westliche schrift in thailand

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Thailändische Schrift Westliche Schrift Christopher Pietsch Hausarbeit TypoBasis WS 2009 / 2010 Frau Prof. Müller

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Die Hausarbeit im Kurs Typo Basis an der FH Potsdam gibt einen amüsanten Einblick in den Missbrauch von westlicher Schrift in Thailand.

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Thailändische Schrift

Westliche Schrift

Christopher Pietsch

Hausarbeit TypoBasis

WS 2009 / 2010

Frau Prof. Müller

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Die heutige thailändische Schrift wurde o!ziell "#$# von König R%&'(%&(%)*+ erfunden1. Auf Grund der geogra-phischen Nähe, sowie der Historie ähnelt die thailändische Schrift stark der Khmer-, der Laotischen- und der Birma-nischen-Schrift. Alle diese Schriften stammen der indischen Schrift ab und sind eine Zwischenstufe zwischen echter Sil-benschrift und dem Alphabet (Abugida). Bei einer Abugida ist das Grundelement der Schrift eine Zeichengruppe von der Länge einer Silbe, die wiederum aus kleineren Teilen zusam-men gesetzt ist. Jeder Konsonant beinhaltet einen Vokal, der mittels verschiedener Vokalzeichen modi,ziert werden kann.

Um "-./ zur Zeit des Königs N%0%1 V2* A3455(%-3% also rund ein Jahrhundert nach der Er,ndung des Buch-drucks gab es den ersten Versuch thailändische Sprache zu drucken. Da es zu dieser Zeit keine thailändische Schriftart gab wurde die Sprache ins Lateinische übersetzt. Die Un-brauchbarkeit dieses Verfahrens führte zum baldigen Ende des Textdrucks in 6ailand. Ino!ziell wird vermutet, dass die erste thailändische Schriftart zum Textdruck erst "$7" erfun-den wurde, nachdem ein baptistischer Missionar aus Amerika den Buchdruck wiedereinführte2.

In der thailändischen Schrift werden im Gegensatz zum

Es ist umstrit-ten, ob König

Ramkhamhaeng tasächlich die

erste Schrift erfunden hat, Da die thailändische

Schrift von der Khmer-Schrift

(Entstehung 600 nc) ab-

stammt.

Thailändische Schrift

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Ein weiteres Indiz für eine fortschreitende Verwestlichung

lateinischen Alphabet einzelne Wörter ohne Zwischenraum aneinander geschrieben; das Satzende wird statt mit einem Punkt durch einen Zwischenraum gekennzeichnet. Alle Buchstaben haben eine einheitliche Größe, es wird also nicht zwischen Minuskeln und Majuskeln unterschieden. Die 77 Konsonantenzeichen kann man in 8 Klassen unterteilen und die "9 Vokale in 8 Gruppen3. Konsonantenzeichen werden horizontal von links nach rechts geschrieben, während die Vokalzeichen oberhalb, unterhalb, links und rechts zum zu-gehörigen, d.h. vorher artikulierten, Konsonantenzeichen ge-schrieben sein können.

Traditionell wird für Zi:ern das indische Zi:ernsystem verwendet, jedoch setzt sich im heutigen 6ailand zuneh-mend das arabische Zi:ernsystem durch.

Im Hinblick auf Punkturen wie Punkt, Komma, Ausru-fezeichen etc. ,ndet sich in der 6ailändischen Schrift eine weitere Besonderheit: Sie sind nicht vorhanden. Die einzi-gen typographischen Sonderzeichen die im Alltag verwendet werden sind das uns fremde Zeichen zum Wiederholen einer Silbe oder Wort, ein Abkürzungszeichen und ein etc. Zei-chen. Daneben gibt noch es . Zeichen zur besondere Beto-nungen von Konsonanten4.

