ungarisch-deutsche kontakte in schwierigen zeiten

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| Der Urologe [A] 3 · 2003 390 Antal Babics (Abb. 1) wurde am 04.08.1902 in einem kleinen Dorf gebo- ren, nördlich des Plattensees, unweit der Küste. Er war das achte Kind eines Bäckers. Sein ärztliches Diplom übernahm er 1928 in Budapest.Von 1929 an arbeite- te er an der Urologischen Klinik der Sem- melweis Universität, der damaligen Un- garisch Königlichen Peter Pázmány Uni- versität der Wissenschaft.Leiter der Klinik von 1920–1941 war Professor Géza Illyés, der später der erste Lehrer der urologi- schen Universität wurde. 1936–37 vertiefte er seine deutschen Sprachkenntnisse während einer Studi- enreise in Berlin,baute Verbindungen aus und verbreitete seine Kenntnisse der Phy- siologie der Nieren. 1941 ging Professor Illyés in Pension und die Klinik wurde von Babics weitergeführt. Trotzdem wurde 1943 Gyula Minder zum Leiter des Lehr- stuhles ernannt. Minder verließ Ende 1944 das Land und starb später in Zürich. Geschichte der Urologie I. Romics 1 · P.Rathert 2 1 Urologische Klinik, Semmelweis Universität, Budapest, Ungarn 2 Klinik für Urologie und Kinderurologie, Urologische Onkologie, Klinikum Düren Ungarisch-deutsche Kontakte in schwierigen Zeiten Professor Antal Babics (1902–1992) Antal Babics ist 1946 zum Professor der Urologischen Klinik ernannt worden, die er bis 1974 ununterbrochen geführt hat. 1950 schrieb er sein erstes urologisches Lehrbuch, das später mehrere Auflagen erreicht hat. 1948–50 und 1953–59 war er Dekan der medizinischen Fakultät,Präsi- dent der Ungarischen Gesellschaft der Urologen bis 1975, korrespondierendes Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften 1949, und ordentliches Mitglied seit 1950. Er wurde der Leiter der medizinischen Abteilung der Ungarischen Wissenschaftlichen Akademie 1958–1968. Er schrieb mehr als 200 wissenschaftli- che Publikationen in den Gebieten Uro- logie und Nephrologie. In den 1950er Jah- ren hat er mit seinen Mitarbeitern die Lymphzirkulation der normalen und ok- kludierten Niere geklärt. Er erhielt zahlreiche ungarische Aus- zeichnungen, darunter 1951 den Kossuth- Preis, den für Jahrzehnte höchsten unga- rischen wissenschaftlichen und künstleri- schen Preis. Von 1936 bis 1978 war er Mitglied der Führung der Internationalen Urologischen Gesellschaft (SIU), Ehrenmitglied der deut- schen, österreichischen, rumänischen und polnischen urologischen Gesellschaften, der tschechoslowakischen Purkyne Ge- sellschaft, mehrerer wissenschaftlicher Ge- sellschaften in Rumänien, in der Sowjet- union und in anderen Ländern. Babics war eine eigenartige Persön- lichkeit. Er hatte ein gutes Gefühl für Di- plomatie und war ein ausgezeichneter Ma- nager des Faches Urologie. Über Jahrzehn- te war er unangefochten der Leiter der un- garischen Urologie, der man größten Re- spekt zollte. Trotzdem wurde er Opfer des Konzeptionsprozesses 1953. Nur Stalins Tod rettete ihn vor dem Gefängnis und mit einem leichteren Herzinfarkt konnte er entkommen. Babics hat seine Sprachkenntnisse ge- nutzt und hat trotz der fast vollkomme- nen Unpassierbarkeit der Staatsgrenzen die gute Beziehungen mit deutschen und österreichischen Urologen ausgebaut. Wichtig waren ihm insbesondere die aus- gezeichneten Verbindungen zu den Pro- fessoren Alken und Übelhör. Er starb am 17.01.1992 in Budapest. Seinen 100. Geburtstag begehen die un- garischen Urologen mit hohem Respekt und danken für die von ihm gepflegten internationalen Kontakte. Korrespondierender Autor Prof. Dr. P. Rathert Klinik für Urologie und Kinderurologie, Urologische Onkologie, Klinikum Düren, Roonstraße 30, 52351 Düren Urologe [A] 2003 · 42:390 DOI 10.1007/s00120-003-0313-8 Online publiziert: 26. Februar 2003 © Springer-Verlag 2003 Redaktion P. Rathert, Düren D. Schultheiss, Hannover Abb. 1 Prof. Antal Babics – Urologe und einzigartige Persönlichkeit

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| Der Urologe [A] 3 · 2003390

Antal Babics (⊡ Abb. 1) wurde am04.08.1902 in einem kleinen Dorf gebo-ren, nördlich des Plattensees, unweit derKüste. Er war das achte Kind einesBäckers.Sein ärztliches Diplom übernahmer 1928 in Budapest.Von 1929 an arbeite-te er an der Urologischen Klinik der Sem-melweis Universität, der damaligen Un-garisch Königlichen Peter Pázmány Uni-versität der Wissenschaft.Leiter der Klinikvon 1920–1941 war Professor Géza Illyés,der später der erste Lehrer der urologi-schen Universität wurde.

