Dokumentation der Produkte

Die Produkte liegen dokumentiert vor. Neben den inhaltlichen und curricularenAspekten enthalten die Dokumentationen auch Hinweise zur Implementation inSchule, die während der Erprobungsphase in den Vorgängermodellversuchen(Praxisforschungsprojekten) generiert wurden. Zudem sind die Produkte starkprofiliert, das heißt sie defmieren Problemlagen, Ziele, erforderliche Maßnah­men, Zielgruppen etc. im besonderen Maße. Weiterhin wurden sie adressaten­orientiert aufbereitet. Sie sollen den TransfersteIlen neben regelmäßigen Work­shops als Arbeitsgrundlage für ihre Schulberatung dienen und den Schulen fürdie schulspezifische Umsetzung zur Verfügung gestellt werden.

Folgende Produkte werden im Rahmen des Projektes ,Berufsorientierungim Verbund' dokumentiert:

• Berufswahlpass (im Folgenden BWP) für Schüler der Sekundarstufe I(entwickelt und erprobt durch den Nordverbund, SWA-Programm). DerBerufswahlpass liegt umfassend dokumentiert vor (www.berufswahl­pass.de). Allerdings fehlte zu Beginn des Projektes ein schlüssiges Imple­mentationskonzept. Dieses wurde im Rahmen des anderen Teilprojektes(Intemetgestützte, prozessorientierte Lehrerfortbildung) des Modellver­suchs ,Berufsorientierung im Verbund' entwickelt.

• Lempartnerschaften. Dieses Produkt hat eine Transferstelle eingebracht'",die in diesem Bereich bereits umfassende Erfahrungen vorweisen konnte.Sie hat auch eine Dokumentation vorgelegt. Diese ist im Vergleich zu denandem Dokumentationen weniger umfangreich und enthält keine Hinweisezur Implementation.

• Vor- und Nachbereitung von Schülerbetriebspraktika für Schüler der Se­kundarstufe I (entwickelt, erprobt und evaluiert durch die Universität Biele­feld, Geschäftsstelle ,Schule-WirtschaftlArbeitsleben')

• Duales Orientierungspraktikum für Schüler der Sekundarstufe II (entwi­ckelt, erprobt und evaluiert durch die Universität Bielefeld, Geschäftsstelle,Schule-WirtschaftlArbeitsleben')

• Individuelle Förderplanung zur beruflichen Integration (entwickelt, erprobtund evaluiert durch die Universität Bielefeld, Geschäftsstelle ,Schule­WirtschaftlArbeitsleben', Teilprojekt ,Beruf im Zentrum - Eingliederungbenachteiligter Schüler - BiZEbS')

14 Das Produkt wurde den Beratern der TransfersteIle im Rahmen des Workshops vom 21./22.Januar 2005 durch die Transferstelle, die bereits Erfahrungen mit der Implementierung von Lern­partnerschaften hatte, vorgestellt.

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Die Erstellung der Dokumentationen der Produkte wurde unabhängig von denAnforderungen der Berichterstattung (z. B. Zwischenberichte) im Rahmen derProjekte geleistet. Mit diesen Dokumentationen der Produkte wurde eine zentra­le Voraussetzung für die Transferfähigkeit geschaffen (siehe Kapitel 2.3.5), wiesie in wissenschaftlichen Beiträgen zum Transfer genannt werden.

3.2.4 Problemadäquatheit der Produkte

Die Produkte beinhalten pädagogische Konzepte zur Bearbeitung von aktuellenund virulenten Problemen im schulischen Alltag. Abgesichert wurde dies zu­nächst durch die sehr frühe Beteiligung der schulischen Akteure an der Analyseund Beschreibung des Problems bzw. der schulischen Ausgangslage (siehe unterKapite13.2.1). Der Anlass für die Entwicklung eines Produktes ergab sich somitaus einem Problem der Praxis. Im Zuge der Entwicklung des Produktes wurdedie Angemessenheit des Produktes für die Bearbeitung des Problems durch eineAktions-Reflektions-Spirale im Forschungs- und Entwicklungsprozess geprüft.D. h. es wurde im Zuge einer Kooperation zwischen unterschiedlichen Akteurender Wissenschaft, der Bildungsadministration und der Schule ein pädagogischesKonzept entwickelt, um dem gemeinsam defmierten Problem zu begegnen. DasKonzept wurde in der Schille erprobt und evaluiert und auf der Basis der Eva­luationsergebnisse wiederum weiter verbessert. Am Ende dieses Prozesses sollteein Produkt stehen, welches das Problem angemessen bearbeitet. Vor diesemHintergrund wird des Weiteren schemenhaft skizziert, welche Probleme dieeinzelnen Produkte aufgreifen.

Den schulischen Berufsorientierungskonzepten mangelt es an Struktur undan Elementen der Individualisierung von Berufsorientierungsprozessen. DerBerufswahlpass liefert hierfür ein umfassendes Konzept.

Die Integration in den ersten Arbeitsmarkt stellt für Absolventen der För­derschulen den Einzelfall dar. Die Individuelle Förderplanung zur beruflichenIntegration macht es sich zur Aufgabe, Ausbildung durch unterschiedliche,ineinandergreifende, die gesamte Oberstufe der Förderschule betreffende Maß­nahmen systematisch anzubahnen.

Jugendliche, die voraussichtlich das Abitur erlangen werden, haben einenhohen Orientierungsbedarf hinsichtlich der Gestaltung der weiteren Berufsbiog­raphie, der in der Sekundarstufe 11 der Schulen eher selten bedient wird. DasDuale Orientierungspraktikum ist ein Baustein zur Förderung der Studienorien­tierung von Schülern.

Das Schülerbetriebspraktikum ist als Element des Berufsorientierungskon­zeptes im Schulsystem weitgehend etabliert. Die Vor- und Nachbereitung des

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Praktikums hingegen nicht. Die Vor- und Nachbereitung von Schülerbetrlebs­praktika unterstützt die Entwicklung eines schulischen Konzeptes mit hand­lungsorientierten Modulen und methodischer Vielfalt.

Aktuelle wirtschaftsbezogene Themen im Unterricht zu thematisieren, stelltfür Lehrer angesichts des schnellen Wandels der Arbeits- und Berufswelt eineHerausforderung dar. Lernpartnerschaften ermöglichen die Zusammenarbeit mitExperten aus der Wirtschaft im Unterricht.

3.2.5 Produkte und Schulentwicklung

Die Produkte sprechen die für Schulentwicklungsprozesse bedeutsamen Ebenenan (Rolff 2000): einzelne Lehrer, den Unterricht, die Schule als Organisationund die Beziehungen zu außerschulischen Akteuren. Letztere wird mit Blick aufRolff (2000) im Rahmen der vorliegenden Studie ergänzt, weil sie bei der Ein­fiihrung von studien- und berufsorientierenden Konzepten eine zentrale Rollespielt. Mit der Implementierung einzelner Produkte sollen somit Entwicklungs­prozesse in Gang gesetzt werden, die sich auf die genannten Ebenen beziehen.Für Dieter Ewer (2001) stellt die Verknüpfung von Modellversuchsergebnissen(Produkten) mit Aktivitäten der Schulentwicklung eine zentrale Bedingung desTransfers dar. Die Grundlage hierfür wurde in den Vorgängermodellversuchengeschaffen: die Konzepte wurden im Rahmen von Schulentwicklungsprojektenim Bereich der Studien- und Berufsorientierung entwickelt. Vor allem wird diesam BiZEbS-Projekt erkennbar (siehe KochIKortenbusch 2007). NachfolgendeTabelle gibt hierzu an Beispielen einen Überblick. Eine detaillierte Beschrei­bung, inwieweit die Ebenen betroffen sind, würde den Rahmen der vorliegendenStudie sprengen. Ausführliche Angaben hierzu sind in der Handreichung "Indi­viduell fördern in der Berufs- und Studienorientierung" (KochIKortenbusch2009) zu finden.

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Tabelle 4: Betroffene Ebenen bei der Einführung und Umsetzung der Produkte

Produkt Berufskoordinator, Unterricht, Schule als Organi- Beziehung zuz.B. z.B. sation, außerschuli-

z.B. sehen Akteuren,z.B.

Duales lernt das Konzept Berichte der Einrichtung eines Aufbau einesOrientie- und seine Facetten teilnehmen- Praktikums in der Netzwerkes zurungsprak kennen und ist den Schüler Sekundarstufe 11 Hochschulentikum verantwortlich fiir in den nach- und Integration und Betrieben

die innerschulische folgenden dieses BausteinUmsetzung Jahrgängen zur Berufsorientie-

rung in das Schul-programm

BWP lernt das Konzept Einführung Information und Systematisierungund seine Facetten desBWP in Beteiligung des der Beziehungenkennen und ist unterschiedli- Kollegiums am zu außerschuli-verantwortlich fiir ehe Unter- Konzept der Be- sehen Akteurenseinen Teil der richtsfächer rufsorientierung ininnerschulischen der SchuleUmsetzung

Indivi- lernt das Konzept individuelle Implementation Aufbau undduelle und seine Facetten Förderung des Konzeptes in VerbesserungFörder- kennen und ist von berufsre- der Oberstufe der Kooperationplanung verantwortlich fiir levanten (7-10) mit einzelnenzur beruf- seinen Teil der Kompetenzen Betrieben, dielichen innerschulisehen durch offene als Ausbildungs-In tegra ti- Umsetzung Unterrichts- betriebe in Frageon formen kommenLernpart- lernt das Konzept Durchfiih- Schaffung von Aufbau einernerschaf- und seine Facetten rung von Gesprächsanlässen dauerhaftenten kennen und ist Projekten im auf verschiedenen Kooperation zu

verantwortlich fiir Unterricht Ebenen: Eltern, einem Unter-seinen Teil der Lehrern und Schü- nehmeninnerschulischen lern, die die kultu-Umsetzung relle Einheit der

Schule fordernVor- und lernt das Konzept Vor- und gemeinsame Vor- Aufbau vonNachbe- und seine Facetten Nachberei- gehensweise in Kooperationenreitung kennen und ist tung des SBP einer Jahrgangs- zu Betrieben, dievonSBP verantwortlich fiir im Unterricht stufe zur Vor- und Betriebserkun-

seinen Teil der Nachbereitung dungen ermögli-innerschulischen von SBP chenUmsetzung

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3.2.6 Produkte und Implementierungstiefe

Die Produkte verfügen über unterschiedliche Implementierungstiefen und kön­nen mit unterschiedliche ,Tiefe' eingeführt werden. Letzteres gilt vor allem fürProdukte, die eine hohe Implementiemngstiefe haben. Die Implementierungstie­fe kann über das Ausmaß der erforderlichen Veränderungen im Zuge einesSchulentwicklungsprozesse und/oder die zu erreichenden Prozessziele operatio­nalisiert werden.

Die Implementiemngstiefe eines Produktes lässt sich beschreiben über Zie­le, die eine Schule erreicht haben sollte, um ein Produkt erfolgreich eingeführtzu haben. Der Berufswahlpass ist beispielsweise (weitere Zielbeschreibungen zuden einzelnen Produkten befinden sich in der Anlage) eingeführt, wenn(KochIKortenbusch 2009, Heft 2, S. 45):

• "das Konzept der Berufsorientierung innerhalb der Schule und nach außenbekannt ist.

• wichtige Inhalte/Tätigkeiten der Schüler bescheinigt werden.• die Förderung der Berufsorientierung und die kontinuierliche Arbeit mit

dem BWP Aufgabe des gesamten Kollegiums sind.• die Verantwortlichkeiten im Bereich der Berufsorientierung innerschulisch

klar geregelt sind.• das Kollegium mindestens halbjährlich einen Erfahrungsaustausch zum

Stand der Arbeit mit dem BWP in einer Jahrgangsstufe realisiert und gege­benenfalls Materialien und Inhalte überarbeitet.

• der Berufswahlpass in unterschiedlichen Fächern eingesetzt wird.• eine Lernplanung und -beratung regelmäßig durchgeführt wird.• ein Konzept zur Übergabe des BWP an die Schüler vorliegt.• stabile, längerfristige Kooperationsbeziehungen zu Einrichtungen und

Betrieben existieren.• Schule und Eltern im Berufsorientierungsprozess kooperieren.• das Berufsorientierungskonzept genderspezifische Ausgangslagen der

Schüler berücksichtigt.• das Konzept zuwanderungsspezifische Ausgangslagen der Schüler berück­

sichtigt. "

An dem Beispiel der ZielbeschreibungeniZustandsbeschreibungen wird noch­mals deutlich, dass alle Ebenen von Schulentwicklung durch die Einführung undUmsetzung betroffen sind. Sind alle Ziele erreicht, kann davon ausgegangenwerden, dass das Produkt mit hoher Qualität nachhaltig eingeführt wurde. Istnur ein Teil der Ziele erreicht, befindet sich die Schille entweder noch am An-

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fang ihres Einführungsprozesses oder sie verzichtet auf eine qualitativ guteEinführung.

Der BWP und die Individuelle Förderplanung zur beruflichen Integrationstellen Produkte mit einer hohen Implementationstiefe dar. Sie verlangen durchihre Implementation auf allen Ebenen von Schulentwicklung umfassende Ver­änderungsprozesse. Das Duale Orientierungspraktikum hingegen hat eine gerin­ge Irnplementationstiefe: ein Lehrer ist in der Lage, die Einführung zu organi­sieren, die Schulleitung muss nur zustimmen, und organisatorische Veränderun­gen seitens der Schule sind nicht sehr weit reichend.

3.3 Externe Schulberatung als Instrument des Transfers

Externe Schulberatung als strukturbildendes Merkmal des nordrhein-west­fälischen Schulsystems gibt es weitgehend nicht. Der Auftrag der Schulaufsichtberatend tätig zu sein, beschränkt sich auf die Formulierung von Entwicklungs­zielen auf der Basis der Ergebnisse der Qualitätsanalyse. Es ist zu vermuten,dass die Schulen auch ohne vorherige Qualitätsanalyse ihre Schwächen hättenbeschreiben können. Der Prozess der Bearbeitung der Defizite scheint vor die­sem Hintergrund sehr viel bedeutender und auch schwieriger zu sein. Vereinzeltsind Ansätze vorhanden, die dem Ansatz der externen Schulberatung folgen undsich regional (z.B. Herforder Bildungsbüro, Bertelsmann Stiftung) und personell(z.B. Rolff 2000, Institut fiir Schulentwicklungsforschung) etabliert haben.Schulberatung wird im Rahmen des Modellversuchs ,Berufsorientierung imVerbund' zunächst als Prozessberatung verstanden. Sie zielt darauf, Schulen beider Implementation der Produkte zu unterstützen. Adressaten der Schulberatungsind einzelne Lehrer als Multiplikatoren ihrer Schulen, Lehrerteams, die fürbestimmte Aufgabenstellungen in ihrer Schule verantwortlich sind, und ganzeKollegien. Als Berater fungieren die Projektmitarbeiter der Transferstellen unddie BiZEbS-Lehrer. Wie die Beratung erfolgen kann, gehört zum Entwicklungs­auftrag der Transferstellen und der BiZEbS-Lehrer im Rahmen des Modellver­suchs ,Berufsorientierung im Verbund'. Die Berater entwickeln und erprobenBeratungsmaßnahmen. Die begleitende Evaluation des Modellversuchs ,Berufs­orientierung im Verbund' ermöglicht eine systematische Erfassung der Ergeb­nisse dieser Entwicklungsarbeit und eine gemeinsame Reflexion über erfolgrei­che und weniger erfolgreiche Vorgehensweisen.

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4 Empirischer Zugang

Im Rahmen der vorliegenden Studie fmdet keine empirische Überprüfung ein­zelner Aspekte des Modells statt. Ziel ist es vielmehr, die Einflussfaktoren undWechselwirkungen sichtbar zu machen. Aufgrund der Erkenntnisse zur Trans­ferforschung (siehe Kapitel 2.2, 2.3 und 2.4) wurde ein vorläufiges Verständnisüber den Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung entwickelt sowie imZuge des Forschungsprozesses systematisch, regelgeleitet und kategorienbasiertdifferenziert.

In diesem Kapitel wird der empirische Zugang dargestellt und begründet.Zunächst werden die Leitgedanken des evaluatorischen Ansatzes beschrieben.Dann erfolgt eine Darstellung des Verlaufs der Erhebung und der zentralenFragestellungen.

4.1 Forschungsansätze

In der Erhebung werden zwei Forschungsansätze miteinander kombiniert: derForschungsansatz der Cluster-Evaluation und jener der Fallanalyse. Der Trans­fermodellversuch bestand aus sechs Teilprojekten und einer koordinierendenStelle, die alle auf das gleiche Ziel ausgerichtet waren: die Erhöhung der Quali­tät berufsorientierender Konzepte in Schule durch den Transfer von Ergebnissender Praxisforschung. Die Koordinierungsstelle trat als forschende Einheit ge­genüber den fünfTransferstellen und der BiZEbS-Projektgruppe als beforschtenEinheiten auf. Damit diese Rolle bei den Beforschten auf Akzeptanz und aufBereitschaft zur Mitarbeit trifft, sind Regeln der Interaktion zwischen beidenGruppen erforderlich, die nicht aus klassischen Forschungsdesigns ableitbarsind (Jäger et al. 2003). Beispielsweise wurde bei der Präsentation von Ergeb­nissen die Anonymität der TransfersteIlen und BiZEbS-Berater durchgängiggewährleistet, um die Bereitschaft zu erhöhen, auch über weniger erfolgreicheStrategien des Transfers zu berichten. Oder es wurde darauf verzichtet, als for­schende Einheit direkten Kontakt mit den beratenen Schulen aufzunehmen, umdie Beratungsbeziehung zwischen Transferstellen und Schule nicht zu stören.Die Cluster-Evaluation als Forschungsansatz bietet hierzu zahlreiche Hinweiseund Anregungen zur Ausgestaltung der Evaluation in diesem Sinne.

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B. Koch, Wie gelangen Innovationen in die Schule?, DOI 10.1007/978-3-531-92872-2_4,© VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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Die Fallanalyse ermöglicht eine vertiefte Betrachtung des Beratungsfalls ,Schu­le', zu dem eine Reihe von Datenmaterial vorliegt. Es geht darum, hemmendeund fördernde Faktoren externen Transfers zu ermitteln. Zudem erfolgt eineAnalyse der Effekte auf der Ebene der einzelnen Schule.

4.1.1 Cluster-Evaluation

In dieser Erhebung wird ein überwiegend qualitativer Zugang gewählt. Quanti­tative Erhebungen und Auswertungen erfolgen, um die Daten für qualitativeAnalysen vorzustrukturieren. Es sollen Erkenntnisse zu der Frage gewonnenwerden, wie Innovationen in die Schule gelangen können. Zu Beginn der Erhe­bung bestand eine Modellvorstellung (siehe Kapitel 2.2, 2.3 und 2.4), die durchdie Erhebung konkretisiert werden soll. Damit hat sie explorativen Charakter.

Die Erhebung folgte dem Ansatz der Cluster-Evaluation, die für den Mo­dellversuch ,Berufsorientierung im Verbund' besonders geeignet erschien.Durch ihre immanenten Regeln dient die Cluster-Evaluation als Handlungsrah­men für die Interaktion von Forscher und Beforschten (Worthen/Sanders/Fitz­patrick 2004). Der Modellversuch hatte zum Ziel, die Qualität der schulischenArbeit im Bereich der Berufsorientierung zu verbessern. Dies sollte durch denTransfer von erprobten Innovationen geschehen. Regionale TransfersteIlen unddie BiZEbS-Lehrer sind damit beauftragt worden, Schulen zu motivieren, dieInnovationen einzuführen und umzusetzen. Sie sollten zudem die Schulen wäh­rend dieses Prozesses professionell begleiten. Wie die Transferstellen und Leh­rer dies umsetzen, sollten sie selbst entwickeln. Dafür nutzen sie ihre eigenenRessourcen und agierten in ihren unterschiedlichen institutionellen und regiona­len Kontexten. Für dieses Projektdesign eignen sich die bekannten Ansätze dermultizentrischen Programmevaluation nicht oder nur bedingt (FitzpatrickJSan­derslWorthen 2004). Während die herkömmlichen Evaluationsansätze versu­chen, den Einfluss bestimmter Bedingungen zu kontrollieren, ist in dem Ansatzder Cluster-Evaluation gerade durch seinen flexiblen Zugang die Chance enthal­ten, Erkenntnisse zur Fragestellung des Projektes zu gewinnen. Der BegriffCluster ist nicht zu verwechseln mit der Cluster-Analyse der empirischen Sozi­alforschung. Hier meint Cluster die Zusammenfassung unterschiedlicher Teil­projekte mit gleicher Zielsetzung zu einem Cluster. Die Evaluation bezieht sichdann auf das gesamte Cluster. Zugleich können auf der Ebene der einzelnenTeilprojekte eigene Evaluationen durchgefiihrt werden. Dies ist zum Teil in denTransfersteIlen auch geschehen. Hierfür hat die Koordiniemngsstelle Evaluati­onsinstrumente zur Verfügung gestellt, die eine dezentrale und projektbezogeneEvaluation erleichtern sollten.

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Mit der Cluster-Evaluation sollen Erkenntnisse über das gesamte Projekt ge­wonnen und zugleich soll eine Unterstützung der Projekte in ihrer Umsetzungvor Ort geleistet werden. Die Evaluation hat noch eine weitere Funktion: sieleistet einen Beitrag zur Steuerung des gesamten Projektes. Hierbei geht es inerster Linie darum, dass die einzelnen beteiligten Akteure Maßnahmen durch­führen, die im Sinne des Projektes zielführend sind. Das Forschungskonzept dervorliegenden Erhebung ist somit der intervenierenden Begleitforschung zu­zuordnen (Sloane 1998).

Zunächst wird beschrieben, welche Anforderungen eine Evaluation imRahmen dieser Erhebung erfüllen sollte, um dann darzustellen, welche Lösun­gen die Cluster-Evaluation hierfür bereithält (in Anlehnung an Haubrich 2001).

Anforderungen an die Evaluation multizentrischer, innovativer Projekte mitmehreren relativ autonomen Projektstandorten und einer koordinierenden Stelle(Haubrich 2001):

• Die Evaluation soll Erkenntnisse auf der Projektebene liefern.

Das zu evaluierende Projekt hatte acht Projektstandorte (sechs Transferstellen,eine BiZEbS-Projektgruppe und die Koordinierungsstelle), die relativ autonomunter unterschiedlichen Bedingungen (z.B. ist der Zugang zu Produkten institu­tionell unterschiedlich) die Projektziele realisieren sollten. Eine zentrale Aufga­be der transferierenden Stellen bestand darin, hierfür Strategien zu entwickeln.Damit waren die Verfahren zur Erreichung von Projektzielen nicht standardi­siert, wie dies bei quasi-experimentellen Forschungsdesigns der Fall sein müss­te. Es wurde ein Ansatz benötigt, der trotzdem Erkenntnisse auf Projektebeneliefern kann.

• Die Evaluation soll dazu beitragen, dass das Projekt ,verstanden' wird.

Das Projekt ,Berufsorientierung im Verbund' wurde von der Geschäftsstelle,Schule-Wirtschaft/Arbeitsleben' der Universität Bielefeld entwickelt. Beteiligtan der Umsetzung des Projektes waren das Ministerium für Schule und Weiter­bildung des Landes NRW, das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Sozialesdes Landes NRW, das Kultusministerium Hessen, sechs Transferstellen und dieUniversität Bielefeld, Geschäftsstelle ,Schule-Wirtschaft!Arbeitsleben'. Damitdas Projekt im Sinne seiner Zielsetzungen an den unterschiedlichen Transfer­stellen umgesetzt wurde, bestand ein hoher Bedarf an Klärung und Diskussion

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dahingehend, welche Projektaktivitäten in welcher Weise, welche Dimensionendes Projektes erfüllen. Zur Unterstützung dieses Prozesses waren die Ministe­rien kontinuierlich einzubeziehen.

• Die Evaluation muss Veränderungen im Projektverlauf unterstützen undberücksichtigen.

Das Projekt wollte für die Praxis Beratungsansätze entwickeln, die Schulendabei unterstützen, ihre Innovationsrate zu erhöhen. Dabei sollten im Zeitverlaufunterschiedliche Herangehensweisen erprobt werden. Zudem sollte ermitteltwerden, welche Strategien weniger Erfolg versprechen. Hierzu war eine regel­mäßige Reflexion über Prozesse und Ergebnisse erforderlich, für die die Evalua­tion die Daten liefern musste.

• Die Evaluationsergebnisse sollen die verschiedenen Interessen der Projekt­beteiligten an ihrer Nutzung beachten.

Die Geschäftsstelle ,Schule-WirtschaftIArbeitsleben' hatte überwiegend dasInteresse, zu Erkenntnissen zu gelangen, die die Transferforschung und Schul­entwicklungsforschung betreffen. Dazu wollte sie den Projektansatz entspre­chend seiner Intention umgesetzt sehen. Die beteiligten Ministerien hatten dasZiel, zu möglichst guten Ergebnissen zu gelangen, die zur politischen Legitima­tion eindeutig quantifizierbar sind. Nur gute Ergebnisse erhöhen nicht unbedingtden Erkenntnisgewinn. Die Evaluation würde seitens der TransfersteIlen nur aufAkzeptanz treffen, wenn sie Anregungen für ihre Arbeit vor Ort bekommen unddie Evaluation die Quantität und Qualität ihrer Arbeit angemessen (valide) er­fasst.

Nachstehend wird beschrieben, wie durch die Anwendung der Cluster-Eva­luation den benannten Anforderungen begegnet werden kann. Es werden imFolgenden vier zentrale Aspekte erläutert (in Anlehnung an Haubrich 2001).

.Jt looks across a group of projects to identify common threads and themes that,having cross-confirmation, take on greater significance;" (Worthen/Schmitz 1997:303)

Die Cluster-Evaluation betrachtet es als Chance zur Gewinnung von Erkenntnis­sen, dass verschiedene Projektstandorte unter unterschiedlichen Rahmenbedin-

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gungen mit eigenen Strategien versuchen, die Projektziele zu erreichen. DieCluster-Evaluation führt vergleichende Betrachtungen durch, um gemeinsameThemen und Zusammenhänge auf der Projektebene zu erkennen. Sie untersuchtdie Wirkungen der Implementation. Sie identifiziert erfolgreiche und -lose Stra­tegien, so dass die einzelnen Standorte ihre Arbeit vor dem Hintergrund derErgebnisse reflektieren und verbessern können (formative Leistung). Die ge­sammelten Erfahrungen sollen ferner durch das systematische Herausarbeitenvon Gemeinsamkeiten und Unterschieden für die Praxis in Schule und Beratung,die Politik und die Forschung, Erkenntnisse für eine Weiterentwicklung desArbeitsfeldes zur Verfügung stellen (verallgemeinerbare Erkenntnisse). Einesummative Bewertung der eingesetzten Strategien und erprobten Ansätze sollschließlich Informationen für die Bildungsplanung und -politik bereitstellen.

.Jt seeks not only to leam, ,what happened' with respect to a group ofprojects, but,why those things happened';" (Worthen/Schmitz 1997: 303, Herv. im Original)

Die Cluster-Evaluation strebt eine Rekonstruktion der kontextuellen Bedingun­gen an, unter denen die Strategien und Ansätze erprobt wurden. Dies schafft dieVoraussetzung für die Anwendung bewährter Strategien und Ansätze in anderenKontexten. Zugleich wird auch ermittelt, welche Strategien und Ansätze zurErreichung der Projektziele eingesetzt werden. Zusammenhänge und Schluss­folgerungen werden unter Einsatz unterschiedlicher Datenquellen und Berück­sichtigung der verschiedenen Sichtweisen der Projektbeteiligten überprüft. Diegewonnenen Daten werden bereits frühzeitig im Projektverlauf dargestellt,interpretiert und bewertet und regelmäßig mit den Projektbeteiligten diskutiert(siehe Kapitel 4.3). Die Ergebnisse des gesamten Evaluationsprozesses werdenmit den Projektbeteiligten kommunikativ validiert und damit nochmals hinsicht­lich ihrer Genauigkeit und Vollständigkeit überprüft (siehe Kapitel 4.3).

.Jt happens in a collaborative way that allows all players - (...) - to contribute toand participate in the process so that what is leamed is of value to everyone; (...)"(Worthen/Schmitz 1997: 303)

Cluster-Evaluationen sind partizipatorisch angelegt. Cluster-Evaluationen voll­ziehen sich in Kooperationen, die es allen Beteiligten ermöglichen, an der Pla­nung und Durchführung der Evaluation teilzuhaben und dazu beizutragen (siehedazu in Kapitel 4.3). Der Prozess der Evaluation und seine Ergebnisse sollen zueinem Lernprozess für alle Beteiligten und damit für jeden nützlich werden. DieErgebnisse der Evaluation werden kontinuierlich und systematisch mit den Pro­jektbeteiligten reflektiert (siehe Kapitel 4.2), um eine Weiterentwicklung derArbeit der Projekte zu unterstützen. Dies beinhaltet, dass Cluster-Evaluationen

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offen bleiben müssen für Veränderungen und Entwicklungen der Projekte inihrem Verlauf. Veränderungen sind sogar erwünscht, wenn sie mit Blick auf dieProjektziele eher zum Erfolg führen. Dies hat zur Konsequenz, dass nicht alle,Outcomes' der Cluster-Evaluation (z.B. ,Produkt eingeführt', ,Produkt nichteingeführt', ,Produkt nur vorgestellt' und ,zu früh') von vornherein festgelegtwerden, wenn Entwicklungen an den einzelnen Standorten gefördert werdensollen. Im Projektverlauf muss zusammen mit den Projektbeteiligten die Auf­stellung der zu überprüfenden ,Outcomes' entsprechend der gewonnenen Er­kenntnisse verändert, Indikatoren definiert und Erhebungsinstrumente angepasstwerden.

"The relationship between the projects and the external evaluators conducting thecluster evaluation is confidential. Information is reported back to the Foundation inaggregate. ( ... )" (Worthen/Schmitz 1997: 303)

Im Rahmen der Cluster-Evaluation werden keine bewertenden Aussagen übereinzelne Berater vorgenommen. Die Beziehung zwischen den einzelnen Bera­tern und der koordinierenden Stelle, die die Evaluation durchführt, ist vertrau­lich. Ergebnisse des Projektes werden nur auf das gesamte Programm bezogenveröffentlicht. Ergebnisse einzelner Berater gelangen niemals an die Öffentlich­keit. Die Gewährleistung von Anonymität ist für die einzelnen Berater einezentrale Voraussetzung für die Bereitschaft, über Probleme und Schwierigkeitenebenso zu berichten, wie über Erfolge.

Ein zentrales Problem dieses relativ neuen Ansatzes ist es, dass keine odernur wenige Erfahrungen vorliegen (Haubrich 2001), welche Methoden im Rah­men des Ansatzes einzusetzen sind. In der Literatur werden beispielsweise Fall­analysen und qualitative Methoden als geeignet angeführt (FitzpatrickJSan­dersIWorthen 2004: 481), die im Rahmen der vorliegenden Erhebung auch zurAnwendung kommen.

4.1.2 Fallanalyse

Die Fallanalyse wird als Forschungsansatz empfohlen, wenn der Forschungs­stand bezüglich eines Sachverhaltes als noch wenig entfaltet gelten muss (Fi­scher 1983, Dedering 2007). In den vorausgegangenen Kapiteln wurde die For­schungslage zum externen Transfer von Modellversuchs-, Praxisforschungs­und Forschungsergebnissen im Bereich von Schule dementsprechend bewertet.Der Fall ist die einzelne beratene Schule. Vollzogen wurde die Beratung entwe­der durch die TransfersteIlen oder die BiZEbS-Lehrer. Aufgabe und Ziel der

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Fallanalyse in der vorliegenden Studie ist eine Mikroanalyse des Transferpro­zesses im Sinne einer formativen Begleitforschung über einen längeren Zeit­raum (im Rahmen der Erhebung etwa über zwei Jahre). Die Fallanalyse ist da­mit gekennzeichnet durch eine längerfristige, systematische und gegenüber dem,Fall' auch kritische Vorgehensweise (siehe dazu KunzelMeyer 1999). DerTransferprozess bezieht sich in der vorliegenden Erhebung sowohl auf Schulen,die die Ergebnisse der Praxisforschung implementieren, als auch auf die Bera­ter, die Schulen bei der Implementation unterstützen sollen. Untersuchungsein­heiten der Fallstudie sind alle Handlungen, die unternommen werden, um dasProdukt zu implementieren. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt auf denBeraterhandlungen und sich daraus ergebenen Handlungen in Schule (Lehrer­handlungen und Schulleiterhandlungen), soweit diese durch die Erhebungsin­strumente sichtbar werden. Um mit Blick auf das Ziel der Mikroanalyse vonTransferprozessen erfolgreiche von weniger erfolgreichen Handlungen unter­scheiden zu können, werden Beratungserfolge im Sinne einer summativen Be­gleitforschung sowohl aus der Sicht der Berater als auch aus der Sicht der bera­tenen Schulen erfasst und ebenfalls in die Fallanalyse integriert.

Fallanalysen ermöglichen eine wissenschaftliche Rekonstruktion vonHandlungsmustem auf der Basis von alltagsweltlichen realen Handlungsfiguren(Demmer-Dieckmann 2005). Ziel ist es, einen genaueren Einblick in das Zu­sammenwirken einer Vielzahl von Faktoren zu erhalten. Die Aufmerksamkeitist darauf gerichtet, möglichst viele Merkmale und Prozesse des Falls zu erfas­sen. Es geht darum, die Komplexität des Falls nachvollziehbar darzustellen(HorstkemperlTi1lmann 2003). Fallanalysen "stellen (... ) einen eigenen empiri­schen Zugang zur sozialen Wirklichkeit dar", (... ) der durch kontrolliertesFremdverstehen zu interpretierenden und typisierenden Aussagen kommen will(ebd.: 47).

Folgende Schritte werden im Zuge einer Fallanalyse durchlaufen (Fischer1983: 11):

• Erster Schritt: Aufbereitung der Falldaten zu einem Fallbericht (siehe auchAbbildung 9). Das Ergebnis dieses Schrittes wird in der vorliegenden Stu­die als ,verdichtete Fallbeschreibungen' bezeichnet.

• Zweiter Schritt: Durchfiihrung analytisch-interpretativer Fallstudien.• Dritter Schritt: Vergleich mehrerer Fallstudien miteinander.

Die Vergleichsdimensionen werden im Rahmen der Erhebung sowohl durch dasVorverständnis zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung (Subsumpti­on) als auch durch deren sukzessive Entwicklung im Auswertungsprozess (Ab­duktion) bestimmt.

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Anhand der Vergleichsdimensionen werden Textpassagen indiziert und an­schließend synoptisch analysiert (vgl. KellelKluge 1999). Ziel ist es, "alle rele­vanten Daten zu einem bestimmten Sachverhalt zusammenzutragen" (Kel­lelKluge 1999: 56). Die Analyse des Datenmaterials geschieht durch eine syn­optische, interpretative Analyse der .Rohdaten". (ebd.). Die Kategorien bildendie Bedingung für den "permanenten Vergleich" einzelner Textpassagen, derdann die qualitative Theoriebildung ermöglichen soll.

Die Kodiertechnik in der vorliegenden Erhebung kennzeichnet sich durchfolgende Strategien (KelleIKluge 1999), die durch das Programm MAXQDAunterstützt werden:

• Textpassagen werden indiziert durch die Zuordnung zu bestimmten Kate­gorien. Die Kategorien wurden zum einen aus dem Vorverständnis zumTransfer von Ergebnissen der Praxisforschung ermittelt. Zum anderen wur­den sie während des Auswertungsprozesses neu gebildet.

• Textpassagen, die bestimmte Kategorien gemeinsam haben, werden zu­sammengeführt und verglichen.

• Auf der Grundlage des Vergleichs werden Strukturen und Muster im Da­tenmaterial identifiziert, die dann zur Bildung neuer Kategorien und Subka­tegorien führen können.

• Das Ergebnis dieser Analyse bildet zu Beginn der Auswertung einen heu­ristischen Rahmen (KelleIKluge 1999), der im Laufe der Auswertung em­pirisch angefiillt wird.

4.2 Erhebungsmethoden

In einem ersten Schritt wurde ein Vorverständnis zum Transfer von Ergebnissender Praxisforschung in Schule entwickelt, welches neben den Leitlinien derCluster-Evaluation forschungs- und handlungsleitend :für die Datenerhebung imUntersuchungsfeld war. Das Vorverständnis ergab sich aus der vorliegendenForschung zum Innovationstransfer und zur Schulentwicklung sowie aus theore­tischen Überlegungen zu dieser Fragestellung (siehe Kapitel 2.1 bis 2.4).

In einem zweiten Schritt wurden Fragebögen und Interviewleitfaden er­stellt, die sich auf Transferbedingungen, -prozesse und -effekte beziehen. DieHerausforderung bestand darin, Daten zu gewinnen, die verdichtete Beschrei­bungen des Falls zulassen. Die Projektbeteiligten wurden mittels der Fragebö­gen dazu aufgefordert, ihre Handlungen (Beratungsaktivitäten und Netzwerkak­tivitäten) zu protokollieren. Darüber hinaus sollten sie den Erfolg ihrer Hand­lungen abschätzen. Fragebögen boten sich als zentrales Instrument an, da diese

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zum einen mit geringem Aufwand an den Adressatenkreis ausgegeben werdenkonnten und zum anderen keine zusätzlichen Termine auf die Adressaten zuka­men, wie dies z.B. bei Interviews erforderlich gewesen wäre. Mit Blick aufFallanalysen ist es möglich, standardisierte Befragungsmethoden" einzusetzen,wenn sie in eine :für qualitative Methodologie typische Forschungsstrategieeingebunden sind (Horstkemper/Tillmann 2003), wie dies im Rahmen der vor­liegenden Studie der Fall ist.

Die Instrumente wurden von allen Projektbeteiligten eingesetzt. Sie wurdenzudem im Laufe des Evaluationsprozesses überarbeitet. Anlass für die Überar­beitungen waren die regelmäßigen Diskussionen mit den Projektbeteiligten überdie Evaluationsinstrumente. Seit Juni 2005 liegen die endgültigen Fassungenvor. Die einzelnen Transferstellen und die BiZEbS-Lehrer hatten den Auftrag,die Fragebögen regelmäßig auszufüllen und der Koordinierungsstelle zuzulei­ten.

Zudem liegt eine Reihe von Protokollen zu den Workshops, durchgeführtvon der Koordinierungsstelle vor, die ebenfalls in die Auswertung einbezogenwerden.

Die anschließende Auflistung zeigt die eingesetzten Erhebungsmethodenund der Auswertung zu Grunde liegende Dokumentationen:

• Fragebogen zu den Netzwerkaktivitäten der Transferstellen mit geschlosse­nen Fragestellungen: Die Netzwerkaktivitäten sollen eine wichtige Voraus­setzung :für den Transfer darstellen. Der Fragebogen erfasst deren Inhalte,Adressaten, Zielsetzungen, zeitlichen Umfang etc. Es liegen 1728 doku­mentierte Netzwerkaktivitäten vor.

• Fragebogen zu den Schulberatungsaktivitäten mit offenen und geschlosse­nen Fragestellungen: Ein Fragebogen erfasst eine Schulberatungsaktivität.Dies kann beispielsweise eine schulinteme Fortbildung, ein Einzelgesprächoder ein Workshop zu einem Produkt sein. Es liegen bis zu 24 Beratungs­aktivitäten pro Schule vor, die zusammen genommen einen Beratungspro­zess abbilden. Insgesamt gibt es 890 Beratungsaktivitäten mit 209 Schulen,die einer Analyse unterzogen werden können. Die Form der Erhebung er­möglicht das Nachvollziehen von Transferprozessen.

• Fragebogen zu den Erfolgen/Effekten der Beratung mit offenen und ge­schlossenen Fragestellungen: Zu jeder beratenen Schule werden die wahr­genommen Effekte sowohl aus der Sicht des Beraters als auch aus der Sicht

IS Der Grad der Standardisierung der Fragebögen hat sich im Laufe des Projektes verändert: wäh­rend in der Anfangsphase der formativen Evaluation eine Reihe von offenen Fragen gestellt wurden,wurde der Fragebogen auf der Basis erster Ergebnisse stärker standardisiert (z.B. mit Blick auf diedurchgeführten Maßnahmen).

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der beteiligten Lehrer und/oder Schulleitung erfasst. Durch die beidenPerspektiven soll im Sinne einer Triangulation die Validität der Ergebnisseerhöht werden (Lamnek 2006). Zur Analyse stehen 209 Erfolgseinschät­zungen zur Verfügung. Die Transferstellen und die BiZEbS-Lehrer hattenden Auftrag Leitfrageninterviews durchzuführen. Diese Erhebung ermög­licht eine Einschätzung der Wirkungen von Transfermaßnahmen in quanti­tativer und qualitativer Hinsicht.

• Protokolle zu Workshops zur Einführung der Produkte mit den Transfer­stellen: Diese Workshops hatten zum Ziel, die Berater in die Produkte ein­zuführen.

• Protokolle zu Workshops zur Reflexion der Beratungsprozesse: Die Work­shops leisteten einen Beitrag zur Validierung der Daten aus den Fragebö­gen. Zudem ermöglichten sie noch differenziertere Beschreibungen der ab­gelaufenen Prozesse.

Durch die Art der Erhebung wurden besonders die Prozesse und deren Wirkun­gen in den Blick genommen. Es sollen im Sinne eines explorativen Forschungs­ansatzes Indikatoren ermittelt werden, die die Prozesse, die stattgefunden haben,beschreiben. Es geht darum, Wissen zu erlangen, "wo Schwierigkeiten, Konflik­te auftreten, unter welchen Bedingungen es leichter geht, unter welchen Bedin­gungen zusätzlich etwas getan werden muss" (PrenzeI2001). Das Datenmaterialbasiert somit im Wesentlichen auf Protokollen, die das Prozessgeschehen ausder Sicht der Berater und die Ergebnisse der Transferprozesse aus der Sichtsowohl der beteiligten Lehrer und/oder Schulleitung als auch des Beraters be­schreiben. Die Protokolle werden einer Inhaltsanalyse unterzogen.

Mit der Anwendung unterschiedlicher Untersuchungstechniken soll zumeinen eine Multiperspektivität der Betrachtung und zum anderen eine Kontrolledes Fremdverstehens erreicht werden (HorstkemperlTillmann 2003). Führenbeispielsweise die Workshops zur Reflexion und die Fragebögen zu den Schul­beratungsaktivitäten in der Auswertung zu ähnlichen Ergebnissen, kann dies dieInterpretation untermauern. Zeigen sich hingegen Abweichungen, sind weitereRecherchen erforderlich.

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4.3 Verlauf der Erhebung

Die Methoden zur Evaluation sind bei Berücksichtigung vorliegender empiri­scher und theoretischer Erkenntnisse vor dem Start des Projektes entwickeltworden.

Tabelle 5: Verlaufsplan der Cluster-Evaluation (siehe dazu auch Jäger 2003)

Zeit Aktivität Grundlage Ergebnis bezogen aufdie Evaluationsinstru-mente

vor Beginn Entwicklung des Vorläufiges Mo- Netzwerkfragebogendes Projek- Evaluationskonzep- delI zum Transfer Schulberatrnngsbogentes tes als Vorschlag von Innovationen Effektfragebogen

für die Projektbe-teiligten

Juni 2004 Aufbau des Netz- Unterstützungwerkes ,Berufs- durch das MSWorientierung im NRWunddasVerbund' MAGSNRW

Offizieller Einführung und Evaluationskon- überarbeitete Evalua-Beginn des Diskussion der zept tionsinstrumenteProjektes Evaluationsinstru- Anforderung der

mente und der Wissenschaftli-September Formen der Be- chen Begleitung2004 richterstattung an das Projekt

(Berichterstattunggegenüber denFinanzgebem)

ab Septem- regelmäßige Ver- Materialien zu den Protokolleber2004 anstaltungen mit Produkten

den Projektbeteilig- Einladung vonten zum ,Verste- Experten aus derhen' des Projektes Praxisund seiner Ziele

April 2005 erste Rückmeldung erste Auswertung Zwischenberichtüber die Ergebnisse der vorliegendendes Projektes: DatenZwischenbericht Aktivitätenlisten

der Transferstellen

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Fortsetzung Tabelle 5: Verlaufsplan der Cluster-Evaluation

Zeit Aktivität Grundlage Ergebnisab Sep- regelmäßige Überprüfung in der Praxis erprobte Protokolltember und Überarbeitung der Evaluationsinstrumen-2004 Evaluationsinstrumente te

durch Diskussionen unterden Beteiligten

Mai 2005 weit reichende Überarbei- Auswertung der vor- überarbeitetertung des Schulberatungs- liegenden Daten Schulbera-bogens aufgrund erster Berichte aus den tungsbogenvorliegender Ergebnisse Transferste lIen

Anfang Reflexionsworkshop: Strukturierte Berichte Protokoll2006 Prozesse der Beratung aus den TransfersteIlen

zum Prozess der Bera-tung

April Prozess- und Ergebnisbe- zweite Auswertung der Prozess- und2006 richt vorliegenden Daten Ergebnisbe-

richtMitte Reflexionsworkshop: Strukturierte Berichte Protokoll2006 Voraussetzungen der aus den Transfersteilen

Beratung zu den Voraussetzun-gen der Beratung

Novem- Vorstellung und Diskus- dritte Auswertung der kommunika-ber2006 sion der Ergebnisse im vorliegenden Daten tiv validierte

Lenkungsausschuss ErgebnisseJanuar Vorstellung und Diskus- dritte Auswertung der kommunika-2007 sion der Ergebnisse beim vorliegenden Daten tiv validierte

Transferstellentreffen Ergebnisse(projektmitarbeiter)

abDe- Abschlussbericht Abschließende Aus- Abschlussbe-zember wertung der vorliegen- richt2006 den Daten vorliegende

Anbindung an aktuelle StudieForschungslage

Die Evaluation ist sowohl formativ als auch summativ angelegt. Es wurdenAktivitäten (z.B. Workshops) durchgeführt, die zum Ziel hatten, den beteiligtenAkteuren Zwischenergebnisse und Rückmeldungen zu liefern, um das laufende

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Projekt zu verbessern. Zudem werden abschließend die Ergebnisse mit denZielen des Projektes anband festgelegter Kriterien verglichen.

4.4 Stichprobe

Mit Blick auf den gewählten Forschungsansatz und das Beobachtungsfeld derErhebung wird deutlich, dass kein repräsentativer Ausschnitt der Schulen inDeutschland betrachtet wird. Alle beteiligten Schulen sind Teil des Transfermo­dellversuchs ,Berufsorientierung im Verbund' und haben zudem auf freiwilligerBasis das Angebot der Transferstellen und der BiZEbS-Lehrer wahrgenommen.Somit fand in zweierlei Hinsicht eine Selektion statt, die gegen eine repräsenta­tive Stichprobe spricht. Eine Auswahl der Fälle, wie es von der qualitativenSozialforschung im Sinne eines "qualitativen Samplings" (KelleIKluge 1999:38f.) gefordert wird, konnte ebenfalls nicht realisiert werden. Die Stichprobe istdurch den Transfermodellversuch vorgegeben: jede beratene Schule stellt einenFall dar.

In der qualitativen Forschung wird eine "theoriebezogene (inhaltliche)Repräsentativität" (Lamnek 2005: 193) der Stichprobe angestrebt. Diese sollüber eine angemessene Zusammenstellung der Stichprobe erreicht werden. DerBegriff der Repräsentativität vermittelt, dass durch die Auswahl der Stichprobeeine verkleinerte Abbildung der Grundgesamtheit hergestellt wird. Dies solleine Übertragbarkeit der Ergebnisse der Erhebung auf die Grundgesamtheitgewährleisten. Diese Form von Repräsentativität ist in qualitativen Forschungs­designs nicht das Ziel. Vielmehr geht es um die Minimierung der Wahrschein­lichkeit für die Erhebung bedeutsame Informationen nicht erhoben zu haben("Prinzip der Varianzmaximierung", Reinders 2005: 134). Der untersuchte Ge­genstand soll soweit erschlossen werden, dass (auch durch neue Daten) keineneuen Erkenntnisse mehr erwartet werden können (,Konzept der theoretischenSättigung': Glaser/Strauss 1967). Bezogen auf Fälle als Untersuchungseinheitenwird angestrebt, "theoretisch bedeutsame Merkmalskombinationen" bei derAuswahl der Fälle möglichst umfassend zu berücksichtigen (KelleIKluge 1999:38). Das zentrale Ziel dieser Bemühungen ist auch hier die Verallgemeinerung:die gewonnenen Erkenntnisse sollen sich nicht nur auf die untersuchten Fällebeziehen, sondern auch auf andere Fälle übertragbar sein. Die Ergebnisse sinddann exemplarisch und in diesem Sinne generalisierbar. Die qualitative For­schung hat unterschiedliche Methoden zum Sampling entwickelt, um das Krite­rium einer theoriebezogenen Repräsentativität zu erfüllen (KelleIKluge 1999).Entweder wird zu Beginn der Studie die Stichprobe anband bestimmter Merk­male festgelegt oder die Entscheidung über eine weitere Datenerhebung erfolgt

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sukzessive auf der Basis gewonnener Erkenntnisse. Beide Zugänge eignen sichnicht, ex post die Qualität der Stichprobe zu beurteilen, wie dies bei der vorlie­genden Studie notwendig wäre. Vor diesem Hintergrund wird die Frage, ob die,fiir die Fragestellungen der vorliegenden Studie, relevanten Fälle berücksichtigtworden sind, an anderer Stelle nochmals aufgegriffen (siehe Kapitel 9.6).

Um einen Überblick über das Beobachtungsfeld der vorliegenden Studie zuerhalten, soll im Folgenden die Stichprobe beschrieben werden. Nachfolgendwerden zuerst die Schulen näher dargestellt, anschließend die Beteiligungen derinnerschulischen und außerschulischen Akteure vorgestellt und zum SchlussDaten zu den Produkten, die Gegenstand der Beratung waren, präsentiert.

Die in diesem Kapitel vorgestellten Daten sind alle in SPSS eingegebenworden. Mit diesem Programm erfolgte die deskriptive Auswertung.

4.4.1 Beteiligte Schulformen

Die Produktpalette im Rahmen des Modellversuchs ermöglichte es, allen Schu­len der Sekundarstufe I und II ein Angebot zu unterbreiten. Somit ist mit Blickauf die Beteiligung der Schulen zu erwarten, dass alle Schulformen vertretensind. Einen Überblick über die realisierte Stichprobe gibt die Abbildung 7.

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Abbildung 7: Prozentuale Verteilung der Schulformen imTransferrnodellversuch (nur NRW-Transferstellen) und inNRW 16

Berufskolleg(n=4)

Gesamtschule(n= 38)

Gymnasium(n= 34)

Realschule(n= 30)

Hauptschule(n= 59)

Förderschule(n = 44)

I I I I11,8

I:J 1,7

1

I6,7

II 11,0

I I I19,5

16,2

I I I I17,3

I

I I 16,8

I I I 1

22,5 - I 34,1

I I I 1

22,2

20,2 II I I

o 5 10 15 20 25 30 35 40

- NRW (n = 3216) Transfermodellversuch (n = 209)

Die Abbildung zeigt, dass alle Schulformen sich an dem Transferrnodellversuchbeteiligt haben. Allerdings sind im Vergleich zur Verteilung der Schulformen inNRW einige Abweichungen zu verzeichnen. So ist der Anteil an Gesamtschulenund Hauptschulen der Stichprobe höher, während Gymnasien, Realschulen undFörderschulen leicht und das Berufskolleg deutlich unterrepräsentiert sind. Die

16 Die Zahlen wurden unter folgender Intemetadresse http://www.schulministerium.nrw.deIBP/Schulsystem/Statistik/2006_07lQuantita2006Nr359.pdf ermittelt.

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Verteilung der Schulformen am Transfermodellversuch ist erwartungsgemäß: inGesamtschulen und in Hauptschulen ist das Problem eines aus Schülersichtgelungenen Übergangs besonders virulent. Während in Berufskollegs die Auf­gabe der Berufsorientierung der Schüler durch die berufliche Ausrichtung derBildungsgänge nicht mehr gesehen wird, obwohl das Problem mangelnderOrientierung in einigen Bildungsgängen faktisch vorhanden ist.

Eingesetzte Ressourcen seitens der Schulen

In der Zeit vom 1. September 2004 bis zum 31. August 2006 beteiligten sichLehrer von 210 Schulen an etwa 2403 Stunden Beratungsaktivitäten. Hierbeihandelt es sich nur um Beratungszeit. Die Zeit, die für die Einfiihrung der Pro­dukte benötigt wird, ist hier nicht berücksichtigt. Hier wird das Potenzial anRessourcen deutlich, welches über Schulen in die Arbeit eingebracht wird, wennsie Angebote unterbreitet bekommen, die von ihnen als nützlich erachtet wer­den.

4.4.2 Schulentwicklungsberater

In dem Modellversuch ,Berufsorientierung im Verbund' haben zwei Gruppenzur Implementierung der Produkte beraten, die im Folgenden beschrieben wer­den.

• Die Projektmitarbeiter und abgeordneten Lehrer der Transferstellen fun­gierten als Schulentwicklungsberater.

Die Projektmitarbeiter und die abgeordneten Lehrer haben entweder jeweilsallein oder im Team beraten. Wurde gemeinsam eine Schille beraten, war derBeratungsumfang pro Person zum Teil unterschiedlich. Dieser Sachverhalt wirdin den Kategorien ,trifft eher zu' und ,trifft eher nicht zu' abgebildet. Die Kate­gorie ,Abgeordneter Lehrer in seiner eigenen Schule' bedeutet, dass der ab­geordnete Lehrer in seiner eigenen Schule als Berater aufgetreten ist und an derImplementierung einzelner Produkte beteiligt war. Unter die Kategorie ,Sonsti­ge' fallen externe Referenten, die von den Projektmitarbeitern der TransfersteI­len beauftragt wurden, bestimmte Aufgaben im Beratungsprozess zu überneh­men. Die nachstehende Tabelle gibt eine Übersicht zu der Verteilung der Bera­tungsaktivitäten nach Beratern.

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• Die acht BiZEbS-Lehrer haben in vier Tandems (immer zwei Lehrer proSchule) beraten.

Vor diesem Hintergrund zeigt die nachstehende Tabelle zeigt die Verteilung derBeratungsaktivitäten nach Beratern.

Tabelle 6: Verteilung der Beratungsaktivitäten nach Beratern

Projektmitarbeiter abgeordnete LehrerBiZEbS-Lehrer

Häufigkeit Prozent Häufigkeit Prozenttrifft zu 603 67,8 407 45,7trifft eher zu 56 6,3 59 6,6trifft eher nicht zu 75 8,4 96 10,8trifft nicht zu 148 16,6 318 35,7keine Angabe 8 0,9 10 1,1Gesamt 890 100,0 890 100,0

horizontale Fortsetzung der Tabelle 6

abgeordneter Lehrer sonstigein seiner eigenen Schule

Häufigkeit Prozent Häufigkeit Prozent

trifft zu 9 1,0 133 14,9trifft eher zu 0 0,0 9 1,0trifft eher nicht zu 6 0,7 10 1,1trifft nicht zu 116 13,0 728 81,8keine Angabe 759 85,3 10 1,1Gesamt 890 100,0 890 100,0

Die meisten Beratungsaktivitäten erfolgten somit durch die Projektmitarbeiterund die BiZEbS-Lehrer (67,8 %). Bei sehr wenigen Beratungsaktivitäten hat derabgeordnete Lehrer der Transferstelle in seiner eigenen Schille bei der Einfüh­rung einzelner Produkte als Berater fungiert (1 %). Bei 45,7% der Beratungsak­tivitäten waren die abgeordneten Lehrer als Berater tätig.

