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1 Stellungnahme des GLB (Gesamtverband der Lehrerinnen und Lehrer an berufli- chen Schulen in Hessen) zu Ziffer 3 der Drucksache 19/191 zur Vorbereitung der zur Be- handlung stehenden Punkte gemäß Antrag: "Kein Kind zurücklassen -Rahmenbedingungen, Chancen und Zukunft schulischer Bildung in Hessen" zum am Freitag, 25. November 2016 Themenblock „Migration, Flucht und BildungGrundsätzliches Das Bildungssystem steht nach wie vor vor großen Herausforderungen, kann aber auf ad- hoc-Erfahrungen aufbauen, diese nutzen und überlegte Maßnahmen zur Integration ergrei- fen. Der Deutsche Lehrerverband mit seinen Mitgliedsverbänden formulierte Überlegungen und Initiativen zum Themenblock, die weiter aktuell und zu verfolgen sind. Maßnahmen müssen berücksichtigen: unterschiedliche kulturelle, religiöse und geografi- sche Herkunft von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden, die zu erheblichen Teilen noch kaum alphabetisiert sind bzw. nur eine geringe schulische Vorbildung haben, kaum Deutsch sprechen und vielfach traumatisiert sind. Vor diesem Hintergrund ist eine unmittelbare Integration dieser Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in das Regelsystem nur in wenigen Ausnahmefällen möglich. Der größte Teil braucht vor der Integration in Regelklassen eine zielgruppenspezifische Einführung. Erfahrungen zeigen, dass eine halb- bis zweijährige Vorbereitungszeit an- gemessen ist. Das A und O der Integration in das Regelsystem ist das wenigstens rudimentäre Beherr- schen der deutschen Sprache. Der Erwerb der deutschen Sprache setzt in der Regel einen mindestens 800 Stunden umfassenden Unterricht in Deutsch als Zweitsprache (DaZ)voraus. Dieser Unterricht sollte in überschaubaren eigenen Gruppen über ein Jahr hinweg stattfinden und von Lehrern mit entsprechender Qualifikation gestaltet werden. Um entsprechende Lehrkräfte verfügbar zu haben, sollten die zurzeit ausreichend am Markt verfügbaren jungen Lehrkräfte mit Fakultas Deutsch für eine Fortbildung in der Didaktik und Methodik des Faches Deutsch als Zweitsprache gewonnen werden.

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Page 1: Stellungnahme GLB

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Stellungnahme des GLB (Gesamtverband der Lehrerinnen und Lehrer an berufli-chen Schulen in Hessen) zu Ziffer 3 der Drucksache 19/191 zur Vorbereitung der zur Be-handlung stehenden Punkte gemäß Antrag:

"Kein Kind zurücklassen -Rahmenbedingungen, Chancen und Zukunft schulischer Bildung in Hessen" zum am Freitag, 25. November 2016

Themenblock „Migration, Flucht und Bildung“

Grundsätzliches

Das Bildungssystem steht nach wie vor vor großen Herausforderungen, kann aber auf ad-hoc-Erfahrungen aufbauen, diese nutzen und überlegte Maßnahmen zur Integration ergrei-fen.

Der Deutsche Lehrerverband mit seinen Mitgliedsverbänden formulierte Überlegungen und Initiativen zum Themenblock, die weiter aktuell und zu verfolgen sind.

Maßnahmen müssen berücksichtigen: unterschiedliche kulturelle, religiöse und geografi-sche Herkunft von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden, die zu erheblichen Teilen noch kaum alphabetisiert sind bzw. nur eine geringe schulische Vorbildung haben, kaum Deutsch sprechen und vielfach traumatisiert sind.

Vor diesem Hintergrund ist eine unmittelbare Integration dieser Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in das Regelsystem nur in wenigen Ausnahmefällen möglich. Der größte Teil braucht vor der Integration in Regelklassen eine zielgruppenspezifische Einführung. Erfahrungen zeigen, dass eine halb- bis zweijährige Vorbereitungszeit an-gemessen ist.

Das A und O der Integration in das Regelsystem ist das wenigstens rudimentäre Beherr-schen der deutschen Sprache.

Der Erwerb der deutschen Sprache setzt in der Regel einen mindestens 800 Stunden umfassenden Unterricht in Deutsch als Zweitsprache (DaZ)voraus. Dieser Unterricht sollte in überschaubaren eigenen Gruppen über ein Jahr hinweg stattfinden und von Lehrern mit entsprechender Qualifikation gestaltet werden.

Um entsprechende Lehrkräfte verfügbar zu haben, sollten die zurzeit ausreichend am Markt verfügbaren jungen Lehrkräfte mit Fakultas Deutsch für eine Fortbildung in der Didaktik und Methodik des Faches Deutsch als Zweitsprache gewonnen werden.

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In diesem Punkt hat das Land ad-hoc reagiert, eine Konzeptgruppe gebildet aus Mitgliedern der Studienseminare für die Lehrämter Sek I, Sek II und berufliche Schulen mit Fakultas Deutsch einberufen.

Im Schneeballsystem wurden bisher 120 Ausbilderinnen und Ausbilder an Studiensemina-ren qualifiziert. Diese wiederum gestalteten Fortbildungsmaßnahmen für bisher 2 000 und mehr Lehrerinnen und Lehrer in Intensivklassen Deutschunterricht und InteA (Integration durch Anschluss und Abschluss) an beruflichen Schulen landesweit.

Deutsch als Zweitsprache wird in die Module der Lehrerausbildung integriert. Ein Pool von Ausbilderinnen und Ausbildern der Studienseminare steht für die Lehreraus- und –Lehrer-fortbildung zur Verfügung.

Darüber hinaus erfordert der Übergang von einer Intensivklasse in die Regelklasse eine weitergehende Begleitung, spezifisch ausgerichtet auf einen sprachsensiblen Fachunter-richt, in den beruflichen Schulen durch Förderung der Berufssprache Deutsch.

Dieser Herausforderung ist weitgehend zu entsprechen, wenn Integration ermöglicht wer-den soll. Fortbildungsmaßnahmen von 50 000 Lehrerinnen und Lehrern wären einzurich-ten.

Wenn Bildung das ist, was „von Hause mitgebracht wird“ und es zudem gilt, die enge Kopp-lung von Herkunft und Bildungserfolg zu lockern, dann kann ein (von Migration und Staatsangehörigkeit gelöster) auf individuelle Förderung ausgerichteter Unterricht integ-rierend statt selektierend auf alle Kinder und Jugendlichen wirken.

Daneben könnte Alphabetisierung in Verbindung mit Rechtschreibung, parallel gesproche-ner Sprache in Schriftsprache als Nebenprodukt Orthografie erzeugen.

Zur Datenlage s. „www.statistik-hessen.de/daten-und-fakten/“.

