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ALP forum 2008, Nr. 68 d VOLKSENTWICKLUNG BEI DER HONIGBIENE Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement EVD Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux ALP Schweizerische Eidgenossenschaft Confédération suisse Confederazione Svizzera Confederaziun svizra Anton Imdorf, Kaspar Ruoff, Peter Fluri

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  • ALP forum 2008, Nr. 68 d

    VOLKSENTWICKLUNG BEI DER HONIGBIENE

    EidgenssischesVolkswirtschaftsdepartement EVDForschungsanstaltAgroscope Liebefeld-Posieux ALP

    Schweizerische EidgenossenschaftConfdration suisseConfederazione SvizzeraConfederaziun svizra

    Anton Imdorf, Kaspar Ruoff, Peter Fluri

  • 31 Einleitung 5

    2 Physiologische Steuerung 72.1 Lebensdauer .....................................................................................................7

    2.1.1 Die Regulation der Lebensdauer ..........................................................................7

    2.1.2 Steuerungsmodell fr Sommer- und Winterbienen ..............................................7

    2.1.3 Erbgut, Umwelt und Lebensdauer .......................................................................8

    2.1.4 Ernhrung und Lebensdauer..............................................................................10

    2.1.5 Brutpegettigkeit und Lebensdauer .................................................................10

    2.1.6 Sammelttigkeit und Lebensdauer .....................................................................12

    2.1.7 Klimatische Faktoren und Lebensdauer ..............................................................12

    2.1.8 Eiablagerhythmus, Brutkannibalismus und Lebensdauer ....................................13

    2.2 Soziale Organisation des Bienenvolkes ............................................................14

    3 Genetik 173.1 Erbanlagen .....................................................................................................17

    3.2 Brutverlauf......................................................................................................17

    3.3 Rassenspezische Eigenschaften .....................................................................17

    4 Umwelt 234.1 Einuss des Standortes ...................................................................................23

    4.2 Einuss des Klimas ..........................................................................................24

    4.3 Einuss der Nektar- oder Honigtautracht .........................................................25

    4.4 Volksstrke und Trachtnutzung .......................................................................26

    4.5 Melezitosehonig .............................................................................................26

    4.6 Futterverbrauch im Winter ..............................................................................27

    4.7 Bienenverluste durch Landwirtschaft und imkerliche Massnahmen ..................28

    4.7.1 Vergiftungen durch Panzenschutzmittel ...........................................................28

    4.7.2 Mhen von blhenden Panzenbestnden ........................................................28

    4.7.3 Varroabekmpfung ...........................................................................................29

    4.8 Elektrische und elektromagnetische Felder ......................................................29

    5 Krankheiten 315.1 Krankheitserreger und Volksentwicklung ........................................................31

    5.2 Tracheenmilben ..............................................................................................32

    5.3 Varroa ............................................................................................................32

    5.4 Viren ..............................................................................................................34

    5.5 Bakterien bei Bienen .......................................................................................35

    5.6 Mischinfektionen ............................................................................................36

    5.7 Bakterienbefall der Brut ..................................................................................37

    6 Imkerliche Massnahmen 396.1 Ein- und Auswinterung ...................................................................................39

    6.1.1 Volksentwicklung im Sptsommer .....................................................................39

    6.1.2 Auswinterung ...................................................................................................40

    Inhalt

  • 46.2 Kohlenhydratversorgung ................................................................................. 42

    6.2.1 Aufftterung ..................................................................................................... 42

    6.2.2 Reizftterung .................................................................................................... 44

    6.3 Eiweissversorgung .......................................................................................... 49

    6.3.1 Pollenversorgung und Brutaufzucht ................................................................... 49

    6.3.2 Pollenftterung im Frhjahr ............................................................................... 50

    6.3.3 Pollenftterung whrend Trachtpausen ............................................................. 50

    6.4 Wabenmass .................................................................................................... 51

    6.4.1 Wabengrsse und Beute .................................................................................... 51

    6.4.2 Grosse vs. kleine Waben .................................................................................... 52

    6.5 Naturbau ........................................................................................................ 52

    6.6 Einuss des Absperrgitters .............................................................................. 54

    6.7 Jungvolkbildung ............................................................................................. 55

    6.7.1 Ableger ............................................................................................................. 55

    6.7.2 Kunstschwrme ................................................................................................. 58

    6.7.3 Ertragseinbusse durch Schwrmen .................................................................... 59

    6.8 Vorbeugen von Krankheiten ........................................................................... 61

    6.8.1 Varroabekmpfung ........................................................................................... 63

    6.8.2 Kniginnenzucht im Hinblick auf gutes Hygieneverhalten .................................. 63

    7 Zusammenfassung 65

    8 Erfassen der Volksstrke 678.1 Entwicklung der Methodik .............................................................................. 67

    8.2 Liebefelder Schtzmethode ............................................................................. 68

    8.2.1 Schtzen der Anzahl Bienen .............................................................................. 68

    8.2.2 Schtzen der Brutche ..................................................................................... 69

    8.2.3 Ablauf der Schtzung ........................................................................................ 69

    8.2.4 Genauigkeit der Liebefelder Schtzmethode ...................................................... 70

    8.2.5 Nicht nur fr den Wissenschaftler wertvoll! ....................................................... 71

    8.2.6 Schtzbung ..................................................................................................... 71

    8.2.7 Jahresbersicht der Volksentwicklung ................................................................ 71

    8.3 Berechnete populationsdynamische Indikatoren .............................................. 71

    8.3.1 Zuwachs und Abgang ....................................................................................... 71

    8.3.2 Pegeleistung der Arbeiterinnen ........................................................................ 71

    8.3.3 Lebenserwartung .............................................................................................. 72

    8.3.4 Leistungspotenzial eines Bienenvolkes ............................................................... 73

    8.3.5 Jahrblatt ............................................................................................................ 73

    9 Quellen 779.1 Literaturhinweise ............................................................................................ 77

    9.2 Bildnachweise ................................................................................................. 85

  • 51 Einleitung

    Die Bienenhaltung ist nicht nur wichtig fr die Bestubung von Wild- und Kultur-panzen, sondern auch fr die Produktion von Bienenprodukten wie Honig, Pollen, Wachs und Propolis. Voraussetzung fr diese Leistungen sind gesunde und lei-stungsfhige Bienenvlker.

    Zahlreiche Faktoren beeinussen die Ent-wicklung eines Bienenvolks (Abb. 1). Grundstzlich genetisch festgelegt ist der

    Entwicklungsrhythmus mit dem Populati-onswachstum im Frhjahr und dem sp-teren Rckgang bis zur Einwinterung. Umwelteinsse wie zum Beispiel Klima und Standort wirken sich ebenfalls stark auf die Entwicklung des Bienenvolks aus. Physiologische Mechanismen wirken etwa beim bergang von Sommer- zu Winter-bienen oder bei der Steuerung der Ar-beitsteilung. Krankheitserreger knnen die Lebensdauer der Bienen verkrzen.

    Abb. 1: Einsse auf die Volksentwicklung.

    Imkerei &Landwirtschaft

    Trachtangebot

    Standort

    Krankheiten

    Erbanlagen & Physiologie

    Klima

    Eiablage

    Zuwachs

    Lebensdauer

    Abgang

    Volksentwicklung

  • 6ber die Verlngerung der Lebensdauer sind die Bienen aber auch in der Lage, grosse Populationsschwankungen auszugleichen.

    Fr eine efziente Betriebsweise mit ge-sunden und leistungsfhigen Bienen-vlkern sind grundlegende Kenntnisse bezglich Volksentwicklung notwendig.

    Die vorliegende Broschre gibt einen ver-tieften Einblick in diese Thematik und stellt mit der so genannten Liebefelder Me-thode ein geeignetes Verfahren zur Erfas-sung der Volksstrke vor (siehe Kapitel 8). Damit bietet dieses Lehrmittel eine Grund-lage, die eigene Betriebsweise zu hinterfra-gen und zu optimieren.

  • 72.1 Lebensdauer

    Entscheidend fr die Volksentwicklung ist die Lebensdauer der Bienen. Dieser Zu-sammenhang lsst sich gut an folgendem Versuchsbeispiel illustrieren. Die beiden Mu-stervlker 4 und 8 (siehe Kapitel 8) haben im Jahr 1984 mit 160 000 Bienen gleichviel Brut aufgezogen. Volk 4 (Abb. 2) wies fr die Pe-riode von April bis Ende September 1984 eine mittlere Lebensdauer von 20 Tagen aus, in Volk 8 betrug die mittlere Lebens-dauer 29 Tage. Die maximale Volksstrke von Volk 4 betrug anfangs Sommer etwas ber 30 000 Sommerbienen. Htte die durch-schnittliche Lebensdauer anstelle von 20 Ta-gen aber 30 Tage wie bei Volk 8 betragen, so wre die maximale Volksstrke im Som-mer auf zirka 45 000 Bienen angestiegen. Whrend Volk 4 ein Leistungspotential von 3.2 Mio. Bienentagen erreichte, waren es bei Volk 8 insgesamt 4.6 Mio. Bienentage (siehe Kapitel 8). Dieses Beispiel zeigt deutlich, dass die Lebensdauer entscheidend ist fr die Ent-wicklung von vitalen und leistungsfhigen Vlkern.

    Auch was die berwinterung betrifft, ist die Lebensdauer ein entscheidendes Kriterium. Wird die Lebensdauer zum Beispiel durch Krankheiten (siehe Kapitel 5) oder schlechtes Futter 62; 63 verkrzt, werden die Vlker im Winter stark geschwcht oder gehen ein.

    2.1.1 Die Regulation der Lebensdauer

    Obwohl die Arbeiterinnen in einem Bienen-volk usserlich nicht zu unterscheiden sind, kommen zeitweise zwei physiologisch ver-schiedene Formen vor: die kurzlebigen Som-mer- und die langlebigen Winterbienen. Die Fhigkeit der Bienen, ihre Lebensdauer an-zupassen, ist fr das berleben der Vlker entscheidend.

    Bienenforscher und Praktiker staunen schon seit jeher ber das aussergewhn-liche Phnomen der exiblen Lebensdauer von Arbeiterinnen. Vergleicht man die Un-tersuchungsresultate verschiedener Bie-nenforscher, streuen die beobachteten Werte allerdings stark. Die Angaben fr die

    mittleren Lebensdauer schwanken im Som-mer zwischen 15 und 48 Tagen, und errei-chen bei den Winterbienen Werte zwischen 170 und 243 Tagen. Daraus geht hervor, dass Winterbienen 5 bis 10 Mal lnger leben als Sommerbienen. Im Folgenden soll erlu-tert werden, welche Ursachen und Steuer-mechanismen diese Unterschiede bewirken. Nicht bercksichtigt werden hier die direkten und indirekten Einsse von Krankheiten auf die Lebensdauer.

    2.1.2 Steuerungsmodell fr Sommer- und Winterbienen

    Das Juvenilhormon ist fr die Steuerung der Entwicklung und der Fortpanzung bei Insekten zustndig. Es beeinusst un-ter anderem Elemente der sozialen Arbeits-teilung und der Lebensdauer 40; 129. Anhand von vielen neuen Erkenntnissen wurde ein Steuerungsmodell fr die Entstehung kurz- und langlebiger Bienen entworfen (Abb. 3) 16; 35; 124-126. Nach Merz 112 schlp-fen einige Winterbienen bereits im August, der grsste Teil schlpft aber im September (Abb. 4).

    2 Physiologische Steuerung

    April Mai Juni Juli August Sept.

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    mittlere Lebensdauer 20 Tage

    mittlere Lebensdauer 30 Tage

    Abb. 2: Volksentwicklung und Lebensdauer.Fr die ermittelte Volksentwicklung von Volk 4 im Jahr 1984 wurde eine mittlere Lebensdauer der Bienen von 20 Tagen berechnet (blaue Linie; die Bienen wurden am frhen Morgen vor dem Flug abgewischt; die Anzahl wurde aufgrund des Gewichts bestimmt). Bei der Annahme von einer mitt-leren Lebensdauer von 30 Tagen wre die Volksentwicklung (rote Linie) auf einem bedeutend hheren Niveau.

