Über den einfluß verschiedener glycerinkonzentrationen auf...

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. Über den Einfluß verschiedener Glycerinkonzentrationen auf die Ausbeute in einem Eisen(II)-sulfat-Dosimeter (Fricke-Dosimeter) INGOLF LAMPRECHT, CHRISTA UMLAUF und WERNER STEIN Institut für Biophysik der Freien Universität Berlin (Z. Naturforsch. 23 b, 320—325 [1968]; eingegangen am 7. August 1967) The oxidation of ferrous to ferric iron is used as a measure of the effect of ionizing radiation in F r i c k e dosimeter solution in the presence of glycerine at various concentrations. At low gly- cerine concentrations the sensitivity of the system to X-rays was found to be increased by the presence of the alcohol while at higher concentrations a radiation-protection effect was observed. The increased sensitivity rose to a maximum at glycerine concentrations of 0.01 to 0.1 Mol, the size of the maximum depending on the duration of the radiation. The peak represents a sensitivity of about twice the normal ion conversion. The falling off at low concentrations is explained on the basis of a model where the presence of alcohol leads directly to increased ferric ion yield, that at high concentrations as being due to increased viscosity of the system. Other alcohols showed similar results. Im Jahre 1927 haben FRICKE und MORSE 2 die Umwandlung von Eisen (II)- zu Eisen (III)-sul- fat unter ionisierender Bestrahlung für die chemi- sche Strahlendosimetrie vorgeschlagen. Daraus ent- wickelte sich das standardisierte F r i c k e - Dosi- meter, im folgenden kurz FD genannt. Seither sind in einer Vielzahl von Veröffentlichungen die Ein- flüsse gewisser Parameter auf die Ausbeute darge- stellt worden (vgl. z.B. ALLEN 3 , SPINKS und WOODS 4 , TOPCHIEV 5 und SWALLOW 6 ). Diese Ausbeute wird meist und auch in dieser Arbeit durch die Extink- tionsänderung einer bestrahlten gegenüber einer un- bestrahlten Eisen (II)-Lösung bei 304 nm gemessen. Neuere Untersuchungen von SCHARF und LEE 7 haben bewiesen, daß ein weiteres Absorptionsmaximum des dreiwertigen Eisens bei 244 nm liegt. Schon früher ist untersucht worden, wie dieses verhältnismäßig einfache strahlenempfindliche Sy- stem auf den Zusatz bestimmter Substanzen in der Ausbeute reagiert (vgl. z. B. DEWHURST 8 ). In dieser Arbeit wurden nun Alkohole verschiedener Wertig- keit, an erster Stelle Glycerin, auf ihre Beeinflussung der Ausbeute geprüft. Das lag auch deshalb nahe, weil diese Substanzen in strahlenbiologischen Ver- suchen regelmäßig Schutzwirkungen zeigen, wie sie etwa von WEBB 9 an Staphylococcus aureus und von 1 H. FRICKE U. S. MORSE, Amer. J. Roentgenol. 18, 426 [1927]. 2 H . FRICKE U. S . MORSE, P h i l . M a g . S e r . 7 , 4 1 , 1 2 9 [1929]. 3 A. O. ALLEN, The radiation chemistry of water and aqueous solutions. D. van Nostrand Comp., Princeton 1961. 4 J . W . T . SPINKS u . R . J . WOODS, A n introduction to radia- tion chemistry, John Wiley and Sons, Inc., New York 1964. W. F. SCHMIDT 10 an Saccharomyces cerevisiae ge- funden und durch Adsorptionswirkung an strahlen- empfindlichen Zellkomponenten gedeutet wurden. Zur Erklärung solcher Effekte ist es nicht uninter- essant zu wissen, wie derartige Alkohole in wesent- lich einfacheren nichtbiologischen Systemen wirken. Daher wurde die das FD kennzeichnende chemische Umwandlung als Kriterium der Strahlenwirkung in Anwesenheit von Alkoholen benutzt. Methodisches Die für die Untersuchung benutzte Eisen (II)-Lösung hatte folgende Zusammensetzung, die dem normalen FD angepaßt ist: 1 mMol Eisenammoniumsulfat, 1 mMol Natrium- chlorid *, 0,8-n. Schwefelsäure pro Liter. Das Wasser aus einer Ionenaustauscheranlage wurde in einer Quarzapparatur nachdestilliert. Bestrahlt wurde mit einer Röntgenröhre vom Typ Müller MÖD 150 Be-Doppelfokus mit großem Brenn- fleck und 75 kV/20 mA in Glasschälchen, die bei 36 mm Durchmesser und 4 ml Lösung eine Schichtdicke von 4 mm ergaben. Die geringe Schichtdicke hatte zur Folge, daß die Lösung auch ohne Rühren stets sauer- stoffgesättigt war. Die eine Fe (II)-Fe (III)-Umwand- lung kennzeichnende Extinktion wurde mit einem Beck- man Spektralphotometer, Modell G 4700, bei 304 nm Wellenlänge bestimmt. Durch Multiplikation der ge- 5 A. V. TOPCHIEV (Hrsg.), Radiolysis of hydrocarbons, Else- vier Publishing Company, Amsterdam 1964. 8 A. J. SWALLOW, Radiation chemistry of organic compounds, Pergamon Press, Oxford 1960. 7 K . SCHARF U. R . W . L E E , R a d . R e s . 1 6 , 1 1 5 [1962]. 8 H. A. DEWHURST, J. chem. Physics 19, 1329 [1951]. 9 R. B. WEBB, Radiat. Res. 18, 607 [1963]. 10 W . F . SCHMIDT, Z . N a t u r f o r s c h g . 2 1 b , 2 , 1 4 5 [1966].

