Über die sogenannte thrombophlebitis migrans

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Archiv für Dermatologie und Syphilis, Bd. 197, S. 22--36 (1953). Aus der Universit~ts-Hautklinik Groningen Holland (Direktor: Prof. Dr. M. R, UITEt~). Über die sogenannte Thrombophlebitis migrans. Zugleich ein Beitrag zu der Histiogenese eines wahrscheinlich allergisch bedingten Gef£1~leidens. Von M, RUITER, Mit 8 Textabbildungen. (Eingegangen am 18. Mai 1953.) Vor einigen Jahren (1948) besehrieben wir gemeinschaftlich mit POMI'E~ undW:~E~s namentlich auf Grund des histopathologischen Sub- strates eine Form vonVasku]itis, die hauptsächlich die tieferen Hautgefaße betraf. Klinisch trat diese Abweichung in der Form schmerzhafter schub- weise rezidivierender rötlicher Knoten und walzenförmiger Infiltrate auf, die besonders an den Unterschenkeln und in einem Falle ebenfalls an den Oberarmen beobachtet wurden. Histologisch handelte es sich um eine sich auf ein umschriebenes Gebiet des angegriffenen Gefaßes beschrankte Form von Panvaskulitis, wobei der granulomatöse Charakter des Ent- zündungsprozesses und die Anwesenheit tuberkuloider Strukturen auf- fielen. Diese Kennzeichen traten insbesondere beim Füllungsgewebe der Lumina der befallenen Gefaße zutage. Da uns seinerzeit ein derartiges histopathologisches Substrat nicht bekannt war und wir diese Form von Panvaskulitis nicht einer der bekannten Formen von Gefaßentzündung der Haut glaubten gleichsetzen zu können, wurden die betreffenden Falle seinerzeit unter dem Namen ,granu]omatöse Panvaskulitiden mit aus- schließlich kutan-subkutaner Lokalisierung" mitgeteilt. Sparer sind der- artige Krankheitsbilder in der deutschen Literatur auch als Panvasculitis granulomatosa beschrieben worden (SPIE~). Seitdem bekamen wir Daten unter die Augen in bezug auf ein Krank- heitsbild, das in Amerika als ,primary (recurrent idiopathic) thrombo- phlebitis" bekannt ist. Es zeigte sich, daß das histopathologische Sub- straf dieses Gefaßleidens in verschiedenen Hinsichten mit demjenigen Ähnlichkeit aufwies, das in unseren Fallen angetroffen wurde. Diese primare Thrombophlebitis des rezidivierenden idiopathischen Typus gehört wahrscheinlich zu dem Krankheitsbilde, das bereits langst als Thromboph]ebitis migrans bekannt ist. Letzteres ist jedoch namentlich ein klinischer Begriff. Die Bezeichnung Thrombophlebitis migrans wurde z. B. anfangs bei einem Typus von Gefaßentzündung gebraucht, das bei

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Archiv für Dermatologie und Syphilis, Bd. 197, S. 22--36 (1953).

Aus der Universit~ts-Hautklinik Groningen Holland (Direktor: Prof. Dr. M. R, UITEt~).

Über die sogenannte Thrombophlebitis migrans. Zugleich ein Beitrag zu der Histiogenese eines wahrscheinlich

allergisch bedingten Gef£1~leidens.

Von M, RUITER,

Mit 8 Textabbildungen.

(Eingegangen am 18. Mai 1953.)

Vor einigen Jahren (1948) besehrieben wir gemeinschaftlich mit POMI'E~ undW:~E~s namentlich auf Grund des histopathologischen Sub- strates eine Form vonVasku]itis, die hauptsächlich die tieferen Hautgefaße betraf. Klinisch t ra t diese Abweichung in der Form schmerzhafter schub- weise rezidivierender rötlicher Knoten und walzenförmiger Infiltrate auf, die besonders an den Unterschenkeln und in einem Falle ebenfalls an den Oberarmen beobachtet wurden. Histologisch handelte es sich um eine sich auf ein umschriebenes Gebiet des angegriffenen Gefaßes beschrankte Form von Panvaskulitis, wobei der granulomatöse Charakter des Ent- zündungsprozesses und die Anwesenheit tuberkuloider Strukturen auf- fielen. Diese Kennzeichen t ra ten insbesondere beim Füllungsgewebe der Lumina der befallenen Gefaße zutage. Da uns seinerzeit ein derartiges histopathologisches Substrat nicht bekannt war und wir diese Form von Panvaskulitis nicht einer der bekannten Formen von Gefaßentzündung der Haut glaubten gleichsetzen zu können, wurden die betreffenden Falle seinerzeit unter dem Namen ,granu]omatöse Panvaskulitiden mit aus- schließlich kutan-subkutaner Lokalisierung" mitgeteilt. Sparer sind der- artige Krankheitsbilder in der deutschen Literatur auch als Panvasculitis granulomatosa beschrieben worden (SPIE~).