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4.4.3 Adressaten der Beratung: innerschulische und außerschulische Akteure

Die Adressaten der Beratung waren in erster Lehrer, Schulleitungen, Schüler,Eltern, Betriebe, Hochschulen und Arbeitsagenturen. Dies ergibt sich aus derkonzeptionellen Ausrichtung der einzelnen Produkte. Die Teilnahme an demTransfermodellversuch war :für alle innerschulischen und außerschulischenAkteure freiwillig.

Tabelle 7: Verteilung der Beratungsaktivitäten nach schulinternen Akteuren

Hauptan- in Pro- beteiligt in Pro-sprechpart- zent zent

Akteure nerEltern 24 1,8 11 2,1Maßgebliche Lehrer 96 7,3 77 14,6einzelner Lehrer 275 21,0 97 18,4Berufskoordinatoren 542 41,4 53 10,0Klassenlehrer 103 7,9 97 18,4Arbeitslehrelehrer 82 6,3 83 15,7Schüler 43 3,3 18 3,4Schulleitung 183 10,9 92 17,4Summe 1308 100,0 528 100,0

Die Tabelle zeigt, dass die Berufskoordinatoren am häufigsten Hauptansprech­partner der Beratungsaktivitäten waren. Dies war angesichts der thematischenAusrichtung des Modellversuchs zu erwarten. Relativ häufig waren auch dieSchulleitungen Hauptansprechpartner. Die Unterstützung durch die Schulleitungstellt bei erfolgreichen innerschulischen Entwicklungsprozessen eine wichtigeBedingung dar. Die relativ hohe Beteiligung der Schulleitungen an den Bera­tungsaktivitäten kann ein Hinweis dafür sein, dass diese die Funktion im Rah­men des Modellversuchs auch wahrgenommen haben. Die Unterscheidung zwi­schen ,Hauptansprechpartner' und ,beteiligt' wurde getroffen, um den unter­schiedlichen Stellenwert der schulinternen Akteure in Beratungsprozessen zumAusdruck zu bringen. So haben an einem Workshop beispielsweise mehrereLehrer einer Schule teilgenommen. Die Absprachen bezüglich einer weiterenVorgehensweise im Beratungsprozess erfolgte dann aber nur mit dem Hauptan­sprechpartner.

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Schüler

Im Beratungsprozess selbst kommen die Schüler als Mitglieder der Schulkonfe­renz vor. Ansonsten sind sie Zielgruppen jeglicher Einführungsprozesse, wie dieÜbersicht in Kapitel 5 verdeutlicht.

Tabelle 8: Verteilung der Beratungsaktivitäten nach schulextemen Akteuren

Hauptan- in Prozent beteiligt in Pro-sprech- zent

Akteure partnerBetriebe 62 22,5 18 31,6Agentur für Arbeit 36 13,1 7 12,3Hochschule 41 14,9 2 3,5Sonstige 136 49,5 30 52,6Summe 275 100,0 57 100,0

Schulexterne Akteure waren dann Adressaten der Beratung, wenn die Koopera­tion mit ihnen für die Implementierung einzelner Produkte erforderlich war.Zum Beispiel kann eine Lempartnerschaft nur dann aufgebaut werden, wenn dieSchu1e über ein Unternehmen verfügt, mit welchem sie kooperieren kann. ImVerhältnis zu den schulintemen Akteuren fällt die Beteiligung bei den Schulex­temen deutlich geringer aus. Dies liegt u.a. daran, dass nur zwei Produkte dieBeteiligung externer Akteure voraussetzten: Das Duale Orientierungspraktikumund die Lempartnerschaften. Die Kategorie ,Sonstige' ist prozentual gesehen,relativ stark vertreten (49,5 %). Folgende Akteure, die dieser Kategorie zu­zuordnen sind, wurden beispielsweise in den Beratungsprozess einbezogen:Schu1sozialarbeiter, Vertreter des Elternbeirats, Vertreter des Integrationsfach­dienstes, Vertreter der Handwerkskammer, Leitung der Volkshochschule, Ver­treter der RAA, Vertreter der katholischen Jugendhilfe. Hieran wird deutlich,dass in dem Feld der Berufs- und Studienorientierung beraten wurde, weil Ak­teure, die in diesem Feld tätig sind, einbezogen wurden. Die Unterscheidung,Hauptansprechpartner' und ,Beteiligte' wurde auch hier getroffen, um denunterschiedlichen Stellenwert der schulextemen Akteure im Beratungsprozesszum Ausdruck zu bringen. Bei der Initiierung von Lernpartnerschaften warendie Betriebe Hauptansprechpartner in Workshops mit berufsorientierendenThemen waren sie Beteiligte.

111

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4.4.4 Produkte/Innovationen als Gegenstand der Beratung

Die Abbildung 8 stellt die prozentuale Verteilung der Produkte, die Gegenstandder Beratung waren, dar. Auffällig ist, dass die einzelnen Produkte sehr unter­schiedlich häufig Gegenstand von Beratung waren. Dies hatte u.a. folgendeGründe:

• Den Beratern wurden keine Vorgaben bezüglich der Produkte gemacht. Siekonnten und sollten in der Region ihr eigenes Beratungsprofil entwickeln.Dies hatte zur Folge, dass beispielsweise ,Lernpartnerschaften' nur an zweiTransferstellen beraten wurden. Hingegen wurde der ,Berufswahlpass' vonjeder TransfersteIle aufgegriffen.

• Die Schulen haben die einzelnen Produkte unterschiedlich stark rezipiert.So traf der ,Berufswahlpass' bei den Schillen sofort auf Akzeptanz undwurde dementsprechend häufig zum Gegenstand der Implementierung.

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Abbildung 8: Prozentuale Verteilung der Produkte als Gegenstand derBeratung

Lempartnerschaften (n=38)

Individuelle Förderplanungzur beruflichen Integration (n=38)

Vor- und Nachbereitung vonSchülerbetriebspraktika (n=21)

Duales Orientierungs­praktikum (n=23)

Berufs­wahlpass (n=175)

59,3

o 10 20 30 40 50 60 70

n = 295 Produkte/ n = 209 Schulen

113

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4.5 Auswertungsdesign

In diesem Kapitel wird die Vorgehensweise zur Auswertung der Daten be­schrieben. Zunächst erfolgt eine Darstellung der einzelnen Auswertungsschritteder schulbezogenen Daten. Danach wird erläutert wie die Daten zu den Netz­werkaktivitäten ausgewertet werden.

4.5.1 Auswertung der schulbezogenen Daten

Mit Blick auf die in diesem Zusammenhang relevante Forschungslandschaftstellt die vorliegende Erhebung zunächst einen besonderen Fall dar. So verstehtsie sich als (Schul)begleitforschung (EckertlFichten 2005). Sie fokussiert dannaber nicht auf die Schule als lernende Organisation und leuchtet Teilbereicheund -prozesse dieses Sozialsystems aus (ebd.), sondern stellt die Beratungsakti­vitäten und deren Folgen für Schulen in den Mittelpunkt der wissenschaftlichenAnalyse. Weiterhin folgt sie einem qualitativen Forschungsparadigma, was fürdie Schulbegleitforschung aber ohnehin der Regelfall ist (ebd.). Das Besondereder vorliegenden Erhebung spiegelt sich nicht nur in den genutzten Forschungs­ansätzen der Cluster-Evaluation und der Fallanalyse wieder, sondern auch indem gewählten Auswertungsverfahren. Die Anpassung der Auswertungsverfah­ren an die Gegenstände der Forschung, bildet für die qualitative Forschung al­lerdings den Normalfall (WitzeI 1996: 49):

"In der empirischen Sozialwissenschaft, die in der Tradition des interpretativen Pa­radigma steht, gibt es keine ,Auswertungsmethode der Wahl', die verallgemeiner­bar auf alle Forschungsgegenstände anwendbar wäre. Der Wissenschaftler ist ge­halten, die notwendige Auswertungsschritte dem sozialwissenschaftliehen Gegen­stand und der ihm entsprechend gewählten Erhebungsmethode anzupassen."

Die Auswertung der Daten erfolgt in sieben Schritten:

1. Verdichtung des Datenmaterials zu Fällen. Ziel war es, dass Datenmaterialso zu strukturieren, dass es einer Auswertung zugänglich wird.

2. Erster Durchlauf der Fallrekonstruktion. In diesem Auswertungsschrittwurden erste Verstehensprozesse des Datenmaterials eingeleitet.

3. Bildung erster Kategorien für eine Kopplung von formativen und summati­ven Evaluationsergebnissen. Am Ende dieses Auswertungsschritts standdie Zuordnung der Fälle zu Erfolgskategorien. Die Ergebnisse wurden indie SPSS-Datei eingegeben, um Auswertungen bezogen auf die Erfolgska­tegorien durchführen zu können.

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4. Zweiter Durchlauf der Fallrekonstruktion: Eine fallbezogene Entwicklungvon Kategorien und Subkategorien. Ziel war es, Unterschiede herauszuar­beiten.

5. Fallkontrastrierung: Fallübergreifende und kategorienübergreifende Analy­sen mit Subkategorien aus der Subsumption und der Abduktion. Ein Er­gebnis dieses Auswertungsschrittes war eine Beschreibung unterschiedli­cher Beratungsmaßnahmen, die ebenfalls in die SPSS-Datei eingegebenworden sind, um weiterführende Auswertungen vornehmen zu können.

6. Entwicklung von Merkmalen zu den Kategorien und Konzepten, die trans­ferförderlich sind.

7. Entwicklung einer gegenstandbezogenen Theorie zum Transfer von Inno­vationen in die Schule.

Im Folgenden werden die sieben Schritte im Detail dargestellt.

Erster Schritt: Verdichtung des Datenmaterials zu Fällen

In einem ersten Schritt wurde das vorliegende Datenmaterial zu einzelnen Fäl­len verdichtet. Ein Fall stellt eine beratene Schule dar. Es liegen 209 Fälle vor.Die einzelnen Beratungsaktivitäten ergeben einen Beratungsprozess. Die Abbil­dung 9 zeigt, welche gewonnen Daten zu einem Fall verdichtet wurden.

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Page 117: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Abbildung 9: Einzelne beratene Schule als Fall und deren Datenmaterial

Prozess Ergebnisse/Erfolge/Effekte

Eine bis NSchulberatungs­aktivitäten(Codierung:Schule Nummer)

Bedingungen inSchule(Codierung:Schule Nummer­B)

einzelne beraten­de Schule als Fall

Bewertung desErfolgs aus derSicht der Berater(Codierung: SchuleNummer-E-B)

Erreichtes undnicht Erreichtesaus der Sicht derSchule(Codierung: Schu­le Nummer-E-S)

Förderliche und hemmen­der Faktoren aus der Sichtder Berater(Codierung:SchweNum­mer-F)

Zweiter Schritt: Fallrekonstruktion

Rolle der Beratung aus derSicht der Schule(Codierung: Schule Nummer­E-R)

In diesem Auswertungsschritt mussten zunächst die Fallbeschreibungen in eineOrdnung gebracht werden, die ein Nachvollziehen und einen Vergleich dereinzelnen Fälle möglich machten. Im Anschluss daran wurden Transferprozesseund -ergebnisse pro Schule nachvollzogen. Es ging darum, erste Verstehenspro­zesse einzuleiten und zu Vorinterpretationen zu kommen (Witzel 1996). In die­ser Phase der Auswertung ermöglichte die Fallrekonstruktion einen Überblicküber das Datenmaterial und bildete die Grundlage für den nächsten Auswer­tungsschritt.

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Dritter Schritt: Zuordnung der Fälle zu Kategorien (Fallgruppierung)

Die Zuordnung der Fälle zu den einzelnen Produkten konnte bereits zu Beginnder Auswertung durch eine Codierung der Daten in SPSS eindeutig vorgenom­men werden. Die Auswertungen in Abhängigkeit von den Produkten vorzuneh­men, ergibt sich zum einen aus den sehr unterschiedlichen Zielsetzungen derjeweiligen Produkte (dazu KochIKortenbusch 2009) und zum anderen ange­sichts erster Analysen des Datenmaterials aus den produktabhängigen und-spezifischen Verläufen des Transfers.

Die Zuordnung der Fälle zur Erfolgsform war hingegen aufwendiger: Zu­nächst mussten alle Fälle gesichtet bzw. rekonstruiert werden, um Erfolgsfor­men zu bilden. So zeigte sich, dass die aus dem Vorverständnis abgeleitetenKategorien ,eingeführt' und ,nicht eingeführt' zur Beschreibung des Erfolgesnicht ausreichend waren. Der "permanente Vergleich" (KelleIKluge 1999) dereinzelnen Fälle hat ergeben, dass die Kategorien ,zu früh', ,nur vorgestellt',,Vertiefung', ,Lehrerfortbildung' als weitere Beschreibungen des Erfolgs hin­zugefügt werden mussten. Zudem wurde anfangs vermutet, dass die Kategorie,nicht eingeführt' ein Scheitern während des innerschulischen Implementations­prozesses des Produktes darstellt. Dies war ebenfalls nicht der Fall (siehe dazuKapitel 6.1.2).17 Im Anschluss an die Bildung der Kategorien erfolgte dann einevollständige Zuordnung der Fälle. Ziel war es, die Heterogenität und Varianzdes Untersuchungsfeldes vollständig abzudecken (KelleIKluge 1999: 91), indemdie interne Homogenität (hohe Ähnlichkeit der Fälle) innerhalb der Gruppe unddie externe Heterogenität (großer Unterschied auf der Ebene der Typologie)

17 Diese Einschätzung ist in Zusammenhang mit der pädagogischen Konzeption der einzelnen Pro­dukte zu sehen. Alle Produkte erfordern für ihre Einführung einen innerschulischen Entwicklungs­prozess, der in der vorliegenden Studie in drei Phasen unterteilt wird: Initiierung, Implementierungund Institutionalisierung. Nach der Entscheidung für eine Einführung des Produktes (phase derInitiierung) wird dasProdukt Schritt für Schritt implementiert. Welche Schritte dies sein können, istin der Anlage 2 der vorliegenden Studie aufgeführt. In der Phase der Institutionalisierung wirdangestrebt, dass die Abläufe routiniert verlaufen. In der Kategorie .nicht eingefiihrt' wurde in derRegel keine innerschulische Entscheidung über die Einfiihrung des Produkts herbeigeführt, d. h. diePhase der Initiierung wurde nicht begonnen und damit auch nicht der Schulentwicklungsprozess.Diese Perspektive wird eingenommen, weil die Produkte nicht - wie vielleicht Unterrichtsinnova­tionen - von einem einzelnen Lehrer in seinem Unterricht eingefiihrt werden können. Die Produkteerfordern Veränderungen auf unterschiedlichen Ebenen von Schule (siehe Kapitel 3.2). In der Kate­gorie .nicht eingeführt' sind einzelne Lehrer an der Implementation gescheitert, weil sie es nichtgeschafft oder auch nicht gewollt haben, Schulentwicklungsprozesse in ihrer Schule zu initiieren. ZuBeginn der Untersuchung gab es die Erwartung, dass einige Schulen sich für eine Einfiihrung ent­scheiden und dann in der Phase der Implementation scheitern. Dies war nicht der Fall.

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Page 119: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

zwischen den Gruppen überprüft wurden (ebd.). Die Tabelle 9 zeigt die Zuord­nung der 295 Beratungsfalle (209 Schulen) zu den Konzepten und Kategorien.

Tabelle 9: Zuordnung der Beratungsfälle zu Konzepten und Kategorien

Konzept , Transfererfolg'Konzept einge- nicht nur zu früh Vertie- Lehrer-,Produkt' führt einge- vorge- fung fortbil-

führt stellt dungerfolg- Teil- Ent- Erfolg Produkt Produktreicher nahme schei- noch bereits nichtexterner an dung nicht einge- Gegen-Trans- Trans- gegen ein- führt: stand d.fer ferakti- eine schätz- Vertie- Fortbil-

vitäten, Einfüh- bar fung dung:keine rung ge- keineEinfüh- wünscht Einfüh-rung rung

Anzahl der FälleBerufs-

98 13 16 44 0 4wah lpassDualesOrientie-

15 1 5 2 0 0rungsprak-tikumVor- undNachberei-

1 3 16 1 0 0tungvonSBPIndividuel-le Fiirder- 15 4 15 4 0 0planungLernpart-

9 0 5 22 2 0nerschaften

Vierter Schritt: Fallrekonstruktion

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Page 120: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Dieser Auswertungsschritt umfasst die vertiefte Analyse der Fälle in den einzel­nen Kategorien. Ziel war es, Unterschiede zwischen den einzelnen Fällen ineiner Kategorie herauszuarbeiten, um Subkategorien bilden zu können. In die­sem Prozess war zum einen das Vorverständnis zum Transfer von Ergebnissender Praxisforschung leitend. Zum anderen wurden weitere Subkategorien he­rausgearbeitet.

Fünfter Schritt: Fallübergreifende Analyse in den Kategorien und kategorieü­bergreifende Analyse

Die Auswertung der Daten über die einzelnen Fälle hinweg erfolgte ebenfallskategorienbasiert. Die angewendeten Kategorien sind zum einen durch das Vor­verständnis zum Transfer von Innovationen bereits eingeführt worden (sieheKapitel 2.4; deduktive Ableitung bzw. Subsumption). Zum anderen sind imProzess des "permanente Vergleichs" weitere hinzugekommen (induktive Ablei­tung bzw. Abduktion). Ziel war es, nach inhaltlichen Sinnzusammenhängen zusuchen.

Die fallübergreifende Analyse in den einzelnen Kategorien und die katego­rienübergreifende Analyse werden in der Ergebnisdarstellung zusammengeführt,indem die Ergebnisse der Analysen den einzelnen Phasen eines Schulentwick­lungsprozesses zugeordnet werden. Dies sind die Phasen Initiierung, Implemen­tierung und Institutionalisierung.

Zu den zentralen Konzepten der vorliegenden Studie wurden Kategorienzur Analyse des Datenmaterials gebildet. Zum einen wurden sie aus dem Vor­verständnis zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung in Schule abge­leitet (Subsumption), zum anderen wurden sie als Konsequenz aus dem qualita­tiven Forschungsprozesses neu gebildet (Abduktion). Die folgende Tabelle zeigtdie Konzepte und die gebildeten Kategorien.

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Page 121: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Tabelle 10: Konzepte und Kategorien zur Analyse der Daten

Konzept Kategorien aus der Subsumption Kategorien aus der Ab-(deduktive Ableitung) duktion

(induktive Ableitune)Transfer- Aussagen der Berater in den protokollierten Aktivitäten underfolge Aussagen der befragten Lehrer und/oder Schulleitung

zum Erfolg der Implementierung ,eingeführt'eines Produktes ,nicht eingefiihrt'

,nur vorgestellt',zu früh'.Vertiefung'

Transfer- Aussagen der befragten Lehrer und/oder Schulleitung zueffekte: Effekten

bei SchülernOutputqualität bei Lehrem

bei Elternbei Schulleitungenauf der Ebene der Schule als Or-ganisation

auf der Ebene der Zusammenar-beit mit außerschulischen Akteu-renauf der Ebene des UnterrichtsAussagen der befragten Lehrer und/oder Schulleitung zuErreichtem und nicht Erreichtem

bezogen auf die Implementie-Prozess- rungstiefe eines Produktesqualität

bezogen auf erfolgte Auswahl-und Anpassungsprozesse im Zugeder Implementation

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Page 122: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Fortsetzung Tabelle 10: Konzepte und Kategorien zur Analyse der Daten

Kategorien aus der Sub- Kategorien aus der Abduktionsumption (induktive Ableitung)(deduktive Ableitung)

Konzept: Phase im Schulentwicklungsprozess

Phase I: Initiierung

Aussagen der Berater zu den Bedingungen und zum Erfolg der Beratung inden Gruppen .eingeführt' und ,nur vorgestellt' hinsichtlicheines Produktesder Beratungsaktivitäten indieser Phase

der Schule als Organisation fehlender Anschlussfähigkeit der Innovati-onszielefehlender Bereitschaft und/oder Fähigkeitdes Kollegiums eine Innovation einzufüh-rendes Bedarfs an innerschulischen Verände-rungen im Bereich der Berufsorientierungder Anschlussfähigkeit der InnovationszieleChancen der internen Entwicklung durchdas Beratungsangebot

der Lehrerder Eltern

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Page 123: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Fortsetzung Tabelle 10: Konzepte und Kategorien zur Analyse der Daten

Kategorien aus der Subsumption Kategorien aus der Abduktion (induk-(deduktive Ableitung) tive Ableitung)

Konzept: Phase im SchulentwicklungsprozessPhase 11: Implementierung

Aussagen der Berater zu den Bedingungen, den Aktivitäten und zum Er-folg der Beratung in der Gruppe ,eingeführt' hinsichtlichder Schule als Organisation Aspekten, die Einfiihrungsprozess er-

schwertenAspekten, die Einfiihrungsprozess er-leichterten

der Beratung als Prozessunters- initiierender Beratungsverläufetützung prozessbegleitender Beratungsverläufe

schulindividueller Beratungsverläufeder Lehrerschulinterner Lehrerfortbildung schulexterner Lehrerfortbildung

der Mitwirkung in Gremien der Schuleder Einzelgespräche mit Vertreterneiner Schuleder vorbereitenden und prozessbeglei-tenden Workshopsder Arbeitstreffen mit beteiligtenSchulenweiterer Maßnahmentransferfördernder Bedingungen imOuerschnitt

der Schulleitung Unterstützungsform, Unterstützungs-grad

Phase III: InstitutionalisierunzAussagen der Lehrer und/oder der Schulleitung zum Erreichten und nichtErreichtem sowie zur Rolle der Beratung in der Gruppe ,eingeführt' hin-sichtlichdes Einführungs- und Umset-zunasprozesses eines Produktesder Entwicklungsperspektive der Zusammenarbeit im Kollegium

weiterer Umsetzungsvorhabender Schülerder Lehrer in der eigenen Schule

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Sechster Schritt: Entwicklung von Kennzeichen und Merkmalen zu den Konzep­ten und Kategorien, die sich positiv aufden Transfer auswirken.

In der vorliegenden Studie werden zu folgenden Konzepten transferförderlicheMerkmale herausgearbeitet:

• Transfererfolge und -effekte• Wirkungsphasen im Schulentwicklungsprozess

Siebter Schritt: Entwicklung einer gegenstandbezogenen Theorie/eines Modells.

In diesem Auswertungsschritt werden die einzelnen Konzepte und ihre spezifi­schen Merkmale zu einer Theorie des Transfers von Innovation in Schule zu­sammengeführt.

4.5.2 Auswertung der Daten zu Netzwerken

Netzwerkaktivitäten wurden in der Erhebung durch einen Fragebogen erfasst.Die zentralen Ergebnisse werden in Kapitel 5 zusammengefasst beschrieben.Die qualitative Analyse der Schulberatungsaktivitäten hat ergeben, dass dortebenfalls Netzwerkaktivitäten durchführt worden sind. Die Ergebnisse dieserAnalyse werden in Auswertung zum Konzept ,Netzwerk' einbezogen. Für dieIdentifizierung der Netzwerke wurden folgende Kategorien verwendet:

Tabelle 11: Kategorien zur Analyse der Daten bezogen auf das Konzept,Netzwerke'

Konzept Kategorien der Subsumption (deduktive Ableitung)Aussagen der Berater in den protokollierten Aktivitäten und

Netzwerke in den protokollierten Workshopszur Rolle der Transferstellen in Netzwerken

zur Konkurrenz zwischen Schulberatungs- und Netzwerk-aktivitätenzur institutionellen Anbinduns der Netzwerkezu unterschiedlichen Arbeitsweisen in den Netzwerken

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Auch hier bestand das Ziel darin, Merkmale herauszuarbeiten, die ein transfer­förderliches Netzwerk beschreiben.

4.6 Fragestellungen der Erhebung

Leitende Fragestellungen der Erhebung beziehen sich auf die Schulentwick­lungsforschung und Transferforschung, auf die Bildungsadministration sowiedie Bildungspraxis in Form von Schu1e und Beratung. Ein vorläufiges Ver­ständnis von Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung mit den Konzepten,Produkte', ,Schulentwicklungsprozess' , ,Beratung', ,Netzwerke' und .Erfol­gelEffekte' liegt vor. Die Konzepte sollen in ihrem theoretischen Beziehungs­netz ausgearbeitet und verfeinert werden. Ziel war es, die Formulierung einergegenstandsverankerten Theorie bzw. eines Modells des untersuchten Phäno­menbereichs.

4.6.1 Forschung

Aus der Schu1entwicklungs- und Modellversuchsforschung wurde theoretischund empirisch begründet ein Vorverständnis abgleitet: Innovationen gelangendurch den Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung in Schule. Das Instru­ment des Transfers ist die Schulberatung, die an regionalen Netzwerken institu­tionell angebunden ist. Damit ist umrissen, dass es nicht um die ungezielte Ver­breitung, nicht um die Verstetigung am Innovationsort, sondern um die Imple­mentation von Innovationen an einem anderen Ort als dem Entstehungsort geht.Die Forschungsdefizite in diesem Bereich sind in den Kapiteln 2.2 und 2.3 um­fassend beschrieben worden. Die vorliegende Erhebung befasst sich somit mitTransferforschung und Schulentwicklungsforschung und lässt sich in diesemZusammenhang von folgenden Fragen leiten:

Transfererfolgel-effekte

• Welche Transferaktivitäten sind erfolgreich?• AufweIchen Ebenen wird der Erfolg sichtbar?• Welche Kriterien können der Abschätzung des Erfolges zu Grunde gelegt

werden?• Wie kann der Erfolg erfasst werden?

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Schulberatung

• Welche Maßnahmen erfolgen im Laufe eines Beratungsprozesses?• Wie sind die Beratungsverläufe zu beschreiben?• Welche Verläufe sind erfolgreich bzw, nicht erfolgreich?• Welche Maßnahmen sind erfolgreich bzw. nicht erfolgreich?• Wer ist Adressat der Beratungen?• Welche Funktionen übernimmt ein Berater?• Wie gestaltet sich der Einstieg in die Beratung?

Netzwerke

• Welche institutionellen Anbindungen sind für Netzwerke denkbar?• Welche Werkzeuge/Strategien von Netzwerken unterstützen den Transfer?• Welche Beziehungen zwischen den einzelnen Akteuren eines Netzwerkes

fördern den Transfer?

Produkte: Ergebnisse der Praxisforschung

• Welche Anforderungen sollte ein Produkt erfiillen, um transferfähig zusein?

• Wie sollte ein Produkte gestaltet werden, dass es selbst und seine Wirkun­gen für Rezipienten stärker sichtbar werden?

Schulentwicklungsprozess

• Welche innerschulischen Bedingungen sind identifizierbar, die den Prozessder externen Schulberatung als Instrument des Transfers von Modellver­suchsergebnissen fördern bzw, hemmen?

• Welche innerschulischen Bedingungen können gestaltet bzw. beeinflusstwerden, um eine positive Entwicklung zu fördern? Welche innerschuli­schen Bedingungen können nicht beeinflusst werden?

• Welche außerschulischen Bedingungen sind identifizierbar, die den Prozessder externen Schulberatung als Instrument des Transfers von Modellver­suchsergebnissen fördern bzw. hemmen?

• Welche Rolle spielt die Schulaufsicht?

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Gegenseitige Abhängigkeit der Einflussfaktoren

• Welche Beziehungen bestehen zwischen den Eigenschaften eines Produk­tes und der Bereitschaft einer Schule dieses zu rezipieren?

• Welche Beziehungen bestehen zwischen der Form der Beratungen und derQualität des Einführungsprozesses?

• Welche Kompetenzen von Lehrern werden durch die Beratung gefördert?

4.6.2 Praxis in Schule und Beratung

Die Erhebung hat einen Bezug zu den Praxisfeldern Schule und Beratung. Ausder Sicht der Kooperationspartner ist dieses Feld das für sie maßgebliche. DieDurchführung der Erhebung zum Modellversuch ist dagegen ein untergeordne­ter Tätigkeitsbereich, der weitgehend nur erfüllt wird, weil externe Anforderun­gen dies vorgeben. Um die Akzeptanz bei den Partnern für die Evaluation zuerhöhen, sollten sich die Evaluatoren die Frage stellen, welche Ergebnisse siefür die Weiterentwicklung des beruflichen Handelns der Berater bereithält. Ausdiesem Grund werden im Rahmen dieser Erhebung nicht nur Ergebnisse fürForschung und Bildungspolitik beschrieben, sondern auch für die Praxis inSchule und Beratung. Fragestellungen in diesem Zusammenhang sind:

• Wie gestalte ich als Berater eine Akquise von Schulen?• Welche Aspekte sind zu beachten, wenn ein Beratungsprozess durchge­

führt wird?• Wie sollte beraten werden? Welche Strategien führen zum Erfolg und wel­

che nicht?

4.6.3 Bildungspolitik und -planung

Aus den Ergebnissen der Erhebung sollen Empfehlungen fiir die Bildungspolitikentwickelt werden. Die Empfehlungen betreffen folgende Bereiche:

• Länderbezogene Lehrerfortbildung: Es sollen Ansatzpunkte gefunden wer­den, die die bestehende Lehrerfortbildung verbessern können.

• Schulentwicklung: Die Entwicklung von Schule stellt nach wie vor eineHerausforderung dar. Es soll aufgezeigt werden, welche Rahmenbedingun­gen geschaffen und wie die Veränderungsprozesse begleitet werden sollten,um die Leistungsfähigkeit von Schulen zu erhöhen.

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• Projektforderung durch unterschiedliche Finanzgeber. Die Transferfähig­keit von Modellversuchsergebnissen soll durch im Rahmen der Erhebungentwickelten Kriterien konkretisiert werden. Dies kann in Ausschreibungender Projektförderer als konkrete Anforderung für die Antragsteller Berück­sichtigung fmden.

Leitende Fragestellungen in diesem Zusammenhang sind:

• Woran sind transferfähige und qualitätsfördernde (transferwürdige) Pro­dukte erkennbar?

• An welchen Kriterien ist erkennbar, ob ein Projektantrag überwiegendDisseminations- oder Implementationsstrategien verfolgt?

• Lohnt sich die Investition in den Transfer von Modellversuchsergebnissen?

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Zweiter Teil:Ergebnisse der Erhebung

In diesem Teil der vorliegenden Studie werden die Ergebnisse der Erhebungvorgelegt. Die Darstellung orientiert sich an den zentralen Konzepten der Stu­die: Regionale und überregionale Netzwerke, Produkte/Innovationen, Transfer­erfolge und -effekte, Schulentwicklungsprozess sowie prozessbegleitendeSchulberatung.

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5 Wirkungen der Netzwerke'"

5.1 Regionale Netzwerke: TransfersteIlen und BiZEbS-Lehrer

Transfer im Sinne von Implementation ist die Anwendung von Konzepten, dieschulische Probleme bearbeiten, die in einem spezifischen, institutionellen undpersonellen Kontext entwickelt und erprobt wurden, auf Problemlagen in ähn­lich strukturierten Bereichen. Dissemination - im Sinne der Definition der vor­liegenden Studie (Kapitel 2.3.1) meint die Verbreitung transferwürdiger undtransferfähiger Ergebnisse aus Mod.ellversuchen beispielsweise durch Netz­werkaktivitäten bzw. forcierte Marketingaktivitäten. Aktivitäten zur Dissemina­tion können Implementationsprozesse nach sich ziehen. Dies wird von der vor­liegenden Forschung (siehe Kapitel 2.3.1: 44) allerdings zu Recht als sehr un­wahrscheinlich angesehen. Vor diesem Hintergrund wurden in der vorliegendenStudie Netzwerkaktivitäten von Schulberatungsaktivitäten unterschieden undmit verschiedenen Erhebungsmethoden erfasst (siehe Kapitel 4.2). Die Transfer­stellen hatten die Aufgabe einzuschätzen, ob sie eine Netzwerkaktivität odereine Schulberatungsaktivität unternommen haben. Als Konsequenz dieser Ein­schätzung sollte entweder der eine oder der andere Fragebogen ausgefiillt wer­den. Dies bedeutet: Netzwerke fiihrten sowohl Netzwerkaktivitäten als auchSchulberatungsaktivitäten durch.

Die gewonnen Daten sollten Aufschluss darüber geben, ob und in welcherForm Netzwerkaktivitäten und Schulberatungsaktivitäten einen Beitrag zumTransfer von Ergebnissen der Praxisforschung in dem Transferm.odellversuchgeleistet haben.

Eine quantitative Analyse der Daten aus dem Fragebogen zu den Netz­werkaktivitäten ergibt zunächst folgendes Bild: Insgesamt wurden in dem Be­richtszeitraum 1. September 2004 bis 15. November 2006 172819 Netzwerkakti-

18 Der Analyse zu Grunde liegende Daten: 1728 dokumentierte Netzwerkaktivitäten, 890 dokumen­tierte Schulberatungsaktivitäten, Protokollierter Workshop vom 22. Juni 2006, Erhebung der Schü­lerdaten.19 Insgesamt wurden in dem Zeitraum vom 1. September 2004 bis zum 31. August 2006 4579 Netz­werkaktivitäten durchgeführt. Bei den Kontakten, die weniger als eine Viertelstunde dauerten, sinddie Fragebögen sehr unterschiedlich gehandhabt worden: einige Transferstellen haben tatsächlich

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B. Koch, Wie gelangen Innovationen in die Schule?, DOI 10.1007/978-3-531-92872-2_5,© VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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vitäten durchgeführt, die länger als eine Viertelstunde dauerten. Dies beinhaltetedas Vorstellen und Informieren über das Projekt, die Durchführung von Veran­staltungen zum Projekt, die Akquise der relevanten Akteure (Hochschule, Schu­le, Agentur für Arbeit, Betriebe) zur Teilnahme am Projekt, die Beteiligung an,runden Tischen' zur Berufsorientierung, Beratungsgespräche seitens der Trans­ferstelle und Abstimmungsgespräche.

Die Berater der Transferstellen nannten im Wesentlichen folgende Ziele,die sie mit den Netzwerkaktivitäten verfolgterr":

• Herstellung von Kontakten,• Kennen lernen der Intentionen aller am Übergang SchuleIBerufBeteiligten,• Gemeinsame ,Richtungen' definieren,• den Schulen vorhandene Netzwerke ,verfügbar' machen,• Informieren, um Transparenz zu schaffen,• .Bewusstseinsprozesse' steuern und einleiten,• Doppelstrukturen verhindern - Kooperationen initiieren,• Produkte bekannt machen,• Erhöhung der Passgenauigkeit von Angebot und Nachfrage,• Öffnung Schule/Öffnung Wirtschaft,• Wissen und Erfahrung bündeln,• durch Netzwerkarbeit externe Partner aufmerksam machen auf schulinterne

Probleme und• Attraktivität als Anlaufstelle und kompetenter Ansprechpartner steigern.

Die Aufzählung verdeutlicht den Unterschied zwischen Netzwerkaktivitäten undSchulberatungsaktivitäten. Letztere zielten - im Gegensatz zu oben genanntenZielen - immer auf die Implementation eines Produktes.

Nahezu 60 Prozent der Netzwerkaktivitäten fanden mit Lehrern sowieSchulleitern statt, die zugleich auch eine zentrale Zielgruppe des Projektes dar­stellten. Dies verweist darauf, dass ein großer Anteil der Netzwerkaktivitätendurchgeführt wurde, um Schulen für eine Mitarbeit an dem Projekt zu gewin­nen. Dabei ging es auch darum, die Attraktivität als Anlaufstelle und kompeten­ter Ansprechpartner zu steigern. Die Transferstellen waren bei 64,7 Prozent derNetzwerkaktivitäten initiativ. 76,5 Prozent der Netzwerkaktivitäten waren An­schlusskontakte im Rahmen des Projektes. Drei Prozent der Netzwerkaktivitätenwurden über E-Mail oder Briefe vollzogen. 65,4 Prozent der Netzwerkaktivitä-

jeden Netzwerkkontakt erfasst, andere wiederum haben aus ihrer Sicht nur bedeutsame Kontakte indieser Kategorie dokumentiert. Aus diesem Grund wurden diese Kontakte nicht in die Auswertungeinbezogen.20 Aus dem Protokoll zum Workshop ,,Netzwerkaktivitäten" vom 22. Juni 2006.

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ten fanden face-to-face in der Transferstelle, in der Schu1e oder in einer anderenInstitution statt. 31,5 Prozent der Netzwerkaktivitäten wurden telefonischdurchgefiihrt. Der unmittelbare Kontakt, der es ermöglichte die weitere Vorge­hensweise aushandelnd zu besprechen, war somit für die Erreichung der spezifi­schen Zielsetzungen von zentraler Bedeutung. Folgende Zielgruppen wurdendurch die Netzwerkaktivitäten erreicht:

Tabelle 12: Dissemination in Zahlen: Erreichte Zielgruppen und Beteiligte

Zielgruppe NetzwerkaktivitätenAnzahl/Beteiligung aus denM ·/ifrl b .. 21etzwer age ogen

(1) (2)Schüler 20/26Lehrer 149/668Schulleitungen 89/368Eltern 14/26Betriebe 80/192Hochschulen 15/80Arbeitsagenturen 26/99Obere und mittlere Schu1aufsicht 22/61Untere Schulaufsicht 36/141Industrie- und Handelskammern 13/48Handwerkskammern 17/48Arbeitgeberverbände 17/73Projekte mit ähnlicher Fragestellung 67/221Moderatoren (abgeordnete Lehrer) 16/253Netzwerkberatung 2/53Sonstige

70/218(z.B. Arbeitskreise, Jugendberufshilfe)

n = 393/n = 1.72222

21 Insgesamt wurden in dem Zeitraum vom 1. September 2004 bis zum 31. August 2006 4579 Netz­werkaktivitäten realisiert. Bei den Aktivitäten, die weniger als eine Viertelstunde dauerten, sind dieFragebögen sehr unterschiedlich gehandhabt worden. Deswegen wurden diese Aktivitäten nicht indie Auswertung integriert.22 Diese Zahlen sind wie folgt zu verstehen: mit 393 unterschiedlichen Akteuren haben 1.722 Netz­werkaktivitäten stattgefunden.

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Bezieht man die Schulberatungsaktivitäten in die Analyse der Daten ein, wirderkennbar, dass es drei Formen von Schulberatungsaktivitäten mit ,Netzwerk­charakter' gab. Erstens waren dies Workshops, zweitens Erfahrungsaustauscheund drittens Netzwerkveranstaltungen zu einzelnen Produkten (siehe Kapitel7.2.2). Mit Blick auf die Fragestellung, ob und in welcher Form Netzwerke denTransfer fördern, zeigt eine vertiefte Analyse unter Berücksichtigung allerSchulberatungs- und Netzwerkaktivitäten folgendes:

1. Rolle der Trans/erstellen in Netzwerken

Die Transferstellen agierten zunächst als Gäste in Netzwerken. In dieser Funkti­on wurden sie eingeladen, ihre institutionelle Anbindung, das Vorhaben unddessen Ziele vorzustellen (z B. wurde eine Transferstelle darum gebeten, in demregionalen Arbeitskreis ,Sonderschulen und Berufsorientierung' das Vorhabenvorzustellen). Diese Aktivitäten hatten in der Regel die Dissemination von Mo­dellversuchsergebnissen zum Ziel.

Außerdem fungierten die Transferstellen als Mitglieder von Netzwerkenoder sie bewarben sich um eine Mitgliedschaft. Beispielsweise ist der Beirat,Schule und Beruf' in den Kreisen und kreisfreien Städten des Landes Nord­rhein-Westfalen ein Netzwerk, welches die Akteure der Berufsorientierungzusammenführt. Manche Transferstellen haben sich um eine Mitgliedschaftzunächst für die Projektlaufzeit beworben, wobei diese Bewerbungen immererfolgreich waren. Einige Transferstellen starteten bereits zu Beginn des Projek­tes als Mitglied des Beirats. In dieser Rolle hatten sie die Chance, Einfluss aufdie Ergebnisse der Arbeit des Netzwerkes gemäß der Projektziele des Modell­versuchs ,Berufsorientierung im Verbund' zu nehmen. Inwieweit dies gesche­hen ist, geht aus dem vorliegenden Datenmaterial nicht hervor. Es kann aller­dings davon ausgegangen werden, dass eine Reihe von Aktivitäten erfolgten, dieder Dissemination von Modellversuchsergebnissen dienten. Ein Zusammenhangzwischen solchen Aktivitäten und der Implementation von Produkten an Schu­len herzustellen, ist auf der Basis des Datenmaterials nicht möglich.

Die Transferstellen waren zudem Initiatoren und Moderatoren von Netz­werken. Zum Beispiel gründeten drei Transferstellen eigene Netzwerke zurEinführung und Umsetzung des Dualen Orientierungspraktikums. Diese Netz­werke bestanden aus folgenden Akteuren der Studien- und Berufsorientierung:Arbeitsagentur, Hochschulen, Lehrer, Betriebe, weitere Akteure der Studien­und Berufsorientierung und die Transferstelle selbst. Die Transferstellen initiier­ten und begleiteten diese Netzwerke beratend. In dieser Rolle konnten sie denmeisten Einfluss nehmen. Die Ziele des regionalen Netzwerkes waren durch das

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zu implementierende Produkt weitgehend vorgegeben und die Akteure handel­ten vor dem Hintergrund der regionalen Gegebenheiten aus, wie diese Ziele zuerreichen sind. Für die Transferstellen waren dies Schulberatungsaktivitäten,d. h. sie wurden über den Fragebogen zu Schulberatungsaktivitäten erfasst.

Angesichts dieser Analyse sind die Wirkungen der Netzwerkaktivitäten inAbhängigkeit von der Rolle, die die Transferstellen in den Netzwerken über­nahmen, zu beschreiben. Als Gäste und Mitglieder von Netzwerken trugen sieüberwiegend zur Dissemination transferfähiger und transferwürdiger Innovatio­nen bei, beispielsweise durch die Information der anderen Mitglieder über dieProdukte. Dass diese Aktivitäten seitens der Adressaten zu Implementationspro­zessen geführt haben, ist unwahrscheinlich. Denkbar ist es allerdings, dass einMitglied eines Netzwerkes (z.B. ein Lehrer) - initiiert durch die Vorstellungeines Produktes innerhalb eines Netzwerkes - den innerschulischen Implemen­tationsprozess beginnt.

Waren die Transferstellen hingegen Initiatoren, Moderatoren und Beratereines Netzwerkes, welches die Implementation eines Produkten in die Regel­praxis zum Ziel hatte und dafür die relevanten Akteure in der Berufsorientierungvereinte, stellten die Netzwerkaktivitäten eine zentrale Voraussetzungfür deninnerschulischen Transferprozess dar. Dies gilt besonders für Produkte, die nurin Kooperation mit anderen Akteuren der Studien- und Berufsorientierung um­zusetzen sind (z.B. Duales Orientierungspraktikum).

2. Konkurrenz zwischen Schulberatungsaktivitäten und Netzwerkaktivitäten

Im Verlauf der Projektarbeit hat sich gezeigt, dass hinsichtlich der Verwendungvorhandener Ressourcen (z.B. Zeit, Mitarbeiter) Netzwerkaktivitäten in Konkur­renz zu Schulberatungsaktivitäten standen. Die Ergebnisse der Evaluation, ge­wonnen aus den unterschiedlichen Datenquellen'", zeigen folgendes: Es bestandein beachtlicher Klärungsbedarf seitens der Akteure in den TransfersteIlen, mitwelchen Aktivitäten welche Zielsetzungen zu erreichen sind. Wer überwiegendNetzwerkaktivitäten im Sinne einer Dissemination durchgeführt hätte, hätte dieZielsetzungen des Projektes verfehlt. Angesichts limitierter Ressourcen musstenimmer wieder Ziele erläutert und geklärt sowie die durchgeführten Aktivitätenunter der Zielperspektive analysiert und reflektiert werden. Beispielsweise wärees für einen externen Transfer der Produkte nur bedingt zielführend gewesen,wenn ein Akteur in allen Arbeitskreisen der Region das Projekt, die Produkte

23 Datenquellen: (1) Protokoll zum Lenkungsausschuss vom 24. Juni 2005 im MAGS NRW, Düs­seldorf, (2) Protokolle zu den Workshops 29. September 2005, 10.111. Februar 2006 und 22. Juni2006 sowie (4) übersicht zu den Beratungsmaßnahmen der Transferstellen vom 22. März 2007.

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und deren Zielsetzungen vorstellt hätte und nur noch begrenzt Zeit gebliebenwäre, einzelschulische Beratungen durchzufiihren. Die Setzung von Prioritätenhinsichtlich ihrer Aktivitäten war für die Akteure in den TransfersteIlen auchschwierig, weil externe Partner gezielt Dienstleistungen in Form von Netzwerk­aktivitäten einforderten, die überwiegend der Dissemination von Modellver­suchsergebnissen zuzuordnen sind. Weiterhin waren Netzwerkaktivitäten erfor­derlich, um sich die Akzeptanz bei Schulen :für Schulberatungsaktivitäten zuerarbeiten. Angesichts vorstehender Erläuterungen ist es nachvollziehbar, war­um die Netzwerkarbeit einen erheblichen Zeitfaktor im Rahmen der gesamtenTransferstellenarbeit darstellte.

3. Institutionelle Anbindung der Netzwerke

In dem Vorverständnis zum Transfer von Innovationen in die Schule wurdedargestellt, dass die Einbindung der Schulaufsicht in die Beratungsprozesse denTransfer hemmen kann. So äußert sich ein Berater hierzu wie folgt: "Schul­amtsdirektorin hat alle verpflichtet, deswegen Unmut im Kollegium, was dieArbeit der BO-Koordinatorin erschwert''r" Ein anderer Berater stellt die Prob­lematik folgendermaßen dar: .Schulamtsdirektor hat verpflichtet, Basis derFreiwilligkeit fehlt,,25. Es gibt somit Hinweise dafür, dass die Schulaufsicht undderen Handlungen sich - bezogen auf die beratenen Schulen - negativ auswir­ken können; dies stand aber nicht in Zusammenhang mit der institutionellenAnbindung einer TransfersteIle. So hatten die beiden Transferstellen, die institu­tionell betrachtet Teil des Schulsystems (z.B. Amt für Schule und Weiterbil­dung) waren, nicht diese Problematik. Alle Berater der TransfersteIlen habenallerdings ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es erforderlich ist, sich deut­lich von der Schulaufsicht abzugrenzen. Es ging darum, den Schulen zu verdeut­lichen, dass man nicht als ,Erfiillungsgehilfe' der Schulaufsicht agiert.

4. UnterschiedlicheArbeitsweisen der Netzwerke

Quantitative und qualitative Unterschiede in der Beratungsarbeit der Transfer­stellen hängen vermutlich im Wesentlichen mit zwei Aspekten zusammen: Ers­tens mit dem Grad der Identifikation mit den Projektzielen, die von der Koordi­nierungsstelle in Zusammenarbeit mit dem MAGS NRW und dem MSW NRWvorgegeben wurden. Und zweitens mit dem Grad der Übereinstimmung von

24 Schule 89-F.2S Schule 188-F.

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bisherigen und im Projekt erforderlichen Arbeitsweisen zur Erreichung derZiele: je höher die Übereinstimmung, desto größer der Erfolg. Hierbei handeltes sich um Vermutungen, die im Rahmen weiterfiihrender Untersuchungen erstnoch bestätigt oder widerlegt werden müssten. Grundsätzlich ist festzuhalten,dass alle beteiligten Transferstellen die Projektziele erreicht haben. Wählt manInstitutionen für diese Arbeit aus, ist es wichtig, sie möglichst früh an einerDefmition der Projektziele zu beteiligen. Mit dieser Vorgehensweise wärenbezogen auf das gesamte Projekt vermutlich noch bessere Ergebnisse zu erzie­len gewesen. In der vorliegenden Studie wird im Sinne der Philosophie der hierangewendeten Cluster-Evaluation darauf verzichtet, Auswertungen, die sich aufdie Transferstellen beziehen, durchzuführen. Die Aufgabe der Koordinierungs­stelle bestand nicht darin, die einzelnen Transferstellen in ihrer Arbeit zu bewer­ten, sondern Erkenntnisse zu gewinnen, wie ein Transfer von berufsorientieren­den Innovationen in die Schille gestaltet werden kann. Dafür war es unbedingterforderlich, dass die Qualität der Arbeit einzelner Transferstellen :für andereAkteure nicht transparent wurde.

5. Reichweite der Schulberatungsaktivitäten

Durch Schulberatungsaktivitäten sind folgende Zielgruppen erreichten worden.Bei der Kategorie ,,Beteiligung" können sich mehrere Beteiligungen auf einePerson beziehen. Es handelt sich somit nicht bei jeder Beteiligung um eine an­dere Person.

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Tabelle 13: Implementation in Zahlen: Erreichte Zielgruppen und Beteiligte

Zielgruppe Schulberatungsaktivitäten'"(1) (2)Schüler (gesamt) 15.918• BWP 15.530• Duales Orientierungspraktikum 388• Individuelle Förderplanung nicht quantifizierbar• Lernpartnerschaften nicht quantifizierbar• Vor- und Nachbereitung von SBP zu vernachlässigenSchulen 209 Schulen, 295 ProdukteBeteiligte" an den Beratungsmaßnah- Anzahl der BeteiligtenmenLehrer 1505Schulleitungen 275Eltern 35Betriebe 80Hochschulen 43Arbeitsagenturen 43

n = 1981

Zielgruppe von berufsorientierenden Maßnahmen in Schule sind Schüler. MitBlick auf erreichte Zielgruppen und Beteiligte könnte der Unterschied zwischenNetzwerkaktivitäten (siehe Tabelle 12) und Schulberatungsaktivitäten (sieheTabelle 13) nicht deutlicher sein. Mit Netzwerkaktivitäten - wie sie im Rahmender vorliegenden Studie defmiert worden sind - allein, erreicht man keine Schü­ler. Es ist aber zu vermuten, dass viele bestehende Netzwerke im Arbeitsfeld derStudien- und Berufsorientierung vor allem Netzwerkaktivitäten durchführen.

26 Hierbei handelt es sich um zusätzlich erhobene Daten im Rahmen der Förderung durch den Euro­päischen Sozialfonds.27 In dieser Tabelle ist nicht berücksichtigt, dass zum. Teil mehrere Lehrer oder andere Beteiligteeiner Schule an einer Maßnahme teilgenommen haben.

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5.2 Überregionale Netzwerke: Koordinierungsstelle undbildungspolitische Anbindung

Es wurden keine Erhebungen durchgeführt, die sich auf die Rolle der Koordi­nierungsstelle bezogen. Einige Hinweise hat ein Workshop gegeben, in dem dieArbeit der Koordinierungsstelle durch die Transferstellen bewertet wurde. Den­noch sollen hier zentrale Aspekte in einer Art ,Selbstbild' dargestellt werden.

Der erste Beitrag der Koordinierungsstelle bestand darin, die konzeptionel­le Idee eingebracht zu haben (siehe Modellvorstellung zum Transfer von Inno­vationen in Kapitel 2.4). Zudem hat die Koordinierungsstelle die für die Umset­zung des Modellversuchs erforderlichen Akteure zusammengeführt (siehe Kapi­tel 3.1).

Ein zweiter Beitrag bestand darin, dass regelmäßig Workshops veranstaltetwurden, die die Kompetenzen der Berater sowie der abgeordneten Lehrer stär­ken sollten. Dies ist nur zum Teil gelungen. Man kann solche Workshops denTransfersteIlen und den dort arbeitenden Personen nur als Angebote unter­breiten. Welche Aspekte sie davon in ihre Beratungsarbeit hineintragen, ent­scheiden sie selbst. Zudem verliefen die Prozesse zur Entwicklung der Kompe­tenzen als Berater (z.B. das Erarbeiten der Produkte) und zur Beratung derSchillen zeitgleich. Dies hat am Anfang der Projektlaufzeit den Beratern zumTeil zu viel zugemutet. Dann ist zu beachten, dass die Transferstellen einenEntwicklungsauftrag hatten: die Beratung von Schulen musste in konkrete Kon­zepte und Vorgehensweisen umgesetzt werden. Am Anfang der Projektlaufzeitbestand aber die Erwartung, dass die Koordinierungsstelle hierzu konkrete Vor­gaben macht.

Die Mitarbeiter der Transferstellen schätzten die Workshops im Zeitverlauffolgendermaßen ein:

.Die Zufriedenheit ist gemischt. Am Anfang wurden die Workshops als ,Schaulau­fen' empfunden. Der Workshop zum Dualen Orientierungspraktikum hat die Frageaufgeworfen, warum man überhaupt nach Köln gefahren ist. Aus dem Netzwerk,Berufsorientierung im Verbund' musste zunächst eine Gruppe entstehen, die sichin weiten Teilen vertraut und in der man sich ,ehrlich' austauschen kann. Dies hateine gewisse Zeit gedauert. Dieses Ziel ist inzwischen erreicht. Die Workshops ge­ben jetzt wichtige Impulse. Dies hat in der Arbeit weitergebracht. Es wurde deut­lich, was gehen kann und was nicht und warum. Zudem ist im Laufe der Work­shops seitens der Koordinierungsstelle eine höhere Flexibilität mit der Planung undden Inhalten der Workshops entstanden. Dies wurde positiv erlebt. Als sehr ge­winnbringend werden auch die Beiträge der TransfersteIlen gesehen.,"8

28 Protokoll zum Workshop vom 11. Januar 2007.

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Die positive Entwicklung war nur durch die Einhaltung der Regeln der Cluster­Evaluation zu erreichen (siehe Kapitel 4.1.1). Es wurden nur zu Beginn derProjektlaufzeit transfersteIlenbezogene Auswertungen sowohl im Lenkungsaus­schuss als auch bei den Mitarbeitern der TransfersteIlen präsentieret. Danacherfolgten keine transfersteIlenbezogenen Bewertungen mehr.

Der dritte Beitrag ist in der Evaluation des Modellversuchs zu sehen. Die­ser Teil hatte starken steuernden Einfluss: Nur wer in der Lage war, die Frage­bögen auszufüllen, befand sich mit seinen Aktivitäten noch im Projektrahmen.Es gab eine Reihe von Telefongesprächen der Koordinierungsstelle mit denTransferstellen, um Fragen hierzu zu klären. In der Rückschau haben die Trans­ferstellen die Art der Erhebung ihrer Arbeit als angemessen erlebt. Dies ist be­sonders hervorgetreten, als die Evaluationsform geändert wurde (aufgrund ex­terner Anforderungen und veränderter Projektziele) und im Zuge dieser Verän­derungen die Prozesse und damit die Kleinschrittigkeit und der Aufwand derArbeit nicht mehr erfasst wurde. Sie äußerten sich zur Evaluation wie folgt:

.Die Ergebnisse sind wichtig. Sie zeigen, wie man weiter machen sollte. Der Work­shop in Köln war in diesem Zusammenhang auch wichtig. Der Rückfluss der Er­gebnisse ist sehr gut. Dass die Instrumente während der Projektlaufzeit überarbeitetworden sind, war nervig. Die Anwendung der Instrumente war zum Teil verwir­rend. Hier hätte man sich Handlungsanweisungen gewünscht. Angesichts der neuenEvaluationsform, die auf Ergebnisse fokussiert, wurde angemerkt, dass die alteForm, die Prozesse zentral stellte, besser die geleistete Arbeit in den Transferstellenerfasste.,"9

Einerseits haben die Transferstellen sich wegen des Umfangs der Evaluation(immerhin haben sechs Transferstellen 890 Schulberatungsbögen und 1728Netzwerkfragebögen und 209 Effektfragebögen ausgefüllt) beschwert, anderer­seits wurde bei der Präsentation der Ergebnisse für alle sichtbar, dass sich derAufwand gelohnt hat. In der Zusammenstellung der Ergebnisse erhielt das Pro­jekt seine besondere Qualität. Es wurde erkennbar, dass die Ergebnisse nurdurch den Verbund entstehen konnten. Das Netzwerk wurde damit mit Blick aufdie Relevanz für Forschung und Praxis legitimiert.