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Page 1: Über den Einfluß verschiedener Glycerinkonzentrationen auf ...zfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/23/ZNB-1968-23b-0320.pdf · Dosis in krad" von der Eisen (II)-Konzentration der Lösung

This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

Über den Einfluß verschiedener Glycerinkonzentrationen auf die Ausbeute in einem Eisen(II)-sulfat-Dosimeter (Fricke-Dosimeter)

I N G O L F L A M P R E C H T , C H R I S T A U M L A U F u n d W E R N E R S T E I N

Institut für Biophysik der Freien Universität Berlin

(Z. Naturforsch. 23 b, 320—325 [1968]; eingegangen am 7. August 1967)

The oxidation of ferrous to ferric iron is used as a measure of the effect of ionizing radiation in F r i c k e dosimeter solution in the presence of glycerine at various concentrations. At low gly-cerine concentrations the sensitivity of the system to X-rays was found to be increased by the presence of the alcohol while at higher concentrations a radiation-protection effect was observed. The increased sensitivity rose to a maximum at glycerine concentrations of 0.01 to 0.1 Mol, the size of the maximum depending on the duration of the radiation. The peak represents a sensitivity of about twice the normal ion conversion. The falling off at low concentrations is explained on the basis of a model where the presence of alcohol leads directly to increased ferric ion yield, that at high concentrations as being due to increased viscosity of the system. Other alcohols showed similar results.

Im Jahre 1 9 2 7 haben F R I C K E und M O R S E 2

die Umwandlung von Eisen ( I I ) - zu Eisen (III)-sul-fat unter ionisierender Bestrahlung fü r die chemi-sche Strahlendosimetrie vorgeschlagen. Daraus ent-wickelte sich das standardisierte F r i c k e - Dosi-meter, im folgenden kurz FD genannt. Seither sind in einer Vielzahl von Veröffentlichungen die Ein-flüsse gewisser Parameter auf die Ausbeute darge-stellt worden (vgl. z.B. A L L E N 3 , S P I N K S und W O O D S 4 ,

T O P C H I E V 5 und S W A L L O W 6 ) . Diese Ausbeute wird meist und auch in dieser Arbeit durch die Extink-tionsänderung einer bestrahlten gegenüber einer un-bestrahlten Eisen (II)-Lösung bei 304 nm gemessen. Neuere Untersuchungen von S C H A R F und L E E

7 haben bewiesen, daß ein weiteres Absorptionsmaximum des dreiwertigen Eisens bei 244 nm liegt.