Seitdem bekamen wir Daten unter die Augen in bezug auf ein Krank- heitsbild, das in Amerika als ,p r imary (recurrent idiopathic) thrombo- phlebitis" bekannt ist. Es zeigte sich, daß das histopathologische Sub- straf dieses Gefaßleidens in verschiedenen Hinsichten mit demjenigen Ähnlichkeit aufwies, das in unseren Fallen angetroffen wurde. Diese primare Thrombophlebitis des rezidivierenden idiopathischen Typus gehört wahrscheinlich zu dem Krankheitsbilde, das bereits langst als Thromboph]ebitis migrans bekannt ist. Letzteres ist jedoch namentlich ein klinischer Begriff. Die Bezeichnung Thrombophlebitis migrans wurde z. B. anfangs bei einem Typus von Gefaßentzündung gebraucht, das bei

Über die sogenannte Thrombophlebitis migrans. 23

Lues beobachte t wurde u n d spgter bei einer Fo rm von Phlebit is , die bei

Tuberkulose vo rkommen soll. I n Anbe t r ach t der Unbekann the i t , die auch heutzu tage in bezug au f diese Gefgl3prozesse noch herrscht, haben wir das S tud ium der seinerzeit von uns beschriebenen Panvasku l i t i den nochmals zur H a n d genommen. Wir gingen hierbei von dem Stand- p u n k t aus, daß besonders das histopathologische Subs t ra t als Ausgangs- p u n k t für eine derart ige Un te r suchung d ienen kann . Zwei weitere Beob- achtungen, bei denen eine ausführl iche histologische Un te r suchung vorgenommen wurde, k ö n n e n hier den Fgl len die wir an anderer Stelle mitgetei l t haben, hinzugefügt werden.

1. Fal l

B.-W., 30j~hrige Par., war seit 1949 unter arztlieher Behandlung für Lupus mucosae nasi (Kalziferol). Im Jahre 1945 litt sie an tuberkn]öser Augenentzündnng, worauf eine Ruhekur in einem Sanatorium erfolgte. 1938 wurde Tonsillektomie ver- richtet. 1950 wurde sie wegen Mucoeele (Sinus maxillaris) operiert. Die Kranke litt in ihrer Jugend an Milchschorf und hatte vielfach bronehitisehe Beschwerden. Ihre Mutter hatte Asthma. Bereits 1949 bemerkte die Par. an den Unterschenkeln kleine Knoten. Februar 1952 glaubte sie Frostbeulen an den Füßen zu haben. Es stellte sich heraus, daß sich oberhalb der Ferse blaurote Nodi befanden. Auch an der Wade des lt. Beines wurden einige bohnengroße, bei Druck etwas schmerzhafte Knoten angetroffen. Der Schleimhautlupus war in dieser Zeit zwar ruhig, jedoch nicht ge- heilt. April 1952 sah die Abweichung folgendermaßen aus:

Die Pat. hat an der medialen Seite des lt. Unterarmes eine Anzahl bohnengroße Nodi, die deutlich im Verlauf eines Gefäßes liegen. Über dem am meisten peripher gelegenen Knoten ist die Haut etwas Ödematös und rot verfarbt. Die Haut über den anderen Nodi läl3t noch eine geringe violettrote Farbung erkennen. Das zuerst beschriebene Element soll einen Tag (?) alt sein, die anderen bereits längere Zeit be- stehen. Die Knoten sind bei Druck et.was schmerzhaft. Ein ähnliches, etwa erbsen- großes Element befindet sich auf dem re. Oberarm.

Am lt. Unterarm wird der letztentstandene Knoten zwecks histologischer Unter- suchung exzidiert.

Revis ion am 24. M a i 1952 : Die Nodi auf dem lt. Arm sind zurückgegangen. Jetzt werden auf dem re. Arm identische Elemente angetroffen, die sich ebenfalls im Ver- lauf eines Blutgefgßes befinden.

t tevision am 5. J u n i : 1952 Auf der re. Wade werden medialwgrts einige flache bei Druck schmerzhafte etwa haselnußgroße tief]iegende Knoten wahrgenommen, über welchen die Haut rötlich ver'färbt ist und die bei Palpation den Eindruck machen im Verlauf eines Blutgefages zu liegen. Ferner finden sich am li. Pulsgelenk volär im Verlauf eines Gefäßes ebenfalls einige kleine Nodi.

Die Arterien an den Unterschenkeln pulsieren deutlich. Interne Untersuchung: Thoraxdurchleuchtung: ohne Befund. Pirquetreaktion:

positiv. Senkungsgesehwindigkeit Erythrocyten: 5 mm in 1 Std. Harn: keine Ab- weichungen. Serologische Reaktionen auf Lues: negativ. Ha]sausstrieh: Züchtung auf pyogene Streptokokken negativ. Antistreptolysintiter: normal. Untersuchung des Naseninnern: Lupus mueosae nasi.

2. lVall.

22jahriger Student. Erhielt Februar 1952 Schmerzen in den ~¥aden bei denen der re. Knöchel anfangs dick war. Nach einiger Zeit an den Unterschenkeln kleine Knoten. Diese blieben stets auf die Untersehenkel und Füße beschränkt und traten

24 M. RUITI~R :

deutlich in Aussäungen auf, obgleich der Par. niemals völlig beschwerdenfrei war. Fühlte sich anfänglich nicht krank, klagte jedoch später über schnelles Ermüden. E s bestanden keine Beschwerden seitens der Gelenke. Das Gehen war nie gestört gewesen. Arzneien waren vor Auftreten der Erkrankung nicht gebraucht worden. Der Par. war früher immer gut gesund. In der Anamnese wurden keine Ankaüpfungs- punkte für allergische Krankheiten gefunden. Ein Vetter leidet an Tuberkulose. Der Par. ist ein starker Raucher. Er war vom Hausarzt mit Penicillin behandelt (300000 E täglich, Gesamtdosls: 3 000000 E). Die Knoten waren hierdurch während einiger Zeit weniger zahlreich gewesen. Chloramphenykol ergab keine Besserung.