Zudem eröffnete die Spiegelung der Ergebnisse den Transferstellen dieMöglichkeit, sich selbst einzuschätzen. Sie merkten, dass andere ähnliche Prob­leme hatten und die Ursachen dafür nicht nur in ihrer Person und bzw. der ge­wählten Vorgehensweise lagen.

Ein letzter Beitrag bestand darin, dass die Koordinierungsstelle aufgrundihrer Erhebung ein differenziertes Bild über die geleistete Arbeit geben konnte.

29 Protokoll zum Workshop vom 11. Januar 2007.

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Es ging darum, den Erfolg des Modellversuchs darzustellen bzw. den Modell­versuch zu legitimieren.

5.3 Merkmale eines transferförderlichen Netzwerkes

Transferförderliche Netzwerke weisen die Merkmale auf, die in der Abbildung10 beschrieben sind. Diese Merkmale können dazu genutzt werden, bestehendeNetzwerke und deren Transferwirkungen ein- bzw. abzuschätzen. Zu vermutenist, dass die einzelnen Merkmale unterschiedliches Gewicht haben. Ein transfer­förderliches Netzwerk kann sowohl aus außerschulischen (z.B. Betriebe bzw.Hochschulen) und schulischen Akteuren als auch ausschließlich aus schulischenAkteuren bestehen. Entscheidend bei diesen Netzwerken ist, dass sie von einemAkteur des Netzwerkes moderiert werden. Im Fall des Modellversuchs hat dieseAufgabe die TransfersteIle übernommen. Weiterhin ist maßgeblich, dass trans­ferfördemde Netzwerke sich bezogen auf ein Produkt ,spezialisiert' haben. Diesgilt auch, wenn am Rande weitere Themen durch das Netzwerk aufgegriffenwerden. Dienten die Netzwerke unmittelbar dem Transfer von Innovationen,gibt es Hinweise dafür, dass es sich um Lemgemeinschaften (siehe Kapitel2.2.2) handelte. Die beiden folgenden Zitate deuten an, dass Lehrer eine lern­orientierte Gemeinschaft gebildet haben und das Gelernte in die eigene Praxistrugen:

"Nutzen von den Erfahrungen der anderen, Unterstützung bei der Entwicklung deseigenen Konzeptes'f"

"Umgang mit Problemen bei der Einführung des BWP wurde diskutiert und er­leichtert die eigene Arbeit an der Schule, Teilnahme der Schule am schulübergrei­fenden Projekt erhöht die Bedeutung der Arbeit an der eigenen Schule,,3!

In der nachstehenden Abbildung 10 werden nochmals alle Merkmale aufgeführt,über die transferförderliche Netzwerke verfügen sollten. Diese Merkmale wer­den dann in Kapitel 8 in ein Qualitätsmodell integriert.

30 Schule 8-E-R.31 Schule 13-E-R.

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Abbildung 10: Merkmale eines transferförderlichen Netzwerkes

halten unmittelbaren Kontaktzu allen relevanten Akteuren inder Berufsorientierung und inSchulen

realisieren ein ausge­wogenes Verhältniszwischen Netzwerk-

/) und Schulberatungs­CI aktivitäten

werden durcheinen Akteur

~ des Netzwer­kes geleitet

~ sind regionalangebunden

grenzen sich vonSchulaufsicht ab

sind an überregionaleNetzwerke zur Reflexi­on der eigenen Arbeitangebunden

bieten produktbezogeneSchulberatungen an

transfer­förderlicheNetzwerke

initiieren und I?moderieren pro­duktbezogeneNetzwerke verständigen sich

untereinander aufgemeinsame Ziele

identifizieren sichin hohem Maßemit Innovations­zielen und Vorg~hensweise zurImplementierung

I?sind Lemgemein-schaften

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6 Transfererfolge und -effekte

In diesem Kapitel wird dargelegt, welche Transfererfolge und -effekte derTransfermodellversuch erreicht hat. Die Beschreibung der Transfererfolge be­zieht sich auf alle beratenen Schulen. Die Zuordnung der beratenen Schulen zuden Kategorien hatte zum Ziel, die Transferprozesse innerhalb der unterschied­lichen Erfolgskategorien zu analysieren. Nur so wird erkennbar, unter welchenBedingungen Transferprozesse erfolgreich sind und unter welchen Bedingungennicht. Die Beschreibung der Transfereffekte bezieht sich dann nur auf die Schu­len, die der Kategorie ,eingefiihrt' zugeordnet worden sind.

6.1 Transfererfolge"

Die Produkte, die Gegenstand von Beratung waren, und die Schulen wurdenfolgenden Kategorien zugeordnet, die den Transfererfolg in der Projektlaufzeitbeschreiben:

• Eingefiihrte Produkte (,eingefiihrt'). Bezogen auf den Schulentwicklungs­prozess haben die Schulen" sich für eine Einführung entschieden und die­sen Prozess erfolgreich durchlaufen.

• Nicht eingefiihrte Produkte und die Beratung ist abgeschlossen (,nichteingefiihrt'). Lehrer haben an mehreren produktbezogenen Transferaktivi­täten teilgenommen. Es kam aber nicht zu einer Einführung eines Produk­tes an ihrer Schule. Die Analyse der Fälle wird zeigen (siehe Kapitel 6.1.2),dass diese Schulen nicht mit einer Irnplementation begonnen haben.

• Produkte, die im Rahmen der Beratungen vorgestellt und nicht weiter bera­ten wurden (,nur vorgestellt'). Diese Schillen haben sich in der Initiie­rungsphase gegen eine Einführung entschieden.

32 Der Analyse zu Grunde liegende Fälle: 209 verdichtete Fallbeschreibungen der Kategorien ,einge­führt', ,nur vorgestellt', .nicht eingeführt', ,zu früh' und ,Vertiefung' .33 Mit der Entscheidung einer Schule sind in diesem Zusammenhang unterschiedliche Entschei­dungsprozesse gemeint. Denkbar ist, dass ein einzelner Lehrer in Absprache mit dem Kollegium undder Schulleitung entschieden hat. Möglich ist auch, dass die Entscheidung für die Einführung so­wohl in der Lehrerkonferenz als auch in der Schulkonferenz gefallen ist.

143

B. Koch, Wie gelangen Innovationen in die Schule?, DOI 10.1007/978-3-531-92872-2_6,© VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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• Produkte, die bisher nicht eingeführt worden sind und bei denen die Bera­tung noch nicht abgeschlossen ist (,zu früh'). Bei diesen Schulen war es of­fen, ob sie sich für eine Einführung entscheiden oder ob sie die Implemen­tationsphase erfolgreich durchlaufen werden.

• Produkte, die vertieft werden sollten (,Vertiefung'): Hier wurde das Pro­dukt bereits in einem anderen Zusammenhang eingeführt und die jeweiligeSchule strebte eine Vertiefung bzw. Verbesserung an.

• Schulexteme Lehrerfortbildung (,Schulexteme Lehrerfortbildung'): EinProdukt war nicht Gegenstand der Beratungsaktivität und somit erfolgteauch keine Einführung.

Der Beratungserfolg ist somit sechs unterschiedlichen Typen zuzuordnen. Nach­stehende Abbildung zeigt die prozentuale Verteilung des Beratungserfolges:

144

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Abbildung 11: Prozentuale Verteilung des Beratungserfolgs

8

I

119,3

) 0,7

11,4

124,7

I

7,1

I

46,

I

eingeführt(n = 138)

Vertiefung(n= 2)

nicht eingeführt(n = 21)

zu :früh(n= 73)

nur vorgestellt(n = 57)

schulexterne LF(n= 4)

o 10 20 30 40 50

n = 295 Produkte/ n = 209 Schulen

Im Folgenden werden spezifische Abläufe und Bedingungen in den einzelnenKategorien am Beispiel einzelner Schulen in Form von Fallstudien beschrieben.

6.1.1 .Eingefiihrte' Produkte/Innovationen

46,8 Prozent der Produkte (n = 138), die Gegenstand von Beratung waren, wur­den eingeführt (siehe Abbildung 11). Eine Bewertung dieser Zahl ist nicht mög­lich, weil es keine Vergleichszahlen gibt. Das folgende Beispiel zeigt einen

145

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erfolgreichen Beratungsverlauf. Da sich die Verläufe in der Kategorie ,einge­führt' sehr stark unterscheiden, kann dieser nicht als typisch bezeichnet werden.Er verdeutlicht aber, welche Aspekte zu einer Fallstudie zusammengefasst wor­den sind: Entstehungskontext, Berater, Teilnehmer der Schule, Beratungsaktivi­täten, Beratungsverlauf, Zielsetzungen, Einschätzung seitens Schule und Berateretc .

Fallstudie zu einer Schule an der ein Produkt .eingefiihrt' wurde

Bei der beratenen Schule handelte es sich um eine Förderschulc", die durch einBeratungsteam der BiZEbS-Gruppe - also durch Lehrer unterschiedlicher För­derschulen, die an der Entwicklung des Konzeptes mitgewirkt haben - beratenwurde. Das Produkt der Beratung war die Individuelle Förderplanung zur beruf­lichen Integration. Dieses Produkt hat eine hohe Implementationstiefe (sieheKapitel 3.2). Vollständig umgesetzt ergeben sich u.a. erhebliche Konsequenzenfür die Schule als Organisation, die Beziehungen zu außerschulischen Partnern,die Zusammenarbeit innerhalb des Kollegiums, den Unterricht, die Lehrer­Schüler-Beziehung etc.

Beratungsprozess

Von der Möglichkeit beraten zu werden, hat die Schule über eine vom Trans­fermodellversuch initiierte Ausschreibung über die Bezirksregierung Detmolderfahren. Der erste Kontakt erfolgte über die Koordinierungsstelle, die dann dieKontaktdaten der Schule an ein Beraterteam weitergegeben hat.

Der Beratungsprozess umfasste drei Beratungen:

Erste Beratungsaktivität: Vorbereitungsgespräch

Zunächst hat das Beraterteam in der Schule ein Vorbereitungsgespräch geführt.Beteiligte waren die Schulleitung und Lehrer der Oberstufe. In dem Vorberei­tungsgespräch wurden die Bedingungen in Schule mit Blick auf den Beratungs­gegenstand (produkt), der Beratungsbedarf der Schule und die Zielsetzung derSchule durch die Beratung erläutert. So formulierte die Schule, ihr fehle eine

34 Schule 130.

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innerschulische Systematisierung der Maßnahmen zur beruflichen Orientierungund Integration. Zudem sähe sie die Notwendigkeit einer Entwicklung einesSchulkonzeptes zur Realisierung von Verbindlichkeit bei der Durchführung derMaßnahmen zur beruflichen Integration. Von der Beratung erwartete die Schulehierbei Unterstützung. Sie sagte, sie wolle, dass die Berater bei der Entwicklungeines Instrumentariums zur Förderplanung zur beruflichen Integration helfen.Außerdem wolle sie mit den Beratern die Rahmenbedingungen für den Aufbaueiner nachgehenden Betreuung klären.

Die Schule formulierte die Optimierung des Prozesses der beruflichen Ein­gliederung, den Einstieg in die Individuelle Förderplanung zur beruflichen In­tegration und die Realisierung nachgehender Betreuung als Ziele der Beratung.

Zweite Beratungsaktivität: Schulinterne Lehrerfortbildung

Die Konzeption der Fortbildung erfolgte vor dem Hintergrund der Ergebnissedes Vorbereitungsgesprächs. In der ersten schulinternen Lehrerfortbildung wur­de das Konzept der individuellen Förderplanung vorgestellt und dessen Umset­zung mit der Schule erarbeitet. Gegenstand der Fortbildung waren der Einsatzder Selbst- und Fremdeinschätzungsbögen, die Einführung von Schülersprech­tagen und der Einsatz des Förderplans als Instrument der Dokumentation. DieFortbildung dauerte fiinf Stunden. Teilgenommen haben die Lehrer der Oberstu­fe. Für die Berater stand die Vorstellung der Fachkonzepte gegenüber der konk­reten Umsetzung in Schule im Vordergrund.

Dritte Beratungsaktivität: Schulinterne Lehrerfortbildung

Die zweite schulinterne Lehrerfortbildung hatte die nachgehende Betreuungzum Gegenstand, wobei die Umsetzungsmöglichkeiten an der Schule aus derSicht der Berater eher am Rande erläutert wurden. Dies erklärt auch, warumdieses Thema bei den Effekten der Beratung nicht mehr auftaucht. Diese Bera­tungsaktivität dauerte zwei Stunden.

Effekte der Beratung

Die Berater gaben folgende Einschätzung zum Beratungserfolg: die Schule hatdie Beratungsziele nicht vollständig erreicht. Begünstigende Faktoren waren ausSicht des Teams das Bemühen der Schulleiterin um Überarbeitung des beste-

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henden Konzepts zur beruflichen Integration, das aufgeschlossene Kollegiumund die Tatsache, dass die Schule bereits BUS-Schule war. Kritisch äußerten dieBerater, dass einige Entscheidungsprozesse im Kollegium noch eingeleitet wer­den müssten, so dass eine weitere Umsetzung eventuell erst später oder sogarauch gar nicht erfolgen würde.

Die Schulleitung benennt folgende Veränderungen, die durch die Beratungerfolgt sind: Es wurden verbindliche Absprachen bzgl. der Vorbereitung auf dieberufliche Eingliederung getroffen, es wurde ein Schnupperpraktikum in Klasse8 eingerichtet, es wurden Schülersprechtage festgelegt und es wurde für jedenSchüler eine Mappe angelegt, in der Maßnahmen und Absprachen dokumentiertwerden. Diese Aspekte verweisen darauf, dass mit der Einfiihrung der Innovati­on begonnen worden ist (siehe Kapitel 3.2). Die durch die Berater beschriebeneProblematik: fehlender Entscheidungsprozesse im Kollegium scheint bearbeitetworden zu sein.

Die Schulleitung bewertete die Beratung mit Blick auf die schulinternenVeränderungsprozesse wie folgt: Sie hat Anstoß und Ideen geliefert und dieNotwendigkeit von Verbindlichkeit und Absprachen wurden deutlich gemacht.Die Beratung war in der Sichtweise der Schulleiterin somit nicht prozessbeglei­tend, sondern initiierend. Die Verantwortung für den Einfiihrungs- und Umset­zungsprozess wurde eindeutig beim Kollegium und bei der Schulleitung selbstgesehen.

Die Fallstudie zeigt beispielhaft den Prozess und die Wirkungen der Beratung.Erkennbar wird auch, dass während und nach der Beratung Schulentwicklungs­prozesse in der Schule eingeleitet werden müssen, damit es zu einer Verände­rung bestehender Praxis kommt.

6.1.2 .Nicht eingeführte' Produkte/Innovationen

In dieser Kategorie sind die Schulen und Produkte enthalten, bei denen Lehreran mehreren Transferaktivitäten teilgenommen haben. Es kam in der Folge abernicht zu einer Einfiihrung des Produktes. Dies betraf 7,1 Prozent der Produkte(n = 21) (siehe Abbildung 11). Das Beispiel zeigt einen typischen Beratungsver­lauf in dieser Kategorie.

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Fallstudie zu einer Schule an der ein Produkt .nicht eingeführt' wurde

Bei der beratenen Schule handelte es sich um ein Gymnasium", das durch eineTransferstelle beraten wurde. Das Produkt der Beratung ist der Berufswahlpass.Der Berufswahlpass hat eine hohe Implementationstiefe (siehe Kapitel 3.2.5),wenn er als Instrument individueller Förderung eingesetzt wird . Wird überwie­gend der Aspekt des Portfoliogedankens (Sammlung von Dokumenten zumNachweis von Kompetenzen) realisiert, ist seine Implementierungstiefe niedrigeinzustufen (siehe dazu auch Kapitel 3.2.5).

Beratungsprozess

Der Beratungsprozess setzte sich aus einem vorbereitenden und drei prozessbe­gleitenden Workshops zusammen. Die Transferstelle hat das Gymnasium undweitere beteiligte Schulen zu diesen Workshops eingeladen, um den Prozess derImplementation des Berufswahlpasses zu initiieren und zu begleiten. Im Vorfelddes Transfermodellversuchs haben bereits Gespräche mit Schulen stattgefunden,um interessierte Schulen herauszufiltern. Die Einladung zu den Workshopserfolgte dann an diese Schulen.

Erste Beratungsaktivität: Vorbereitender Workshop

Der vorbereitende Workshop führte in das Konzept des Berufswahlpasses ein.Folgender Ablaufwurde realisiert:

Come together - Begrüßung - Perspektive Berufswahlpass: Vortrag,Workshop A: Berufswahlpass in der Praxis - kommunikative Kaffeepause ­Workshop B: Portfolio Berufswahlorientierung - Erfahrungen aus der Region­Ausblick: Die nächsten Schritte

An dem vorbereitenden Workshop nahmen die Schulleitung und der Be­rufskoordinator des Gymnasiums teil. An den weiteren drei Workshops beteilig­te sich ein einzelner Lehrer des Gymnasiums, dessen Funktion in seiner Schulenicht weiter erläutert wurde. Die Teilnahme an den Workshops konnte somitauch von unterschiedlichen Lehrern erfolgt sein. Die beteiligten Personen sindaus forschungspragmatischen Gründen nur über ihre Funktionen in Schule, abernicht über ihre Namen erfasst worden.

35 Schule 15.

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Zweite bis vierte Beratungsaktivitdt: Prozessbegleitende Workshops

Exemplarisch für die anderen beiden Workshops wird hier der Ablauf einesWorkshops dargestellt:Begrüßung - Erfahrungsaustausch - Kurzvortrag ,Erste Erfahrungen bei derImplementierung des Berufswahlpasses in der Schule' - Arbeitsauftrag: Erstelleeine Aktivitätenplans für die eigene Schule - Ausblick auf den nächsten Work­shop - Öffentlichkeitsarbeit und Feedback - Verabschiedung

Die Transferstelle hat angegeben, dass das Gymnasium das Ziel verfolgte,mit der Einführung des BWP die innerschulische Berufsorientierung zu struktu­rieren. Daraus ist zu schließen, dass eher eine niedrige Implementierungstiefeangestrebt wurde.

Effekte der Beratung

Der Berufswahlpass wurde nicht eingeführt. Es folgen keine weiteren Beschrei­bungen der Gründe bzw. Rahmenbedingungen durch die TransfersteIle. Effekteliegen somit nicht vor. Bei dieser Form des Beratungsangebotes wird vorausge­setzt, dass der teilnehmende Lehrer in seiner Schule den Berufswahlpass ein­führt bzw. den Einführungsprozess initiiert. Im Rahmen dieses Prozesses wirder durch die TransfersteIle unterstützt. Offensichtlich haben sich die an denWorkshops teilnehmenden Lehrer nicht in dieser Rolle gesehen. Warum einoder mehrere Vertreter trotzdem an allen prozessbegleitenden Workshops teil­genommen hat bzw. haben, bleibt offen.

Dieser Beratungsverlauf ist - wie bereits angedeutet - bezeichnend für die Er­folgsgruppe ,nicht eingeführt'. Lehrer nahmen an den Angeboten der Transfer­steIlen bzw. BiZEbS-Lehrer teil. Der Schritt zur Umsetzung der Innovationen inder Schule wurde aber nicht gemacht.

Des Weiteren erfolgt eine produktbezogene Beschreibung für die anderenFälle in dieser Kategorie, um abschließend eine zusammenfassende Interpretati­on der Fälle vornehmen zu können.

Beruftwahlpass (n = 13): Bei diesen Schulen ist keine Schule in den Ein­führungs- und Umsetzungsprozess eingestiegen. Der überwiegende Teil bestehtaus zwei Beratungskontakten. Auffällig ist, dass bei mehreren Kontakten dieTeilnehmer gewechselt haben. D. h. zunächst war beispielsweise der Berufs­wahlkoordinator Teilnehmer, dann ein einzelner Lehrer, dann wiederum einanderer einzelner Lehrer etc. Nur bei einer Schule ergibt sich ein anderes Bild:der Berufskoordinator ist kontinuierlicher Teilnehmer aller wahrgenommenen

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Angebote. Aus der Fallanalyse ergibt sich, dass dieser an der Multiplikatoren­rolle scheiterte: "Widerstand im Kollegium, mangelnde Bereitschaft und teil­weise Unwissenheit im Kollegium,,36 führten dazu, dass der BWP in der Schuledieses Teilnehmers nicht eingeführt wurde.

Individuelle Förderplanung zur beruflichen Integration (n = 4): Alle vierSchulen sind nicht in einen Implementierungsprozess eingestiegen. Zwei dervier Schulen haben den BWP eingeführt und Anregungen zur individuellenFörderplanung erhalten, die sie dann aber nicht umgesetzt haben. Bei den ande­ren beiden Schillen wird über die Fallanalysen nicht erkennbar, warum keinImplementierungsprozess begonnen worden ist.

Duales Orientierungspraktikum (n = 1): Die Schule hat nicht vorgehabt ineinem Implementierungsprozess einzusteigen, weil nur wenige Schüler dieserSchu1estudieninteressiert sind37.

Vor- und Nachbereitung von Schülerbetriebspraktika (n = 3): Auch beidiesem Produkt haben maximal zwei Beratungen pro Schule stattgefunden. Voneinem Einstieg in den Implementierungsprozess kann nicht gesprochen werden.

Zu Beginn der Auswertung ist die Erwartung formu1iert worden, dassSchulen im Einfiihrungs- und Umsetzungsprozess der Innovation scheiternkönnten (siehe Kapitel 4.5). Diese Fälle wären dieser Gruppe zugeordnet wor­den. Es gibt aber nicht einen einzigen Fall, der einen gescheiterten Implementa­tionsprozess darstellt. Ist eine Implementierung begonnen worden, war sie aucherfolgreich, allerdings mit unterschiedlichen Qualitäten (siehe Kapitel 7.3).

Die Fälle, die der Kategorie ,nicht eingeführt' zugeordnet worden sind,sind mit vorstehenden Erläuterungen abschließend beschrieben und interpretiert.

6.1.3 ,Nur vorgestellte' Produkte/Innovationen

Nicht über eine Vorstellung hinaus kamen 19,3 Prozent der Produktellnno­vationen (n = 57), die Gegenstand von Beratung waren (siehe Abbildung 11).Das Beispiel zeigt eine solche Beratungssituation, an dessen Ende eine Ent­scheidung gegen die Einführung des Produktes fiel.

36 Schule 59.37 Schule 43.

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Fallstudie zu einer Schule, bei der ein Produkt .nur vorgestellt' wurde

Bei der Schule handelte es sich um eine Hauptschule", die durch eine Transfer­stelle beraten wurde. Das Produkt der Beratung war die Vor- und Nachbereitungvon Schülerbetriebspraktika. Das Konzept der Vor- und Nachbereitung vonSchülerbetriebspraktika hat eine mittlere Implementationstiefe (siehe Kapitel3.2.5). Die unterschiedlichen Ebenen von Schulentwicklung sind zwar betrof­fen. Sie beziehen sich in der Umsetzung aber auf einen klar abgegrenzten schu­lischen Bereich.

Beratungsprozess

Die Beratung erfolgte im Rahmen eines Gesprächs in der Schule. Das Gesprächhaben der Projektmitarbeiter und ein abgeordneter Lehrer der Transferstellegeführt. Seitens der Schule waren einzelne Lehrer und der Berufskoordinatorbeteiligt. Das Produkt wurde vorgestellt und von der Schule nicht als Gegen­stand der Beratung in Betracht gezogen. Die Vor- und Nachbereitung von Schü­lerbetriebspraktika wurde in der Region der beratenen Schule nach einem be­stimmten Modell durchgeführt, welches von der Schule positiv eingeschätztwurde. Veränderungswünsche im Sinne des vorgestellten Produktes bestandennicht.

Effekte der Beratung

Der Berater beschreibt seine Einschätzung wie folgt: Die Schule hat sich für denBerufswahlpass und gegen die Vor- und Nachbereitung von Schülerbetriebs­praktika entschieden. Die Vor- und Nachbereitung von Schülerbetriebspraktikasei zum Teil schon durch das in der Region durchgeführte Modell abgedeckt.Zudem sei das Produkt sehr kompakt und sehr zeitaufwendig zu implementierenund treffe von daher aufwenig Akzeptanz in der Schule.

An dieser Fallstudie wird deutlich, dass das Produkt für diese Schule nicht überMerkmale verfügte, die seinen Transfer gefördert hätten. So war das Produktaus der Sicht der Schule nicht an die Gegebenheiten vor Ort anzupassen, derNutzen wurde angezweifelt und der Aufwand zur Implementierung wurde als zuhoch eingeschätzt.

38 Schule 60.

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6.1.4 ,Zufrüh 'für eine Einschätzung des Erfolgs

Bei 24,7 Prozent der Produkte (n = 73), die Gegenstand von Beratung waren, isteine Einschätzung des Erfolges noch nicht möglich (siehe Abbildung 11). Diesedoch relativ hohe Zahl verweist auf den Angebots- und Prozesscharakter desTransfermodellversuchs . Die Transferstellen und BiZEbS-Lehrer haben denSchulen das Angebot einer Beratung unterbreitet. Ob, in welcher Form und zuwelchem Zeitpunkt sie dieses Angebot wahrnehmen, haben sie selbst entschie­den. Aus diesem Grund gibt es Schulen, die, bezogen auf die Projektlaufzeit,erst sehr spät eingestiegen sind und es gibt Schulen, die den Beratungsprozessunterbrochen haben, wie das anschließende Beispiel zeigt.

Fallstudie zu einer Schule, bei der es für die Einschätzung des Beratungserfolgs,zufrüh' ist

Bei der beratenen Schule handelt es sich um eine Hauptschule'", die durch eineTransferstelle beraten wurde. Das Produkt der Beratung ist der Berufswahlpass.Die Implementierungstiefe des BWP wurde bereits dargestellt.

Beratungsprozess

Der Beratungsprozess setzt sich aus zwei Beratungen zusammen.

Erste Beratungsaktivität: Gespräch in der Schule

Der Einstieg in die Beratung erfolgte über ein Gespräch mit der Schulleitung,dem Berufskoordinator und einem Ehrenamtler. Die Transferstelle stellt dieAusgangslage in der Schule auf der Basis dieses Gespräches wie folgt dar: DieSchule beschrieb sich selbst - bezogen auf das vorhandene Berufsorientierungs­konzept - als rückständig. Der Berufswahlkoordinator der Schule wurde nichtmit einbezogen, weil er kurz vor dem Ruhestand stand. Stattdessen war einEhrenamtler für den Übergang SchuleIBeruf verantwortlich. Der BWP bot fürdie Rektorin die Möglichkeit eines Neuanfangs im Bereich der schulischenBerufsorientierung. Sie war erst ein Jahr an dieser Schule tätig. Das Kollegiumwollte sich in diesem Bereich entwickeln, fühlte sich aber überlastet und schobdie damit verbundenen Aufgaben auf den Ehrenamtler. Die Einführung des

39 Schule 82-B und Schu1e 82-E-B

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BWP sollte im zweiten Halbjahr des nächsten Jahres erfolgen und es sollte lang­sam angegangen werden. Die Hauptschule war in einem regionalen Netzwerkgut eingebunden.

Zweite Beratungsaktivität: Prozessbegleitender Workshop

Etwa ein Jahr später nahmen einzelne Lehrer der Schule an einem Workshopzum Berufswahlpass teil, bei dem auch andere Schulen Teilnehmer waren.

Effekte der Beratung

Die Schule hat die Einführung des BWP nochmals um ein Jahr (außerhalb derProjektlaufzeit der vorliegenden Studie) verschoben. Aus der Sicht der Trans­ferstelle würde die Schulleiterin das in ihrer Schule Machbare richtig einschät­zen. Die Einführung des BWP erfolgte in der Einschätzung der Transferstellebisher nicht, weil andere Prozesse Vorrang hatten und es keinen Berufskoordi­nator gab. Der Beratungsprozess ist zum Zeitpunkt der Effekterhebung nochnicht abgeschlossen. Eine Entscheidung für die Einführung scheint gefallen zusein. Wie diese Entscheidung zustande gekommen ist, wird aus den vorliegen­den Daten nicht ersichtlich. Mit der Implementierung des BWP wurde nochnicht begonnen.

Die Fallstudie zeigt, wie schulinteme Bedingungen den Transferprozess maß­geblich beeinflussen. Die Fälle, die dieser Kategorie zugeordnet worden sind,werden im weiteren Verlauf der vorliegenden Studie nicht mehr einbezogen.

6.1.5 .Vertiefu ng' der Innovation/des Produktes

Nur 0,7 Prozent der Produkte (n = 2), die Gegenstand von Beratung waren,fallen in diese Kategorie. Das folgende Beispiel zeigt einen hierfür bezeichnen­den Beratungsverlauf.

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Fallstudie einer Schule, die das Produkt bereits eingeführt hat und sich verbes­sern möchte

Bei der beratenen Schule handelt es sich um ein Gymnasium'", das von einerTransferstelle beraten wurde. Der Schule sind vier Produkte im Rahmen einesGespräches vorgestellt worden: Vor- und Nachbereitung von Schülerbetriebs­praktika, Duales Orientierungspraktikum, Lempartnerschaften und Berufswahl­pass. Die Schule hat das Duale Orientierungspraktikum und den Berufswahlpasseingeführt. Die weiteren Erläuterungen beziehen sich nur auf die Lempartner­schaft.

Beratungsprozess

Die Transferstelle beschreibt die Ausgangslage bezogen auf die Lempartner­schaft wie folgt: Sie würde bereits bestehen und die Schule würde diese auffri­schen bzw. ihr neuen Schwung geben wollen.

Erste Beratungsaktivität: Einzelgespräch in der Schule

Das Produkt Lempartnerschaft wurde neben den anderen Produkten in einemGespräch vorgestellt. Das Gespräch fand in der Schille statt und unterschiedli­che Lehrer haben teilgenommen.

Zweite Beratungsaktivität: Prozessbegleitender Workshop

Die Transferstelle hat zu einem Workshop zu Lempartnerschaften für interes­sierte Schulen eingeladen . Der Berufskoordinator der Schule hat daran teilge­nommen.

Effekte

Die Transferstelle beschreibt, dass die Schule bereits eine Lempartnerschafthabe und diese Kooperation ausbauen wolle. Ob dies tatsächlich geschehen ist,bleibt offen. Es wurde kein Interview durch die Transferstelle bezüglich diesesProduktes durchgeführt.

40 Schule 45.

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Die Fälle in dieser Kategorie werden ebenfalls bei der weiteren Ergebnisdarstel­lung nicht weiter berücksichtigt, weil das Produkt bereits eingefiihrt war undsomit die Beratungsaktivitäten eine andere Zielsetzung hatten.

Die Zuordnung der einzelnen Fälle zu den Erfolgskategorien stellt einenzentralen Schritt im Forschungsprozess der vorliegenden Studie dar, der dieVoraussetzungen dafür schaffen soll, Zusammenhänge zwischen Transferpro­zessen und -wirkungen aufzudecken. Es handelt sich hierbei um den drittenSchritt im Rahmen der Auswertung der Daten (siehe Kapitel 4.5.1).

Wurden bis hierhin die TransfereJfolge dargestellt, so befasst sich dasnächste Kapitel mit den TransferejJekten. Hierzu werden nur die Schulen einbe­zogen, die mindestens ein Produkt ,eingefiihrt' haben.

6.2 Transfereffekte

6.2.1 Outputqualität: Durch die Einführung der Produkte Erreichtes

Nachstehende Tabelle zeigt die Daten, die der Analyse der Effekte der Anwen­dung des Modells zu Grunde liegen. Zu allen Produkten gibt es Aussagen überden Erfolg der Beratung (n = 295 Produkte, n = 209 Schulen). Aussagen betei­ligter Lehrer und Schulleitungen zu den EjJekten liegen in der Kategorie ,einge­fiihrt' vor. Um deren Darstellung geht es in diesem Kapitel. Es wurden insge­samt 138 Produkte an 124 Schulen eingefiihrt. Die Transferstellen bzw. Bi­ZEbS-Lehrer wurden gebeten, das durch die Implementierung des Produktes inSchule Erreichte aus ihrer Sicht zu beschreiben. Darüber hinaus hatten sie denAuftrag ein Interview zu führen, bei dem Vertreter der beratenen Schule er läu­tern sollten, was aus ihrer Sicht durch die Implementation erreicht wurde, wasnicht erreicht wurde und welche Rolle die Beratung in diesem Prozess gespielthat. Beteiligte Lehrer und Schulleitungen von 79 unterschiedlichen Schulenhaben Aussagen zu den Effekten durch die Einführung von 97 Produkten getrof­fen." Die nachstehende Tabelle 14 zeigt die vorliegenden Daten zu den Effek­ten.

41 Hierbei handelt es sich um eine relativ hohe Beteiligung von 70,2 Prozent. In der Literatur wirdbereits eine Beteiligung von 50% bei Befragungen, die auf eine freiwillige Beteiligung setzen, alsguter Rücklaufbeschrieben (Jäger 2006: 276). Die Beteiligung an der Erhebung war bezogen auf dieSchulen freiwillig. Die Transferstellen hatten die Verpflichtung zur Dokumentation.

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Tabelle 14: Vorliegende Daten zu den Effekten in der Kategorie ,eingeführt'

Fragestellung BWP DOP SBP Indivi Lern- Ge-duelle part- samtFör- ner-derpl. schaf-

tenAus der Sicht der Transferstelle bzw. BiZEbS-LehrerAussagen über den Erfolgdes Beratungsprozesses

11 1 1 2 5 20in der Kategorie ,einge-führt,42

Beschreibung des bishe-rigen innerschulischen 15 1 0 4 1 21Einführungs- und Umset-zungsprozesses'fAus der Sicht der Schule, erhoben durch die Trans/erstelle bzw. BiZEbS-LehrerBeschreibung des Er-reichten und nicht Er-reichten sowie der Rolle 72 13 0 9 3 97der Beratung für denEinführungsprozessGesamt 98 15 1 15 9 138

42 Diese Kategorie musste noch in die Übersicht aufgenommen werden. Es handelt sich um berateneSchulen, bei denen nur eine Information über den Beratungserfolg vorliegt, die per Mail oder telefo­nisch erhoben worden ist. Es liegen keine Informationen über die Beratungseffekte vor. In der Regelsind diese Schulen der Aufforderung Aussagen zum Erreichten, nicht Erreichten und zur Rolle derBeratung zu treffen, nicht nachgekommen.43 In dieser Rubrik sind die Fälle enthalten, bei denen nur Aussagen der Transferstellen bzw. derBiZEbS-Lehrer vorliegen. Es fehlen bei diesen Fällen Aussagen aus der Perspektive der beratenenSchulen, obwohl sie ein Produkt eingefiihrt haben. Zudem ist es nur in Einzelfallen (die in derTabelle nicht berücksichtigt sind) gelungen, zu zwei Perspektiven (Berater und Schule) auf dasErreichte zu gelangen. Dass man bezogen auf das Erreichte zu unterschiedlichen Einschätzungenkommen kann, war den meisten Beratern offensichtlich nicht einsichtig. Entweder wurde im Frage­bogen auf das Interview mit der Schule verwiesen oder nochmals der Beratungsprozess beschrieben.An dieser Stelle wird eine Grenze des gewählten evaluatorischen Ansatzes sichtbar. Vermutlichwäre es hilfreicher gewesen, wenn die Koordinierungsstelle an der Universität Bielefeld die Inter­views mit den Schulen geführt hätte. Gegen diese Vorgehensweise hätten die Wahrung der Autono­mie der Berater, der erhebliche zeitliche Aufwand und die vermutlich geringe Bereitschaft derSchulen gesprochen.

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Die Analyse der Effekte in der Erhebung erfolgt produktbezogen, da mit derEinführung der einzelnen Produkte unterschiedliche Ziele erreicht werden undsich damit auch unterschiedliche Effekte einstellen sollten.

Die Effekte, die hier beschrieben werden, sind subjektive Wahrnehmungender Modellversuchsbeteiligten. Das heißt, sowohl die Schulen berichteten voninnerschulischen Effekten als auch die Transferstellen und BiZEbS-Berater. DieBeschreibung der Effekte aus zwei Perspektiven im Sinne einer Triangulationsollte die Validität der Forschungsergebnisse zu den Effekten erhöhen (Lamnek2006). Angesichts der vorhanden Daten in Tabelle 14, Rubrik ,Beschreibungdes Erreichten aus der Sicht der Berater', ist die Erfassung der Effekte aus zweiPerspektiven nur in Einzelfällen gelungen (siehe auch Fußnote 36).

Die vorliegenden Daten stellen keine vollständige Erhebung der Effekteauf den unterschiedlichen Ebenen dar. Es wurde auch keine Wirkungsanalysemit dem dafür erforderlichen Forschungsdesign betrieben. Die Effektevaluationwurde sehr niedrigschwellig gehalten, um die Durchführungsbereitschaft seitensder Transferstellen und BiZEbS-Lehrer zu erhöhen (siehe 4.1.1). Angesichts derHäufigkeit der Mahnungen bezüglich der Abgabe der Fragebögen und Berichtescheint diese Vorgehensweise angemessen gewesen zu sein. Zudem wurde vonden Transferstellen berichtet, dass der Begriff ,Evaluation' für einige Schulenein Reizwort darstellte. Die Bereitschaft dieser Schulen, ein Interview mit denBeratern durchzuführen, sank bei Nennung dieses Begriffes signifikant,

Trotz dieser - unter methodologischen Gesichtspunkten vorhandenen ­Unwägbarkeiten sind vielschichtige Effekte seitens der Lehrer und Schulleitun­gen berichtet worden, die Aufschluss über die Erfassung von Transfereffektengeben können (siehe dazu Kapitel 9.1). Folgende Effektebenen wurden berich­tet:

• Effekte auf individueller Ebene. Hier sind Schüler, Lehrer, Schulleitungenund Eltern zu unterscheiden.

• Effekte, die sich auf Schule als Organisation beziehen.• Effekte, die die Zusammenarbeit zwischen Schulen und anderen Akteuren

in der Berufsorientierung betreffen.• Effekte auf der Ebene des Unterrichts.

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6.2.1.1 Effekte bei Schülern

In diesem Kapitel werden zunächst, produktbezogen, die Effekte auf der Ebeneder Schüler zusammengefasst wiedergegeben und teilweise vor dem Hinter­grund der Zielsetzungen der einzelnen Produkte reflektiert. Abschließend wer­den die Befunde zusammengefasst, interpretiert und bewertet.

Mit der Einführung des Berufswahlpasses sollen folgende Ziele erreichtwerden. Schüler "sollen weitgehend selbstgesteuert und eigenverantwortlich

• ihre individuellen Stärken, Interessen und Kompetenzen klären;• sich mit ihrer individuellen Lembereitschaft auseinandersetzen;• ihre Kompetenzen mit Blick auf die gewählten Anschlüsse entwickeln;• ihre weitere berufliche Laufbahn entscheiden, planen und realisieren und• ihre Teilnahme an Projekten und Maßnahmen, die im Rahmen der Berufs­

und Studienorientierung von Bedeutung sind, dokumentieren" (KochIKor­tenbusch 2009, Heft 3, S. 15).

Angesichts dieser Ziele fallen die Einschätzungen der beratenen Schulen überbisher erreichte Effekte deutlich zurückhaltender aus. Dies liegt entsprechendder Sichtweise der Schillen auch daran, dass sie sich bezogen auf den Imple­mentierungsprozess noch am Anfang befanden und erwarteten, dass Effekte erstspäter erkennbar werden würden. Die nachstehenden Zitate formulieren solcheErwartungen:

,,Die Bedeutungfür die Schüler kannzurzeit noch nicht beantwortet werden, daerst:für sehr kurze Zeit mit dem Pass gearbeitet wird.,,44

"Inwieweit durch die Arbeit mit dem Pass etwas bewirkt wurde, kann erst beur­teilt werden, wenn die Schüler anfangen sich um einen Ausbildungsplatz zu bewer­ben.,,45

Nur zwei Schillen beschreiben Effekte bei Schülern, die den Zielen des Berufs­passes am nächsten kommen:

"Viele Schüler scheinen sich jetzt dochfür eine Ausbildung nach Klasse 10 zuinteressieren (Umfrage in einer 9. Klasse, vorher wollte die Mehrzahl der Schülereine weiterführende Schule besuchen und ,erst mal gucken'). Schüler haben vielkonkretere Vorstellungen von sich selbst und von der eigenen beruflichen Zu­kunft.,,46

44 Schule 64-E-S.45 Schule 35-E-S.46 Schule 72-E-S.

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"Wir stellen einen großen Bewusstseinsgrad unserer Schüler über ihre Fähigkeitenund Interessen fest, gekoppelt an die realen Zustände (Ausbildungssituation). Jederhat für sich ein real begründetes Berufsziel mit dem Weg dorthin erarbeitet.,,47

Fasst man die Aussagen der Schulen über das bisher Erreichte mit Blick auf denBWP zusammen, ergeben sich im Wesentlichen folgende weitere Gesichtspunk­te. Es wurde erreicht, dass

• die Bedeutung der Berufsorientierung in der Wahmehmung von Schülern,Eltern und Kollegen zugenommen hat;

• die Angebote der Schulen zur Berufsorientierung :für alle Beteiligten trans­parenter geworden sind;

• der Pass bei den Schülern auf Akzeptanz trifft;• Gespräche zwischen Lehrern und Schülern, Eltern und Schülern sowie

Lehrern und Eltern über die Berufsorientierung zugenommen haben.

Bei der individuellen Förderplanung zur beruflichen Integration beschreibt nureine Schille Effekte auf der Ebene der Schüler:

,,Bei einigen Schülern: realistische Berufswünsche, Steigerung der Motivation,Lernzuwächse und erhöhtes Selbstbewusstsein.,,48

Es ist zu vermuten, dass angesichts der Implementierungstiefe des Produktes(siehe Kapitel 3.2), die Wirkungen auf der Ebene der Schüler zum Erhebungs­zeitpunkt noch nicht erkennbar waren. Von daher ist ein Vergleich der ange­strebten und tatsächlich erreichten Ziele an dieser Stelle nicht ergiebig.

Bei den Lernpartnerschaften treffen zwei Schulen folgende Aussagen:

"Schüler sind sensibilisierter :für Thema Berufswahl." 49

"Schüler haben Möglichkeit selbst hergestellte Produkte sowie einstudiertesKönnen (Chor) anderen zu präsentieren (stärkt Selbstbewusstsein der Schüler)"so

Eine Bewertung dieser Effekte ist ebenfalls nicht möglich, weil Zielbeschrei­bungen zu Lernpartnerschaften als Grundlage für eine Einschätzung fehlen(siehe Kapitel 3.2.1).

47 Schule l06-E-S.48 Schule 38-E-S.49 Schule 71-E-S.50 Schule 76-E-S.

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Die Schillen nennen folgende Effekte auf der Ebene der Schüler durch Einfüh­rung des Dualen Orientierungspraktikums:

"Schüler äußern sich positiv.?""Positives Echo der Schüler."s2,"Bewusstseinserweiterung der Schüler, Verstärkung des selbstverantwortlichen

Lernens, Einsicht in die Notwenigkeit des Methodentraining'<',"größeres Bewusstsein bei [... ] Schülern für die Bedeutung der Studien- und Be­

rufsorientierung, erste Einsichten in den Alltag des Studiums, größeres Interesseseitens der Schüler an der Hochschule mit Bereitschaft weitere Kontakte zu su­chen"s4

"Schüler setzen sich mit Berufsorientierung auseinander, alle Schüler des 11.Jahrgangs wurden ,gezwungen' sich intensiv mit ihren WünschenJInteressen/Nei­gungen zur Studien- und Berufswahl auseinander zusetzen, da sie für die Uni undHospitation eine Entscheidung treffen mussten (bisher konnten sie das Thema ver­drängen), das Duale Orientierungspraktikum hat den Prozess bei den Schülern an­gestoßen und ausgelöst"SS

Mit Blick auf die Zielsetzungen des Dualen Orientierungspraktikums (vgl.KochIKortenbusch 2009, Heft 3, S. 30 und die Anlage der vorliegenden Studie)sind auch diese Effektbeschreibungen hinsichtlich ihrer Bandbreite eher dürftig.Angesichts dieser Ergebnisse ist auch daran zu erinnern, dass die Schulen nichtdirekt nach Effekten bei Schülern gefragt worden sind. Sie sollten vielmehrbeschreiben, was sie meinen, erreicht zu haben. Einige der befragten Lehrerhatten in diesem Zusammenhang ihre Schüler im Blick. Das letzte Zitat (sieheoben) ist im Verhältnis zu den Zielen des Dualen Orientierungspraktikums dieweitgehendste Beschreibung des Erreichten.

Zusammengefasst sind die Aussagen der befragten Lehrer zum Erreichtenauf der Ebene der Schüler im Verhältnis zu den Zielen der Produkte verhalten.Die Gründe hierfür sind vermutlich unterschiedlich: beim BWP und bei derIndividuellen Förderplanung zur beruflichen Integration befanden sich die Schu­len noch am Anfang des Implementierungsprozesses und die Wirkungen konn­ten sich bei Lehrern noch nicht in dem Maße bemerkbar machen, dass sie hättenformuliert werden können. Beim Dualen Orientierungspraktikum hingegen,welches von allen befragten Schulen durchgeführt worden ist, müssen andereGründe von Bedeutung sein. Denkbar ist, dass das Duale Orientierungsprakti-

51 Schule 37-E-S.52 Schule 47-E-S.53 Schule 52-E-S.54 Schule 156-E-S.55 Schule 39-E-S.

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kum nicht in jeder Hinsicht (siehe KochIKortenbusch 2009, Heft 3) umgesetztworden ist.

6.2.1.2 Effekte bei der Schule als Organisation

Hinsichtlich der Beschreibung von Effekten auf der Ebene der Schule als Orga­nisation sind Studien zum organisationalen Lernen instruktiv (Argyris/Schön1978, 1996; Pawlowsky 1992). Da es beim Transfer von Innovation darum geht,die Fähigkeit von Schulen zur Bearbeitung von Problemen zu erhöhen, bzw. einkonkretes Problem der Organisation zu bearbeiten (siehe Kapitel 2.3), sindMerkmale zu finden mit denen sich die Ergebnisse schulischer Lernprozesseidentifizieren lassen. Im Anschluss an die oben genannten Studien bieten sichdie folgenden Merkmale an:

• Veränderung von Routinen und Praktiken;• Veränderung der Wissensbasis der Organisation;• Veränderung der Arbeitsorganisation (Strukturen, Prozesse, Regeln).

Im Folgenden werden bezogen auf diese Aspekte die Effekte bei der Schule alsOrganisation ebenfalls produktbezogen beschrieben. Abschließend erfolgt eineBewertung der Befunde.

Die Effekte des Berufswahlpasses, die Lehrer und Schulleitungen aus ihrer Sichtbeschreiben, betreffen in der Regel folgende Aspekte:

• Die umfassende Überarbeitung des schulischen Konzeptes zur Berufsorien­tierung. Lehrer und Schulleitungen berichten hierzu z.B, folgendes:

"Ein Berufswahlorientierungskonzept wurde geschrieben. ,,56"Mit der Einführung des BWP wurde für uns ein neuer Anstoß gegeben, den Be­

reich Berufswahl zu überarbeiten. In diesem Zusammenhang konnte der Kreis derbeteiligten Kolleginnen und Kollegen erweitert werden und Maßnahmen entwickeltwerden, den Kontakt zwischen Lehrern, Eltern und Schülern zu verbessern. ,,57

"BWP zieht sich wie ein roter Faden durch die Mittel- und Oberstufe, Inhalteund Ziele sind für alle Beteiligten klarer,,58

S6 Schule 89-E-S.S7 Schule 181-E-S.S8 Schule 116-E-S.

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"Einführung eines Berufsorientierungsinstruments, BWP ist Leitfadenfür den Be­reich der Berufswahlvorbereitung und begleitet die Schüler von 7 bis 10, er bietetOrientierungsrahmen für Lehrerinnen und Lehrer',s9

"Eine übergeordnete Diskussion über die Berufsorientierung ist entstanden, so­dass die Berufsorientierung in den Mittelpunkt gerückt ist, Berufsorientierung hatsich als Querschnittsaufgabe und übergeordnetes Ziel für alle Lehrkräfte und Fä­cher etabliert, die die Aktivitäten der BO werden durch den Ordner sichtbar. ,,60

• Die Form der Zusammenarbeit. Sie hat sich aus der Sicht der Lehrer undSchulleitungen in der Hinsicht geändert, dass mehr Kollegen einbezogenworden sind, dass für die Bewältigung der Aufgabe der Berufsorientierungeigene Arbeitsgruppen gegründet worden sind und dass der Austausch überdieses Themenfeld im Kollegium deutlich zugenommen hat. Im Folgendenwerden hierzu zentrale Zitate aufgeführt.

.Für die Einführung wurde ein Berufsorientierungsarbeitskreis gegründet. ,,61"BWP ging durch alle Konferenzen: alle informiert, Teil beteiligt,,62"Kommunikation und Austausch über Unterrichtsinhalte innerhalb des Kolle­

giums ist stärker geworden. ,,63

Die meisten Schulen, die die Individuelle Forderplanung zur beruflichen Integ­ration eingeführt haben, erwähnen Erreichtes auf der Ebene der Schule als Or­ganisation:

"Wir haben die Förderplanung für die Oberstufe und das Oberstufenkonzept zur be­ruflichen Integration neu bearbeitet. Die Förderpläne testen wir gerade.,,64

"Wir arbeiten in der Oberstufe jetzt mit den Förderplänen, die die Comenius­schule in Anlehnung an BiZEbS entwickelt hat.,,65

"Der Förderplan ,Berufliche Integration' wurde an unserer Schule implemen­tiert. Die Schille nimmt an dem BUS-Projekt teil. Die Zusammenarbeit in der Ober­stufe ist deutlich entwickelt worden. ,,66

Erkennbar wird, dass sich die Effekte auf die konzeptionelle Entwicklung derOberstufe der beratenen Förderschulen beziehen.

S9 Schule 78-E-S.60 Schule 64-E-S.61 Schule 95-E-S.62 Schule 72-E-S.63 Schule 65-E-S.64 Schule 201-E-S.6S Schule 131-E-S.66 Schule 128-E-S.

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Der Transfer der Individuellen Förderplanung zur beruflichen Integration hatzudem die Teamentwicklung bei einigen Schulen gefördert. D. h. während derEinführung und Umsetzung des Produktes hat sich die Zusammenarbeit imKollegium verbessert. In den vorliegenden Daten sind hierzu folgende Hinweisezu finden:

"Insgesamt ist neben der konzeptionellen Arbeit die Teamentwicklung stark anges­toßen worden.,,67

"Die Notwendigkeit von Verbindlichkeit und Absprachen wurde deutlich ge­macht. ,,68

"Die Zusammenarbeit in der Oberstufe ist deutlich entwickelt worden.,,69

Solche Effekte sind vermutlich in dem Ausmaß nicht zu erwarten, wenn Lehrerunterschiedlicher Schulen an einer Fortbildung mit dem Thema ,Teamentwick­lung' teilnehmen. Und sie stellen sich wahrscheinlich auch nicht ein, wenn imRahmen einer schulintemen Lehrerfortbildung mit dem Kollegium eine Fortbil­dung zur Teamentwicklung durchgeführt wird, die nicht produktbezogen konzi­piert ist. Die Gründe hierfür sind möglicherweise folgende:

• Die Mitglieder des Teams haben gemeinsame Zielsetzungen, die sich übervorliegende Produkte besonders gut vermitteln.

• Es wird deutlich, dass die Zielsetzungen nur erreicht werden, wenn imTeam gearbeitet wird

• Während der Arbeit im Team wird sichtbar, dass durch die Teamarbeit eineandere bzw. bessere Qualität entsteht.

• Für einzelne Mitglieder des Teams bildet sich im Zuge der Arbeit ein per­sönlicher Nutzen heraus.

Beim Dualen Orientierungspraktikum stellen Lehrer und Schulleitung Effekteauf der Ebene der Schule als Organisation dar, die sich zum einen auf eine Er­gänzung des Bestehenden beziehen:

"Erweiterung des Berufsorientierungskonzeptes, Erweiterung des herkömmlichenAngebots" 70,

"Erweiterung der Berufsorientierung in der Sek. 11, sinnvolle Ergänzung zu denbisherigen Bausteinen?"

67 Schule 128-E-R.68 Schule 130-E-R.69 Schule 128-E-R.70 Schule 91-E-S.71 Schule 41-E-S.

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Zum anderen erläutern sie, dass eine Integration des Konzeptes in das Beste­hende erreicht wurde:

.Angebote wurden ins Berufsorientierungskonzept der Schille integriert,,72"Das Praktikum wurde mit allen anderen Berufsorientierungs-Maßnahmen ver­

knüpft,,73.

Vergleicht man die Effekte des Dualen Orientierungspraktikums mit denen desBWP und der Individuelle Förderung zur beruflichen Integration werden dieunterschiedlichen Implementierungstiefen (siehe Kapitel 3.2.6) erkennbar: diebeiden zuletzt genannten Produkte erfordern umfassendere Veränderungspro­zesse, die angesichts der Zitate bei einigen Schulen auch vollzogen wurden.

Lehrer einer Schule, die eine Lernpartnerschaft aufgenommen haben, gebenfolgende Veränderungen auf der organisationalen Ebene an:

"Es hat organisatorische Veränderungen im Schulbetrieb gegeben, weil Schüler derKlasse 9 im Rahmen der Kooperation nun ein Tagespraktikum absolvieren.Es findet ein regelmäßiger und strukturierter Kontakt zu einem Unternehmen statt.Alle Kollegen sind informiert und haben den Betrieb im Rahmen einer Betriebser­kundung kennen gelernt. ,,74

Lehrer einer anderen Schule, die ebenfalls eine Lernpartnerschaft eingegangensind, benennen folgende Veränderungen:

.Kollegen sind in die Kooperation eingebunden. Die Zusammenarbeit ist optimiert.Die gewollte Öffnung der Schille hat stattgefunden." 75

Mit diesen Zitaten werden die zentralen Aspekte benannt: die Information allerBeteiligten, der regelmäßige Kontakt zum Partnerunternehmen und die Integra­tion der Lernpartnerschaft in das bestehende berufsorientierende Konzept.

Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass die Veränderungen aufder Ebene von Schule im Zuge des Einführungs- und Umsetzungsprozesses dereinzelnen Produkte von den befragten Lehrern und Schulleitungen umfassendformuliert worden sind. Es wird deutlich, dass mit der Einführung der ProdukteSchulentwicklungsprozesse in Gang gesetzt wurden. Angesichts der Reichweiteder Veränderungen - insbesondere beim BWP und bei der Individuellen För-

72 Schule 45-E-S.73 Schule 45-E-S.74 Schule 71-E-S.7S Schule 76-E-S.

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derplanung zur beruflichen Integration - ist zu vermuten, dass diese Prozesseeinige Zeit in Anspruch nehmen, bevor sie als pädagogische Veränderungenbeim Schüler ankommen.

