Über die speicherung des arsens im gehirn nach applikation von neosalvarsan, arseniger säure und...

11
XII. Aas dem Pharmakologisehen Institut der Universiti~t Berlin. Uber die Speicherung des Arsens im Gehirn naeh Applikation von Neosalvarsan, arseniger S~ture und Arsens~iurel). Von B. Engelmann. (Eingegangen am 6. IV. 1928.) Die Tatsaehe, dal~ naeh Einverleibung yon Arsenverbindungen, insbesondere 5Teosalvarsan (STeo-S.), in den Organismus die Him- und Rfickenmarksubstanz meist vS1]ig frei yon Arsen gefunden war; hatte Veranlassung gegeben zu zah]reichen Versuehen, die Aufnahmefi~higkeit des Zentralnervensystems ffir Arsen zu steigern. Indessen hat keine der diesbezfiglichen Methoden, mit Ausnahme der Kombination yon iNTeo-S, mit Methylenblau usw. 2, s) und der An- wendung einer artifizie]len Meningitis4),: eine experimentelle Nach- prtifung erfahren. Die Untersuchungen yon C. N. Myers fiber den Ein- flu~ yon Farbstoffen auf das Eindringen yon Arsen in das Zentralnerven- system ergaben, dal~ der Arsengehalt des Gehirns bei Kombinationen von 5Teo-S. mit Farbstoffen, wie z. B. Trypanrot, Bismarckbraun, Methylenblau, Trypanblau und anderen, nieht wesent]ich gei~ndert war. So sagt Stfihmer im Handbueh Kol]e-Zieler S.509, Bd. 1: ~>.. Exakte Untersuchungen abet tiber die Arsenaufnahme nach solehen Maf~nahmen liegen nicht vor. (, Die vorliegenden Untersuehungen sollen einen Beitrag zu diesem Thema liefern. 1) Ausgefiihrt mit Untersttitzung der 51otgemeinschaft der Deatschen Wissenschaft. 2) Kalberlah, Mtinch. reed. Wochenschr. 1922, l'?r. 4. 3) C. Iq. Myers, Proc. of the soc. f. exp. biol. a. med. 1925, Bd. 22, S. 441. 4) Hoff und Silberstein, Jahrb. d. Psychiatrie u. INeurol.1924, Bd. 43, S. 75.

Upload: b-engelmann

Post on 10-Aug-2016

212 views

Category:

Documents


0 download

TRANSCRIPT

XII.

Aas dem Pharmakologisehen Institut der Universiti~t Berlin.

Uber die Speicherung des Arsens im Gehirn naeh Applikation von Neosalvarsan, arseniger S~ture und Arsens~iurel).

Von

B. Engelmann. (Eingegangen am 6. IV. 1928.)

Die Tatsaehe, dal~ naeh Einverleibung yon Arsenverbindungen, insbesondere 5Teosalvarsan (STeo-S.), in den Organismus die Him- und Rfickenmarksubstanz meist vS1]ig frei yon Arsen gefunden war; hatte Veranlassung gegeben zu zah]reichen Versuehen, die Aufnahmefi~higkeit des Zentralnervensystems ffir Arsen zu steigern.

Indessen hat keine der diesbezfiglichen Methoden, mit Ausnahme der Kombination yon iNTeo-S, mit Methylenblau usw. 2, s) und der An- wendung einer artifizie]len Meningitis4),: eine experimentelle Nach- prtifung erfahren. Die Untersuchungen yon C. N. Myers fiber den Ein- flu~ yon Farbstoffen auf das Eindringen yon Arsen in das Zentralnerven- system ergaben, dal~ der Arsengehalt des Gehirns bei Kombinationen von 5Teo-S. mit Farbstoffen, wie z. B. Trypanrot, Bismarckbraun, Methylenblau, Trypanblau und anderen, nieht wesent]ich gei~ndert war. So sagt S t f i h m e r im Handbueh Kol ]e -Zie le r S.509, Bd. 1: ~>.. Exakte Untersuchungen abet tiber die Arsenaufnahme nach solehen Maf~nahmen liegen nicht vor. (,

Die vorliegenden Untersuehungen sollen einen Beitrag zu diesem Thema liefern.

1) Ausgefiihrt mit Untersttitzung der 51otgemeinschaft der Deatschen Wissenschaft.

2) Kalberlah, Mtinch. reed. Wochenschr. 1922, l'?r. 4. 3) C. Iq. Myers, Proc. of the soc. f. exp. biol. a. med. 1925, Bd. 22, S. 441. 4) Hoff und Silberstein, Jahrb. d. Psychiatrie u. INeurol. 1924, Bd. 43, S. 75.