Schon f rüher ist untersucht worden, wie dieses verhältnismäßig einfache strahlenempfindliche Sy-stem auf den Zusatz bestimmter Substanzen in der Ausbeute reagiert (vgl. z. B. D E W H U R S T

8 ) . In dieser Arbeit wurden nun Alkohole verschiedener Wertig-keit, an erster Stelle Glycerin, auf ihre Beeinflussung der Ausbeute geprüft . Das lag auch deshalb nahe, weil diese Substanzen in strahlenbiologischen Ver-suchen regelmäßig Schutzwirkungen zeigen, wie sie etwa von W E B B

9 an Staphylococcus aureus und von

1 H . FRICKE U. S . MORSE, A m e r . J . R o e n t g e n o l . 1 8 , 4 2 6 [1927]. 2 H . FRICKE U. S . MORSE, P h i l . M a g . S e r . 7 , 4 1 , 1 2 9 [ 1 9 2 9 ] . 3 A. O. ALLEN, The radiation chemistry of water and aqueous

solutions. D. van Nostrand Comp., Princeton 1961. 4 J . W . T . SPINKS u . R . J . WOODS, A n i n t r o d u c t i o n t o r a d i a -

tion chemistry, John Wiley and Sons, Inc., New York 1964.

W . F. S C H M I D T 10 an Saccharomyces cerevisiae ge-

funden und durch Adsorptionswirkung an strahlen-empfindlichen Zellkomponenten gedeutet wurden. Zur Erklärung solcher Effekte ist es nicht uninter-essant zu wissen, wie derartige Alkohole in wesent-lich einfacheren nichtbiologischen Systemen wirken. Daher wurde die das FD kennzeichnende chemische Umwandlung als Kriterium der Strahlenwirkung in Anwesenheit von Alkoholen benutzt.

Methodisches

Die für die Untersuchung benutzte Eisen (II)-Lösung hatte folgende Zusammensetzung, die dem normalen FD angepaßt ist:

1 mMol Eisenammoniumsulfat, 1 mMol Natrium-chlorid *, 0,8-n. Schwefelsäure pro Liter. Das Wasser aus einer Ionenaustauscheranlage wurde in einer Quarzapparatur nachdestilliert.

Bestrahlt wurde mit einer Röntgenröhre vom Typ Müller MÖD 150 Be-Doppelfokus mit großem Brenn-fleck und 75 kV/20 mA in Glasschälchen, die bei 36 mm Durchmesser und 4 ml Lösung eine Schichtdicke von 4 mm ergaben. Die geringe Schichtdicke hatte zur Folge, daß die Lösung auch ohne Rühren stets sauer-stoffgesättigt war. Die eine Fe (II)-Fe (III)-Umwand-lung kennzeichnende Extinktion wurde mit einem Beck-man Spektralphotometer, Modell G 4700, bei 304 nm Wellenlänge bestimmt. Durch Multiplikation der ge-

5 A. V. TOPCHIEV (Hrsg.), Radiolysis of hydrocarbons, Else-vier Publishing Company, Amsterdam 1964.

8 A. J. SWALLOW, Radiation chemistry of organic compounds, Pergamon Press, Oxford 1960.

7 K . SCHARF U. R . W . LEE, R a d . R e s . 1 6 , 1 1 5 [ 1 9 6 2 ] . 8 H. A. DEWHURST, J. chem. Physics 19, 1329 [1951]. 9 R. B. WEBB, Radiat. Res. 18, 607 [1963].

1 0 W . F . SCHMIDT, Z . N a t u r f o r s c h g . 2 1 b , 2 , 1 4 5 [ 1 9 6 6 ] .

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messenen Extinktionsänderung AE mit 29,3 erhält man die absorbierte Dosis in krad. Der Faktor 29,3 ent-spricht einem der Literatur entnommenen G-Wert von 15,6 Ionenpaare/100 eV bei luftgesättigter Lösung und 75 kV Röhrenspannung (s. z . B . A G L I N Z E W 1 2 ) .

Im folgenden werden nicht die gemessenen Extink-tionen, sondern stets die durch Multiplikation mit 29,3 erhaltenen Dosiswerte in „krad" angegeben, audi wenn es sich bei ihnen wegen der Änderung des G-Wertes durch die organischen Zusätze nur um scheinbare Dosen handelt. Die chemische Umwandlung wird hier also durch die Angabe der Dosis gekennzeichnet, die im nor-malen FD dasselbe Ausmaß der Umsetzung bewirkt hätte.