  • 82.1.3 Erbgut, Umwelt und Lebensdauer

    Im Steuerungsmodell fr die Lebensdauer spielen einerseits erblich bedingte Einsse und anderseits Umweltfaktoren eine Rolle. Sie sind durch vielfltige Ursache-Wirkungs-Beziehungen miteinander vernetzt. Dar-ber sind nur wenig konkrete Kenntnisse vorhanden. Imker und speziell Zchter sind an genaueren Informationen ber den Ein-uss des Erbguts und der Umweltfaktoren auf die Lebensdauer der Bienen interessiert. In einer zusammenfassenden Betrachtung ber die physiologische Alterung und ihre Steuerung hebt Maurizio 110 vor allem die Ernhrung und die Brutpege als wichtige Regelgrssen hervor. Diese wiederum sind eng mit dem Wechsel der Jahreszeiten und ihren Klimanderungen verbunden.

    Die Auffassung, dass zwischen Erbgut und Umwelt ein grosser Zusammenhang besteht, wird auch durch neuere Unter-suchungen gesttzt. Rinderer und Sylve-ster 123 sowie Milne 113 schlossen aufgrund

    Signale aus derUmwelt

    Signaleaus dem

    Volk

    Erbfaktoren

    HirnanhangdrseJuvenilhormon

    Rezeptoren im Gehirn

    Neurosekretorische Zellen

    Juvenilhormon-stoffwechsel

    wenig Winterbienen

    viel Sommerbienen

    Juvenilhormon im BlutNeurohormone

    Abb. 3: Steuerungsmodell zur Entstehung von Sommer- und Winterbienen:Bestimmte Signale aus der Umwelt sowie aus dem Volk selbst werden im zentralen Nervensystem der Biene registriert. Genetisch festgelegte Mu-ster veranlassen bestimmte Zellen im Gehirn, Neurohormone zu bilden. Sie werden den Hirnanhangdrsen (Corpora allata) zugefhrt und veranlassen diese, Juvenilhormon zu bilden und in den Blutkreislauf abzugeben.

    Der Juvenilhormongehalt im Blut ist abhngig von der Intensitt der Aus-schttung im Gehirn und dem Abbau im Blut. Er bestimmt, ob eine Arbei-terin den physiologischen Zustand und das Verhalten einer Sommer- oder einer Winterbiene annimmt.

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    Jul. Aug. Sep. Okt. Nov. Dez. Jan. Feb. Mrz. Apr. Mai

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    1977/1978

    Gruppe 1.8.

    Gruppe 16.8.

    Gruppe 6.9.

    Gruppe 15.9.

    Gruppe 22.9.

    Gruppe 10.10.

    Abb. 4: Entstehung der Winterbienen im Sptsommer und Herbst.Um die Entstehung der Winterbienen in der Schweiz im Sptsommer zu dokumentieren, wurden 6 Gruppen von je 100 frisch geschlpften Bienen markiert und zu unterschiedlichen Zeitpunkten ins Volk zurckgesetzt. In regelmssigen Zeitabstnden wurde geprft, wie viele dieser Bienen noch lebten. Von den Bienen, die im August zugesetzt wurden, berlebten im Vergleich zu denen, die im September zugesetzt wurden, nur wenige den Winter (Merz et al., 1979).

  • 9Tab. 1: Erblichkeit des Merkmals Lebensdauer bei Bienen.Die Prozentwerte geben den vom Erbgut ab-hngigen Anteil der Streuung der gesamten Variabilitt an. Der restliche Anteil ist die um-weltbedingte Streuung.

    13 % (Kulincevic und Rothenbuhler 1982)

    32 % (Rinderer et al., 1983)

    20 % (Milne, 1985)

    von Vergleichen der Lebensdauer von Bie-nen mit unterschiedlicher Abstammung un-ter streng kontrollierten Laborbedingungen auf eine teilweise genetische Bestimmung der Variabilitt der Lebenslnge. Kepena 82 und Brckner 9 zeigten eine Verkrzung der Lebensdauer bei Bienen aus enger Verwandtschaftszucht und interpretierten diesen Effekt als Inzuchtdepression mit physiologischen Mngeln als Ursache. EI-Deeb30 verglich die Lebensdauer bei Bienen dreier Rassen (italienische, caucasische und carniolische). Er fand whrend der Vegeta-tionsperiode rassespezische Unterschiede. Die krzeste Lebensdauer wiesen die Ligu-stica-Bienen auf, die lngste die Carnica-Bienen. Eine ausprgt kurze Lebensdauer in freiiegenden Vlkern beschreibt auch Wille 164 als typisch fr Ligustica-Vlker aus Norditalien.

    Lodesani 104 untersuchte die Variabilitt der durchschnittlichen Lebensdauer in freiie-genden Vlkern. Er fand bei Ligustica-Bie-nen auf demselben Stand whrend der Hauptentwicklungszeit der Vlker keine si-gnikanten Schwankungen. Dies interpre-tierte er als Zeichen einer ausgeprgten erblichen Festlegung der Lebensdauer und empfahl, sie auch als Selektionsmerkmal in der Bienenzucht zu verwenden. Kulincevic und Rothenbuhler 85 selektionierten, aus-gehend von 43 Vlkern der italienischen Rasse, eine langlebige und eine kurzlebige Linie. Bereits nach zwei Generationen un-terschied sich die Lebensdauer im Labor-test signikant. Offen bleibt allerdings, ob die im Labor gefundenen Unterschiede in freiiegenden Wirtschaftsvlkern ebenfalls auftreten.

    Aufgrund derartiger Untersuchungen haben Bienenforscher die erbgutbedingten und die umweltbedingten Anteile an der Streu-ung der Lebensdauer berechnet (Tab. 1). Die Werte zeigen, dass die umweltbedingten Einsse einen bedeutend grsseren Anteil an der Variabilitt der Lebensdauer haben als die erblich bedingten.

    Fettkrper einer Winter- (links) und einer Sommerbiene (rechts)

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    mit Pollen

    ohne Pollen

    Abb. 5: Pollenversorgung und Lebensdauer.Whrend den ersten Lebenstagen bentigen die jungen Bienen viel Pollen, damit sie verschiedene Organe sowie die Muskulatur aufbauen knnen. In einem Versuch wurde frisch geschlpften Sommerbienen in einem Kst-chen diese Pollenzufuhr verweigert. Das mittlere Alter der Bienen dieser Testgruppe lag damit bei 25 Tagen, bei der Gruppe mit Pollenftterung bei 55 Tagen (Imdorf et al. 1996).

  • 10

    Ftterungsversuch im Wrmeschrank

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    Pollenernte (kg)

    Abb. 6: Lebenserwartung und Pollenernte.Zwischen 1980 und 1984 wurden bei 102 Wirtschaftsvlkern auf verschie-denen Bienenstnden in der Schweiz der Polleneintrag sowie die Popula-tionsentwicklung erfasst. Es ergab sich kein signikanter Zusammenhang zwischen den beiden Messgrssen (Wille et al., 1985).

    2.1.4 Ernhrung und Lebensdauer

    Jungbienen fressen in den ersten Tagen nach dem Schlpfen reichlich Pollen. Gleichzeitig steigt der Stickstoffgehalt in ihrem Krper von 2 auf 3 mg pro Biene 67. Die Jungbienen ben-tigen das Polleneiweiss zum Aufbau der inne-ren Organe wie zum Beispiel Futtersaftdrse, Fettkrper 83; 108; 132 und Flugmuskulatur. Von dieser Pollenaufnahme hngt die Dauer des Bienenlebens ab. Wird Jungbienen die Pol-lenaufnahme verunmglicht, verkrzt sich die Lebensdauer 107; 108. Versuche mit gek-gten Bienen zeigten, dass mit der Pollen-ftterung die durchschnittliche Lebensdauer praktisch verdoppelt wird (Abb. 5). Dies kann mit dem Entwicklungsgrad des Fettkrpers

    erklrt werden, der vom Pollenkonsum der Jungbienen abhngt 110. Extremer Pollenman-gel im Frhjahr, welcher einen Rckgang der Brutaufzucht bewirkt, kann deshalb bei den schlpfenden Bienen einen negativen Einuss auf deren Lebensdauer haben. Solche Situa- tionen kommen aber sehr selten vor.

    Bei lteren Bienen scheint die Pollenversor-gung die Lebensdauer nur schwach zu be-einussen. Wille et al.162 erfassten unter schweizerischen Bedingungen bei Wirt-schaftsvlkern den Polleneintrag gleichzei-tig mit der Volksentwicklung. Die statistische Auswertung ergab keine gesicherte Abhng-igkeit der mittleren Lebenserwartung von der durchschnittlich pro Biene zur Verfgung stehenden Pollenmenge (Abb. 6). Dieses Er-gebnis zeigt, dass unter schweizerischen Be-dingungen die freiiegenden Bienenvlker im Normalfall ber gengend Pollen verfgten, um den Jungbienen eine ausreichende Ei-weissaufnahme zu ermglichen.

    2.1.5 Brutpegettigkeit und Lebensdauer

    Die Beobachtung, dass ein brutloses Volk (bei Weisellosigkeit) nicht innert weniger Wochen an Bienenschwund stirbt, son-dern mehrere Monate am Leben bleibt, ist den meisten Imkern aus eigner Erfah-rung bekannt. Auch Bienen in weiselrich-tigen, jedoch brutlosen Vlkern (Schwarm oder Volk mit gekgter Knigin) leben im Sommer deutlich lnger und zeigen physio-logische Merkmale, die fr langlebige Bie-nen im Winter typisch sind 40; 109. Fluri und Imdorf 39 testeten die Auswirkungen eines Brutstopps zwischen dem 13. August und dem 18. September auf die Volksentwick-lung (Abb. 7 und 8). Die Vlker mit Brutstopp zogen pro Volk 6 000 Bienen weniger auf als die Kontrollgruppe und winterten im Durch-schnitt 1 800 Bienen weniger ein pro Volk. Bei der Auswinterung war die durchschnitt-liche Volksstrke beider Volksgruppen aber wieder gleich. Dies lsst vermuten, dass sich bei einem Brutstopp im Sptsommer/Herbst ein grosser Teil der Bienen frhzeitig zu lang-lebigen Winterbienen entwickelt. Diese Be- obachtungen fhrten zur Hypothese, wonach vor allem die Brutpegettigkeit lebensver-krzend wirkt. Wille und seine Mitarbeiter 162 zeigten, dass durch die erhhte Brutttig-keit die Lebensdauer der Bienen abnimmt.

  • 11

    Mrz. Mai. Jul. Sep. Nov. Jan . Mrz. Mai

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    1986/1987

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    Abb. 7 und 8: Brutstopp im Herbst und Volksentwicklung.In einem Versuch wurde whrend 35 Tagen, vom 13. August bis 18. September 1986, in 8 Vlkern die Knigin eingesperrt. Sie legte whrend dieser Zeit keine Eier. Im gleichen Versuch wurden zur Kontrolle 8 Vlker beobachtet, deren Kniginnen ungehindert der Eiablage nachgehen konnten. Die Vlker mit Brutstopp zogen im Herbst durchschnittlich 6 000 Bienen weniger auf pro Volk. Trotzdem winterten beide Gruppen gleich stark aus (Fluri und Imdorf, 1989).

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    1986/1987

    Kontrolle

    Brutstopp

  • 12

    Das Gleiche ergab auch die Untersuchung von Westerhoff und Bchler 145. Hier konnte die krzere Lebensdauer zu zwei Dritteln durch die vermehrte Pfl egeleistung erklrt werden. Wobei die Verkrzung der Lebens-dauer nicht linear zur vermehrten Brutttig-keit verluft (Abb. 9).

    Anders ist die Situation bei Kunstschwr-men oder Schwrmen. Solange noch keine Brut geschlpft ist, wirkt sich die Pfl egeleis-tung nur geringfgig auf die Lebensdauer der Bienen aus 29; 59. Der Regelmechanismus zur berwindung dieser kritischen Situation in der Volksentwicklung ist nicht bekannt.

    Interessant ist die Beobachtung, dass Som-merbienen trotz intensiver Brutpfl ege aus-sergewhnlich lange lebten, wenn die gedeckelte Brut vor dem Schlpfen aus dem Volk entnommen und dadurch der Nachschub an Jungbienen verhindert wurde 79; 83; 114. Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Lebensdauer nicht allein durch die Brutttigkeit beein-fl usst wird. Der hier beschriebene Versuchs-aufbau ist eher knstlicher Natur. hnliche Situationen knnen unter natrlichen Be-dingungen nur bei einem starken, lang an-haltenden Befall durch eine Brutkrankheit auftreten.