182 XII. B. EXGnLMAN~.

I. Methoden der Arsenbestimmung.

Ftir den Nachweis kleiner und kleinster Nengen Arsen wurde zu- niichst die yon Bang 1) angegebene Titrationsmethode herangezogen, deren Gebiet nach seinen Angaben zwischen etwa 5 mg und 0,02 mg - - der letztere Wert scheint naeh mlseren Erfahrungen zu tier gegriffen - - liegt. Der Gang der Analyse ist kurz Mgender: Die Verasehung finder Init konzentrierter SchweMsi~ure und Salpetersi~ure statt, und zwar in der Weise, dal3 das Untersuchungsmaterial in einem 300 ecm-K-jeldahl- kolben mit 20--22 ccm konzentrierter SchweMsi~ure fiberg0ssen und hierzu unter leichter Erw/irmung, zun~chst vorsichtig, aus einem fiber dem Kolben angebrachten Topftrichter Salpetersi~ure hinzugeftigt wird. Nach der Veraschung, vSlliger Entfernung jedes Salpetersi~urerestes, bzw. aller, nitrosen Gase werden zu dem meist farblosen Inhalt, in dem jetzt a]les Arsenals Arsensi~ure vorliegt, 30 cem Wasser, etwa 10 g Mohrs Salz sowie 20 g Chlorkalium hinzugeffigt. Nach Verbindung des Destillationskolbens durch ein Destillationsrohr mit einem als Vorlage dienenden 300 ccm-Freseniuskolben, der 30 ecru 20%ige nitritfreie Natronlauge und 100 ccm Wasser mit zwei Tropfen PhenolphthaMn ent- hNt, wird die Destillation vorgenommen, die mit der plStzlich eintreten- den Entfi~rbung des Indikators beendet ist. Die iodometrische Bestim- mung des Arsens in der Vorlage als arsenige Siiure erfolgt in fiblieher Weise. Titriert wird mit einer 11/200 JodlSsung. Das zur Neutralisation angewandte Natriumbikarbonat mul3 mit Xohlendioxyd vorbehandelt werden.

Der yon uns bei vier Blindanalysen gefundene Verbrauch an n/200 JodlSsung (s. S. 205 des Originals) ]iegt an der unteren Grenze der yon ihm angegebenen Korrektion, d.h. 0,55--0,6 ccm. Ebenso liegt die Fehlergrenze innerhalb der zugelassenen, d.h. 0,05 mg (s. S. 208 des Originals).

Beleganalysen.

1. Analyse I 2. Analyse 3. Analyse 5 g Lebersubstanz l 5 g Lebersubstanz 5 g Lebersubstanz

-~ 0,5 ecm n/10 ~- 0,5 ecru n/10 ~- 0,25 cem n/10 arseniger S~ure arseniger S:Xure ~rseniger S~iure

Berechnet 1,875 1,875 0,94

Gefunden 1,91 1,895 0,91

1) Bang, Biochem. Zeitschr. 1925, Bd. 161, S. 195.

Uber die Speicherung" des Arsens im Gehirn usw. 183

Aber selbst diese empfindliehe Methode reichte oft nieht zur Er- fassung der im Gehirn befindliehen minimalen Arsenmengen aus and so wurde sehliel~lieh noeh gleiehzeitig die Marshsehe 1V[ethode in der Anordnung yon L o e k e m a n n benutzt. Hierzu wurde eigens eine Skala yon Arsenspiegeln hergestellt, die, mit 0,37 mg beginnend, bis zu 0,003 mg Arsen herabsteigt.

II. Yersuchsanordnung und .ausfiihrung. Als Versuchstiere dienten Kaninchen yon durchschnittlictl 2 kg

Gewicht. Angesetzt wurden ftir jeden Versuch 3--5 Kaninchen. 3 bis 4 Tage nach der letzten intravenSsen Injektion des Arsenpr~parates wurde~ die Tiere entblutet. Auf diese Weise konnte die Ni~glielakeit, dal~ mit dem Gehirn arsenhaltige Blutreste verarbeitet wurden, ausge- schlossen werden, da um diese Zeit das )Ieo-S. bzw. Arsen aus dem Blute ausgeschieden ist (Kolle-Zieler , Bd. 1, S. 501). - - Eigene Kon- trollen nach Marsh fanden das Blut frei yon Arsen.