E r g e b n i s s e

Abb. 1 zeigt die Abhängigkeit der scheinbaren Dosis in „ k r a d " von der Eisen (II)-Konzentration der Lösung. 1 mMol entspricht dem normalen An-

Abh. 1. Abhängigkeit der scheinbaren Dosis in „krad" von der Eisen (II) -sulfat-Konzentration in 1 mMol. Am rechten Rand ist die Bestrahlungsdauer in min aufgetragen. Dosisleistung

2,7 krad/Minute.

* Nach DEWHURST 8 ' 11 soll der Einfluß organischer Verunrei-nigungen durch Zugabe von 1 mMol NaCl pro l ausgeschal-tet werden.

satz des FD. Die Zahlen am rechten Rand geben die Bestrahlungsdauer an (im folgenden BD genannt) . Multipliziert mit der benutzten Dosisleistung 2,7 krad/min ergeben sie die tatsächlich eingestrahlte Dosis. Der nähere Verlauf der Kurven wird in der Diskussion erörtert .

Trägt man bei verschiedenen Glycerinkonzentra-tionen die scheinbare Dosis als Funktion der BD auf, erhält man die Abb. 2. Die bei einer bestimm-ten BD erreichte Ausbeute an Fe ( I I I ) fällt mit stei-genden Glycerinkonzentrationen. Zu beachten ist,

Abb. 2. Abhängigkeit der scheinbaren Dosis von der Bestrah-lungsdauer bei unterschiedlichen Glycerinkonzentrationen und zum Vergleich beim F r i c k e - Dosimeter (kein Glyce-rin) . Am rechten Rand ist die Glycerinkonzentration für jede

Kurve eingetragen.

daß fü r kleine Konzentrationen (5 mMol Glycerin) noch keine Annäherung an die Gerade des norma-len FD (Glycerinkonzentration Null) zu beobachten

1 1 H . W . DEWHURST, T r a n s . F a r a d a y S o c . 4 8 , 9 0 5 [ 1 9 5 2 ] . 12 K. K. AGLINZEW, Dosimetrie ionisierender Strahlung. VEB

Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1961.

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Um den Zusammenhang zwischen der angezeigten Dosis bei verschiedenen Glycerinkonzentrationen und der Ausbeute des FD aufzuweisen, wurde der ^ -Faktor

scheinbare Dosis bei Anwesenheit von Glycerin („krad") v ~ Dosis der reinen Eisen (II) -Lösung (krad)

gebildet und fü r die verschiedenen BD als Funktion der Glycerinkonzentration aufgetragen (Abb. 4 ) . Deutlicher als in Abb. 3 zeigt sich hier ein Maxi-mum, das für kurze Bestrahlungszeiten am augen-fälligsten ist. Bei langen BD entfernt sich die An-zeige nur wenig von der des FD und sinkt erst bei höheren Konzentrationen stark ab. Der Abfall bei höheren Glycerinkonzentrationen ist f ü r alle BD-Werte ähnlich.

Will man den gleichzeitigen Einfluß der BD und der Glycerinkonzentration auf die scheinbare Dosis sichtbar machen, so empfiehlt sich eine dreidimensio-nale Darstellung entsprechend Abb. 5. Die „k rad" liegen auf einer im wesentlichen konvexen „Dosis-Fläche", in der die Kurven der Abb. 2 und Abb. 3 als Netzlinien auftreten. Der in Abb. 3 und Abb. 4 zu beobachtende Abfall zu höheren Konzentrationen zeigt sich hier als ein Absinken der Fläche rechts hinten. Die Unregelmäßigkeiten in den Netzlinien

Abb. 4. Abhängigkeit des ^ -Faktors von der Glycerinkonzentration. Am rechten Rand ist die Bestrahlungsdauer für jede Kurve eingetragen.

ist. Diese Annäherung setzt erst bei Glycerinkonzen-trationen ein, die klein gegenüber der E isen( I I ) -Konzentration sind (vgl. Abb. 4 ) .

Bei der Darstellung der scheinbaren Dosis in Ab-hängigkeit von der Glycerinkonzentration ergeben sich die Kurven der Abb. 3, bei denen ein erweiter-ter Konzentrationsbereich berücksichtigt worden ist. Sie zeigen allgemein ein breites Maximum im Be-reich von 0,01 bis 0 ,1 Mol, das um so ausgeprägter ist, je kürzer die BD ist. Der Abfall zu höheren Konzentrationen ist bei allen BD-Werten zu erken-nen.