Hautstatus" An den Unterschenkeln werden zahlreiche tiefliegende flache Nodi angetroffen, über welchen die Haut rötlich verfärbt ist. Die Knoten fühlen sich bei Palpation ziemlich fest an und sind bei Druck schmerzhaft. Bei Abtasten erweisen sich mehrere Elemente als spindelförmig. Sie scheinen sowohl zerstreut als imVerlauf von Blutgefäßen (PMpation) vorzukommen und werden sowohl an den Beugeseiten als an den Streckseiten der Unterschenkel beobachtet. Ähnliche Knötchen finden sich auch an dem inneren und äußeren Knöchel, an der Rückenseite einer der Zehen und langs dem inneren und äußeren Rand des :Fußes vor. Der Zusammenhang mit einem (meistens etwas geschwollenen) Blutgefäß ist hier mit dem bloßen Auge wahrnehmbar.

Pulsation der tieferen Arterien an den Unterschenkeln deutlich fühlbar. Interne Untersuchung: l~öntgenaufnahme des Thorax: verstärkte Hiluszeich-

nung; umsehriebene Fleekchen an der re. Spitze (Kalkherdehen). Blutbild: keine Abweichungen. Die Senkungsgeschwindigkeit der Erythroeyten beträgt: 6 mm in 1 Std. Blutdruck: 110/80. Harn: ohne Befund. Pirquetsche l~eaktion: schwach positiv. Serologische Reaktionen auf Lues: negativ. Untersuchung seitens des Rhino-, Laryngo-, Otologen: keine Abweichungen. Gebiß: ohne Abweichungen. Neurologische Untersuchung: keine Besonderheiten. Fundus oculi: normal.

Nachtrag: nach Rauchverbot allmählich Nachlassen der Beschwerden bis zu vollständiger Heilung.

l t i s to logie .

Es wurde a n H a n d von Ser ienschn i t t en ve r such t e inen E i n d r u c k von der En t s t ehungswe i se der oben beschr iebenen Gefäßabweichungen zu gewinnen. W i r h a t t e n h ierbe i den Vortei l , daß wir sowohl übe r Biopsie- ma te r i a l eines f r ischen E lemen te s als eines bere i t s längere Zei t bes tehen- den K n o t e n s ver fügen konnten .

Bei der mikroskop i schen Beur t e i lung der P r ä p a r a t e zogen Verände- rungen a n mi t t e lg roßen s u b c u t a n ve r l au fenden B lu tge fäßen a m meis ten die Aufmerksamke i t . Es wurde abe r zu gleicher Zei t der E i n d r u c k erha l ten , daß das umgebende Gefäßgeb ie t ebenfal ls wesentlich in den pa tho lo- gischen Prozeß e inbezogen war. Abs ich t l i ch e in ige rmaßen schemat i sch darges te l l t wurden folgende Verände rungen an den größeren u n d klei- neren Gefäßen im subcu tanen F e t t g e w e b e angetroffen.

Die Icleinen Gefäße wiesen eine auf fa l lend s t a rke Schwel lung des Endo the l s au f und waren häufig von lymphoidze l l igen In f i l t r a t en um- geben (Abb. 1). Venen e~was grÖ[3eren Um fanges zeigten Schwellung, Disso- z ia t ion u n d Pro l i f e ra t ion der die I n t i m a bek le idenden Endo the l sch i ch t (Abb. 2); an ve re inze l t en Ste l len überd ies subendothe l i a l l iegendes fibrin- reiches E x s u d a t . Der Ge fäßwand dieser angegriffenen k le ineren Venen

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war hierbei mitunter wenig verändert, an anderer Stelle durch Schwellung verbreitert und ebenso wie die Umgebung zellig infiltriert.

Das histopathologische Substrat wurde im übrigen bei beiden Kranken völlig durch ernste Abweichungen seitens eines mittelgroßen Blutgef/~ßes

ù

Abb. 1. Kleines Gefäß im Fettgewebe mit Anhäufung histiocy~ärer und lymphoidzelliger Elemente.

4

Abb. 2. Kleine Hau~vene mit s trang- und bogenförmiger Endothelwucherung.

(Vene) beherrscht (Abb. 3). Mittels Serienschnitten konnten folgende Verändcrungen aufgezeichnet werden. In Querschnitten des angegriffenen Gefäßes (1. Fall) wurden auf der Grenze vorn gesunden nach dem kranken Teil bei einer in~akten Elastica interna (Elastinfärbung) eigentümliche polsterähnliche fibrinhaltige Intimaknötchen wahrgenommen, die in das Lumen des Blutgefi~ßes vorquollen. Diese Intimapolster wurden von einer

26 ~. Rvrr~:

Schicht geschwollener Endothelzellen bedeckt und waren aus groSen im losmaschigen retikularen Verband liegenden protoplasmareichen Zellen mit blassen etwas geblahten Kernen anfgebaut (Abb. 4). Zwischen den M~schen l agen monozytenartige Zellen nnd wurde 0dem angetroffen, wobei es stellenweise zu Fibringerinnung gekommen war. Es machte

Abb. 3. l~bersichtsbil4. Im unteren Teil einc schwer erkrankte mittelgrolle t tautvene,

stellenweise den Eindruck ob bei dem Aufbau dieser Gef~i~granulome auch eine Endothelwucherung beteiligt war. Das Lumen des Biutge£~Bes wnrde durch diese Intimapolster zwar stark verengert, blieb aber gut durch- g~ngig (Abb. 5). In dem Lumen befanden sieh zerstreut, namentlich t~ngs der Wand, monozytenartige Zellen und polynucle~re Leukocyten, darunter Eosinophile. Antler den Intimagranulomen wurden auch Bilder gesehen, die an strangfSrmige Endothelproliferation denken liei~en.