])as yon den Meningen befreite and gewogene Gehirn wurde nach Bang im Kjeldahlkolben verascht. Der wasserklare Riickstand wurde 4ann nach Verdiinnung mit Aqua dest. in einen 100 cem-Mel3kolben tiberftihrt und mit Aqua dest. aufgeftillt. Hiervon warden stets 10 ccm fiir eine Probe naeh Marsh verwandt, wi~hrend mit der restlichen L~isung naeh entspreehender Zufiigung yon konzentrierter Schwefels~ure Doppel- bestimmungen naeh Bang ausgeftihrt wurden. War in 10 eem kein Arsen naehweisbar, so wurde die Marshsehe Probe mit 20 eem, 30 Gem and mehr wiederholt. So konnten einerseits aueh kMnste Spuren Arsen dem Nachweis nicht entgehen, andererseits bildete die Bestimmungs- methode nach der Arsenskala eine geeignete Kontrolle ftir das mit der Titration erzielte Ergebnis, and umgekehrt.

Bei den Versuchen mit N e o s al v ar s a n 1) wurde soweit wie mSglich mit grol~en Dosen gearbeitet, in der Erwartung, damit quantitativ besser fagbare Arsenmengen im Gehirn zu erhalten. Ferner wurde die Dar- reiehung des organischen Arsenpriiparates in einer der mensehliehen Therapie mSgliehst i~hnliehen Weise gestaltet: Die Kaninehen erhMten in lwSehentliehen Absti~nden bei den den jeweiligen Vei'suehsreihen entspreehenden Bedingungen iatravenSs Neo-S.-Injektionen zu 0,3 g bzw. etwas weniger, dem Gewieht entspreehend (Neo-S.-Dosierung: 0,15 g pro Kilogramm KSrpergewieht), in Summa etwa 300 mg Arsen. Diese ,)Kur (( erstreckte sich tiber durehsehnittlieh 5 Wochen.

1) Die hierfiir benStigten Neo-S.-Meng'ea stelltea mir die ttiJchster Farb- werke in dankenswerter Weise kostenlos zur Verfiigung.

184 XII. B.E~GELMANN.

Von den naehzupriifenden ?~[ethoden sehieden die intrakranMlen und intrahmbalen yon vornherein aus; denn erstens sind diese am Kaninchen sehwer durchftihrbar, dann abet widerspreehen ihre Grund- lagen so allen bisherigen experimentell gewonnenen Kenntnissen fiber das Verhalten des Liquor, dal3 yon diesbeziigliehen Untersuehungen Abstand genommen wurde. Wir erinnern nut an die Untersuehungen der LiquorstrSmung dutch SehSnfeldl) , SchSnfeld und Lei- pold e) u.a., ferner an die Untersuchungen fiber die Resorption des Ependyms dureh Peterhofa) .

Die intralumbalen Methoden sehaffen wahrseheinlieh, worauf aueh Hans HofI 4) hinweist, eine ~)ehemisehe Menigitis,, jedenfalls eine transitorisehe Seh~digung der das Gehirn sehiitzenden Zellen.

Der fiberwiegende Teil der anderen Nal~nahmen geht yon der Vor- stellung aus, dag die Meningen, die Plexus ehoriodei bzw. die GefEl3e und Gewebe eine Art Sehutzwall fiir das Gehirn bilden und suehen diese >)Sperre<< fiir das auf dem Blutweg einverleibte ehemisehe Mittel dureh- gangig zu maehen dureh gMehzeitige intravenSse Einfiihrung yon Trau- benzuekerlOsung, dureh Erzeugung yon Fieber usw.5).

Von diesen Verfahren wurden die aussiehtsreiehsten ausgewEhlt.

a) Kontrolltiere.

Die Tiere erhielten allein intravenSse Neo-S.-Injektionen in lwSehentliehen Abst~nden, und zwar Serie a~ ]e ffinf Injektionen, Serie a 2 je zwei Injektionen.

b) K o m b i n a t i o n der i n t r a v e n S s e n Neo-S.-Injektion mit i n t r a v e n S s e r Traubenzueker-Inj ektion.

Die Tiere erhielten unmittelbar vor der Neo-S.-Injektion 20 ecru einer 50% igen TraubenzuekerlSsung ~ntravenSs.

e) N e o - S . = I n j e k t i o n be i h o h e m F i e b e r .