6.2.1.3 Effekte bei Lehrern

Effekte auf der Ebene von Lehrern meinen die Zunahme an Bereitschaft, sichmit Fragen der Berufs- und Studienorientierung auseinanderzusetzen und sich inder Verantwortung zu sehen, diesen schulischen Aufgabenbereich mit zu bear­beiten. Darüber hinaus geht es um den Erwerb von Kompetenzen, die erforder­lich sind, um das Produkt umzusetzen. Auch in diesem Kapitel wird die Analyseproduktbezogen durchgeführt und abschießend eine Bewertung der Befundevorgenommen.

Beim Berufswahlpass machen die befragten Lehrer und SchulleitungenAussagen zu Veränderungen bei Lehrern, die die Einstellung zur Berufsorientie­rung betreffen. Zum Beispiel "sind einzelne Lehrer für das Thema sensibilisiertworden'i" oder "der BWP ist als geeignetes Medium anerkannt't". Darüberhinaus ist aus der Sicht der Schulen erreicht worden, dass mehr Kollegen sichmit der Berufsorientierung auseinandersetzen und sich für die Durchführungverantwortlich fühlen78. Die schulische Praxis im Bereich der Berufsorientie­rung hat sich verändert, weil Lehrer den BWP als Orientierungsrahmen nutz­ten79 und er eine "methodische und organisatorische Hilfe (eine Leitlinie),,80 bot.Die Lehrer und Schulleitungen berichten zudem, dass sich durch die Einführungdes BWP die Kommunikation zwischen Lehrern und Schüler bzw. Eltern ver­bessert hat". Eine Schule beschreibt, dass "Lehrkräfte besser individuell auf dieSchüler eingehen, da durch den Pass Stärken und Interessen transparent wer­den,,82.

Bei den anderen Produkten werden, mit Blick auf die Kompetenzen derLehrer und/oder die Bereitschaft sich mit Fragen der Berufs- und Studienorien­tierung auseinanderzusetzen, nicht explizit Veränderungen berichtet. Auch indiesem Zusammenhang muss daran erinnert werden, dass die Lehrer und Schul­leitungen gefragt worden sind, was aus ihrer Sicht (für die Schule) erreicht wur-

76 Schule 169-E-S.77 Schule 83-E-S.78 Schule 84-E-S, Schule 80-E-S, Schule 78-E-S, Schule 67-E-S, Schule 24-E-S, Schule 4-E-S.79 Schule 78-E-S.80 Schule 40-E-S.81 Schule 72-E-S, Schule 68-E-S, Schule 67-E-S.82 Schule 36-E-S.

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Page 168: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

de. Sie wurden nicht zu ihrer persönlichen Kompetenzentwicklung im Zuge desBeratungsprozesses interviewt.

6.2.1.4 Effekte beim Unterricht

In diesem Kapitel werden produktbezogen die Effekte auf der Ebene des Unter­richts beschrieben.

Der Berufswahlpass wurde zum großen Teil fächerübergreifend einge­setzt". Nachstehende Fächer waren in unterschiedlicher Kombination invol­viert: Arbeitslehre, Deutsch, Gesellschaftslehre, Politik, Geschichte, Mathema­tik, Wirtschaftslehre, Physik, Informatik und Erkunde.Folgende Effekte auf der Ebene des Unterrichts werden von den Schulen u.a.berichtet:

"Stärkere Verknüpfung der themenspezifischen Unterrichtsinhalte verschiedenerFächer. ,,84

.Angleichung der Vorbereitung in den Klassen, da Material ergänzt durch Ar­beitsblätter einheitlich von Kollegen eingesetzt wird. ,,85

"Vereinheitlichung der Arbeit im Fach ArbeitslehreIWirtschaft und im gesamtenProzess der Berufsorientierung. Jeder Kollege kann auf festgelegte Arbeitsstandardszurückgreifen:,,86

"Kommunikation und Austausch über Unterrichtsinhalte innerhalb des Kolle­giums ist stärker geworden. ,,87

Beim Dualen Orientierungspraktikum werden keine Effekte auf der Ebene desUnterrichts aufgeführt. Bei diesem Produkt sind Effekte auf dieser Ebene auchnicht zu erwarten (siehe Kapitel 3.2). Hingegen sind bei der Lernpartnerschaftdurchaus Effekte auf der Ebene des Unterrichts möglich. Die Vertreter einerSchule erwähnen zwei Unterrichtsprojekte'", die aus der Lernpartnerschaft her­vorgegangen sind.

Bei der individuellen Förderplanung zur beruflichen Integration gibt esebenfalls keine Aussagen zu Effekten auf der Ebene des Unterrichts. Allerdingsberichten Lehrer und Schulleitungen, dass die Förderpläne sich in der Umset-

83 Schule 162 E-S, Schule 150 E-S, Schule 134 E-S, Schule 119 E-S, Schule 118 E-S, Schule 107 E­S, Schule 106 E-S, Schule 105 E-S, Schule 95 E-S, Schule 80 E-S, Schule 65 E-S, Schule 39 E-S,Schule 23 E-S, Schule 13 E-S, Schule 8-E-S, Schule 6-E-S.84 Schule 25-E-S.8S Schule 31-E-S.86 Schule 35-E-S.87 Schule 64-E-S.88 Schule 76-E-S.

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Page 169: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

zung befinden'", Dies setzt eine Beteiligung des Unterrichts voraus, weil die mitdem Schüler vereinbarten Förderziele im Unterricht pädagogisch aufgegriffenwerden müssen (siehe Kapitel 3.2).

6.2.1.5 Effekte bei der Zusammenarbeit mit externen Partnern

Hier werden die Veränderungen beschrieben, die sich aus der Sicht der Schulenin der Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnern ergeben haben.

Beim Berufswahlpass werden seitens der Schulen keine Effekte benannt.Die Kooperation mit außerschulischen Partnern scheint in der Einführungs- undUmsetzungsphase nicht im Vordergrund zu stehen. Dies ist zunächst erstaun­lich, weil eine zentrale Zielsetzung des BWP ist, die Kooperation zwischenSchulen und externen Partnern zu fordern. Die externen Partner kommen in dervorliegenden Studie erst ins Spiel, wenn es um die Einführung und Umsetzungvon Produkten geht, die Kooperationen voraussetzen, wie beispielsweise beimDualen Orientierungspraktikum oder wenn solche Produkte mit dem BWP ver­knüpft werden.Ein Effekt beim Dualen Orientierungspraktikum stellt in der Sichtweise derbefragten Lehrer und Schulleitungen die ,,Ausweitung der Schulkontakte'f" dar.

Eine Schule, die eine Lernpartnerschaft mit einem Betrieb eingegangen ist,beschreibt die Veränderungen auf der Ebene der Zusammenarbeit mit einemBetrieb wie folgt:

,,Kurzer Wegfür Girls' Day.Schnelle und unkomplizierte Absprachen.Frühzeitige Planung mit verlässlichen Partnern ist möglich." 91

Angesichts der Produkte, die alle den Lemort Betrieb konzeptionell einbezie­hen, fallen die Effektbeschreibungen der befragten Schulen in dieser Hinsichtzurückhaltend aus. Ein Grund hierfür könnte sein, dass schulinternen Verände­rungsprozessen sehr viel mehr Beachtung geschenkt wird und damit diese beisehr offenen Fragestellungen Lehrern und Schulleitung vorrangig in den Sinnkommen. Andere Effekte sind in der subjektiven Sichtweise der Befragten we­niger bedeutsam und werden von daher nicht mehr erwähnt.

89 Schu1e 38-E-B, Schule 123-E-S, Schu1e 127-E-S, Schule 128-E-S, Schu1e 130-E-S, Schule 131-E­S, Schule 168-E-S, Schule 201-E-S.90 Schule 91-E-S.91 Schule 76-E-S.

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6.2.1.6 Effekte bei Eltern

Dieses Kapitel beschreibt die Veränderungen, die Schulen mit Blick auf dieBeziehungen zwischen Schule und Eltern und Eltern und Schüler sowie Lehrernund Eltern benannt haben.

Die Lehrer einer Schule, die eine Lernpartnerschaft eingegangen ist, zie­hen folgendes Fazit:

"Eltern sind sehr interessiert an dem Thema. Dies bietet Gesprächsanlässe sowohlfür Lehrer als auch für Schüler."

Aus der Sicht der Lehrer einer Schule ist durch die Einführung des DualenOrientierungspraktikums ein größeres Bewusstsein bei Eltern und Schülern fürdie Bedeutung der Studien- und Berufsorientierung'f" entstanden.

Die befragten Lehrer und Schulleitungen der beteiligten Schulen beschrei­ben beim Berufswahlpass folgende Effekte bei Eltern:

,,Höhere Transparenz der Berufsorientierung für Eltern. ,,93

"Bessere Info der Eltern. ,,94

"Positive Rückmeldung der Eltern. ,,95

"Verbesserte Elternarbeit, werden aktiv einbezogen, viele Anlässe zum Ge­spräch zwischen allen Beteiligten, höhere Bewertung der Berufsorientierung durchEltern. ,,96

.Berufswahlorientierung erhält seit der Einführung des BWP eine hohe Wert­schätzung [...] seitens der Eltern. Schulische Angebote zur Berufsorientierung sindseit der Einfiihrung für die Eltern transparenter und gebündelter.?'"

"Beteiligung der Eltern. ,,98

"Inhalte und Ziele sind für alle Beteiligten klarer. Berufsorientierung rückt stär­ker ins Bewusstsein, Eltern sind erfreut, BWP bietet Gesprächsanlässe, Eltern füh­len sich stärker einbezogen und werden sogar für Eltempraktikum gebraucht. ,,99

"Sensibilisierung [...] einiger Eltern für das Thema Berufsorientierung, [... ] El-tern werden stärker einbezogen, BWP bietet Gesprächsanlässe zwischen Eltern undSchülern. ,,100

92 Schule 156-E-S.93 Schule 4-E-S.94 Schule 25-E-S.9S Schule 27-E-S.96 Schule 67-E-S.97 Schule 40-E-S.98 Schule 83-E-S.99 Schule 116-E-S.100 Schu1e 117-E-S.

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Insgesamt scheint das Thema ,Studien- und Berufsorientierung' geeignet zusein, die Beziehungen zwischen Schule und Eltern zu verbessern.

6.2.2 Prozessqualität: Implementierungstiefe und Auswahl- und Anpassungs­prozesse

Es wurden, wie bereits in Kapitel 3.2.5 erläutert, Produkte mit unterschiedlicher,Tiefe' eingeführt. Diese beanspruchen in Abhängigkeit vom Schulentwick­lungsprozess unterschiedliche ,Tiefen' für eine Implementierung. Da die Im­plementierungstiefe an den erreichten Prozesszielen ablesbar ist, wird in dervorliegenden Studie in diesem Zusammenhang von Prozessqualität gesprochen.Die Prozessqualität hat aber noch eine andere Dimension: der Auswahl- undAnpassungsprozess durch die Schule im Zuge der Implementation. Es geht umdie Frage, inwieweit das Produkt sich während der Implementation verändert.Dabei sind zwei Ausprägungen denkbar. Die Veränderung ist so extrem, dassdie ,Philosophie' des Produktes nicht mehr umgesetzt wird. Oder die Verände­rung stellt eine positive Weiterentwicklung des Produktes dar. Im Folgendenwird die Prozessqualität unter diesen Gesichtspunkten dargestellt.

6.2.2.1 Implementierungstiefe

Eine Qualitätsdimension bildet somit die Implementierungstiefe ab (siehe dazuKapitel 3.2). Die einzelnen ZielbeschreibungeniZustandsbeschreibungen zu denProdukten - soweit sie für die Produkte vorliegen - sind die Kriterien für eineAnalyse des Datenmaterials (siehe Anlage). Sind die zentralen Ziele erreichtworden, ist von einer hohen Qualität des Einführungsprozesses auszugehen.Sind nur weniger oder marginalere Ziele erreicht worden, ist die Qualität derImplementation eher niedrig einzustufen. Zum Beispiel kann der BWP überJahre an Schüler ausgeteilt worden sein, ohne dass die zentralen Zielsetzungendes Berufswahlpasses damit erreicht wurden. Die Zielsetzungen auf der Ebenedes Prozesses sind am Beispiel des BWP in Kapitel 3.2 aufgeführt. Die Zielbe­schreibungen der anderen Produkte befinden sich in der Anlage der vorliegen­den Studie.

In Kapitel 7.2.1 der vorliegenden Studie werden initiierende von prozess­begleitenden Beratungsverläufen unterschieden. In diesem Kapitel soll auchuntersucht werden, ob die Art der Beratung Einfluss auf die Qualität des inner­schulischen Entwicklungsprozess hatte. Die Tabelle zeigt der Verteilung derFälle auf die initiierenden und prozessbegleitenden Beratungsverläufe.

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Tabelle 15: Zuordnung der erfolgreichen Beratungsfälle zu Produkten undBeratungsverläufen

Produkt Beratungsverlaufinitiierend prozessbegleitend

Berufswahlpass 57 38Duales Orientierungspraktikum 5 10Lernpartnerschaft 2 7Vor- und Nachbereitung von SBP 1 0Individuelle Förderplanung zur be-

15 0rufliehen Integration

Im Folgenden wird eine produktbezogene Analyse der realisierten Implementie­rungstiefen in Abhängigkeit von der Art des Beratungsverlaufes vorgenommen.

Berufswahlpass

Es liegen insgesamt 38 prozessbegleitende und 57 initiierende Beratungsverläu­fe vor. 31 der 38 und 30 der 57 Schulen äußerten sich über Erreichtes und nichtErreichtes durch den Einführungsprozess. Eine Analyse der Beratungsverläufehat ergeben, dass keine Muster zu erkennen sind, die darauf hinweisen, dassprozessbegleitende eine andere Qualität der Einführung als initiierende Bera­tungsverläufe bewirken. Es ist aber vorstellbar, dass die Schulen, die einen pro­zessbegleitenden Beratungsverlauf in Anspruch genommen haben, bereiter war­en, das Interview durchzuführen. So haben prozentual gesehen deutlich mehrSchulen mit prozessbegleitenden Beratungen Interviews gegeben. Vermutlichsahen sie den eigenen Einführungs- und Umsetzungsprozess stärker verbundenmit der Beratungsarbeit.

Betrachtet man die Zielbeschreibungen auf der Ebene des Umsetzungspro­zesses (hier als Prozessqualität bezeichnet), haben die meisten Schulen durchdie Einführung des Berufswahlpasses erreicht, dass das schulische Konzept zurBerufsorientierung bei allen beteiligten Akteuren bekannt wurde. Dies gilt be­sonders für Eltern, Schüler sowie das Kollegium. Voraussetzung hierfür wareine Bestandsaufnahme des bestehenden Konzeptes und eine Verknüpfung mitdem Berufswahlpass. Die Schulen haben in der Regel auch den Dokumentati­onsteil des Berufswahlpasses umgesetzt. Dies beinhaltet die Bescheinigung vonKompetenzen, die die Schüler an unterschiedlichen Lernorten erworben haben

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Page 173: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

und die Aufforderung diese in den Ordner abzuheften. Einige Schulen sind al­lerdings über diesen Entwicklungsstatus nicht hinausgekommen. Zum Teil gingdies sogar soweit, dass sie mit diesem Schritt den Berufswahlpass vollständigumgesetzt sahen. Eine größere Gruppe von Schillen hat die Verantwortung fürUmsetzung des Berufswahlpasses jahrgangsbezogen auf unterschiedliche Kol­legen verteilt. Absprachen fanden statt, wie der Berufswahlpass im Unterrichteinzusetzen sei. Bei einigen Schulen kam der Berufswahlpass in mehreren Un­terrichtsfächern zum Einsatz. Einige der Schillen, die den BWP eingeführten,haben Arbeitsgruppen gegründet und Materialien zum BWP überarbeitet. In derRegel wurde von den Schulen ein Konzept zur Übergabe des Berufswahlpassesan die Schüler entwickelt. Ein zentraler Aspekt mit Blick auf die Qualität derEinführung ist beim Berufswahlpass die Umsetzung der Lernplanung und -be­ratung (siehe KochIKortenbusch 2009). Dieses Ziel wurde von den Schulen, dieden Berufswahlpass eingeführt haben, nur in Ausnahmefällen erreicht. Einigewenige Schillen sahen in der Umsetzung der Lernberatung aber noch ein zentra­les Entwicklungsziel.

Lempartnerschaft

Es liegen drei Kommentare von Schulen vor, die das bisher Erreichte und nichtErreichte beschreiben. Bei diesen Schulen hat eine prozessbegleitende Beratungstattgefunden. Auf der Ebene der Schüler wurde eine Sensibilisierung für dieBerufsorientierung erreicht. Eine Schule erwähnte die Stärkung des Selbstbe­wusstseins der Schüler durch die Lernpartnerschaft. Bei diesen drei Schillen hatdie Lernpartnerschaft Gesprächsanlässe geschaffen, die die Zusammenarbeit mitEltern verbesserten. Konkrete gemeinsame Projekte zwischen der Schule unddem Unternehmen im Sinne einer Lernpartnerschaft (z.B. ,Tagespraktikum fürSchüler', ,Betriebserkundung für das Kollegium', ,Information der Schülerdurch einen betrieblichen Experten', ,Weihnachtssingen der Schüler im Unter­nehmen', ,lebensnaher und veranschaulichter Unterricht in Kooperation mitdem Unternehmen', ,Verkauf von Produkten, die Schüler hergestellt haben')sind umgesetzt worden. Es fand ein regelmäßiger und strukturierter Kontakt mitdem Partneruntemehmen statt. Die Kollegen wurden informiert und waren zumTeil involviert. Die Integration einer Lempartnerschaft in das bestehende be­rufsorientierende Konzept wurde realisiert. Eine Schule betonte die Arbeitsauf­wertung in vielen Bereichen. Mit Blick auf die Qualität der Einführung ist eineBewertung nicht möglich, weil die Zielsetzungen einer Lernpartnerschaft sehrunterschiedlich sein können und den Beratern keine Vorgaben für Zielsetzungendurch die Koordinierungsstelle gemacht worden sind (siehe Kapitel 3.2).

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Individuelle Fdrderplanung zur beruflichen Integration

Es liegen zwölf Kommentare von Schulen vor, die das bisher Erreichte bzw.nicht Erreichte darlegen. Bei diesen Schulen wurden nur initiierende Beratungs­verläufe durchgeführt. Angesichts der Implementierungstiefe des Produktesstellt dies zunächst eine Überraschung dar.

Zentrales Element der Individuellen Förderplanung zur beruflichen Integra­tion ist das Förderplangespräch. Bei fünf Schulen sind diese Gespräche zumZeitpunkt der Erhebung in der Erprobungsphase. Von einer Institutionalisierungkann somit noch nicht ausgegangen werden. Dennoch ist die Qualität des Ein­führungsprozesses als hoch einzustufen, weil die Einführung von Förderplange­sprächen erhebliche Konsequenzen für die pädagogische Konzeption des Bil­dungsganges bzw. der Oberstufe einer Förderschule haben (siehe dazuKochIKortenbusch 2009, Heft 5).

Bei den Schulen, die von den BiZEbS-Lehrern beraten wurden, werden dieeinzelnen Konzeptelemente der Individuellen Förderplanung in den Kommenta­ren nicht immer sichtbar. Einige beratene Schulen erläutern, das Konzept derindividuellen Förderplanung zur beruflichen Integration insgesamt umgesetzt zuhaben. Einige Schulen benennen im Detail die umgesetzten Elemente. AlleSchulen sehen sich allerdings noch am Anfang ihrer Bemühungen.

Duales Orientierungspraktikum

Es liegen zwölf Kommentare von Schulen vor, die das bisher Erreichte undnicht Erreichte erläutern. Davon wurden sieben Schulen prozessbegleitend bera­ten und fünf Schulen initiierend.

1. Prozessbegleitende Beratungsverläufe

Bei diesen Schulen ist das Duale Orientierungspraktikurn zum Zeitpunkt derErhebung der vorliegenden Studie bereits das erste Mal durchgeführt worden. Inden Kommentaren der Schulen ist die Implementierungstiefe des Produkts ab­lesbar. So beschrieb ein Lehrer das bisher Erreichte wie folgt:

"Veränderungen in sofern, dass ich nach dem ersten Durchlauf des Dualen Orien­tierungspraktikums verstärktes Interesse bei den Kollegen zur Kenntnis nehme.Wieweit dies konkret durchschlägt, weiß ich natürlich noch nicht.,,101

101 Schule 45-E-S.

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An diesem Zitat wird deutlich, dass der Lehrer sich für die Umsetzung des Dua­len Orientierungspraktikums verantwortlich fühlte. Er hat die Umsetzung be­trieben. Weiterhin enthalten die Kommentare Hinweise zum Stellenwert desDualen Orientierungspraktikums: es ist ein Baustein bzw. eine sinnvolle Ergän­zung zum bestehenden Berufsorientierungskonzept. Auch hier wird die niedrigeImplementierungstiefe erkennbar. Bei allen Schulen, die eine prozessbegleiten­de Beratung erhalten haben, fand eine Integration des Dualen Orientierungs­praktikums in das schulische Konzept statt. In Einzelfällen wurde der Kreis derbeteiligten Lehrer (z.B. Jahrgangstufenleitung) erweitert. Die Beteiligung weite­rer Lehrer wird besonders mit Blick auf die Akzeptanz des Praktikums als wich­tig angesehen. Es geht hier somit weniger um die Verteilung der Arbeit aufmehrere Schultern. So wünschte sich ein Lehrer, dass es eine ,,Kommunikationdes Gesamtkollegiums über den Wert des praktikums,,102 gäbe.

Mit Blick auf die Schüler wurde die positive Resonanz auf das Angebot be­tont. Nicht erreicht wurde, dass noch mehr Kollegen und noch mehr Schülersich engagierten. Eine Schule möchte in der Zukunft den Kreis der beteiligtenHochschulen erweitern und die bestehende Lempartnerschaft integrieren.

2. Initiierende Beratungsverläufe

Bei vier Schulen erfolgte ebenfalls eine Durchführung des Dualen Orientie­rungspraktikums. Eine Schule startet erst im folgenden Schuljahr mit der Um­setzung.

Mit Blick auf die Schüler der Schulen, die das Duale Orientierungsprakti­kum bereits umgesetzt haben, wurde erreicht, dass alle sich mit ihrer Studien­und Berufsorientierung auseinander setzen mussten. Das Konzept wurde vonden Schulen in das Bestehende integriert und von einer Schule durch einen Be­rufswahltest ergänzt. Die Ergebnisse sollten die Wahl der Studienfächer und desBerufsfeldes erleichtern.

Die Erläuterungen zeigen, dass der Beratungsverlauf (initiierend vs. prozessbe­gleitend) keine Konsequenzen für die Qualität der Einführung hatte. Darüberhinaus wird deutlich, dass das Duale Orientierungspraktikum nicht mit unter­schiedlicher,Tiefe' eingeführt wurde. Dieses Ergebnis war angesichts der nied­rigen Implementierungstiefe des Produktes zu erwarten.

102 Schule 46-E-S.

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6.2.2.2 Anpassungs- und Auswahlprozesse

In dem vorliegenden Datenmaterial gibt es eine Reihe von Hinweisen darauf,dass die Rezeption der Innovationen keinen Kopierprozess, sondern einen Aus­wahl- und Anpassungsprozess beinhaltete (siehe auch Kapitel 2.3.2). Mit Blickauf Auswahlprozesse haben beispielsweise nur wenige Schulen die Lembera­tung im Rahmen des Berufswahlpasses umgesetzt. Hinsichtlich der erfolgtenAnpassungsprozesse sind folgende Beispiele zu nennen:

"Ergänzung des BWP durch eigenen Vorlagen, Tests und Aktionspläne. ,,103

,,Außerdem hat sich die Vorbereitung innerhalb der Klassen angeglichen, dassdas Material - ergänzt durch zusätzliche Arbeitsblätter - einheitlich von den Kolle­gen eingesetzt wird."l04

"Die Lehrer, die den BWP in ihren Klassen eingefiihrt haben, entwickeltenIdeen, um die Arbeit mit dem BWP in der Praxis zu optimieren und zu vereinfa­chen."los

"Die Schule hat die Vorlage ,meine Lemplanung' neu konzipiert. Den Lehrkräf­ten ist es wichtig, dass die vereinbarten Ziele für die Schüler auch erreichbar sindund sie [die Ziele] müssen kurzfristig bzw. zeitnah erreichbar sein.,,106

"Der BWP wurde neu überdacht. ,,107

Bezogen auf die Qualitätsdimension stellt sich die Frage, ob das jeweilige Pro­dukt so angepasst wurde, dass es nicht mehr gemäß seiner Zielsetzungen umge­setzt wird. Dies ist mit den vorliegenden Daten nicht zu beantworten. Es ist auchdenkbar, dass eine Anpassung im Sinne von Weiterentwicklung bzw. Verbesse­rung erfolgt ist.

In dem nächsten Kapitel werden zusammenfassend alle Merkmale aufge­führt, die für die Erfassung von Transfererfolgen und -effekten in der vorliegen­den Studie von Bedeutung waren. Diese Merkmale werden später ebenfalls inein Qualitätsmodell integriert (siehe Kapitel 8).

103 Schule 28-E-S.104 Schule 31-E-S.lOS Schule 4-E-S.106 Schule 80-E-S.107 Schule 83-E-S.

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6.3 Merkmale zur Erfassung von Transfererfolgen und -effekten

Die Ergebnisse der Kapitel 6.1 und 6.2 zeigen, welche Transfererfolge und -ef­fekte der Modellversuch ,Berufsorientierung im Verbund' hervorgebracht hat.Da die Befragung zu den Effekten sehr niedrigschwellig angesetzt war, ist nichtdavon auszugehen, dass die erreichten Effekte nahezu vollständig von denSchu1leitungen und Lehrern genannt wurden. Diese Ergebnisse sind somit zurelativieren.

Bedeutsamer sind die Ergebnisse aus Kapitel 6.1 und 6.2 mit Blick auf diegewonnenen Merkmale zur Erfassung von Transfererfolgen und -effekten. Sowird beispielsweise deutlich, dass die Wirksamkeit eines transferierten Produk­tes nicht allein durch die erreichte Outputqualität bestimmt werden sollte. EineBewertung der Wirksamkeit muss vielmehr in Zusammenhang mit der ermittel­ten Prozessqualität vorgenommen werden. In der Abbildung 12 werden dieMerkmale dargestellt. Es wird deutlich, dass es unterschiedliche analytischeZugänge gibt, die jeweils verschiedene Kriterien zur Erfassung des Transfersanbieten.

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Abbildung 12: Merkmale zur Erfassung von Transfererfolgen und -effekten

Outputqualität:• Ausdruck für die Qua­

lität der Ergebnisse• Kriterien für die Ana­

lyse: positive Verände­rungen auf den unter­schiedlichen Ebenender Schulentwicklungim Sinne der Ziele desProduktes

Transfererfolg (Kapitel 6.1):• lässt sich quantitativ beschreiben• ermöglicht Analyse des Zusammenhangs zwischen Transferprozes­

sen und Transferergebnissen• Kriterien der Analyse: positive/ negative Entscheidung zur Imple­

mentation eines Produktes, erfolgreich! erfolglos in der Multiplika­torenrolle, Einführung! Vertiefung eines Produktes und gelungene/gescheiterte Implementation

n[ Erf~su~ranSfers ]

nTransfereffekte (Kapitel 6.2):

ermöglicht die Analyse der Qualität der Implemenationsprozes­se und deren Ergebnisse

{1Prozessqualität:• Ausdruck für die Qualität des Imple­

mentationsprozesses• Kriterien für die Analyse: Implemen­

tierungstiefe und Ausmaß der Aus­wahl- und Anpassungsprozesse

• Implementierungstiefe: in der Ent­wicklungs- und Erprobungsphase desProduktes gewonnene Prozessziele,die im Laufe der Implementation ab­gearbeitet oder nicht abgearbeitetwerden

• Auswahl- und Anpassungsprozesse:Umfang der Veränderung des Pro­duktes im Zuge der Implementierungdie positiver und negativer Ausprä­gung sein können

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7 Wirkungsphasen im Schulentwlcklungsprozess'I"

Die nachstehende Tabelle zeigt die Verteilung der Fälle hinsichtlich der Produk­te und des Beratungserfolges. Wir bereits erläutert, werden die Kategorien,schulexteme Lehrerfortbildung' und ,Vertiefung' in eine weitere Analyse nichtmehr einbezogen. Zudem wird die Kategorie ,zu früh' im Folgenden ebenfallsnicht mehr berücksichtigt. Der Erfolg der dort enthaltenden Fälle ist noch nichtabschätzbar. Zusammenhänge zwischen Transferaktivitäten und Transfererfol­gen können nicht hergestellt werden. Dies wäre aber für eine vertiefte AnalyseVoraussetzung.

Tabelle 16: Verteilung der Fälle hinsichtlich der Produkte und desBeratungserfolges

ProduktErfolg Berufs- Duales Vor- und Indivi- Lern- Ge-

wahl- Orientie- Nachberei- duelle partner- samtpass rungs- tungvon Förder- schaften

praktikum SBP planungeinge- 98 15 1 15 9 138führtnichteinge- 13 1 3 4 0 21führtzu früh 44 2 1 4 22 73nurvorges- 16 5 16 15 5 57teIltGesamt 171 23 21 38 36 289

n = 205 (Schulen)

108 Der Analyse zu Grunde liegende Daten: 205 schulbezogene Effektbeschreibungen, 205 verdich­tete schulbezogene Fallbeschreibungen sowie protokollierte Workshops vom 29. September 2005,26. Juni 2006 und 11. Januar 2007.

179

B. Koch, Wie gelangen Innovationen in die Schule?, DOI 10.1007/978-3-531-92872-2_7,© VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

Page 181: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

In qualitativer Hinsicht konnte zunächst das Vorverständnis zum Transfer vonErgebnissen der Praxisforschung in Schule spezifiziert werden. Mit Blick aufdie folgende Abbildung 13 wird deutlich, dass der Transfer von Ergebnissen derPraxisforschung bei der rezipierenden Schule in einen Schulentwicklungspro­zess eingebunden ist. Der Verlauf des Entwicklungsprozesses ist von schulex­ternen und schulinternen Bedingungen abhängig. Für erfolgreiche Transferpro­zesse sind die externen Bedingungen in Abhängigkeit von der Phase, in der dieSchille sich befindet, zu gestalten. Erläuternde Analysen hierzu erfolgen in denfolgenden Kapiteln.

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Page 182: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Abbildung 13: Speziftziertes Vorverständnis zum Transfer von Ergebnissen derPraxisforschung in Schule

Schulexterne Bedingungen

Produkt! InnovationKapitel 7.1.1

SchulberatungKapitel 7.1.2, 7.2.1

Phasen im Schulentwicklungsprozess

InitiierungKapitel 7.1

Implementation... Kapitel 7.2

Institutionalisie­... rung

Kapitel 7.3

Phasen im Schulentwicklungsprozess

181

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7.1 Erste Phase im Prozess: Initiierung109

Am Ende dieser Phase fallt die Entscheidung, ob ein (vorgestelltes) Produkteingeführt und umgesetzt wird. Die Entscheidung kann auf breiter Basis (z.B.im Rahmen einer Schulkonferenz) oder von einzelnen Personen (z.B. von derSchulleitung) einer Schule getroffen worden sein. Die Abbildung zeigt, welcheBedingungen in dieser Phase zur Wirkung kamen. Sie werden in den nachfol­genden Kapiteln auf der Basis der Ergebnisse der vorliegenden Studie näherbeschrieben.

Abbildung 14: Außerschulische und innerschulische Bedingungen in der Phaseder Initiierung

Außerschulische Faktoren

Schulberatung (7.1.2)

c:PProdukt! Innovation(7.1.1)

Innerschulische Faktoren

Lehrer (7.1.3.2)

Initiierung

~Schule als Organisati-on (7.1.3.1)

Eltern (7.1.3.3)

109 Der Analyse zu Grunde liegende Daten: Verdichtete Fallbeschreibung und schulbezogene Ef­fektbeschreibungen der Kategorien: ,eingeführt' (n = 138) und ,nur vorgestellt' (n = 57).

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7.1.1 Produkt/Innovation

Eine Analyse der Fälle in den Kategorien ,eingeführt' und ,nur vorgestellt'erfasst Darlegungen zu den Produktwahmehmungen seitens der Schulen undBerater. In der Kategorie ,eingeführt' sind nur Fälle enthalten, die sich in derInitiierungsphase für eine Einführung entschieden haben. Es wird untersucht, obin diesen Fällen Aussagen getroffen werden, die sich auf das eingeführte Pro­dukt beziehen. In der Kategorie ,nur vorgestellt' sind nur Fällte enthalten, diesich ausdrücklich gegen eine Einführung entschieden haben. Hier werden eben­falls Textpassagen herausgefiltert, die Ansichten zu dem abgelehnten Produktenthalten.

7.1.1.1 Produktwahmehmung in der Kategorie ,nur vorgestellt'

In dieser Gruppe sind die Schulen, die sich in der Phase der Initiierung gegeneine Einführung eines Produktes entschieden haben. Es soll der Frage nachge­gangen werden, welche Faktoren dazu geführt haben, dass das Produkt abge­lehnt wurde.

Vor- und Nachbereitung von Schülerbetriebspraktika (n = 16)

Die Gründe für die Ablehnung des Produktes in der Initiierungsphase sind un­terschiedlich. Insgesamt wurden 21 Schulen zu diesem Produkt beraten. Davonhat eine Schule ausgewählte Aspekte des Produkts implementiert. Ein Transferdieses Produktes hat somit nicht stattgefunden. Wurde das Produkt Förderschu­len vorgestellt, haben diese es als für nicht geeignet für ihre Zielgruppe bewer­tet. Diese Einschätzung der Schulen trifft zu. Obwohl die Koordinierungsstelledie Transferstellen auf die eigentliche Zielgruppe (Schüler der Sekundarstufe I)hinwiesen hat, wurde es an Förderschulen herangetragen. Dies geschah aller­dings in der Anfangsphase des Projektes. Zudem wurde das Produkt meistens inForm von Gesprächen gleichzeitig mit anderen Produkten vorgestellt. Die Schu­len haben dann eine Entscheidung für ein anderes Produkt getroffen. Bei einigenSchulen lag bereits ein gut funktionierendes Konzept zur Vor- und Nachberei­tung von Schülerbetriebspraktika vor. Änderungen waren nicht erwünscht. DieTransferstellen kommentieren die Wahmehmung des Produktes seitens derSchillen wie folgt:

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"zu aufwendig, zu kompakt, passt nicht zu vorhandenen Bausteinen der Schule,,110"zu kompakt und zu zeitaufwendig, große Überschneidungen mit regionalem

Modell, das schon implementiert ist,,111"passt nicht zur Schille, zu kompakt"112"Konzept so nicht umsetzbar, sofortige Ablehnung,,113in der Form undenkbar"114

::nicht passend zum eigenen Konzept,,115"Vorbehalte bezüglich der Umsetzung in einer Förderschule"116

An der Beschreibung der Produktwahmehmung der Adressaten durch die Trans­ferstellen gerät ein zentraler Aspekt in den Blickwinkel, der der für die Transfer­fähigkeit entscheidend ist: Das innovative Konzept muss an das Bestehendeanzuknüpfen sein bzw. in das Bestehende integrierbar sein.

Die letzte Gruppe betrifft Schulen, die es generell abgelehnt haben, einProdukt zu transferieren.

Individuelle Förderplanung zur beruflichen Integration (n = 15)

Die Transferstellen haben das Produkt in der Initiierungsphase im Rahmen einesGespräches vorgestellt. Es wurde immer mindestens noch ein weiteres Produktin diesem Gespräch thematisiert. Gründe für eine Entscheidung gegen das Pro­dukt waren aus der Sicht der Transferstellen beispielsweise:

"aus Zeitgründen abgelehnt, Schille denkt, dass nicht alle Schüler zugänglich fürsolche Gespräche sind,,11?,

"Eltern und Lehrer haben Bedenken, dass die Schüler nur ausgenutzt werdenund die Chancen auf Ausbildung gering bleiben"118

Bei zwei Schulen existierte bereits ein ähnliches Konzept. Dann gibt es eineweitere Gruppe von Schulen, in denen die Individuelle Förderplanung zur beruf­lichen Integration in einer späten Phase des Beratungsprozesses thematisiertwurde. Diese Schulen haben den Berufswahlpass eingeführt und kamen mit

110 Schule 45-E-B.111 Schule 59-E-B.112 Schule 60-E-B.113 Schule 69-E-B.114 Schule 74-E-B.115 Schule 79-E-B.116 Schule 92-E-B.117 Schule 74-E-B.118 Schule 76-E-B.

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diesem Konzept bei leistungsschwächeren Schülern an ihre Grenzen. Die Indi­viduelle Förderplanung zur beruflichen Integration bietet eine Reihe von kon­zeptionellen Vorschlägen zur individuellen Förderung dieser Schüler. Dennocherfolgte eine Implementierung des Konzeptes in diesen Schillen nicht.

Duales Orientierungspraktikum (n = 5) und Lernpartnerschaften (n = 5)

Die Transferstellen haben die Produkte in der Initiierungsphase im Rahmeneines Gespräches vorgestellt. Es wurde immer mindestens noch ein weiteresProdukt in diesem Gespräch thematisiert. Gründe für eine Entscheidung gegendas jeweilige Produkt sind nur für eine Schule benannt geworden:

,,Die Konzepte Vor- und Nachbereitung von Praktika, Lempartnerschaften undDuales Orientierungspraktikum wurden vorgestellt und es fand eine Beratung hin­sichtlich der Implementierung statt. Als in der Schule klar wurde, dass Arbeit ent­stehen würde, war das Projekt verworfen. Hinzu kommt, dass der verantwortlicheLehrer die Einstellung vertritt, dass Gymnasien nichts mit Berufsorientierung zu tunhaben! ,,119

Berufswahlpass (n = 20)

Auch hier wurde der Berufswahlpass im Rahmen eines Gesprächs vorgestellt. Inder Regel wurden auch andere Produkte thematisiert. Entweder sind die Schulennicht in eine Zusammenarbeit mit den Transferstellen eingestiegen oder siehaben sich für ein anderes Produkt entschieden. Bei einigen Schulen kam es zurAblehnung der Implementation des Produktes durch Konferenzbeschluss. ZweiFörderschulen haben den Berufswahlpass als für ihre Schüler nicht geeignetangesehen. Eine andere Schule war nicht bereit, zusätzliche Belastungen aufsich zu nehmen.

7.1.1.2 Produktwahmehmung in der Kategorie ,eingeführt'

In diese Gruppe sind die Schulen, die sich in der Initiierungsphase für die Ein­führung eines Produktes entschieden haben. Es soll der Frage nachgegangenwerden, welche Faktoren dazu geführt haben, dass die Entscheidung positivausgefallen ist.

119 Schu1e 45-E-B.

185

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Berufswahlpass (n = 98)

Der Berufswahlpass ist in der Sichtweise der Transferstellen ein Instrument,welches Lösungen für vielschichtige Probleme in Schule (z.B. die Verbesserungder Zusammenarbeit im Kollegium im Arbeitsfeld der Studien- und Berufs­orientierung oder die Individualisierung der schulischen Angebote zur Studien­und Berufsorientierung) bereithält. Seitens der Schillen wird erwartet, dassdurch die Einführung des Berufswahlpasses u.a. folgende Probleme bearbeitetwerden:

"fehlendes Ordnungssystem für Schüler zu Fragen im Bereich der Lebens- und Be­rufsplanung, zu geringe fachübergreifende Zusammenarbeit, ganzes Kollegium ein­beziehen, Erarbeitung der Akzeptanz im Kollegium,,12o

"Suche nach Berufsorientierung-strukturierenden Ordnungssystem für Schü­ler,,121

"BWP als Chance die Berufsorientierung besser zu strukturieren,,122"Schaffung von Transparenz :für Schüler (mit Blick auf die schulische Berufs­

orientierung)"123.Koordinierung und Erweiterung des Angebots zur Berufsorientierung, Transpa­

renz im Kollegium und :für Schüler, frühzeitige Auseinandersetzung und mehr Ei­geninitiative der Schüler mit Thema Berufsorientierung't'j"

Die Berater der Transferstellen begründen die Transferfähigkeit des Produktesfolgendermaßen:

,,Der Berufswahlpass ist transferfähig, weil- Schule die Notwendigkeit sieht, das Berufsorientierungs-Konzept zu überarbeiten

(und der BWP ein Instrument hierfür ist)- Schule die Erkenntnis hat, Schüler zu mehr Selbstbewusstsein und Eigenverant-

wortlichkeit zu führen (und der BWP ein Instrument hierfür ist)- der BWP ein ausgereiftes Instrument ist- der BWP Individualität fordert- er Wertschätzung im Lehrer/Schüler-Verhältnis fordert'd25

120 Schule 8-B.121 Schule 13-B.122 Schule 23-B.123 Schule 28-B.124 Schule 55-B.125 Protokoll zum Workshop vom 22. Juni 2006.

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Duales Orientierungspraktikum (n = 15)

In der Sichtweise der Transferstellen ist das Duale Orientierungspraktikum fürSchulen attraktiv, weil es die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partnernwie Agentur für Arbeit, Unternehmen und Hochschulen ermöglicht bzw. vor­aussetzt. Das Konzept trifft generell auf eine hohe Akzeptanz in Schulen. Die"Idee" des Konzeptes wird als "super,,126 oder "toll,,127 bezeichnet. Das DualeOrientierungspraktikum sei eine "sinnvolle Ergänzungv" zum Bestehendenoder eine "Erweiterung der Berufsorientierung"129. Dies trifft besonders aufSchulen zu, die bereits in der Sekundarstufe 11 ein Praktikum implementierthaben und das Duale Orientierungspraktikum eine Variante darstellt. Schulen,die noch im Kollegium einen Konsens über die Einrichtung einer Praxisphase inder Sekundarstufe 11 herstellen müssen, bezweifeln nicht die Sinnhaftigkeit desKonzeptes, sehen aber erhebliche Widerstände im Kollegium auf sich zukom­men. Die Zitate verweisen noch auf einen anderen Aspekt: Das Produkt wird inseiner Bedeutung eingeschätzt: als Ergänzung bzw. Erweiterung des Bestehen­den. Es ist ein Baustein in der Berufs- und Studienorientierung.

Individuelle Förderplanung zur beruflichen Integration (n = 15)

Das Konzept zur individuellen Förderplanung zur beruflichen Integration wirdals Antwort auf vielschichtige Probleme in Schule mit Blick auf die beruflicheIntegration von Jugendlichen gesehen. Die Transferstellen und BiZEbS-Lehrerbeschreiben u.a. folgende Problembereiche:

"Vereinzelung von Aktivitäten, keine Verbindlichkeit in Bezug auf Unterrichtsin­halte, keine Zielabsprachen in der Oberstufe,,130

"fehlende Systematisierung der Maßnahmen zur beruflichen Orientierung undIntegration, Notwendigkeit eines Schulkonzeptes zur Realisierung von Verbind­lichkeit bei der Durchführung der Maßnahmen zur beruflichen Integration'f"

"nur in Einzelfällen Ausbildungsplätze, individuell geprägte Arbeit in der Ober­stufe (bezogen auf Lehrer), Förderplan als Beobachtungsbögen vorhanden, jedochohne viel Auswirkung auf den Unterricht, Unterricht zu verschult,,132

126 Schu1e 45-B.127 Schu1e 44-B.128 Schu1e 91-B.129 Schu1e 94-B.130 Schu1e 124-B.131 Schu1e 130-B.132 Schu1e 168-B.

187

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"Schule sieht das Konzept als Chance, die Schüler nach Schulabschluss in Ausbil­dung/Beschäftigung zu bekommen,,133

Die Transferstellen beschreiben die Produktwahmehmung seitens der Schulenwie folgt:

,,Die Individuelle Förderplanung zur beruflichen Integration ist transferfähig, weil- das Interesse seitens der Schulen sehr groß ist- mehr Zeit für den Einzelnen als Luxus empfunden wird- ausgereifte Materialien (Handreichung und CD) vorliegen- Stärkenförderung. bezogen auf berufliche Planung, die Abschlussquote verbessert- Lehrkräfte von dem Defizitansatz weg wollen- ,Zeit für mehr' höhere Wertschätzung und bereicherte persönliche Bindungen mit

sich bringt- Eltemarbeit gefordert wird,,134

Ist die individuelle Förderplanung zur beruflichen Integration eingefiihrt undumgesetzt worden, dann waren immer BiZEbS-Lehrer beteiligt, entweder alsBerater (siehe Kapitel 3.1.3) oder als Referenten auf den Workshops der Trans­ferstellen. Sie konnten in der Initiierungsphase glaubhaft vermitteln, dass dieUmsetzung des Konzeptes unter gegebenen schulischen Bedingungen zu leistenist.

Lernpartnerschaften (n = 9)

Schulen sahen in einer Kooperation mit einem Unternehmen die Möglichkeit,das bestehende Angebot zur Berufsorientierung zu erweitern. Durch die Koope­ration sollten Schüler Einblicke in die Arbeits- und Berufswelt bekommen. DasEingehen einer Lernpartnerschaft war für diese Schulen positiv belegt. Die Ent­scheidung zur Einfiihrung des Produktes wurde aber bei diesen Schulen durcheinen anderen Aspekt herbeigefiihrt: die Transferstelle vermittelte einen Betrieb.Sie stellte den Kontakt her und organisierte die Treffen. Eine Transferstellebeschreibt diese Erwartung wie folgt: "Schule sucht ganz dringend die Zusam­menarbeit mit Handwerksbetrieben, brauchen Unterstützungv'Y oder "Schulebraucht Unterstützung: Kontakte zu Unternehmen bzw. Aufbau einer Lernpart­nerschaft" 136•

133 Schu1e 79-B.134 Protokoll zum Workshop vom 22. Juni 2006.13S Schu1e 79-B.136 Schu1e 55-B.

188

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7.1.2 Externe Schulberatung'"

In diesem Kapitel wird beschrieben, welche Aktivitäten zu Beginn einer Bera­tung durchgeführt wurden, um Schulen zu einer Einführung eines Produktes zumotivieren. Dazu werden bezogen auf die Produkte kategorieübergreifendeAnalysen durchgeführt. Es geht hier um 148 verschiedene Schulen (Fälle) indenen 138 Produkte eingeführt worden sind und 57 Produkte nur vorgestelltwurden.

Tabelle 17: Verteilung der Maßnahmen zu Beginn eines Beratungsprozesses

ErfolgMaßnahmen eingeführt nur vorgestellt

Anzahl AnzahlSchulexterne Fortbildung 2 0Einzelgespräch mit beteiligter Schule 80 44Vorbereitender Workshop 31 5Prozessbegleitender Workshop 2 1Schulinterne Lehrerfortbildung 0 1Erfahrungsaustausch 1 0Arbeitstreffen mit beteiligter Schule 4 2Interne Gremien, wie Schulkonferenz,

7 0LehrerkonferenzSonstiger 11 4Summe 138 57

Unabhängig von der Erfolgskategorie wurden zu Beginn einer Beratung amhäufigsten Gespräche mit den beratenen Schulen durchgeführt. Dies trifft :für dieKategorie ,nur vorgestellt' bis auf zwei Ausnahmen zu. In der Kategorie ,einge­führt' wurden die Beratungen neben den Einzelgesprächen mit Schulen auchmehrfach mit einem bezogen auf das Produkt vorbereitenden Workshop begon­nen.

Bevor mit den Beratungen begonnen worden ist, sind bereits unterschiedli­che Aktivitäten gestartet, um mit den Schulen ins Gespräch zu kommen. Eswurden einzelne oder mehrere Aktivitäten in dieser Phase durchgeführt, die mit

137 Der Analyse zu Grunde liegende Daten: Verdichtete Fallbeschreibungen und schulbezogeneEffektbeschreibungen (n = 147 Schulen) der Kategorien: ,eingeführt' (n = 138 Produkte; n = 124Schulen), ,nur vorgestellt' (n = 57; n = 48 Schulen) und das Protokoll vom Workshop vom 23.September 2004.

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unterschiedlichen Zielgruppen (z.B. Lehrer oder Schuldezernenten) stattgefun­den haben. Folgende Tabelle zeigt die Aktivitäten.

Tabelle 18: Verteilung der Transferaktivitäten vor Beginn einer Beratung

Erfolg

Aktivitäteneingeführt nur vorge-

stelltAnzahl Anzahl

Workshop 9 3Einführende Lehrerfortbildung 13 3Informationsveranstaltung 32 12Einladung interessierter Schulen zu einem Ge- 30 3sprächTeilnahme an Schulleiterdienstbesprechung 30 13Verteilung von Info-Material (Flyer des Projekts

18 7und Handreichung zu Produkten)Gespräch mit einzelnen Lehrern 53 30Gespräch mit Schulleitung 34 9Anschlussberatung (Kontakt zu der Schule beste-

16 16hend bereits vor Beginn des Projektes)Ausschreibung Fortbildungsprogramm (betrifft

9 1nur die BiZEbS-Beratungen)Sonstiges (z.B. Teilnahme an Arbeitskreisen, die 12 7bereits existieren)Summe 256 104

Der Vorteil bei der Kopplung von mehreren Aktivitäten (Mehrfachnennungen)zum Einstieg in die Beratung lag darin, dass alle Ebenen informiert wurden:Lehrer, Schulleitung und die Schulaufsicht.

Unabhängig von der Veranstaltungsform war es für einen Erfolg viel ver­sprechender, sich auf ein Produkt zu konzentrieren, welches ein Problem bear­beitet, das die jeweilige Schulform anspricht bzw. bearbeiten möchte. Nichtgeeignet waren Informationsveranstaltungen, bei denen jede Schulform eingela­den und mehrere innovative Ansätze vorgestellt wurden.Eine Gruppe von Beratern der Transferstellen fassen ihre Erfahrungen pointiertwie folgt zusammen:

190

Page 192: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

"Wie kann man Schu1e gewinnen?- Zusammenkunft von Lehrern initiiert durch den Schu1ratbringt nichts- bereits auf bestehende Vorhaben (erfolgreiche Projekte) zurückgreifen - an posi-

tive Erfahrungen anknüpfen, dann mit diesen Schulen werben bei Schulen, dienicht wollen

- keine Großveranstaltung- ein Produkt - eine Schule- engagierte Lehrer bekannt: gewisse Offenheit nutzen- schu1formspezifisch werben- erstmal Schu1en, die wollen- Einzelgespräche führen (pro Produkt und pro Schu1e)- Anschreiben an Schulen zur Information, dann Schulleitung und Koordinator als

Ansprechpartner- Schulen ansprechen, bei denen das Produkt voraussichtlich in das schulische Kon­

zept passt- vorhandene Arbeitsgruppen nutzen (z.B. Arbeitsgruppe :für Schülerbetriebsprakti­

kum in Sek. 11 in Hessen),,138

Da es beim Einstieg in die Beratung zunächst darum geht, eine Entscheidungzur Einführung des Produkts herbeizuführen, hat es sich bewährt, Experten ausder Praxis fiir eine Veranstaltung zu gewinnen, die das Produkt bereits einset­zen. Hier kamen die Transferstellen allerdings relativ schnell an ihre Grenzen,wenn es um die Gewinnung solcher Personen ging, die im Schulbetrieb Vollzeitbeschäftigt waren und keine Freistellung :für solche Aufgaben erhielten.

Im Rahmen des Transfers durch die BiZEbS-Lehrer erfolgte eine Aus­schreibung des Angebots der Schulberatung über die Bezirksregierung. DieEntscheidung zur Implementation des Produktes erfolgte im Vorfeld und äußer­te sich in einer ersten Kontaktaufnahme mit dem Projekt durch die Schule. Dasvorliegende Datenmaterial lässt keine weiteren Interpretationen zu.

138 Protokoll zum Workshop vom 23. September 2004.

191

Page 193: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

7.1.3 Schulinterne Bedingungen

7.1.3.1 Schule als Organisation

In diesem Kapitel wird analysiert, welche organisationalen Bedingungen dazugeführt haben, dass eine Schule sich gegen bzw. für die Einführung eines Pro­duktes entschieden hat. Kategorieübergreifend ist die Untersuchung bezogen aufdie Produkte. Es werden die Fälle der beiden Kategorien ,nur vorgestellt' und,eingeführt' betrachtet. Inhaltliche Aspekte sind die (1) Anschlussfähigkeit derInnovationsziele, (2) die Bereitschaft und Fähigkeit des Kollegiums die Innova­tion einzuführen, (3) der Bedarf an innerschulischer Veränderung und (4) dieChance der internen Entwicklung durch das Beratungsangebot. Zu diesen As­pekten werden Darlegungen aus den einzelnen Fällen herausgezogen und hierzusammengefasst wiedergegeben. Es geht hier um 148 verschiedene Schulen(Fälle) in denen 138 Produkte eingeführt worden sind und 57 Produkte nur vor­gestellt wurden.

Folgende Faktoren spielten aus der Sicht der Berater eine Rolle, wenn eineSchule in der Phase der Initiierung von einer Einführung Abstand genommenhat (Fälle der Kategorie ,nur vorgestellt'):

Fehlende Anschlussfähigkeit der Innovationsziele

• Es ist bereits ein Instrument vorhanden, welches der Innovation ähnelt. 139

• Die Innovation wird nicht als für die Zielgruppe der Schule angemessenangesehen.140

• Die Schule hat sich zunächst einen anderen inhaltlichen Schwerpunkt ge­setzt. 141

• Das vorgestellte Produkt wurde bereits in einem anderen Zusammenhangeingeführt.142

139 Schule 69-B, Schule 59-B und Schule 60-B.140 Schule 79-B und E-B, Schule 74-B und E-B, Schule 90-B, Schule 78-B.141 Schule 47-B, Schule 70-B, Schule 63-B, Schule 61-B, Schule 50-B, Schule 9-B, Schule 4-B,Schule 76-B, Schule 56-B und weitere.142 Schule 44-B.

192

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Fehlende Fähigkeit und/oder Bereitschaft des Kollegiums eine Innovation ein­zuführen

• In der Lehrerkonferenz wird die Einführung abgelehnt.f"• In der Schule gibt es unterschiedliche Auffassungen zur Einführung einer

Innovation. Diese werden nicht überwunden und blockieren innerschuli­sche Neuerungen.i''"

• Das Kollegium ist nicht zu gewinnen. Dies wird seitens einer Transferstelleam Beispiel einer Schule wie folgt beschrieben: "alles wird schon gemacht,Ordner (BWP) ist zu klein und BWP ist für Schüler nicht verständlich" 145.

Ein weiteres Beispiel ist folgendes:

,,Die Konzepte wurden vorgestellt und es fand eine Beratung hinsichtlich der Im­plementierung statt. Als in der Schule klar wurde, dass Arbeit entstehen würde, wardas Projekt verworfen, Hinzu kommt, dass der verantwortliche Lehrer die Einstel­lung vertritt, dass Gymnasien nicht mit Berufsorientierung zu tun haben."