Wo Vergnderungen der Intima deutlich zutage traten, wurden auch im gesamten fibrigen Teil der Gef~l~wand Ver~nderungen pathologischer

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Art angetroffen. Besonders war dies der Fall mit den in die Adventitia verlaufenden kleinen Gef~tBe, welche dieselben Ver£nderungen aufwiesen wie diejenigen, die bei den kleinen Gef~tBen im Fettgewebe beschrieben

!«ii

Abb. 4. Fibrinhaltiges Intimagranulom.

Abb. 5. Intimagranulome und strang- und bogenförmige EndothelwueheruDg (mittelgrol~e Hautvene).

wurden. Diese Ver~nderungen bestanden in Verbreiterung der Gefäß- wand, Endothelsehwellung und vaseularer und perivaseularer Infiltration mit einkernigen Zellen. Es zeigte sieh, daß in diesen Schnitten gleichzeitig auch Entzündungserseheinungen zwischen den Gefäßwandsehichten der

2 8 ~V~. ~:~UITER :

betreffenden mittelgroßen Venen selbst vorhanden waren, die aus Infil- t ra ten bestanden, welche aus histioeytären Zellen, Wanderzellën und einkernigen Zellen aufgebaut waren und zwischen denen hier und dort kleine Kapillaren mit geschwollenen Endothelzellen angetroffen wurden. In diesen Kapillaren und in der nächsten Umgebung wurden überdies vereinzelt eosinophile Leukocyten beobachtet.

In den Schnitten das Zentrum des Entzündungsprozesses betreffend waren die Bilder wieder ganz anders. Die Gefäßhöhle war größtenteils mit einem Granulationsgewebe angefüllt, das zum Teile demjenigen der

Abb. 6. Reisen- und epitheloidzellenhaltiges ]Püllungsgewebe (mittelgroße B'autvene).

Intimapolster ähnlich war und außerdem Epitheloidzellen und LA~G- HA~ssehe Riesenzellen enthielt (Abb. 6). In dieser granulomatösen Ge- websmasse, welche wohl auf eine exzessive Verbreiterung der Intima zurückzuführen war, wurden weiter einkernige Zellen angetroffen und namentlich in der Nähe des restierenden Lumens zahlreiche Leukoeyten, darunter Eosinophile mit vielem Kernzerfall. Das stark eingeengte Lumen des befallenen Gefäßes enthielt nebst einigen Erythroeyten und kern- haltigen Zellen nur ein wenig eiweißhaltige Flüssigkeit oder Fibrin. In diesen Schnitten war gleichzeitig die Muscularis verbreitert und waren die Muskelsehläuehe durch Granulationsgewebë auseinandergedrängt und auf gesplittert.

Bei den histologischen Präpa.raten, bei denen das angegriffene Blut- gefäß der Länge nach getroffen war (2. Fall), wurde eine Anzahl Schnitte gesehen , in welchen an dem erkrankten Gefäße zwei verschiedene Phasen des Entzündungsprozesses beobachtet werden konnten. Hierbei zeigte das eine Ende des Blutgefäßes die schweren Gefäßveränderungen, wie oben

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beschrieben wurde, während am anderen Ende die Entzündung bedeu- tend zurückgegangen war und die Gefäßwand zu einem beträchtlichen Teile ihr normales Aussehen wiedererlangt hatte, wobei das Füllungs- gewebe ausgesprochene Rekanalisation aufwies 1. Thrombi wurden bei den hier mitgeteilten Fällen nicht beobachtet, wurden jedoch wohl bei Fällen angetroffen, die wir früher veröffentlicht haben.

Granulomatöse Entzündungsreaktionen in Gebieten außerhalb des angegriffenen Blutgefäßes konnten im besonderen beim zweiten Falle wahrgenommen werden, in welchem der Nodus bereits einige Zeit be-

Abb. 7. I~iesenze]lenhaltiges Granulationsgewebe (Cutis--Subcutisgrenze).

standen hatte, ehe er exzidiert wurde. Hier wurden im Fettgewebe, namentlich in der Nähe der Cutis--Subcutisgrenze, zum Teil herd- förmige, zum Teil mehr ausgedehnte Infiltrate angetroffen, die größten- teils aus histiocytären Elementen, Fibroblasten und Wanderzellen auf- gebaut waren, wozwisehen sich Rundzellen und hier und da segment- kernige, darunter eosinophile, Leukocyten befanden. Außerdem wurden hier zerstreut mehrkernige Riesenzellen gesehen, die am meisten dem L~tNGHA~rsschen Typus ähnelten (Abb. 7). Einige derselben lagen inmitten kleiner Gruppen epitheloider Zellen, die eine auffallend radiäre Anord- nung erkennen ließen (Abb. 8a). Diese kleinen Granulome, die teils eine ovale, teils eine runde Form hatten, wiesen im Zentrum mehrfach eine Lücke auf (Abb. Sb). Sie besaßen eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit

1 Die Wiederherstellung der Gefäßwand und die damit einhcrgehende ausge- prägte Rekanalisation des Füllungsgewebes erklärt wahrscheinlich, wie bei diesen umsehriebenen Gefäßentzündungen ungeachtet ihres ernsten Charakters schließlich dennoch eine Restitutio ad integrum auftritt.

