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_____ Roboter generieren hohen Nutzen dank ihrer gravierenden Vorteile: Neben der Resistenz gegenüber Ermüdung oder den Menschen belastende Umgebungs- bedingungen sind dies vor allem exakt reproduzierbare Qualität und hohe Pro- duktivität. Fällt jedoch der „Maschinen- Kollege“ unverhofft aus, sind die Folgen oft einschneidender als bei der Repara- tur eines entsprechenden manuellen Werkzeugs. Durchschnittlich bedeutet ein Roboter-Ausfall einen circa achtstün- digen, kostenträchtigen Stillstand, der die gesamte Linie in der Prozesskette ausbremsen kann. Meist sind erfolglos verlaufende Versuche der Selbsthilfe vorausgegangen und wertvolle Zeit ver- strichen, bis der Service-Experte ein- trifft. Der Gesamtverlust infolge Roboter- Ausfalls übersteigt in vielen Fällen deut- lich die Investitionskosten für einen Roboter und reicht bis zu nachhaltigen Image-Schäden. Mit Advanced Remote Diagnostics erarbeiteten die Entwickler von ABB Robotics eine Lösung, die im Vorfeld potenzieller Störungen ansetzt. Sie basiert auf dem Fern-Überwachen und Protokollieren der wesentlichen Funktionsparameter. Frühzeitig emp- fängt der Anwender von der ABB-Ser- vice-Zentrale differenzierte, aussage- kräftige Warnsignale, sobald der Roboter im kritischen „gelben Bereich“ arbeitet. Auf diese Weise reduziert sich die Reak- tionszeit im Servicefall drastisch. Oft kann eine Störung, die sonst einen Aus- Ferndiagnose-System für Lackierroboter Störungsfrei lackieren im Dauerbetrieb Roboter übernehmen beim Lackieren immer mehr Funktionen. Das macht sie anfälliger für Fehler und Verschleiß. Der Gesamtverlust infolge eines Roboterausfalls übersteigt in vielen Fällen deutlich die Investitionskosten für einen Roboter. Der folgende Beitrag stellt ein Konzept vor, wie mit Lackierrobotern auch im Dreischichtbetrieb mit null Störungen und Ausfällen lackiert werden kann. Die Lackierroboter der Kunststoff-Lackiererei im BMW-Werk Landshut sind mit dem ferndiagnostischen System vor plötzlichem Funktionsausfall geschützt Bilder: ABB 14 JOT 6.2010 roboter-lackierung

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Page 1: Störungsfrei lackieren im Dauerbetrieb

_____ Roboter generieren hohen Nutzen dank ihrer gravierenden Vorteile: Neben der Resistenz gegenüber Ermüdung oder den Menschen belastende Umgebungs-bedingungen sind dies vor allem exakt reproduzierbare Qualität und hohe Pro-duktivität. Fällt jedoch der „Maschinen-Kollege“ unverhofft aus, sind die Folgen oft einschneidender als bei der Repara-tur eines entsprechenden manuellen Werkzeugs. Durchschnittlich bedeutet ein Roboter-Ausfall einen circa achtstün-

digen, kostenträchtigen Stillstand, der die gesamte Linie in der Prozesskette ausbremsen kann. Meist sind erfolglos verlaufende Versuche der Selbsthilfe vorausgegangen und wertvolle Zeit ver-strichen, bis der Service-Experte ein-trifft. Der Gesamtverlust infolge Roboter-Ausfalls übersteigt in vielen Fällen deut-lich die Investitionskosten für einen Roboter und reicht bis zu nachhaltigen Image-Schäden. Mit Advanced Remote Diagnostics erarbeiteten die Entwickler

von ABB Robotics eine Lösung, die im Vorfeld potenzieller Störungen ansetzt. Sie basiert auf dem Fern-Überwachen und Protokollieren der wesentlichen Funktionsparameter. Frühzeitig emp-fängt der Anwender von der ABB-Ser-vice-Zentrale differenzierte, aussage-kräftige Warnsignale, sobald der Roboter im kritischen „gelben Bereich“ arbeitet. Auf diese Weise reduziert sich die Reak-tionszeit im Servicefall drastisch. Oft kann eine Störung, die sonst einen Aus-

Ferndiagnose-System für Lackierroboter

Störungsfrei lackieren im Dauerbetrieb Roboter übernehmen beim Lackieren immer mehr Funktionen. Das macht sie anfälliger für Fehler und Verschleiß. Der Gesamtverlust infolge eines Roboterausfalls übersteigt in vielen Fällen deutlich die Investitionskosten für einen Roboter. Der folgende Beitrag stellt ein Konzept vor, wie mit Lackierrobotern auch im Dreischichtbetrieb mit null Störungen und Ausfällen lackiert werden kann.

Die Lackierroboter der Kunststoff-Lackiererei im BMW-Werk Landshut sind mit dem ferndiagnostischen System vor plötzlichem Funktionsausfall geschützt

Bild

er: A

BB

14 JOT 6.2010

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fall verursachen würde, ganz abgewen-det werden.

