Über hochvakuumdestillation mit hilfe von flüssiger luft

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L. Anschutz. Hochvakuumdestillation Mitteilung aus dem Organisch-chemischen Institut der Deutschen Technischen Hochschule in Brunn Uber Hochvakuumdestillation mit Hilfe von fliivsiger Luft Von Ludwig Anschiitz (Eingegaugen am 29. Dezember 1931) Die bereits atidernorts l) dargelegten Vorziige der Koch- vakuumdestillation mit Hilfe von flussiger Luft durften diesem Verfrthren immer zunehmende Verbreituog sichern. Verbesse- rungen der bisher fur diesen Zweck vorgeschlagenen Methodik erscheinen daher sehr erwiinscht. Andererseits miissen An- regungen bedenklich stimmen, die bei vermeidbaren Gefahren- momenten und Unvollkommenheiten veralteter Verfahren be- harren. Von diesen Gesichtspunkten aus sol1 auf eine kiirzlich erschienene ,,Bemerkung zur Hochvakuumdestillation mit Hilfe von fliissiger Luft und aktiver Kohle" von L. N. Lewina) naher eingegangen werden. Wie aus der if berschrift der genannten Veriiffentlichung hervorgeht, bedient sich der Autor statt des neuerdings vor- geschlagenen u n g e f a hrli c h e n Silica-Gels l) wiederum der ur- sprunglich fur diese Zwecke verwendeten aktiven Kohle, die zu schweren Explosionen Veranlassung geben kann, wenn sie durch Springen eines (fef88es mit flussiger Luft in Beriihrung kommt. Daher ist groBe Corsicht am Platz; ja man sollte sogar, sofern moglich, rnit fliissigem Stickstoff rjtatt rnit ,,flussiger Luft" arbeiten, die bekanntlich zumal bei langerem Aufbewahren aus nahezu reinem Sauerstoff besteht. Dieser kann namlich bei Bruch der Destillationsapparatur schon durch Zusammentreffrn mit Dampfen oder Kondensaten organischer Korper sehr gefahrlich werden. l) Ludwig Anschiitz, Ber. 69, 1791 (1926). *) Dies. Journ. [Z] 126, 217 (1930). Journal f. prakt. Chemie [21 Bd. 133. 6

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L. Anschutz. Hochvakuumdestillation

Mitteilung aus dem Organisch-chemischen Institut der Deutschen Technischen Hochschule in Brunn

Uber Hochvakuumdestillation mit Hilfe von fliivsiger Luft

Von Ludwig Anschiitz (Eingegaugen am 29. Dezember 1931)

Die bereits atidernorts l) dargelegten Vorziige der Koch- vakuumdestillation mit Hilfe von flussiger Luft durften diesem Verfrthren immer zunehmende Verbreituog sichern. Verbesse- rungen der bisher fur diesen Zweck vorgeschlagenen Methodik erscheinen daher sehr erwiinscht. Andererseits miissen An- regungen bedenklich stimmen, die bei vermeidbaren Gefahren- momenten und Unvollkommenheiten veralteter Verfahren be- harren. Von diesen Gesichtspunkten aus sol1 auf eine kiirzlich erschienene ,,Bemerkung zur Hochvakuumdestillation mit Hilfe von fliissiger Luft und aktiver Kohle" von L. N. Lewina) naher eingegangen werden.

Wie aus der if berschrift der genannten Veriiffentlichung hervorgeht, bedient sich der Autor statt des neuerdings vor- geschlagenen u n g e f a h r l i c h e n Silica-Gels l) wiederum der ur- sprunglich fur diese Zwecke verwendeten aktiven Kohle, die zu schweren Explosionen Veranlassung geben kann, wenn sie durch Springen eines (fef88es mit flussiger Luft in Beriihrung kommt. Daher ist groBe Corsicht am Platz; j a man sollte sogar, sofern moglich, rnit fliissigem Stickstoff rjtatt rnit ,,flussiger Luft" arbeiten, die bekanntlich zumal bei langerem Aufbewahren aus nahezu reinem Sauerstoff besteht. Dieser kann namlich bei Bruch der Destillationsapparatur schon durch Zusammentreffrn mit Dampfen oder Kondensaten organischer Korper sehr gefahrlich werden.

l) Ludwig Anschiitz, Ber. 69, 1791 (1926). *) Dies. Journ. [Z] 126, 217 (1930).