30 M. RUIT~a:

den sogenannten Radiarknötchen, die von MIESCt~ER bei Erythema nodosum besehrieben sind. In einer Anzahl der Präparate desselben Falles wurde auf der Grenze von Corium und Subcutis inmitten des Granu- lationsgewebes mehrfach ein kleines Gefäß angetroffen, dessen Wand

Abb. 8 a.

Abb. 8 b .

fibrinoide Schwellung aufwies, und von zahlreichen teilweise zerfallenen Leukocyten durchsetzt war.

Was die Arterien betrifft, w~ren es nur die Arterioli, die dann und wann einige Veränderungen zeigten. INTamentlich im zweiten Falle wiesen sie in der Cutis eine mehr oder weniger ausgesprochene Intimaver- dickung auf.

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In nach GI~Alg und ZIEItL-NEELSEN gefärbten Schnitten ließen sich keine Mikroorganismen nachweisen 1.

Nach ALLEN, BAI~KEg und HINES wird bei relativ akuten Fällen von Thromboangiit is obliterans eine ausgesprochene Proliferation von Endo- thelzellen der Int imabekleidung angetroffen. Nach vorgenannten Autoren ist die enorme Proliferation von Endothelzellen und Fibroblasten das am meisten charakteristische Merkmal des bei der Thromboangiitis obliterans vorliegenden histologischen Substrates. Das Vorkommen von Riesen- zellen ist nach ihnen bei arteriellen Lesionen selten, bei relativ akut er- krankten Venen aber ein mehr oder weniger regelmäßiger Befund. Ähn- liehe histologisehe Veränderungen wurden auch bei dem von uns unter- suchten Gefäßleiden angetroffen. In diesem Zusammenhang möchten wir auf die Tendenz zu Endothelwucherung und das eigentümliche Epithe- loid- und Riesenzellen enthaltendes Füllungsgewebe der erkrankten Venen bei unseren Patienten hinweisen. Auch weitere feingewebliehe Verände- rungen (frühzeitiges Angegriffensein der Vasa vasorum usw.) können als Argument für eine Verwandtschaft zwischen beiden Krankheitsbildern angeführt werden, wobei die Thrombophlebitis migrans - - soweit unsere Erfahrung r e i c h t - - freilich meistens auf die Hautgefäße beschränkt bleibt.

LI~IDNER und SCI~EFFImtL die ebenfalls eine Verwandtschaft zwischen Thrombophlebitis migrans und der WIl~IWAl~TEl~-B~~Gm~schen Krank- heit annehmen, gelangen auf Grund ihrer histologischen Untersuchung zu dem Schluß, daß die primäre Ursache der Thrombophlebitis migrans in einer subchronischen allergischen Entzündung von Seiten der nutri- t iven Gefäße in der Adventit ia gesucht werden muß. Aus unseren Unter- suchungen geht hervor, daß identische Veränderungen auch bei anderen kleinen Gefä.Ben (z. B. im Fettgewebe) angetroffen werden können, so daß das BefMlensein der Vasa vasorum wohl als Unterteil eines auf ein be- s t immtes Gefäßgebiet beschränkten Leidens zu betrachten ist. Die Auf- fassung von LISr»51EI~ und SCHEFFImlL daß die Thrombophlebitis migrans der Ausdruck eines Krankheitsprozesses sei, welcher sich elektiv an den das Venensystem ernährenden Kapfllaren abspielt, scheint uns auch aus anderen Gründen wohl zu einseitig zu sein. Die Int imagranulome, die im ersten Falle in dem frühsten Stadium des Entzündungsprozesses ange- troffen wurden, lassen z. B. daran denken, daß auch die Venenwand selbst vom Anfang an unmittelbar in dem Krankheitsprozeß einbezogen

RUITE~, PO~PEN und WYm~s glaubten auf Grund der histopathologischen Untersuchung ihrer Fälle, die unseres Erachtens den hier beschriebenen identisch sind, folgern zu müssen, daß sowohl mittelgroße Arterien als Venen in den Krank- heitsprozeß einbezogen waren. Diese Befunde scheinen zu den Erfahrungen bei den hier mitgeteilten Fällen in Widerspruch zu stehen. Die Untersuchung in Serien- schnitten gab uns wohl die Möglichkeit bei beiden Pst. mit Sicherheit festzustellen, daß es sich bei den kranken mittelgroßen Blutgefäßen ausschließlich um Venen handelte.

32 M. I~UITE~ :

ist. Über die Bedeutung derartiger Intimagranulome bei vermutlich allergischen Gefäßreaktionen wird spi~ter noch die Rede sein.