Zur Fiebererzeugung benutzten wir folgendes Verfahren: Eine auf drei Agarplatten ausgespatelte Paratyphus B-Kultur wird im Achat- mSrser mit leem Glyzerin verrieben. Diese Emulsion wird mit 10 ecru

1) Sch~nfeld, Dermatol. Zeitsehr. 1924, Bd. 40, S. 193. 2) SchSnfeld uud Leipold, Zeitschr. f. d. ges. Neurol. u. Psyehiatrie

1925, Bd. 95, S. 473. 3) Peterhof, Kongr.-Zentralbl. 1926, Bd. 40. S. 87. 4) H. Itoff, Jahrb. f. Psychiatrie u. Neurol. 1923, Bd. 42, S. 201--29.4. 5) Zusammenh~ngende Darstellungen tiber dieses Gebiet beschrieben im

Handbuch der Salvarsantherapie Kolle-Zieler 1924, Bd. 1, S. 509; Bd. 2, S.458.

Uber die Speicherung des Arsens im Gehirn usw. 185

physiologiseher Koehsalzl6sung verdiinnt und bei 56 ~ zweeks Abt~tung 15 Minuten lang erhitzt. Davon 2--3 eem pro dosi subkutan.

D~e Temperatur der Tiere wurde vor und naeh der Injektion der Paratyphus B-Emulsion festgestellt. Der HShepunkt des Fiebers trat naeh etwa 2~/2 Stunden auf. Die Temperaturen stiegen bis auf 40 ~ und dartiber. Zu dieser Zeit land dann die intraven6se Neo-S.-Injektion statt.

d) Neo-S.-Injektion in Narkose.

Die Versuchsanordnung war folgende: Verwandt wurde als Nar- kotikum zun~ehst eine 25% ige Urethanl~sung, die in der Dosis yon i g pro Kilogramm subkutan verabfolgt wurde. Es wurden zwei Reihen yon je zwei Kaninehen angesetzt; bei der ersten Versuehreihe erfolgte die Neo-S.-Injektion immer 31/2 Stunden nach der Urethaninjektion, bei der zweiten Reihe I Stun@ danaeh.

Weiter haben wit als Narkotikum der Fettreihe ~ther angewandt. Es wurden hierzu ftinf Kaninehen angesetzt. Die Inhalationsnarkose wurde in der im Praktikum yon Magnus angegebenen Weise vorge- nommen: Eine Glaskantile wird in die Trachea eingebunden und diese Kantile mit dem Apparat ftir kiinstliehe Atmung in Verbindung gebraeht. Dureh eine eingesehaltete _~therflasche mit doppelt durehbohrtem Stopfen, eingeftihrten Glasr~hren mit Zweiwegeh~thnen usw. wird es er- m~g]ieht, das Luft-Kthergemiseh in beliebiger weehselnder Zusammen- setzung in die LuftrOhre gelangen zu lassen. Als einen, zu Vergleichs- zweeken geeigneten, ann~hernden Mal~stab fiir die Tiefe der Narkose benutzten wir die Empfindliehkeit der Cornea fiir den mit den v. F r e y - sehen Reizhaaren auf sie ausgetibten Reiz, daneben wurde auf Sehmerz- empfindliehkeit bei Stechen und Kneifen der Haut gepriift, der Tonus der Muskulatur beobachtet usw. Die im folgenden angefiihrten Milli- gramme beziehen sieh auf das Reizhaar, das einen Cornealreflex auszu- l~sen vermochte. Wegen entziindlieher Ver~nderungen der Trachea und ihrer Umgebung war ein Ofteres Einfiihren der Kaniile als zweimal nicht mOglich. Dementsprechend erhielten die Tiere aueh nur zwei Neo-S.-Injektionen ~n lwOehentliehen Abst~nden. Das Entbluten der Tiere land, wie tiblieh, am 3. Tage nach der letzten Injektion start.

e) IntravenSse l~eo-S.-Injektion bei bestehender Amylnitrit einwirkung.

Den Kaninehen wurde die Kappe mit durehsehnittlich zehn Tropfen vorgehalten. Zur Zeit der maximalen Gef~dilatation, die am Ohr Ieieht festzustellen war, erfolgte die Neo-S.-Injektion.

186 XII. B. ENGELMANN.

f) IntravenSse Neo-S.-I~jektion naeh Vorbehandlung mit Coffein und Theophyll in.

In der einen Versuehsreihe erhielten die Kaninehen unmittelbar vor jeder ~eo-S.-Injektion 0,1 g Coffein pro Kilogramm in Form yon Coffein. natr.-salycil, subkutan. In der anderen Reihe unmittelbar vor jeder ~eo-S.-Injektion 0,1 g Theophyllin pro Kilogramm in Form yon Theophyllin. natr. acetic, subkutan.

g) Intraven~}se Neo-S. -Injekt ion bei artefizieller Meningitis.