• Im Kollegium gibt es inhaltliche und organisatorische Grundproblemesowie fehlende Verantwortlichkeiten.146

• Das Kollegium erlebt sich an den Grenzen der möglichen Belastung.147

• Ein einzelner Lehrer will den BWP einführen, stößt aber auf Widerstandbeim Kollegium. 148

• Die Innovation wird als sinnvoll und bereichernd angesehen, es sind aberkeine Ressourcen vorhanden diese in den Regelbetrieb zu integrieren. EineTransferstelle beschreibt die Situation einer Schule wie folgt:

"Lehrkräfte empfinden ihre Arbeit mit erziehungsschwierigen Schülern anstrengendund sind aufgrund dessen kaum bereit zusätzliche Arbeit zu übernehmen. Perspek­tivisch ist die Arbeit mit dem BWP gewünscht.v'?

• Der Berufskoordinator ist neu an der Schule.F"• Eine Schule will nicht beraten werden, weil sie grundsätzlich externe An­

gebote dieser Art ablehnt.P'

143 Schule 46-E-B, Schule 47-E-B, Schule 56-B und -E-B.144 Schule 149-B.145 Schille 133-B.146 Schule 95-B.147 Schule 102-B.148 Schille 46-B.149 Schule 90-E-B.150 Schule 56 E-B.151 Schille 149 E-B.

193

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Die Kategorien ,fehlende Anschlussfähigkeit der Innovationsziele' und ,fehlen­de Bereitschaft und/oder Fähigkeit des Kollegiums eine Innovation einzuführen'sind bereits aus der Schulentwicklungsforschung (z.B. Fullan 2001) als für Ver­änderungsprozesse hinderliche Faktoren bekannt. Dies gilt auch, bis auf eineAusnahme, für die anschließend dargestellten förderlichen Faktoren. Die Aus­nahme bildet die Kategorie ,Chance der internen Entwicklung durch Beratungs­angebot' . Die Aussagen (siehe unten) aus denen diese Kategorie entstanden ist,lassen den hohen Stellenwert von Beratung :für die Initiierung von Schulent­wicklungsprozessen erkennen.

Vor diesem Hintergrund spielen folgende Faktoren in der Phase der Initiie­rung eine Rolle, wenn die Entscheidung für die Einführung und Umsetzungeines Produktes positiv ausgefallen ist. Hier sind die Fälle in der Kategorie ,ein­gefiihrt' relevant.

Bedarfan innerschulischen Veränderungen im Bereich der Berufsorientierung

• Eine Schule fühlt sich :für die Anschlussfähigkeit ihrer Schüler nach derSchulzeit verantwortlich und sieht zugleich Entwicklungsbedarf zur Un­terstützung des Orientierungsverhaltens der Schüler.

• Eine Schule ist im Bereich der Berufsorientierung sehr gut aufgestellt undbefmdet sich auf der Suche nach weiteren Verbesserungen.

• Eine Schule möchte Bestehendes weiter entwickeln bzw. optimieren.• Es besteht seitens einer Schule ein generelles Interesse an innovativen

Ansätzen, weil der innerschulische Druck, etwas für die Jugendlichen tunzu müssen, sehr hoch ist.

Anschlussfiihigkeit der Innovationsziele

• Die Schule sieht in der Implementation der Innovation eine Chance sich zuverbessern.

• Die Innovation wird als etwas angesehen, was an bereits Bestehendes sinn­voll angeknüpft werden kann.

• Die Idee, die hinter der Innovation steht, wird als für die eigene Schulesinnvoll beurteilt.

• Die Innovation fördert die Profilbildung der Schule und bietet damit dieMöglichkeit sich positiv abzugrenzen von anderen Schulen.

194

Page 196: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

• Die Beobachtung einer einzelnen Schule, dass andere Schillen die Innova­tion gewinnbringend eingeführt haben, führt zu einer Entscheidung die In­novation ebenfalls einzufiihren.

• Die organisationalen Ziele stimmen mit den Innovationszielen überein: z.B,"wollen Schulen kontinuierliche Kooperationen zu Unternehmen im Um­feld aufbauen"152.

Chance der internen Entwicklung durch Beratungsangebot

• Das Angebot nehmen die Schillen als hilfreich wahr bzw. sehen bei einerIdee, die sie schon hatten, zum ersten Mal Realisierungschancen (z.B.Lernpartnerschaften).

• In einer Schule ist es schwierig für Entwicklungsprozesse, positive Ent­scheidungen herbeizufiihren. Die Schille erhofft sich durch das Angebotder Transferstellen hierbei Unterstützung.

• Eine Schule sieht große Defizite im Bereich der Berufsorientierung undwill das Angebot nutzen, diese begleitet zu bearbeiten.

• In den Schulen fehlen Kompetenzen im Umgang mit Unternehmen: DieLehrer haben Probleme "passende Kontakte zu schließen und diese zupflegen,,153. Es besteht die Erwartung, dass die Kompetenzen durch dasAngebot der Transferstelle erworben werden können bzw. bestimmte Akti­vitäten von der Transferstelle übernommen werden.

• Es fehlt ein Konzept zur Realisierung eines innerschulischen Ziels:

,,Der Schille liegt bereits seit einem Jahr der BWP in allen drei Varianten vor, je­doch wurde er bisher nicht umgesetzt, da kein Konzept vorlag. ... Das Kollegiumund der Schulleiter sind überzeugt, dass sie mit dem BWP arbeiten sollten."154

• Die Transferstellen unterstützen die Konzeptentwicklung.• Die Größe der Schule erschwert die Zusammenarbeit mit Unternehmen.

Die Schule erhofft durch die Zusammenarbeit mit der Transferstelle diesesProblem bearbeiten.

• Es besteht eine generelle Offenheit gegenüber externen Angeboten.• Das Angebot stößt auf Akzeptanz, weil bereits gute Erfahrungen mit der

Zusammenarbeit in anderen Vorhaben gemacht worden sind.• Die Schulen haben klare Vorstellungen über Entwicklungsziele und sehen

in dem Angebot der BiZEbS-Lehrer die Chance diese zu realisieren. Ein

152 Schule 6-B.153 Schule 76-B.154 Schule 89-B.

195

Page 197: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

BiZEbS-Tandem hat die Situation einer Schule, die in einem Gespräch mitder Schule ermittelt wurde, wie folgt beschrieben:

Bedingungen einer beratenen Schille:,,nur in Einzelfallen Ausbildungsplätzeindividuell geprägte Arbeit in der OberstufeFörderplan als Beobachtungsbögen vorhanden, jedoch ohne viel Auswirkungen aufUnterrichtkeine Instrumente vorhanden, um die Fähigkeiten zur Selbstwahrnehmung beiSchülern zu verbessernUnterricht ist zu verschult',155

Ziele einer beratenen Schule:.Konzept zur nachgehenden Betreuung kennen lernenOberstufenarbeit verbindlicher gestaltenFörderplangespräche einrichten mit VerbindlichkeitskontrolleAkquise strukturieren, Liste mit Betrieben, incl. Vermerke anlegenEinführung von Schnupperpraktika'Y''

• Eine Schule sieht große Defizite in den Bereichen geregelte Verantwort­lichkeiten, Zusammenarbeit, gemeinsame pädagogisches Konzepte etc. undwill das Angebot nutzen, um diese Bereiche mit externer Hilfe zu verbes­sern. Eine Transferstelle beschreibt diese Situation wie folgt:

.Das Konzept zur Berufswahlorientierung wird von einzelnen Lehrkräften sehr un­terschiedlich umgesetzt, zum Teil durch mangelnde Motivation.,,157

Es ist offensichtlich, dass es für die Schulen einige ,gute Gründe' (siehe Kapitel2.2.1) gab, das Angebot der Berater anzunehmen.

ISS Schule 168-B.156 Schule 168-B.157 Schu1e 88-B.

196

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7.1.3.2 Lehrer

In diesem Kapitel wird erläutert, welche Rolle einzelne Lehrer in der Phase derInitiierung von Schulentwicklungsprozessen gespielt haben.

Über sie erfolgte der Einstieg in die Beratung. Ihre subjektiven Einschät­zungen des Angebots, welches sich aus dem Produkt und den Beratungen bzw.Dienstleistungen der Transferstellen und BiZEbS-Lehrer zusammensetzte, ent­schied über den weiteren Beratungsverlauf; und zwar ob dieser beendet oderweitergeführt wurde.

Betrachtet man die Fälle in der Kategorie ,nur vorgestellt' wird durch eineAnalyse des vorliegenden Datenmaterials folgendes mit Blick auf Lehrer er­kennbar:

Lehrer nahmen mit organisationalen und schülerbezogenen Zielen an Maß­nahmen teil und schätzten in der Initiierungsphase ab, ob sie mit der Einfiihrungund Umsetzung des Produktes die Ziele erreichen könnten. Fiel die Einschät­zung negativ aus, beendeten sie den Beratungsprozess. Diese Einschätzungenwaren sehr subjektiv geprägt, d. h. sie waren mit Blick auf die Ziele eines Pro­duktes auch falsch. An einem Beispiel soll dies deutlich gemacht werden:

,J(onzept fand Zustimmung (hier individuelle Förderplanung zur beruflichen Integ­ration), großer Arbeitsaufwand wurde bemängelt, Kollegium hatte Bedenken, dassdie Schulsozialarbeiterin nur noch für BiZEbS-Schüler dawäre.,,158

Diese Bedenken ergeben mit Blick auf das Konzept keinen Sinn: die Schulsozi­alarbeiterin kann sich an der Umsetzung des Konzeptes beteiligen. Die Hauptak­teure der Umsetzung sind allerdings die Lehrer. Die Lehrer dieser Schule habenganz offensichtlich das Konzept nicht verstanden.

Dann gab es Lehrer, die vorrangig ein individuelles Fortbildungsinteresseverfolgten. Wurde im Rahmen der Angebote der Transferstellen erkennbar, dasssie innerschulische Einfiihrungs- und Umsetzungsprozesse moderieren undinitiieren sollten, stiegen diese Lehrer aus dem Beratungsprozess aus.

7.1.3.3 Eltern

Die Eltern waren in zweierlei Hinsicht an den Beratungsprozessen beteiligt:zum einen als Zielgruppe im Rahmen von Elternabenden und zum anderen alsMitglieder der Schulkonferenzen. Bei einigen Beratungen waren Eltern in der

158 Schu1e 92 E-B.

197

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Phase der Initiierung ein wichtiger Faktor, um positive Entscheidungen für dieEinführung von Innovationen herbeizuführen.

7.1.4 Konzeptbezogene Merkmale in der Phase der Initiierung

In diesem Kapitel werden aus den bisherigen Erläuterungen zusammengefasstdie Merkmale dargestellt, über die ein Konzept verfügen sollte, um in der Phaseder Initiierung transferförderlich zu wirken Diese Merkmale werden später inein Qualitätsmodell integriert (siehe Kapitel 8).

Transferfähige Produkte

In dieser Phase des Schulentwicklungsprozesses ist mit Blick auf die Fragestel­lung der vorliegenden Studie von Bedeutung, unter welchen Bedingungen einepositive Entscheidung zur Einführung eines Produktes gefallen ist.In der Initiierungsphase :führte folgende Produktwahrnehmung zu einer positi­ven Entscheidung:

• Das Produkt bietet Lösungen fiir vielschichtige Probleme in Schule.• Das Produkt trifft auf einen innerschulischen Bedarf.• Zum Produkt liegen ausgereifte Materialien vor.• Das Produkt lässt sich in Bestehendes integrieren.• Das Produkt erfordert keine umfassenden innerschulischen Veränderungs­

prozesse.• Zur Einführung des Produktes wird Unterstützung angeboten.• Das Produkt wird vorgestellt, von Akteuren, die bereits erfolgreich imple­

mentiert haben.

Folgende Faktoren der Produktwahrnehmung fiihrten zu einer negativen Ent­scheidung:

• Produkt ist nicht geeignet für die Zielgruppe der Schule.• Die gleichzeitige Vorstellung mehrerer Produkte erzeugt mit Blick auf den

Transfererfolg eine Konkurrenzsituation.• In der Schule ist ein ähnliches Konzept vorhanden.• Die Einführung des Produktes bindet zu viele Ressourcen.• Das Produkt ist nicht in das Bestehende integrierbar.

198

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• Es besteht keine Bereitschaft zur Zusammenarbeit unabhängig vom Pro­dukt.

• Es gibt inhaltliche Einwände gegen das Produkt.• Es fehlen Kompetenzen, um das Produkt ,zu verstehen'.

Produktbezogene Schulberatung

Mit Blick auf die Beratung war es :für den Erfolg von Bedeutung, dass der Be­darf der rezipierenden Schille bereits im Vorfeld ausreichend eruiert wurde umein passgenaues Angebot unterbreiten zu können. Zum Einstieg in die Beratunghaben sich Gespräche (siehe Kapitel 7.2.2.4) und vorbereitende Workshops(siehe Kapitel 7.2.2.5) bewährt. Hilfreich war es auch, Lehrer in dieser Phaseeinzubinden, die bereits das Produkt implementiert haben. Ungünstig war es, dieSchulaufsicht an der beratenden Tätigkeit zu beteiligen. Mit dieser Vorgehens­weise verknüpften die Schulen eine verordnete Schulentwicklung.

Schulinterne Bedingungen

Eine zentrale Bedingung zur Einführung eines Produktes war die Einschätzungder Schulen, dass sie durch das Beratungsangebot die Chance erhalten, sich imBereich der Berufsorientierung zu entwickeln. Zugleich musste ein Bedarf ander Entwicklung bestehen und das Angebot musste positiv bewertet werden. DieBeratung war mit einem Produkt verbunden. Mit dieser Vorgehensweise ist dasVorhaben genau beschrieben und in seinem Umfang abschätzbar. An den Maß­nahmen zu Beginn der Beratung und zur Akquise der Schulen haben einzelneLehrer (z.B. der Berufskoordinator), die Schulleitung oder Teilkollegien teilge­nommen. Diese Personen haben das Interesse ihrer Schulen vertreten und imVorfeld darüber entschieden, ob die Einführung eines Produktes in ihrer Schu1ezum Thema wird. Über diese Personen sind die Innovationen in die Schule ge­langt.

Die Abbildung auf der nächsten Seite zeigt die Merkmale transferförderli­cher Bedingungen in der Phase der Initiierung im Überblick.

199

Page 201: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Abbildung 15: Merkmale transferförderlicher außer- und innerschulischerBedingungen in der Phase der Initiierung

Produkt/Innovation:• trifft innerschulischen Be­

darf• ist Lösung für vielschichti­

ge Probleme in Schule• verfügt über ausgereifte

Materialien• knüpft an Bestehendes an• erfordert keine umfassen­

den Veränderungsprozesse• ist passgenau mit Blick auf

Zielgruppe~

Initiierung

Schulinterne Bedingungen:• Anschlussfähigkeit der Innova­

tionsziele• Fähigkeit und Bereitschaft im

Kollegium• Fähigkeit und Bereitschaft zur

Multiplikatorenrolle• Bedarf an Veränderung• Wahmehmung des Beratungs­

angebotes als Chance Entwick­lungsziele zu realisieren

• Verstärkung durch Eltern• Unterstützung durch Schullei­

tung

Externe Schulberatung:• beginnt Prozess mit Gespräch und! oder vorbereitender Work­

shop• unterbreitet passgenaues Angebot• spricht Kollegien, Teilkollegien, einzelne Lehrer und Schullei­

tung an• transportiert umfassende Kenntnisse zum Produkt und seiner

Implementierung• vermittelt das Produkt über Kommunikationsprozesse

200

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7.2 Zweite Phase im Prozess: Implementlerung'f"

In dieser Phase des Prozesses befinden sich die Schulen im Einfiihrungs- undUmsetzungsprozess. Sie sammeln die ersten Erfahrungen mit dem Produkt inder Praxis. Diese Phase umfasst in der Regel die ersten zwei bis drei Jahre (Ful­lan 2001). Dies bedeutet, dass die Transferstellen und BiZEbS-Lehrer vor demHintergrund der Projektlaufzeit maximal die Phase der Initiierung und Imple­mentierung begleiten konnten. Die Ergebnisse, die hier präsentiert werden, be­ziehen sich im Wesentlichen auf die zur Verfügung gestellte Unterstützung(Beratung) und deren Wechselwirkung mit den einzelnen beratenen Schulen. Indieser Perspektive besteht auch mit Blick auf die Schulentwicklungsforschungder Erkenntnis erweiternde Beitrag. Es wird in diesem Kapitel nur die Kategorie,eingeführt' einbezogen, weil in der Gruppe ,nicht eingeführt' keine Implemen­tationsprozesse begonnen worden sind (siehe Kapitel 6.1.2). Somit können auchkeine Beschreibungen von Bedingungen vorliegen, die in der Phase der Imple­mentation zum Scheitern geführt haben. Die folgende Tabelle 19 zeigt die Ver­teilung der Fälle hinsichtlich Produkte in der Kategorie ,eingeführt'.

Tabelle 19: Verteilung der Fälle hinsichtlich der Produkte

Ge-Produkt samt

Erfolg Berufs- Duales Vor- und Indivi- Lernpart-wahlpass Orientie- Nachbe- duelle nerschaf-

rungspra reitung Förder- tenktikum von planung

Schüler- zur beruf-betriebs- liehenpraktika Integrati-

oneinge-

98 15 1 15 9 138führt

n = 124 (Schulen)n = 138 (Produkte)

159 Der Analyse zu Grunde liegende Fälle: Verdichtete Fallbeschreibungen der Kategorie: ,einge­führt' (n = 138 Produkte, n = 124 Schulen).

201

Page 203: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Zunächst wird in diesem Kapitel eine fallübergreifende Analyse in der Katego­rie ,eingeführt' produktbezogen vorgenommen. Dabei geht es im Wesentlichenum die Frage, ob, wie im Vorverständnis zum Transfer von Innovationen in dieSchu1e angenommen, eine Prozessbegleitung zur Einführung der Produkte inallen Fällen stattgefunden hat. Die Untersuchung der Ähnlichkeiten und Unter­schiede zwischen den Fällen soll hinsichtlich der Beratungsverläufe vorgenom­men werden. Im Anschluss daran erfolgt eine kategorienübergreifende Analyseder Maßnahmen innerhalb des Beratungsprozesses. Im Vorverständnis wurdehierzu angenommen, dass die Maßnahmen überwiegend über schulinteme Leh­rerfortbildungen laufen. Die Abbildung 16 stellt die außerschulischen und inner­schulischen Faktoren, die in der Phase der Implementierung zur Wirkung kom­men können im Überblick dar.

Abbildung 16: Außerschu1ische und innerschulische Faktoren in der Phase derImplementierung

202

Außerschulische Faktoren

Beratung als Prozess­unterstützung (7.2.4)

~

Maßnahmen innerhalbeines Beratungspro­zesses (7.2.2)

Innerschulische Faktoren

Lehrer als Multip­likatoren (7.2.4)

Implementie­rung

Schulleitung (7.2.4)

Schule als Organisation(7.2.4)

Page 204: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

7.2.1 Beratung als Prozessunterstützung

In diesem Kapitel wird der Frage nachgegangen, ob zur Einführung der Produk­te seitens der Transferstellen bzw. BiZEbS-Lehrer eine prozessbegleitende Un­terstützung stattgefunden hat. Die Tabelle 20 ist hierzu wie folgt zu lesen: Wennbeispielsweise der Berufswahlpass eingeführt wurde, dann haben in diesemZusammenhang mindestens eine Beratungsaktivität oder maximal 24 Bera­tungsaktivitäten pro Schule und Produkt zur Einführung geführt. Insgesamtwurde der Berufswahlpass 98 Mal implementiert.

Tabelle 20: Anzahl der Beratungsaktivitäten eines Beratungsprozesses

ProduktBerufs- Duales Vor- und Indivi- Lernpart-wahlpass Orientie- Nachbe- duelle nerschaf-

rungsprak reitung Förder- tentikum von Schü- planung

lerbet- zur beruf-riebsprak- lichentika Integrati-

onSchulen 98 15 1 15 9

Min 1 1 1 1 1Max 24 9 3 4 10

n = 124 (Schulen)n = 138 (Produkte)

Mit Blick auf die Darstellung der Daten in der Tabelle kann zunächst folgendesfestgehalten werden: Wenn ein Produkt eingeführt wurde, dann hat nicht immereine Prozessberatung stattgefunden. Dies ist daran zu erkennen, dass es bei allenProdukten bereits eine Einführung nach einer Beratung gab (siehe Min in derTabelle 20). Zur weiteren Beschreibung und Interpretation der Daten werden dieBeratungsverläufe produktbezogen betrachtet.

203

Page 205: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

7.2.1.1 Initiierende Beratungsverläufe

In diesem Kapitel werden die Fälle analysiert, bei denen die Beratungen nichtbegleitend zum innerschulischen Einfiihrungs- und Umsetzungsprozess erfolg­ten. Die Beratungen initiierten den Veränderungsprozess.

Berufswahlpass

Beim Produkt ,Berufswahlpass' liegt mit Blick auf die Prozessbegleitung keineeinheitliche Struktur vor.

Tabelle 21: Verteilung der Schulen hinsichtlich der Anzahl derBeratungsaktivitäten innerhalb eines Beratungsprozesses beimBerufswahlpass

Anzahl der Beratungsaktivitäten (BA) Anzahl Kumulierte Prozenteinnerhalb eines Beratungsprozesses der Schulen

1 BA 10 10,22BA 20 30,63BA 9 39,84BA 21 61,25BA 12 73,56BA 6 79,67BA 7 86,78BA 2 88,89BA 2 90,810BA 4 94,911 BA 2 96,913BA 1 98,014BA 1 99,024 BA 1 100,0Gesamt 98

Immerhin wurde der Berufswahlpass aufgrund nur einer Beratungsaktivität bei10 Schulen eingeführt. Kennzeichnend für die Beratungsverläufe dieser Gruppeist, dass umfassende Vorbereitungsaktivitäten seitens der Berater stattgefundenhaben (siehe Tabelle 18 ,Verteilung der Transferaktivitäten vor Beginn einerBeratung' in Kapitel 7.1.2), die zumindest zum Teil bereits als Beratungsaktivi-

204

Page 206: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

täten hätten erfasst werden können. Hier liegt somit ein Problem bei der Erhe­bungsmethode und dessen Umgang damit vor. Es geht um die Frage, wann eineBeratung anfängt: zum Beispiel beim ersten Kontakt mit dem Adressaten odererst wenn eine Entscheidung für die Implementation bereits getroffen wordenist. Nachstehende Fallstudie erläutert einen Beratungsverlauf mit einer Bera­tungsaktivität.

Fallstudie zum Berufswahlpass mit einer Beratungsaktivität

Bei der beratenen Schule handelt es sich um eine Förderschule'f", die durch eineTransferstelle unterstützt wurde.

Beratungsprozess

Der Beratungsprozess umfasst eine Beratung. Es handelte sich um einen Erfah­rungsaustausch mit anderen Schulen, an dem der Berufskoordinator dieserSchule teilgenommen hat.

Es haben allerdings bei dieser Schule umfangreiche Maßnahmen im Vor­feld der Beratung stattgefunden: Vorstellung des Produktes auf einer Schullei­terdienstbesprechung, Teilnahme der Transferstelle an Arbeitskreisen in derSchule und eine persönliche Beratung in der Schule durch die Transferstelle.

Effekte der Beratung

Die Schule gibt an, dass die Einführung des BWP im Kollegium beschlossenwurde. Er sollte fächerübergreifend in Arbeitslehre, Deutsch und Gesellschafts­lehre eingesetzt werden. Die Schulleitung hat die Einführung des BWP durcheine Vorstellung des Instruments in der Schulkonferenz und durch das Heraus­heben der Nützlichkeit unterstützt. Zum Teil gab es bei den Kollegen Skepsis,die unter anderen darin begründet lag, dass geeignete Inhalte und Materialienfür eine Förderschule fehlten. Zudem wurde die zusätzliche Arbeit kritisiert undder Zeitmangel hervorgehoben. Die Schule hat durch die Transferstelle Anre­gungen und Ermunterungen bekommen.

160 Schu1e 162-B und 162-E-B.

205

Page 207: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Weitere Analysen der Fälle zeigen, dass bei insgesamt 57 Schulen, die denBWP eingeführt haben, nicht von einer Prozessberatung ausgegangen werdenkann. Mit diesen Schulen haben in der Regel ein bis maximal vier Beratungenstattgefunden, die initiierender Art waren (z.B. Einzelgespräch mit der Schuleoder einmalige Teilnahme an einem Arbeitstreffen). Die Beratungsaktivitätenhaben nicht den Einfiihrungs- und Umsetzungsprozess in der Schule begleitet.

Folgende Fallstudie zeigt einen typischen Beratungsverlauf in der Katego­rie ,initiierende Beratungsverläufe' .

Fallstudie zum Berufswahlpass mit einer initiierenden Beratung

Bei der Schule handelt es sich um ein Gymnasium'f", das von einer Transfer­stelle beraten worden ist.

Beratungsprozess

Der Beratungsprozess umfasste insgesamt fünf Beratungen, wobei sich dreidavon auf den Berufswahlpass bezogen. Der Beratungsprozess dauerte 19 Mo­nate. Die Beratungen wurden von dem Projektmitarbeiter und später auch vondem abgeordneten Lehrer durchgeführt. Der Einstieg in die Beratung erfolgteüber eine Informationsveranstaltung auf der mehrere Produkte vorgestellt wur­den.

Erste Beratungsaktivität: Einzelgespräch in der Schule

Zunächst fand ein Gespräch in der Schule mit der Schulleitung, einzelner Lehrerund dem Berufskoordinator statt. In diesem Gespräch wurde der Berufswahlpassvorgestellt.

Zweite Beratungsakiivität: Erfahrungsaustausch/.Arbeitstreffen

Der Berufskoordinator und der Schulleiter haben an diesem Erfahrungsaus­tausch mit anderen Schulen teilgenommen. Die Transferstelle hat eingeladenund moderiert. Die Tagesordnung umfasste folgende Aspekte: Kompetenzana-

161 Schu1e 39-B und 39-E-B.

206

Page 208: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

lyse und Lernberatung durch externe Partner?! Berufsberatung als Partner?!Varianten des Einstiegs in den BWP und weiteres Vorgehen.

Dritte Beratungsaktivität: Prozessbegleitender Workshop

Die Transferstelle hat auch hier wieder eingeladen und moderiert. Das Themades Workshops war die organisatorische Umsetzung der Lernberatung im Kon­text des BWP. Der Berufskoordinator dieser Schule hat an dem Workshop teil­genommen. Der Workshop wurde mit einem externen Referenten durchgeführt.

Effekte der Beratung

Aus der Sicht der Transferstellen haben folgende Faktoren den Prozess der Ein­führung begünstigt: Die Schulleitung und die Berufswahlkoordinatorin warensehr aktiv und engagiert. In der Schule gab es eine hohe Wertschätzung gegenü­ber den Schülern, welche ein positives Schulklima erzeugte. Zudem waren dieBeteiligten in der Schule bezüglich der Berufsorientierung auf dem aktuellenStand. Die Perspektive der Schule auf den Einführungsprozess und die Rolle derBeratung wurde von der Schulleitung und der Berufswahlkoordinatorin wiefolgt erläutert: Die Organisation des Girls' Day (die Einführung des BWP wurdedamit verknüpft) hat sich verändert und die Berufsorientierung ist zum Schwer­punktthema in Fach Politik in der 8. Jahrgangsstufe geworden. Der BWP wurdefür eine Testphase von drei Jahren eingeführt. Dies ist von der Schulkonferenzbeschlossen worden. Die Transferstelle hat Anstöße gegeben, den BWP einzu­führen. Durch die Transferstelle hat die Schule Anregungen zur Umsetzungerhalten.

Kennzeichnend für diese Beratungen ist, dass die meisten aus der Sicht derTransferstellen zum Zeitpunkt der Erhebung noch nicht abgeschlossen waren.Betrachtet man die Äußerungen der Lehrer bzw. Schulleitung zur Rolle derBeratung bei den initiierenden Beratungsverläufen, wird eines zunächst sichtbar:die Einführung und Umsetzung des BWP verstanden die Schulen als schulinter­nen Prozess. Folgende Aussagen illustrieren dies:

"Unterstützung bei der Entwicklung eines eigenen Konzeptes"162"Umgang mit Problemen bei der Einführung des BWP wurde diskutiert und dies

erleichtert die eigene Arbeit an der Schule"163

162 Schule 8-E-R.163 Schule 13-E-R.

207

Page 209: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

"Einführung vorangetriebenv'P',,Anregungen und Hinweise im Rahmen der Veranstaltungen, die durch die

TransfersteIle organisiert wurden sind bei der Umsetzung im Prozess sehr nütz­lich" 165

,,Anregungen für die Weiterarbeit''P"

Diese Kommentare der Schillen deuten an, dass schulintem Prozesse anlaufenund fortgeführt werden. Diese Prozesse liegen in der Verantwortung der Schu­len. Die Berater übernahmen aus der Sicht der Schillen dann folgende Aufga­ben. Sie

• organisierten und moderierten ArbeitskreiselErfahrungsaustausche.• halfen bei der Entwicklung von schulischen Konzepten.• stärkten die Position des teilnehmenden Lehrers durch das Angebot: "Teil­

nahme der Schule am schulübergreifenden Projekt erhöht die Bedeutungder Arbeit an der eigenen Schule,,167.

• stellten Material bereit.• warben Experten an.• forderten die Zusammenarbeit mit Eltern durch schulbezogene Angebote.• waren bei Bedarf ansprechbar: "Gefühl Ansprechpartner zu haben sehr

hilfreich"168.• hielten persönlich Kontakt: "persönlicher Kontakt positiv und unterstüt­

zend, Klärung spontaner Fragen"169.• leisteten Überzeugungsarbeit im Kollegium.• boten etwas an und es war auch so gemeint: man kann es annehmen oder es

lassen.

Individuelle Förderplanung zur beruflichen Integration

Mit Blick auf die Daten in der Tabelle kann auch hier nicht von einer prozess­begleitenden Beratung gesprochen werden. Aus der Tabelle wird ersichtlich,dass zwei Schulen bereits nach einer Beratung die Individuelle Förderplanungzur beruflichen Integration eingeführt haben. Hierbei handelt es sich um Schu­len, die zugleich andere Produkte eingeführt haben. Die Bedingungen, die zur

164 Schule 23-E-R.165 Schule 67-E-R.166 Schule 26-E-R.167 Schule 13-E-R.168 Schule 72-E-R.169 Schule 78-E-R.

208

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Einführung geführt haben, sind bei einer Schule nicht nachzuvollziehen (Schule61-B). Bei der anderen Schule (Schule 38-B) hat der abgeordnete Lehrer (sieheKapitel 4.4.3) in ihrer eigenen Schule Elemente der individuellen Förderplanungeingeführt.

Tabelle 22: Verteilung der Schulen hinsichtlich der Anzahl derBeratungsaktivitäten innerhalb eines Beratungsprozesses bei derIndividuellen Förderplanung zur beruflichen Integration

Anzahl der Beratungsaktivitä- Anzahl der Schulen Kum. Prozenteten (BA) innerhalb eines Bera-tungsprozesses

1 BA 2 13,32BA 5 46,73BA 4 73,34BA 4 100,0

Gesamt 15

Für eine weitere Analyse der Daten wird beim Produkt ,Individuelle Förderpla­nung zur beruflichen Integration' zwischen den TransfersteIlen und den Bi­ZEbS-Lehrem als Berater unterschieden. Die Beratungsverläufe durch die Bi­ZEbS-Lehrer sind durch folgende Struktur gekennzeichnet:

Tabelle 23: Beratungsverläufe zur Individuellen Förderplanung zur beruflichenIntegration durch BiZEbS-Lehrer

Nr. Beratungsaktivität1. Ausschreibung des Angebots der Schulberatung über das Fortbildungs-

angebot der Bezirksregierung Detmold2. Erster telefonischer Kontakt der Schille über einen Projektmitarbeiter der

Geschäftsstelle ,Schule-WirtschaftIArbeitsleben'3. Abfrage des Bedarfs der Schule durch ein Gespräch in der Schule mit

dem zuständigen BiZEbS-Tandem (als erste Beratungsaktivität erfasst)

4. Durchführung der Fortbildung in der Schule (zweite Beratungsaktivität)

5. Bis zu zwei weitere Fortbildungstermine pro Schule je nach Bedarf

6. Abschlussgespräch, Feedback

209

Page 211: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Angesichts der Implementierungstiefe des Produktes kann bei dieser Strukturder Beratungsverläufe nicht davon ausgegangen werden, dass eine Prozessbera­tung stattgefunden hat. Dementsprechend wird die Rolle der Beratung seitensder Lehrer und/oder Schulleitung wie folgt beschrieben:

,,hat die Notwendigkeit der Selbsteinschätzung bewusst gemacht,,170"wir wurden in unserer begonnenen Arbeit bestätigt und benötigen noch mehr

Zeit für die Umsetzung"!""die Beratung war sehr kompetent und gab wichtige Anstöße und Information

im Hinblick auf den Förderplan und das BUS-Projekt. Ohne die Beratung hättenwir uns mit der Konzeption und der Informationsbeschaffung zu BUS doch erheb­lich schwerer getan. Insgesamt ist neben der konzeptionellen Arbeit die Teament­wicklung stark angestoßen worden. ,,172

"sie hat den Anstoß und Ideen geliefert. Die Notwendigkeit von Verbindlichkeitund Absprachen wurde deutlich gemacht. ,,173

" ... ich glaube, dass die ersten drei Punkte [Erläuterungen zur Umsetzung] sehrstark aus den Impulsen eurer Fortbildung hervorgegangen sind und dass uns geradebei diesen Punkten eine zügige Verzahnung mit unserer bisherigen Arbeit möglichiSt.,,174

" ... bildete die Grundlage für unsere Veränderungen. Aus dem BiZEbS-Konzeptund unserem bisherigen Konzept entwickelten wir im Oberstufenteam unser aktuel­les Konzept (es ist fast fertig, die AG arbeitet noch am letzten Schliff).,,175

Haben die Transferstellen bei der Einführung des Produktes beraten, kamenfolgende Aktivitäten zum Einsatz:

Tabelle 24: Beratungsverläufe zur Individuellen Förderplanung zur beruflichenIntegration durch die Berater der TransfersteIlen

Nr. Beratungsaktivität1. Gespräch zur Vorstellung des Produktes2. Vorbereitender Workshop in Form einer ,Produktschulung'3. Arbeitstreffen mit beteiligten Schulen4. Prozessbegleitender Workshop zum Produkt5. Bei Bedarf: Einzelgespräch in der Schule

170 Schule 125-E-R.171 Schule 127-E-R.172 Schille 128-E-R.173 Schule 130-E-R.174 Schule 168-E-R.175 Schille 201-E-R.

210

Page 212: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Fortsetzung Tabelle 24: Beratungsverläufe zur Individuellen Förderplanung zurberuflichen Integration durch die Berater der Transferstellen

Nr. Beratungsaktivität6. Bei Bedarf: Vorstellung des Konzeptes in der Oberstufenkonferenz

einer Förderschule7. Bei Bedarf: weiteres Arbeitstreffen mit beteiligten Schulen

Aus der Sicht der Schulen haben die Transferstellen folgende Rolle beim Im­plementierungsprozess des Produktes gespielt: ,,Austausch und Beratungenhaben den Prozess immer wieder vorangetrieben, ohne Unterstützung hätte derProzess nicht stattgefunden"!". Angesichts des Zitats waren die Beratungsakti­vitäten in dieser Schule auf eine Begleitung des Prozesses angelegt. Es liegenkeine weiteren Kommentare der Schulen hierzu vor. Somit ist nicht abschlie­ßend zu beurteilen, ob bei diesem Produkt auch prozessbegleitend beraten wur­de.

7.2.1.2 Prozessbegleitende Beratungsverläufe

In diesem Kapitel werden die prozessbegleitenden Beratungsverläufe beschrie­ben und interpretiert.

Lernpartnerschaften

Beim Produkt ,Lernpartnerschaften' hat in der Regel eine Prozessberatung derSchillen stattgefunden, wenn sie noch keine Kooperation zu einem Unterneh­men hatten. Die anschließende Tabelle zeigt, dass mit 7 Schulen mindestensfünf Beratungsaktivitäten durchgeführt wurden. Bei zwei Schulen wurde eineandere Kooperationsform zwischen Schulen und Unternehmen eingeführt: "Ca­fe Beruf'. Bei dieser Kooperationsform stellen sich Betriebe mit ihren Ausbil­dungsberufen in einer Schule vor. Zur Einführung dieses Teilproduktes wurdevon der Transferstelle eine bzw. zwei Beratungsaktivitäten durchgeführt (n = 2).Dies betrifft zwei Schulen177. Eine Schule hat sogar 10 Beratungen in Anspruchgenommen.

176 Schule 123-E-R.177 Schule 6-B und Schule 7-B.

211

Page 213: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Tabelle 25: Verteilung der Schulen hinsichtlich der Anzahl derBeratungsaktivitäten innerhalb eines Beratungsprozesses beiLernpartnerschaften

Anzahl der Beratungsakti- Anzahl der Schulen kumulierte Prozentevitäten (BA) innerhalbeines Beratungsprozesses

I BA I 11,12BA I 22,25BA 2 44,46BA 2 66,68BA 2 88,810BA I 100,0

Gesamt 9

Das nachstehende Beispiel zeigt einen typischen Verlauf einer prozessbeglei­tenden Beratung an einer Förderschule.

Fallstudie zur Lernpartnerschaft mit einer prozessbegleitenden Beratung

Bei der beratenen Schule handelte es sich um eine Förderschule", die durcheine Transferstelle unterstützt wurde. Aus der Sicht der Transferstelle hat dieSchule Schwierigkeiten Kontakte zu Unternehmen herzustellen. Zudem hattendie Lehrer Mühen, Kontakte zu schließen und diese zu pflegen. Zugleich wurdeseitens der Schule dargestellt, dass die Schüler große Probleme haben, sichberuflich zu integrieren. Die Idee eine Lernpartnerschaft einzugehen, wurde vonallen getragen und von der Schulleitung unterstützt.

Beratungsprozess

Der Beratungsprozess setzt sich sechs Beratungen zusammen. Beraten habensowohl der Projektmitarbeiter als auch der abgeordnete Lehrer. Der Prozess derBeratung zog sich über ein Jahr hin (Dezember 2004 bis Dezember 2005). ImDezember wurde auch die Kooperationsvereinbarung unterzeichnet.

178 Schu1e 76-B und 76-E-B.

212

Page 214: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Erste Beratungsaktivität: Gespräch in der Schule

Der Einstieg in die Beratung erfolgte über ein Gespräch mit der Schulleitungund einzelnen Lehrer der Schule über das Produkt.

Zweite Beratungsaktivität: Vorstellung von Lernpartnerschaften auf einem El­ternabend

Das Produkt wurde durch die Transferstelle auf einem Elternabend in der Schulevorgestellt. Anwesend waren die Schulleitung, Eltern, einzelne Lehrer der Schu­le, der Berufskoordinator und Schüler.

Dritte Beratungsaktivität: Workshop zum Produkt

Die Schule wurde neben weiteren Schulen zu einem einfiihrenden Workshopzum Produkt eingeladen. Ziel war es, dass die Schule eine Vorstellung davonbekommt, wie ihre Lernpartnerschaft aussehen könnte. An diesem Workshopwaren auch Betriebe beteiligt. Seitens der Schule haben die Schulleitung undweitere Lehrer der Schule teilgenommen.

Vierte Beratungsaktivität: Arbeitstreffen mit Schule und Unternehmen

Im Betrieb wurde ein Treffen mit der Schule organisiert. Moderiert hat diesesTreffen die Transferstelle. Anwesend waren seitens der Schule die Schulleitungund die Berufskoordinatorin und Vertreter des Betriebes. In erster Linie ging esdarum, sich Kennen zu lernen und zu klären, ob eine Zusammenarbeit auf bei­den Seiten erwünscht sei. Im Rahmen des Gesprächs wurden die Schritte zumAufbau einer Lernpartnerschaft vorgestellt und erste Ideen entwickelt. Am Endedes Gesprächs stand der Beschluss, dass die beiden Partner eine Lempartner­schaft eingehen wollen.

Fünfte Beratungsaktivität: Arbeitstreffen mit Schule und Unternehmen

Das zweite Arbeitstreffen wurde wieder im Unternehmen durchgefiihrt. Auchhier war die Transferstelle moderierend tätig . Diesmal haben der Berufskoordi­nator und ein Vertreter des Betriebes teilgenommen.

213

Page 215: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Es wurden die Teilprojekte formuliert und die Unterzeichnung der Kooperati­onsvereinbarung vorbereitet.

Sechste Beratungsaktivität: Arbeitstreffen mit Schule und Unternehmen

Während dieses Arbeitstreffens wurden die Teilprojekte konkret geplant. DieTransferstelle hatte wieder moderierende Funktionen. Anwesende waren einzel­ne Lehrer der Schule, der Berufskoordinator, die Schulleitung, einzelne Schülersowie Vertreter des Betriebes. Das Arbeitstreffen fand im Betrieb statt.

Effekte der Beratung

Aus der Sicht der Transferstellen war es fiir den Einführungsprozess hilfreich,dass es eine "gute Zusammenarbeit" zwischen der Transferstelle und der ver­antwortlichen Lehrerin gab. Zudem hat die "gute Zusammenarbeit der Kollegenuntereinander" den Prozess begünstigt. Schwieriger war es, ein Unternehmen zufinden, das mit einer Förderschule zusammenarbeiten wollte.

Aus der Sicht der Schule wurde durch die Einführung einer Lernpartner­schaft eine "Öffnung der Schule" erreicht. Die Schüler hatten die Möglichkeit,selbst hergestellte Produkte zu verkaufen und sich im Chor (Weihnachtssingen)zu präsentieren. Dies waren zwei Module, die das Unternehmen und die Schulezum Zeitpunkt der Erhebung miteinander realisiert hatten. Insgesamt hat aus derSicht der Schule durch die Kooperation eine .Arbeitsaufwertung in vielen Be­reichen" stattgefunden. Die Schule äußerte, dass zudem eine Aufwertung vonaußen erfolgte und die Lernpartnerschaft viele Gesprächsanlässe geboten hat.Die Schule betonte, dass mit dem Unternehmen schnelle und unkomplizierteAbsprachen und zugleich frühzeitige Planungen mit einem verlässlichen Partnermöglich gewesen seien. Die Schule und das Unternehmen haben eine Evaluati­on der einzelnen Module geplant. Aus der Sicht der Schule hat die Transferstelleeine effektive, zügige, pragmatische und zuverlässige Arbeit geleistet. Die Zu­sammenarbeit wurde als arbeitserleichternd empfunden. So hätte die Schule fiirdie Entwürfe der Kooperationsvereinbarung sehr viel Zeit gebraucht. Die Schulehob hervor, dass erst durch die Transferstelle der Kontakt zu einem Unterneh­men ermöglicht wurde. Die Rolle als Moderator bei den Gesprächen mit demUnternehmen wurde als hilfreich und notwendig empfunden. Die Transferstellewurde von der Schule als Türöffner fiir den Aufbau einer Lernpartnerschaftbezeichnet. Das Interview wurde mit dem verantwortlichen Lehrer geführt. ZuBeginn des Interviews war die Schulleitung anwesend.

214

Page 216: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Die Beratungsverläufe waren bei allen Schulen, die eine Lernpartnerschaft ein­gefiihrt haben, der oben stehenden Fallstudie sehr ähnlich: zunächst wurde dieSchule über ein Gespräch akquiriert, dann erfolgte eine Produktschulung zurinhaltlichen Einführung, die viele konkrete Beispiele beinhaltete, und im drittenSchritt wurde die Kooperation konkret umsetzt. Dem folgte die Unterzeichnungder Kooperationsvereinbarung zwischen Schule und Unternehmen. Die Trans­ferstelle stellte zur Unterstützung der Schule eine Reihe von Dienstleistungenzur Verfügung. Sie

• akquirierte das Unternehmen,• moderierte die Gespräche zwischen Schille und Unternehmen,• legte Entwürfe für die Kooperationsvereinbarungen vor,• brachte Ideen für gemeinsame Vorhaben zwischen Schule und Unterneh­

menein,• fiihrte die Pressearbeit durch,• verfasste die Protokolle für die Kooperationsgespräche zwischen Schille

und Unternehmen und• leistete einen Beitrag zur Vorstellung des Vorhabens auf einem Eltern­

abend.

Eine Prozessberatung stellte somit einen wesentlichen Erfolgsfaktor bei derEinführung und Umsetzung von Lernpartnerschaften dar. Von den sieben Schu­len, die eine Lempartnerschaft eingegangen sind, haben sich drei Schulen zurRolle der Beratung geäußert. Bei diesen drei Schulen ist der Prozesscharakterder Beratung sehr deutlich ablesbar. So beschrieb ein Lehrer und/oder Schullei­ter einer Schule die Beratungsarbeit pointiert wie folgt:

"Insgesamt eine exzellente Führung und Begleitung in allen Phasen des Aufbausund der Beginn der Lempartnerschaft't'Y

Berufswahlpass

Auch beim Berufswahlpass wurde prozessbegleitend beraten (n = 39). Die Bera­tungsverläufe unterschieden sich allerdings stärker. Zunächst wurden die Schu­len durch unterschiedliche Strategien akquiriert (siehe Kapitel 7.1.2). Danacherfolgten unterschiedliche Maßnahmen (siehe Kapitel 7.2.2), die an den Organi­sationsstrukturen (z.B. Existenz eine Steuergruppe), den Arbeitsweisen (z.B. dieFachkonferenzen bereiten den Einsatz des BWP inhaltlich vor) und dem Bedarf

179 Schu1e 72-E-R.

215

Page 217: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

(Wie setzen Lehrer einer Jahrgangsstufe den BWP konkret im Unterricht ein?)der jeweiligen Schule anknüpften. Die Maßnahmen erfolgten im Wechselspielzwischen Transferstelle und Schule, das heißt die Transferstelle wurde seitensder Schule, die sich im Einführungs- und Umsetzungsprozess befand, bei Bedarfangefragt oder sie bot von sich aus etwas an, was den Prozess in der Schulestützen konnte (siehe Kapitel 7.2.2). Ein Abschluss der Beratung im Erhebungs­zeitraum der vorliegenden Studie bei den Schulen die den BWP eingeführt ha­ben, ist der Ausnahmefall. Es folgt eine Fallbeschreibung :für eine prozessbe­gleitende Beratung.

Fallstudie zum Berufswahlpass mit einer prozessbegleitenden Beratung

Bei der Schule handelt es sich um eine Hauptschule'J", die von einer Transfer­stelle beraten wurde. Die Zusammenarbeit im Kollegium sollte durch die Ein­führung des Berufswahlpasses verbessert werden. Die Schule hatte bereits guteBeziehungen zu außerschulischen Akteuren und ein ausgereiftes Berufsorientie­rungskonzept. Laut Transferstelle verfügte die Schule über eine "starke" Schul­leitung. Ein Lehrerteam und die Schulleitung haben die Einführung des Berufs­wahlpasses entschieden.

Beratungsprozess

Es wurden insgesamt acht Beratungen in einem Zeitraum von 18 Monatendurchgeführt. Die Beratung war zum Zeitpunkt der Erhebung noch nicht abge­schlossen. Sie wurden von dem Projektmitarbeiter ausgeführt. Der Einstieg inder Beratung erfolgte über ein Gespräch mit der Schulleitung.

Erste Beratungsaktivität: Einzelgespräch mit der Schule

In diesem Gespräch, an dem die Schulleitung, der Berufskoordinator, die Klas­senlehrer und weitere Lehrer teilgenommen haben, wurde der Entschluss ge­fasst, den Berufswahlpass einzuführen. In dem Gespräch wurde zudem das Ver­fahren zur Implementierung abgestimmt. Es sollte eine Lehrerfortbildung mitUnterstützung der Transferstelle stattfinden, die im Rahmen des Gesprächsterminiert wurde.

180 Schu1e 4.

216

Page 218: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Zweite Beratungsaktivität: Mitwirkung der Trans/erstelle an Lehrerkonferenz

In einer Lehrerkonferenz wurde der BWP durch die Transferstelle vorgestellt.Es ging im Wesentlichen darum, das Lehrerkollegium "ins Boot zu holen" so­wie die Zielsetzungen und Umsetzungsstrategien zu besprechen.

Dritte Beratungsaktivität: Workshop .Projektmanagement"

Zu diesem Workshop wurden alle Schulen eingeladen, die an dem Projekt betei­ligt waren. Von der Hauptschule, deren Beratungsprozess beschrieben wird, warder Arbeitslehrelehrer anwesend.

Vierte Beratungsaktivität: Einzelgespräch mit der Schule

Es fand in der Schule ein Gespräch mit dem Berufskoordinator statt. Gegen­stand des Gesprächs waren die Vorbereitung des Elternabends, die Festlegungder Vorgehensweise und eine Reflexion der bereits erfolgten Arbeiten zur Ein­führung des Berufswahlpasses.

Fünfte Beratungsaktivität: Beteiligung an einem Elternabend

Ziel war es, den verantwortlichen Kollegen zu unterstützen. Dafür wurde einePräsentation zur Vorstellung des BWP erstellt, die die Eltern ansprechen sollte.

Sechste Beratungsaktivität: Schulleiterdienstbesprechung

Bei dieser Veranstaltung ging es nicht um die Einführung des Berufswahlpassesan der beratenen Schule, sondern die Schule sollte als Modell für andere Schu­len, die ebenfalls den BWP einführen wollten, fungieren.

Nach dieser Beratungsaktivität ist der BWP an der Schule eingeführt. Eswaren viele Lehrer an der Einführung beteiligt und es gab eine starke Unterstüt­zung durch die Schulleitung.

217

Page 219: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Siebte Beratungsaktivität: Prozessbegleitender Workshop

"Wie kann ich meine Kolleginnen und Kollegen für den BWP begeistern?" wardas Thema dieses Workshops. Eingeladen hat die TransfersteIle die an demProjekt beteiligten Schulen. Der Berufswahlkoordinator dieser Schule hat teil­genommen. Für den Workshop wurde ein externer Referent eingesetzt.

Achte Beratungsaktivität: Einzelgespräch mit der Schule

In der Schule hat ein Gespräch mit einem Lehrer und dem Berufskoordinatorstattgefunden. Gegenstände des Gesprächs waren eine Reflexion des Berufs­orientierungskonzeptes der Schule, die Einfiihrung des Berufswahlpasses mitden Schülern sowie Aspekte des fächerübergreifenden Arbeitens mit dem Be­rufswahlpass.

Effekte der Beratung

Aus der Sicht der TransfersteIle hat die umfassende Unterstützung der Schullei­tung die Einfiihrung des Produktes begünstigt. Hilfreich war es auch, dass derabgeordnete Lehrer der TransfersteIle an dieser Schule unterrichtete und denProzess in seiner doppelten Funktion unterstützt hat. Auffallend war aus derSicht der TransfersteIle die freundliche Atmosphäre im Kollegium. Zudem wardie Schule offen für neue Entwicklungen. Dies hat sich auch gezeigt an demEngagement in anderen Zusammenhängen. Den Einfiihrungsprozess behindert,hat die Tatsache, dass einzelne Kollegen nicht mitmachen wollten.

Die Schule äußerte, dass sie ihr Berufsorientierungskonzept überarbeitethabe, dass es eine höhere Transparenz der Berufsorientierung bei Schülern undEltern gäbe , dass eine stärkere Zusammenarbeit der Lehrer im Rahmen der Be­rufsorientierung stattfände und dass der Austausch mit anderen Schulen zuge­nommen habe. Kritisch stellte die Schule dar, dass nicht alle Kollegen involviertwerden konnten. Mit der Beratung der TransfersteIle wurde aus der Sicht derSchule erreicht, dass das Kollegium dem BWP positiv gegenüber steht, die Zahlder Lehrer, die mit der Berufsorientierung "zu tun" haben, stark gestiegen istund die Überarbeitung des Berufsorientierungskonzeptes erleichtert wurde.

218

Page 220: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Aus der Sicht der Schulen übernahmen Berater bei prozessbegleitenden Bera­tungsverläufen folgende Aufgaben. Sie

• stellten Beratung kontinuierlich zur Verfügung;• organisierten und moderierten Fortbildungen und Erfahrungsaustausche;• leisteten Überzeugungsarbeit im Kollegium: "ohne inhaltlich Einführung in

Lehrerkonferenz und Treffen in Arbeitskreisen: kein Einführung"!";• halfen dabei das bestehende Berufsorientierungskonzept zu überarbeiten;• beschleunigten durch ihr Angebot den Einführungs- und Umsetzungspro­

zess: "gute und schnelle Einführung"182;• informierten, unterstützten und berieten regelmäßig;• führten einzelschulische Beratungsgespräche durch.

Duales Orientierungspraktikum

Bezogen auf den prozessbegleitenden Charakter der Beratungen im Implemen­tierungsprozess ergibt sich folgendes Bild:

Tabelle 26: Verteilung der Schulen hinsichtlich der Anzahl derBeratungsaktivitäten innerhalb eines Beratungsprozesses beimDualen Orientierungspraktikum

Anzahl Beratungsaktivi- Anzahl der Schulen kum. Prozentetäten (BA) innerhalbeines Beratungsprozes-ses

1 2 13,32 3 33,33 2 46,74 2 60,05 1 66,76 2 80,07 1 86,78 1 93,39 1 100,0

Gesamt 15

181 Schule 64 E-R.182 Schule 38-E-R.

219

Page 221: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Auch bei diesem Produkt kann nicht in jedem Fall von einer Prozessberatungausgegangen werden. Eine Prozessberatung hat in 10183 von 15 Fällen stattge­funden.

Hat eine Prozessberatung stattgefunden, sind die Beratungsverläufe vonähnlicher Struktur wie beim Produkt ,Lernpartnerschaften' . Dies hängt vermut­lich damit zusammen, dass zur Einführung und Umsetzung der Produkte externePartner (Betrieb, Hochschule, Arbeitsagentur) einbezogen werden müssen. DieTransferstellen haben die Aufgabe übernommen, zwischen den Akteuren Schu­le, Betrieb, Hochschule und Arbeitsagentur zu vermitteln. Dafür wurden in derRegel eigene Netzwerke gegründet (siehe Kapitel 5). Die Fallstudie zeigt einentypischen Beratungsverlauf.

Fallstudie zum Dualen Orientierungspraktikum mit einer prozessbegleitendenBeratung

Bei der beratenen Schule handelt es sich um ein Gymnasium". Beraten hat eineTransfersteIle. Zusätzlich zum Dualen Orientierungspraktikum wurde auch derBWP und Lernpartnerschaften als Gegenstände der Beratung thematisiert.Beratungsprozess

Die TransfersteIle beschreibt die Ausgangslage der Schule wie folgt: Esgibt Hochschulschnuppertage in Jahrgang 12 und 13. Zudem wird ein Betriebs­praktikum in der Jahrgangstufe 11 durchgeführt. Dies stellt eine wesentlicheVoraussetzung für die problemlose Implementierung des Dualen Orientierungs­praktikums dar, weil bereits ein organisatorischer Rahmen, in den das Prakti­kum eingebettet werden kann, vorliegt. Die Schule sieht in dem Dualen Orien­tierungspraktikum eine "tolle Idee" . Zudem "sucht die Schule ein Konzept zurStudienorientierung". Die TransfersteIle erlebt die Lehrer der Schule als "enga­giert" und "im Team zusammenarbeitend". Die Schule ist bereit zu "einer engenZusammenarbeit" mit der TransfersteIle.