Ätiologie und Pathogenese. Wir meinen, daß für die Beantwortung dieser Fragen in erster Linie

diejenigen FMle in Betracht kommen, deren Diagnose sich auf das histo- pathologische Substrat gründet. Es wird sieh wie gesagt wahrscheinlich herausstellen, daß sowohl die hier beschriebenen als die früher ver- öffentlichten Krankheitsbilder als identisch mit der sog. Thrombophle- bRis migrans zu betrachten sind. Bezüglich der Ätiologie und der Pa•ho- genese dieses Krankheitsbegriffes ist in der Literatur verhältnismäßig wenig zu finden. MIESCgE~ sprach in seinen F~llen von Phlebitis saltans. Er stellte in bezug auf die Pathogenese des von ihm beschriebenen Krank- heitsbildes eine Hypothese auf, die möglicherweise auch auf die von uns wahrgenommenen F~lle Anwendung findet. MIESC~ER lenkte die Auf- merksamkeit auf den Umstand hin, dag diese multiloculären episodiseh auftretenden Gefäßprozesse viel Ähnlichkeit aufweisen mit Reaktions- vorgi~ngen, welche in der Dermatologie als -ide-reaktionen bekannt sind. In seinen Fällen, in denen die Blutkulturen immer negativ waren, schien ihm eine allergische l~eaktion seitens der Venen auf eine Bakteriensfreu- ung von einem Infektionsherd aus durchaus möglich.

LI5rD~]~~ und ScJ~Er~Lx~, ebenfalls Befürworter einer infektiös-aller- gischen Genese der Thrombophlebitis migrans, glauben, daß diese Ansicht durch die von ihnen ausgeführten histopathologisehen Untersuchungen gestützt wird. Sie weisen besonders auf das Vorkommen histiocyt~rer und lymphoidzelliger Elemente rings um die nutritiven Gef~ße der er- krankten Venen hin und meinen in diesen Zellknötchen das ,Mlergische Granulom" wiedererkennen zu können.

Wir sind der Ansicht, dag, auch was unsere Patienten angeht, durch die Analyse des histopathologischen Bildes Argumente für die allergische Pathogenese dieses Gefi~ßleidens erbracht werden können.

Auf die histologisehen Veränderungen bei den kleinen Gefi~ßen (u. a. den Vasa vasorum) wurde schon hingewiesen. Diese zeigten ausgespro- chene Endothelschwellung und waren oft von aus lymphoidzelligen mit- unter histiocyt~ren Elementen bestehenden Infiltraten umgeben. Ähn- liche :Bilder sind wiederholt bei lä~nger dauernden allergischen Reaktionen beschrieben worden und werden von einigen Autoren als das Anfangs- stadium des ,allergischen Granulomes" aufgefaßt. Auch die Tendenz zu Schwellung, Dissoziation und Proliferation der Endofhelbekleidung bei den kleineren und mittelgroßen Venen, wobei gelegentlich unter den auf- gehobenen und gewucherten, aus geschwollenen Zellen aufgebauten Endothelschichten fibrinreiches Exsudat angetroffen wurde, ist zu erwä~hnen. Es kam zu Bildern, welche der sogenannten strang- und bruch-

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förmigen Endothelwucherung durchaus ähnlich waren. Derartige Endo- thelveränderungen sind von mehreren Allergieforschern (SIEGMIm~D U. a.) bei tierexperimenteller Allergie und bei subakuten infektiös-allergischen Prozessen besehrieben und charakteristisch für eine allergische Umstim- inung gedeutet worden. Überaus bemerkenswert waren die fibrinhaltige Intimagrannlome, die an Hand von Serienschnitten bei der ersten Patientin gefunden wurden. Ähnliche Granulome,in welchen keine Mikroorganismen nachweisbar sind, wurden wiederholt imVerlaufspontaner und experimen- tell gesetzter Infekte beim Mensch undVersuchstier beobachtet. PAGEL be- schrieb sie bei der experimentellen Meerschweinchentuberkulose und fand sie bei Versuchstieren nach wiederholter Injektion abgetöteter Tuberkel- bacillen. Er und andere Untersucher (SIEGNIJND, SC~IWARTZ und BI]~- LrsG) sind der Ansicht, daß diese Intimagranulome als das histologische Substrat einer allergischen Antigenfixation aufgefaßt werden müssen.

Daß in den Schnitten des zweiten Patienten ein kleines Blutgefäß angetroffen wurde, dessen Wand fibrinoide Schwellung aufwies und von zahlreichen teilweise zerfa]lenen Leukocyten durchsetzt war, sei nebenbei erwähnt. Obgleich dieser Befund sich auf ein einzelnes kleines Gefäß beschränkte, ist diese Beobachtung vielleicht doch nicht ganz ohne Bedeutung, da derartige Veränderungen bei allergischen Gef~ßreaktionen beschrieben sind (RIJITEI~ u. a.). AlS letzte Besonderheit, die bei der Ana- lyse der geweblichen Veränderungen auffiel, ist schließlich die Eosinolohilie des Entzündungsgewebes zu nennen, die weder in den hier beschriebenen F/illen noch in denjenigen, weiche seinerzeit gemeinschaftlich mit Po~- P~:~ und Wy~~s veröffentlicht sind, fehlte. Versuche Mikroorganismen in den Gewebesehnitten nachzuweisen ergaben ein negatives Resultat.