    2.1.6 Sammelttigkeit und Lebens-dauer

    Viele Untersuchungen befassten sich mit mglichen Einfl ssen der Sammelttig-keit und der Flugleistung der Bienen auf die Lebensdauer 34. Ein eindeutiges Bild der Regulation liess sich jedoch nicht aufzei-gen. Tendenziell wurde festgestellt, dass die Bienen mit einem langsameren Ttig-keitsrhythmus eher lnger leben als die ge-schftigeren Schwestern im Volk. Welche Auslser das unterschiedliche Verhalten bewirken, ist nicht bekannt.

    2.1.7 Klimatische Faktoren und Lebensdauer

    Bei Versuchen in St. Petersburg, (60 nrd-liche Breite) resultierte aus der knstlichen Verkrzung der Tageslnge im Sommer ein Brutrckgang in den freifl iegenden Vlkern und eine Annherung der physiologischen Merkmale der Arbeiterinnen an den fr Winterbienen typischen Zustand 23. Eine Wiederholung dieser Versuche in Liebefeld Bern (47 nrdliche Breite) zeigte keine sol-chen Eff ekte 36. Die Lebensdauer der Bienen blieb kurz, und die Brutmenge vernderte sich nicht. Lediglich der Fettkrper nahm eine Form an, wie sie fr Winterbienen ty-pisch ist. Daraus kann geschlossen werden, dass sich die Tag-Nacht-Periodik in verschie-denen geografi schen Breiten unterschied-lich auf die Entstehung der Sommer- und Winterbienen auswirken kann.

    Die Umgebungstemperatur steht nach Wille und Gerig 53; 146 in keinem Zusam-menhang mit der Eilegettigkeit und der Entwicklung der Vlker. Hingegen scheint das Mikroklima im Bienenstock bei der Ent-stehung von Sommer- und Winterbienen eine Rolle zu spielen. Bei klimatischen Be-dingungen, die fr das Brutnest typisch sind (1,5 % CO2 und 35 C), entwickelten die jungen Arbeiterinnen einen physiolo-gischen Zustand, der jenem von kurzle-bigen Sommerbienen entspricht. Bei einer tieferen Temperatur von 27 C und gleicher CO2-Konzentration (1,5 %) nderten sich die physiologischen Merkmale. Sie wurden winterbienenhnlich 16. Dies spricht fr ei-nen indirekten Einfl uss des Brutnestklimas auf die Lebensdauer.

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    Offene Brutzellen / Biene

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    Abb. 9: Beziehung zwischen Brutpfl egeleistung (offene Brut/Biene) und Lebenserwartung.Werte aller Messungen vom 27. Februar bis 1. Juli (n = 179). Es besteht ein deutlich negativer Zusammenhang zwischen Brutpfl ege und Lebenserwar-tung, das heisst je mehr Brut gepfl egt werden muss, desto krzer wird die Lebensdauer (Westerhoff und Bchler, 1994).

  • 13

    Als Schlussfolgerung lsst sich festhalten, dass Klimafaktoren zwar einzelne Merk-male von einwinternden Bienen auslsen knnen, die Wirkung jedoch nicht nach dem Alles-oder-nichts-Prinzip erfolgt. Vielmehr werden iessende bergnge beobachtet. Zudem ist eine Vielzahl von volksexternen wie auch -internen Faktoren an der Entstehung langlebiger, beziehungs-weise kurzlebiger Bienen beteiligt.

    2.1.8 Eiablagerhythmus, Brutkanni-balismus und Lebensdauer

    Verschiedene Untersuchungen 53; 91; 146 zeigten, dass der Eiablagerhythmus grossen Schwankungen unterworfen ist (Abb. 10). Zum Teil werden solche Schwankungen durch den Mangel an freien und gereini-gten Brutzellen verursacht. Weitere Fak-toren sind Klima, Pollenangebot, Jahreszeit und Alter der Kniginnen.

    Nicht nur die Knigin ist fr die Menge der aufgezogenen Brut verantwortlich. In ge-wissen Perioden und in kritischen Ernh-rungssituationen sind die Arbeiterinnen

    15. 5. 12. 6. 10. 7. 7. 8. 4. 9. 2.10.

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    15. 5. 12. 6. 10. 7. 7. 8. 4. 9. 2.10.

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    Knigin 9

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    15. 5. 12. 6. 10. 7. 7. 8. 4. 9. 2.10.

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    Datum

    Abb. 10: Eiablagerhythmus von Kniginnen.Diese Untersuchung wurde 1974 in vier Vlkern auf dem Stand Liebefeld durchgefhrt. Whrend der Hochsaison brach die Eiablage der einzelnen Kniginnen zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten ein. In der Zeit von Ende August bis Anfang September brach die Legettigkeit aller Kniginnen ein-heitlich ein. Die Kniginnen beginnen meistens bereits im Januar mit dem Gelege. Welche Faktoren dazu beitrugen, die Knigin zu veranlassen, im Herbst weniger zu legen, ist nicht bekannt (Gerig und Wille, 1975).

    fr die Regelung der Brutaufzucht mass-gebend. Woyke 166 ermittelte in einer Un-tersuchung mit freiiegenden Vlkern das Entfernen und Auffressen der Brut durch die Arbeiterinnen whrend einer ganzen Bienensaison. Im Frhjahr wurden 20 bis 25 %, im Sommer 10 bis 20 % und im Herbst 45 bis 50 % der Brut ausgerumt. Woyke stellte fest, dass vor allem sehr junge Brut ausgerumt wurde.

    In der Situation einer Pollenknappheit, wie sie vor allem klimabedingt im Frh-jahr vorkommen kann, bestiftet die Kni-gin unverdrossen weiterhin Brutzellen. Die Arbeiterinnen hingegen sind in der Lage, diese Situation richtig einzuschtzen, und entfernen Eier und junge Larven, wenn sie nicht mehr gengend eiweisshaltiges Fut-ter fr die Aufzucht der Larven aufbringen knnen 74. Auch Schmickl und Crailsheim 130 beobachteten, dass die Arbeiterinnen nach einer fnftgigen Schlechtwetterperiode ohne Flug einen Teil der unter drei Tage al-ten Larven entfernten.

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    Mill

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    Alter (Tage)

    Sommerbienen

    Brutpflege Sammeln

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    1 25 50 100 125 150 175 190 200

    Winterbienen

    September Dezember Mrz

    0.030

    Abb. 11 und 12: Juvenilkonzentration in der Haemolymphe.Verlauf der Juvenilkonzentration in der Haemolymphe von Sommer- und Winterbienen, angegeben in Millionstel Gramm pro Milliliter Blut (Fluri, 1986).

    Tab. 2: Einige Zusammenhnge zwischen der Juvenilhormonkonzentration in der Haemolymphe (Blut) und physiologischen sowie verhaltensmssigen Merk-malen bei den Bienenarbeiterinnen.

    Juvenilhormon-Konzentration im Blut

    niedrig bis mittel hoch

    Futtersaftdrsen Entfaltung Rckbildung

    Bluteiweissgehalt Aufbau Abbau

    Verhalten Stockbiene Flugbiene

    Lebensdauer keine Beeintrchtigung Verkrzung

    2.2 Soziale Organisation des Bienenvolkes

    Das Bienenvolk besteht je nach Jahreszeit aus einigen Tausend bis einigen Zehntau-send Bienen und Larven. In diesem grossen Haufen von Tieren ist kein Durcheinander feststellbar, sondern vielmehr eine wohlge-ordnete und harmonisch funktionierende Gemeinschaft.

    Deshalb bezeichnet man die Bienen als so- ziale Insekten. Die soziale Organisation regelt die Arbeitsteilung. Sie beruht bei der Honig-biene auf den zwei folgenden Prinzipien:

    Kasten Das weibliche Geschlecht tritt in zwei For-men auf (Dimorphismus), die in der Fach-sprache als Kasten bezeichnet werden:

    Die Knigin ist die reproduktive Kaste, die sich der Fortpanzung widmet.

    Die Arbeiterinnen bilden die sterile Kaste, die mehrere andere Aufgaben zum Wohl der Gemeinschaft erfllen.

    Die Drohnen sind keine Kaste, sondern das mnnliche Geschlecht.

    Temporre FunktionsphasenDarunter versteht man die nderung des Verhaltens und der physiologischen Eigen-schaften im Lauf des Lebens einer Arbeiterin (Polyethismus). Es sind verschiedene zeitliche Berufsphasen zu erkennen.

    An den Futtersaftdrsen beispielsweise ist der temporre Beruf ablesbar: Sie ben-den sich in einem wohl entwickelten Zu-stand, solange die Arbeiterin Brut pegt oder als Reservistin fr die Brutpege zur Verfgung steht. Anschliessend nimmt die Drsengrsse deutlich ab, und die Funktion ndert sich von der Futtersaftproduktion zur Bildung von Enzymen fr die Honigberei-tung. Dies ist typisch fr die Sammelbiene.

  • 15

    Kurzbersicht Physiologische Steuerung Die Lebensdauer der Bienen wird durch viele Faktoren beeinusst, de-ren Bedeutung je nach Situation unterschiedlich ausfllt. Frisch ge-schlpfte Bienen bentigen in den ersten Tagen gengend Pollen, da-mit sie das genetisch mgliche Po-tenzial der Lebensdauer ausschpfen knnen. Im spteren Lebensabschnitt wird die Lebensdauer durch die ver-mehrte Brutpege verkrzt. Dies kann im Frhjahr, wenn die Lebensdauer

    Ausgerumte Eier im Gemll

    Massgebend fr die Steuerung der Funk- tionsphasen ist das Juvenilhormon. Je nach Gehalt im Blut ist die Biene eine Sommer- resp. eine Winterbiene oder eine Pege- resp. eine Sammelbiene (Tab. 2; Abb. 11 und 12).

    Durch dieses System der Steuerung ist das Bienenvolk in der Lage, auch kritische Pha-sen der Volksentwicklung zu berleben, zum Bespiel das Schwrmen oder die stille Um-weiselung. Aber auch bei Krankheiten oder bei der Jungvolkbildung, wenn das Volksge-fge durcheinander gebracht wird, ist diese exible Steuerung aus populationsdyna-mischer Sicht usserst wichtig.

    zustzlich durch Krankheitserreger negativ beeinusst wird, zu Engps-sen in der Volksentwicklung fhren. Im Sptsommer und Herbst entstehen ber die hormonelle Steuerung, aus-gelst durch noch unbekannte Reize, die langlebigen Winterbienen.

    Sommerbienen mit einer durchschnitt-lichen Lebenserwartung von 25 bis 30 Tagen fhren automatisch zu starken und gesunden Vlkern und zu einer optimalen berwinterungspopu-lation.

  • 16

  • 17

    3.1 Erbanlagen

    Die Erbanlagen, welche die Volksentwick-lung direkt beeinussen, sind keine xen Grssen. Sie werden durch Selektionspro-zesse laufend verndert. In der Vergangen-heit entstanden dadurch die verschiedenen Bienenrassen und die so genannten ko-typen. So ist zum Beispiel in Tunesien ist die sogenannte Apis mellifera intermissa zu Hause, die sich an die dort herrschenden kli-matischen Bedingungen gut angepasst hat. Whrend der sommerlichen Trockenzeit, zu der nichts mehr blht, gehen die Brutpro-duktion und die Volksstrke stark zurck 57. Die vor Jahren importierte Apis mellifera car-nica konnte sich an ihre neue Umgebung aber nicht anpassen und brtete in der Tro-ckenzeit voll durch, was zu grossen Proble-men bei der Volksentwicklung, ja sogar zum Zusammenbruch von Vlkern fhrte 116. Es gibt aber auch Rassen wie die Ligustica, wel-che mit relativ grossen klimatischen Unter-schieden gut zurecht kommen und deshalb in Sizilien wie auch in Finnland gehalten werden knnen. Man kann deshalb davon ausgehen, dass bei der Einzelbiene gewisse Verhaltensmuster, welche Einuss auf die Volksentwicklung haben, genetisch xiert sind, aber erst durch Reize aus der Umwelt aktiviert werden.