Der Beratungsprozess bestand bezogen auf das Duale Orientierungsprakti­kum aus neun Beratungsaktivitäten und lief über einen Zeitraum von fünfzehnMonaten.

183 Schule 37-B, 41-B, 44-B bis 47-B, 50-B, 52-B, 91-B und 94-B.184 Schule 44-B, Schule 44-E-B und Schule 44 E-S.

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1. Beratungsaktivität: Einzelgespräch in der Schule

In der Schule erfolgte mit dem Berufskoordinator der Schule ein Gespräch.Seitens der TransfersteIle waren der Projektmitarbeiter und der abgeordneteLehrer anwesend. Gegenstand des Gesprächs waren die Produkte: Duales Orien­tierungspraktikum, BWP und Lernpartnerschaften. Besonders das Duale Orien­tierungspraktikum fand beim Berufskoordinator großen Anklang.

2. Beratungsaktivität: Vorbereitender Workshop .Projektmanagement"

Die Transferstelle hat zu einem Workshop .Projektmanagement" für die amProjekt beteiligten Schulen eingeladen. Der Berufskoordinator der Schule hat andiesem Workshop teilgenommen. In den Workshop wurde nah an den einzelnenProdukten gearbeitet. Im Kern ging es darum, die teilnehmenden Lehrer auf dasManagement ihres Projektes vorzubereiten: die innerschulische Einführung undUmsetzung des gewählten Produktes .

3. Beratungsaktivität: 1. Praxisgespräch

Die Transferstelle hat zu Praxisgesprächen eingeladen, die zum Ziel hatten, dieAkteure zusammenzufiihren, die zur der Umsetzung des Dualen Orientierungs­praktikums erforderlich sind: Schulen, Agentur für Arbeit, Hochschule undBetriebe. Es sollten alle Schulen teilnehmen, die sich für eine Einführung desDualen Orientierungspraktikums entschieden haben. Im Rahmen dieser Netz­werkveranstaltungen wurde für die Region ein Konzept zur Umsetzung desDualen Orientierungspraktikums entwickelt. Es wurden Aufgaben defmiert undVerantwortlichkeiten bestimmt. Der Berufskoordinator der Schule hat an diesenPraxisgesprächen, wie auch an allen anderen Beratungsaktivitäten, teilgenom­men.

4. Beratungsaktivität: 2. PraxisgesprächSiehe unter 3.

5. Beratungsaktivität: Planung der Einjührungsveranstaltung

Im Rahmen dieser Beratungsaktivität wurde die Einfiihrungsveranstaltung fürdie am Dualen Orientierungspraktikum beteiligten Schüler geplant. Beteiligt

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waren der Berufskoordinator, ein Vertreter einer Hochschule in der Region undein Vertreter der Agentur für Arbeit.

6. Beratungsaktivität: Einführungsveranstaltung für Schüler

Diese Beratungsaktivität bestand aus der Durchführung der Einführungsveran­staltung in Kooperation mit der Schule. Es waren zudem ein Vertreter der Agen­tur für Arbeit und ein Vertreter einer Hochschule aus dem regionalen Umfeldder beratenen Schule als Referenten tätig.

7. Beratungsaktivität: 3. PraxisgesprächSiehe unter 3.

8. Beratungsaktivität: Informationsveranstaltung fiir Schüler der Jahrgangstu­feIl

Während dieser Beratungsaktivität wurde eine Informationsveranstaltung fürSchüler durchgeführt, die bei der nächsten Runde zum DOP dabei sein sollten.Beteiligt waren auch hier die unterschiedlichen Akteure: Hochschule, Agenturfür Arbeit und seitens der Schule der Berufskoordinator. Die Transferstelle hatdie unterschiedlichen Akteure zusammengeführt bzw. die Veranstaltung organi­siert.

9. Beratungsaktivität: 4. PraxisgesprächSiehe unter 3.

Effekte der Beratung

Aus der Sicht der Transferstelle haben die "gute Zusammenarbeit mit Kollegender Schule und mit externen Partnern" den Prozess der Einführung und Umset­zung begünstigt. Die Beratung war im Rahmen der Projektlaufzeit noch nichtabgeschlossen, weil die Praxisgespräche fortgesetzt werden sollten. Die Befra­gung der Schule, an der zwei Lehrer beteiligt waren, hat folgendes ergeben: DasDuale Orientierungspraktikum wurde parallel zum Betriebspraktikum einge­führt. Die Informationsveranstaltung für alle Schüler gab "einen breiten Über-

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blick über Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten". Die Einführungsveranstal­tung für die teilnehmenden Schüler wurde überarbeitet. Kritisch wurde gesehen,dass noch zu wenig Schüler an dem Dualen Orientierungspraktikum teilgenom­men haben, dass es nur eine geringe Akzeptanz bei den Betrieben für die kurzeHospitationszeit gäbe und dass das Duale Orientierungspraktikum in Betriebennoch zu wenig bekannt wäre. Die Schule formuliert den Beitrag der Beratungzur Einführung und Umsetzung des Dualen Orientierungspraktikums wie folgt:"Ohne die Beratung hätte die Schule den Kontakt zur Uni, FH, Agentur fürArbeit, IHK etc. nicht aufbauen und die Absprachen zur Organisation so pro­blemlos bewältigen können."

Die Fallstudie verdeutlicht den Prozesscharakter der Beratung. Sie steht fürweitere neun Schulen, die ähnliche Beratungsverläufe zur innerschulischenEinführung und Umsetzung des Dualen Orientierungspraktikums aufweisen.Die Transferstelle übernahm eine Reihe von Dienstleistungen. Sie

• organisierte die Netzwerkveranstaltungen,• stellte Kontakte zu Betrieben, Agentur für Arbeit und zur Hochschule her,• protokollierte die Netzwerkveranstaltungen,• gab inhaltliche Anregungen zur Anpassung des Produktes an regionale

Gegebenheiten und• stellte sowohl den Schülern als auch den Eltern das Produkt vor.

Die Lehrer bzw. Schulleitung beschreiben die Rolle der Beratung für diesesProdukt wie folgt:

"ohne die Transferstelle wäre gar nichts gelaufen,,!85;"das Duale Orientierungspraktikum wäre ohne Koordinationsarbeit der Trans­

ferstelle nicht umsetzbar, vor allem bildete das Zusammenbringen von Uni, Agen­tur für Arbeit und Schule seitens der Transferstelle die Voraussetzung, das dualeOrientierun~spraktikum einführen zu können (wäre seitens der Schule nicht leistbargewesen)"! 6;

"die Beratung war insbesondere bei der Evaluation und Weiterarbeit unterstüt­zend. Netzwerk konnte so entstehen, Beratung hat Erfahrungsaustausch ange­regt,,!87;

,,Anstoß gegeben, Kontakte hergestellt, hat dafür gesorgt, dass alle am Ball blei­ben, logistische Unterstützung, Austausch, Auswertung und Forum mit anderenSchulen,,!88;

185 Schule 37-E-R186 Schule 39-E-R.187 Schule 41-E-R.

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"ohne die Transferstelle hätte es das Projekt nicht gegeben, sehr gute Vorbereitungdurch Workshops und Besprechungenv'f";

"Vermittlung Uni/Schule/Unternehmen, Organisation und Koordination, sehrentlastend für die beteiligten Lehrer, die solche Projekte zusätzlich zum Unterrichtdurchführen";

,,Anstößefür die Durchführung gegeben, verlässlicher Ansprechpartner und Un­terstützung,,190;

"Beratung ist individuell. Beratung unterstützt auch in eigener Schule. Sie gibtSicherheit bei der Implementierung.,,191;

Grundlagefür Arbeit,,192.::ohne Fort- und Beglei~gsmaßnahme wäre das Projekt nicht zu realisieren't'";"Grundlage"194;"unverziehtbar für die Organisation einer so komplexen Veranstaltung mit den

verschiedenen beteiligten Institutionen, aus der Sicht der Schule aber weniger wich­tig für die inhaltlichen Fragen" 195.

An diesen Zitaten wird nochmals der Prozesscharakter der Beratungsaktivitätensichtbar, wobei ein Schwerpunkt bei der Zusammenführung der verschiedenenAkteure lag. Ungewiss in diesem Zusammenhang ist, ob eine Fortführung desDualen Orientierungspraktikums auch ohne die Transferstellen gelingt. DieNachhaltigkeit der Implementierung bzw. die Institutionalisierung im Schulent­wicklungsprozess steht vor diesem Hintergrund in Frage.

Vor- und Nachbereitung von Schülerbetriebspraktika

Die Vor- und Nachbereitung von Schülerbetriebspraktika ist in einem Fall ein­geführt worden 196

• In diesem Fall hat keine Prozessberatung stattgefunden: eswurde gemeinsam zu dem Thema eine Fortbildung geplant und durchgeführt.

188 Schule 45-E-R.189 Schule 46-E-R.190 Schule 52-E-R.191 Schule 91-E-R.192 Schule 93-E-R.193 Schule 94-E-R.194 Schule l03-E-R.195 Schule 156-E-R.196 Schule 52-B.

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7.2.1.3 Schulindividuelle Beratungsverläufe

Eine kategorienübergreifende Analyse zeigt, dass kein Beratungsprozess miteinem anderen identisch war. Dies betrifft Aspekte wie Beratungsverläufe, Län­ge des Beratungsprozesses, teilnehmende Personen seitens der Schulen, formu­lierte Bedarfe nach Veränderungen etc. Die Schulen haben das Ausmaß und dieInhalte des Beratungsprozesses bestimmt. Auch wenn das Beratungsangebot derTransferstellen sich am Implementierungsprozess eines Produktes orientiert hatund es vermutlich sinnvoll gewesen wäre, alle Angebote anzunehmen, haben dieSchulen darüber entschieden, ob sie so verfahren wollen. Einige Schillen habendieses Angebot in Teilen genutzt. Andere Schulen haben es vollständig in Ans­pruch genommen und manchmal darüber hinaus weiteren Bedarf, zum Beispielin Form von Einzelgesprächen in der Schule, angemeldet. Die Beratung hattesomit zwei wesentliche Kennzeichen: sie konnte aus sich heraus in Anspruchgenommen werden und sie richtete sich am Bedarf der einzelnen Schule aus.Eine Analyse der Daten zeigt, dass die Berater auf die besonderen Bedürfnisseder einzelnen Schule u.a. durch folgende Maßnahmen eingegangen sind: imEinzelgespräch wird der schulindividuelle Beratungsbedarf abgearbeitet oder eswird eine Fortbildung konzipiert, die den schulindividuellen Bedarf aufgreift.Lehrer und Schulleitung beschreiben das Wechselspiel zwischen Beratung undschulischem Veränderungsprozess beispielhaft wie folgt:

"Unterstützung bei der Entwicklung eines eigenen Konzeptes,,197;"Umgang mit Problemen bei der Einführung des BWP wurde diskutiert und er­

leichterte die eigene Arbeit an der Schule,,198;,,kurzfristige Beantwortung der Fragen,,199;"ohne inhaltliche Einführung in Lehrerkonferenz [der Transferstelle] und Tref­

fen in Arbeitsgruppe: keine Einführung,,200;"Klärung spontaner Fragen,,201;"Beratung: ermöglichte Erfahrungsaustausch, Fortbildungen machten den Ein­

satz des BWPs im Unterricht transparenter, Schwierigkeiten wurden offen disku­tiert,,202.

197 Schule 8-E-R.198 Schule 13-E-R.199 Schule 38-E-R.200 Schule 64-E-R.201 Schule 78-E-R.202 Schule 118-E-R.

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7.2.2 Maßnahmen innerhalb eines Beratungsprozesses

In diesem Kapitel werden die Maßnahmen des Beratungsprozesses beschrieben,die zur Einführung und Umsetzung des Produktes in der Schule geführt haben.Im Vorverständnis zum Transfer von Innovationen in die Schu1e wurde darge­legt, dass hauptsächlich ein Transfer über schu1inteme Lehrerfortbildungenerfolgen würde (siehe Kapitel 2.4).

Die Transferstellen und die BiZEbS-Lehrer hatten die Aufgabe, Maßnah­men zu entwickeln und zu dokumentieren (siehe Kapitel 4.2). Die dokumentier­ten Beratungsaktivitäten wurden durch eine gruppenübergreifende Analysebestimmten Arten von Maßnahmen (siehe Tabelle 27) zugeordnet. Kriterienwaren hierbei z. B. Beteiligte, Zielsetzung, Arbeitsform, Verantwortung für dieModeration, Beziehung der Beteiligten untereinander und Rolle des Beraters.Das Ergebnis dieser Analyse wurde in SPSS eingegeben. Die Tabelle 28 zeigtdie Verteilung der Beratungsaktivitäten nach Art der Maßnahmen:

Tabelle 27: Verteilung der Beratungsaktivitäten nach Art der Maßnahmen

Art der Maßnahme AntwortenN Prozent

Schulexterne Fortbildung 81 13,3Schulinterne Lehrerfortbildung 14 2,3Mitwirkung an internen Gremien: z.B. Schul-konferenz, Lehrerkonferenz, Fachkonferenz, 25 4,1SteuergruppeEinzelgespräch mit beteiligter Schule 190 31,1Vorbereitender Workshop 54 8,9Prozessbegleitender Workshop 104 17,0Erfahrungsaustausche/Arbeitstreffen mit betei-

89 14,6ligten SchulenWeitere Maßnahmen (z.B. Mitwirkung bei

53 8,7Elternabenden)Gesamt 610 100,0

Die Daten in der Tabelle zeigen, dass der Transfer von Innovationen nichthauptsächlich über schulinteme Lehrerfortbildungen erfolgt ist. Vielmehr sindeine Reihe unterschiedlicher Maßnahmen eingesetzt worden, die im Folgendenbeschrieben werden.

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7.2.2.1 Übergreifende Workshops/schulexteme Fortbildung

Schulexteme Fortbildungen befassten sich nicht mit der Implementation einzel­ner Produkte, sondem mit für Schulen interessanten Themen in der Berufsorien­tierung. Beispiele hierfür sind:

.Jnforrnationsveranstaltung: Neue Berufe - Neue Ausbildungsbranchen'r''f

.Professionell im Vorstellungsgespräch'f'"

Diese Fortbildungen bzw. Workshops waren immer Ergänzungen zu den ande­ren Beratungsmaßnahmen und richteten sich in der Regel an Lehrer unterschied­licher Schulen. In der Kategorie ,eingeführt' entfallen über 13 Prozent der Bera­tungsaktivitäten (siehe Tabelle 27) auf diese Art der Maßnahme. Mit Blick aufbegrenzte Ressourcen sowohl der Schulen als auch der Berater war dieses zu­sätzliche Angebot nicht ganz unproblematisch. Dementsprechend äußerte sicheine Schule hierzu wie folgt:

"Es wurde seitens der Transferstelle zu viel angeboten. Insgesamt sind zu vieleTermine (Lehrerfortbildungen und Workshops) angefallen, die aus Zeitknappheitnicht wahrgenommen werden konnten. ,,205

Als die ersten Ergebnisse der begleitenden Evaluation vorlagen, sind die Trans­ferstellen durch die Koordinierungsstelle auf diese Problematik aufmerksamgemacht worden.Eine andere Schule hingegen bewertete schulexteme Fortbildungen wie folgt:

"Grundlegende Fortbildungen zur Berufsorientierung sind wichtig.,u06

Darüber hinaus gibt es keine Äußerungen, die sich auf schulexteme Fortbildun­gen beziehen. Da sich die Befragung der Schulen auf Erreichtes und nicht Er­reichtes in Schule bezog, kann dies auch dahingehend interpretiert werden, dassdiese Fortbildungen keinen Beitrag zum schulintemen Entwicklungsprozessgeleistet haben.

203 Siehe Übersicht zu den Beratungsmaßnahmen der Transferstellen in dem Zeitraum vom 1. Sep­tember 2004 bis zum 31. August 2006 vom 22. März 2007.204 Siehe ebd.20S Schule 150-E-R.206 Schule 96-E-R.

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7.2.2.2 Schulinterne Lehrerfortbildung

Schulinterne Lehrerfortbildungen wurden in der Regel mit einer Schule durch­geführt und es waren das gesamte Kollegium oder große Teile des Kollegiumsbeteiligt. Die wesentlichen Inhalte und die Vorgehensweise wurden vor derFortbildung mit der Schule abgesprochen. Da der Unterricht in diesem Zeitraumnicht stattfinden konnte, haben die Schulen zum Teil den pädagogischen Taio7

dafür verwendet. Die Transferstellen setzten - im Gegensatz zu der anfangsgebildeten Erwartung (siehe Kapitel 2.4) - die schulinterne Lehrerfortbildungselten ein20ß. Ein Beispiel hierfür ist die folgende Fortbildung mit dem Titel:

,,Die Implementierung des BWP in das bestehende Berufswahlorientierungskonzeptder Schule ... ,,209

Eine Schule beschreibt die Rolle der Beratung in diesem Zusammenhang wiefolgt:

"Wesentliche Rolle: Angebot an Workshops und schulintemen Lehrerfortbildungenhat viele Anstöße zur Verbesserung gegeben und Arbeitsprozesse unterstützt.,,210

Hingegen haben die BiZEbS-Lehrer als Beratungsaktivität nach den Einzelge­sprächen immer schulinterne Lehrerfortbildungen durchgeführt. Die beratenenSchulen, die die individuelle Förderplanung zur beruflichen Integration einge­führt haben, nahmen die Rolle der Beratung wie folgt wahr.

Es wird deutlich, dass die Schulen sich als ,pädagogische Handlungsein­heit' gesehen haben: Nicht nur der einzelne Lehrer wurde fortgebildet, sondernauch der Entwicklungsprozess in der Schule sollte mit Hilfe der Berater voran­getrieben werden. Dabei haben die Berater nicht stellvertretend für die Lehreroder die Schulleitung gehandelt, sondern "wichtige Anstöße inhaltlicher Art,"ll,.Anstöße und Ideen,"12 und "Impulse,"13 gegeben. Die Implementierung desProduktes ,Individuelle Förderplanung zur beruflichen Integration' wurde voneinigen Schulen als Prozess verstanden der durch die Beratung "immer wieder

207 Die Schulen in NRW können einen Tag im Jahr für Fortbildung aufwenden und dafür den Unter­richt ausfallen lassen. Dieser Fortbildungstag nennt sich dann pädagogischer Tag.208 Der Einsatz erfolgte beispielsweise bei Schule 3, Schule 130 und Schule 131.209 Siehe Übersicht zu den Beratungsmaßnahmen der Transferstellen in dem Zeitraum vom 1. Sep­tember 2004 bis zum.31. August 2006 vom 22. März 2007.210 Schule 181-E-R.211 Schule 128-E-R.212 Schule 130-E-R.213 Schule 168-E-R.

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vorangetrieben wurde" 214 und "ohne sie nicht stattgefunden hätte,,215. Die Bera­tung hat "die Teamarbeit und die konzeptionelle Arbeit angestoßen ,,216 und "dieNotwendigkeit von Verbindlichkeit und Absprachen deutlich gemacht,,217. EineSchule wurde in ihrer "begonnen Arbeit bestätigt''r" und für eine Schule bildetedie Beratung "die Grundlage für (...) Veränderungen't''". Obwohl durch denImplementierungsprozess umfassende Arbeit entstand, schrieb eine Schule derBeratung eine "arbeitserleichternde,a20 Funktion zu.

7.2.2.3 Mitwirkung bei Gremienarbeit innerhalb von Schule:Der Berater als Überzeuger und Prozesshelfer

Im Rahmen solcher Maßnahmen ging es darum, dass die Transferstelle in beste­henden Gremien der Schule eine Aufgabe übernahm; z.B. in Schulkonferenzen,Lehrerkonferenzen, Fachkonferenzen, Steuergruppen, Arbeitsgruppen zumThema etc. Die Transfersteile war dann als ,Gast' in der Schule. Ziel diesergemeinsamen Treffen war es beispielsweise eine Vorgehensweise abzustimmen,die das Kollegium von der Einführung eines Produktes überzeugen sollte. Oderes wurden gemeinsam Strategien für die weitere innerschulische Vorgehenswei­se zur Implementierung eines Produktes entwickelt. Prozentual gesehen wurdediese Beratungsaktivität relativ selten eingesetzt (4,1 %). Die Lehrer sehen dieRolle der Beratung bei dieser Maßnahme wie folgt:

"Ohne inhaltliche Einführung in Lehrerkonferenz und Treffen in Arbeitskreisen:keine Einführung,,221;,,Hilfreich: Vorstellung auf Lehrerkonferenz'r'P.

214 Schule 123-E-R.215 Schule 123-E-R.216 Schule 128-E-R.217 Schule 130-E-R.218 Schule 127-E-R.219 Schule 201-E-R.220 Schule 128-E-R.221 Schule 53-E-R.222 Schule 203-E-R.

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7.2.2.4 Einzelgespräch mit Vertretern einer Schule

Wesentliches Kennzeichen des Einzelgesprächs mit einer beteiligten Schulewar, dass nur Vertreter einer Schule sowie die Transferstelle bzw. BiZEbS­Lehrer als Berater teilgenommen haben. Das Einzelgespräch wurde in unter­schiedlichen Phasen des Beratungsprozesses und im Verhältnis zu den anderenMaßnahmen sehr häufig (31,1 %) eingesetzt. Besonders zahlreich wurde es inder Phase der Initiierung durchgeführt (siehe Kapitel 7.1.2). Darüber hinauswurden im Einzelgespräch Aufgabenstellungen oder Probleme aufgegriffen, diewährend der Einführung und Umsetzung eines Produktes entstanden sind. Indiesem Zusammenhang sind folgende Beispiele produktbezogen zu nennen.

• Beim Dualen Orientierungspraktiku.m: Ein Gespräch mit einem einzelnenLehrer in seiner Schule zur Vorstellung des Produktes.

• Bei Lempartnerschaften: Ein Gespräch mit einem Vertreter der Schule zurVorbereitung des ersten Treffens mit dem potenziellen Partneruntemeh­men.

• Beim BWP: Ein Gespräch mit einem Vertreter der Schule zur Vorbereitungeiner Lehrerkonferenz. Es wurde eine Strategie festgelegt, die das Kolle­gium überzeugen sollte, den BWP einzuführen.

• Bei Individueller Förderplanung zur beruflichen Integration: Ein Gesprächmit der Schulsozialarbeiterin einer Schule darüber, wie das Konzept derIndividuellen Förderplanung sinnvoll mit dem Konzept des Berufswahlpas­ses verknüpft werden kann.

Eine Schule beschreibt die Rolle der Beratung mit Blick auf diese Maßnahmenwie folgt:

.Einzelschulische Beratungsgespräche und die beiden Workshops waren sehr hilf­reich, da sie (die befragte Lehrerin) dadurch konkrete Anleitungfür die notwendi­gen Implementierungsschritte erhalten hat.,,223

7.2.2.5 Vorbereitende und prozessbegleitende Workshops

Vorbereitende und prozessbegleitende Workshops bezogen sich auf ein Produkt.Vorbereitende Workshops führten in das Produkt ein. Die prozessbegleitendenWorkshops gaben weiterführende inhaltliche Anregungen. Ein wesentlicherUnterschied zu den vorangegangenen Maßnahmen besteht darin, dass Lehrer

223 Schu1e 86-E-R.

230

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unterschiedlicher Schulen dazu eingeladen worden sind. Ein zentraler Unter­schied zu der nachfolgenden Maßnahme ist, dass die Workshops nicht zwingendaufeinander aufbauten. Vor diesem Hintergrund war ein späterer Einstieg durcheinzelne Lehrer möglich. Prozessbegleitende Workshops sind aus einem Bedarf,der durch Schillen benannt wurde, entstanden. Oder die TransfersteIle hat Be­darfe antizipiert und ein dementsprechendes Angebot gemacht. Beispiele hierfürsind:Für den vorbereitenden Workshop:

,,Projektmanagement: Grundlagen zur Implementation des Berufswahlpasses'fj"

Für den prozessbegleitenden Workshop:

"Wie kann ich meine Kolleginnen und Kollegen für den Berufswahlpass begeis­tem?,,225

Lehrer und/oder Schulleitungen stellen die Rolle der Beratung mit Blick aufdiese Maßnahme wie folgt dar:

"guter Austausch über BWP mit anderen Schulen,,226;"viele Anregungen und Informationerr'V;"Workshop initiiert Einführungsprozess'r'P;"vor allem der vierte Workshop hat positiv zum Entscheidungsprozess beigetra­

gen,"29;"Workshops liefern das Rüstzeugfür die Passeinführung'Y";"lieferten sichere Grundlagen und klare Strukturen, sofort in die Praxis umsetz­

bar, sie sind handfest und aufandere Bereiche übertragbar'f'".

224 Siehe Übersicht zu den Beratungsmaßnahmen der Transferstellen in dem Zeitraum vom 1. Sep­tember 2004 bis zum.31. August 2006 vom 22. März 2007.225 Siehe ebd.226 Schule 17-E-R.227 Schule 33-E-R.228 Schule 26-E-R.229 Schule 17-E-R.230 Schule 34-E-R.231 Schule 72-E-R.

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7.2.2.6 Erfahrungsaustausehe/Arbeitstreffen mit Vertretern unterschiedlicherSchulen

Hierbei ging es um in regelmäßigen Abständen stattfmdende Arbeitstreffen vonVertretern von Schulen einer Schulform. In Ausnahmefällen nahmen Vertretervon zwei Schulformen teil. Die einzelnen Treffen bauten aufeinander auf, dasheißt, es gab von Arbeitstreffen zu Arbeitstreffen neue Prozessziele, über dieman sich gemeinsam verständig hat und die sukzessive abgearbeitet werdensollten. Dies beinhaltete z.B, die gemeinsame Bearbeitung von Arbeitsmaterialoder einen Input von einer Schule, die im Umsetzungsprozess schon weiter war.Da die Arbeitstreffen aufeinander aufbauten, war es für den (Lern- )Prozesswichtig, dass weitgehend dieselben Lehrer teilnahmen. Die Berater haben dieseArbeitstreffen geplant, moderiert, dokumentiert, Impulse gegeben etc. DieseArbeitsform stieß auf hohe Akzeptanz, wenn sie sowohl vom Projektmitarbeiterals auch vom abgeordneten Lehrer moderiert wurde. Die Vorteile, die dieseArbeitsform bot, lassen sich aus der Sicht der Lehrer und/oder Schulleitungenwie folgt zusammenfassen:

"Tipps, Ideen, StandortbestimmungrW;"Hilfestellung im Arbeitskreis sehr hilfreich: es wurde sehr konkret gearbeitet

und man hat Anregungen für den Unterricht bekommen,"33;"Durch die Beteiligung der anderen Schillen im Arbeitskreis ist eine Zusammen­

arbeit entstanden. Dies hat die Reflexion der eigenen Arbeit gefördert und es sinddurch den Austausch weitere Umsetzungsideen entstanden'<'";

"von anderen Schulen lemen,"3s;"im eigenen Kollegium auf die positiven Erfahrungen der anderen verwei-

sen,"36."Le~en aus den Problemen anderer, wertvolle Tipps,,237;.Problembearbeitung mit anderen Kollegen,"38;"Schwierigkeiten wurden offen diskutiert,"39;"solidarische Gefiihl mit Kollegen, Hilfen und Ideen zu selbst gesetzten The­

men, konkrete Erfahrungsberichte (Arbeitsblätter), gemeinsame Überarbeitung vonArbeitsblätternlAngebote der Schule,a4o.

232 Schule 7-E-R.233 Schule 36-E-R.234 Schule 40-E-R.235 Schule 31-E-R.236 Schule 66-E-R.237 Schule 81-E-R.238 Schule 115-E-R.239 Schule 118-E-R.240 Schule 152 E-R.

232

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Einige Zitate deuten an, dass diese Arbeitsform Lerngemeinschaften (sieheKapitel 2.2.2) ähnlich sind. So wurde beispielsweise das voneinander Lernenoder das gemeinsame Arbeiten an etwas beschrieben.

Diese Arbeitsform ermöglichte auch eine schulindividuelle Beratung. Bei­spielsweise wurden in den Arbeitstreffen von einer Schule Beratungsbedarfegeäußert, die dann seitens der Transferstelle zu einem Angebot umgewandeltwurden (z.B. Lemberatung als Arbeitsschwerpunkt im Rahmen der Einführungdes Berufswahlpasses). Die Abbildung 17 zeigt die Tagesordnung eines Ar­beitskreises für Gymnasien. Die Themen auf der Tagesordnung verdeutlichendie enge Verzahnung von inhaltlichen Aspekten des BWP mit Fragen seinerinnerschulischen Implementierung.

Abbildung 17: Ein Beispiel für eine Tagesordnung eines Arbeitskreises fürGymnasierri"

• Schülerinneninterviews zum Berufswahlpass aus dem Nordverbund(DVD)

• Wie gelingt die Arbeit mit dem Berufswahlpass?• Organisation und Dokumentation am Beispiel• Arbeitsverteilung im Klassenteam, im Kollegium• Elternarbeit• Verschiedenes

Nicht alle Lehrer, die an den Arbeitstreffen teilgenommen haben, betrieben inihren Schulen die Umsetzung des jeweiligen Produktes. Diese wenigen Lehrergaben dennoch Anregungen für die berufliche Praxis in die Arbeitskreise. Daseigentliche Ziel, die Qualität des Berufsorientierungskonzeptes einer Schulemittels der innerschulischen Einführung eines Produkts zu entwickeln, wird beiden Schulen dieser Lehrer allerdings nicht erreicht.

Nicht zu unterschätzen ist, dass diese Arbeitsform eine hohe Akzeptanz desBeraters seitens der Schulen erfordert. Das heißt, die institutionelle Anbindungund deren Bild in der von Schule wahrgenommenen Öffentlichkeit sind hier vonzentraler Bedeutung.

241 Siehe Übersicht zu den Beratungsmaßnahmen der Transferstellen in dem Zeitraum vom 1. Sep­tember 2004 bis zum 31. August 2006 vom 22. März 2007.

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7.2.2.7 Transferfördernde Bedingungen im Querschnitt

Neben den Beschreibungen der Maßnahmen ist bisher noch die Frage offen, wiedie Maßnahmen methodisch-didaktisch zu gestalten sind, um mit Blick auf denTransfer erfolgreich zu sein. Lehrer fanden folgende Kennzeichen der Beratun­gen zielführend:

••

••

Die Inhalte der Maßnahmen waren direkt umsetzbar?42Die Beratungsmaßnahmen hatten einen direkten Bezug zum innerschuli­schen Einführungs- und Umsetzungsprozess.Die Beratungsangebote hatten einen grozessorientierten Charakter. DieMaßnahmen initiierten und begleiteten. 43Der Berater hat kurzfristig Fragen bearbeitet, die im Einführungs- undUmsetzungsprozess des Produktes entstanden sind.244

Der hat Berater persönlich begleitet.245Die Beratungen stellten ein verlässliches Angebot dar:

"effektive, zügige, pragmatische und zuverlässige Arbeit'~6

"verlässlicher Ansprechpartner, verlässliche Unterstützung'<'".

• Es wurde Material für die Unterrichtspraxis bereitgestellt.r"• Die Berater ermöglichten und moderierten einen Austausch zwischen Kol­

legen.249 Dieser Austausch bot "Sicherheit'"5o und hatte eine ,,hohe Hand­lungsrelevanz'P".

• Die Beratungsmaßnahmen machten den praktischen Nutzen des Produktessichtbar.

• Das Angebot war nicht verpflichtend.F"

242 Schule 35-E-R und Schule 36-E-R.243 Schule 8-E-R.244 Schule 38-E-R.245 Schule 78-E-R.246 Schule 76-E-R.247 Schule 52-E-R.248 Schule 23-E-R.249 Schule 6-E-R, Schule 7-E-R und Schule 8-E-R.250 Schule 72-E-R.251 Schule 16-E-R.252 Schule 116-E-R.

234

Page 236: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

7.2.3 Schulinterne Bedingungen

7.2.3.1 Schule als Organisation

In der Implementierungsphase wurden nachstehende Faktoren durch die Analy­se des Datenmaterials sichtbar. Die Transferstellen und die BiZEbS-Lehrerhaben die fördernden und hemmenden Faktoren für den Implementierungspro­zess im Effektfragebogen beschrieben. Hierbei handelt es sich nur um Schulen,die mindestens ein Produkt eingeführt haben. Das heißt, die hemmenden Fakto­ren erschwerten die Einfiihrungs- und Umsetzungsprozesse, sie haben sie abernicht verhindert. Wie bereits in Kapitel 6.1.2 erläutert, gibt es in der vorliegen­den Studie keine Schule, die während der Phase der Implementierung geschei­tert ist. Folgende Faktoren haben den Einfiihrungsprozess erschwert:

Unklare Verantwortlichkeiten/mangelnde Unterstiitzung/Widerstand im Kolle­gium

• In einer Schule hat der Berufskoordinator keinen Rückhalt im Kollegium.Der Wunsch, ein Produkt einzuführen, war nicht der der Schule, sondernder des einzelnen teilnehmenden Lehrers.

• In einer Schule war ein Lehrer für die Berufsorientierung verantwortlich,der diese Aufgabe abgeben wollte.

• In einer Schule wurde die Verantwortung für die Berufsorientierung demSchulsozialarbeiter zugeschrieben. Das Kollegium sah sich nicht in derPflicht. Vor der Einfiihrung der Innovation musste im Zuge des Beratungs­prozesses erreicht werden, dass das Kollegium diese Aufgabe als die ihreannimmt.

• Es gab in einer Schille vereinzelt Kollegen, die nicht mitmachen wollten. 253• Bei einigen Schulen wurden Verantwortlichkeiten und Aufgaben an eine

einzelne Person (meistens der Berufswahlkoordinator) abgewälzt. Dieswirkte sich ungünstig auf den Implementationsprozess aus: "trotz Einstim­migkeit steht der Berufskoordinator allein, Kollegium zieht nicht mit,,254.

253 Schule 4-F.254 Schule 2-F.

235

Page 237: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Ressourcen (Kompetenz, Motivation, Zeit)

• Die Implementation eines Produktes beinhaltete Mehrarbeit. Bei einigenSchulen stand hierfür zu wenig Zeit zur Verfügung.

• Bei einer Schule war nur eine geringe Motivation vorhanden, das Produkteinzuführen.

• Beim fächerübergreifenden Einsatz des BWP fehlten bei einigen Schulendem Kollegium Informationen und Erfahrungen.

Weitere Faktoren

• Bei einigen Schulen gab es kein Konzept zur Einführung oder das beste­hende Konzept musste umfassend überarbeitet werden.

• In einer Schule hat der Berufskoordinator gerade erst mit seiner Arbeitbegonnen und musste sich erst noch einarbeiten.

• Einige Schillen haben zwei Produkte eingeführt.• Bei größeren Schulen waren erforderliche Absprachen schwerer durchzu­

führen.• Abstimmungsprozesse waren bei einigen Schulen generell schwierig.• Vereinzelt wurde der Berufswahlpass vorschnell ausgeteilt.

Folgende Faktoren haben den Einführungsprozess gefördert:

Geregelte Verantwortlichkeiten

• Es gab bei einigen Schulen eine einstimmige Beschlusslage zur Einführungdes Produktes.

• In einer Schule erhielt der Berufskoordinator eine steuernde Rolle (z.B.Verteilung von Arbeit).

• In einer Schule waren die Verantwortlichkeiten im Bereich der Berufs­orientierung geregelt und Ressourcen, die innerschulisch generiert wurden,standen zur Verfiigung.

• In mehreren Schulen fiihlte sich eine Person für die Einführung verantwort­lich.

236

Page 238: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Arbeitsweise

• In einer Schille erfolgte die Einführung der Innovation zunächst als ,Probe'oder ,Pilot'.

• Die Einführung des BWP erfolgte in einer Schille zunächst nur in einemUnterrichtsfach.

• Einige Schillen haben ein gemeinsames Konzept entwickelt.• In einer Schille hat das hohe Engagement den Einführungsprozess begüns­

tigt. In dieser Schule waren mehrere Personen beteiligt. Es wurden Zielegesetzt und die Erreichung weitgehend eingehalten. Es wurde aktiv nachMaterial gesucht und es wurden Absprachen eingehalten.

• Die Einführung des Berufswahlpasses in mehreren Klassen einer Schillehat den Austausch zwischen den Kollegen ermöglicht.

• In einer Schille führte die Gremienarbeit zu Ergebnissen, die weitgehendvom Kollegium akzeptiert wurden.

• In einer Schule gab es eine Arbeitsgruppe, diefür inhaltliche Arbeit ver­antwortlich war und deren Ergebnisse in den Gremien der Schule reflektiertwurden.

• Eine Schule war geübt durch die Implementation anderer berufsorientie­render Konzepte (z.B. Siegel-Schule).

• Bei einigen Schulen gab es eine gute Zusammenarbeit zwischen Schullei-tung und beteiligten Lehrern.

• Bei einigen Schulen arbeitete das Kollegium im Team.• Einige Schulen nahmen an schillübergreifenden Arbeitskreisen teil.• Einige Schulen waren in der Lage ihre Ziele kleinschrittig abzuarbeiten.

Arbeitsatmosphäre/Klima

• In einer Schule begünstigten eine hohe Motivation und eine gute Stimmungim Kollegium den Einführungsprozess.

• Bei einigen Schulen wurde die Idee von allen im Kollegium getragen.• Bei einigen Schulen bestand ein gutes Verhältnis zwischen Schulleitung

und Kollegium.• Eine Schule kennzeichnete sich durch eine freundliche Atmosphäre im

Kollegium und durch viele Aktivitäten mit externen Partnem. 255

• Einige Schulen hatten engagierte Teilnehmer an den Beratungsangeboten.• Bei einigen Schulen gab es keine Widerstände im Kollegium.

255 Schu1e 4-F.

237

Page 239: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

• Bei einigen Schulen war das Engagement des Kollegiums hoch.• Bei einer Schille gab es ein persönliches Klima im Team, welches für die

Einführung des Produktes verantwortlich war.• In einer Schille gab es eine hohe Wertschätzung den Schülern gegenüber

und ein positives Schulklima.

Entwicklungsstand bezogen aufdas Thema Berufsorientierung

• Eine Schule fing im Bereich der Berufsorientierung nicht bei "Null" an.• Eine Schule war fachlich auf dem aktuellen Stand.256

Die oben genannten hemmenden und fördernden Faktoren sind überwiegendbereits aus der Einzelschulforschung bekannt (z.B. Demmer-Dieckmann 2005,Biermann 2007, HorstkemperlTillmann 2003, Hameyer 1995). Beim Transfervon Innovationen in die Schule spielen somit ähnliche Faktoren eine Rolle, wiebei herkömmlichen Schulentwicklungsansätzen (siehe Kapitel 2.2.2).

7.2.3.2 Lehrer als Multiplikatoren

In Kapitel 2.4 wurde im Vorverständnis zum Transfer von Innovationen erläu­tert, dass diese vermutlich überwiegend über schulinterne Lehrerfortbildungendurch Schulen rezipiert werden. Dies hätte bedeutet, dass das gesamte Kolle­gium oder Teile des Kollegiums (z.B. die Oberstufe einer Förderschule) diezentralen Adressaten der Fortbildungen gewesen wären. In der Folge hättendiese die Einführung eines Produktes betreiben sollen.

Nur 2,3 % der Beratungsaktivitäten in der Kategorie ,eingeführt' entfallenauf die Beratungsform der schillinternen Lehrerfortbildungen. Weitere 4,1 % derBeratungsaktivitäten sind Beteiligungen der Transferstellen an internen Gre­mien, wie Lehrerkonferenzen oder Schulkonferenzen. Auch hier wurden in derSchule das gesamte Kollegium oder Teile des Kollegiums angesprochen, die dieImplementation des Produktes hätten durchführen sollen. Bei über 80 % derBeratungsaktivitäten waren die Adressaten allerdings einzelne Lehrer, die dieAufgabe übernehmen sollten, den Implementierungsprozess in ihrer Schilleeinzuleiten und zu begleiten.

Für den Einführungs- und Umsetzungsprozess in der Schille war es vonzentraler Bedeutung, dass die an den unterschiedlichen Maßnahmen teilneh-

256 Schu1e 39-F.

238

Page 240: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

menden Lehrer sich in dieser Multiplikatorenrolle gesehen haben. Sie bildetensich fort und trugen diese Erkenntnisse in die Schulen hinein, wobei sie sowohldie inhaltlichen Aspekte des Produkts als auch die spezifische Arbeitsweiseihrer Schule als Organisation zu berücksichtigen hatten. Somit mussten sie zuExperten sowohl in Schulentwicklung (zum Beispiel: Wie initiiere und begleiteich als Lehrer schulische Veränderungsprozesse zur Einführung des BWP inmeiner Schule?) als auch in Berufsorientierung werden (zum Beispiel: WelcheZiele verfolgt der Berufswahlpass? Wie kann er an den Unterricht angebundenwerden?). Die Beratung übernahm die Funktion, Lehrer in dieser Rolle zu stär­ken bzw. deren in diesem Zusammenhang geforderten Kompetenzen zu entwi­ckeln. Dies kommt in folgenden Zitaten zum Ausdruck, in der Lehrer die Rolleder Beratung beschreiben:

"Nutzen von Erfahrungen der anderen. Unterstützung bei der Entwicklung des ei­genen Konzeptes. ,,257

"Umgang mit Problemen bei der Einführung des BWP wurde diskutiert und er­leichterte die eigene Arbeit an der Schule,,258

"Dank: der Transferstelle ist es überhaupt zur Einführung des BWP gekommen.Hilfreich waren die Informationen und Anregungen zur Umsetzung. Durch die Be­teiligung der anderen Schillen im Arbeitskreis ist eine Zusammenarbeit entstanden,die die Reflexion der eigenen Arbeit ermöglich hat. ... ,,259

.Anregungen und Hinweise im Rahmen der Veranstaltungen, die durch dieTransferstelle organisiert wurden, waren bei der Umsetzung im Prozess sehr nütz­lich.,,260

[Beratung] "initiiert, ist aktiv und unterstützt individuell. Persönlicher Kontaktpositiv und unterstützend. Klärung spontaner Fragen. Austausch mit anderen Kolle­gen, problemlose Weitergabe von Informationen an Schüler, Eltern und Kollegen,arbeitserleichtemd.,,261

Diese besondere Rolle wurde in den einzelnen Angeboten für Schulen bzw.Lehrer konzeptionell berücksichtigt. Dementsprechend bezogen die Beratungs­maßnahmen in der Regel beide Aspekte mit ein. Im Folgenden wird ein Beispiel:für eine Beratungsmaßnahme aufgeführt, die inhaltliche Aspekte eines Produktsaufgreift und deren schulische Umsetzung thematisiert. Hierbei handelt es sichum eine Einladung zu einer Fortbildung.

257 Schule 8-E-R.258 Schu1e 13-E-R.259 Schule 40-E-R.260 Schule 67-E-R.261 Schu1e 78-E-R.

239

Page 241: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Die Lernberatung in der Berufsorientierung bildet ein Instrument, das den Schüle­rinnen und Schülern in der Berufswahlvorbereitung hilft, Stärken und Fähigkeitenzu reflektieren, Ziele zu formulieren und vor allem Schritte zum Übergang in dieBerufsausbildung, in das Arbeitsleben oder in die weitere schulische Bildung zuplanen. Die im Rahmen der Lernberatungen zu treffenden Vereinbarungen könnensich zum Beispiel auf die Verbesserung von Leistungen in einem Fach, Praktikums­suche oder Zeitplanung einer Bewerbung beziehen.

Die Durchführung von Lernberatungen stellt für Schulen eine Herausforderungdar. Das gilt sowohl für die einzelnen Lehrerinnen und Lehrer, die ihre Schülerin­nen und Schüler individuell beraten möchten als auch für die Schule insgesamt. Esbedarf vielfältiger organisatorischer Überlegungen und Vorbereitungen, um eineregelmäßige Lernberatung zur Berufs- und Lebensplanung durchführen zu können.

Vor diesem Hintergrund ist es Ziel der Veranstaltung, Ihnen Impulse zur Einfüh­rung von Lernberatungen im Kontext des Berufswahlpasses an Ihrer Schule zu ge­ben.

Hierzu möchten wir Ihnen exemplarisch unterschiedliche Modelle vorstellen undmit Ihnen diskutieren. Folgende Tagesordnung ist vorgesehen:

- Begrüßung und kurze Einführung in das Thema "Die Lemberatung im Berufs­wahlpass"

- Vorstellung unterschiedlicher ModelleIKonzepte der Schulen:Realschule, ReferentGesamtschule, ReferentHauptschule, ReferentFörderschule, Referent

- Diskussion und Ausblick,,262

Innovationen können offensichtlich über einzelne Lehrer in die Schule gelan­gen, die an unterschiedlichen Beratungsmaßnahmen teilgenommen haben. Die­ses Ergebnis widerspricht dem gebildeten Vorverständnis in der vorliegendenStudie, wie Innovationen in die Schule Eingang halten können. Dort wurdeformuliert, dass die Beratungen nahezu ausschließlich in Form von schulinter­nen Lehrerfortbildungen, die sich an das gesamte Kollegium oder Teile desKollegiums richten, vollzogen werden (siehe Kapitel 2.4).

262 Siehe Übersicht zu den Beratungsmaßnahmen der Transferstellen in dem Zeitraum vom 1. Sep­tember 2004 bis zum 31. August 2006 vom 22. März 2007.

240

Page 242: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

7.2.3.3 Schulleitung

Die Schulleitung war im Beratungsprozess in der Regel nur zu bestimmten An­lässen (z.B. Schulleiterdienstbesprechung oder zu Beginn einer Beratung) betei­ligt. Es wurde seitens der Transferstellen aber immer wieder betont, dass sie denEinführungsprozess des Produktes befürworten und unterstützten sollte. VonBedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass man den Beratungsprozess vonEinführung und Umsetzung in der Schille unterscheiden muss. Über die Beteili­gung an Beratungen können genaue Aussagen getroffen werden. Die innerschu­lische Beteiligung an der Einführung und Umsetzung der Innovation wird nur ineinzelnen Fällen sichtbar. Dies liegt an der Fragestellung der vorliegenden Stu­die, die die Beratung zentral stellt und nicht den innerschulischen Umsetzungs­prozess. Konkret sind durch die Schulleitungen folgende innerschulischen Un­terstützungsleistungen erfolgt:

• Freistellung des Lehrers für die Aufgabe (weniger Unterricht);• Ermöglichung der Teilnahme an Fortbildungen;• Befürwortung des Projektes in den schulintemen Gremien;• Darstellung der Nützlichkeit des Projektes in den schulinternen Gremien;• Bereitschaft sich zu informieren und die Informationen an das Kollegium

weiter zu geben;• Gründung eines innerschulischen Arbeitskreises.

Eine aktive Beteiligung der Schulleitung an der Einführung und Umsetzung warnur im Einzelfall zu beobachten. Folgende Beispiele sind in diesem Zusammen­hang zu nennen:

• Mitglied in der eigens gegründeten Steuergruppe;• Unterstützung bei der Konzeptentwicklung.

Schulleitungen waren somit als schulinterner Stützungsfaktor von zentralerBedeutung. Ihre aktive Beteiligung an der Einführung und Umsetzung der Inno­vation schien allerdings eher marginal gewesen zu sein.

241

Page 243: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

7.2.4 Konzeptbezogene Merkmale in der Phase der Implementierung

In diesem Kapitel werden zusammengefasst die Merkmale dargestellt, über dieein Konzept verfügen sollte, um in der Phase der Implementierung transferför­derlich zu wirken. Auch diese Merkmale werden später in das Qualitätsmodell(siehe Kapitel 8) integriert.

Produktbezogene Schulberatung

In der Phase der Implementierung befinden sich die Schillen im Einführungs­und Umsetzungsprozess der Innovation, der erfolgreich oder nicht erfolgreichverlaufen kann. In der vorliegenden Studie liegt kein Fall vor, der ein Scheiternim Implementierungsprozess darstellt. Haben sich die Schulen für eine Einfüh­rung entschieden, war diese auch erfolgreich. Das Ausmaß des Erfolgs bzw. dieQualität des Einführungsprozesses ist unterschiedlich zu bewerten. Hierauf sollim nächsten Kapitel (7.3) eingegangen werden.

In der Phase der Implementierung hatten Schulen unterschiedliche Bedürf­nisse an Beratung, das heißt, jede Beratung war auf die einzelne Schule abzu­stimmen. Kein Beratungsverlauf entsprach einem anderen vollständig. Für einenerfolgreichen Beratungsverlauf war eine prozessorientierte Beratung nichtzwingend erforderlich. Initiierende Beratungsangebote führten ebenfalls zurEinführung und Umsetzung von Produkten. Die Beratungsverläufe waren pro­duktabhängig. Beratungsaktivitäten nahmen die unterschiedlichsten Formen an.Sie hatten immer das Produkt und deren Implementierung in Schule zum Ge­genstand. Folgten mehr als vier Beratungsaktivitäten aufeinander, waren ihreInhalte meistes am Stand der innerschulischen Einführungsprozesse orientiert.

Die Beratung der TransfersteIlen und BiZEbS-Lehrer war immer nur eineHilfestellung zur Selbstentwicklung. Die Berater handelten nicht stellvertretendfür Akteure in Schule. Wenn beraten wurde, dann folgte erst noch der inner­schulische Umsetzungsprozess durch Lehrer. Trotzdem sahen einige Schulen inder Unterstützung der Transferstellen eine Arbeitserleichterung.P"

Transferförderliche schulinterne Bedingungen

Transferförderliche Bedingungen in der Phase der Implementierung beziehensich auf Lehrer, auf die Schulleitung und auf die Schule als Organisation. Da ein

263 Schulen 76-E-R, 78-E-R und 81-E-R.

242

Page 244: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Transfer der Innovation überwiegend über einzelne Lehrer erfolgte, musstedieser in der Lage sein, die innerschulischen Veränderungsprozesse mit Unter­stützung der Schulleitung voranzutreiben. Dieser Prozess wurde erleichtertdurch die Arbeitsweise der Schille, wie beispielsweise eine planvolle Vorge­hensweise oder ein positives Innovationsklima.

243

Page 245: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Abbildung 18: Merkmale transferförderlicher außer- und innerschulischerBedingungen in der Phase der Implementierung

Schulleitung unterstützende Funktio­nen durch:• Freistellung des Lehrers für die

Aufgabe (weniger Unterricht)• Ermöglichung der Teilnahme an

Fortbildungen• Befürwortung des Projektes in

den schulinternen Gremien• Darstellung der Nützlichkeit des

Projektes in den schulintemenGremien

• Bereitschaft sich zu informierenund die Informationen an dasKollegium weiter zu geben

• Gründung eines innerschulischenArbeitskreises

Imple­mentie­rung

Schule als Organisation• Planvolle Arbeitsweise• geregelte Verantwort­

lichkeitenhoher Entwicklungs­standpositives Innovations-klima, positive Atmos-

(lphäre

Lehrer als Multiplika-

t? t.orFähigkeit undBereitschaft zurMultiplikatoren-rolle

Beratungist produktbezogenist initiierend oder prozessbegleitendermöglicht Schulen das Ausmaß und dieIntensität der Beratung zu bestimmenbegleitet den Einfiihrungs- und Umset­zungsprozessist Organisationsentwicklungsberatungorientiert sich an schulindividuellen Be­dürfnissenrichtet sich an den Implementieru.ngsschrit­ten der Innovation ausfordert Lehrer in Multiplikatorenrolleist ein Angebot in der Regi n

\;:;

Maßnahmen innerhalb des B atungs­prozesses• erfolgen vereinzelt über schulinteme

Lehrerfortbildungen• sind Einzelgespräche zum Auftakt der

Beratung und zur Vertiefung speziel­lerThemen

• regen durch vorbereitende und pro­zessbegleitende Workshops zur Im­plementierung an

• bauen im Zeitverlauf aufeinander aufund begleiten den Implementations­prozess

• beinhalten auch die Mitwirkung anschulinternen Gremien

• arbeiten mit konkreten Beispielen• beziehen die Entwickler der Innovati­

onein

244

Page 246: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

7.3 Dritte Phase im Prozess: Institutlonalisierungf"

In dieser Phase wird das pädagogische Konzept, welches mit der Einführungund Umsetzung des Produktes verbunden ist, zum festen Bestandteil des ge­samtschulischen Programms. Der damit verbundene Prozess wird zur Routine.Mit Blick auf die Fragestellung dieser Arbeit ist diese Phase von besondererBedeutung, weil eine Qualitätsdimension des Einführungs- und Umsetzungs­prozesses bzw. des Transferprozesses mit dem Erreichen dieser Phase beschrie­ben wird. Wird das Produkt fester Bestandteil des gesamtschulischen Konzep­tes, ist von einer hohen Qualität des Einführungs- und Umsetzungsprozessesauszugehen. Dies gilt allerdings nur, wenn das Produkt gemäß seiner Zielset­zungen umgesetzt wurde. Zeitlich gesehen, kann im Rahmen des Projektes ,Be­rufsorientierung im Verbund ' diese Phase von den einzelnen Schulen nur inAusnahmefällen durchlaufen worden sein. Fullan (2001) geht davon aus, dassdie Implementationsphase zwei bis drei Jahre dauert. Das Projekt ,Berufsorien­tierung im Verbund' hatte bezogen auf die Beratungsarbeit eine Laufzeit vonzwei Jahren (September 2004 bis einschließlich August 2006). Dennoch soll dasDatenmaterial unter diesem Gesichtspunkt analysiert werden. Maßgeblich sindAussagen der Lehrer und der Berater zum Entwicklungsstand der Schule imImplementierungsprozess. Die folgende Analyse wird - wie bisher auch - pro­duktbezogen vorgenommen.

Für die Individuelle Förderplanung zur beruflichen Integration liegenzwölf Kommentare von Schulen vor, die das bisher Erreichte bzw. nicht Er­reichte darlegen. Gemeinsam ist den Darstellungen der Schulen, dass sie sichnoch am Anfang des Einführungs- und Umsetzungsprozesses befmden. Folgen­de Zitate bringen dies zum Ausdruck.

"wir wurden in unserer begonnenen Arbeit bestätigt und benötigen noch mehr Zeitfür die Umsetzung,"65

... bildete die Grundlagefür unsere Veränderungen. Aus dem BiZEbS-Konzeptund unserem bisherigen Konzept entwickelten wir im Oberstufenteam unser aktuel­les Konzept (es ist fast fertig, die AG arbeitet noch am letzten Schliff).266

Eine Ausnahme bildete eine Schule267, die sich auf die Einführung der Selbst­

und Fremdeinschätzung beschränkte und bei der nicht erkennbar wurde, dass dieanderen Ziele des Produktes auch noch bearbeitet werden sollten. Bei dieser

264 Der Analyse zu Grunde liegende Daten: Verdichtete Fallbeschreibungen und schulbezogeneEffektbeschreibungen der Gruppen: ,eingeführt' (n = 138 Produkte, n = 124 Schulen).265 Schule 127-E-R.266 Schule 201-E-R.267 Schule 125-E-S.

245

Page 247: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Schille ist davon auszugehen, dass die Phase der Implementierung abgeschlos­sen ist. Ob dieses Element des gesamten Konzeptes der ,Individuellen Förder­planung zur beruflichen Integration' tatsächlich den Übergang in die Institutio­nalisierungsphase schafft, ist angesichts der vorliegenden Daten nicht abschätz­bar.