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In der Verantwortung der beruflichen Schulen liegt die Umsetzung des schulischen Sprach-förderprogramms „InteA“ (Integration durch Anschluss und Abschluss):

Zielgruppe: Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger ohne ausreichende Deutsch-kenntnisse,

- Alter: von 16 Jahren bis zum vollendeten 18. Lebensjahr. Alter bei Eintritt unter 16 Jahren, führt zur zweijährigen Beschulung in den In-tensivklassen bzw. bis zur zweieinhalbjährigen Beschulung in den Intensivkur-sen der allgemeinbildenden Schulen, danach ist eine Beschulung in InteA nicht mehr möglich. 3 000 Plätze in InteA für Flüchtlinge, die bei Eintritt in die Maßnahme über 18 Jahre und unter 20 Jahre alt sind.

Dauer: maximal zwei Jahre. Möglichst schneller Wechsel in andere Schulformen/Bil-dungsgänge bzw. in eine duale Ausbildung ist anzustreben.

Gruppengröße: 20, bei einem InteA-Standort ist pro vier Klassen eine Alphabetisie-rungsklasse mit maximal 12 Schülerinnen und Schülern vorgesehen.

Sozialpädagogische Unterstützung: Zuwendungen zur Durchführung des Sprachför-derprogramms an kommunale und freie Träger im jeweiligen Zuwendungsbe-scheid.

Zielsetzung: o Systematische Vermittlung ausreichender Sprachkenntnisse,

o Übergang in das duale System bzw. in andere Schulformen/Bildungsgänge,

o Erwerb eines externen Hauptschulabschlusses sowie eines externen mitt- leren Abschlusses (Realschulabschluss).

- Praktikum: kann unter bestimmten Bedingungen ermöglicht werden. Die Vor- und Nachbereitung sowie Betreuung des Praktikums ist sicherzustellen.

Beispiel:

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*SuS = Schülerinnen und Schüler; SSA = Staatliches Schulamt; ABZ= Aufnahme- und Beratungszentrum

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Fazit

Das Gesamtsprachförderkonzept der Landesregierung für Kinder und Jugendliche und Sei-teneinsteiger bezieht sich auf einen Altersrahmen von 6 bis 20 Jahren.

Die Vorlage der SPD-Fraktion zur Änderungen des Schulgesetzes zur Verlängerung des Rechts auf Besuch von Bildungsangeboten beruflicher Schulen bis zum 27sten Lebensjahr wurde beraten, aber bisher nicht zu einem Ergebnis geführt (s. Anlage Kommentar GLB).

Hieraus ergeben sich Fragen, die der Antworten bedürfen:

Ist der Zeitrahmen zum Erlernen der deutschen Sprache als „Zweitsprache“ hinrei-chend bemessen an der „Normalleistung“ von Lernenden mit einem derartigen Werde-gang?

Ist die Förderung DaZ (Deutsch als Zweitsprache) systematisch angelegt und an-schlussorientiert gestaltet?

Sprachwissenschaftler rechnen fünf bis sieben Jahre für einen Alltags-, Umgangs- und Weiterbildungsspracherwerb. Abbruch führt zum Neuanfang!

Welche Regelungen (wer, wann, wie, wo?), Möglichkeiten gibt es, um Anschlussunter-stützung zu ermöglichen?

Eine Antwort darauf könnte sein:

Anschlussorientierung, Berufsorientierung, Übergang in eine berufliche Ausbildung - möglicherweise eine duale Berufsausbildung - würden ermöglicht durch den Besuch der „Berufsfachschule zum Übergang in Ausbildung“ (BÜA), (s. Kommentar im An-hang).

Bildungsinhalte

Ein Curriculum DaZ gibt es nicht, ebenso wenig einen verbindlichen Lehrplan.

Im Rahmen von InteA sind im 1. Jahr laut Rahmenstundentafel vorgesehen 16 – 20 Wo-chenstunden DaZ, die restlichen Stunden sollen für „sprachsensiblen Fachunterricht“ bei 28 Wochenstunden insgesamt verwendet werden.

Im 2. InteA-Jahr: 8 – 12 WoStd. DaZ und die restlichen Stunden für sprachsensiblen Fa-chunterricht , für den es keine Vorgaben gibt.

Die Stunden können auch für Prüfungen zum Erwerb von Abschlüssen (Haupt-, Re-alschulabschluss) verwendet werden. Prüfung in InteA ist die Nichtschülerprüfung, die auch an Schulen für Erwachsene (SfE) durchgeführt wird.

Wie viele Stunden die Schulen in InteA für Politikunterricht verwenden, liegt in ihrem Ermessen.

Man schätzt, dass ca. 40 – 50 Prozent aller Flüchtlinge mehr oder weniger stark trauma-tisiert sind, insbesondere diejenigen aus Kriegsregionen (siehe dazu den Anhang „Flucht vor der Vergangenheit“).

Traumapädagogische und psychotherapeutische Hilfen (Beratungen) werden ver-einzelt von Staatlichen Schulämtern, hier: schulpsychologischer Dienst angeboten.

Die in InteA eingesetzten Sozialpädagogen sind dafür nicht qualifiziert.

„Etwa die Hälfte aller Flüchtlinge sind Kinder und Jugendliche. Davon wiederum ist die Hälfte traumatisiert. Traumatherapeutin Maria Gavranidou erklärt, wie Traumata ent-stehen und was Lehrkräfte über Kinder mit Fluchthintergrund wissen sollten. (Dr. Maria Gavranidou ist Diplom-Psychologin und psychologische Psychotherapeutin. Ihre Schwerpunktthemen

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sind kultursensitive Psychotherapie, Trauma und Entwicklung, Migration, Flucht und psychische Ge-

sundheit).

Eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine Folgereaktion eines oder mehrerer traumatischer Ereignisse, die an der eigenen Person, aber auch angesichts des Schicksals anderer Personen erlebt werden kann. In vielen Fällen kommt es zum Gefühl der Hilflosigkeit und zu einer Erschütterung des Selbst- und Weltverständnisses.

Krankheitszeichen, die darauf hindeuten sind:

- sich aufdrängende, belastende Gedanken und Erinnerungen an das Trauma (Intrusi-onen) oder Erinnerungslücken (Bilder, Albträume, Flashbacks),

- Überregungssymptome (Schlafstörungen, Schreckhaftigkeit, vermehrte Reizbarkeit, Konzentrationsstörungen),

- Vermeiden von Aktivitäten oder Situationen, die an das Trauma erinnern könnten. Häufig verbunden mit Angst, Depression und Suizidgedanken,

- besonderes Spielverhalten. Traumatisierte Kinder spielen freudlos immer wieder die gleichen monotonen Spiele. Sie setzen in Ihrem Spiel immer wieder das Erlebte in Szene. Außerdem wirken sie unkonzentriert, verträumt und unbeteiligt. Nicht selten erhalten sie die Diagnose Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom. Sie reagieren ungehalten und gereizt, sind misstrauisch und distanziert.

Neben der PTBS können als Trauma-Folgestörungen Ängste, Depressionen, Suchterkran-kungen und körperliche Erkrankungen auftreten. (Dr. Maria Gavranidou, s. Anhang)

Jede Maßnahme erfordert Ressourcen!