Obschon die Bedeutung gewisser histopathologischer Veränderungen als Allergieäußerung nicht überschätzt werden darf, kann einem gleich- zeitigen Vorkommen mehrerer dieser Kennzeichen doch nicht aller Wert abgesprochen werden. Wir meinen denn auch, daß dem histologischen Bilde in bezug auf die allergische Genese der hier beschriebenen Ent- zündungsprozesse ein gewisser Wert zukommt. Dies ist um so mehr der Fall, weil auch das multi]oculäre Auftreten und der episodische Charakter dieser Gefäßreaktionen auf einen allergischen Entstehungsmechanismus hinzuweisen scheinen.

Was die Beurteilung der ätiologischen Faktoren anbelangt, möchten wir uns auf sechs Fälle beschränken, bei denen die Diagnose histologisch verifiziert war. Es handelt sich hier um drei Patienten, die früher an anderer Stelle beschrieben sind, weiter um die zwei in dieser Arbeit besprochenen Fälle und schließlich um einen Fall, der nieh{ veröffent- licht wurde. Es zeigte sieh, daß vier von diesen sechs Patienten an Tuber- kulose litten (dreimal Tuberkulose der Lungen und einmal Lupus vul- garis). Es scheint uns, daß eine derartige Frequenz von Tuberkulose

Archiv f. DermatoIogie u. Syphilis, Bd. 197. 3

34 M. RUITE~:

unter unseren Kranken schwerlich als ein Zufall erklärt werden kann. Da das histologische Bild der Gef~ßabweichung nicht auf Tuberkulose in engerem Sinne deutet, ist anläßlich der bei der Besprechung der Histo- logie angeführten Argumente zu erw~gen, ob das histopathologische Substrat als eine allergische t~eaktionsform auf ein tuberkulÖses Antigen aufgefaßt werden kann. In diesem Zusammenhange ist es erw~hnenswert, daß VAN I~IJSSEL bei einer Obduktion eines Falles von BoEcKschem Sar- koid - - eine Krankheit , die jetzt wohl meistens als ein Tuberkulid auf- gefaßt wird - - Intimagranulome antraf, die denen völlig identisch waren, die wir bei unserer Patientin (1. Fall) beobachteten. Dennoch kann man unseres Erachtens aus den hier beschriebenen Wahrnehmungen nicht ohne weiteres schließen, daß es sich in einem Teil der von uns beschriebenen Gef~ßprozessen um eine Form von Geß~LBwandtuberkulid gehandelt habe~ Auch parallergische oder heteroallergische Reaktionen sind bei diesen an Tuberkulose leidenden Patienten denkbar. Bei zwei unserer sechs Pati- enten war es uns nicht möglich Anknüpfungspunkte für Tuberkulose zu finden. Bekanntlich können bei einer allergischen Reaktion verschieden- artige Antigene zu identischen Gewebsbildern führen. Mehrere Mikroorga- nismen scheinen denn auch bei der Thrombophlebitis migrans eine ~tiolo- gische t~olle spielen zu können (vergleiche Heilung nach Cholecystektomie, Tonsillektomie usw.). Bei Thromboangiitis obliterans, mit welcher Krank- heit das histologische Bild unserer Kranken eine auffallende Ähnlichkeit aufwies, wird von mehreren Untersuchern den Allergenen des Tabaks eine ~tiologische Bedeutung zuerkannt. Auch bei einigen F~llen von Thrombo~ phlebitis migrans wurde eine Hautallergie gegen Tabaksextrakte nach- gewiesen (HA~~:AV¥). In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, daß einer unserer nicht-tuberkulösen Patienten (2. Fall) ein starker Raucher war (Shagtabak), wobei Heilung nach Absetzen des t~auchens folgte.

Aus dem oben Angeführten geht nach unserer Meinung hervor, daß verschiedene Argumente für eine allergische Pathogenese des hier beschriebenen Gef~ßleidens angeführt werden können. Wir möchten jedoch diese Betrachtungen nicht beschließen ohne darauf hinzuweisen» daß wir uns wohl bewußt sind, daß noch viele Fragen übrigbleiben, deren Klärung weiteren einschlägigen Beobachtungen überlassen werden muß.

Im Anfange wurde bereits die Frage erörtert, ob die hier beschriebenen Krankheitsbilder als Thrombophlebitis migrans betrachtet werden müssen. Es handelt sich im letzten Falle wohl an erster Stelle um ein auf klinische Be- obachtung beruhender Begriff, wobei im Laufe der Zeit offenbar mehr als eine Gef~ßerkrankung untergebracht worden ist.Wir meinen daß eine histo- logische Untersuchung bei der Beurteilung und Abgrenzung von Gef~ßpro~ zessen nicht entbehrt werden kann. Es sei hierbei nur an Krankheitsbilder wie Arteriitis temporalis, die cutane Form der Periarteriitis nodosa usw. er- innert, deren Abgrenzung von anderen Gef~ßerkrankungen zu einem

Über die sogenannte Thrombophlebitis migrans. 35

großen Teile auf Grund des histopathologischen Substrates zustande ge- kommen ist. Dem in dieser Arbeit besprochenen Gefäßleiden scheint eine .4_nzahl wohl eharakte~isierter histopathologischer VerändeIungen zuzu- kommen. Uns traf im besonderen bei der histologischen Untersuchung der ausgeprägt granulomatöse Charakter des Entzündungsprozesses. Diese Eigenschaft kann unseres ]~rachtens durch die Bezeichnu~g,,Panvasculitis (-phlebitis) granulomatosa (migrans)" zum Ausdruck gebracht werden.

