WARTEN, BIS DER

ARZT KOMMT

Herr Gößl, Sie suchen als Bürgermeister einen Arzt für Ihre Gemeinde. Mit welchen Argumenten können Sie die Bewerber locken? Wir liegen an der Donau, wir haben ein Denkmal, Wanderwege, keltische Stätten, ein Naturschutzgebiet, ein Schloss, das sich auch öffnet für Trauungen. Wenn’s ein jüngerer Arzt ist, dann natürlich damit, dass wir Kinderkrippe, Grundschule, Waldbad haben, das ist für eine 2600-Einwohner-Gemeinde herausragend. Und wenn er noch gar keine Familie hat?Dann wird’s schwieriger … Was wir jetzt machen, ist, ein eigenes Glas-fasernetz aufzubauen, das ist ja auf dem Land oft ein Problem. Sind Sie Ihrerseits wählerisch bei den Kandidaten? Wir wären froh, überhaupt wen zu bekommen, aber wenn’s nicht passt, läuft auch die Praxis nicht, Sie verstehen mich richtig.Was wären denn Faktoren, wo Sie sagen würden, das passt nicht? (schweigt)Norddeutsch?Nein. Das ist kein Problem. Wir haben sehr viele Zuzüge aus Nord-deutschland, da haben wir mit Sicherheit kein Problem.Auch die ältereren Leute nicht? Ich war auf einer Seniorenfeier, da haben die älteren Damen mich an-gefleht, Gemeinde, bitte, schaut’s, dass wir wieder einen Arzt kriegen. Können Sie den Arzt denn mit interessanten Krankheiten locken?Nein, so würde ich das nicht sehen wollen. Der Arzt kann sich darauf verlassen, dass die Gemeinde ihn unterstützt. Wir haben hier auch einen indischen Pfarrer, am ersten Abend hab ich mich mit ihm hin-gesetzt, und das Eis war gebrochen.

OBERHAUSEN INBAYERN

SCHONACH IMSCHWARZWALD

Herr Frey, wer bei Google »Landarzt« eintippt, findet eine Anzeige von Ihnen: Sie suchen offenbar seit Monaten einen. Das ist für uns in der Gemeinde sehr wichtig. Wir hatten drei Ärzte, aber einer ist seit zwei Jahren im Ruhestand, und die beiden anderen werden auch bald in Rente gehen. Warum sollte ein neuer Arzt sich für Schonach entscheiden?Die Landschaft ist herrlich, man kann vieles unternehmen. Wir haben Wander- und Mountainbike-Wege und sogar Canyons mit den höchs-ten Wasserfällen Deutschlands. Schonach ist als Wintersportzentrum bekannt, Skisprungschanzen gibt es hier auch. Überdies haben wir die größte Kuckucksuhr der Welt! Die Lebensgefühl hier bei uns ist viel gelassener als in der Stadt. Und die Mieten sind niedriger.Ist der Arzt Single, könnte er im Ort jemanden kennenlernen?Hübsche Frauen fehlen uns nicht, ganz im Gegenteil, es gibt hier sehr viele! Er würde sich nie allein fühlen. Es ist genau wie in der Stadt … aber umgeben von einer schönen Landschaft.Was muss ein Fremder über Ihr Dorf wissen? Gibt es Fettnäpfchen, in die man auf keinen Fall treten sollte?Tabus gibt es keine. Alle sind hier nett, das ist kein Problem. Der neue Landarzt braucht halt ein gutes Bauchgefühl.Was passiert, wenn es in Ihrem Ort einen Notfall gibt?Ah, das ist spannend: Die nächste Klinik ist 30 Kilometer weiter in Villingen-Schwenningen. Das macht es zum Beispiel im Dunkeln etwas schwierig. Tagsüber werden die Patienten mit dem Hubschrau-ber transportiert. Manchmal fliegt der Landarzt mit, aber ich muss zugeben, eher selten, dafür ist eigentlich ein Notarzt zuständig.

FRIDOLIN GÖSSL,

41, ist Bürgermeister der 2600-Einwohner-Gemeinde Oberhausen.

Sie liegt an der Donau, etwa 70 Kilometer nördlich von München

am Rande des Naturparks Altmühltal

JÖRG FREY,

44, ist seit 15 Jahren Bürgermeister in Schonach im Schwarzwald.

Die Gemeinde hat etwa 4000 Einwohner und liegt ungefähr 50

Kilometer nordöstlich von Freiburg im Breisgau

Sauber und adrett: Der Dorfplatz mit

Kirche und Feuerwehrhaus

Der beliebte Wintersportort lockt mit der

weltgrößten Kuckucksuhr

interviews heike faller; enrique garcía de la garza; matthias stolz fotos mini forster-hüttlinger; r. schmid / bildagentur huber; fan / ddp images

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