100

0.0001 0,001 0,01 0,1 1 10-m. Konz. Glycerin

Abb. 3. Abhängigkeit der scheinbaren Dosis von der Glycerin-konzentration. Am rechten Rand ist die Bestrahlungsdauer in

min angegeben.

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sind vermutlich nicht signifikant, es muß weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben, die Fläche ge-nauer festzulegen.

Abb. 5. Dreidimensionale Darstellung der Ergebnisse mit den drei Achsen: scheinbare Dosis nach oben, Bestrahlungsdauer nach links hinten, Glycerinkonzentration nach rechts hinten. Man muß sich die Fläche nach hinten rechts so stark ge-

krümmt denken, daß sie nicht mehr sichtbar ist.

Diskussion der Ergebnisse

Legt man einen der Literatur entnommenen G-Wert von 15,6 Ionenpaare/100 eV absorbierter Energie bei 75 kV Röhrenspannung und luftgesät-tigter Lösung zugrunde, so kann man für die ver-schiedenen Eisen (II)-Konzentrationen der Abb. 1 die Grenzdosis berechnen, bei der alles Eisen oxy-diert worden ist. Dieser Grenzdosis entspricht bei einer bestimmten Dosisleistung eine maximale BD fü r jede Fe (II)-Konzentration. Geht man bei der maximalen BD zu höheren Eisenmolaritäten über, so kann kein weiteres Fe (II) oxydiert werden, da alle pr imär gebildeten Radikale reagiert haben, man erhält Parallele zur Abszisse. Da die Anzahl dieser Radikale der BD und damit der Dosis proportional

ist, ergibt sich die entsprechende Lage der paralle-len Kurventeile in Abb. 1. Bei kleineren Konzentra-tionen ist dagegen die Zahl der Eisenionen der be-grenzende Faktor, die Anzeige in „k rad" nimmt mit der Fe (II)-Konzentrat ion ab, wobei stets alles Eisen umgesetzt wird (vgl. z. B. H O C H A N A D E L und G H O R M -

L E Y 1 3 ) .

Quantitativ ergibt sich folgendes: eine 1 milli-molare Eisenammoniumsulfat-Lösung enthält 6 ' 1 0 1 7

Moleküle/ml. Bei einem G-Wert von 15,6 Ionen-paaren/100 eV und einem Umrechnungsfaktor 1 rad ^ 6 , 2 - 1 0 1 3 e V / m l (die Dichte der Lösung ist prak-tisch 1) erhält man rd. 65 krad als obere Nachweis-grenze. Dem entspricht in Abb. 1, daß der (Übergang zum parallelen Kurvenast f ü r 1 mMol Fe (II) bei BD = 20 min (entsprechend 54 krad) liegt, fü r 0,5 mMol bei ß ö = 1 0 m i n (27 k rad ) , für 0,25 mMol bei BD = 5 min (13,5 krad) und f ü r 0 ,125 mMol bei BD = 2,5 min (6,7 k r a d ) .

Dosis-ßZ)-Kurven, die oberhalb der FD-Geraden verlaufen (Abb. 2 ) , deuten auf eine Sensibilisierung des Nachweissystems hin. Der (^-Faktor (Abb. 4) ist ein Maß fü r die Sensibilisierung ( ( ) > 1 ) oder den Schutz ( ( ) < 1 ) , den das FD (@ = 1) bei verschie-denen Glycerinkonzentrationen erfährt . Das Auftre-ten eines bei kurzen BD besonders ausgeprägten Ma-ximums weist auf zwei antagonistische Prozesse hin, die bei Strahlenwirkungen in Eisen (II)-Lösungen mit Alkoholen ablaufen. Außer bei Glycerin ergaben sich ähnliche Effekte mit anderen Alkoholen, bei denen der ^ -Fak tor mit der Zahl der OH-Gruppen des Alkohols anstieg.

Im FD stehen Wasser- und Eisen (II)-sulfatmole-küle im Verhältnis 50 000 : 1, so daß pr imär über-wiegend Wassermolekeln getroffen und radikalisiert werden. Bei sauerstofffreier Lösung kann nur das nach

h • v —'->H20 H + OH' [1]

gebildete OH-Radikal weiterreagieren und ein Fe(II) oxydieren. In Anwesenheit von Sauerstoff wandelt das H-Radikal über einige Zwischenstufen 2 F e ( I I ) -Ionen um. Sind organische Zusätze in der Lösung, so kann die Ausbeute durch Bildung organischer Peroxide merklich steigen (s. z. B. 1. c . 1 2 ) .