Betreffend der Infektionsart der I-Iirnh~ute mSehten wir folgendes sagen: Die yon F l exnc r und Amol3 in Vorschlag gebrachte und yon t t a y d e n und S i lbe r s t e in wiederholte •Iethode, durch intralumbale Injektion von sterilem Pferdeserum eine >>artifizielle Meningitis<~ zu schaffen, hielten wir im vorliegenden Falle fiir ungeeignet. Nach den ge- nannten Autoren soll es zu einer sterilen, rasch vortibergehenden Reizung yon Plexus und Meningen kommen. Dabei soll eine >)leiehte Infiltration der ~eningen und der obersten Anteile des Gehirns<< bestehen, >>aueh ge- ringe Eiweil~vermehrungen im Liquor<<. Eine Infektion mit Pneumo- kokken dtirfte bei ihrer hohen Pathogenit~t ft~r Kaninehen nicht zum Ziele ft~hren, da das Tier voraussiehtlieh vor Ausbildung der ~r an der Allgemeininfektion eingehen wiirde. Aueh yon ~eningokokken nahmen wir wegen ihrer grol~en Empfindliehkeit bei der Fortziiehtung, ihrer geringen Tierpathogenit~t usw. zun~ehst Abstand.

Daher w~hlten wir die subdurale Infektion der Kanin'chen mit ,Encephalitis-Virus<< d.h. einem >>Herpes-Virus<<, das subdural fort- geziiehtet war und bei dem Passagekaninehen besonders h~ufig eine ~)herpetische Encephalitis<< hervorgerufen hatte. Von einer in Koehsalz (physiologisehe) hergestellten Emulsion des betreffenden Gehirns - - das uns v o n d e r ehemotherapeutischen Abteilung des Institutes R o b e r t Koch freundlichst iiberlassen wurde - - erhielt das Tier 0,2--0,3 ecru subdural. Wir benutzten diesen Infektionsmodus, da die entziindlichen Veri~nderungen nach DSrr 1) hierbei >>relativ hiiufig und tiberwiegend die Gro~hirnrinde, betreffen und >>die Konvexitiitsmeningitis meist recht stark ausgepr~gt(< ist. Die Inkubationszeit betragt etwa 4--6 Tage. Die Erkrankung selbst tiihrt in 24--48 Stunden zum Tode.

h) Neo.S.-Injektion in die Carotiden. Die intracarotideale Injektion wurde sechsmal an versehiedenen

Kaninehen naeh operativer Freilegung der Carotis versucht. Die Ver- suche mu~ten abet abgebrochen werden, da sich ihre Ausfiihrung wegen der

1) D~irr, Zentralbl, f. Haut- u. Geschlechtskrankh. 1925, Bd. 15, S. 12ff.

Uber die Speichernng des Arsens im Gehirn usw. 187

hierfi~r zu klsinen und zarten Carotis des Kaninehens als unmSglich erwies, Insbesondere sehlol] sieh das GsfgB im Gsgensatz zu den Verh/fltnissen bsim N[enschen, selbst bsiAnwendung feinster Kaniilen, niemals spontan, sondsrn muBte sofort abgebundsn werden, wodureh das I-Iauptprinzip, die direkt ins Gehirn gerichtete ~>vis a tsrgo<< zunichte gemaeht wurds.

Als Vertreter anorganisehsr Arsenverbindungsn wurdsn Natrium- arsenit und l~atriumarsenat gewghlt, mit dsnsn js eine Versuehsreihe angssetzt wurde. In der einsn Reihe srhislten dis Tiere mit jeder In- jektion 2 mg As pro Kilogramm in Form yon Natriumarsenit intravenGs, in der andersn mit jsder Iujektion 4 mg AS pro Kilogramm in Gestalt yon l~atriumarsenat intravsnSs.

In beidsn Versuehsreihen wurdsn dis Injsktionen bsi jedsm Tier in 8tggigen Abst/~ndsn 5--6 real wiederh01t.