    3.2 Brutverlauf

    Wille 157; 159; 164 zeigte anhand von 540 ber-prften Vlkern aus Mitteleuropa, dass 85 % der Vlker 90 % der Brutproduktion in einem sehr engen Zeitfenster von 10 bis 15 Tagen in der Periode zwischen dem 27. Juli und dem 12. August erreichten, unabhngig von der absoluten Volksstrke. Dies lsst auf eine innere Uhr schliessen, die relativ stark ge-netisch xiert ist. Wie weit der Imker die-sen starren Rhythmus der Volksentwicklung durch imkerliche Massnahmen, wie zum Bei-spiel eine Reizftterung im August, beein-ussen kann, zeigt Kapitel 6. auf.

    3.3 Rassenspezische Eigenschaften

    Die Gebrder Ruttner 128 verglichen die Sptsommer- und Herbstentwicklung einer reinrassigen Carnica-Linie (Geschwisterk-niginnen, Standbegattung in Carnica-Reinzuchtgebiet) mit einer Buckfast-Linie (Geschwisterkniginnen, Belegstellenbe-gattung). Von jeder Geschwistergruppe wurden 10 Vlker in Lunz am See () und Oberursel (D) aufgestellt. Die Brutentwick-lung beider Vlker wurde gemessen. Interes-santerweise zeigten nicht die Vlker gleicher Abstammung, sondern die Vlker am glei-chen Standort ein hnliches Brutverhalten (Abb. 13). Dies beweist, dass die Umwelt-einsse strker wirken als die Einsse der erblichen Veranlagungen. Weitere Informa-tionen zu dieser Untersuchung nden sich im Kapitel 4.

    3 Genetik

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    Carnica Oberursel Carnica Lunz

    Buckfast LunzBuckfast Oberursel

    Abb. 13: Zuchtlinien und Volksentwicklung.Vergleich der durchschnittlichen Brutentwicklung im Sommer von je 10 Vlkern des Carnica-Stamms Troiseck und von Buckfast-Hybriden an zwei unterschiedlichen Standorten in Lunz am See (sterreich) und Oberursel (Deutschland). Der Standort beeinusste den Verlauf der Brutproduktion bedeutend strker als die unterschiedliche genetische Herkunft (Ruttner und Ruttner, 1976).

  • 18

    Fehrenbach 32 ermittelte ber vier Jahre hin-weg die Volksentwicklung mit der Liebe-feldermethode in zwei Vlkergruppen mit Buckfast- resp. Carnica-Herknft. Er fasste die Ergebnisse wie folgt zusammen:

    Carnicavlker haben eine geringere Winterzehrung.

    Die Frhjahrsentwicklung verluft bei Carnica und Buckfast annhernd gleich.

    Die Buckfast hat einen geringeren und leichter zu kontrollierenden Schwarmtrieb.

    Buckfastvlker brten im Sommer str- ker als Carnicavlker.

    Dies fhrte im Hochsommer zu etwas mehr Bienen.

    Die Unterschiede im Honigertrag sind minim und nicht signifikant.

    Es gibt noch weitere Untersuchungen be-treffend der Entwicklung von Buckfast- und Carnicavlkern. Insgesamt sind die Resultate sehr widersprchlich, was darauf hinweist, dass es bezglich der Volksentwicklung keine wesentlichen Unterschiede zwischen den beiden Rassen gibt.

    Bchler 15 verglich die Volksentwicklung von Nigra-Kniginnen aus Polen und aus einem Schutzgebiet in Norwegen mit Kniginnen aus verschiedenen Carnica-Herknften. Da-bei stellte er fest, dass sich die beiden Rassen generell hnlich entwickeln. Er unterstrich aber die Bedeutung von angepassten ko-typen in Bezug auf spezische Verhaltens-muster wie zum Beispiel Pollensammeln.

    Wille und Gerig (nicht publizierte Resultate) untersuchten die Volksentwicklung sowie den Honigertrag von je 54 Schwesterkni-ginnen einer Nigra- und einer Carnica-Linie zwischen August 1979 und Mai 1981 an sechs unterschiedlichen Standorten. Anhand der beiden gemessenen morphologischen Merkmale Rssellnge und Cubitalindex konnten die Vlker eindeutig den beiden Rassen zugeordnet werden. Auch hier zeigte

    Apis mellifera ligustica

    Apis mellifera carnica

    Apis mellifera mellifera

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    NigraCarnica

    1979 1980 1981

    Sep. Dez. Mrz. Jun. Sep. Dez. Mrz. Jun.

    Abb. 14 und 15: Rassenvergleich und Volksentwicklung.Vergleich der durchschnittlichen Entwicklung der Population von Vlkern mit je 54 Schwesterkniginnen von zwei Zuchtlinien der Nigra- und der Carnicarasse, gehalten auf 6 unterschiedlichen Standorten von Sptsom-mer 1979 bis Frhjahr 1981. Im Intervall von drei Wochen wurden die auf-gezogene Brut und die Volksstrke erfasst. Es konnte kein nennenswerter Unterschied bei der Entwicklung der Brut- oder Bienenpopulation zwischen den beiden Rassen resp. Linien festgestellt werden.

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    NigraCarnica

    1979 1980 1981

    Sep. Dez. Mrz. Jun. Sep. Dez. Mrz. Jun.

    sich ein hnliches Bild wie bei den anderen beschrieben Untersuchungen. Die durch-schnittliche Volksentwicklung der beiden untersuchten Zuchtstmme zeigte whrend der ganzen Versuchsperiode nur geringe Un-terschiede (Abb. 14 und 15). Zwischen den verschiedenen Standorten zeigten sich aber, unabhngig von den geprften Linien der beiden Rassen, sehr deutliche Unterschiede in der Volksentwicklung (Abb. 16). Die Ho-nigernte der Carnica-Vlker war gesamthaft leicht besser. Auf den einzelnen Stnden wa-ren die Unterschiede zwischen den beiden Linien aber nicht signikant (Abb. 17).

    Aumeier und Bcking (unverffentlichte Resultate) ermittelten in Deutschland den Einfluss der Zucht auf die Volksent-wicklung, indem sie sieben ausgewhlte Zuchtlinien von deutschen Bieneninsti-tuten und eine zchterisch vllig unbe-arbeitete Abstammung verglichen. Die Vlker (rund 10 pro Herkunft) der ver-schiedenen Gruppen waren auf drei Standorte mit sehr hnlichen klimatischen Bedingungen und Trachtverhltnissen ver-teilt. Die Populationsschtzungen wurden zwischen April und Ende Juli und in re-gelmssigen Abstnden durchgefhrt.

  • 20

    Die Resultate (Abb. 18) zeigen, dass es zwischen der durchschnittlichen Volks-entwicklung der Zuchtgruppen und der Gruppe mit der zchterisch nicht bearbei-teten Herkunft keine signifikanten Unter-schiede gab. Auch bezglich Honigertrag konnte kein Unterschied festgestellt wer-den. Daraus kann gefolgert werden, dass bei den geprften Abstammungen nicht im Hinblick auf eine starke Volksentwick-lung selektioniert wurde oder dass sich die Volksentwicklung durch Zucht nur schwer beeinflussen lsst. Wenn man bedenkt, wie wichtig eine starke Volksentwicklung aus imkerlicher Sicht (Honigertrag, ber-winterung, Volksgesundheit) ist, so sollte die Frage, in welchem Ausmass eine opti-male Volksentwicklung zchterisch, zum Beispiel ber die Erhhung der durch-schnittlichen Lebensdauer, bearbeitet wer-den kann, untersucht werden.

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    Carnica Nigra

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    kg)

    Stand

    Abb. 17: Rassenvergleich und Honigertrag.Vergleich der durchschnittlichen Honigproduktion von Vlkern mit je 54 Schwesterkniginnen von zwei Zuchtlinien der Nigra- und der Carnicaras-se, gehalten auf 6 unterschiedlichen Stnden vom Sptsommer 1979 bis Frhjahr 1981. Die unterschiedlichen Honigertrge zwischen den verschie-denen Stnden sind signikant, nicht aber die Unterschiede zwischen den Rassen auf den einzelnen Stnden. Bei der Carnica-Linie konnte aber eine Tendenz zu mehr Honigertrag beobachtet werden.

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    Sep. Dez. Mrz. Jun. Sep. Dez. Mrz. Jun.

    An

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    1979 1980 1981

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    Abb. 16: Einuss des Standorts auf die Volksentwicklung.Vergleich der durchschnittlichen Entwicklung der Bienenpopulation zwischen 5 unterschiedlichen Standorten, unabhngig von der Rassenzugehrigkeit. (Standort 4 wurde aufgrund von fehlenden Datenstzen bei dieser Darstellung nicht bercksichtigt.) Die signikanten Unterschiede in der Volks-entwicklung zwischen den getesteten Stnden wurden durch nicht nher denierte Umwelteinsse verursacht.

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    Linie C

    Linie D

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    zchterisch nicht bearbeitet

    Linie B

    Linie A

    April Mai Juni Juli

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    Abb. 18: Zucht und VolksentwicklungDie Volksentwicklung von sieben vorselektionieren Zuchtlinien aus deutschen Bieneninstituten und einer zchterisch unbearbeiteten Herkunft wurde untersucht. Die Vlker waren auf drei Standorte mit sehr hnlichen klimatischen Bedingungen und Trachtverhltnissen verteilt. Zwischen den untersuchten Vlkergruppen konnte weder bei der Volksentwicklung noch beim Honigertrag ein signikanter Un-terschied festgestellt werden (Aumeier und Bcking, unverffentlichte Resultate).

    Kurzbersicht GenetikDiese Beispiele zeigen deutlich, dass die Umwelt einen dominanten Ein-fluss auf die absoluten Zahlen der Volksentwicklung hat, obwohl die Volksentwicklung relativ starren Ent-wicklungsnormen folgt. Dies bedeu-tet, dass sich ein optimaler Standort bedeutend strker auf die Volksent-wicklung auswirkt als entsprechende Zuchtmassnahmen.

    Das heisst aber nicht, dass die Zucht berssig ist. Sie kann fr die Erhal-tung von Rassen entscheidend sein. Es gibt aber auch andere Merkmale wie zum Beispiel die Sanftmut von Bie-nen, deren Hygieneverhalten 136, die Varroatoleranz 14, der Honigertrag 21 sowie die Langlebigkeit 85, welche mit mehr oder weniger Erfolg auch ber

    die Zucht beeinusst werden knnen. Dass der Honigertrag ber die Be-triebsweise, zum Beispiel Wanderim-kerei, in einem viel grsseren Ausmass beeinusst wird als ber die Erbanla-gen, ist allgemein bekannt.

    Spezische Aussagen zur Volksent-wicklung der unterschiedlichen euro-pischen Rassen sind wenig sinnvoll, da in den gemachten Versuchen je-weils nur wenige Zuchtlinien einer Rasse verglichen wurden. Fr aussa-gekrftige Rassenvergleiche mssten sehr umfangreiche Untersuchungen ber die Volksentwicklung gemacht werden, bei denen ber mehrere Jahre auf verschiedenen Stnden jeweils mindestens 5 Zuchtlinien pro Rasse verglichen werden. Dies ist jedoch in der Praxis kaum durchfhrbar.

  • 22

  • 23

    Die Entwicklung eines Bienenvolkes wird entscheidend durch die Umwelt beeinusst. Faktoren wie das Klima oder die Tracht-verhltnisse, aber auch landwirtschaftliche Praktiken spielen dabei eine wichtige Rolle. Viele Forschungsarbeiten zeigen, dass sich Umwelteinsse auf die Entwicklung von Bienenvlkern auswirken. Noch ist aber nur wenig ber die Mechanismen, die diesbe-zglich eine Rolle spielen, bekannt.

    4.1 Einuss des StandortesIn einem Versuch wurden 1976 mit Hilfe von Carnica- und Buckfast-Geschwister-kniginnen Ableger erstellt und auf eine einheitliche Volksstrke gebracht 128. Von beiden Rassen wurden dann Ableger an je zwei verschiedenen Standorten aufge-stellt. Die einen brachte man nach Oberur-sel (D), welches auf 200 m .M. an einer klimatisch milden und trockenen Lage liegt, umgeben von einer gemischten Kulturland-schaft mit Laubwald. Die anderen Ableger brachte man nach Lunz am See (), in eine klimatisch khle und feuchte Region, die 650 m .M. liegt. Whrend man in Oberursel trotz Drre eine Rekordernte erzielte, konnte die Bltentracht in Lunz wegen zahlreicher Regentage nur teilweise genutzt werden.