Erweiterte personale, sächliche und räumliche Ressourcen sind erforderlich, sowohl durch Landesmittel als auch durch kommunale Finanzierung regionaler und landesweite Maß-nahmen, wie:

Angebote zum Erfahrungsaustausch, zu kooperativen Maßnahmen der SeK I, der beruf-lichen Schulen, der Sek II,

DaZ, sprachsensibler Fachunterricht. Berufssprache Deutsch, DaZ für Heranwachsende (über 20 Jahre alt) in öffentlichen Schulen,

Erweiterung von InteA über die Altersbegrenzung 20 Jahre hinaus bis auf 27 Jahre (s. Bayern),

Bildungsangebote für Flüchtlinge und Zuwanderer über die bisher ermöglichten Alters-grenzen und Zielgruppen hinaus,

Begleitung von Praktika zur Berufsorientierung und Integration ,

BÜA (s. Anhang) in Ausbildung, Übergang von InteA, als Anschlussangebot für alle Ju-gendlichen,

dringende Erweiterung sozialpädagogischer Unterstützung und Begleitung. Es ist nicht zu rechtfertigen, wenn 0,2 Stellen pro InteA-Klasse und damit erst eine volle Stelle für fünf Klassen, d. h. eine Stelle für annähernd 100 Schülerinnen und Schüler vorgesehen sind! (und damit ein geringerer Stellenanteil im Vergleich zu PuSch - Praktikum und Schule),

Finanzierung von Psychologen/innen mit dem Spezifikum Traumapädagogik,

Senkung der Klassengrößen,

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Doppelbesetzung (anteilig),

Dolmetscher für Beratungen, Orientierungsgespräche, Elterngespräche,

Erweiterung der Lernmittelgelder:

40,00 € pro Schülerin und Schüler im Rahmen von InteA, im Vergleich zu:

100,00 € im Rahmen von EIBE (ehemals) plus 165,00 € ESF-Mittel,

Erarbeitung von Curricula DaZ, Berücksichtigung von kultureller Identität und interkul-tureller Erziehung,

Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer über DaZ hinaus zu den aktuellen themati-schen Herausforderungen, wie: Diagnostik, Demokratie-Lernen, Individualisierung etc.

Fazit

Die Integration ins Regelschulwesen setzt voraus, dass jeder heranwachsende Flücht-ling die zu ihm passende Schulform bzw. den zu ihm passenden Ausbildungsweg findet (s. Anschlussangebote, Praktika, Berufsorientierung). Um diese Passung zu erreichen, bedarf es individueller Potenzialanalysen, die von Schulberatern, Schulpsychologen, Sozialpädagogen, Lehrerinnen und Lehrern und Berufsberatern erstellt werden. Die erfolgreiche Integration der heranwachsenden Flüchtlinge in das Berufsbildungssystem erfordert zudem eine Begleitung durch multiprofessionelle Teams bis zum Eintritt in den Beruf. Dabei sind die heranwachsenden Flüchtlinge durch Integrationscoaches, as-sistierte Praktika und eine zielgruppenadäquate Berufsorientierung zu unterstützen.

Das Schulsystem

Erste Erfahrungen (hier: aus InteA (beruflichen Schulen):

- ca. 10 – 20 % Analphabeten,

- ca. 5 – 10 % mit Abitur/Fachhochschulreife (nach Kriterien und Standards des Her-kunftslandes),

1. Ziel von InteA ist der Spracherwerb innerhalb von zwei Jahren bis zum Niveau B 1 ge-mäß Gemeinsamem Europäischem Referenzrahmen (GER), Deutsches Sprachdiplom DSD | bzw. DSD I. Wie viele können B 1 erreichen? Die o. g. 10 – 20 % Analphabeten nicht, von den „restlichen“ sind es im Durchschnitt 30 – 40 %.

Fazit:

Die Übergänge als Anschluss an InteA in Ausbildung sind – wenn überhaupt als Angebot passend - sehr schwer.

2. Übergänge innerhalb von InteA (während der zwei Jahre) sind nicht geregelt. Unter-stützende Ressourcen dafür gibt es nicht, obwohl individuelle Förderung erforderlich wäre.

Auch Übergänge nach InteA in Schulformen der beruflichen Schulen sind nicht bedacht. Es soll in erster Linie in eine berufliche Ausbildung (dual) vermittelt werden bzw. in die Maßnahme der Arbeitsagentur (vom Wirtschaftsministerium in Kooperation mit HKM und HMSI) „Wirtschaft integriert“ (s. Anlage); Allerdings – kritische Anmerkung: Spracherwerb fehlt: - systematisch, - kontinuierlich, - in notwendigem Umfang.

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Übergänge aus InteA in Regelklassen betrugen situationsbedingt nur ca. 5 Prozent im Zeitraum 2015/2016.

Beispiel:

15jähriger unbegleiteter Syrer, rudimentär alphabetisiert.

Zurzeit gilt: als 15jähriger ist das ABZ für allgemein bildende Schulen zuständig. Aufnahme erfolgt in die zuständige Gesamtschule in eine Intensivklasse. Verweil-dauer: zwei Jahre.

Danach ist der 15jährige 17 Jahre alt, darf nun nicht mehr in InteA eingeschult wer-den, um den Spracherwerb fortzusetzen. Dieses wäre jedoch dringend geboten. Die Gesamtschule überweist in der Regel in BzB (Bildungsgänge zur Vorbereitung) an beruflichen Schulen. Diese Schulform ist aber nicht für Flüchtlinge konzipiert, z. B. kein DaZ. Den Hauptschulabschluss in einem Jahr erreichen zu können, ist völlig un-realistisch. Der Syrer wird noch ein Jahr im BzB verweilen, dann als 18jähriger ohne Abschluss mit Sprachniveau A 1 – A 2 abgehen zu müssen.

Eine Ausbildung ist nicht erreichbar, eine Integration in das Programm Wirtschaft wäre möglich (s. Anlage). Systematischer und kontinuierlicher Spracherwerb fehlt, dem notwendigen Bedarf kann nicht entsprochen werden.

Eine individuelle Förderung scheitert!

Akteure:

hier: Wirtschaft und BIBB (Bundesinstitut für Berufliche Bildung, Bonn),

IWD (Institut der Deutschen Wirtschaft, Köln), hier: Mai 2016

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„Das Rad nicht neu erfinden“ BIBB-Veröffentlichung zur Integration junger Geflüchteter „Für den Präsidenten des Bundesinstitut für Berufliche Bildung, Friedrich Hubert Esser, ist die berufliche Aus- und Weiterbildung aber gut gewappnet. Auch wenn erhebliche bildungspolitische Anstrengungen von allen Akteuren der beruflichen Bildung in abgestimmter Form erforderlich sind, so ist die Aufgabe dennoch machbar“, betont Esser anlässlich der Veröffentlichung des BIBB-Positions-papiers mit 10 Kernpunkten (s. u.) zur Integration von jungen Geflüchteten in die berufliche Bildung.