Im Zuge der Romanisierung wurde erneut versucht die 6ailändische Schrift ins lateinische Alphabet zu übertra-gen - mit mäßigen Erfolg. So ist es häu,g zu beobachten, dass übersetzte Wörter in verschiedenen Schreibweisen vor-kommen. Das lateinische Alphabet ist einfach nicht für die Kennzeichnung von verschiedenen Tonhöhen, Tonverläufen und der länge von Vokalen ausgelegt. Dies hat wiederum zur

Ich habe lustige Schreibweisen für die Insel Phi Phi gesehen: „pee pee“ oder auch „pipi“

Wiederholungetc.Abkürzungszeichen

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Folge, dass man von einem übersetzten Wort nicht auf die thailändische Schreibweise sowie Aussprache zurück schlie-ßen kann.

Trotz oder gerade wegen ihrer indischen Abstammung schmeichelt mir die thailändische Schrift. Sie besteht aus kla-ren Formen und vielen Rundungen. Ihr Vater, die Khmer-Schrift besitzt hingegen kantigere Formen. Serifenartige Ausläufer im oberen Viertel der Zeichen lassen die Khmer-Schrift nicht so harmonisch wie die 6ai-Schrift aussehen.

Quellen1 Phya Anuman Rajadhon: 6e Nature And Development Of 6e 6ai Language, 6e Fine Arts Department, Bangkok 6th ed. 1989, (6ai culture; Bd. 10)2 Sarakadee Magazine: History of Typefaces and 6ai society, 6ai-land, 20023 Manfred Kummer: Einführung in das Leseverständnis der thailän-dischen Sprache. Heidelberg: Groos 19944 Wikipedia: http://en.wikipedia.org/wiki/6ai_script

Silbe „ka“ in Kmher-Schrift Silbe „ka“ in Thai-Schrift

Ein aktueller Nachrichtentext in Silom Regular 36 pt mit 10 pt Zeilenhöhe.

SilomRegular

36 pt

SilomRegular

120 pt

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Code2000Regular31 pt

� ਆ Code2000Regular101 pt

PS Pimpdeed III Regular

46 pt

PS Pimpdeed III Regular

136 pt

FMBF Tahoma Regular30 pt

FMBF Tahoma Regular105 pt

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Die im Straßenbild vorherschende Schrift ist so gut wie über-all die 6ailändische. Vor allen in ländlichen Gegenden sucht man westliche Typographie vergebens. Das liegt daran, dass die westliche Schrift unweigerlich mit dem Tourismus ver-knüpft ist. In Bangkok z.B. gibt es Gebiete die schon alleine von der Bebauung her westlichen Standarts entsprechen. Im kompletten Süden 6ailands, den größten Städten sowie auf den Inseln ist das Straßenbild für Westler „optimiert“ worden. Das bedeutet, dass rein informative uneigennützige Schilder meist in thailändischer Schrift und kommerzielle Schilder mit westlicher Schrift bedruckt sind. Das soll nicht bedeuten, dass es keine Werbung in thailändischer Sprache gibt. 6ailänder gehen mit Typographie anders um als wir es ge-wohnt sind. Bereits bei meiner Ankunft in Bangkok ,el mir auf, dass die Fassaden der Geschäfte, die ich vom Bus aus sah, mit übergroßen Buchstaben zutapeziert waren. Fassaden die-nen hier also als Werbe;ächen, dachte ich mir und zog einen Vergleich mit den Fassaden in Deutschland. Ein Arzt z.B. würde seine Praxis in Deutschland nicht mit einem großen Banner über der Tür bewerben, auf dem seine Behandlungs-arten zu lesen sind. Auch die jeweilige Adresse des Hauses auf die Fassade zu schreiben, kam mir befremdlich vor. Eine ge-

Der Touris-mus bildet mit

6% Anteil am Sozialprodukt die wichtigste

Devisenquelle.