Reproduzierbare LackierqualitätVoll automatisierte Lackieranlagen mit Robotern bieten größere Flexibilität und höhere Anlagenverfügbarkeit bei redu-ziertem Personalbedarf. Mit Robotern ist eine reproduzierbare hohe Lackierquali-tät zu erreichen, das heißt gleichmäßige Schichtdicken über das gesamte Bauteil bei minimalem Lackverbrauch. Außer-dem bietet jeder Roboter dem Anwender die Möglichkeit, seine Schichtdicken jeweils abhängig von Farbton und Lackmaterial zu optimieren. Die ABB-Lackierroboter sorgen für eine konstant hohe Lackierqualität sowie hohe Auf-tragsgeschwindigkeiten bei geringem Materialverbrauch — und erfüllen so die Anforderungen der modernen Lackier-technik. Exemplarisch stehen dafür der IRB 5400 sowie der IRB 5500.

Bei der Ausführung des IRB 5400 mit Prozessarm werden Farbwechsler, Dosierpumpen und Ventile auf dem Horizontalarm integriert. Dadurch sind schnelle Farbwechsel und äußerst geringe Lackverluste beim Farbwechsel realisierbar.

Der IRB 5500 erreicht mit seinem Roboterarm eine außergewöhnliche Reichweite: Horizontal von plus 3 bis minus 3 Meter, vertikal 0 bis 3 Meter — bei geringerem Platzbedarf aufgrund der Wandmontage seitlich über dem Lackier-objekt. Der Roboterarm bewegt sich sowohl vertikal als auch horizontal jeweils parallel zur Lackierfläche. Auf diese Weise sind längere zusammenhän-gende Lackierbahnen möglich. Resultat: bessere Lackierqualität bei reduziertem Lackverbrauch.

Alle ABB Roboter bedient der Nutzer mit der gleichen komfortablen Steue-rung IRC5. Sie ist auch für „Advanced Remote Diagnostics“ ausgelegt. Den Hauptnutzen dieses innovativen Sys-tems bildet die signifikant erhöhte Ver-fügbarkeit der Lackierroboter durch vor-beugende Diagnose.

Den Zustand der mechanisch beanspruchten Teile des Roboters kann der Nutzer über die personalisierte Seite „My Robot“ jederzeit ablesen

Informationen zu Kontroll- und Messdaten, darunter Hinweise auf kritische Bereiche, gewinnt der Roboter-Anwender mit einem Blick auf die hinterlegten Protokolle in „My Robot“

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Grundsätzlich sind sämtliche Lackier-roboter von ABB mit Advanced Remote Diagnostics ausrüstbar. Aktuell bereiten die ABB-Entwickler eine Erweiterung des Remote-Systems zur Online-Überwa-chung weiterer Parameter, auch aus der Lack-Applikationstechnik, vor. Das heißt, die Funktionen der Lackventile, Dosier-pumpen, Druck- und Durchfluss-Senso-ren können zukünftig gleichfalls online überwacht werden.

Wie geht es meinem Roboter?Die Voraussetzung für das spezifische System Advanced Remote Diagnostics ist global gegeben, wenn sich der Roboter in ausreichender Nähe zum GPRS/ WLAN-Netzwerk befindet. Das Support-Package von ABB fasst die für die Vorsor-ge wichtigsten unterstützenden Dienste zusammen. Dafür stellt ABB auf seinem Server die für den Kunden datensichere, personalisierte Internetseite „My Robot“ bereit. Dieser Remote-Service beinhaltet die automatische Datenaufnahme und das Speichern von Parametern des ver-netzten Roboters sowie die qualifizierte Datenauswertung. Auf seiner Site „My Robot“ ruft der Nutzer bedarfsweise die letzte Datensicherung auf, programmiert manuell die Zyklen von Testprogramm-Aufrufen und gibt individuell erhobene Daten ein. Hier kann der Roboter-Anwen-der mit Hilfe der intelligenten Software jederzeit den aktuellen „Robot Condition Report“ abholen — und er erfährt online, wie es seinem Roboter innerhalb des letzten, vorletzten oder beliebigen ande-ren Testzyklus ergangen ist. Wie hoch sind Nutzungsrate, Beanspruchung und Abnutzung der einzelnen Achsen bezie-hungsweise der entsprechenden mecha-nischen Teile in Relation zur absoluten Roboternutzung? In welchen Bereichen fährt der Roboter nahe der Lastgrenze? Aus den Daten errechnet die Software die Lebenserwartung, zum Beispiel der Kabel, und entwickelt einen Wartungs-plan. Selbsttätig indiziert das Programm auftretende funktionale Problemlagen und übermittelt Warnungen per E-Mail

auf den PC beziehungsweise das mobile Kommunikationsgerät des Roboter-Nut-zers.