Fsrner botch yon Kuro da 1) am hiesigen Institut ausgefiihrts Unter- suehungen an Hunden mit chronisehsr Arssnikvergiftung sine willkom- msne Gelegenheit, das Gshirn derartiger Tiere auf Arsen zu untersushsm

Der Arsenhund 1, 15,6 kg sehwsr, harts in der Zeit vom 8. Januar bis 28. Juni 1926 insgesamt 316 g arsenigs S/~urs per os erhalten; die Tages- dosis war mit 5 mg begonnsn und bis zu 50 mg gesteigert worden. Am 28. Juni trat Ilsus und Exitus ein. - - Gehirngewieht 78,0 g.

Bei dem Arssnhund 2 mit sinsm Gewicht yon 13,7 kg war der Be- ginn und die Art dsr Darreiehung yon Arssn dis gleiehe, nur mit dem Untsrsehisd, daB Hund 2 die t/~gliche Dosis yon 50 mg 8 Tags lgnger erhalten hatte, so dab die Gssamtmenge 3,99 g arsenigs S/~ure betrug. Am 8. Ju]i 1926 ging das Tier an Arsenvergifttlng ein. - - Gehirngswicht 70,0 g.

III. Ergebnisse der u mit Neosalvarsan. Die gefundenen, in Milligramm angegebenen As-Mengen sind s~mtlich auf

10 g frische ttirnsubstanz umgerechnet.

Kanin- Ar t der chen Neo-S.-Dar-

reichung Nr.

2 , Neo-S. 3 allein 4

Gesamte ] Im Gehirn Menge des injizierten i Arsen

! gefunden Neo-S.2) [ in mg

in g I

Bemerkungen

1,5 0,04 1,5 0,05 1,5 0.03 0,6 0,003

1) K u r o d a , Arch. f. exp. Pathol. u. Pharmakol. 1927, Bd. 120, S. 330. 2) Die Neo-S.-Dosierung wurde durch wSchentliche W~igung der Kaninchen

bestimmt.

188 XlI. B. ENGEL~AN~.

Kanin- chert

Nr.

10

11

12

13

14 15

16 17 18 19

20

21 22 23 24

25

26

27 28

29

30

31

Art der Neo-S.-Dar-

reiehung

Gesamte !Im Gehirn Henge des Arsen injizierten gefunden

Neo-S.in g j in mg

Neo-S. I 0,6 allein I[ 0,6

Neo-S. I] 1,5 mit J / 1,5

Trauben- ) / 1,5 zucker ( j

0,52 Neo-S.

bei I Fieber 0,52

Neo-S. [ 0,6

in Urethan- ~ 1,43 narkose [ 1,27

1,5

0,6 Neo S. 0,6

in 0,6 Ather- 0,6 narkgse

0,3

Neo-S. | 1,5 mitAmyl-/ 1,5

nitrit ( 1,5 1,5

Neo-S. 1,2 mit

Coffein 115

1,5 ~Neo-S. 0,3

mit Theo- phyllin 0,52

0,3

Neo-S. bei

~Ienin- gifts 018

f

nieht mef3- ~ bare Spur

0,03 0,1 0,08

0,06

0,04

0,006

0,01

nicht mel3- bare Spur

0,01 0,006 0,02

nieht me,- bare Spur

2,4 !

nieht mei3- bare Spur

0,02

0,02

0,01 L

Bemerkungen

21/2 Tage nach der letzten Injektion schwer krank entblutet. In Dtinn- darm and Nieren massenhaft Hiimorrhagien.

+ am 2. Tage uaeh der 2. Neo-S.- Injektion.

+ am 4. Tage naeh der 2. Neo- S.-Iujektion. Neo-S.-Injektion 3~/.~ Stunden naeh der Urethan- injektion.

Neo-S.-Injektion 31/2 Stunden nach der Urethaninjektion.

Neo-S.-Injektion 1 Stunde nach der Urethaninjektion.

' Cornealreflex vor der Narkose bei 150--200 rag. Z e i t p u n k t der 1. N e o - S . - I n j e k t i o n : Corneal- reflex bei 500 mg gerade noeh oder uicht mehr ausl5sbar. Zei t- p u n k t der 2. Neo-S . - In jek- t ion : naeh 10. 15, 25 und 30 Mi- nuten danernder, tiefer Narkose mit aufgehobenem Cornealreflex, erschlaffter Muskulatur, Reak- tienslosigkeit auf Sehmerzreize

jeder Art.

+ 2 Tage naeh der 4. kombinierten Inj ektion.

+ am 6. Tage uach der 1. kombi- nierten Injektion.

+ am 2. Tage nach der 2. kombi- nierten Iniektion.

Typische ,herpetische Meuingo- encephalitis r Hirnhiiute triib, z. T. eitrig infiltriert. -- + 1 Tag naeh der Injektion. Blutunter- suchung auf As: --.