Bei Anwesenheit einer Komponente mit stärkerer Ausbeute läßt sich der anfängliche Anstieg in den Dosis-Konzentrationskurven zu größeren Glycerin-molaritäten hin folgendermaßen quantitativ fassen:

1 3 C. J . HOCHANADEL U. J . A. GHORMLEY, J . chem. P h y s i c s 21 , 880 [1953].

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Sind in der Lösung / mMol Eisen(II) und g m M o l Glycerin enthalten, mit denen das erzeugte OH-Ra-dikal reagieren kann (Umsetzungsgeschwindigkeiten a bzw. b), so laufen die direkte Oxydation zu Fe (III) und der indirekte Weg über das Peroxid parallel ab, und zwar entsprechend dem Mischungs-verhältnis f/g mit den Wahrscheinlichkeiten:

/ / ( / + *) und g/U + g).

Man erhält also eine Ausbeute

A(f,g)=ar+g +bf+g af+bg

[2]

wenn 6 > a und g ^ O . Bei unverändert bleibender Eisen (II)-Konzentration ( / = 1 mMol) ergibt sich die rationale Funktion

b

A(g) = a + b g

1 +~g

[3] 1+g 1+8 '

die fü r g = 0 (reine F r i c k e - Lösung) den Wert a annimmt und mit steigendem g gegen b geht. Setzt man für a die bei einer bestimmten BD ermittelte Dosis des FD ein und errechnet aus der Ausbeute A bei lOmMol Glycerin den Wert b, so erhält man die ausgezogenen Linien in Abb. 6, die den gemesse-nen Punkten gut entsprechen.

wo

0.00001 0,0001 0.001 Konz. Glycerin

0.01-m.

Abb. 6. Die nach dem Ansatz [3] berechneten Dosiskonzen-trations-Abhängigkeiten für verschiedene Bestrahlungsdauer (ausgezogene Linien) und die gemessenen Werte (Punkte).

Die Größe b stellt also die zu jeder BD gehörende maximale Anzeige bei unendlicher Glycerinkonzen-tration und Ausschaltung des Viskositätseffektes dar, während a die Anzeige des FD bei gleicher BD ist. Beide Kurven a{BD) und b(BD) schneiden sich bei einer Dosis von 65 krad (s. Abb. 7 ) , die der maxi-malen Anzeige einer 1 millimolaren Eisen(II)-Lösung entspricht, ein nach den obigen Überlegungen sehr

plausibles Ergebnis. Der Quotient b/a gibt die obere Grenze fü r eine mögliche Steigerung der Ausbeute des FD durch Glycerinzugaben an. Für abnehmende BD steigt dieser Wert an und erreicht f ü r eine extra-polierte Bestrahlungsdauer Null einen Wert von un-gefähr 2 ,4 in Ubereinstimmung mit einer weiter unten berechneten Ausbeutesteigerung von 238% und nimmt bei Extrapolation zu einer BD von 25 min = 65 krad den Wert 1 an (Abb. 7 ) .

20 30 BD [min]

Abb. 7. Abhängigkeit der beiden Reaktionsgeschwindigkeiten a und b, ihres Quotienten b/a und des Quotienten b/BD von der Bestrahlungsdauer. Vom Schnittpunkt der b- und a-Kur-ven an müssen theoretisch beide Kurven parallel zur Abszisse

weiterlaufen.

Für den Dosisabfall bei höheren Glycerinkonzen-trationen kann die zunehmende Viskosität verant-wortlich gemacht werden. Da die Viskosität von Glycerin-Wasser-Gemischen sowohl von dem Mi-schungsverhältnis als auch von der Temperatur ab-hängt, kann man Temperatur-Konzentrationspaare auswählen (z. B . L A N D O L T - B Ö R N S T E I N

1 4 ) , die gleiche Viskosität haben und damit bei Bestrahlung zu glei-chen scheinbaren Dosen führen sollten. Abb. 8 zeigt, daß die Ergebnisse von 6 Versuchen an jeweils 3 solchen Paaren gleicher Viskosität diesen Erwartun-gen entsprechen*.