Zusammenfassung. Anläßlich zweier Fälle einer rezidivierenden multipel auftretenden

nodösen Gefäßabweichung der Haut wurde eine eingehende histologische Untersuchung ausgeführt. Das histologische Bild der bei den beiden besprochenen Patienten angetroffenen ttautknoten ward von ernsten Abweichungen seitens mittelgroßen in der Subcutis verlaufenden Blut- gefäße (Venen) beherrscht. Aus der feingeweblichen Untersuchung ging weiter hervor, daß auch die benachbarten kleinen Gefälle wah~ scheinlich primär an den pathologischen Vorgängen beteiligt waren. Das histopatho- logische Substrat des Gefäßleidens zeigte eine Zahl mehr oder weniger charakteristische Merkmale.

Die mitgeteilten Fälle sind als identisch mit der sog. Thrombophlebitis migrans zu betrachten, obwohl besonders aus der älteren Literatur nicht immer deutlich hervorgeht, ob es sich hier um ein einheitliches Xrankheits- bild handelt. Bei der letztgenannten Gefäßerkrankung ist, meistens aus klinischen Gründen, wiederholt ein allergischer Entstehungsmechanismus erwogen. Der Verfasser ermittelt, inwieweit die histologische Untersuchung bei den von ihm besprochenen ]Patienten Anknüpfungspunkte für eine allergische Pathogeneseliefert. Folgende histopathologische Abweichungen scheinen ihm wesentlich zu sein:

a) Reaktive Vorgänge an den kleinen Gefäßen u. a. im Fettgewebe, die aus starker Endothelschwellung und perivascularen Infiltraten einker- uiger Zellelemente bestehen. (beide Fälle) 1.

b) Endothelveränderungen bei den Venen etwas größeren Kalibers und bei den mittelgroßen Venen: Schwellung, Proliferation und Disso- ziation der Endothelschichten (beide Fälle);

c) Vorhandensein charakteristiseher Intimagranu]ome bei den er- krankten mittelgroßen Venen (1. Fall);

d) Gewebeeosinophilie (beide Fälle) ; e) Vorkommen kleiner Blutgefäße mit fibrinoider Schwellung und

Leukocytenzerfall (2. Fall) ; f) Fehlen vonMikroorganismen in den Gewebesehnitten(beideFälle).

1 Identische Bilder wurden von LI~D~ER und SCHEFFLE~ bei Thrombophlebitis migrans im Gebiete der Vasa vasorum beschrieben und als das Anfangsstadium des ùallergischen Granulomes" aufgefaßt.

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36 ~. RUI~ER: Über die sogenannte Thrombophlebitis migrans.

Befunde, wie oben angeführt, werden von vielen Allergieforschern als Argumente für eine allergische Genese einer Gewebsreaktion aufgefaßt. Verfasser ist der Meinung, daß auch auf Grund der klinischen Befunde eine allergische Entstehungsweise der vom ihm untersuchten Gef/~ßver- anderungen bisher als die annehmlichste Hypothese zu betrachten sei. Er ist ebenfalls der Ansicht, daß die histologische Untersuchung Argumente angeführt hat, welche für eine Verwandtschaft zwischen Thromboangiitis obliterans und der beschriebenen Gefal3erkrankung sprechen. Es wird dies- bezüglich auf die Tendenz zu Endothelwucherung und auf das merkwürdige Gepr~ge des Füllungsgewebes der angegriffenen Gef/~l~e hingewiesen. Verfasser meint auf Grund des histopathologischen Substrates, da~ die von ihm untersuchten Falle denjenigen identisch sind, die früher von ihm gemeinsam mit Po~IPE¢¢ und WYERS beschrieben wurden, obwohl bei diesen damals auch an ein Mit-Angegriffensein der Arterien gedacht wurde.

In bezug auf die Ätiologie des Gefal~leidens macht der Autor auf den Umstand aufmerksam, daß von sechs ihm bekannten Patienten, bei welchen die Diagnose mit auf Grund des histologischen Bildes gestellt wurde, vier Patienten an einer aktiven Tuberkulose litten. Er h~lt es für wahrscheinlich, dal~ die besprochene Gef/~l~abweichung in einem nicht unerheblichen Teil der F~lle mit Tuberkulose zusammenhgngt, obgleich das histopathologische Substrat nicht für Tuberkulose in engerem Sinne spricht. Bei diesen Fallen könnte vielleicht an eine allergische Streureak- tion auf tuberkulöse Antigene gedacht werden, obwohl auch eine hetero- bzw. parallergische Reaktion zu erwagen ist. Bei Kranken, bei denen keine Anknüpfungspunkte für Tuberkulose angetroffen werden, kommen vermutlich verschiedene Antigene (Mikroorganismen verschiedener Art, Tabaksallergene ?) in Betracht. Verfasser ist der Ansicht, daß die histo- logische Untersuchung bei der Beurteilung und Abgrenzung von Gefaß- prozessen von primärer Bedeutung ist. In den histologisehen Bildern seiner Fglle traf ihn besonders die produktive Komponente der bei den nodösen Panphlebitiden vorkommenden Entzündungsvorgange.

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Professor Dr. M. I%,5ITEZ, Dermatologische Klinik, Groningen/Holland.