Bis auf eiumalige Krlimpfe yon klinischen Symptomen einer Meningitis frei geblieben.

IV.

0ber die Speicherung des Arsens im Gehirn usw.

Ergebnisse der Yersuehe mit anorganischen Arsenverbindungen.

189

Kanin- chen

bTr.

Injizierte Arsen-

verbindung

Gesamte injizierte Arsen- menge in mg

32 } Natrimn-arsenit [ 25,8 33 / 24,8 34 11,0 35 } - / 41,6

37 42,4

Im Gehirn Arsen

gefunden in mg

Bemerkungen

0,01 0,01 -~ am 6. Tage nach der 3. Injektion.

0,009 0,02 I

H u n d e mi t ch ron i scher Arsen ikve rg i f tung .

Hund

bTr.

Injizierte Arsen-

verbindung

Gesamte Jim Gehirn injizierte t Arsen Arsen- gefunden menge in mg in mff

-- 0,04 0,03

Bemerkungen

Der Durc.hschnittswert der Kontrolltiere 1, 2, 3 (0,04rag) stimmt mit dem Resuttat iiberein, das B r u h n s und Die t r ich1) bei einer im hiesigen Institut nach Mar s h ausgeftihrten Gehirnuntersuchung gefunden hatten: Bei einer 50jithrigen Frau, die im Verlaufe yon etwa 41/2 Wochen 1,9 g Neo-S. erhalten hatte, 0,03 mg As, auf 10 g Hirnsubstanz berechnet.

Setzen wit die Ergebnisse der Versuche, dem Neo-S. einen erhShten Eintritt ins Zentra.lnervonsystem zu verschaffen, in Beziehung zu den theoretischen Voraussetzungen fiir die obigen ]~{ethoden, so besteht auf Grund vorliegender Untersuchungen zwischen beiden eine mehr oder weniger erhebliche Differenz. Eine Ausnahme hiervon macht anscheinend die Kombination mit Traubenzucker, die sich schon bei klinischer Nach- priifung dutch Scho lz und R i c h t e r e ) , P r a n t e r 3 ) , S i lbe r s r u. a. als brauchbar erwiesen hat, deren Wirkung tibrigens theoretisch nicht v611ig klar ist.

1) Dtsch. med. Wochenschr. 1923, I~r. 33. 2) Richter , Ebenda 1921, ~r. 50. 3) Pranter, Wien. klin. Wochenschr. 1921, I~r. 16. 4) Si lbers te in , Dtsch. reed. Wochenschr. 1923, Nr. 11.

190 XII. B . E ~ E L ~ A ~ .

Interessant ist der bier festgestellte, fehlende EinfluB des Coffeins und Theophyllins auf das Eindringen des Neo-S. ins Gehirn, wenn man die Experimente yon FrSh l i ch und Zaek 1) beriieksiehtigt, auf Grund deren diesen beiden Substanzen ein deutlieher Einflu] auf den Ubertritt yon Shurefuchsin, Morphin, i~[agnesiumsalzen und anderen ins Zentral- nervensystem zukommt.

Der Befund bei Kanichen 25 in der Coffeinreihe ist ganz auffallend und kann zur zeit auch nicht erkl~rt werden. Ein Zusammenhang zwischen dem sehr hohen Arsengehalt des Gehirns und dem vorzeitigen Eingehen des Tieres ist mSglich.

Zu den Fieberversuchen ist noeh zu bemerken, dab vier weitere hierfiir angesetzte Kaninchen in Zeiten yon 11/2 Stun@ bis 11/2 Tag nach der 1.1Yeo-S.-Injektion, zum Teil miter Kriimpfen, eingingen. Der Grund hierftir ]iegt offenbar in der bekannten herabgesetzten Toleranz des Organismus gegentiber dem Salvarsan bei fieberhaften Erkrankungen.

V. Zusammenfassung.

1. Bei einer fiber 2 Wochen verteilten intravenSsen Darreichung von etwa 120 mg As in Form von 1Neo-S. gelangt Arsen gar llieht oder nur in Spuren in das Zentralnervensystem.

2. Naeh einer fiber mehrere Woehen verteilten intravenSsen Dar- reiehung yon etwa 300 mg As in Form yon ~Neo-S. betr~igt die ins Gehirn eingedrungene Menge durchschnittlieh 0,04 mg As pro 10 g Gehirnsub- stanz. Es geht daraus hervor, dab eine liingere Zeit in gentigender Menge fortgesetzte ~eo-S.-Darreichung zu einer relativ deutliehen Arsenspeiche- rung im Gehirn fiihrt.