Aufgabe der Wirtschaft und aller Akteure ist es:

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Heidi Hagelüken Leiterin des Studienseminars für berufliche Schulen Kassel mit Außenstelle Fulda a. D. für den GLB Kirchweg 70 34119 Kassel Fon: 0561-311621 E-Mail: [email protected]

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BÜA – Berufsfachschule zum Übergang in Ausbildung

- Chance im Umgang mit Heterogenität als pädagogische Herausforderung -

Diese These wird mit fünf Situationsaspekten beleuchtet, mit möglichen Reaktionen ver-bunden und am Konzept der BÜA besprochen.

SITUATION 1

⇾ Demografische Entwicklung führt zur Sorge um Fachkräftenachwuchs;

⇾ Trend zur Akademisierung führt zu Lasten beruflicher Ausbildung (Verdrän- gungswettbewerb) mit unübersehbaren Folgen für Klein- und Mittelunternehmen (KMU).

⇾ Wechsel und Abbrecherzahlen in der dualen Ausbildung und in der Hochschule stellen eine besondere Aufgabe für die einzelnen Bildungsbereiche dar: duale Berufsausbildung: durchschnittliche Vertragsauflösungsquote von 22 %:

die relativ stärksten Auflösungsquoten zeigen sich in der Probezeit (d. h. in den ers-ten vier Monaten nach Beginn der Ausbildung. Grund: Passungsprobleme zwischen den Erwartungen an Ausbildung und der betrieblichen Ausbildungsrealität. Es wird eine verfehlte Berufswahl korrigiert oder es liegen Gründe im betrieblichen Ausbil-dungsumfeld vor.

Probleme besonders bei Handwerk und Hauswirtschaft.

Höhere Auflösungsquoten bei ausländischen Auszubildenden als bei deutschen Aus-zubildenden

Auszubildende mit maximal Hauptschulabschluss haben eine mehr als doppelt so hohe Vertragsauflösungsquote wie diejenigen mit Studienberechtigung.

(vgl. Statistische Ämter des Bundes und der Länder, Berufsbildungsstatistik)

⇾ Studienabbruch im Erststudium: mehr als ein Viertel der Studierenden im Ba-

chelorstudium bricht nach wie vor ab; im Masterstudium nur noch knapp ein Zehntel.

REAKTION

Prognosen der Demografie für das berufliche Schulwesen sind mit hohen Unsicher-heiten verbunden, weil :

- sie von sich verändernden Bildungsentscheidungen der Jugendlichen abhängen, z. B. erst duale Berufsausbildung, dann Hochschulstudium oder paralleles duales Studi-um oder unternehmensbezogene Fort- und Weiterbildung etc.,

- Integrationsfähigkeit, Integrationsbereitschaft, Ausbildungsfähigkeit von Jugendli-chen, Migranten, heranwachsenden Flüchtlingen, Zuwanderern nicht absehbar sind (von der Demografie zur Qualifizierung),

- Berufliche Qualifizierungsmaßnahmen für Flüchtlinge kreiert, finanziert und mit der Integration in bestimmte Ausbildungsberufe verbunden werden,

- Menschen mit Behinderung stärkere Aufmerksamkeit gewidmet und ihnen ver-stärkt Ausbildungsmöglichkeiten (auch duale) eröffnet werden,

- Studienabbrecher vermehrt in duale Ausbildung integriert werden.

Doch es gilt: Niemanden zurücklassen!

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Das deutsche duale Ausbildungssystem steht für eine niedrige Jugendarbeitslosigkeit und einen hohen Ausbildungsstandard weiter Teile der Erwerbsbevölkerung. Berufs-ausbildung prägt das individuelle Selbstverständnis.

KONSEQUENZ BÜA:

gezielte Hinführung von Jugendlichen und Heranwachsenden in eine duale Ausbil-dung, insbesondere in KMU, u. a. durch:

- Förderung der Weiterentwicklung überfachlicher Kompetenzen, wie soziale Umgangs-formen, Leistungsbereitschaft, Pünktlichkeit etc. auf der Diagnosegrundlage einer über-fachlichen Kompetenzübersicht.

- Berufsfeldorientierung mit Förderung der Berufswahlkompetenz durch betriebliche Phasen der Orientierung über:

Orientierungspraktika, Betriebserkundungen, schwerpunktübergreifende Projekte, Kennenlernen der verschiedenen beruflichen Schwerpunkte mehrerer be-

rufsbezogener Fachrichtungen, vertiefende Fachpraktika mit Transparenz berufsbezogener Kompetenzan-

forderungen und Kompetenzerwartungen mit dem Ziel, eine reflektierte Entscheidung über die Festlegung der berufsbezoge-nen Fachrichtung und eines dualen Ausbildungsberufes treffen zu können.

SITUATION 2

Maßnahmendschungel statt Übergänge!

„Das bestehende Übergangssystem organisiert weder Übergänge noch hat es System“ (Standpunkt, Nr. 6, Dez. 2012, Friedrich-Ebert-Stiftung)

Eine Vielzahl von Maßnahmen an allgemein bildenden Schulen, zwischen allgemein bilden-den Schulen und beruflichen Schulen zur Berufsorientierung und Berufsvorbereitung wird nur noch von wenigen verstanden, schon gar nicht von Jugendlichen und ihren Eltern.

Wer wird wo, mit welchen Mitteln und Zielen gefördert und somit befördert?

Unübersichtlichkeit schulischer Übergänge, mögliche „Warteschleifen“, Gefahr von „Maß-nahmenkarrieren“ führen zu unzufriedenstellenden Übergangsquoten in die duale Ausbil-dung und spiegeln mangelnde Anschlussmöglichkeiten wider.

REAKTION

Die Ausbildungssituation, die Sorge um Fachkräftemangel erfordert eine Verbesserung und Straffung des Übergangs von Schule in den Beruf. Ein steigender Prozentsatz in der An-zahl ausbildungssuchender Jugendlicher besucht Bildungsangebote (auch Bildungsmaß-nahmen) als Überbrückung.

Berufsorientierung, Berufsvorbereitung als Hinführung zur Berufsausbildung sind Aufga-ben beruflicher Schulen in Kooperation mit allgemein bildenden Schulen (Sek I) und Aus-bildungsbetrieben der Region.

Hier ist die Gestaltung eines Übergangssystems als ein transparentes Unterstützungssys-tem gefordert, das über Transparenz von Kompetenzanforderungen und Kompetenzerwar-tungen gemeinsam im Netzwerk Schule, Wirtschaft und Arbeitsverwaltung auf eine ver-besserte passgenaue Vermittlung in Ausbildung hinwirken kann.

Daneben gilt es, auf den Erwerb des Hauptschulabschlusses und weiterführender höher-wertiger allgemeiner Abschlüsse in beruflichen Schulen bis hin zur Studierfähigkeit auf-merksam zu machen (s. dazu auch Bildungsbericht 2016, S. 36 f.).

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KONSEQUENZ BÜA:

Neugestaltung des Übergangs Schule-Beruf!