    Die Resultate der Brutmessungen (Abb. 13) machen deutlich, dass nicht die Vlker glei-cher Rasse einen hnlichen Brutverlauf zeigen, sondern diejenigen, die sich am gleichen Standort benden. Es gibt somit einen charakteristischen Kurvenverlauf fr die Standorte Lunz und Oberursel, aber kei-nen rassenspezischen Kurvenverlauf fr Carnica und Buckfast. Damit wird deutlich, dass die Umwelteinsse die Volksentwick-lung strker beeinussen als erbliche Veran-lagungen. Die Studie zeigt auch, dass nicht besondere Eigenschaften per se, sondern vielmehr die Fhigkeit, auf bestimmte Um-weltbedingungen in einer bestimmten Art und Weise zu reagieren, vererbt werden.

    So war die Brutleistung bis im September in Lunz wesentlich hher als in Oberursel. Ab Ende August brteten wiederum die

    Buckfastvlker etwas strker als die Carnica-vlker. Interessanterweise wurde die hchste Brutleistung nicht von den Buckfastvlkern an beiden Lagen, sondern von den Carnica-vlkern in Lunz erreicht.

    Vlker, die an warmen Standorten und in tieferen Lagen berwintern, entwickeln sich im Frhjahr gegenber Vlkern an khlen Standorten und in hheren Lagen wesent-lich besser 101. Die Standorte allein zeigen je-doch nicht jedes Jahr dieselben Resultate, denn auch die Witterung (siehe Kapitel 4.2) hat einen massgeblichen Einuss auf die Ent-wicklung von Bienenvlkern.

    Da die Nektar- und Pollentracht in hheren Lagen viel spter einsetzt, ist der Futterver-brauch der Bienenvlker dort grsser als in tieferen Lagen (Abb. 19). Die Entwicklung der Vegetation kann in hheren Lagen gegen-ber den Tlern eine Versptung von mehreren Wochen aufweisen. Dementsprechend ent-wickeln sich Bienenvlker in hheren Lagen zwar langsamer, holen aber schnell auf, so-bald die Tracht einsetzt. Um grssere Honig- ertrge zu erzielen, kann es lohnenswert sein, mit starken Vlkern, die in der Hhe

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    92/93 Durchschnitt

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    Winter Winter

    Warmer Standort Khler Standort

    Zeitraum

    Oktober - Februar Mrz April

    Abb. 19: Futterverzehr und berwinterung.Durchschnittlicher Futterverzehr whrend der berwinterung und zu Be-ginn der Frhjahrsentwicklung an einem warmen und einem mssig khlen Standort im Sden Deutschlands (Liebig, 1994a). Im ersten Jahr wurden die Messungen bei 15, in den 3 anderen Jahren bei 10 Vlkern durchgefhrt. Im Durchschnitt wurde am mssig khlen Standort im April noch bedeu-tend mehr Futter verzehrt als am warmen Standort.

    4 Umwelt

  • 24

    berwintert haben, in tiefer liegende Frh-trachtgebiete zu wandern. Umgekehrt sind aber die gewanderten Vlker nicht unbe-dingt im gleichen Masse fhig, eine Frh-tracht zu nutzen. Dann zahlen sich Aufwand und Ertrag nicht aus 87. Fr eine optimale Volksentwicklung berwintert man die Vl-ker am besten direkt in klimatisch gnstigen Gebieten.

    Nebst dem Versuch in Oberursel und Lunz weisen weitere Untersuchungen 75 darauf hin, dass der Standort einen bedeutenden Einuss auf die Entwicklung von Bienen-vlkern hat. Welche Faktoren massgebend sind fr diese grossen Unterschiede bezg-lich der Volksentwicklung, wurde leider bis heute nicht untersucht. Deshalb ist fr den Imker vorerst ein empirisches Vorgehen bezglich der Standortwahl zu empfeh-len. Bevor zeit- und kostenintensive Bau-ten wie Bienenhuser erstellt werden, ist es ratsam, neue Standorte whrend mehre-ren Jahren mit frei aufgestellten Vlkern zu testen. Die Wanderimkerei ist ebenfalls ge-eignet, um das Pollen- und Nektarangebot verschiedener Standorte zu nutzen.

    4.2 Einuss des Klimas

    Im Frhling ist die natrliche Pollenversor-gung sehr knapp. Zudem hindern lngere Schlechtwetterperioden oder tiefe Tempe-raturen die Bienen am Sammeln von Nek-tar und Pollen. In seltenen Fllen kann es in der Schweiz whrend der Monate Mrz und April vorkommen, dass Bienenvlker

    weniger Polleneiweiss zur Verfgung ha-ben als sie zur Aufzucht der Larven ben-tigen. Durch den Mangel an Protein und Mineralstoffen wird die Brutaufzucht re-duziert. Teilweise kann sie mit krpereige-nen Proteinreserven der Bienen kompensiert werden 156.

    In einer Untersuchung wurden 1991 und 1992 im schweizerischen Mittelland ab Mitte Mrz die Bienenpopulation und die Brutche von je 20 respektive 21 Vlkern geschtzt. Die Volksentwicklung war im Frhling 1991 viel schneller als 1992, ob-wohl sich die Anzahl Flugtage im hnlichen Rahmen bewegte. 1992 konnten die Bienen aber zwischen der ersten und zweiten Popu-lationsmessung kaum Pollen eintragen. Die meisten Vlker hatten bei der zweiten Mes-sung praktisch keine Pollenreserven mehr. Dadurch wurde der Brutumfang gegenber der ersten Messung um fast die Hlfte redu-ziert. Whrend des Frhjahrs 1992 wurden pro Volk 30 900 Bienen weniger aufge-zogen als im Jahr 1991. Darber, ob dies der Hauptgrund fr die schleppende Frh-jahrsentwicklung von 1992 war, kann nur spekuliert werden.

    Eine Untersuchung, bei welcher mithilfe eines bienendichten Flugzelts bei einem Teil der Vlker ein knstlicher Pollenmangel herbei-gefhrt wurde, zeigt ein hnliches Resultat. Diejenigen Vlker, die unter Pollenmangel lit-ten, schrnkten ihren Brutumfang ein. Ihre Larven und Bienen wiesen jedoch gegen-ber den mit Pollen normal versorgten Kon-trollvlkern keine Mangelerscheinungen auf. Folglich kann gesagt werden,dass Bienenvl-ker eher den Brutumfang einschrnken, als dass sie versuchen, durch eine Nhrstoff-Un-terversorgung eine grssere Anzahl von Lar-ven aufzuziehen 74.

    Dass trotz einer guten Pollenversorgung eine schleppende Volksentwicklung eintre-ten kann, zeigt folgendes Beispiel. Im Frh-jahr 1982 und 1983 verfolgte man auf dem Bienenstand Galmiz die Volksentwick-lung und den Polleneintrag. 1982 war mit 22 Pollensammeltagen und einer durch-schnittlichen Pollenernte von 4,4 kg pro Volk das bienenklimatisch bessere Frhjahr als 1983. In diesem Jahr vermochten die Bie-nen in 14,5 Sammeltagen im Durchschnitt nur 3 kg Pollen zu sammeln. Trotzdem war

    Alpenrosenblte in den Voralpen

  • 25

    die Volksentwicklung 1983 bedeutend bes-ser als 1982. Der Schwarmtrieb wurde aller-dings durch die schnellere Volksentwicklung nicht gefrdert. 1983 zogen nur 4 von 32 Vlkern Schwarmzellen. Nach der schlep-penden Volksentwicklung von 1982 zogen hingegen 11 von 20 Vlkern Schwarmzel-len. Wie diese Ergebnisse zu interpretieren sind, bleibt vorerst offen.

    4.3 Einuss der Nektar- oder HonigtautrachtIn einem kleinen Versuch hat Aegerter 1986 im schweizerischen Mittelland auf dem-selben Stand berwinterte Vlker nach der Frhtracht in unterschiedliche Trachtverhlt-nisse gewandert 1. Die eine Vlkergruppe (Schangnau) wurde Ende Mai in die Lwen-zahnblte in den Voralpen verstellt. Die an-dere Gruppe (Aebersoldwald) verblieb nach der Frhtracht am Ort, musste eine Tracht-pause erdulden und wurde erst Anfang Juli in die Waldtracht gewandert.

    Die in die Alpenblte gewanderte Vlker-gruppe Schangnau erlebte einen zweiten Frhling und zog bis Ende Juni unvermin-dert Brut auf. Dies widerspiegelte sich auch in der Bienenpopulation, die mit der entspre-chenden zeitlichen Verzgerung zur Brut bis Anfang Juli stark anwuchs (Abb. 20). Die im Mittelland verbliebene Vlkergruppe Aeber-soldwald schrnkte die Brutaufzucht wegen der herrschenden Trachtpause trotz Zwi-schentrachtftterung stark ein. Erst nach-dem die Vlker in die Waldtracht gewandert wurden, zogen sie wieder vermehrt Brut auf. Damit wird deutlich, dass sich der Brut-knick nicht direkt in der Bienenpopulation widerspiegelt.

    Gegenber der Population Schangnau zeigte sich das Wachstum der Population Aebersoldwald deutlich verlangsamt. Die in die Frhracht gewanderten Vlker er-reichten bereits Anfang Juli ihre maximale Volksstrke, whrend bei der Gruppe Aeber-soldwald das Populationsmaximum durch den Brutrckgang whrend der trachtlosen Zeit hinausgezgert wurde. Erst anschlies-send erfolgte, vermutlich durch die Wald-tracht ausgelst, ein erneuter Brutanstieg. Somit wurde das Populationsmaximum der Gruppe Aebersoldwald drei Wochen

    spter erreicht als das der Gruppe Schang-nau (Abb. 20). Daraus kann man schliessen, dass die Volksentwicklung unter anderem auch durch die Trachtverhltnisse beein-usst wird.

    0

    5000

    10000

    15000

    20000

    25000

    30000

    35000

    40000

    1. April 1. Juni 1. August 1. Oktober

    An

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    Bienen Schangnau Bienen Aebersoldwald

    Brut Schangnau Brut Aebersoldwaldbis 3. Juli in Worbbis 27. Mai in Worb

    Abb. 20: Unterschiedliches Trachtangebot und Volksentwicklung.Obwohl die beiden Vlkergruppen Schangnau und Aebersoldwald (n=4) mit nahezu 170 000 Bienen im Durchschnitt gleichviel Brut aufgezogen haben und beide eine identische mittlere Lebenserwartung von 19 Tagen aufwiesen, verlief die Brut- und Bienenkurve sehr unterschiedlich. Sie wur-de stark von den unterschiedlichen Trachtangeboten an den verschiedenen Standorten beeinusst. Von der Gruppe Schangnau konnten pro Volk 2.6 kg und von der Gruppe Aebersoldwald 17.9 kg Honig gewonnen werden (Aegerter, 1988).

    Wanderimker unterwegs im Tessin

  • 26

    Interessanterweise haben die Vlkergrup-pen insgesamt gleichviel Brut aufgezogen, zudem zeigten sie eine identische mitt-lere Lebensdauer und leisteten gleich viele Bienentage. Dies knnte dahingehend ge-deutet werden, dass die Volksentwicklung genetisch xiert ist und die Umwelt (Klima, Nektar- und Pollenangebot) lediglich zeit-liche Verschiebungen verursacht. Allerdings knnen aus dieser einzelnen Untersuchung noch keine allgemein gltigen Schlussfolge-rungen gezogen werden.

    4.4 Volksstrke und TrachtnutzungDass starke Vlker grssere Honigertrge abwerfen als schwache, konnte Farrar 31 be-reits 1937 aufzeigen. Er hat die Strke von 131 Vlkern durch wiegen ermittelt. Dabei stiess er auf einzelne Vlker, die mit einer Anzahl von 60 000 Bienen ausserordentlich stark waren. Als er die Volksstrke mit dem Honigertrag aus einer ppigen Tracht in Be-ziehung setzte, konnte er aufzeigen, dass zwischen den beiden Merkmalen ein deut-licher Zusammenhang besteht (Abb. 21).