3. Der bei der Kombination yon .Neo-S. mit Traubenzucker gefun- dene Durehschnittswert yon 0,07 mg liegt h6her. Es seheint hiernaeh bei dieser l~ethode eine im Vergleich zur alleinigen ~Neo-S.-Apptikation vermehrte 3ienge Arsen yore Gehirn aufgenommen zu werden.

4. Die Arsenaufnahme des Zentralnervensystems naeh intravenSsen Neo-S.-Injektionen bei Fieberzustand des Organismus ist erhebIich er- hSht. Doeh ist diese ErhShung mit einer sehweren, zum Exitus ffihrenden toxischen Sch~digung der Tiere verbunden infolge der im Fieber herab- gesetzten Toleranz gegeniiber 1Neo-S., des ver~inderten Verteilungsmeeha- nismus desse]ben usw.

5. Die Verabfolgung des Neo-S. in Urethannarkose ftihrt nicht zu einem vermehrten Eindringen des Arsens in die Substanz des Zentral-

1) F r S h l i c h und Zack , Wien. klin. Woehenschr. 1926, Jhg. 39, Nr. 18, S. 493--497.

Uber die Speicherung des Arsens im Gehirn usw. 19i

nervensystems, sondern im Gegenteil zu einer teilweisen oder vSlligen Aufhebung der normalen Aufnahmef~higkeit des Gehirns fiir Arsen.

Anch tiefe, ausgedehnte Athernarkosen vermSgen in keinem Falle, dem Neo-S. den Eintritt ins Gehirn zu erleiehtern, eher ersehweren sie den Eintritt.

6. Vorbehandhng mit gef~g-, besonders hirngef~/3erweiternden Mitteln, wie Amylnitrit, Coffein, Theophyllin, ]~gt keinen erhShten, eher einen verminderten Ubertritt des Neo-S. in die Substanz des Gehirns bei obiger Versuehsanordnung erkennen. Vielleieht lagt sieh, wenigstens bei Coffein und Theophyllin, dieses Resultat damit erkl~ren, dal~ die an sieh sehon frfihzeitige und sehne]le Ausseheidung des Neo-S. noch um ein Betr~ehtliehes gesteigert wird.

7. Die Aufnahmef~higkeit des Gehirns fiir Arsen bei zur Zeit einer akuten Meningitis erfolgten Neo-S.-Injektion seheint nieht wesentlieh hSher zu sein. Weitere Nachprtifungen mfissen diese Verh~ltnisse kl~ren.

8. Naeh einer fiber 5--6 Wochen verteilten intraven6sen Darreiehung yon etwa 25 mg As. in Form von Natriumsenit liegen die ins Gehirn ein- ge&'ungenen Arsemnengen zwisehen 0,00 mg und 0,01 mg pro 10 g frischer Gehirnsnbstanz; bei naeh Art und Zeit gleieher Verabfolgung yon etwa 42 mg As in Form yon Natriumarsenat zwisehen 0,00 mg und 0,02 nag.

9. Bei einem ttunde, der fiber 51/2 3gonate hindureh insgesamt 3,6 g arsenige Sgure per os erhalten hat und an Ileus gestorben ist, be- trggt die ins Gehirn eingedrungene Menge v0n As, auf 10 g frischer Ge- hirnsubstanz bereehnet, 0,04 rag; bei einem anderen Itunde, dem fiber 6 Monate hindurch insgesamt 3,99 g arsenige Sgure per os verabreicht wurden und der an ehroniseher As.-Vergiftung eingegangen ist, sind 0,03 mg As. pro 10 g frischer Gehirnsubstanz yore Gehirn aufgenommen worden.

Naeh den unter 8 and 9 angeftihrten Ergebnissen zeigen also, wie erwartet, die anorganisehen Arsenverbindungen geringe Igeigung, ins Zentratnervensystem einzudringen.

Die unter Pnnkt 4--7 zusammengefagten Resultate lassen weitere Versuche, mit tIilfe der Narkose eine erhShte Aufnahme des Gehirns ftir Arsen zu erzielen, a]s aussichtslos erseheinen, eine fernere Anwendung der anderen, in gleicher Absicht angegebenen Methoden als wenig aus- ~ichtsvoll.

Die Versuche habe ieh unter Leitung von Prof. J o a c h i m o g l u ~usgeffihrt.