BÜA als Angebot der Ausbildungsvorbereitung für Schülerinnen und Schüler mit und ohne Hauptschulabschluss, aber auch Schülerinnen und Schüler mit mittlerem Ab-schluss, die aufgrund fehlender Orientierung, Ausbildungsfähigkeit, Ausbildungsreife u. a. noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben,

Ermöglichung von allgemeinen Abschlüssen vom Hauptschulabschluss (Stufe I BÜA) über den Mittleren Abschluss (ausbildungsbegleitend oder in Stufe II BÜA) bis hin zur Fachhochschulreife (Zusatzangebot),

Zusammenführung von Bildungsgängen zur Berufsvorbereitung, zweijähriger Berufs-fachschule, die zum mittleren Abschluss führt und der einjährigen höheren Berufsfach-schule (auf dem mittleren Abschluss aufbauend) mit dem Ziel, mehr Transparenz, Klarheit und Übersichtlichkeit im Übergangssystem zu schaffen.

Abschluss mit Anschluss und/oder Anschluss durch Abschluss!

SITUATION 3

Sozialisation und Bildungsbiografien sind heterogener denn je:

- Kulturelle Differenzierung, Migration und vielfältige Identifikation,

- Wandel der Geschlechterrollen,

- Individuelle Lebensstile – diskontinuierliche Biografien und Lebenswirklichkeiten ge-hen einher mit einem Wertewandel, einem Beziehungswandel weitgehend ausgerichtet auf das Ziel der Selbstverwirklichung des Einzelnen.

- Veränderte Haltungen und Erwartungen kennzeichnen die jetzige Generation (Genera-tion Y, Why?)

Werte, wie Fleiß und Ehrgeiz, Macht und Einfluss sowie Sicherheit erleben eine Renais-sance. Sie werden mit Selbstverwirklichungswerten, wie Kreativität, Unabhängigkeit, Lebensgenuss und Lebensstandard kombiniert. Der Schwerpunkt der Zukunftswünsche liegt im Erfolg in der Leistungsgesellschaft. Junge Frauen wollen Beruf und Karriere ebenso wie Familie, Partner und Kinder miteinander verbinden. Die jungen Männer schwenken nur allmählich auf eine flexible Männerrolle um (Shell Deutschland 2015).

Die Mehrzahl der Angehörigen der Generation Y hat vielfältige Mechanismen zur Leis-tungsoptimierung. Aber ein Teil von ihnen hat Schwierigkeiten, mit dem hohen Ent-wicklungsdruck zurechtzukommen. Diejenigen, die im Bildungssystem nicht mit der Mehrheit mithalten können und bei Zeugnissen und Abschlüssen schlecht abschneiden spüren ganz genau, dass sie sozial abgehängt werden. Viele erleben, dass es heute kaum möglich ist, mit dem Hauptschulabschluss in Beruf und Leben weiterzukommen. Sie be-reiten sich schon auf den Schritt zum mittleren Schulabschluss vor.

Keiner darf zurückgelassen werden, keiner darf unbeachtet belassen werden!

Die Generation Y besteht aus jungen Leuten, die sich ständig selbst herausfordern. Sie rollt alle ihre Lebenspläne von den persönlichen Bedürfnissen her auf, und diese Strategie über-trägt sie auf ihren Weg durch das Bildungssystem.

Die jungen Leute leben in einer Welt, in der man nie auslernt. Sie glauben an ein ewiges Lernen für immer neue Jobs – und damit fangen sie in der Schule an. Die Generation Y ist individualistisch ausgerichtet, Lernstoff und Lernmethode müssen auf ihre persönlichen Bedürfnisse abgestellt werden und auch die Lehrkräfte persönlich auf sie eingehen. Sie sind durch ihre permanente Arbeit am Computer und insbesondere durch ihre intensive

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Spieltätigkeit gewohnt, regelmäßiges Feedback zu erhalten. Sie wissen, dass es Methoden der Selbsteinschätzung von Fähigkeiten und Fertigkeiten gibt, und sie fordern deren Ein-satz auch im schulischen Bereich heraus. Individuelle Diagnosen des Lern- und Leistungs-standes und ebenso individuelle Angebote für die Förderung des Weiterkommens müssen immer mehr das Bildungssystem prägen. (Klaus Hurrelmann, Erik Albrecht: Bildungsorientierungen und Wertstellungen Jugendlicher in: BAK, Semi-nar 2/2016, S. 109 ff.)

REAKTION

Heterogenität ist Realität, bedarf aber immer noch der Akzeptanz mit der Folge der Entwicklung einer Haltung und Einstellung, die „Vielfalt als Chance“ anerkennt, wert-schätzt und die Lern- und Leistungsförderung aller Schülerinnen und Schüler zielführend verfolgt. Heterogenität als Chance für Fachkräftegewinnung erfordert individuelle Förde-rung auf der Grundlage unterschiedlicher Lebens-, Bildungs-, Lernbiografien hin zur Kom-petenzentwicklung, die dem gesetzten Ziel und damit dem jeweiligen Outcome entspricht.

Voraussetzungen für Individualisierung umfassen das Spektrum „Haltung der Lehrenden“ bis hin zu den „Kompetenzen der Lernenden“.

KONSEQUENZ BÜA

- Orientierung an den individuellen Förderbedarfen und Bildungszielen der Schülerinnen und Schüler mit der Möglichkeit differenzierter Lernangebote mit Lerngruppengrößen in Stufe 1 BÜA von 8 bis 16, in Stufe 2 BÜA von 1 bis 25,

- Kursdifferenzierung und Kurseinteilung in Deutsch, Mathematik und Englisch in A-, B- und C-Kurse nach fachspezifischer Eingangsdiagnostik,

- Individuelle Förderung der Weiterentwicklung überfachlicher Kompetenzen, wie sozia-le Umgangsformen, Leistungsbereitschaft, Pünktlichkeit, Selbstständigkeit, Zuverlässig-keit mit professioneller Betreuung und Beratung durch Lehrerinnen und Lehrer sowie Sozialpädagogen im Rahmen des Lerncoachings.

Wenn Ausbildungsbetriebe immer wieder oder noch immer über mangelnde „Ausbil-dungsreife“ vieler Bewerber, gemessen an den Kompetenzen, aber auch an ihrer Ein-stellung und Haltung zum Lernen klagen, dann ist:

Konzeptioneller Orientierungspunkt der BÜA die individuelle Förderung der Ausbildungsreife der Schülerinnen und Schüler.

Während die Anforderungen der Wirtschaft kognitiv und überfachlich klar definiert sind:

Deutsch in Wort und Schrift, Mathematik, Umgang mit neuen Medien, mindes-tens eine Fremdsprache (Englisch), aber auch:

Verantwortungsbewusstsein,

Engagement, Zuverlässigkeit, Selbstständiges Arbeiten, Teamfähigkeit, Kommu-nikationsstärke, zielorientiertes Handeln, Flexibilität, (WWW. BILDUNGSCENT)

Fähigkeit, sich selbst einzuschätzen,

Fähigkeit, sich selbstständig zu informieren,

ist die Erklärung der Merkmale von Ausbildungsreife in Anlehnung an den Kriterienka-talog des „Nationaler Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland“ auf Merkmale der Bildungs- und Arbeitsfähigkeit und die Mindestvoraussetzungen für den Einstieg in die berufliche Ausbildung ausgerichtet, nämlich:

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schulische Basiskenntnisse, psychologische Leistungsmerkmale, psychologische Merkmale des Arbeitsverhaltens und der Persönlichkeit sowie Berufswahlreife(Tenberg

zitiert BbSch 4/2014), Fachkräftenachwuchs 2009):

Grundlage für die individuelle Förderung der kognitiven Kompetenzen wie ebenso der fachübergreifenden, der sog. „Soft Skills“, wie Merkfähigkeit, Durchhaltevermö-gen, Konfliktfähigkeit, Selbstständigkeit, Zuverlässigkeit ist eine Diagnose mit Hilfe einer stufenbasierenden Kompetenzmatrix (VQTS-Modell). Das Ergebnis von Selbst- und Fremdeinschätzung im Dialog zwischen Lehrerinnen und Lehrern und/oder So-zialpädagogen sowie der Schülerin/dem Schüler ist Ausgangsbasis für Gespräche und Maßnahmen zur individuellen Weiterentwicklung.