Bei Lernpartnerschaften liegen drei Kommentare von Schulen vor, die dasbisher Erreichte und nicht Erreichte beschreiben. Bei den drei Schulen wurdeder Prozess gerade erst begonnen und Routinen hatten sich noch nicht herausge­bildet. Die nachstehenden Zitate illustrieren die Situation in den drei Schulen:

,,noch zu frisch, es gibt noch keine Routinen, es sind noch nicht alle Kollegen in­volviert,a68

"Start der Lernpartnerschaft gegen Ende des vergangenen Schuljahres,a69"Evaluation der einzelnen Module steht noch bevor,a7o

Angesichts dieser Aussagen der Lehrer ist davon auszugehen, dass die Institu­tionalisierungsphase bei diesen Schulen noch nicht erreicht worden ist.

Beim Berufswahlpass liegen 68 Kommentare von Schulen vor, die das bis­her Erreichte und nicht Erreichte beschreiben. Diese Schulen befanden sich allenoch in der Phase der Implementierung. Bei keiner Schule kann davon ausge­gangen werden, dass die Umsetzung des Berufswahlpasses routiniert verlief.Zudem wurden zum Teil einzelne zentrale Elemente des Berufswahlpasses nochnicht umgesetzt. Vor diesem Hintergrund beschreiben die Schulen nahezu aus­schließlich Entwicklungsperspektiven, die sich auf unterschiedliche Aspekte derEinführung des Berufswahlpasses beziehen. Des Weiteren werden die Entwick­lungsperspektiven benannt und Zitate der Schulen zu deren Illustration aufge­führt.

• Entwicklungsperspektive: Zusammenarbeit im Kollegium

"dass sich alle Kollegen für das Gelingen der Berufsorientierung verantwortlichfühlen, dass sich alle Kollegen stärker aktiv in die Berufsorientierung einbrin­gen,a71

"Lehrer müssen zukünftig noch enger zusammenarbeiten (einheitliches Materialverwenden),a72

268 Schule 71-E-S.269 Schule 72-E-S.270 Schule 76-E-S.271 Schule 4-E-S.272 Schule 7-E-S.

246

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,,Durch Teamstruktur kann keine zentrale Einführung des BWP erfolgen (die Jahr­gangsteams entscheiden über die Belange ihrer Klassen eigenständig).,,273

"Eine Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Kollegen wurde noch nicht er­reicht. ,a74

,,Abstimmung der Fachlehrer untereinander'F"

• Entwicklungsperspektive: weitere Umsetzungsvorhaben

.Einbindung weiterer Fächer in den BWP, Umsetzung der individuellen Lemplänebei Schülem,,276

Individuelle Lemberatung ließ sich bisher nicht realisieren.277Individuelle Beratung der Schüler ließ sich aus zeitlichen Gründen bisher noch

nicht realisieren. Die Koordinatorin hat 24 Schüler zu betreuen. Die Einzelberatungkommt zu kurz.278

"Individuelle Ebene des Berufswahlpasses ist noch nicht eingeführt".279,,kein fächerübergreifender Einsatz,aso

• Entwicklungsperspektive: Schüler

,,Bessere Nutzung des BWPs für Bewerbungsgespräche'r''"Schüler haben noch Probleme, eigene Kompetenzen und Fähigkeiten einzu­

schätzen; Schüler haben noch Probleme bei der Einschätzung der so genanntenSchlüsselqualifikationen'Ff

"sinnstiftendes Arbeiten mit dem BWP, das heißt Motivation der Schüler nurbegrenzt,a83

"das selbständige Arbeit mit dem Pass noch stärker zu fördern auch unter Einbe­ziehen der Eltem,a84

• Entwicklungsperspektive: Lehrer

"leider ist die Begeisterung nicht auf alle Kollegen übergesprungen'tf"

273 Schule 27-E-S.274 Schule 53-E-S.275 Schule 57-E-S.276 Schule 7-E-S.277 Schule 36-E-S.278 Schule 38-E-S.279 Schule 35-E-S.280 Schule 50-E-S.281 Schule 68-E-S.282 Schule 72-E-S.283 Schule 89-E-S.284 Schule 152-E-S.285 Schule 25-E-S.

247

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"Nicht alle Kollegen arbeiten gleichermaßen intensiv mit BWP; nicht alle Kollegensind bisher überzeugt von Vorteilen des BWP,,286

"Manche Lehrer sind noch etwas ängstlich in ihrer künftigen Beraterrolle zurBerufs- und Lebensplanung. ,a87

"Sensibilisierung und Bewusstsein der Kollegen für die Notwendigkeit der Ar­beit mit dem BWP zu schaffen.,a88

Abschließend wird in der Analyse auf das Duale Orientierungspraktikum einge­gangen: Es liegen zwölf Kommentare von Schulen vor, die das Erreichte undnicht Erreichte erläutern. Alle Schulen haben das Duale Orientierungspraktikumin das bestehende Berufsorientierungskonzept integriert. Es wurden erste Erfah­rungen mit der Durchführung gesammelt, die für den nächsten Jahrgang nutzbargemacht werden sollen. Obwohl die Schulen das Duale Orientierungspraktikumbereits ein Mal umgesetzt haben, ist die Phase der Institutionalisierung nichterreicht. In einzelnen Fällen stellte es ein Problem dar, die Schüler zu einerTeilnahme zu motivieren. Bei einigen Schulen musste das Kollegium von derSinnhaftigkeit des Angebots überzeugt werden. Beide Problembereiche könnensich in der Zukunft auf eine Institutionalisierung negativ auswirken. Hinzukommt, dass die TransfersteIlen sehr viele Aufgaben übernommen haben (sieheKapitel 7.2.1), die mit dem Wegfall der Transferstellen von den Schulen selbstgeleistet werden müssten.

Mit Blick auf die Erläuterungen zur Phase der Institutionalisiemng kann zu­sammenfassend festgehalten werden, dass die Produkte noch nicht zum festenBestandteil des schulischen Gesamtkonzeptes geworden sind. Die Prozesseverlaufen noch nicht routiniert. Hervorzuheben ist, dass die beteiligten Akteureaus Schule, die Adaption der Produkte als schulintemen Prozess verstehen, dernoch nicht abgeschlossen ist. Dies äußert sich beispielsweise durch die Be­schreibung zahlreicher Entwicklungsperspektiven beim Berufswahlpass. Vieleder Schulen wünschen sich eine Fortsetzung der Beratung zur Unterstützung desSchulentwicklungsprozesses. Angesichts dieser Ergebnisse ist die Formulierungvon Merkmalen transferförderlicher Bedingungen in der Phase der Institutiona­lisierung - wie dies für die anderen beiden Phasen geschehen ist - nicht mög­lich.

286 Schule 26-E-S.287 Schule 67-E-S.288 Schule 110-E-S.

248

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8 Ansätze zur Theoriebildung auf der Grundlageder Ergebnisse der Erhebung

In diesem Kapitel wird der letzte Auswertungsschritt der qualitativen Analyse(siehe Kapitel 4.5) vollzogen. Es geht darum, angesichts der Ergebnisse derErhebung, theoretische Ansätze zum Transfer von Innovationen in die Schule zubilden.

8.1 Ein Beitrag zur Schulentwicklungstheorie: Zum Konzept einerlernförderlichen schulischen Umwelt

Neuere Schulentwicklungstheorien (z.B. Rahm 2005) gehen davon aus, dass dieEntwicklung von Schule sich in einem selbstgesteuerten Prozess vollzieht, dersich mehr oder weniger an externen Standards orientiert. Dies entspricht imWesentlichen den Annahmen der neueren soziologischen Systemtheorie, dievon einer selbstreferentiellen Reproduktion sozialer Systeme ausgeht. Folgt manNiklas Luhmann, so ist jede Strukturänderung eines Systems, sei sie nun Anpas­sung an die Umwelt oder nicht, Selbstanpassung (Luhmann 1994: 478). "DieUmwelt bleibt Anreger von Strukturveränderungen. (... ). Da aber Elemente undStrukturen, Situativität und Semantik Eigenleistungen des Systems sind, geht zuviel ,Eigenes' in die ,Anpassung' ein, als daß man daraus auf eine Kompatibili­tät von System und Umwelt schließen könnte" (ebd., 478f.; Herv. im Original).Helmut Willke (1989: 129f.) greift diese Sichtweise steuerungstheoretisch aufund betont, dass komplexe und autonome Systeme Außeneinwirkungen folglichnur dann als Informationsangebote "verstehen" und auswerten können, wenndiese gemäß der Relevanzkriterien des intervenierten Systems "Sinn" machen.

Das im Rahmen der vorliegenden Studie entwickelte Konzept schließt andiese Überlegungen an. Es erweitert dabei entsprechend Schulentwicklungs­theorien um das Konzept einer schulischen Umwelt, die sich förderlich auf dieInnovationsprozesse einzelner Schulen auswirkt. Der Neoinstitutionalismuslenkt in dieser Hinsicht die Aufmerksamkeit darauf, dass die Selbstveränderungvon Organisationen sich häufig über das Abschauen von "Erfindungen" in derUmwelt vollzieht (Fend 2006: 164). Das Konzept einer lernförderlichen Umwelt

B. Koch, Wie gelangen Innovationen in die Schule?, DOI 10.1007/978-3-531-92872-2_8,© VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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versucht darüber hinaus, die spezifischen Relevanzkriterien von Schulen zuerkennen und das ,Eigene' der Schulen zu berücksichtigen. In Zusammenhangmit den Ergebnissen der vorliegenden Studie kennzeichnet sich eine lernförder­liche Umwelt durch regionale Netzwerke, produktbezogene Schulberatungenund Produkte, die jeweils über bestimmte Merkmale verfügen. Damit werdennicht nur an die einzelne Schule, sondern auch an ihre Umwelt Qualitätsansprü­che gestellt, die es zu erfüllen gilt. Im Kern geht es um die Annahme, dassSchulentwicklung nicht in dem erforderlichen Maße stattfinden wird, "solangedie Infrastruktur, die Schulen umgibt, nicht signifikant verbessert und koordi­niert wird" (Fullan 2001: 15).

Zugleich zeigt das Modell einen Weg auf, den Beitrag der Schulforschungfür pädagogische Innovationen zu erhöhen, indem die Forschung Produkte mitbestimmten Merkmalen und Beratungen zur Verfiigung stellt.

Die Abbildung 19 zeigt das Konzept einer schulischen Umwelt, die sichpositiv auf die Problemlösefähigkeit einer Schule auswirken kann.

250

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Abbildung 19: Ein Beitrag zur Schulentwicklungstheorie: Zum Konzept einerlernförderlichen schulischen Umwelt

J

Umwelt macht Ange­bote, die Problemlö­sefähigkeit der Schu­le zu erhöhen

durch ein regionales Netzwerk,das• Schulberatung anbietet• durch einen Akteur, der

bei der Schule auf Ak­zeptanz trifft, geleitetwird

• sich von Schulaufsichtabgrenzt

• Kontakte zu relevantenAkteuren herstellt

durch produktbezogene Schulberatung, diepassgenaues Angebot unterbreitetumfassende Kenntnisse zum Produkte und dessen Imple­mentierung transportiertdas Produkt über Kommunikationsprozesse vermitteltihr Angebot an den Phasen des Schulentwicklungsprozes­ses ausrichtetSchule ermöglicht das Ausmaß und die Intensität derBeratung zu bestimmenLehrer in der Multiplikatorenrolle stärktein Angebot in der Region ist

durch Produkte, die• auf innerschulischen Bedarf treffen• durch das zu Grunde liegende Konzept,

die Bearbeitung von Problemen anbieten• an Bestehendes in Schule anzuknüpfen

sind• passgenau mit Blick auf die Zielgruppe

sind• im Sinne einer Konzeptdarstellung und

mit Hinweisen zur Implementation do­kumentiert sind

• im Zuge einer Praxisforschung entwickeltwurden

Umwelt macht Angebo-~te, die Problemlösefä- /higkeit der Schule zu Schuleerhöhen • steuert Innovationspro­

zess selbst• Lehrer und Schulleitung

sind ,Eigentümer' desEntwicklungsprozesses

251

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8.2 Ein Qualitätsmodell zum Transfer von Innovationen in die Schule:,Innovationstransfermodell'

Das Konzept einer lernförderlichen Umwelt beinhaltet qualitative Merkmale zurSchulberatung, zum Produkt und zu regionalen Netzwerken. Diese Merkmalemüssen im Zuge von Innovationsprozessen gezielt herausgebildet werden. Dashier vorgestellte Qualitätsmodell führt die Ergebnisse der vorliegenden Studieunter diesem Gesichtspunkt zusammen.

Das Qualitätsmodell zum Transfer von Innovationen in die Schule bildet ­in Anlehnung an das .Bildungsproduktionsmodell'' (Timmermann/Windschild1996), das sich auf einen Bildungsprozess bezieht - idealtypisch einen Innovati­0ns- und Transferprozess in seinen verschiedenen Phasen ab. Ziel ist es, mitHilfe dieses Modells die Steuerbarkeit von Innovations- und Transferprozessenzu verbessern. Innovationsprozesse setzen die Bereitstellung von Inputs (Res­sourcen zeitlicher, personeller und materieller Art etc.) voraus, die in einemEntwicklungs-, Erprobungs- und Evaluationsprozess kombiniert werden, umsystematisch Output, das heißt eine Innovation zu erzeugen. Diese Innovationist im Entstehungskontext kein Selbstzweck, sondern wird als erforderlicherZwischenschritt zum Transfer der Innovation in andere Kontexte verstanden.Zwischen die Innovation als Output und dem Transferergebnis (Outcome)schiebt sich allerdings der Transferprozess. Dies bedeutet die Einführung undUmsetzung der Innovation in einem anderen Kontext als dem Entstehungskon­text durch einen Schulentwicklungsprozess. Qualität im Sinne wünschenswerterEigenschaften kann für jedes der Prozesselemente gefordert und defmiert wer­den, so dass man von Inputqualität ("Q 1"), Qualität des Entstehungsprozessesder Innovation (prozessqualität: "Q2"), Qualität der Innovation (Outputqualität:"Q3"), Qualität des Transferprozesses ("Q4") und Qualität des Transferergeb­nisses (Outcome: "Q5") sprechen kann. Die Qualitätsmaße erheben den An­spruch auf Objektivität und sind beeinflussbar. Sind der Entstehungskontext(Phase I) und der Transferkontext (Phase 11) in einem Modellversuch (oder Pro­jekt) vereint, ist zu vermuten, dass der Einfluss auf die Qualität des Transferpro­zesses und den Outcome deutlich höher sein kann. Es geht zum Beispiel darum,dass die Entwickler einer Innovation auch deren externen Transfer mitdenkenund betreiben. Entscheidend ist hierbei, dass beide Phasen (die Entwicklung derInnovation und ihr Transfer) gleichwertig nebeneinander stehen und durchge­führt werden. Es ist bei Modellversuchen oder Projekten immer wieder zu beo­bachten, dass die Entwicklung einer Innovation qualitativ gesteuert und ihrTransfer dann mehr oder weniger dem Zufall überlassen wird.

Dennoch bleiben zwei Grenzen während des Innovations- und Transferpro­zesses bestehen: zum einen aufgrund des so genannten "Technologiedefizits"

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(TimmermannlWindschild 1996: 90), welches die Beziehung zwischen Input,Prozess und Output durch den Schulentwicklungsprozess unbestimmt lässt.Beispielsweise wird ein Innovationsprozess in Gang gesetzt, aber keine Innova­tion entwickelt, welche transferfähig wäre. Zum andem umfasst dies ein Defizitan "Transfertechnologie" (ebd.: 90), welches besagt, dass auch der Transferpro­zess in Form eines Schulentwicklungsprozesses vom Output zum Outcome nichtvollständig steuerbar und beherrschbar ist. Beispielsweise wird eine Innovationim Transferkontext nicht gemäß ihrer Zielsetzungen eingeführt und umgesetzt.Der Anpassungsprozess an die schulischen Gegebenheiten verändert die Innova­tion so sehr, dass sie nicht mehr als solche bezeichnet werden kann. Die Imple­mentation von Qualitätsgrundsätzen im Entstehungs- und Transferkontext vonInnovationen kann somit hilfereich sein. Der Prozess ist aber nach wie vor ent­scheidend mit Ungewissheit behaftet.

Die nachstehende Abbildung zeigt das im Rahmen der vorliegenden Studieentwickelte ,Innovationstransfermodell' (in Anlehnung an TimmermannlWind­schild 1996: 89) und die Anbindung an einzelne Kapitel der Arbeit im Über­blick.

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Dritter Teil:Die Ergebnisse im Kontext aktueller Forschung undSchlussfolgerungen

In diesem Kapitel werden Erkenntnisfortschritte aus den Ergebnissen der vorlie­genden Studie aufgezeigt. Die Studie legt auf der Grundlage ausgewählter Er­kenntnisse der Transferforschung ein vorläufiges Modell zum Transfer vonErgebnissen der Praxisforschung vor. Dieses Modell wurde im Zuge der qualita­tiven Auswertung des Datenmaterials ausdifferenziert. Die zentralen Konzepteder Auswertung waren Transfererfo1ge/Effekte, Schulberatung, Netzwerke,Ergebnisse der Praxisforschung, Schulentwicklungsprozess und die Beziehun­gen der einzelnen Konzepte untereinander. Entlang dieser Konzepte wird imFolgenden eine Diskussion der Ergebnisse im Kontext aktueller Forschungvorgenommen und durch Schlussfolgerungen ergänzt.

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9 Diskussion und Schlussfolgerungen

Im Zusammenspiel von theoretischen Überlegungen und empirischen Studiender Schulentwicklungsforschung und der Modellversuchsforschung wurde einVorverständnis :für den Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung in Schilleentwickelt. Dieses Vorverständnis bildete den Bezugsrahmen für die Konzepti­on des Modellversuchs ,Berufsorientierung im Verbund' und die qualitativeAuswertung des Datenmaterials, welches während der Durchführung des Mo­dellversuchs erhoben wurde. Die zentralen Konzepte ,Transfererfolge und-effekte', .Schulentwicklung', ,Produkte', ,Netzwerke' und ,Beratung' desVorverständnisses sollten in ihrem theoretischen Beziehungsnetz ausgearbeitetund verfeinert werden. Ziel war es, ein Modell zu entwickeln, welches die Be­dingungen externen Transfers von Ergebnissen der Praxisforschung in Schillebeschreibt. In diesem Kapitel werden die zentralen Ergebnisse der vorliegendenStudie zusammengefasst und im Kontext bisheriger Forschungserkenntnisse undtheoretischer Annahmen gestellt. Die Diskussion erfolgt entlang der zentralenKonzepte und der Zusammenfassungen in den Kapiteln 5.3, 6.3, 7.1.5, 7.2.4 und7.2. Das Ergebnis der qualitativen Analyse wird in einer These vorangestellt unddiskutiert. Ggfs. werden daraus Schlussfolgerungen abgeleitet.

9.1 Transfererfolge und Transfereffekte

Empirische Studien zu Transfererfolgen und -effekten, die sich auf den externenTransfer beziehen, liegen nur vereinzelt vor. In diesem Zusammenhang sind dieStudien, die im Kontext von "Sinus-Transfer" (Ostermeier 2009, Krebs 2008,Krebs/Prenzel 2007) und von "Chemie im Kontext" (Demuth et al. 2008, Fu­ßangeIJGräsel 2008) entstanden sind, zu nennen. Angesichts der wenigen, aus­gewählten Untersuchungsaspekte in diesen Studien sind kaum Erfahrungen bzw.Erkenntnisse vorhanden, wie eine Erfassung der Transferfolge und -effekteerfolgen kann bzw. sollte. Mit der Unterscheidung von Transfererfolgen und-effekten in der vorliegenden Studie wurde der Anforderung aus der Modellver­suchs- und Schulentwicklungsforschung Rechnung getragen, dass der Maßstabgelungenen Transfers nicht nur der Erfolg, sondern auch die erzielte Prozess-

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B. Koch, Wie gelangen Innovationen in die Schule?, DOI 10.1007/978-3-531-92872-2_ ,© VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011

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und Outputqualität sein sollte. Allein die quantitative Zielperspektive greift zurBewertung eines Transferprogramms zu kurz (siehe Kapitel 2.2).

Eine quantitative Erfassung des Erfolgs ermöglicht die Rückbindung an Trans­fer- und Entwicklungsprozesse.

Die Transfererfolgskategorien (siehe Kapitel 4.5 und 6.1) stellten die Ergebnisseder Transferprozesse quantitativ dar. Dies ermöglichte eine Zuordnung der bera­tenen Schulen zum Erfolg der Beratung, welche die Voraussetzung für vertieftequalitative Analysen der Prozesse war.

Eine qualitative Erfassung des Erfolgs sollte sowohl die Prozess- als auch dieOutputqualität einbeziehen.

Die Betrachtung der Prozess- und Outputqualität erfolgte über die Erfassung derTransfereffekte. Ein Ergebnis dieser Auswertung ist, dass die Innovationen mitunterschiedlicher Qualität eingeführt wurden. Daraus folgt für die Erhebung vonEffekten, dass Wirkungsanalysen, die im Anschluss an Transferprogrammevorgenommen werden, die Ergebnisse ins Verhältnis zur Prozessqualität setzensollten, die dann ebenfalls erhoben werden müsste. Zeigen die Ergebnisse einerWirkungsanalyse, dass sich beispielsweise die Leistungen der Schüler durch denTransfer eines innovativen Konzeptes nicht verbessert haben, kann dies auchdarin begründet liegen, dass die Innovation nicht gemäß ihrer Zielsetzungenumgesetzt worden ist. Beispielsweise gibt es eine empirische Analyse zur Wir­kung des Berufswahlpasses (Amold 2006). Ein Ergebnis dieser Studie ist, dassder Berufswahlpass mit Blick auf seine Ziele eher marginale Wirkungen auf derEbene der Schüler hervorruft. Es wurde in der Studie aber nicht überprüft, obder Berufswahlpass im Sinne seiner Philosophie bzw. Zielsetzungen umgesetztwurde. Damit wird nicht erkennbar, ob der Berufswahlpass generell nur margi­nale Wirkungen erzeugt oder ob diese auf eine problematische innerschulischeEinführung zurückzuführen sind. Eine Vorgehensweise zur Erhebung der Pro­zessqualität wurde in Kapitel 3.2 beschrieben. Die Prozessqualität kann übereinen Fragebogen ermittelt werden. Voraussetzung für die Operationalisierungder Prozessqualität im Rahmen eines Fragebogen ist, dass umfassende Erkennt­nisse vorliegen, welche Prozessschritte zur Implementation innerschulischdurchlaufen werden müssen und welche Prozessziele damit erreicht werdenkönnen. Diese Erkenntnisse sollten in der Entwicklungs- und Erprobungsphaseeiner Innovation gewonnen werden.

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Transferwirkungen aufder Ebene der Schüler werden in Abhängigkeit von derImplementierungstiefe des Produktes erst nach einer gewissen Zeit messbar.

Ein weiteres Ergebnis der Analyse der Transfereffekte ist, dass komplexereInnovationen einen größeren Zeitraum für die Einführung und Umsetzung inAnspruch genommen haben, bevor Wirkungen auf Ebene der Schüler erkennbarwerden. Dieser Zeitraum kann mehrere Jahre umfassen (siehe dazu auch Dem­mer-Dieckmann 2005). Dies hat Konsequenzenfür die Wahl des Zeitpunktesder Erfassung der Wirkungen eines Transferprogramms, insbesondere :für dieErfassung der Outputqualität.

Mit der Implementierung von Produkten entstehen Effekte auf den Ebenen vonSchulentwicklung.

Die Ergebnisse aus der Auswertung der Transfereffekte lassen erkennen, dassmit der Implementierung der Produkte Schulentwicklungsprozesse in Ganggesetzt und durchlaufen wurden. Der Erfolg wurde auf allen Ebenen von Schul­entwicklung erkennbar: Schule als Organisation, Unterricht, Lehrer, Schüler undZusammenarbeit mit außerschulischen Akteuren. Sind mit der Einführung vonInnovationen Schulentwicklungsprozesse verbunden, sollte eine vollständigeErfassung der Wirkungen diese Ebenen berücksichtigen.

9.2 Transferfähige Produkte

Durch Modellversuchs- und Schulentwicklungsforschung liegen viele Beschrei­bungen vor, über welche Kennzeichen ein Produkt verfügen sollte, um transfer­fähig zu sein. Nicht alle Facetten eines transferfähigen Produktes sind durch dieErgebnisse der vorliegenden Studie aufgegriffen worden. Dies liegt in ersterLinie daran, dass wesentliche Aspekte bereits als Voraussetzungen zu Beginndes Transfermodellversuchs erfüllt wurden (siehe Kapitel 3.2). Aspekte, die dieTransferfähigkeit eines Produktes ausmachen, sind in der vorliegenden Studieausschließlich in der Phase der Initiierung eines Schulentwicklungsprozesses inErscheinung getreten. In dieser Phase wurde seitens der Schulen entschieden, obein Produkt eingeführt wurde oder nicht. Folgende Aspekte waren entscheidend:

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Transferfähige Produkte knüpfen an Bestehendes in Schule an.

Die Ergebnisse der vorliegenden Studie verdeutlichen, dass transferfähige Pro­dukte an Bestehendes in Schule anknüpfen müssen, im besonderen Maße gegrif­fen hat. Im Rahmen des Transfermodellversuchs konnte das Produkt ,Vor- undNachbereitung von Schülerbetriebspraktika' nicht transferiert werden (sieheKapitel 7.1.1): Zur Einführung des Produktes hätten die bestehenden schuli­schen Routinen vollständig aufgegeben werden müssen. Dazu waren die Schu­len nicht bereit. Die empirische Schulforschung hat in Übereinstimmung mitdiesem Ergebnis der vorliegenden Studie gezeigt, dass der Einführungsprozesseiner Innovation sich im Spannungsverhältnis von Bewahren und Erneuernvollzieht (siehe auch Kapitel 8.1, Demmer-Dieckmann 2005, RichardsonIPlacier2002, GräsellParchmann 2004). Eine Innovation wird abgelehnt, wenn zu hoheAnforderungen an das Erneuern gestellt werden und das Bestehende nicht ge­würdigt wird. Auch wenn dieser Aspekt zunächst trivial erscheint, stellt er in derUmsetzung bzw. Entwicklungs- und Erprobungsphase von Produkten eine zent­rale Herausforderung dar. Im Entwicklungsprozess muss immer wieder dieFrage aufgeworfen werden, ob die Innovation auch andere Ausgangslagen alsdie der am Entwicklungsprozess beteiligten Schulen berücksichtigt. Vor diesemHintergrund sollten in jeder Innovation folgende Implementationsschritteenthalten sein:

• Durchführung einer schulspezifischen Bestandaufnahme mit einer Reich­weite, die die Innovation vorgibt und

• Bearbeitung der Frage, was eine einzelne Schule angesichts der Bestands­aufnahme tun muss, um die Ziele der Innovation zu erreichen.

Die Ergebnisse beider Implementierungsschritte werden je nach Schule unter­schiedlich ausfallen. Trotzdem sollte die Innovation Hilfen, Materialien etc.bereitstellen, die die beiden Implementierungsschritte erleichtern und strukturie­ren. Der Berufswahlpass und die Individuelle Förderplanung zur beruflichenIntegration stellen hierfür positive Beispiele dar (Koch/Kortenbusch 2009).

Transferfähige Produkte ermöglichen die Bearbeitung von vielschichtigen Prob­lemen in Schule und treffen aufeinen innerschulischen Bedarf.

Diese von Fullan (2001) formulierte Bedingung wird weitgehend durch dieErgebnisse der vorliegenden Studie bestätigt. Die Auswertung belegt, dass so­wohl ein innerschulischer Bedarf als auch eine hohe Priorität des Bedarfs vor-

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liegen müssen. Eine Einschätzung des Bedarfs und dessen Priorität erfolgteallerdings durch die Schulen selbst. Erkenntnistheoretische Überlegungen (sieheKapitel 2.3.2) haben bereits auf dieses Phänomen hingewiesen. Die Ergebnisseder vorliegenden Studie verdeutlichen, dass die Schulen mit der Einführung undUmsetzung des Produktes bestimmte innerschulische Probleme bearbeiten woll­ten. Diese Probleme bildeten den Bedarf ab und konnten bezogen auf ein Pro­dukt sehr unterschiedlich sein. Die Analyse der Fälle veranschaulichte, dass beikomplexeren Produkten eine größere Bandbreite von zu bearbeitenden Proble­men bestand.

Transferfähige Produkte erfordern keine umfassenden Veränderungsprozesse.

Produkte, bei denen erkennbar wurde, dass im Zuge der Implementation umfas­sende Veränderungsprozesse durchlaufen werden müssen, waren schwerer inden Transfer zu bringen als Produkte, bei denen dies nicht der Fall war. Dies hatvor allem in der Phase der Initiierung eine Rolle gespielt: Vereinzelt wurde dieEinführung des Produktes durch Schulen abgelehnt. Hinzu kommt, dass derVeränderungsbedarf aus der Sicht eines Lehrers abgeschätzt wurde und eineEntscheidung auf der Basis dieser Einschätzung erfolgte. Fullan (2001) weistdarauf hin, dass die Komplexität einer Innovation den Implementierungsprozesserschwert. Die vorliegende Studie zeigt, dass Schulen komplexere Produkte mitunterschiedlicher Qualität eingefiihrt haben. Es ist zu vermuten, dass Unter­schiede in der Qualität der Einführung auf schwierigere Implementationsprozes­se zurückzufiihren sind. Da davon auszugehen ist, dass qualitativ anspruchsvolleInnovationen zugleich komplex sind und dementsprechend umfassende Verän­derungsprozesse einfordern, ist angesichts der Ergebnisse der vorliegendenStudie von der Gefahr auszugehen, dass diese Innovationen nicht transferiertwerden. Entweder fällt bereits in der Initiierungsphase eine Entscheidung gegendas Produkt oder es wird nicht gemäß seiner Zielsetzungen umgesetzt.

Transferfiihige Produkte sind mit Blick auf die Zielgruppe der rezipierendenSchule passgenau.

Dieser Aspekt wurde bereits durch die Schulentwicklungs- und Modellversuchs­forschung herausgearbeitet. Bei der individuellen Förderplanung zur beruflichenIntegration und beim Dualen Orientierungspraktikum sind die Zielgruppen ein­deutig defmiert. Beim Berufswahlpass und bei der Vor- und Nachbereitung vonSchülerbetriebspraktika hingegen ist dies nicht in dem Ausmaß der Fall: alle

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Schüler der Sekundarstufe I werden angesprochen. Bei einigen beteiligten För­derschulen wurden diese Produkte abgelehnt, weil sie nicht auf die Zielgruppeder behinderten Jugendlichen zugeschnitten waren. Darüber hinaus wurde einhoher Änderungsbedarf der Produkte antizipiert, der dann ebenfalls zur Ableh­nung führte. Die Frage, ob die Innovation zu der eigenen Schule und den Ju­gendlichen in der Schule passt, hat einen hohen Stellenwert. Bereits in der Ent­wicklungsphase der Innovation sind die ,Kulturen' unterschiedlicher Schulfor­men und verschiedene Ausgangslagen der Jugendlichen zu berücksichtigen.Eine Innovation, die in diesen Bereichen nicht differenziert, hat deutlich weni­ger Chancen transferiert zu werden.

Transferfähige Produkte sind Ergebnisse der Praxisforschung.

Es gibt mehrere Gründe, die dafür sprechen, dass die Produkte Ergebnisse derPraxisforschung sein sollten: (1) Ergebnisse der Praxisforschung sind in derAuseinandersetzung mit der schulischen Praxis entstanden und haben sich dortggfs. bewährt. Dies ist ein wesentliches Kriterium für ihre Transferwürdigkeit.(2) Das zu bearbeitende Problem wurde aus der Praxis abgeleitet und in Koope­ration zwischen Akteuren der Schule und der Wissenschaft spezifiziert unddefiniert. (3) Ein Konzept zur Bearbeitung eines Problems wurde in Kooperati­on zwischen diesen beiden Akteuren erarbeitet. (4) Schulen haben das Konzepterprobt und die Ergebnisse der Evaluation dieser Erprobung sind in die konzep­tionelle Weiterentwicklung geflossen. (5) Wissenschaftler dokumentierten dasKonzept und die Vorgehensweise zur Implementierung. (6) Dieses Ergebniswurde wiederum mit der Praxis diskutiert und weiterentwickelt. (7) Am Endedieses Prozesses, welcher in mehreren Schleifen durchlaufen wurde, stand eintransferfähiges Produkt. Diese Vorgehensweise der Praxisforschung schafft dieBedingungen, die weiter oben beschrieben worden sind. Eine Besonderheit derPraxisforschung besteht darin, dass durch sie nicht nur die Innovationen imSinne von Ergebniswissen entstanden sind, sondern auch ein Wissen darüber,unter welchen Bedingungen die Innovation implementiert werden kann. DiesesWissen kann aber nur in einem systematischen Wechselspiel von Wissenschaftund Praxis generiert werden. Wird beispielsweise versäumt, das Implementa­tionswissen zu dokumentieren und zu reflektieren, bleibt die Entstehung einerzentralen Wissenskomponente aus. Der Berufswahlpass ist hierfiir ein Beispiel.Er wurde entwickelt, erprobt und evaluiert, ohne dass systematisch die Bedin­gungen seiner Implementation erfasst wurden.

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Transferfiihige Produkte müssen sich bewährt haben, um transferwürdig zusein.

Die erfahrungsbasierte und theoretische Modellversuchsforschung schlägt vor,dass ein Transfer bereits in der Entwicklungs- und Erprobungsphase des Pro­duktes erfolgen sollte. Angesichts der Ergebnisse der vorliegenden Studie istvon einer solchen Vorgehensweise abzuraten: (1) Entwicklungs- und Erpro­bungsprozesse verlaufen nicht linear. Sie bedürfen mit Blick auf die Entstehungeines innovativen Konzeptes mit konkreten Umsetzungshinweisen für andere alsdem Entstehungskontext, stetiger Korrekturen. Wird ein Transfer zu früh einge­leitet, erhalten die Rezipienten den Status von Entwicklern und dies in der Regelmit deutlich weniger Ressourcen. Eine Überforderung ist dann selten zu ver­meiden. Im Extremfall sind solche Schulen für weitere Entwicklungsvorhabennicht mehr zu gewinnen. (2) Entwicklungs- und Erprobungsprozesse erzeugennicht immer transferwürdige Innovationen (siehe Kapitel 9.2). Es kann durchaussein, dass ein innovatives Konzept entwickelt und erprobt worden ist und sichdann aber trotzdem im praktischen Vollzug nicht bewährt. Diese Erfahrungmüssten auch die Schulen machen, die zu früh in einen Transferprozess einge­bunden wurden. Angesichts knapper Ressourcen im Schulsystem ist dies nichtzumutbar. (3) Die Transferfähigkeit eines Produktes wird u.a. bestimmt durcheine ausgewogene, systematische und reflexive Aufeinanderfolge von Entwick­lung, Erprobung und Evaluation von Konzeptelementen der Innovation im Pra­xisfeld. Erst am Ende eines solchen Prozesses entsteht etwas, das sowohl trans­ferfähig als auch -würdig ist.

Ein qualitätsfördemdes (transferwürdiges) Produkt ist nicht zwingend transfer­fdhig.

Dieses Ergebnis der vorliegenden Studie steht im Widerspruch zu der erfah­rungsbasierten und theoretischen Modellversuchsforschung. Dort wird regelmä­ßig unterstellt, dass ein qualitätsförderndes Produkt immer auch transferfähigist. Angesichts der Ergebnisse der Studie, sind Kriterien, die die qualitätsför­dernde Wirkung von Produkten beschreiben, andere, als die die Transferfähig­keit darstellen. Beispielsweise wurde die qualitätsfördernde Wirkung der Vor­und Nachbereitung von Schülerbetriebspraktika in der Entwicklungsphase durchunterschiedliche evaluative Ansätze belegt. Dieses Produkt hat aber die zentra­len Kriterien, die seine Transferfähigkeit ausgemacht hätten, nicht erfüllt.

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9.3 Produktbezogene Schulberatung

Zur externen Schulberatung als Instrument des Transfers von Ergebnissen derPraxisforschung liegen weder in der Modellversuchsforschung noch in derSchulentwicklungsforschung empirische Erkenntnisse vor. In der vorliegendenStudie wurde die externe Schulberatung als Instrument des Transfers aus denbeiden Forschungsbereichen theoretisch abgeleitet und konzipiert. Die Ergeb­nisse der vorliegenden Studie werden vor diesem Hintergrund diskutiert.

Produktbezogene Schulberatung im Sinne von Unterstützung der Schule fördertden Transfer von Innovationen.

Angesichts der quantitativen und qualitativen Ergebnisse (siehe Kapitel 5, 6 und7) der vorliegenden Studie ist nicht anzuzweifeln, dass durch eine Beratung vonSchulen der Transfer von Innovationen gelingen kann. Viele Schulen habendeutlich gemacht, dass es ohne die beratende Unterstützung keine Implementa­tion der Produkte gegeben hätte. Damit wird eine grundlegende theoretischeAnnahme der vorliegenden Studie bestätigt.

Produktbezogene Schulberatung findet nicht überwiegend im Rahmen schul­interner Lehrerfortbildungen statt.

Im zweiten Kapitel wurde die Erwartung formuliert, dass die Beratungen haupt­sächlich in Form von schulinternen Lehrerfortbildungen erfolgen werden. Dieshat sich nicht bestätigt. Die schulinternen Lehrerfortbildungen waren im Ver­hältnis zu den anderen Beratungsaktivitäten sogar deutlich geringer vertreten(siehe Kapitel 7.2.2). Wirkungsvolle Beratungsaktivitäten im Rahmen externerSchulberatung können über schulinterne Lehrerfortbildungen hinaus (1) Mitwir­kung bei schulinterner Gremienarbeit, (2) Einzelgespräche mit der Schule, (3)vorbereitende und (4) prozessbegleitende Workshops sowie (5) schulformbezo­gene Arbeitstreffen mit beteiligten Schulen sein. Bei allen Aktivitäten stand dieEinführung und Umsetzung des Produktes im Mittelpunkt der Beratungsaktivi­täten. Die erfahrungsbasierte und theoretische Modellversuchsforschung gehtnicht über allgemeine Beschreibungen möglicher Transfermaßnahmen hinaus(z. B. Lehrerfortbildung als Transfermaßnahme, siehe Kapitel 2). Besondersproblematisch hieran ist, dass die Maßnahmen nicht in Beziehung zu den Trans­ferzielen (interner und externer Transfer) gesetzt werden. Oben genannte Bera­tungsaktivitäten hatten alle den externen Transfer zum Ziel.

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Produktbezogene Schulberatung arbeitet mit konkreten Beispielen und beziehtdie Entwickler einer Innovation ein.

Dies ist eine Anforderung, die vielfach durch die Modellversuchsforschungformuliert worden ist (siehe Kapitel 2.3). Die Ergebnisse der vorliegenden Stu­die zeigen, dass diese Vorgehensweise sich bewährt hat. In den einzelnen Maß­nahmen ist sehr viel mit konkreten Beispielen gearbeitet worden und soweit diesmöglich war, wurden die Entwickler der Innovation einbezogen. Wenn diesnicht realisiert werden konnte, wurde in der Beratungsarbeit auf Schulen zu­rückgegriffen, die bereits erste und weitergehende Erfahrungen mit der Einfüh­rung eines Produktes gesammelt hatten.

Produktbezogene Schulberatung ist Organisationsentwicklungsberatung.

Die vorliegende Auswertung belegt, dass eine produktbezogene Beratung dieFortbildung der Lehrer beinhaltete (z.B. wesentliche Inhalte eines Produkts), dieBeziehungs- und Kommunikationsentwicklung der Schule thematisierte (z.B,Wie hole ich die anderen Kollegen ins Boot?) und darauf abzielte, innerschuli­sche Strukturen zu gestalten (z.B. Beispiele für die Einführung des Berufswahl­passes in mehreren Unterrichtsfächern). Mit der produktbezogenen Schulbera­tung wurden somit Veränderungen auf allen Ebenen der Schulentwicklung an­gestrebt und durch geeignete Maßnahmen unterstützt. Gleichzeitig erfordertendie Produkte, um eingeführt und umgesetzt werden zu können, einen Schulent­wicklungsprozess (siehe Kapitel 3.2). In Übereinstimmung hiermit beschreibentheoretische Überlegungen zum Transfer (siehe Kapitel 2.3.2) die Transferprob­lematik als Organisationsentwicklungsproblematik. Über das Ausmaß der Un­terstützung durch eine produktbezogene Schulberatung haben die Schulen aller­dings selbst entschieden.

Produktbezogene Schulberatung begleitet den Einfiihrungs- und Umsetzungs­prozess.

Erfahrungsbasierte Erkenntnisse aus der Modellversuchsforschung und theoreti­sche Überlegungen zur Schulberatung haben zu der Annahme geführt, dasserfolgreiche Schulberatungen den Einfiihrungs- und Umsetzungsprozess in derSchule begleiten (siehe Kapitel 2.2.4 und 2.3.5). Die Ergebnisse der Studie zei­gen, dass dies für einen erfolgreichen Transfer nicht in jedem Fall erforderlichwar. Offenkundig bestimmen innerschulische Faktoren den Erfolg dieses Pro-

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zesses stärker als externe Faktoren (siehe Kapitel 8.1). Dafür spricht, dass dieSchulen sich vollständig für die Einführung und Umsetzung des Produktes ver­antwortlich sahen. Die Beratertätigkeiten waren hierzu flankierend. Mit Blickauf die Nutzung von (Praxis-)Forschungsergebnissen für die schulische Praxis,ist dieses Ergebnis der vorliegenden Studie positiv zu bewerten: Es müssennicht in jedem Fall umfassende, prozessbegleitende Transferaktivitäten unter­nommen werden, um einen Transfer zu gewährleisten. Problematisch ist aller­dings, dass vorher nicht bekannt ist, welche Schule welchen Bedarf an Unter­stützung benötigt, damit es zu einem Transfer kommt.

Produktbezogene Schulberatung bezieht sich auf einzelne Implementierungs­schritte der Innovation.

Der Ablauf und der Inhalt der Schulberatungen zu einem Produkt wurden anden Implementierungsschritten der Innovation ausgerichtet. Dies setzte voraus,dass die Implementierungsschritte bekannt waren. An dieser Stelle wird noch­mals deutlich, dass wesentliche Voraussetzungen zur Transferfähigkeit einesProduktes bereits in der Entwicklungsphase geschaffen werden. Dort solltegemeinsam mit Schulen die Innovation und deren Implementationsprozess er­probt und dokumentiert werden.

Produktbezogene Schulberatung unterscheidet sich von herkömmlicher Schul­beratung.

Eine produktbezogene Schulberatung unterscheidet sich von herkömmlicherSchulberatung, wie sie zum Beispiel Rolff (2001) entwickelt hat. Der Grundliegt offenkundig darin, dass in den von ihm dargestellten Beratungsverläufendie Entwicklungsvorhaben zunächst noch gefunden (Bestandsaufnahme) undbeschrieben (Zielklärung und -vereinbarung) werden müssen. Zudem mussfestgelegt werden, welche Aktionen zur Erreichung der Ziele führen können. Inder vorliegenden Studie werden berufsorientierende Konzepte (Produkte) trans­feriert, deren Ziele bereits im Detail beschrieben sind (siehe Anlage). Es sollzwar eine Bestandsaufnahme bezogen auf das Produkt stattfinden. Diese hatallerdings zum Ziel, das Bestehende in der Schule mit der einzuführenden Inno­vation zu verknüpfen. Es müssen - wie bei einer herkömmlichen Schulberatung- auch Ziele geklärt und vereinbart werden, um das Arbeitsvorhaben ,Imple­mentation einer Innovation' mit inhaltlichen Schwerpunkten zu belegen und zustrukturieren. Und es muss ein Plan erstellt werden, wie die Ziele umgesetzt

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werden können. Hierfür liegen allerdings bereits inhaltliche Vorschläge undHinweise vor. Die produktbezogene Schulberatung ist aber immer auf einenGegenstand bezogen und richtet alle Aktivitäten an diesen Gegenstand aus. Derinnerschulische Schwerpunkt liegt auf der Integration des Produktes in das be­stehende Konzept und auf Anpassungsprozessen. Diese Voraussetzungen habenunter dem Gesichtspunkt knapper Ressourcen im Schulsystem großen Einflussauf den Erfolg des Einführungs- und Umsetzungsprozesses. Entwicklungsvor­haben werden klarer und überschaubarer und es liegen bereits Konzepte zurBearbeitung schulischer Probleme vor, die innerschulisch allerdings noch ange­passt werden müssen. Hierin steckt ein Potenzial für die Entwicklung von Schu­len, welches nicht unterschätzt werden sollte.

Produktbezogene Schulberatung ist ein Angebot in der Region.

Die Schulentwicklungsforschung sieht in regionalen Netzwerken eine Möglich­keit, die Entwicklung von Schulen zu unterstützen. Mit Blick auf die Ergebnisseder Studie werden in diesem Zusammenhang vier Aspekte erkennbar: (1) Re­gionale Netzwerke können die Akteure in der Region zusammenführen, mitdenen Schulen kooperieren wollen. (2) Regionale Netzwerke fungieren als stän­diger Ansprechpartner für Schulen. (3) Regionale Netzwerke initiieren undmoderieren weitere schulübergreifende Netzwerke. (4) Arbeiten schulübergrei­fende Netzwerke produktbezogen, weisen sie Merkmale von Lemgemeinschaf­ten auf (siehe FußangellGräsel 2008).

Produktbezogene Schulberatung richtet sich an den individuellen Bedürfnissender Schule aus.

Durch die produktbezogene Beratung wird eine Reihe von Punkten vorgegeben,die den Inhalt und die Vorgehensweise der Beratung bestimmen. Dennoch hatdie Analyse der Fälle gezeigt, dass kein schulischer Beratungsverlauf einemanderen entsprochen hat. Das Beratungsangebot musste an den individuellenBedürfnissen der Schulen ausgerichtet werden. Zugleich haben die Schulen dasAusmaß der Beratung selbst bestimmt.

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Produktbezogene Schulberatung richtet sich an den Phasen Initiierung, Imple­mentierung und Institutionalisierung des Schulentwicklungsprozesses aus.

Fullan (2001) hat die drei Phasen des Schulentwicklungsprozesses dargestelltund in Beziehung gesetzt zu innerschulischen und außerschulischen Faktoren,die in den einzelnen Prozessphasen zur Wirkung kommen. In der vorliegendenStudie konnten zu der Phase der Institutionalisierung keine weiterführendenErkenntnisse gewonnen werden, weil diese in der Regel von den beteiligtenSchu1en noch nicht erreicht worden ist. In Phase der Initiierung nahm die Schu1­beratung andere Formen an als in der Phase der Implementierung. Während esin der ersten Phase darum ging, ein Angebot zu unterbreiten, welches eine posi­tive Entscheidung für die Implementation eines Produktes herbeifiihrte, ging esin der zweiten Phase darum, innerschulische Umsetzungsprozesse zu begleitenoder Anregungen für diese zu geben.

Produktbezogene Schulberatung stärkt den Lehrer in seiner Rolle als Multipli­kator

In der Regel richtete sich die Schulberatung an einzelne Lehrer einer Schule.Diese hatten dann die Aufgabe das Produkt in ihrer Schule in Zusammenarbeitmit dem Kollegium zu implementieren. Diese Rolle wurde durch die Schu1bera­tung unterstützt. Die Lehrer wurden nicht nur in ihren fachlichen Kompetenzengestärkt, sondern auch in Kompetenzen, die die strategische Planung schu1ischerVeränderungsprozesse betreffen.

9.4 Transferfördernde Netzwerke

In der Modellversuchsforschung wird der Beitrag von Netzwerken zum externenTransfer kontrovers diskutiert. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen,dass nur unter bestimmten Bedingungen davon auszugehen ist, dass Netzwerk­aktivitäten zum externen Transfer führen.

Produktbezogene Netzwerke fOrdern den externen Transfer von Innovationen.

Erkenntnisse aus der erfahrungsbasierten Modellversuchsforschung heben her­vor, dass Netzwerke eine zentrale Voraussetzung für den Transfer von Innova­tionen darstellen. Allerdings relativiert eine theoretische Studie von Krieges-

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mann (2006) die unterstellte Wirkung von Netzwerkaktivitäten. So ergibt seineAnalyse, dass Netzwerkaktivitäten nicht die erwarteten Wirkungen entfalten.Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass Netzwerkaktivitäten nurunter bestimmten Bedingungen zum externen Transfer führten (siehe Kapitel 5).Transferförderliche Netzwerke:

• halten unmittelbaren Kontakt zu allen relevanten Akteuren in der Berufs­orientierung und in Schulen;

• identifizieren sich in hohem Maße mit Innovationszielen und mit der Vor-gehensweise zur Implementierung;

• initiieren und moderieren produktbezogene Netzwerke;• verständigen sich untereinander auf gemeinsame Ziele;• bieten produktbezogene Schulberatungen an;• realisieren ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Netzwerk- und Schulbe-

ratungsaktivitäten;• sind regional angebunden;• werden durch einen Akteure des Netzwerkes geleitet;• grenzen sich von Schulaufsicht ab;• sind an überregionale Netzwerke zur Reflexion der eigenen Arbeit ange­

bunden.

Überregionale Netzwerke fördern Erkenntniszuwächse.

In einer anderen Perspektive nimmt ein Netzwerk eine zentrale Bedeutung imRahmen dieses Projektes ein. Die Ergebnisse, die in dieser Studie vorgestelltwerden, konnten nur entstehen, weil es das Netzwerk ,Berufsorientierung imVerbund' gab. Die Arbeit der TransfersteIlen und der BiZEbS-Lehrer wurdeevaluiert und die Ergebnisse der einzelnen Standorte bzw. Tandems in der vor­liegenden Studie qualitativ ausgewertet.

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9.5 Transferförderhehe und -hemmende Bedingungen imSchulentwicklungsprozess

9.5.1 Lehrer als Multiplikatoren

Subjektive Einschätzungen bestimmen die Relevanz des Produktes.

Dieses Ergebnis der vorliegenden Studie wurde bereits durch erkenntnistheore­tische Überlegungen zum Transfer beschrieben (siehe Kapitel 2.3.2). Diesesubjektiven Einschätzungen wirken wie Filter. In der Phase der Initiierung füh­ren sie dazu, dass eine Entscheidung für oder gegen eine Einführung getroffenwird. In der Phase der Implementierung nehmen die subjektiven EinschätzungenEinfluss auf die Qualität des Einführungsprozesses.

Das Kollegium oder Teile des Kollegiums sind selten Adressaten der Schulbera­tungen.

Die Analyse der Beratungsaktivitäten hat ergeben, dass das Kollegium bzw.Teile des Kollegiums eher selten die Adressaten der Beratungsaktivitäten waren.Dies ist angesichts des gebildeten Vorverständnisses zum Transfer von Innova­tionen in die Schu1ebemerkenswert. Christine Bierrnann (2007) hat allerdings inihrer Studie gezeigt, dass ein einzelner Lehrer unter bestimmten organisationa­len Bedingungen (z.B, unterstützende, verlässliche Schulleitung, verlässlicheGremien- und Konferenzarbeit, autonome Spielräume) als Motor für Schulent­wicklung fungieren kann. In der Perspektive des Transfermodellversuchs habendie beteiligten Lehrer genau diese Funktion übernommen.

Ein Transfer erfolgt über einen einzelnen Lehrer.

Auch dieses Ergebnis bringt einen weiteren Aspekt in die Schu1entwicklungs­forschung ein. Beim Transfer von Produkten wurde in der Regel nicht oder nurpunktuell mit dem ganzen Kollegium an der Implementation gearbeitet. Einzel­ne Lehrer nahmen die Beratungsangebote wahr und erhielten im Anschlussdaran die Aufgabe, das Produkt innerschulisch in Zusammenarbeit mit anderenKollegen umzusetzen. Diese Rolle wurde im Rahmen der Beratungsaktivitätenvorbereitet und gestärkt. Die Beratungsangebote sollten vor diesem Hintergrundnicht nur das Produkt inhaltlich bearbeiten, sondern auch die Frage seiner Im­plementation im Rahmen von Schu1entwicklungsprozessen aufgreifen (z.B.

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Vorbereitung eines Entwurfs zur Einführung eines Produktes für eine Lehrer­konferenz, um die innerschulische Abstimmung vorzubereiten als Gegenstandder Beratung). Zum Teil erfolgten die Beratungsaktivitäten dann noch entlangeines Implementationsprozesses. D. h. der einzelne Lehrer konnte Beratunggemäß seiner individuellen Fortschritte und dem Fortschritt der Schule erhalten.Biermann (2007: 305 ff.) zeigt als Ergebnisse ihrer Fallstudien, dass innovativesHandeln von Lehrern im Schulalltag als Quelle stark genug ist, um Schulent­wicklungsprozesse anzustoßen. Die Beratungsangebote stärkten Lehrer in dieserAufgabe und förderten damit das Zusammenspiel personalen und organisationa­lern Lemens (siehe Kapitel 2.4.).

Es ist abhängig von der Implementierungstiefe eines Produktes, ob das Kolle­gium fiir eine erfolgreiche Einführung eines Produktes unterstützend tätig seinmuss.

Jäger (2004) betont, dass - wenn ein Transfer über einen einzelnen Lehrer er­folgt - dieser bei der innerschulischen Umsetzung einer Innovation Rückhalt imKollegium haben muss. Bei Produkten mit niedriger Implementierungstiefe, wiebeispielsweise dem Dualen Orientierungspraktikum, war eine aktive Beteiligungmehrerer Kollegen wünschenswert aber nicht zwingend erforderlich. Dies warbei der Individuellen Förderplanung zur beruflichen Integration, deren Konzeptvorsieht, die gesamte Oberstufe einer Förderschule einzubeziehen, anders. Hät­ten die Kollegen nicht bestimmte Aufgaben übernommen und keine Einigungüber das schulspezifische pädagogische Konzept erzielt, wäre eine Einführungin diesen Fällen gescheitert.

9.5.2 Schulleitung als Unterstützer

Eine Unterstützung der Schulleitung ist fiir den Transfer bedeutsam.

Die Ergebnisse aus der Schulentwicklungsforschung zur Rolle der Schulleitunglassen sich wie folgt zusammenfassen (Jäger 2004): Die Schulleitung ist dasZentrum der Entwicklung. Eine aktive Beteiligung und Unterstützung der Im­plementation einer Innovation ist zentraler Erfolgsfaktor. Die Schulleitung ver­folgt einen Führungsstil der "eher visionär und auf ein neues Gesamtbild derSchule als auf organisatorische Details des Tagesgeschäftes bezogen ist" (ebd.:40). Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der vorliegenden Studie ist die Rolleder Schulleitung bezogen auf den Transfer von Innovationen ebenfalls von ho-

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her Bedeutung, aber nicht in dem von Jäger (2004) beschriebenen Ausmaß. DieSchulleitung sollte das Projekt befiirworten und es war hilfreich, wenn seineRealisierung zum Beispiel durch die Teilnahme an Fortbildungen seitens derLehrer der Schule gestützt wurde. Die aktive Beteiligung der Schulleitung amImplementationsprozess war allerdings nicht in dem Maße erforderlich.

9.5.3 Schule als Organisation

Einige Vertreter der Schulentwicklungsforschung (Dalin 1999, Rolff 2007)gehen davon aus, dass Schulen keine fertigen Konzepte rezipieren. Die Ergeb­nisse der vorliegenden Studie zeigen, dass diese Einschätzung nur bedingt ge­teilt werden kann. Unter bestimmten Bedingungen, die im Folgenden beschrie­ben werden, wurde rezipiert.