Datensicherheit für den AnwenderEin Blick auf die Seite „My Robot“ bei abb.com zeigt dem Anwender des intel-ligenten Diagnosesystems die exakte Lokalisation, Art und Quantifikation des Alarmzustandes. Verfügbar sind dort auch die interaktiv bereitgestellten emp-fehlenswerten Maßnahmen zum Beseiti-gen der Ursachen. Einen großen Teil der Fehler und Probleme kann der Anwen-der über den Aufruf der Seite www.abb.com/myabb/myrobot entweder vorsor-gend vermeiden oder selbst lösen, ohne dass ein kostenaufwendiger Einsatz der externen Service-Experten erforderlich ist.

Das Advanced Remote Diagnostics-System ist so konzipiert, dass die ABB-Experten nur die zum Betrieb notwen-digen Roboterdaten „sehen“ und analy-sieren können. Eingriffe in die Roboter-steuerung oder die betrieblichen Netz-

werke des Kunden sind bewusst nicht möglich.

Maximale Anlagenverfügbarkeit bei BMW in LandshutDie Lackier-Fachleute von BMW in Landshut gehören zu den ersten An-wendern der neuen Technologie. An ihrer voll automatisierten Lackierlinie mit ABB-Robotern IRB 5400 brauchen sie die maximale Anlagen-Verfügbarkeit. Seit über drei Jahren nutzt BMW in der Landshuter Kunststoff-Lackiererei er-folgreich das Remote Support Package. Erfolgreich bedeutet: null Störungen und Ausfälle mit produktionsrelevanten Aus-wirkungen beim dreischichtigen Lackie-ren der Stoßfänger für die 3er und die 7er BMW-Modellreihe. Die Systeme zum Messen funktionswichtiger Parameter wie Temperatur, Stromfluss oder Lüfter-geschwindigkeit sind in einer kompakten Box im Roboterschrank integriert, die per Stecker mit der Robotersteuerung im Schaltschrank verbunden ist. So bleibt der Installationsaufwand gering und die Roboter jederzeit mit dem Remote-Sys-tem ausrüstbar beziehungsweise update-fähig. Für Alexander Geisberger, Leiter Instandhaltung Technologie Exterieur in Landshut, ist das Ziel der vorausschau-enden Anlagenwartung und -Optimie-rung erreicht: „Bisher typische Stö-rungen treten nicht mehr auf, weil wir die Symptome schon früh erkennen und die Probleme im Vorgriff abstellen kön-nen.“

Erfahrungen und Konsequenzen Um produktionsrelevante Auswirkungen von Störungen möglichst auszuschlie-ßen, wählte BMW die anwendungsspezi-fische Komplettlösung. Sie umfasst neben den Basistools auch die spezielle Schulung ihrer internen technischen Service-Mitarbeiter. Besonderen Wert legt Alexander Geisberger auf die „Read-Only“-Eigenschaft des Systems. „Im Unterschied zu üblichen Remote-Syste-men behalten wir mit Advanced Remote Diagnostics die volle Sicherheit und Kon-

Alexander Geisberger, Leiter Instand-haltung Technologie Exterieur im BMW-Werk Landshut, ist von den Vor-teilen des neuen Systems überzeugt

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www.altana.com

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erwarten. Und mit dem Anspruch, jeden Tag aufs Neue

Lösungen zu finden, die aus Chancen Zukunft machen.

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Wachstum

trolle, weil keine externen Zugriffe über das Intranet erfolgen. Service-Techniker von ABB haben den erforderlichen Remote-Zugriff auf die Roboter — und wir jederzeit den Überblick über eventuell systemrelevante Auswirkungen dieser Einwahlen.“

Die Read-Only-Funktion generiert auch einen kommunikativen Nutzen: Sie steigert die Kooperativität mit dem Robo-ter-Partner und sichert den Wissens-transfer zu den BMW-Fachleuten. „Ände-rungen im System sind nur kooperativ zwischen uns und ABB möglich. So par-tizipieren wir automatisch vom ABB-Know-how.“ Außerdem erhält der Kunde BMW alle Updates der Software, bei-spielsweise zum Kontrollieren weiterer Parameter.

Nach den guten Erfahrungen mit den ersten vier IRB 5400 entschieden die Verantwortlichen bei BMW, zwischen-zeitlich alle 19 Lackierroboter in Lands-hut mit dem System auszurüsten und für neue Roboter die Advanced Remote Dia-gnostics als Standardkomponente zu definieren.

Die Landshuter Lackier-Experten wol-len von den beim Pilotprojekt erkannten und erzielten Vorteilen für Produktivität und Wettbewerbsfitness jetzt in wei-teren Produktionsbereichen profitieren. Alexander Geisberger resümiert: „Das Advanced-Remote-Diagnostics-System hilft uns, hier in der Kunststoff-Lackie-rerei den entscheidenden Schritt vorn zu sein. Kollegen aus den anderen Berei-chen prüfen mit großem Interesse, inwieweit diese Technologie in den Handlingsystemen unserer übrigen ABB-Roboter einsetzbar ist.“ Gerd Trommer

Kontakt: ABB Automation GmbH,

Unternehmensbereich Robotics, Friedberg, Tel. 06031 85-0,

www.abb.de/robotics

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