Damit ist Transparenz für die Schülerin/den Schüler über die jetzige Lernausgangs-lage und die zu erreichenden Ziele gegeben.

Für die individuelle Lernprozessbegleitung (Lerncoaching) stehen pro Woche zwei zusätzliche Stunden zur Verfügung, die individuell gestaltet werden kön-nen.

SITUATION 4

Auch die Erkenntnisse der Neurowissenschaften belegen die Notwendigkeit einer sich

wandelnden Lern- und Lebenskultur mit dem Blick auf den Menschen als lernendem

Subjekt:

- Lernen ist ein individueller Prozess der Auseinandersetzung (ich kann…; ich will…),

- Lernen kann nicht verordnet, nicht erzwungen werden,

- Lernen ist persönlich, u. a. verbunden mit:

▪ klar dargestellten (kommunizierten) oder selbst gesteckten Zielen,

▪ dem Glauben an sich selbst (Selbstvertrauen) durch

▪ Selbstwirksamkeit als Basis für Weiterentwicklung.

REAKTION

Lernen vollzieht sich immer und überall! (Spitzer, Manfred: Lernen)

WENN Lernen im Entwicklungsprozess eines Menschen zu einem bewussten und indi-viduellen Prozess der Auseinandersetzung werden soll und mit Selbstvertrauen, dem Glauben an sich selbst verbunden ist, DANN erwächst daraus der Erziehungsauftrag der Förderung bereits im Elternhaus, in der Familie, in den entsprechenden Lernumgebun-gen. Sollte diese frühe Förderung nicht ermöglicht werden können, müssen Wege ge-funden werden, um Bildungsbenachteiligungen durch individuelle Förderung auszu-gleichen. Alle Unterstützungsorte für Lernen und Weiterentwicklung des Individuums können und müssen Potenziale verstärken, um dem Einzelnen zu Erfolg und damit zu Selbstwirksamkeit in Lebens- und Arbeitswelt zu verhelfen, können aber nur auf indi-vidueller Sozialisation und individuellen Biografien aufbauen.

WENN Lernen persönlich ist, wenn Lernen ein individueller Prozess der Auseinander-setzung ist, DANN wäre eine Potenzialanalyse, eine Analyse der bereits vorhandenen Kompetenzen als Grundlage für eine individuelle Förderung und Weiterentwicklung in jeder Lebensphase erforderlich, um persönliche Entwicklungen zu nutzen und entspre-chende Förderangebote zu entwickeln. (Esser, BIBB-Kongress 2014, S. 3).

Es gilt generell, Lern- und Weiterentwicklungsinteresse durch Gelegenheiten der Selbstwirksamkeit zu ermöglichen, um gegenseitiges Vertrauen zu finden und wert-schätzend miteinander umzugehen.

WENN Jugendliche in ihrem Lernprozess in Schule bedarfsgerecht beraten und unter-stützt werden, um sich kompetenzorientiert und interessenbezogen weiterentwickeln

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zu können, DANN gilt es, Entwicklungspfade über Berufsorientierung, Berufsvorberei-tung, Informationen über berufsbezogene Fachrichtungen und Studienmöglichkeiten aufzuzeigen.

WENN Jugendliche sich interessenbezogen beruflich orientieren, entscheiden oder wei-terentwickeln wollen und müssen, um erfolgreich berufliche Bildungschancen nutzen zu können, DANN brauchen sie insbesondere Transparenz über die Kompetenzan-forderungen und Kompetenzerwartungen der jeweiligen beruflichen Bildungsper-spektive.

Damit erhalten sie eine Beurteilungsgrundlage, um einschätzen zu können, inwieweit sie den eigenen oder fremd gesetzten Anforderungen entsprechen können und/oder wohin sie sich weiterentwickeln müssten – wenn sie es denn wollen.

WENN selbstreflexive Entscheidungen Lernender die Transparenz von Kompetenzan-forderungen und Kompetenzerwartungen bedingen, DANN bedürfen berufliche Bil-dungsangebote u. a. Kompetenzübersichten als Referenzierungsgrundlage: „Was kann ich bereits, wohin muss ich mich weiterentwickeln“.

Die Dringlichkeit zur Reaktion beweist eine Untersuchung des soziodemografischen Hintergrundes der Schülerinnen und Schüler der gestuften Berufsfachschule durch die wissenschaftliche Begleitung (Prof. Dr. Ralf Tenberg, TU Darmstadt in Verbindung mit Prof. Dr. Da-

niel Pittich, Uni Siegen und Katharina Kämmer, M. ED.) des Schulversuchs „Gestufte Berufsfach-schule in Hessen“ an bisher drei Modellschulen. Sie zeigt auf:

Probleme von Jugendlichen mit sog. „Migrationshintergrund“, deren mangelnder Bildungserfolg meist auf ungenügende soziale, ökonomische und kulturelle Voraus-setzungen zurückzuführen ist, insbesondere dann, wenn kein Elternteil in Deutsch-land geboren wurde. Fehlende oder niedrige schulische Abschlüsse erschweren die-sen Jugendlichen den Übergang in eine Berufsausbildung, gar in eine duale Ausbil-dung, so dass Bildungsdefizite steigenden Anforderungen der Wirtschaft an Aus-zubildende und spätere Mitarbeiter gegenüberstehen. Daneben erschweren ge-ringe Deutschkenntnisse den Zugang zum Ausbildungsmarkt.

Der Schwerpunkt der Zukunftswünsche aller Jugendlichen liegt im Erfolg, be-ruflich und wirtschaftlich, doch nicht alle können das in ihren Bildungs- und Berufs-karrieren einsetzen.