    Starke Vlker erbringen demzufolge grs-sere Honigertrge als schwache. Dies gilt al-lerdings nur, wenn gute Trachtverhltnisse herrschen. Die Resultate von Farrar wurden durch Erhebungen von Liebig 88 besttigt.

    4.5 Melezitosehonig

    Die berwinterung auf Honigtauhonig bela-stet die Vlker vor allem an Standorten mit langer Winterruhe und seltenen Reinigungs-ausugmglichkeiten stark. Insbesondere bei spten Honigtautrachten und solchen mit einem hohen Melezitosegehalt (Fichte, Lrche) ist Vorsicht geboten. In einem Ver-such zeigte sich, dass bei Vlkern auf auskri-stallisiertem Futter (Zementhonig) bereits im Winter ein erhhter Totenfall festzustellen war 62; 63. Nach den ersten Reinigungsaus-gen im Januar und Februar hatten verschie-dene Vlker Ruhr-Symptome und stark verkotete Kastenfronten. Die mit durch-schnittlich 12 200 Bienen eingewinterten Vlker verloren im Mittel 7 865 Bienen, was etwa dem Dreifachen der normalen Winter-verluste entspricht. Trotz Bemhungen, stark geschwchte Vlker zu vereinen, ging ber die Hlfte der Vlker ein. Die verbliebenen entwickelten sich bis Ende April ausseror-dentlich zgerlich.

    Eine bessere berwinterung ist zu erwar-ten, wenn der Melezitosegehalt des Win-terfutters unter 10 % und die elektrische Leitfhigkeit unter 1 mS cm-1 liegt. Im Zusam-menhang mit Zementhonig knnen Vlker-verluste vermieden werden, indem Waben mit auskristallisiertem Futter entnommen, durch Leerwaben ersetzt, und die Vlker noch vor der Einwinterung mit mindestens 10 l Zuckerwasser aufgefttert werden.

    0

    5

    10

    15

    20

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    35

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    Ho

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    kg)

    Anzahl Bienen (Tausend)

    Abb. 21: Volksstrke und Trachtnutzung.Farrar (1937) ermittelte in Nordamerika zur Trachtzeit die Bienenpopula-tion von 131 Vlkern, indem er die Bienen jedes Volkes wog und ber das Gewicht die Anzahl Bienen errechnete. Anschliessend ermittelte er das Gewicht der Honigernte. Die Korrelation zwischen der Anzahl Bienen und dem Honigertrag war hoch signikant (p < 0.001; r2 = 0.54).

    Auskristallisiertes Winterfutter

  • 27

    4.6 Futterverbrauch im Winter

    Zwischen Ende September und Anfang Mai verzehren die Bienenvlker 8 bis 13 kg Winterfutter. Tendenziell verbrauchen str-kere Vlker mehr Winterfutter als schw-chere 89. Proportional verbrauchen die Bienen kleinerer Vlker aber mehr Winter-futter als diejenigen eines starken Volkes (Abb. 22). Dies wird mit dem ungnstigeren Verhltnis zwischen der Oberche der Wintertraube und der Anzahl Bienen bei kleinen Vlkern erklrt. Um die Tempera-tur der Wintertraube konstant zu halten, mssen die Bienen kleinerer Vlker pro-portional mehr Wrme produzieren 43. Des-halb konsumieren sie mehr Winterfutter. Nicht zuletzt wegen dem Winterfutterver-brauch ist es wirtschaftlicher, starke Vlker zu berwintern 43.

    An khleren Standorten wird gegenber wrmeren Standorten mehr Futter ver-braucht, wobei die Unterschiede zwischen September und Ende Februar sehr gering sind. Das Standortklima beginnt sich erst ab Mrz auszuwirken. An den klimatisch gn-stigen Standorten mit frher Tracht wird dann kaum mehr Winterfutter gebraucht, wogegen in hheren Lagen die Vlker noch immer von ihren Vorrten zehren mssen. Die Zehrung im Mrz und April wird stark beeinusst von der Witterung, den Tracht-verhltnissen und dem Brutumfang. An den khlen Standorten verbrauchen die Vlker oft ber 15 kg Winterfutter. Dabei kann die Frhjahrszehrung (Mrz bis April) hher lie-gen als die Winterzehrung (Abb. 19) 89.

    6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30

    0.25

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    Bienen im Herbst (Tausend)

    0.00

    Abb. 22: Futterverzehr und Volksgrsse.Infolge des ungnstigen Verhltnisses zwischen Oberche der Wintertrau-be und der Anzahl Bienen verbrauchen schwchere Vlker proportional mehr Winterfutter als starke (Free und Racey, 1968).

    Verhungerte Bienen

  • 28

    mssen neue Sammelbienen aus anderen Altersklassen rekrutiert werden, was das soziale Gefge empndlich stren kann. Gewisse Pestizide knnen das Verhalten der Bienen nachteilig beeinussen, ohne sie direkt zu tten. Mit giftigen Rckstn-den belasteter Pollen kann auch zu Brut-schden fhren und die Volksentwicklung ber lngere Zeit hemmen. In der Schweiz ist die Anzahl Bienenvergiftungen seit den Achtzigerjahren dank der rigorosen ber-wachung der zugelassenen Pestizide durch die Behrden stark zurckgegangen. Trotz dieser berwachung kann es, wie das Bei-spiel des Saatgutbeizmittels mit Wirkstoff Clothianidin im Frhjahr 2008 in Sd-deutschland zeigte, wegen eines uner-warteten Anwendungsfehlers zu starken Bienenverlusten kommen 24; 118. Bienen-krankheiten wie Septikmie, Virosen oder Rickettiosen knnen allerdings genauso Ursache fr eine schleppende Volksent-wicklung sein und sind oft nur schwer von Vergiftungen zu unterscheiden.

    4.7.2 Mhen von blhenden Panzenbestnden

    Wie Untersuchungen von Fluri und seinen Mitarbeitern 37 zeigen, kn-nen Bienenverluste auch auftreten, wenn intensiv beogene Kulturpan-zen gemht werden. Insbesondere beim Mhen von niederen Panzen wie Weiss- klee oder Lwenzahn konnten Verluste von 24 000 Bienen pro Hektare nachgewiesen werden. ber die Hlfte der sammelden Bienen wurden verletzt. Bezglich der An-zahl der verletzten Bienen spielt allerdings die Verwendung eines Aufbereiters, der das Schnittgut knickt und quetscht, eine entscheidende Rolle. Wurden die Flchen ohne Einsatz eines Aufbereiters gemht, re-duzierten sich die Bienenverluste auf 2 000 Bienen pro Hektare. Unter normalen Bedin-gungen ist ein Einuss des Mhens auf die Volksentwicklung wohl vernachlssigbar, doch in bestimmten Situationen, wenn bei-spielsweise viele Panzen blhen oder in der Umgebung des Bienenstandes grosse Flchen gemht werden, kann ein erheb-licher Verlust an Flugbienen eintreten. Die-ser kann, wie die Vergiftungen auch, ber die Strung der Altersstruktur einen ne-gativen Einuss auf die Volksentwicklung haben.

    4.7 Bienenverluste durch Landwirtschaft und imkerliche Mass- nahmen

    4.7.1 Vergiftungen durch Panzen-schutzmittel

    Bienenverluste, die durch die unsach-gemsse Anwendung von Panzen-schutzmitteln auftreten, ussern sich im Allgemeinen durch einen Totenfall mit hunderten oder im Extremfall tausenden von Bienen auf dem Beutenboden oder vor dem Flugloch. So verursachte zum Bei-spiel die Verwendung des Wachstums- regulators Fenoxycarb in einem Zeitraum von zwei Wochen einen Totenfall von rund 1 600 Bienen und Puppen 122. In besonders akuten Vergiftungsfllen knnen auch be-deutend grssere Bienenverluste auftreten. Der normale Abgang von Sammelbienen, der pro Tag durchaus ber 1 000 Bienen be-tragen kann, ist kaum sichtbar, da die Bie-nen vor allem whrend dem Sammelug eingehen. Vergiftungen werden ber Pesti-zidrckstnde im Totenfall nachgewiesen.

    In den meisten Vergiftungsfllen sind vor allem Sammelbienen betroffen. Stirbt nur ein Teil der Flugbienen, knnen die Vlker diesen Verlust whrend der Saison pro-blemlos kompensieren. Wird hingegen eine ganze Altersgruppe hinweggerafft,

    Bienensterben

  • 29

    Kreiselmher mit Aufbereiter

    4.7.3 Varroabekmpfung

    Beim Einsatz von Ameisensure und Thy-mol zur Bekmpfung der Varroa kann eine berdosierung zu vielen toten Bienen und abgestorbener Brut fhren 13; 115. Diese Ver-luste knnen bei richtiger Anwendung mehrheitlich vermieden werden. Einzig bei der Ameisensure kann es auch bei optima-ler Anwendung zum Absterben einzelner schlpfender Bienen und zum Ausrumen von Larven kommen. Solche Verluste ha-ben aber keinen Einuss auf die Ein- und Auswinterungspopulation der Bienenvlker (siehe Abb. 7 und 8).

    Grosse Rckstnde von Coumaphos im Wachs, die vor allem nach mehrmaliger Anwendung von CheckMite auftreten, knnen die Aufzucht von gesunden Kni-ginnen beintrchtigen und so zu Strungen in der Volksentwicklung fhren 120; 121.

    4.8 Elektrische und elektromagnetische Felder

    Honigbienen sind in der Lage, magnetische und elektrische Felder wahrzunehmen und fr ihre Orientierung zu nutzen. Im Rahmen von mehreren Arbeiten wurde der Einuss von starken elektromagnetischen und elek-trischen Feldern auf die Volksentwicklung untersucht, er konnte aber bis heute nicht eindeutig nachgewiesen werden. Verschie-dene Arbeiten beschreiben aber zum Teil starke Abweichungen vom normalen Ver-halten unter dem Einuss von elektrischen Hochspannungsfeldern ab 7 kV/m. So sind zum Beispiel grosse Unruhe, kurzfristiger Temperaturanstieg, erhhte Stechlust bis hin zu Aggressionen gegen volkseigene Bienen und die Knigin sowie eine starke Propolisierung der Beute und des Fluglochs

    beschrieben worden 140-142. Elektrische Feld-strken in der oben genannten Grssen-ordnung werden aber von den blichen Hochspannungsleitungen nicht erreicht. In deren unmittelbarer Nhe kann aber eine erhhte Stechlust der Bienen nicht aus-geschlossen werden. Insbesondere das elektrische Feld scheint die Bienen zu be-einussen. Mit Hilfe eines Faraday-Kgs konnte dieser Einuss abgeschwcht wer-den. Bei einem elektromagnetischen Feld ist dies nicht mglich, da der Faraday-K-g auf diese Felder keine abschwchende Wirkung hat 56. Um negative Einsse auf die Bienenvlker zu vermeiden, ist von de-ren Aufstellung in unmittelbarer Nhe von Hochspannungs-Freileitungen abzuraten.

    Mobilfunksignale werden durch elektro-magnetische Wellen bertragen. Ein mess-barer Einuss dieser Funksignale auf die Volksentwicklung ist nach heutigem Wis-sen eher unwahrscheinlich. Es fehlen aber aussagekrftige Untersuchungen. hnlich ist die Situation bezglich des Einusses von Erdstrahlen und Wasseradern auf die Volksentwicklung.

  • 30

    Kurzbersicht UmweltDie Einflsse der Umwelt auf die Volksentwicklung sind nicht zu un-terschtzen. Dies verdeutlicht die un-terschiedliche Volksentwicklung von genetisch einheitlichem Material, das auf verschiedenen Stnden gehalten wird. Die Standortwahl hat deshalb innerhalb der zeitgemssen Imkerei hohe Prioritt. Leider gibt es nur we-nige Untersuchungen, die versuchten, diejenigen Faktoren eines Standortes zu ermitteln, welche sich positiv auf die Volksentwicklung auswirken.

    Die Trachtverhltnisse und das Klima spielen vor allem bei der Frhjahrsent-wicklung eine wichtige Rolle. Im Ex-tremfall knnen lang andauernde Schlechtwetterperioden zu einem Pollenmangel fhren, der sich in ei-ner Reduktion der Brutaufzucht ma-nifestiert. Eine gute Pollenversorgung im Herbst kann mithelfen, Engpsse im Frhjahr zu berbrcken.