1936–37 vertiefte er seine deutschenSprachkenntnisse während einer Studi-enreise in Berlin,baute Verbindungen ausund verbreitete seine Kenntnisse der Phy-siologie der Nieren. 1941 ging ProfessorIllyés in Pension und die Klinik wurde vonBabics weitergeführt. Trotzdem wurde1943 Gyula Minder zum Leiter des Lehr-stuhles ernannt.Minder verließ Ende 1944das Land und starb später in Zürich.

Geschichte der Urologie

I. Romics1 · P. Rathert2

1 Urologische Klinik, Semmelweis Universität, Budapest, Ungarn2 Klinik für Urologie und Kinderurologie, Urologische Onkologie, Klinikum Düren

Ungarisch-deutsche Kontakte in schwierigenZeitenProfessor Antal Babics (1902–1992)

Antal Babics ist 1946 zum Professor derUrologischen Klinik ernannt worden,dieer bis 1974 ununterbrochen geführt hat.1950 schrieb er sein erstes urologischesLehrbuch, das später mehrere Auflagenerreicht hat. 1948–50 und 1953–59 war erDekan der medizinischen Fakultät,Präsi-dent der Ungarischen Gesellschaft derUrologen bis 1975, korrespondierendesMitglied der Ungarischen Akademie derWissenschaften 1949, und ordentlichesMitglied seit 1950.Er wurde der Leiter dermedizinischen Abteilung der UngarischenWissenschaftlichen Akademie 1958–1968.Er schrieb mehr als 200 wissenschaftli-che Publikationen in den Gebieten Uro-logie und Nephrologie.In den 1950er Jah-ren hat er mit seinen Mitarbeitern dieLymphzirkulation der normalen und ok-kludierten Niere geklärt.

Er erhielt zahlreiche ungarische Aus-zeichnungen,darunter 1951 den Kossuth-Preis, den für Jahrzehnte höchsten unga-rischen wissenschaftlichen und künstleri-schen Preis.

Von 1936 bis 1978 war er Mitglied derFührung der Internationalen UrologischenGesellschaft (SIU),Ehrenmitglied der deut-schen,österreichischen,rumänischen undpolnischen urologischen Gesellschaften,der tschechoslowakischen Purkyne Ge-sellschaft,mehrerer wissenschaftlicher Ge-sellschaften in Rumänien, in der Sowjet-union und in anderen Ländern.

Babics war eine eigenartige Persön-lichkeit. Er hatte ein gutes Gefühl für Di-plomatie und war ein ausgezeichneter Ma-nager des Faches Urologie.Über Jahrzehn-te war er unangefochten der Leiter der un-garischen Urologie,der man größten Re-spekt zollte.Trotzdem wurde er Opfer desKonzeptionsprozesses 1953. Nur StalinsTod rettete ihn vor dem Gefängnis undmit einem leichteren Herzinfarkt konnteer entkommen.

Babics hat seine Sprachkenntnisse ge-nutzt und hat trotz der fast vollkomme-nen Unpassierbarkeit der Staatsgrenzendie gute Beziehungen mit deutschen undösterreichischen Urologen ausgebaut.Wichtig waren ihm insbesondere die aus-gezeichneten Verbindungen zu den Pro-fessoren Alken und Übelhör. Er starb am17.01.1992 in Budapest.

Seinen 100.Geburtstag begehen die un-garischen Urologen mit hohem Respektund danken für die von ihm gepflegteninternationalen Kontakte.

Korrespondierender AutorProf. Dr. P. Rathert

Klinik für Urologie und Kinderurologie,Urologische Onkologie, Klinikum Düren,Roonstraße 30, 52351 Düren

Urologe [A] 2003 · 42:390DOI 10.1007/s00120-003-0313-8Online publiziert: 26. Februar 2003© Springer-Verlag 2003

RedaktionP. Rathert, DürenD. Schultheiss, Hannover

Abb. 1 �Prof. Antal Babics – Urologe und einzigartigePersönlichkeit