Die Höhe der Maxima in der ^-Darstel lung (Abb. 4) zeigt im wesentlichen eine Abnahme mit

14 LANDOLT-BÖRNSTEIN, Zahlenwerte und Funktionen aus Phy-sik, Chemie, Anstronomie, Geophysik und Technik, 6. Aufl., Springer-Verlag, Berlin 1961.

* Vergleichbare Ergebnisse wurden mit Sorbit verschiedener Konzentrationen gewonnen.

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100

50

ID-

S'

1 •

50-

JO-

S'

1.

0 2,5 S 10 15 2ß 5 10 15 2,5 5 10 15 min

Abb. 8. Scheinbare Dosen bei jeweils drei Konzentrationen (einzelne Beschriftung in jedem Feld) und drei Temperaturen (-20°, X 40°. A 60 °C) als Funktion der Bestrahlungsdauer.

(s. z .B . I . e . 1 2 ) , so daß man insgesamt eine Aus-beute von

3 -69%+ 31% = 238% erwarten kann. Aus der Dosisleistung des FD von 2,7 krad /min ergibt sich bei einer Steigerung um 238% bei maximaler Glycerinkonzentration eine scheinbare Dosisleistung von 6 ,45 „krad /min" , die mit dem aus dem Verlauf von b/BD als Funktion der BD errechneten Wert 6,6 „k rad /min" bei Extra-polation auf eine Bestrahlungsdauer Null überein-stimmt (Abb. 7 ) . Das Ergebnis dieser Abschätzung ist nur beweiskräftig, wenn die Reaktionen [4 ] , [5] und [6] im wesentlichen gleiche Wirkungsquer-schnitte haben.

Die Untersuchungen haben gezeigt, daß durch Zu-gabe von Glycerin beim FD kein genereller Schutz zu erzeugen ist, wie ihn z. B. SCHMIDT 10 bei S. cere-visiae f ü r alle Glycerinkonzentrationen gefunden hat. Das FD ist in dieser Hinsicht kein Modell f ü r die Strahlenwirkungen in der Zelle, aber die beob-achtete Sensibilisierung zwingt zur Diskussion, ob der Glycerinschutz in der Zelle größer ist, als er aus Dosiseffektkurven ermittelt wird, da er möglicher-weise eine gleichzeitig auftretende Sensibilisierung überkompensiert .

„Kraa .20 x40' t>60"

^ \ f : / . 1 -m. / f=1,3cP x3-m.

a 4 46 m.

/ 1 jj 1j6cP x4 -m. & A 525-m.

II •3 -m. M 2}cP x 4,75-m. y Äff -m.

1 1

/ . 4 -m. / 2,8cP X 5,5-m.

/ 4 7 - m . X

1 1 1 r - 1

I 1

/ » 5 -m. fl 4.3cP X 6,4-m.

II & 7,6-m.

I I r 1

1 1

/ *6 -m. / 7,0cP X7.2S-W.

J i -m.

1 « • 1

wachsender BD. Das ist verständlich, da man bei langer BD mit dem FD in die Nähe der vollständi-gen Oxydation des Fe (II) kommt, so daß eine wei-tere Ausbeutesteigerung durch Glycerin nicht mög-lich ist. Diese Annahme geht auch aus dem Abfall der b/a-Kurve in Abb. 7 hervor.

Nach Angaben aus der Literatur (s. z . B . l . c. 3 ) , die durch eigene Messungen fü r das benutzte System im wesentlichen bestätigt wurden, verhält sich die Ausbeute von sauerstofffreier und sauerstoffgesättig-ter Lösung wie 1 : 1,9. Das bedeutet, daß rd. 53% des Umsatzes über die Reaktion

OH Fe (III) [4]

laufen und rd. 47% über die Reaktion

H' — 3 Fe (III), [5]

bei der Stauerstoff anwesend sein muß. Der letzte Schritt in dieser Reaktion ist wieder die Umsetzung [ 4 ] , so daß insgesamt

53%+1/3-47% = 69 %

des Umsatzes über die Reaktion [4] verlaufen. Durch organische Zusätze wird die Ausbeute von [4] um das Dreifache gesteigert:

O H ' organische Zusätze 3 F e ( I I I ) [ 6 ]