    Schlechtes Winterfutter durch das Eintragen von spten Waldtrachten oder stark melezitosehaltigem Fut-ter (Zementhonig) kann die berwin-terung der Vlker gefhrden. Durch das Ersetzen von solchen Futterwa-ben mit leeren Brutwaben und der

    anschliessenden Aufftterung mit min-destens 10 Liter Zuckerwasser kann dem vorgebeugt werden.

    Bienenverluste infolge Vergiftungen durch landwirtschaftliche Pestizide sind in den letzen Jahrzehnten mar-kant zurckgegangen und verur-sachen nur noch in seltenen Fllen grssere Bienenverluste. Eine unsach-gemsse Anwendung von Varroa- ziden, wie Ameisensure und Thymol, kann zu Problemen fhren. Deshalb ist es wichtig, die Gebrauchsanweisungen genau zu befolgen.

    Anders ist die Situation, was heutige Mhgerte mit integrierter Futterauf-bereitung anbelangt. Der Einsatz dieser Gerte kann bei blhenden Wiesen zu Bienenverlusten fhren. Deshalb ist es wichtig, dass die Landwirte den Mh-zeitpunkt von blhenden Wiesen auf den frhen Morgen oder den spten Abend verschieben, damit die Bienen-verluste mglichst gering ausfallen.

    Unter blichen Bedingungen gibt es bis zum heutigen Zeitpunkt bezglich negativer Auswirkungen auf die Volks-entwicklung durch elektrische und elektromagnetische Felder oder Strah-lung von Mobilfunkantennen keine handfesten Hinweise.

  • 31

    Krankheitserreger knnen als Einzelinfek- tionen oder in Mischinfektionen die Lebens-dauer einer Larve oder einer Biene stark ver-krzen. Das Volk wird geschwcht oder geht mangels Bienen sogar ein. Das Bie-nenvolk hat aber auch Steuerungsmecha-nismen wie zum Beispiel die Verlngerung der Lebensdauer, durch die es krankheits-bedingte Ausflle von Einzelbienen unter gewissen Voraussetzungen populations- dynamisch kompensieren kann.

    Sowohl die einzelne Biene als auch das Bie-nenvolk verfgen ber ausgeklgelte Ab-wehrmechanismen gegen Krankheiten 38. Die meisten Erreger kommen auch in gesunden Vlkern vor, ohne dass die Volksentwicklung darunter leidet. Da sie sehr wirtsspezisch sind, sind sie auf die Bienen angewiesen. Da-her wrde es fr sie wenig Sinn machen, wenn sie daraufhin ausgelegt wren, ihren Wirt zu vernichten. Da Krankheiten wie Tra-cheenmilben, Nosema, Brutkrankheiten und Viren bereits ber hunderte, wenn nicht tau-sende von Jahren innerhalb der Bienenvlker existieren, kommt es oft nur zu einer Schw-chung und nur in seltenen Fllen zu einer Vernichtung des Wirtes.

    5.1 Krankheitserreger und Volksentwicklung

    Bienenvlker entwickeln sich sehr oft entge-gen den Vorstellungen des Imkers und er-reichen die erwartete Volksstrke nicht. Die Grnde dafr sind vielfltig. So ist es sehr schwierig zu beurteilen, ab wann ein Bie-nenvolk als krank zu bezeichnen ist. Denn in einem Volk sind laufend Bienen vorhan-den, die von verschiedensten Erregern befal-len sind, ohne dass dies dem Imker auffallen wrde. Bekannte Krankheitsbilder werden meist durch das Zusammenwirken von ver-schiedenen Erregern verursacht. Deshalb sind sie selten eindeutig.

    Ausgangs Winter besteht das Bienen-volk aus 5 000 15 000 Winterbienen. Diese haben vielfltige Aufgaben zu bewl-tigen, wie zum Beispiel das Aufrechterhal-ten der Stocktemperatur, die Brutpege und Sammelttigkeit.

    Ob das Bienenvolk den bergang von der Winterbienengeneration zur Sommerbie-nengeneration meistert, hngt sehr stark von der Lebensdauer der Winterbienen ab. Je lnger diese ist und je langsamer der Ab-gang der Bienen vonstatten geht, desto besser entwickeln sich die Bienenvlker im Frhjahr 149; 149; 155.

    Werden Winterbienen zustzlich durch Krankheitserreger oder Parasiten belastet, verkrzt sich ihre Lebensdauer markant. Die Volksstrke geht zurck. Der Brutumfang bleibt im frhen Frhjahr allerdings gleich oder wird sogar erhht, um den Ausfall der Bienen zu kompensieren. Damit nimmt die Brutpegebelastung auf die einzelnen Bie-nen weiter zu. Dies kann zu einem Teu-felskreis fhren. Die auswinternden Vlker versuchen nmlich, den Verlust an Bienen laufend zu kompensieren, bis das Volk kol-labiert oder die Trendwende schafft 11. Wenn wenige Bienen viel Brut aufzuziehen haben, kann die Brutpege ungengend ausfal-len, was den Ausbruch von Brutkrankheiten begnstigt.

    Tracheenmilben in Luftrhre

    5 Krankheiten

  • 32

    Ganz anders sieht die Situation ausgangs Frhjahr aus. Wenn der Wechsel von Winter- zu Sommerbienen erfolgt ist, nimmt die Bie-nenpopulation fast exponentiell zu. Innerhalb kurzer Zeit schlpfen mehr Bienen als abster-ben. Die Lebensdauer der geschlpften Bie-nen ist aber in Folge der intensiven Brutpege eher kurz. Dieser schnelle Massenwechsel er-schwert die Vermehrung von Krankheitserre-gern ausserordentlich. Deshalb sind zu diesem Zeitpunkt nur wenige, bis heute unbekannte Erreger (vermutlich Septikmiebakterien oder Viren) in der Lage, ein Volk aus dem Gleich-gewicht zu bringen.

    5.2 Tracheenmilben

    Bereits 1959 zeigten Bailey und Lee 5 auf, dass das Risiko eines Volkes, durch die Tracheen-milbeninfektion sein populationsdynamisches Gleichgewicht im Verlauf des Winters oder Frhjahrs total zu verlieren, erst zunimmt, wenn mehr als 50 % der einzelnen Bienen mit Acarapis woodi befallen sind 3 (Tab. 3 ). Ein so starker Befall tritt aber nur selten auf. Bailey schtzte dies damals fr England und Wales im Durchschnitt auf 2 % der Bienenvl-ker. Dies besttigte Wille durch eine Untersu-chung innerhalb von zwei Bienenstnden, bei

    denen die Volksentwicklung und der Trache-enbefall ber mehrere Jahre hinweg ermittelt wurde, ohne dass eine Bekmpfung durchge-fhrt wurde 160; 161. Volk 33 in Abb. 23 hatte im Frhjahr 1984 in allen untersuchten Bienen Tracheenmilben. Die Bienenverluste ber den Winter waren nahezu 50 %. Trotzdem ber-lebte das Volk.

    5.3 Varroa

    Anders ist die Situation bei der Varroa. Auf der Nordhalbkugel haben sich der Wirt (Apis mel-lifera) und der neue Parasit (Varroa destruc-tor), welcher sich erst Ende der zweiten Hlfte des letzten Jahrhunderts in Europa ausgebrei-tet hat, aufgrund der regelmssigen Bekmp-fung durch den Imker noch nicht aufeinander abgestimmt. Wrde man die Behandlung un-terlassen, kme es am Anfang zu grossen Verlusten, wie die Untersuchung auf der Insel Gotland (Schweden) zeigt 45; 46 (Abb. 24). Die Anzahl der unbehandelten Vlker nahm unter dem Druck der Varroa in den ersten 4 Jahren von anfnglich 150 auf 8 ab, um dann wie-der leicht zuzunehmen. Die Volksentwicklung der berlebenden Vlker entspricht allerdings nicht den imkerlichen Vorstellungen von gu-ten Wirschaftsvlkern.

    Bienen mit Infektion in Probe (%)

    Jahr

    1956 1957 1958 1959

    Anz. Vlkereingewintert

    ToteVlker (%)

    Anz. Vlkereingewintert

    ToteVlker (%)

    Anz. Vlkereingewintert

    ToteVlker (%)

    Anz. Vlkereingewintert

    ToteVlker (%)

    0 188 5 170 6 98 18 186 10

    1 10 46 0 42 14 108 19 29 0

    11 20 5 0 7 14 12 8 2 50

    21 30 6 0 8 13 15 33

    31 40 3 33 7 0 11 27 1 0

    41 50 4 75 11 45 1 100

    51 60 3 33 3 100 5 40

    61 70 1 0 5 80

    71 80 4 75 6 50 2 100

    81 90 2 100 4 100 5 100 1 100

    91 100 1 100 1 100 2 100 1 100

    Tabelle 3: Tracheenmilbenbefall und Vlkersterben.Je nach Jahr wurden 200 oder mehr Vlker aus einer Region Englands bei der Einwinterung auf den prozentualen Anteil der mit Acacrapis woodi befallenen Bienen hin untersucht. Dabei wurde die bei der Auswinterung gestorbene Anzahl Vlker ermit-telt. Erst wenn bereits bei der Einwinterung ber 50 % der Bienen mit der Milbe befallen waren, nahm das Vlkersterben zu (Bailey, 1961).

  • 33

    100

    80

    60

    40

    20

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    (%

    )

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    1981 1982 1983 1984 1985

    An

    zah

    l

    Bienen Brut Befallene Bienen

    Abb. 23: Tracheenmilbenbefall und Volksentwicklung.Im Rahmen einer Untersuchung ber die Auswirkung eines Befalls an Acarapis woodi auf die Entwick-lung der Bienenvlker wurde zwischen 1981 und 1985 auf zwei Bienenstnden die Entwicklung der Vlker erfasst und dem prozentualen Tracheenmilbenbefall der toten Bienen im Frhjahr gegenber gestellt (Wille et al., 1987; Wille, 1987). Die Abbildung stellt als reprsentatives Beispiel die Volks- und Milbenbefallsentwicklung von Volk 33 dar. Im Frhjahr 1984 waren alle toten Bienen von den Tracheen-milben befallen. Durch diesen starken Infektionsdruck wurde die Auswinterungspopulation gegenber der Einwinterungspopulation halbiert. Das Volk ging nicht ein, sondern es erholte sich im Frhjahr mit den neuen Bienengenerationen relativ schnell. Anschliessend gab es Probleme bei der Umweiselung, was sich in einer eher zaghaften Volksentwicklung im Sommer bemerkbar machte.

    Abb. 24: Lngerfristige berlebenschance trotz Varroainfektion.In einem wissenschaftlichen Experiment wurden 1999 auf der Insel Gotland in Schweden150 Bienen-vlker auf 8 Bienenstnde verteilt und mit einer Startmilbenpopulation von zirka 50 Varroa inziert. Die unbewirtschafteten Vlker wurden ihrem Schicksal berlassen, einzig ihre Futtervorrte wurden berwacht. Zum Anlocken der Schwrme wurden leere, einzargige Bienenkasten aufgestellt. Es wur-de keine Varroabehandlung durchgefhrt (Fries et al., 2006; Fries et al., 2007). Nur gerade 25 % der Vlker berlebten den dritten Winter. Im fnften Jahr waren es noch 8 Vlker (n). Zwei Jahre spter (2006) konnten 13 Vlker, eingewintert werden. Dieser Versuch zeigt, dass auch in klteren Klimazo-nen ein Wirt-Parasit-Gleichgewicht entstehen kann. Die Volksentwicklung der berlebenden Vlker entspricht allerdings nicht derjenigen von guten Wirtschaftsvlkern.