Schulen rezipieren, wenn die Innovation anschlussfähig ist.

Dieser Aspekt wurde bereits unter dem Konzept ,ProduktlInnovation' erläutert.Ob eine Innovation anschlussfähig ist, orientiert sich nicht an ,objektiven' Ge­gebenheiten, sondern an subjektiven Einschätzungen der Akteure in Schulenund den internen Bedingungen der Organisation Schule.

Schule rezipieren Innovationen, wenn das Kollegium kompetent und motiviertist.

Ein kompetentes und motiviertes Kollegium stellt in der Schulentwicklungsfor­schung eine zentrale Bedingung :für gelingende schulische Veränderungsprozes­se dar. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass diese Faktoren vorallem in der Phase der Initiierung zum Tragen kamen. Wollte und konnte dasKollegium nicht transferieren, wurde eine Entscheidung gegen die Einfiihrungeines Produktes getroffen. Ein Transfer von Innovationen ist bei diesen Schulennicht gelungen.

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Schulen rezipieren Innovationen, wenn das Beratungsangebot die Chance zurinternen Entwicklung vermittelt.

Die Schulentwicklungsforschung hat gezeigt, dass Schulentwicklung externerUnterstützung bedarf (siehe Kapitel 2.2.2). Die Ergebnisse der vorliegendenStudie verdeutlichen, dass dies in besonderer Weise zutrifft. So wird in Kapitel7.1.4 dargelegt, dass erst durch das produktbezogene Beratungsangebot Schulendie Chance gesehen haben, geplante Vorhaben oder erkannte Defizite zu bear­beiten. Wäre das Beratungsangebot nicht erfolgt, hätte vermutlich auch keineEntwicklung stattgefunden. Schillen sollten sehr viel mehr solcher Angeboteunterbreitet werden. In der Modellversuchsforschung wurden Strategien zurDissemination von denen zur Implementation unterschieden, wobei letzterenicht weiter spezifiziert wurden. Angesichts der Ergebnisse der vorliegendenStudie ist die Strategie, Schulen bei der Einführung und Umsetzung der Produk­te zu beraten, zielführend.

Schulen rezipieren Innovationen im Zuge eines Schulentwicklungsprozesses, derdrei Phasen durchläuft.

Vor dem Hintergrund der theoretischen und empirischen Konzeption und derErgebnisse der vorliegenden Studie erzeugt diese These die Frage: Wie dennsonst?! Wie in Kapitel 3.2 umfassend erläutert, wurden alle zu transferierendenProdukte so konzipiert, dass sie im Zuge ihrer Implementierung Schulentwick­lungsprozesse voraussetzen und auslösen. Die Ergebnisse der vorliegendenStudie zeigen, dass dies im Transferprozess auch geschehen ist (siehe Kapitel6). Es gibt allerdings eine Reihe von Innovationen, die in unterschiedlichenZusammenhängen entwickelt worden sind, die nicht die unterschiedlichen Ebe­nen von Schulentwicklung ansprechen. Es handelt sich in der Regel um ein(innovatives) Angebot für Schulen, an dem ihre Schüler teilnehmen können. DieAnforderungen, die sich an Implementierung stellen, sind dann organisatori­scher Art. Meistens werden solche Angebote über Projekte gefördert. Seltenerbringen Schulen selbst die Mittel dafür auf. Beispiele aus der Berufsorientierunghierfür sind der Girls' Day (www.girls-day.de). der Kompetenzcheck (Ministe­rium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen2006) und Komm auf Tour - Meine Stärken - Meine Zukunft (www.komm-auf­tour.de). Es ist keine Seltenheit, dass im Rahmen von geförderten ProgrammenAngebote entwickelt werden, die sich direkt an Schüler wenden und komple­mentär zum pädagogischen Programm der Schule genutzt werden sollen. Umdiese Innovationen geht es im Rahmen der vorliegenden Studie allerdings nicht.

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Wenn Innovationen für die qualitative Entwicklung von Schulen konzipiertwerden sollen, dann müssen sie im Zuge ihrer Implementierung die unterschied­lichen Ebenen von Schulentwicklung ansprechen. Nur so werden nachhaltigeVeränderungsprozesse ausgelöst.

Schulen passen Innovation an schulische Gegebenheiten an.

Gerade bei den Produkten mit höherer Implementierungstiefe wurde erkennbar,dass die Rezeption der Innovation keinen Kopierprozess, sondern einen Aus­wahl- und Anpassungsprozess beinhaltete. Nickolaus (1999) hat bereits aufdieses Phänomen hingewiesen. Durch die Implementierung der Produkte woll­ten Schulen unterschiedliche Probleme bearbeiten und sie haben unterschiedli­che Arbeitsschwerpunkte im Rahmen der Implementierung gewählt. Ob amEnde dieses Prozesses ein vollständig im Sinne seiner konzeptionellen Ideeimplementiertes Produkt steht, war, da fast alle Schule sich während der Evalua­tion noch in der Implementierungsphase befanden, nicht abschließend zu be­antworten. Bei einigen wenigen Schillen wurde allerdings sichtbar, dass sie dasProdukt auch in einer späteren Phase des Schulentwicklungsprozesses nichtgemäß seiner Zielsetzungen umsetzen werden. Angesichts der Ergebnisse dervorliegenden Studie ist nicht davon auszugehen, dass eine externe Schulbera­tung die Qualität des Einführungsprozesses signifikant beeinflussen kann. DieFaktoren, die innerschulisch zur Wirkung kommen, sind offenkundig sehr vielstärker. Die vorliegende Studie bestätigt somit die Hypothese von Grä­sel/JägerlWi1lke (2006: 457), dass Schulen "eigene kognitive Strukturen, Erwar­tungsmuster und Identitäten" aufweisen, die "als Filter und Abwehrmechanis­men gegenüber externen Interventionen wirken". Zum einen kann dies dazuführen, dass die Innovation vollständig abgelehnt wird und es damit zu keinerEinführung kommt. Zum anderen können die Filter und Abwehrmechanismendie Qualität des Einführungsprozesses beeinflussen.

9.5.4 Eltern als Verstärker

Wenn Eltern einbezogen werden, wirkt dies fdrderlich aufden Transfer.

In der Schulforschung wird der Einfluss von Eltern auf den Schulentwicklungs­prozess als ein möglicher Faktor beschrieben, der in zwei Richtungen wirkenkann (Jäger 2004). Das heißt, Eltern können sowohl negativen als auch positi­ven Einfluss auf den Verlauf des Entwicklungsprozesses nehmen. Im Zusam-

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menhang mit dem Projekt wurde deutlich, dass durch die Beteiligung von Elternder Veränderungsdruck für Schulen stärker geworden ist.

9.6 Empirischer Zugang: kritische Reflexion

Auf der Grundlage empirischer, theoretischer und erfahrungsbasierter Erkenn­tnisse der Schulentwicklungs- und Modellversuchsforschung wurde ein Vorver­ständnis zum Transfer von Innovationen in die Schule entwickelt. Das Vorver­ständnis bildete die Grundlage sowohl für die Konzeption des Transfennodell­versuchs - soweit die Erkenntnisse zu Beginn des Modellversuchs vorlagen ­als auch für eine qualitative und kategorienbasierte Auswertung des Datenmate­rials. Das Ziel dieser Vorgehensweise war, entlang der gebildeten Konzepte,Schulentwicklung' , ,Netzwerke', ,Schulberatung' , ,Transfereffekte und -er­folge' und ,InnovationlProdukt', hemmende und fördernde Bedingungen für denTransfer von Ergebnissen der Praxisforschung in die Schule zu identifizieren.Zudem sollten die Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen Konzeptenermittelt werden. Im Zuge der vorliegenden Studie wurden methodische Ent­scheidungen getroffen, von denen (1) der Forschungsansatz der Cluster­Evaluation (2) die Fallanalyse und Stichprobe sowie (3) das Gegenstandsvorver­ständnis und die Erhebungsmethoden nachfolgend diskutiert werden. Abschlie­ßend wird meine Rolle im Forschungsprozess reflektiert (4).

1. Forschungsansatz: Cluster-Evaluation

Evaluationen im Kontext von Modellversuchen werden in der Regel mit sum­mativer Evaluation in Verbindung gebracht: Die Ziele des Modellversuchs wer­den klar beschrieben und operationalisiert. Dann werden die Indikatoren für dasErreichen der Ziele vor und nach der Durchführung des Modellversuchs erho­ben. Dies geschieht möglichst unter Einbeziehung einer Kontrollgruppe. BeideVorgehensweisen sichern ab, dass die Effekte dem Modellversuch zugeschrie­ben werden können. Laut Jäger (2003: 95) "legt die Struktur von Modellver­suchsprogrammen in Schulen aber eine viel stärker prozessorientierte, eine glei­chermaßen formative wie summative Evaluation nahe, die über zeitnahe Rück­meldungen sinnvolle Beiträge zur Steuerung eine Programms liefern kann unddamit einen möglichst hohen Nutzen für das evaluierte Programm bringt." Indiesem Sinne wurden der Transfermodellversuch und seine Evaluation nach denRegeln der Cluster-Evaluation konzipiert (siehe Kapitel 4.1.1 und 4.3). DieFrage, ob die Erfolge und Effekte (siehe Kapitel 6) dem Transfermodellversuch

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zuzurechnen sind, ist weitgehend zu bejahen (siehe auch Kapitel 7.2.1, Kapitel7.2.2 und Kapitel 8.3).

2. Fallanalyse und Stichprobe

Mit Blick auf die Anforderungen eines qualitativen Forschungsdesigns und derFallanalyse (KelleIKluge 1999) ist besonders die Auswahl der Stichprobe zudiskutieren. Im Kern geht es um die Frage, ob :für die Forschungsfrage relevan­ten Fälle in der Stichprobe enthalten sind, so dass das Phänomen ,Transfer vonInnovationen in die Schule' in seiner Varianz und Heterogenität weitgehenderfasst wurde. Angesichts der hohen Anzahl an Fällen, die sich über siebenregionale Standorte, zwei Bundesländer, alle Schulformen der Sekundarstufe Iund 11 sowie unterschiedliche Schulgrößen verteilen, kann vermutet werden,dass die vorliegende Stichprobe detailliert und umfassend Aufschluss über dasPhänomen gibt. Dennoch sind ,blinde Flecken' denkbar, die beispielsweisedurch einen Self-Selection-Bias der beteiligten Schulen entstanden sein können.Vor diesem Hintergrund besteht die Schwierigkeit, ex post die theoretischeRepräsentativität der Stichprobe zu beurteilen. Unterschiedliche Methoden desSamplings greifen hier nicht. Denkbar ist es, sich an Kriterien der Qualität qua­litativer Forschung im Allgemeinen zu orientieren. Konkrete Aussagen zur Be­wertung einer Stichprobe sind in diesem Kontext allerdings nur ansatzweisevorhanden (Flick 2006). Letztlich ist somit die Frage der Qualität der Stichprobeder vorliegenden Studie nicht definitiv zu beantworten.

Kritischer zu sehen, ist die Frage, ob die Innovationen, die transferiert wer­den sollten, die Varianz und Heterogenität möglicher Innovationen abbilden.Die im Rahmen des Transfermodellversuchs eingesetzten Innovationen betref­fen das schulische Aufgabenfeld ,Berufs- und Studienorientiemng', welches aufden ersten Blick wenig mit Fachunterricht zu tun hat. Gelten nun die Erkennt­nisse der vorliegenden Studie auch :für Innovationen, die beispielsweise stärkerden Unterricht betreffen (als Beispiel: GräsellFußangellSchellenbach-Zell(2008): "Chemie im Kontext")? Diese Fragestellung ist von besonderer Bedeu­tung, weil eine positive Entwicklung des Unterrichts eine Herausforderung dar­stellt, die sich u.a. darin manifestiert, dass der einzelne Lehrer seine Professio­nalität in der schulischen Praxis entwickeln muss. Der Berufswahlpass und dieindividuelle Förderplanung zur beruflichen Integration beinhalten Veränderun­gen für den Unterricht und für das pädagogische Programm mehrerer Jahrgänge(siehe Kapitel 6.2.1.2 und 6.2.1.4). Damit sind Innovationen transferiert worden,die mit einem hohen Anspruch an Entwicklung sowohl auf der Ebene des ein­zelnen Lehrers als auch auf der Ebene der Schule einhergehen. Dies spricht

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dafiir, dass zumindest zum Teil Innovationen transferiert wurden, die mit Inno­vationen anderer schulischer Themenbereiche vergleichbar sind. Letztlich wirdallerdings nur weitere Forschung zeigen, ob Unterrichtsinnovationen ähnlicheTransferbedingungen aufweisen.

3. Gegenstandsvorverständnis und Erhebungsmethoden

Aus dem Gegenstandsvorverständnis zum Transfer von Innovationen in dieSchille wurden die Erhebungsmethoden entwickelt. Dies geschah Anfang desJahres 2004. Im Mai des Jahres 2005 wurden die Erhebungsmethoden aufgrunderster Erfahrungen im Transfermodellversuch unter Beteiligung der Beraternochmals umfassend überarbeitet. Im Zuge dieses Prozesses hat sich das Gegen­standvorverständnis aufgrund erster Erkenntnisse im Rahmen des Transfermo­dellversuchs und weiterer aktueller Forschung (z.B. Nickolaus/Gräsel (Hrsg.)2006) zu diesem Bereich verändert. Eine Veränderung der Erhebungsmethodenerfolgte seit Mai 2005 allerdings nicht mehr und hätte mit Blick auf das Endeder Projektlaufzeit des Transfermodellversuchs im Dezember 2006 auch nichtauf Akzeptanz bei den Beratern gestoßen (siehe dazu auch Kapitel 5.2). Den­noch hätten zusätzliche Erhebungsmethoden beispielsweise zur Kompetenzent­wicklung der beteiligten Lehrer und Schulleitungen (siehe Kapitel 6.2.1.3) oderzur Prozessqualität des Implementationsprozesses (siehe Kapitel 6.2.2) denForschungsgegenstand differenzierter erfassen können. Die Regeln der Cluster­Evaluation (z.B. Abwägen zwischen der zusätzlichen Belastung der Beraterdurch weitere Fragebögen und dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn, wel­cher nicht vorrangig im Interesse der Berater liegt) wurden im Forschungspro­zess somit in ausgewählten Aspekten stärker berücksichtigt als wünschenswertemethodische Veränderungen, die der wissenschaftlichen Erkenntnis zuträglichgewesen wären.

4. Meine Rolle im Forschungsprozess

Wie bereits erläutert, bestanden meine Aufgaben darin

• in Kooperation und im Austausch mit unterschiedlichen Akteuren denModellversuch ,Berufsorientierung im Verbund' zu entwickeln;

• die Mittel und zum Teil die Kooperationspartner zu akquirieren;• den Modellversuch ,Berufsorientierung im Verbund' zu leiten;

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• ihn in Zusammenarbeit mit Kollegen an der Universität Bielefeld durchzu­führen;

• bereits vor Beginn des Modellversuchs das Evaluationskonzept zu entwi­ckeln und während des Modellversuchs anzuwenden;

• die Daten sukzessive auszuwerten.

Die Ergebnisse dieser Arbeit werden in der vorliegenden Studie präsentiert. DerForschungsprozess zum Modellversuch wurde "evaluativ-konstruktiv" (Tramm2009: 4) angelegt. Es wurde angestrebt, gemeinschaftlich (mit den Modellver­suchsbeteiligten) die Bedingungen und Möglichkeiten innovativer Praxis ­bezogen auf Transferprozesse - zu reflektieren und aufzuklären. Im Kontext derBearbeitung von Transferproblemen sollte ein gemeinsamer Lernprozess voll­zogen werden. Die ,Nähe' zum Beobachtungsfeld war somit Voraussetzung fürvertiefte Einsichten in zu Grunde liegende Prozesse. Dem gegebenen Problemeiner vorschnellen Interpretation - geprägt durch meine subjektiven Theorien(z.B. das gewonnene ,Bild' über die jeweiligen Berater) - wurde methodischdurch eine vorher definierte und an Maßstäben der qualitativen Forschung aus­gerichtete Abfolge von Schritten zur Auswertung der Daten begegnet, die inmehreren Schleifen durchlaufen wurde.

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Vierter Teil:Perspektiven für Bildungspolitik, Bildungsforschungund Bildungspraxis

Ausgangspunkt der vorliegenden Studie war die Beobachtung, dass zu wenigErkenntnisse zu der Frage vorliegen, wie Ergebnisse der Schul- und Unterrichts­forschung für die schulische Praxis nutzbar gemacht werden können, um derenqualitative Entwicklung zu fördern. Abgleitet aus theoretischen und empirischenErkenntnissen der Schulentwicklungs- und Modellversuchsforschung stellt dievorliegende Studie folgende Konzepte zentral: (1) ,Innovation/Produkt' alsErgebnisse der Praxisforschung, (2) ,externe Schulberatung' als Strategie zumexternen Transfer der Innovation, (3) ,Schulentwicklungsprozess' als schuli­scher Veränderungsprozess in dessen Verlauf sich die Rezeption der Innovationvollzieht, (4) ,Netzwerke' als institutionelle Anbindung des Transfers und (5),Transfereffekte und -erfolge' als Ergebnisse der Transferprozesse auf der Ebe­ne der einzelnen Schule. Im Zuge des qualitativen Forschungsprozesses wurdendiese Konzepte ausdifferenziert und in ihrer Beziehung zueinander analysiert.Entstanden ist ein Modell zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung inSchule. Aus diesen Ergebnissen lassen sich empirisch und theoretisch begründe­te Perspektiven für die Bildungspolitik, die Bildungsforschung und die Bil­dungspraxis ableiten.

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10 Perspektiven für Forschung

In diesem Kapitel werden Perspektiven für eine weiterführende Forschung er­läutert.

1. Praxisforschung und empirisch-analytische Forschung in Abhängigkeit vonder Modellversuchsphase mit einander kombinieren

Der Schulpraxis Ergebnisse der Schulentwicklungsforschung für die eigenequalitative Entwicklung zur Verfügung zu stellen, ist ein von den Akteuren derBildungspolitik (z.B. Bundesministerium für Bildung und Forschung) und derBildungsforschung (Rahm 2005: 143, DiederichlTenorth 1997) vielfach formu­lierter Anspruch, der in der Umsetzung aber noch ein ungelöstes Problem dar­stellt. So wird als ein Grund für das Scheitern zahlreicher Reformversuche ge­nannt, dass durch die Trennung der Ebenen .Konzeption und Entwicklung" und.Anwendung" die Bedürfnisse der Praxis zu wenig Beachtung gefunden haben(Fullan 1998, Blumenfeld/Fishman/Krajcik et al. 2000). In diesem Sinne wurdeder Transfer von Forschungsergebnissen im Rahmenprogramm des BMBFs zurFörderung der empirischen Bildungsforschung als ein zentraler Forschungsbe­reich ausgewiesen ("Transfer von Wissen" http://www.bmbf.de/de/6880.php).Betrachtet man die in dieser Studie vorlegten Kriterien für ein transferfähigesForschungsergebnis, wird deutlich, dass die empirisch-analytische Schulent­wicklungs- und Unterrichtsforschung aufgrund ihres ForschungsparadigmasSchwierigkeiten haben, Ergebnisse zu erzeugen, die diese Kriterien erfüllenkönnen. Im Folgenden werden die Kriterien der Transferfähigkeit nochmalsaufgeführt (siehe Kapitel 3.2 und 7.4):

• handlungsorientierte, detaillierte und adressatenorientierte Beschreibungder Innovation;

• validierte Erläuterungen zur Implementation der Innovation;• überprüfte Wirksamkeit der Innovation durch eine begleitende Evaluation

oder durch Ansätze der Handlungsforschung;• überprüfte praktische Relevanz der Innovation;• Innovation bearbeitet ein virulentes Problem der Praxis;

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• klare Zielsetzungen und Zielgruppen der Innovation;• Innovationen lösen im Zuge ihrer Implementation auf den unterschiedli­

chen Ebenen von Schulentwicklung Veränderungsprozesse aus;• Innovation ist ohne zusätzliche Ressourcen zu implementieren;• Prozessziele im Rahmen der Implementation der Innovation sind bekannt

und• das Ausmaß der erforderlichen Veränderungsprozesse zur Implementation

der Innovation ist abschätzbar.

Die meisten dieser Kriterien können nur durch einen systematischen und ständi­gen Dialog mit den Praktikern vor Ort erfüllt werden. Bei quasi-experimentellenForschungsdesigns dürfte dies schwierig werden (GräselJParchmann 2004). Vordiesem Hintergrund ist es zudem wenig zielfiihrend, nochmals umfassende Ex­pertisen erstellen zu lassen, die die qualitätsfördernde Wirkung einer Innovationoder eines Innovationsprogramms darlegen, ohne sich mit der Frage der Trans­ferfähigkeit auseinander zu setzten, wie es vereinzelt geschehen ist. Anders siehtes aus, wenn die Schulforschung sich dem Forschungsparadigma der Praxisfor­schung annähert. Ihr wird es deutlich leichter fallen, die oben stehenden Krite­rien zu erfüllen. Eine Optimierung der Bildungsforschung hinsichtlich ihresNutzens für die Praxis kann angesichts der Ergebnisse der vorliegenden Studiedurch eine Kombination der Forschungsansätze in Abhängigkeit von der Phasein dem sich der Modellversuch befmdet (siehe dazu auch Sinus-Transfer, Kapi­tel 2.2.2) erreicht werden.

2. Monokultur empirischer Bildungsforschung vermeiden

Handlungsforschungsorientierte Schulforscher bzw. Forschungseinheiten lösendas Problem des Nutzens von Erkenntnissen aus der Schulforschung für dieschulische Praxis durch die Unterscheidung von Grundlagenforschung, Evalua­tionsforschung und Praxisforschung (Henkel/Keuffer 2005). Die Grundlagen­forschung erhebt dann nicht den Anspruch, ähnlich wie es Klafki (200 I) ineinem anderen Zusammenhang formuliert hat, ihre Ergebnisse für die schulischePraxis verwertbar zu machen. Die Evaluationsforschung sichert in diesem Zu­sammenhang ab, dass die Ergebnisse der Praxisforschung transferwürdig bzw.qualitätsfördernd sind. Auch wenn die gesamte Schulforschungslandschaft undderen Förderung durch die einschlägigen Institutionen (z.B. DFG, BMBF) sichderzeit von Innovationsprojekten im Schulbereich, die dem Forschungspara­digma der Praxisforschung folgen, abgewendet haben, verdeutlicht die vorlie­gende Studie, dass es für den Transfer von Forschungsergebnissen unabdingbar

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ist, sich während der Entwicklung, Erprobung und Evaluation von Innovationenmit dem Praxisfeld auseinanderzusetzen und die Ergebnisse dieses Prozesses indie Konzeption der Innovationen einfließen zu lassen. Dies betrifft Aspekte wieden Bedarf der Innovation, die Dringlichkeit der Bearbeitung, die Vorgehens­weise zur Implementierung etc.

3. Forschung zu externem Transfer ausweiten

Wenig förderlich - wenn auch angesichts der Forschungslage zur Transferfor­schung nicht verwunderlich - für die Schulentwicklungsforschung und dieTransferforschung ist die unzureichende Unterscheidung zwischen internem undexternem Transfer. So erwecken einige Veröffentlichungen äußerlich den An­schein, als würden sie sich zumindest mit beiden Transferformen wissenschaft­lich auseinandersetzen. Beschäftigt man sich dann intensiver mit den Texten,muss man erkennen, dass externer Transfer nicht thematisiert wird oder einetheoretisch abgeleitete Randerscheinung bildet. Wenn es um die Nutzung vonForschungsergebnissen für die Praxis geht, ist aber vor allem die Erforschungdes externen Transfers von Bedeutung.

4. Forschung zu Unterstützungssystemenvon Schule erweitern

Eine Theorie der Schulentwicklung "macht Aussagen zur wissenschaftlich fun­dierten Schulreform" (Rahm 2005: 142). Die bisherige Schul- und Unterrichts­forschung fokussierte vor allem auf die Einzelschule, die sich selbstständigentwickelt und verbessert. Vor dem Hintergrund der Ergebnisse der vorliegen­den Studie ist es entscheidend, dass die Schulforschung ihre Perspektive um dieErforschung von Unterstützungssystemen erweitert. Es geht um die Frage, wiedas Umfeld einer Schule gestaltet sein muss, damit sie ihr Innovations- undEntwicklungspotenzial sowohl auf der Ebene des Unterrichts als auch auf derEbene der Schule optimal entfalten kann. Nicht gemeint ist hier das Instrumentder externen Evaluation (Koch-Priewe 2000). Vielmehr geht es darum, Unter­stützungsleistungen, wie sie im Rahmen der Studie vorgestellt worden sind, zuuntersuchen bzw. zu identifizieren. Es sollen nicht nur Aussagen über die Ein­zelschule als lernender Organisation im Gesamtsystem getroffen werden, son­dern auch über das Verhältnis von Einzelschule und lernförderlicher Umweltsowie deren Bedingungen. Ansätze zur Regionalisierung von Bildung (sieheKapitel 2.2.1) gehen bereits in diese Richtung. Diese Unterstützungssysteme(z.B. Schulberatung, Lehrerbildung) können auch die Plattform für den Transfer

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von Ergebnissen der Schulentwicklungsforschung in die schulische Praxis bil­den.

5. Tiefergehende Einzelfallstudien zu rezipierenden Schulen durchführen

Die vorliegende Studie fokussierte in ihren Fallanalysen auf die beratene Schuleund hier insbesondere auf die erfolgten Beratungsaktivitäten und deren Ergeb­nisse. Einzelfallstudien der Schulentwicklungsforschung nehmen sehr viel diffe­renzierter die Perspektive der Schule ein (Biermann 2007, Demmer-Dieckmann2005). Solche Einzelfallstudien auch für Schulen durchzuführen, die Ergebnisseder Praxisforschung über Schulberatungen einfiihren und umsetzen, könnte fürdie Schulentwicklungsforschung Erkenntnis fordernd sein. Relevante Fragestel­lungen könnten in diesen Zusammenhang sein: Wie verlaufen die Initiierungs­phasen? Welche Unterschiede gibt es? Worin ähneln sie sich? Wie entstehen beirezipierenden Schulen Transparenz, Akzeptanz und Konsensbildung im Kolle­gium?

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11 Perspektiven für Schule und Beratung

Wie bereits in Kapitel 3 und 4 erläutert, war es ein zentraler Auftrag der Evalua­tion des Transfermodellversuchs, Erkenntnisse für die Praxisfelder ,Schule' und,Beratung' zur Verfügung zu stellen. Unter welchen Bedingungen eine Beratungerfolgreich verlaufen kann, wurde im siebten Kapitel der vorliegenden Studieerläutert. An dieser Stelle soll perspektivisch dargestellt werden, welche Akteu­re bzw. Institutionen im Bildungssystem beratende Funktionen übernehmenkönnen. Darüber hinaus wird diskutiert, ob die Rezeption von Innovationen ausder Praxisforschung ein gangbarer Weg zur selbstständigen Entwicklung dereinzelnen Schule ist.

1. Produktbezogene undprozessbegleitende Lehrerfortbildung einfordern

Schulentwicklung nur noch über den Transfer von Ergebnissen der Praxisfor­schung zu betreiben, wäre die falsche Schlussfolgerung aus den Ergebnissen dervorliegenden Studie. Anderseits wurde sehr deutlich, dass Lehrer es als hilfreichund unterstützend erleben, wenn sie nicht alles selbst entwickeln, erproben undevaluieren müssen, sondern bereits auf Erfahrungen und Erkenntnisse zurück­greifen können, die ihnen dann auch noch in einem methodisch-didaktisch an­sprechenden Setting näher gebracht werden, oder gar eine Begleitung des schul­internen Entwicklungsprozesses stattfindet. Im Sinne bestehender (deutschspra­chiger) und theoretischer Vorstellungen zur Schulentwicklung bleibt dann im­mer noch die innerschulische Aufgabe, im Vorfeld zu klären, ob die Innovationan das Bestehende qualitätsfördernd angeknüpft werden kann und zu der schuli­schen Programmatik passt. Nun befinden sich Schulen - zumindest in NRW ­nicht in der komfortablen Situation, dass eine Vielfalt von Angeboten zur Bera­tung an sie herangetragen wird, die sowohl ein transferfähiges und -würdigesProdukt als auch ein Unterstützungsangebot (im Sinne von Beratung) zur Im­plementation des Produktes beinhalten. In der Regel ist es eher so, dass einProblem erkannt wurde und eine Bearbeitung wegen mangelnder Ressourcen(z.B. fehlende Zeit, Kompetenzen, Ideen) nicht erfolgen kann bzw. keine Un­terstützung hierfür zu finden ist. Vor diesem Hintergrund kann Schulen empfoh­len werden, sich an Modellversuchen zu beteiligen, eine Lehrerfortbildung ein-

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zufordern, die oben aufgeführte Kriterien erfüllt, und sich an ,Produzenten' vonInnovationen (siehe Kapitel 2.2) zu wenden, diese Innovationen einschließlicheiner Beratung zur Verfügung zu stellen. Ansprechpartner sind dann beispiels­weise die Kompetenzteams in NRW, die Landesinstitute oder/und alle For­schungseinrichtungen, die Schulforschung und Schulentwicklung zum Gegen­stand haben.

2. Forschung sollte verstärkt Beratungsaufgaben wahrnehmen

Da InnovationenlProdukte in der Regel in Zusammenhang mit der Schul- undUnterrichtsforschung gewonnen werden, bietet es sich an, dass auch diese Per­sonen Beratung übernehmen. Erfahrungen zu diesem Aufgabenbereich liegenbereits in der Schulbegleitforschung (EckertJFichten 2005, Horstkemper/Till­mann 2003) und auch in der Modellversuchsforschung (Reimers 2005a und2005b) vor. Mit Blick auf den erziehungswissenschaftliehen Erkenntniswertsteht für die Wissenschaft die Frage im Vordergrund, welche analytische Dis­tanz Forscher zum Geschehen benötigen: "Schulnahe Forschung muss diesesBalance-Problem zwischen Nähe und Distanz sorgfältig austarieren, wenn esnicht nur Rollenkonfusionen kommen soll" (Horstkemper/Tillmann 2003: 53).Hinsichtlich der Frage, welchen Beitrag die Schulforschung für eine Reform derSchille leistet, erscheint eine engere Verzahnung von wissenschaftlicher Exper­tise und schulischer Praxis trotzdem angebracht.

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12 Perspektiven für Bildungspolitik

Perspektiven für die Bildungspolitik und -planung ergeben sich zum einen fürdie Schulpolitik der Länder und zum anderen für Institutionen, die Forschungs­vorhaben und -programme fordern (z.B. DFG, BMBF).

1. Nutzung von Forschungsergebnissen für die Praxis aktiv fördern

Während das BMBF die Verbesserung der Bildungspraxis als vorrangiges Zielihres Rahmenprogramms zur empirischen Bildungsforschung definiert (http://­www.bmbf.de/de/6880.php). wird beispielsweise bei dem Schwerpunktprog­ramm .Kompetenzmodelle zur Erfassung individueller Lemergebnisse und zurBilanzierung von Bildungsprozessen" der DFG die Verwendung der For­schungsergebnisse für die Bildungspraxis zunächst als nachrangiges Ziel be­schrieben (http://www.dfg.de/...). Obwohl beim BMBF der Nutzen für die Pra­xis als zentrales Ziel formuliert wird, verlangen beide Institute der Forschungs­forderung nicht, dass die Bildungsforscher Anstrengungen unternehmen, ihreErgebnisse transferfähig zu machen oder sogar zu transferieren, es sei denndurch die Präsentation von Forschungsergebnissen auf Tagungen für andereWissenschaftler oder/und durch einschlägige Publikationen. Angesichts derErgebnisse der vorliegenden Studie hinsichtlich des Erfolgs des Transfers vonInnovationen in die Praxis ist diese Vorgehensweise bedenklich. Grä­sellParchmann (2004: 197) positionieren sich hierzu wie folgt:

"Natürlich ist die Verbreitung selbst weniger Aufgabe der Forschung, sondern dieanderer Institutionen, z.B. der Bildungsadministration, der Fortbildungsinstitute,der Lehrplankommissionen oder der Schulbuchverlage. Es ist aber durchaus Auf­gabe unterrichtswissenschaftlicher Forschung, Wissen darüber bereit zu stellen, wieihre Ergebnisse verbreitet werden können, was geeignete und weniger geeigneteImplementationsstrategien sind, welche Faktoren die Implementation fördern oderhemmen bzw. woran Implementation scheitern kann."

Die Transferfähigkeit eines Produktes herzustellen, wird somit von den beidenWissenschaftlerinnen als Aufgabe von Wissenschaft gesehen. Im Gegensatz

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dazu sieht es Hermann Lange (2001) als Aufgabe von Lehrern an, die wissen­schaftlichen Entwicklungen kontinuierlich nachzuvollziehen und das beruflicheHandeln entsprechend zu reflektieren und anzupassen. Angesichts der Quantitätder Ergebnisse der Schul- und Unterrichtsforschung erscheint dies als eine völ­lig überzogene Forderung. Forschung zum Transfer, wie sie vom BMBF geför­dert wird, interessiert nicht die Praxis, sondern höchstens andere Forschergrup­pen und Forscher, die Ergebnisse erzeugen, diefür einen Transfer interessantsein könnten. Vor diesem Hintergrund sollte es nicht nur eine Theorie desTransfers geben bzw. diese entwickelt werden, sondern auch Raum :für einerealistische Umsetzung des Transfers geschaffen werden.

2. Rahmenbedingungen in Wissenschaft schaffen

Bisher basierten die Überlegungen der vorliegenden Studie auf der Annahme,dass es genug Innovationen gibt, die transferiert werden können. Angesichts derKriterien, die Innovationen erfüllen müssen, um transferfähig zu sein und mitBlick auf die derzeitige Ausrichtung der Schulforschung ist die Brauchbarkeitdieser Annahme allerdings anzuzweifeln. Die Ergebnisse der vorliegenden Stu­die zeigen zudem, dass sich erfolgreiche Transferaktivitäten von Forschungsak­tivitäten deutlich unterscheiden. Mit Blick auf den einzelnen Forscher und seineKarriere wäre es wenig zielführend, würde er Zeitfür Transferaktivitäten dieserArt aufwenden. Das Fortschreiten der wissenschaftlichen Karriere wird durchandere Faktoren beeinflusst (z.B, Publikationen, Vorträge im wissenschaftlichenKontext, Lehrer, innerwissenschaftliche Reputation etc.). In dieser Perspektiveist Klafki (2002) zuzustimmen, dass es gar nicht das Interesse wissenschaftli­cher Forschung ist, Ressourcen dafür aufzuwenden, ein Forschungsergebnistransferfähig zu machen und in die Praxis zu transferieren. Von daher behindernbestehende Strukturen im Wissenschaftssystem den Innovationstransfer unddessen Forschung - ein Desiderat, dem durch Anforderungen an geforderteForschungsprogramme, die Transferziele formulieren, begegnet werden könnte.

3. Schulmodellversuche der Länder am Transfer ausrichten

An den Kriterien, die ein transferfähiges Produkt erfüllen sollte, wird in derPhase der Entwicklung, Erprobung und Evaluation eines Modellversuchs gear­beitet. Bezogen auf einzelne Kriterien kann in der Transferphase nachgebessertwerden (siehe Kapitel 3.2 zum Berufswahlpass, das Implementationskonzeptwurde erst in der Transferphase entwickelt). Dies beansprucht aber erhebliche

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Ressourcen in der Transferphase. Generell gilt: der Grundstein für die Transfer­fähigkeit einer Innovation wird in ihrer Entwicklungsphase gelegt. Werden diezentralen Kriterien nicht erfüllt, kann kein Transfer erfolgen. Während der Pla­nung und Durchführung von Modellversuchen sollten die Kriterien, die dieTransferfähigkeit eines Produktes ausmachen, systematisch einbezogen werden.Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass viele Schulen einen Trans­fer nur in Zusammenhang mit dem Angebot der Beratung in Erwägungen gezo­gen haben. Vor diesem Hintergrund gehört zu jedem Modellversuch eine Trans­ferphase. In diesem Sinne wurde bereits vor Jahren von der Modellversuchsfor­schung gefordert, zur Verfügung stehende Mittel zur Hälfte für den systemati­schen Transfer der Modellversuchsergebnisse auszugeben (siehe dazu auchEuler 1995). Wie diese Phase gestaltet werden kann, ist umfassend in der vor­liegenden Studie beschrieben. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen,dass ein Transfer unterschiedliche Qualitäten annehmen kann. Mit Blick auf diePlanung, Durchführung und Evaluation von Schulmodellversuchen ist es emp­fehlenswert, die Prozessqualität des Transfers zu erheben. So kann erkannt wer­den, ob während der Transferprozesse nachgesteuert werden muss, beispiels­weise durch eine Verbesserung der Unterstützungsleistungen für Schulen. Erstnach mehreren Jahren durch eine Wirkungsanalyse festzustellen, dass Transfer­effekte sich bei der Mehrheit der beteiligten Schulen nicht eingestellt haben,wäre unter dem Gesichtspunkt knapper Ressourcen unzumutbar. Mit der Erfas­sung der Prozessqualität sind Abschätzungen möglich, ob die Schulen so im­plementieren, wie es die Innovation vorsieht und auf welcher Implementie­rungsstufe sie sich befinden.

4. Einzelne Lehrer als Motor für Schulentwicklung stärken

Bei Mehrheit der beteiligten Schulen erfolgte ein Transfer der Innovationenüber einzelne Lehrer, die die Innovation in ihre Schulen hineingetragen und dortin der Regel in Zusammenarbeit mit anderen Kollegen und mit Unterstützungder Schulleitung die Implementation betrieben haben. Diese Rolle von Lehrernsollte im Rahmen von Lehrerfortbildungen sehr viel stärker als bisher berück­sichtigt werden. Dabei sind sowohl die pädagogischen und fachlichen Kompe­tenzen von Lehrern zu fördern als auch spezifische Fähigkeiten zu stärken, diefür Entwicklungsprozesse in deren Schulen von Bedeutung sind. Das Fortbil­dungsangebot sollte zudem den Implementationsprozess begleiten. Es liegt aufder Hand, dass die Fortbildung, um solche Aspekte erfüllen zu können, sich aneiner Innovation/einem Produkt/einem Implemenationsvorhaben ausrichtensollte. Neben der produktbezogenen Schulberatung, die umfassend in der vor-

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liegenden Studie vorgestellt wurde, eignet sich auch eine prozessbegleitende,produktbezogene, intemetgestützte Lehrerfortbildung (Claves 2008), um deneinzelnen Lehrer als Motor für Schulentwicklung zu stärken.

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303

Page 305: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

13.2 Internetadressen

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auf-der-Iehrer-schul-und-systemebene-traeff21.html [01.01.2011]http://www.transfer-21.de/[01.01.2011]http://www.schulministerium.nrw.deIBP/SchulsystemlQualitaetssicherung/PISA/PISA_2

003/PISA_E/index.html [01.01.2011]http://www.bertelsmann-stiftung.de/cps/rde/xchg/bstJhs.xsl/prj_88751.htm [01.01.2011]http://www.schulministerium.nrw.deIBP/Schulsystem/ProjekteIBUS/index.html

[01.01.2011]http://www.schulministerium.nrw.deIBP/SchulsystemlGanztagsbetreuung/InfoGTGS/ind

ex.html [01.01.2011]http://www.swa-programm.de/tagungen.html [01.01.2011]http://www.bmbf.de/de/6880.php [01.01.2011]http://www.dfg.de/aktuellesj>resse/information_fuer_die_wissenschaft/schwerpunktprog

ramme/info_wissenschaft_59_08.html [01.01.2011]

304

Page 306: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

13.3 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1:

Abbildung 2:

Abbildung 3:

Abbildung 4:

Abbildung 5:

Abbildung 6:

Abbildung 7:

Abbildung 8:

Abbildung 9:

Abbildung 10:

Abbildung 11:

Abbildung 12:

Abbildung 13:

Abbildung 14:

Abbildung 15:

Theoretische und empirische Konzeption der Studie 28

Das schulpolitische Steuerungsmodell des LandesNordrhein-Westfalen 47

Vorverständnis des Transfer von Innovationen indie Schule 75

Aufbau und Zielsetzung des ModellversuchsBerufsorientierung im Verbund 78

Vorverständnis des Transfers von Innovationen indie Schille für die Transferstellen 82

Vorverständnis des Transfers von Innovationen indie Schille für die BiZEbS-Lehrer 83

Prozentuale Verteilung der Schulformen imTransfermodellversuch (nur NRW-Transferstellen)undinNRW 107

Prozentuale Verteilung der Produkte als Gegenstandder Beratung 113

Einzelne beratene Schule als Fall und derenDatenmaterial 116

Merkmale eines transferförderlichen Netzwerkes 142

Prozentuale Verteilung des Beratungserfolgs 145

Merkmale zur Erfassung von Transfererfolgen und-effekten 177

Spezifiziertes Vorverständnis zum Transfer vonErgebnissen der Praxisforschung in Schule 181

Außerschulische und innerschulische Bedingungenin der Phase der Initiierung 182

Merkmale transferförderlicher außer- undinnerschulischer Bedingungen in der Phase derInitiierung 200

305

Page 307: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Abbildung 16:

Abbildung 17:

Abbildung 18:

Abbildung 19:

Abbildung 20:

306

Außerschulische und innerschulische Faktoren inder Phase der Implementierung 202

Ein Beispiel für eine Tagesordnung einesArbeitskreises für Gymnasien 233

Merkmale transferförderlicher außer- undinnerschulischer Bedingungen in der Phase derImplementierung 244

Ein Beitrag zur Schulentwicklungstheorie: ZumKonzept einer Iernförderlichen schulischen Umwelt. 251

Innovationstransfermodell 254

Page 308: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

13.4 Tabellenverzeichnis

Tabelle 1:

Tabelle 2:

Tabelle 3:

Tabelle 4:

Tabelle 5:

Tabelle 6:

Tabelle 7:

Tabelle 8:

Tabelle 9:

Tabelle 10:

Tabelle 11:

Tabelle 12:

Tabelle 13:

Tabelle 14:

Tabelle 15:

Tabelle 16:

Tabelle 17:

Anlässe für die Entstehung von Innovationen 55

Tran.sferform.en 57

Zentrale Befunde aus der Modellversuchsforschung 61

Betroffene Ebenen bei der Einführung undUmsetzung der Produkte in Schule 89

Verlaufsplan der Cluster-Evaluation (siehe dazuauch Jäger 2003) 103

Verteilung der Beratungsaktivitäten nach Beratem 109

Verteilung der Beratungsaktivitäten nachschulinternen Akteuren 110

Verteilung der Beratungsaktivitäten nachschulexternen Akteuren 111

Zuordnung der Beratungsfälle zu Konzepten undKategorien 118

Konzepte und Kategorien zur Analyse der Daten 120

Kategorien zur Analyse der Daten bezogen auf dasKonzept Netzwerke 123

Dissemination in Zahlen: Erreichte Zielgruppen undBeteiligte 133

Implementation in Zahlen: Erreichte Zielgruppenund Beteiligte 138

Vorliegende Daten zu den Effekten in der Kategorie,einge:fiihrt' 157

Zuordnung der erfolgreichen Beratungsfälle zuProdukten und Beratungsverläufen 171

Verteilung der Fälle hinsichtlich der Produkte unddes Beratungserfolges 179

Verteilung der Maßnahmen zu Beginn einesBeratungsprozesses 189

307

Page 309: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Tabelle 18:

Tabelle 19:

Tabelle 20:

Tabelle 21:

Tabelle 22:

Tabelle 23:

Tabelle 24:

Tabelle 25:

Tabelle 26:

308

Verteilung der Transferaktivitäten vor Beginn einerBeratung 190

Verteilung der Fälle hinsichtlich der Produkte 201

Anzahl der Beratungsaktivitäten einesBeratungsprozesses 203

Verteilung der Schulen hinsichtlich der Anzahl derBeratungsaktivitäten innerhalb einesBeratungsprozesses beim Berufswahlpass 204

Verteilung der Schulen hinsichtlich der Anzahl derBeratungsaktivitäten innerhalb einesBeratungsprozesses bei der IndividuellenFörderplanung zur beruflichen Integration 209

Beratungsverläufe zur Individuellen Förderplanungzur beruflichen Integration durch BiZEbS-Lehrer 209

Verteilung der Schulen hinsichtlich der Anzahl derBeratungsaktivitäten innerhalb einesBeratungsprozesses bei Lempartnerschaften 212

Verteilung der Schulen hinsichtlich der Anzahl derBeratungsaktivitäten innerhalb einesBeratungsprozesses beim DualenOrientierungspraktikum 219

Verteilung der Beratungsaktivitäten nach Art derMaßnahmen 226

Page 310: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

13.5 Verzeichnis der Fallstudien

Fallstudie zu einer Schule an der ein Produkt ,eingeführt' wurde 146

Fallstudie zu einer Schule an der ein Produkt ,nicht eingeführt' wurde 149

Fallstudie zu einer Schule, bei der ein Produkt nur ,vorgestellt' wurde 152

Fallstudie zu einer Schule, bei der es für die Einschätzung desBeratun.gserfolgs ,zu. früh' ist 153

Fallstudie einer Schule, die das Produkt bereits eingeführt hat und sichverbessern möchte 155

Fallstudie zum Berufswahlpass mit einer Beratungsaktivität 205

Fallstudie zum Berufswahlpass mit einer initiierenden Beratung 206

Fallstudie zur Lempartnerschaft mit einer prozessbegleitenden Beratung 212

Fallstudie zum Berufswahlpass mit einer prozessbegleitenden Beratung 216

Fallstudie zum Dualen Orientierungspraktikum mit einerprozessbegleitenden Beratung 220

309

Page 311: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

13.6 Verzeichnis der Protokolle

Verzeichnis der Protokolle zu Workshops zur Einführung der Produkte

• Protokoll zur internen Arbeitssitzung im 16./17. September 2004 in Biele­feld: Auftakt

• Protokoll zur internen Arbeitssitzung am 23. September 2004 in Köln:Duales Orientierungspraktikum

• Protokoll zur internen Arbeitssitzung am 03./04. November 2004 in Kassel:Berufswahlpass und Vor- und Nachbereitung von Schülerbetriebspraktika

• Protokoll zur internen Arbeitssitzung am 20./21. Januar 2005 in Bielefeld:Lernpartnerschaften, Lehrerbetriebspraktikum und Vorgespräch mit Prof.Dr. Oswald Bauer zum Thema ,Schulberatung'

• Protokoll zur Tagung der Transferstellen am 8./9. Juni 2005 in Soest: Indi­viduelle Förderplanung zur beruflichen Integration

Verzeichnis der Protokolle zu Workshops zur Reflexion der Beratungsprozesse

• Protokoll zur Tagung der Transferstellen am 29. September 2005 in Biele­feld: Positionsbestimmung des Projektes ,Berufsorientierung im Verbund'

• Protokoll zur Fortbildung ,Schulentwicklung' am 24. Februar 2005 in Bie­lefeld, externer Referent: Prof. Dr. Bauer

• Protokoll zur Fortbildung ,Projektmanagement' am 16./17.März 2005 inPaderborn-Marienloh mit einer externen Referentin

• Protokoll zur Tagung der Transferstellen am 10./11. Februar 2006 in Köln:Der Berufswahlpass

• Protokoll zur Veranstaltung zum Abschlussbericht des Projektes ,Berufs­orientierung im Verbund' am 22. Juni 2006 in Bielefeld

• Protokoll zur Sitzung der Transferstellen des Projektes ,Berufsorientierungim Verbund' am 11. Januar 2007 in Bielefeld: Evaluation der Arbeit derKoordinierungsstelle

Verzeichnis der Protokolle zu den Lenkungsausschusssitzungen

• Protokoll vom 28. Januar 2005 im MAGS NRW, Düsseldorf• Protokoll vom 24. Juni 2005 im MAGS NRW, Düsseldorf• Protokoll vom 20. Januar 2006 im MAGS NRW, Düsseldorf

310

Page 312: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

• Protokoll vom 1. Juni 2006 im MAGS NRW, Düsseldorf• Protokoll vom 30. November 2006 im MAGS NRW, Düsseldorf• Protokoll vom 29. März 2007 im MAGS NRW, Düsseldorf

Übersicht vom 22. März 2007 zu den Beratungsmaßnahmen der Transferstellenin dem Zeitraum vom 1. September 2004 bis zum 31. August 2006

311

Page 313: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

13.7 Verzeichnis der Erhebungsinstrumente

Folgende Erhebungsinstrumente wurden eingesetzt:

• Fragebogen zu den Netzwerkaktivitäten• Fragebogen zu den Schulberatungsaktivitäten• Fragebogen zu den Effekten der Schulberatung

Die Erhebungsinstrumente sind bei der Autorin der vorliegenden Studie aufAnfrage erhältlich ([email protected]).

312

Page 314: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

13.8 Anlage: Zielbeschreibungen zu den Produkten

1. Duales Orientierungspraktikum

Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe 11 sollen (Koch/Kortenbusch 2009,Heft 3, S. 30):

• "über Anforderungen an ein Studium in Bezug auf eigene Interessen undKompetenzen reflektieren können.

• Rahmenbedingungen für ein Studium beschreiben können.• einen Studiengang kennen lernen (,reguläre' Veranstaltungen als Lernge­

genstand).• Lernen in Zusammenhang mit einem Studium vom Lernen in der Schule

unterscheiden können.• den Studiengang mit verschiedenen Berufsfeldem verbinden können (Zu­

sammenhangsvorstellung).• über verschiedene Berufsfelder reflektieren können.• erkennen, dass ein Studium nur in seltenen Fällen auf einen einzigen Beruf

festlegt,• verschiedene Berufsbiographien kennen lernen.• ein Berufsfeld kennen lernen.• ein Problembewusstsein mit Blick auf die Veränderungen in der Arbeits­

und Berufswelt (Diskontinuität, Patch-Work-Biographien, LebenslangesLernen etc.) entwickeln.

• eine Berufsorientierungsfähigkeit im Sinne von Eröffnung und Nutzungberuflicher Chancen entwickeln.

• ein Gefühl dafür bekommen, wo man sich mit seinen Kompetenzen ambesten einbringen und weiterentwickeln kann.

• Entscheidungs- und Handlungskompetenz in verschiedenen berufs- undbildungsrelevanten Situationen entfalten.

• eine fundierte Entscheidung für oder gegen ein Studium treffen können.• Unsicherheit vermindern (z. B. hinsichtlich Eignung, Neigung, Vielfalt der

Möglichkeiten etc.) und zugleich mit Unsicherheit umgehen können.• generelle Merkmale von Berufstätigkeit (EDV, Selbststeuerung, Fremd­

sprachen, soziale Kompetenz etc.) kennen lernen und darüber reflektierenkönnen."

313

Page 315: Wie gelangen Innvoationen in die Schule: Eine Studie zum Transfer von Ergebnissen der Praxisforschung

Prozessziele im Rahmen der Einführung und Umsetzung des Produktes (ebd.,S.3)

• "Das Konzept zum Dualen Orientierungspraktikum wird innerhalb derSchule und nach außen bekannt gemacht."

• "Ein Netzwerk wird sukzessive aufgebaut."• "Ein Programm für nicht teilnehmende Schülerinnen und Schüler wird

erstellt. "• "Die Schülerinnen und Schüler werdenfür das DOP gewonnen."• "Die Schülerinnen und Schüler werden in die Intemetrecherche zur selbst-

ständigen Planung der Hospitation an der Hochschule eingeführt."• "Die Bewerbungsphase für die Hospitation in einem akademischen Berufs-

feld wird vorbereitet und durchgeführt."• "Die Begleitung der Schülerinnen und Schüler wird vorbereitet und durch-

geführt."• "Selbstevaluation: Das Duale Orientierungspraktikum wird ausgewertet."

2. Individuelle Förderplanung zur beruflichen Integration (Koch/Kortenbusch2009, Heft 5, S. 6f)

"Die Förderplanung zur beruflichen Integration

• nimmt die Anschlussperspektiven der Schüler frühzeitig in den Blick,• stärkt die Schüler in ihrer Verantwortung für den eigenen Lernprozess,• fördert die gezielte Entwicklung ausbildungsrelevanter Kompetenzen,• verknüpft die Lernorte Schule und Betrieb zur Kompetenzentwicklung und• erhöht die Lemmotivation der Jugendlichen."

Prozessziele im Rahmen der Einführung und Umsetzung des Produktes (ebd.,S.57)

• "Das bestehende Konzept der Berufsorientierung und beruflichen Integra-tion ist mit der Förderplanung verbunden."

• "Es finden regelmäßige Förderplangespräche statt."• .Für die Förderplangespräche gibt es ausreichend Zeit und Raum."• ,,Die Schüler erhalten im Unterricht auf ihren individuellen Bedarf ange­

passte Aufgabenstellungen."

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• "Die Selbst- und Fremdeinschätzung entspricht fachlich und sprachlich denVoraussetzungen der Schüler."

• "Die Schüler können durch ein Langzeitpraktikum ihre Chancen auf eineAusbildungsstelle erhöhen."

• "Das Langzeitpraktikum wird den individuellen Erfordernissen der Schülerangepasst."

• "Im Unterricht werden Themen aus den Langzeitpraktika weiter bearbei­tet."

• "Schülern mit einem besonderen Förderbedarf gelingt der Übergang vonder Schule in eine betriebliche Ausbildung."

• "Für Schüler sind ihre aktuellen Förderziele transparent."• Schule und Eltern kooperieren im Berufsorientierungsprozess.• "Das Berufsorientierungskonzept berücksichtigt genderspezifische Aus­

gangslagen der Schüler."

3. Berufswahlpass

Schüler "sollen weitgehend selbstgesteuert und eigenverantwortlich

• ihre individuellen Stärken, Interessen und Kompetenzen klären.• sich mit ihrer individuellen Lembereitschaft auseinandersetzen.• ihre Kompetenzen mit Blick auf die gewählten Anschlüsse entwickeln.• ihre weitere berufliche Laufbahn entscheiden, planen und realisieren.• ihre Teilnahme an Projekten und Maßnahmen, die im Rahmen der Berufs­

und Studienorientierung von Bedeutung sind, dokumentieren" (KochIKor­tenbusch 2009, Heft 3, S. 15).

Prozessziele im Rahmen der Einführung und Umsetzung des Produktes (ebd., S.45)

• "Das Konzept der Berufsorientierung ist innerhalb der Schule und nachaußen bekannt."

• "Wichtige Inhalte/Tätigkeiten der Schülerinnen und Schüler werden be­scheinigt."

• "Die Förderung der Berufsorientierung und die kontinuierliche Arbeit mitdem BWP sind Aufgaben des gesamten Kollegiums bzw. eines Teils desKollegiums."

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• "Die Verantwortlichkeiten im Bereich der Berufsorientierung sind inner­schulisch klar geregelt."

• "Das Kollegium bzw. ein Teil des Kollegiums führt Erfahrungsaustauschezum Stand der Arbeit mit dem BWP durch und überarbeitet gegebenenfallsMaterialien und Inhalte."

• "Der Berufswahlpass wird in unterschiedlichen Fächern eingesetzt."• "Eine Lemplanung und -beratung wird regelmäßig durchgeführt."• "Es liegt ein Konzept zur Übergabe des BWP an die Schülerinnen und

Schüler vor."• "Schule und Eltern kooperieren im Berufsorientierungsprozess."

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