Westliche Schrift

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Gerne benutzt: Times New Ro-man in extra fett, Schreibschriften, Comic Sans und Groteskschriften mit Umrandung.

schäftliche Fassade in 6ailand erfüllt also eine Funktion. Sie muss nicht schön aussehen - sie muss au:allen und die Sache bewerben. So kommt es, dass Typographie in 6ailand allge-genwärtig ist. Egal wo der Blick hinschweift, mindestens ein großer Schriftzug deutet auf irgendetwas hin.6ailand ist aus unserer Sicht extrem. Musik ist lauter

und schrillig, das Essen schärfer, die Softdrinks süßer, die Farben greller, das Licht heller, das Klima heißer und nasser und die Gerüche intensiver. Warum sollte dann nicht auch die Typographie extremer sein?

Bei meinen Recherchen musste ich feststellen, dass das Repertoir der thailändischen Schriftarten bei weitem nicht so umfangreich ist wie das der westlichen Schriftarten. Vielleicht ist das der Grund warum sich die 6ailänder mit westlicher Schrift so austoben. Des öfteren hatte ich bei genauerem Be-trachten verschiedener Banner das Gefühl, die Typographie sei nach ganz anderen, als den mir bekannten, Regeln gestal-tet worden. Die folgenden Seiten haben das Ziel einen Ein-blick in die thailändischen Touristen-Typographie zu geben.

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Diese Schrift wurde definitiv

von Hand ge-zeichnet. Anders kann ich mir die

unterschiedli-chen Proportio-nen des oberen

Bogens im Verhältniss zum Stamm beim „R“

nicht erklären. Insgesamt wirkt

die Schrift ext-rem unbalanciert

und droht jeden Moment in sich

zusammen zu fallen.

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Ästethik und Vertrauen spielen bei Zahnbehand-lungen immer eine Rolle. Ob das mit einer handschriftli-che Antiqua in Kombination mit einer Italienne kommuniziert werden kann ist fraglich.

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Revolution! Lesbarkeit hin

oder her, dieses Banner erregt Aufmerksam-

keit.Das auf dem Kopf stehende

„S“ verleiht dem Ganzen eine

gewisse Leich-tigkeit.

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Warnschild am Flugahfen in Phuket. Meine 20 Ray Ban Sonnenbrillen sind trotz allem gut durchge-kommen.

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Der obere Arm des „a“ besteht definitiv keinen

Unschärfe-test.Das „e“

bekommt durch seinen

angeschrägten Überlauf eine

PacMan-Artige Figur.

Laufweite ist hier das

Stichwort. Man könnte fast glauben es

handelt sich um einen geiheimen

Buchstaben-code.

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Klotzen statt Protzen. Ein sehr fetter Schnitt frisst förmlich den Weißraum auf.

Overload! Nicht nur an Schriftarten sondern auch an der Menge von Informationen. Hier wurde die Fensterfront als Broschüre missbraucht. Die geschwungenen Serifenend-striche geben der Schrift eine flüssige Note.

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Umrandete, vertikal skalierte

Buchstaben. Auch hier stört

die unterschied-liche Höhe der

Querstriche beim

„H“ und „A“.

Hier wurde versucht, das

Blau des Visa-Logos auf eine Venizianische Renaissance-

Antiqua im Fettschitt zu übertragen.

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Was machen die Punkte vor den Wörtern?

Ein Westliches Symbol für Apo-theke auf eine Art und Weise missbraucht, dass man glauben könnte es sei das Jesus-kreuz.„RC“ könnte ja für „INRI“ stehen.

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Times New Roman in der

Superlative: Fettschnitt,

Majuskeln und Unterstreichun-gen provozieren einen gegentei-

ligen Effekt zum Inhalt.

Es lebe Word-Art von

Microsoft Office! Dieser Schriftzug gibt mir unmiss-

verständlich zu verstehen: „Finger weg!“

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Eine typische Bannerwand auf Koh Phangan. Lesbarkeit ist nicht so wichtig wie Wiederer-kennungswert.

Eine Comic Sans mit zu geringer Zeilenhöhe. Von weitem würde man nur einen verwaschnen Textblock erkennen. Der unterschiedliche Wortabstand in den letzten 4 Zeilen machen das Banner endgültig zum Suchbild.