    2000 2001 2002 2003 2004 2005 20060

    0,1

    0,2

    0,3

    0,4

    0,5

    0,6

    0,7

    0,8

    0,9

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    de

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    lk

    er

    Jahr

    n = 150

    n = 11

    n = 8

    n = 21

    n = 120

    n = 146n = 13

  • 34

    Es gibt aber Regionen, wo die beiden Kon-trahenten bereits zu einem Gleichgewicht gefunden haben. De Jong und Soares 25 ver-folgten whrend 12 Jahren auf den Inseln Fernando de Noronha, 345 km vor der Kste Brasiliens, den Varroabefall von damals frisch importierten, unbehandelten Ligustica-Vl-kern. Sie konnten aufzeigen, dass der Var-roabefall in einer Stichprobe von 100 Bienen, der 1991 durchschnittlich 25 betrug, bis 1996 auf 14 gesunken ist. Auch in Frankreich wur-den unbehandelte Bienenvlker in einer Un-tersuchung ber Jahre hinweg beobachtet. Die durchschnittliche berlebensdauer die-ser Vlker lag bei 6.5 Jahren. Einige der Vl-ker berlebten ohne Behandlung sogar mehr als 11 Jahre 86.

    5.4 Viren

    Es gibt Hinweise, dass die Varroa in Verbin-dung mit gewisse Viren, wie zum Beispiel dem Deformierte-Flgel-Virus 22; 167 oder dem Akute-Bienen-Paralyse-Virus die Situa-tion markant verschrfen. Dadurch wird die Lebensdauer der Winterbienen so stark ver-krzt, dass dies im Verlauf des Winters zu frhzeitigen Vlkerverlusten fhren kann (Abb. 25 und 26). Deshalb ist die konse-quente und frhzeitige Varroabekmpfung die beste vorbeugende Massnahme im Bezug auf die Vlkerverluste im Winter. Viren kn-nen allerdings auch zu anderen Jahreszeiten die Volksentwicklung beeintrchtigen.

    0

    2000

    4000

    6000

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    12000

    14000

    16000

    18000

    20000

    10.09.07 29.10.07 25.02.08 14.03.08 10.04.08 05.05.08

    Gruppe 1 Gruppe 3Gruppe 2

    An

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    Abb. 25: Varroabefall und berwinterungsprobleme.Im Herbst/Winter 2007/2008 hat Dainat den Einuss eines hohen Varroabefalls auf die Lebensdauer von Winterbienen unter-sucht. Dabei wurden drei Vlkergruppen mit unterschiedlichem Milbenbefall untereinander verglichen (die Vlker der Gruppe 1, 2 und 3 hatten anfangs August einen durchschnittlichen natrlichen Milbenfall von 14.4, 9.4 resp. 2.9 Milben pro Tag). Die Gruppen 1 und 2 hatten auch einen relativ hohen Befall an Deformierten-Flgel-Viren (DWV), und die Gruppe 3 (Kontrollgrup-pe) hatte ursprnglich nur einen geringen Virenbefall. Die Gruppe 1 erhielt keine Varroabehandlung. Die Vlker der beiden anderen Gruppen wurden im August und September mit Ameisensure behandelt (Langzeitbehandlung mit dem Liebefeld-Dispenser) und im November mit Oxalsure (Verdampfen). Bis Ende Februar gingen alle unbehandelten Vlker der Gruppe 1 ein. In den beiden behandelten Gruppen 2 und 3 berwinterte ein grosser Teil der Vlker, obwohl in der Kontrollgruppe (Gruppe 3) im Herbst noch eine Varroarckinvasion zu verzeichnen war. Um varroabedingte Vlkerverluste im Winter zu vermeiden, ist demzufolge eine frhzeitige und wirksame Varroabekmpfung sehr wichtig.

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    5.5 Bakterien bei Bienen

    Andere Krankheitserreger knnen eben-falls Probleme bei der Volksentwicklung verursachen. Wille und Pinter 163 beschrie-ben, wie vor allem im Mai 1960 und 1961 vermehrt Vlkerverluste verzeichnet wur-den, bei denen die Bienenpopulationen in wenigen Tagen in sich zusammengefallen sind. In vielen der untersuchten Bienenpro-ben wurden weder Nosema noch Trache-enmilben gefunden, und eine Vergiftung konnte ebenfalls ausgeschlossen werden. Die Forscher fanden aber bei vielen der un-tersuchten Bienen eine so genannte Sep-tikmie, einen starken Bakterienbefall im Blut. Verschiedene dieser schdlichen Bak-terien konnten isoliert und anschliessend an gesunden Bienen getestet werden. Dabei zeigte sich, dass es Stmme gab, welche damals nicht identiziert werden konnten, aber innert weniger Tage einen grossen Teil der inzierten Bienen tteten (Abb. 27). In den USA machte Burnside 19 bereits 1928 Septikmie mit dem Bakte-rium Pseudomonas apisepticus fr grosse Vlkerverluste verantwortlich.

    Abb. 26: Varroabefall und Bienentotenfall im Winter.In der Untersuchung von Dainat wies die unbehandelte Gruppe 1 (blau) whrend den Monaten Ok-tober bis Dezember einen hohen Bienentotenfall auf. Diese massive Reduktion der Lebensdauer der Winterbienen fhrte dazu, dass im Verlauf des Januars die meisten Vlker eingingen. Eine frhzeitige efziente Varroabehandlung ist fr das gute berwintern der Vlker deshalb usserst wichtig.

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    lkGruppe 1

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    Abb. 27: Septikmiebakterien verkrzen die Lebens-dauer.Aus dem Blut von Bienen, die an einer Septikmie gestorben waren, wurde ein nicht identiziertes Bakterium (Stamm H) gewonnen. Zwanzig gesunde Bienen wurden in eine Bakteriensuspension des Stamms H eingetaucht und anschliessend bis zu ihrem Tod in einem Liebefelderkstchen mit Zucker-wasser (1:1) gefttert. Die Bienen der Kontrollgruppe wurden in sauberes Wasser eingetaucht. Bei der Gruppe, in der die Bienen in eine Bakterien-suspension eingetaucht wurden, starben in den ersten zwei Tagen 60 % der Bienen im Vergleich zu nur 10 % bei der Kontrollgruppe (Wille und Pintr, 1961). Septikmiebakterien knnen die Bienen durch die Tracheen inzieren und zu einem raschen Tod fhren. Bei einem starken Befall kann dies zu einem raschen Rckgang der Bienenpopulation fhren.

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    5.6 Mischinfektionen

    Wille 147; 148 zeigte in verschiedenen Arbeiten, dass vor allem im Frhjahr in gesunden wie auch in geschwchten oder abgestorbenen Vl-kern verschiedene Erreger wie Nosema, Sep-tikmie, Rickettsiosen, Milben und vermutlich auch Viren 48 gleichzeitig vorkommen. Er konnte im Rahmen einer Untersuchung mit 8 Vlkern aufzeigen, dass bei Mischinfektionen im Frh-jahr zwischen der mittleren berlebensdauer der Bienen und dem Prozentsatz der erkrank-ten Bienen eine statistisch gesicherte Korrela-tion vorlag. Das heisst, Mischinfektionen sind in der Lage, die Lebensdauer der Bienen zu verkrzen, was wiederum je nach Situation im Frhjahr zu kritischen Phasen in der Volksent-wicklung fhren kann (Abb. 28). Wurde nur ein einzelner Erreger gefunden, so konnte keine Verkrzung der Lebensdauer nachgewiesen werden. Eine Untersuchung von geschwch-ten oder abgestorbenen Vlkern sollte nicht auf einen einzelnen Erreger beschrnkt wer-den. Wichtige Informationen zur Epidemiolo-gie dieser Erreger, deren Zusammenspiel sowie zu den Abwehrmglichkeiten der Bienen feh-len noch immer.Lckenhaftes Brutnest, Sauerbrut

    Abb. 28: Mischinfektionen und Verkrzung der Lebensdauer.Im Frhjahr kann es vorkommen, dass die Bienenvlker nicht nur mit einem Krankheitserreger be-fallen sind, sondern von einer Mischinfektion aus unterschiedlichen Krankheitserregern wie Nosema, Tracheenmilben, Septikmie, Rickettsiosen und Viren. In regelmssigen Abstnden wurden im Frh-jahr 1969 den Vlkern 30 und 32 Proben von lebenden Bienen entnommen. Die Hlfte wurde fr die Untersuchung verwendet, bei der man nach den oben erwhnten Krankheitserregern suchte (mit Aus-nahme der Viren). Bei den anderen Bienen wurde die durchschnittliche berlebensdauer der Bienen in einem Liebefelderkstchen in einem Brutschrank ermittelt. Bei Mischinfektionen mit Nosema und anderen Krankheitserregern (N) verringerte sich die berlebensdauer (L) (Wille, 1967; Wille, 1973). Unter diesen Bedingungen kann es zu Engpssen in der Brutpege kommen. Dies wiederum kann bei den Vlkern das Risiko fr Brutkrankheiten erhhen.

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    11. Februar 6. Mai 15. Juli

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    Kurzbersicht KrankheitenKrankheitserreger knnen das po-pulationsdynamische Gleichgewicht eines Bienenvolkes stren oder im Extremfall Vlker sogar auslschen. Diese Notsituationen treten vor allem Ende Winter und im Frhjahr auf. Das Volk hat aber auch verschiedene Ab-wehrmechanismen, die einem sol-chen Zusammenbruch vorbeugen. Auch der Imker kann durch seine Be-triebsweise viel beitragen. Voraus-setzung sind gute Hygiene, efziente sowie rechtzeitige Varroabekmpfung und ein bienenfreundlicher Standort. Ein gutes Hygieneverhalten der Bie-nen kann auch zchterisch gefrdert werden.

    5.7 Bakterienbefall der Brut

    Zum Einuss von Brutkrankheiten auf die Volksentwicklung gibt es praktisch keine Informationen, da die europische (Sau-erbrut) wie die amerikanische Faulbrut melde- und bekmpfungspichtige Krank-heiten sind und die Vlker sofort nach der Diagnose eliminiert werden. Mehrjhrige Er-fahrungen im Zusammenhang mit der epi-demiologischen Forschung zur Sauerbrut haben aber gezeigt, dass die heute in der Schweiz vorkommende Sauerbrut die Brut-aufzucht massiv stren kann. In vielen Fl-len kann es dann mit der Zeit an Nachschub von Bienen so stark mangeln, dass die stark geschwchten Bienenvlker sich nicht mehr verteidigen knnen, ausgeraubt werden und eingehen. Es gibt aber auch Vlker, bei de-nen eine Selbstheilung zu beobachten ist, ohne dass sich messbare Auswirkungen auf die Volksentwicklung zeigen. Die Frherken-nung der Krankheit und deren rasche Be-kmpfung sind aus epidemiologischer Sicht sehr wichtig. Nur so knnen eine gross-chige Ausbreitung der beiden Brutkrank-heiten sowie in den meisten Fllen starke negative Einsse auf die Volksentwick-lung, die allerdings oft erst im zweiten oder dritten Infektionsjahr auftreten, verhindert werden 6; 41; 44; 47; 55; 127. Faulbrutschorf

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    6 Imkerliche Massnahmen

    6.1 Ein- und Auswinterung

    Nach dem Erreichen des Hhepunktes der Populationsentwicklung zwischen Mitte Juni und Anfang Juli geht die Volksstrke in unseren Breiten markant zurck. Die Bienenpopulation nimmt innert 3 Wochen um 30 bis 70 % ab 154; 158. Der enge Zusam-menhang zwischen Brutaufzucht und Bie-nenpopulation, der bis zum Erreichen des Populationsmaximums zu verzeichnen war, ist nachher nicht mehr feststellbar 111. Die Langlebigkeit der Knigin und der Winter-bienen, die Futtervorrte in den Waben und die krpereigenen Reserven der Arbeite-rinnen ermglichen das berwintern (siehe 2.1.2 Ein Steuerungsmodell fr Sommer- und Winterbienen).

    6.1.1 Volksentwicklung im Sptsommer

    Je strker ein Volk im Sommer war, desto mehr Bienen verliert es spter prozentual. Die Volksstrke pendelt sich Ende Septem-ber zwischen 8 000 und 15 000 Bienen ein. Bis zur Winterruhe im November erfolgt ein weiterer Rckgang von 2 000 bis 3 000 Bienen 154. Es sind mehrheitlich die letzten Sommerbienen, die das Volk verlassen. Wh-rend in Wirtschaftsvlkern die Bienenpopu-lation im August stark abnimmt, erreichen die Jungvlker kurz vor der Einwinterung ihr Populationsmaximum. Kleinere Vlker und Vlker mit Jungkniginnen pegen im He