Pittich und Kämmer (Daniel Pittich, Katharina Kämmerer: Soziodemografischer Querschnitt von Berufsfachschülern/-innen der „Gestuften Berufsfachschule in Hessen“, in: Die berufsbildende Schu-

le, Jg. 68, 2016, S. 213 ff.) stellen als Ergebnis der Zielgruppenbetrachtung BÜA fest: „ein Großteil der Schülerinnen und Schüler ist in der Lage, über berufliche Perspek-tiven nachzudenken, diesbezügliche Entscheidungen zu treffen und diese auch zu reflektieren, dass teilweise aber auch Werte, wie ¨Spaß am Leben¨ Priorität haben“,

Jugendliche, fühlen sich über fehlende Erfolge innerhalb und außerhalb von Schule verunsichert, warten aber immer noch auf eine Chance unter den gegebenen Rahmenbedingungen,

Jugendliche haben den Wunsch nach Selbstbestimmung und Lebensgenuss, inner-lich aber das unterschwellige Gefühl des Versagens, eines Verlierers in der Leistungs-gesellschaft. Diese Jugendlichen sind durch ihr niedriges fachliches Kompetenzniveau (Schreib-, Rechentechnik sowie kulturelle, naturwissenschaftliche, wirtschaftliche, po-litische sprachliche Kenntnisse) und damit fehlende Selbstwirksamkeit gekenn-zeichnet, aber auch die sozialen Kompetenzen sind nur gering ausgeprägt. Diese Ju-gendlichen haben sich weitgehend aufgegeben. Sie brauchen konkrete und sehr per-sönliche Hilfen zur Orientierung und Einbindung in unsere wirtschaftlichen und gesell-schaftlichen Rahmenbedingungen, Hilfen zum Aufbau der eigenen Lernpotenziale (fachlich, sozial, persönlich) (SHELL-Studie 2010, S. 41 ff.).

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KONSEQUENZEN BÜA

- Von der Vermittlungsdidaktik zur Ermöglichungsdidaktik.

Ziel: persönlichen Erfolg über Lernerfolg ermöglichen, damit Leistungs- und Anstren-gungsbereitschaft steigern, über sein Tun (und Lassen) nachdenken, handlungsleitende Schlüsse ziehen, Entscheidungen treffen.

Der Weg ist das Ziel!

- Transparenz durch:

Ermöglichung des Einblicks, der Orientierung in berufsbezogene Fachrichtungen durch fachspezifische und berufstypische Projekte, fachbereichsbezogenes Orien-tierungspraktikum, schwerpunktübergreifende Projekte, vertiefendes Fachprakti-kum mit dem Ziel einer reflektierten Entscheidung bezüglich der Wahl eines dualen Ausbildungsberufes und damit eigene Fähigkeiten über gesammelte Eindrücke ein-schätzen, Selbstwirksamkeit absehen und Leistungsmotivation und Leistungsbe-reitschaft entwickeln,

Transparenz der Kompetenzanforderungen und Kompetenzerwartungen kognitiv und überfachlich mit Hilfe des Kriterienkataloges „Nationaler Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland“ sowie stufenbasierender Kompetenz-matrix (VQTS-Modell).

Die Schülerinnen und Schüler erfahren individuell, wo sie stehen und wohin sie sich weiterentwickeln können (müssten, müssen).

Referenzieren, Kompetenzstand bestimmen über Vergleich von Selbstreflexion der Lernenden und Fremdanalyse im Dialog mit Lehrerinnen und Lehrern und/oder Sozialpädagogen zur Diagnose (Soll-Ist-Vergleich). Ergebnis: z. B. A-, B- oder Coaching-Kurs zur Vermeidung von Über- oder Unterforderung in stufendifferen-zierten Kursen.

Prozess des Lerncoachings mit gemeinsamer Vorbereitung durch Lehrerinnen oder Lehrer und Lernende:

Beginn der individuellen Arbeitsplanung,

Individuelle Ausrichtung der zwei Coaching-Stunden,

Lernen/Lernprozesse begleiten durch individuelle Lernangebote, Impulse, In-struktion, Hilfen, Hemmnisse zu vermeiden,

Lernen bilanzieren (Kompetenzmatrix), Lernfortschritte als Erfolg herausstellen und belegen, Fehler als Lernanlass nutzen,

Lernprozess reflektieren,

Lernbegleitende Feedbackgespräche zur kontinuierlichen Weiterentwicklung.

Erfolg und Selbstwirksamkeit der Schülerinnen und Schüler in der BÜA werden ange-strebt über die Verwendung von Kompetenzübersichten zur Referenzierung und diag-nostischen Lernprozessbegleitung, fachliche und überfachliche Kompetenzen betref-fend, über kontinuierliche Lernprozessbegleitung, Entwicklungsgespräche (Feedback) durch Lehrerinnen und Lehrer, durch sozialpädagogische Beratung zur Stärkung des Selbstvertrauens und der Motivation zur selbstständigen interessenbezogenen Weiter-entwicklung.

SITUATION 5

Haben Zeugnisse noch Wert?, wenn mehr als jeder achte Bundesbürger nicht in der Lage ist, zusammenhängende Texte zu verstehen, aber 50 Prozent davon einen Hauptschulab-

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schluss haben, 20 Prozent einen Mittleren Abschluss. (Uni Hamburg, September 2011). Zusätz-liche Kompetenznachweise sind damit erforderlich.

Gemäß Hessischem Schulgesetz ist die „Leistungsbewertung ein pädagogischer Prozess, der im Dienste der individuellen Leistungserziehung steht und der sich nicht nur auf das Ergebnis punktueller Leistungsfeststellungen, sondern auf den gesamten Verlauf der Lern-entwicklung der Schülerinnen/des Schülers bezieht. Der Verlauf der Lernentwicklung ist daher in die … Leistungsbewertung einzubringen und soll der Schülerin/dem Schüler eine ermutigende Perspektive für die weitere Entwicklung eröffnen.“

REAKTION

Die traditionellen, aktuellen Formen der Leistungsbewertung und –beurteilung widerspre-chen einer Lehr-Lern-Kultur mit dem Anliegen der stärkeorientierten Förderung auf der Grundlage einer lernprozessbegleitenden Diagnostik und Unterstützung des selbstverant-wortlichen Lernens. Eher steht heute noch immer die Förderung kurzfristigen und ober-flächlichen Wissens für die nächste benotete Prüfung im Fokus. Die Fragen: „Was kommt in der nächste Klassenarbeit dran?“, „Was muss ich vorbereiten?“, bestimmen das Lernen.

Noten sind aber nicht „alternativlos“!

Konsequenzen BÜA:

Auf das Bewerten mit und durch Noten wird im berufsbezogenen Kompetenzbereich weit-gehend verzichtet! Noten werden nur noch in den allgemeinen Fächern, im Rahmen des stufendifferenzierten Förderkonzepts vergeben.

Die Jugendlichen werden auf der Grundlage einer Kompetenzmatrix in Anlehnung an das „Vocational Qualification Transfer System“ nach Kompetenzstufen bewertet. Wissen und fachliche, berufsbezogene Fähigkeiten des Denkens und Handelns werden im Zusammen-wirken deutlich. Damit wird eine Antwort möglich auf die Frage: was kann ich schon – was muss ich weiterentwickeln bzw. woran muss ich arbeiten. Daneben entsteht auch eine Be-urteilungsgrundlage für den jeweiligen Betrieb zur Ausbildungspassung.

Der Verzicht auf Noten führt zur Verringerung des Leistungsdrucks und steigert die Chance der individuellen kompetenzorientierten Förderung fachlich und überfachlich mit Sichtbarwerden von Erfolgen, deren Anerkennung und daraus entstehender Lernmotivati-on.