Journal f. prakt. Chemie [21 Bd. 133. 6

82 Journal fur praktische Chemie N. F. Band 133. 1932

Was die Ausfiihrung der Hochvakuumdestillation angeht, so greift L. N. L e w i n auf das Verfahren Ton A. W o h l und M. S. L o s a n i t s c h l ) zuruck, das auf der Wirkiing eines mit niissiger Luft gekuhlten Adsorptionsmittels heruht und im folgenden kurz als A d s o r p t i o n s m e t h o d e bezeichnet werden soll. Sie durfte den Vorzug or der Methode non E. E r d m a n n 2 ) verdienen, der durch Kondensation einer die Apparatur an- fullenden Kohlendioxydatmosphare mittels fliissiger Luft das beniitigte Hochvakuum herstellt; sein Verfahren sei daher kurz a19 K o n d en s a t i o n s m e t h o d e bezeichnet. Es ervcheint sehr hegreiflich, daB eine Kombination der AdsorptioiJs- und Kondensationsmethode zu den besten Ekgehnissen fuhrt. Dieses Verfahren, das als K o m b i n a t i o n s m e t h o d e bezeichnet werden 9011, wurde erstmalig von F r e d B e d f o r d 3 ) und spater unabtiangig von ihm *) in einfacherer Ausfiihrungsform von L u d w i g A n s c h u t z h ) vorgeschlagen. Durch das Zuruckgreifen auf die Adsorptionsmethode opfert L. N. L s w i n eirie Graben- ordnuug des durch die Kombinationsmethode erreichbaren Vrtkuums 6) , die als Mehraufwand lediglich das Einleiten von trockenem Kohlendioxyd erfordert. Wesentlicher ist, dab letzterev Verfahren schrieller wirkt und aurh dann noch ein brauchhares Hochvakuum zu erzielen gestattet, wenn die Dichtung der Destillationsapparatur Schwierigkritrn macht.')

Als Neuerung bringt Lewin in seiner Arbeit den Vor- schlag, bei der Adsorptionsmethode durch Anwendung einer Kapitlare ein ruhiges Sieden des Destillationsgutes zu bewirken.

l) Rer. 38, 4149 (1905). *) Ber. 36, 3456 (1903).

' s, Inaugural-Dissertativn (Tlalle 1906), S. 11 nnd Skizze 1 im Anhang. 4, Die Dissertation B e d f o r d s ist dem Verfasser dieser Notie erst

6, Ber. 69, 1791 (1926). 6, Der niedrigste von L e m i n getnessene Druek betrug 0,026 mm,

wtihrend das bei der Kornbinationsmethode beobachtetc Minimum bei 0,003 mm liegt, vgl. Ann. Chem. 664, 97 (1927).

7 Die Undichtigkeiten der ublichen Destillationsapparaturen lassen sich naturlich niemals gnnz bescitigen. Erhiilt sich das mit der Wawer- strxhlpumpe erzeugte Vorvakuum im g e s c h l o s s e n e n Apparat etwa 1 Min. ohne groBeren Ruckgang, so kann eine Hochvakuurndesrillation nach der Kombiuationsmethode un bedenklich begonnen werden.

durch die Arbeit L e w i n s bekannt gewordeu.

L. Anschutz. Hochvakuumdestillation 83

Dies ist in der Tat miiglich, ohne da6 hierdurch das Hach- vakuum beeintrachtigt wird, wie nicht anders zu erwarten war, da R i c h a r d Anschi i tz und R u d o l f B o c k e r ' ) sowie spater J o s e f H o u b e n 2, die gleiche Erfahrung bei der Kondensations- methode gemacht haben, die an Leistungsfahigkeit die anderen Nethoden kaum erseichen diirfte. Ubrigens beruht die Angabe von L e w i n auf einem Irrturn, da6 bei den spater vorgeschlagenen Methoden die Anwendung einer Kapillare nicht vorgesehen sei; zum wenigsten trifft dieser Hinweis nicht auf die von L u d w i g A n s c h u t z beschriebene Form der Kombinationsmethode ZU.~)

Ferner sei bemerkt, dal3 die von L e w i n vorgeschriebene 3- bis 4-stiindige Entgnsung des Adsorptionsmittels nach fruheren Erfahrungen auf '1, Stunde abgekiirzt werden kann 3, wenigstens sofern statt aktiver Kohle aus Aprikosenkernen gewohnliche Adsorptionskohle oder Silica-G-1 verwendet wird, Materialien, die zudem billiger sirld. Endlich fiihrt die vom Autor bevor- zugte Destillatron mit frrier Flamme leicht zu Zersetzungen und zur Ablesung von Uberhitzungstemperaturen, weshalb sich die Anwendung eines Heizbades empfiehlt.6)

l) Ann. Chem. 368, 78 (1909). *) Ber 52, 1460 (1919). s, Dies ergibt sich aus der Zeichnung, Ber. 69, 1793 (1926).

Ferner haben L. A n s c h u t s und W. B r o e k e r , dies Journ. [Z] 116 381 (1927), gezeigt, dab bei diesem Verfahren selbst Schliffe innerhalb der Apparatur das Hoehvakuum nicht beeintrlchtigen.

4J Vgl. L u d w i g A n s c h u t s , Bzr. 69, 1794 (1926). 6, Vgl. die bei H e r m a n n B e h r e n d t erschienene Broschure von

R i c h a r d A n s c h u t z ,,Die Destillation unter vermindertem Druck im Laboratorium", 2. Aufl., Y. 23f., Bonn 1895.

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