Die aufgezeigten Aspekte dieser Art der Förderung individuellen Lernens werden kon-sequent durch die Anlage und Führung eines Lernportfolios und eines Qualifizierungs-portfolios – als Ergänzung zum herkömmlichen Zeugnis – untermauert.

Damit bekommen Betriebe über die herkömmlichen Noten hinaus Einblick über die jewei-ligen Stärken und die notwendige Weiterentwicklung eines jeden Jugendlichen. Der quanti-tativen (von beurteilenden Personen abhängigen) Bewertung liegt eine qualitative Aussage zu individuellen Kompetenzen über die Portfolios als Ergänzung vor.

Die Leistungsbewertung erfolgt damit im berufsbezogenen fachlichen Bereich in beiden Jahren der BÜA mit Hilfe von Kompetenzbeschreibungen und Kompetenzmatrix. Der Nachweis einer ständigen fachlichen berufsbezogenen Weiterentwicklung wird in der Stufe II durch zertifizierte Qualifizierungsbausteine erbracht, um damit die Ausbildungsfähigkeit nach zwei Jahren BÜA (als Vorteil im Vergleich zu Realschulabsolventen) zu belegen. Der Erwerb des Mittleren Bildungsabschlusses wird durch eine Abschlussprüfung am Ende des zweiten Jahres (Stufe II) BÜA bzw. ausbildungsbegleitend nach den bestehenden rechtli-chen Regelungen erworben.

Es muss zueinander passen:

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„Lernkultur – Leistungsbewertung – Prüfungen“ – es gilt: von „unten“ und „oben“ Re-formen in Gang zu bringen! (Felix Winter)

BÜA – VIELFÄLTIGE HERAUSFORDERUNG!

DURCH SITUATIONEN UND NOTWENDIGE REAKTIONEN

Die Qualität eines Konzeptes zeigt sich in seiner Wirkung. Wirkung ist jedoch abhängig von Gelingensbedingungen, hier: organisatorischen, personellen, pädagogischen, regional strukturellen Rahmenbedingungen, dem Beitrag der wissenschaftlichen Begleitung, der Unterstützung durch das Hessisches Kultusministerium und der Institutionen de Wirt-schaft und Verwaltung.

Der Erfolg wird beurteilt werden an dem Prozentsatz der Jugendlichen, die eine duale Aus-bildung beginnen können, diese mit Erfolg abschließen, in den Arbeitsmarkt integriert werden und somit die BÜA als Chance zur fachlichen und persönlichen Weiterentwicklung nutzen konnten.

Hierzu bedarf es eines regionalen Netzwerkes mit:

allgemein bildenden Schulen und deren Informationsauftrag,

beruflichen Schulen untereinander, um das Kennenlernen mehrerer berufsbezogener Fachrichtungen für Schülerinnen und Schüler zu ermöglichen,

IHK, Handwerkskammern und der Betriebe mit der Verpflichtung, Praktika zu ermögli-chen, Ausbildungsplätze zu besetzen und diese Jugendlichen als potenzielle Fachkräfte zu sehen und anzuerkennen,

Kooperation, Zusammenwirken von betrieblichen Ausbilderinnen und Ausbildern und Lehrerinnen und Lehrern der beruflichen Schulen, um Lernkultur auch zur Ausbil-dungskultur werden zu lassen,

zentraler regionaler Bildungssteuerung in Übergangssystemen (Verknüpfung OLOV, Agentur für Arbeit, Hessencampus),

zentraler regionaler Unterstützung der beruflichen Schulen für Vermittlung von Prakti-kumsplätzen für Schülerinnen und Schüler der BÜA und darüber hinaus mit Begleitung und Vermittlung in Ausbildung unter enger Kooperation Betriebe/ berufliche Schulen,

sozialpädagogischem Unterstützungsbedarf ebenso wie Deutsch als Zweitsprache, um eine Integration in den Ausbildungsmarkt zu ermöglichen,

wissenschaftlicher Begleitung, die von Prof. Tenberg (BbSch, 4, 2014) beschrieben wird als wissenschaftlich hinterlegte Beratung mit Schwerpunkten in konzeptionellen In-puts, fachlichem und überfachlichem Coaching, Mitwirkung an übergeordneten Steue-rungsprozessen. Der vorliegende Beratungsauftrag bezieht sich auf Mitwirkung bei der konzeptionellen Ausgestaltung, dem Angebot didaktisch-methodischer Workshops, der Begleitung des Prozessmonitorings, dem Coaching der Lehrerinnen und Lehrer sowie der jeweiligen Schulleitung,

Maßnahmen der Kultusbehörden zur Stellenzuweisung für Sozialpädagogen, Lehrerin-nen und Lehrer mit Zusatzfakulta DaZ zur Ermöglichung individueller Förderung in Kleingruppen und bedarfsorientierten Zusatzangeboten,

Fortbildungsangeboten für Lehrerinnen und Lehrer, aber auch gemeinsam mit den Netzwerkpartnern, insbesondere auch betrieblichen Ausbilderinnen und Ausbildern, u. a. zu Aufgabenbereichen, wie Diagnostik, Umgang mit Kompetenzübersichten, Feed-backgesprächen, Lerncoaching, Einführung von Portfolioarbeit, Lernen mit Hilfe digita-ler Medien, Arbeit in Teams mit Sozialpädagogen, Sonderpädagogen zur Förderung be-nachteiligter Jugendlicher etc.

Page 21: Stellungnahme GLB

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FAZIT

Der GLB weist auf die Ausschreibung für die Teilnahme am Schulversuch „Berufs-fachschule zum Übergang in Ausbildung (BÜA)“ hin, ABl. 6/16, Seiten 153 bis 159.

Der GLB fordert das Hessische Kultusministerium auf, die im Rahmen des Schulver-suchs möglichen Gelingensbedingungen sicherzustellen, um die Voraussetzungen für die Teilnahme einer hohen Anzahl beruflicher Schulen im Land Hessen zu ermögli-chen und damit Transparenz im sog. „Übergangssystem“ zu erhöhen und Heteroge-nität mit der Wahrnehmung und ansatzweiser Möglichkeiten individueller Förde-rung begegnen zu können.

Heidi Hagelüken Leiterin des Studienseminars für berufliche Schulen Kassel mit Außenstelle Fulda a. D.

Kirchweg 70 34119 Kassel Fon: 0561-311621 Fax: 0561- 35855 E-Mail: [email protected]

Page 22: Stellungnahme GLB
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Hessischer Landtag Postfach 3240 65022 Wiesbaden

31.01.2016

Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Fraktion der SPD für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Schulgesetzes – Drucksache 19/2484

Sehr geehrter Herr Quanz, sehr geehrte Damen und Herren,

der Gesamtverband der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen in Hessen e. V. (GLB) bedankt sich für die Möglichkeit, zum Gesetzentwurf der Fraktion der SPD für ein Ge-setz zur Änderung des Hessischen Schulgesetzes Stellung zu nehmen.

Der GLB begrüßt den vorliegenden Gesetzentwurf und stimmt ihm inhaltlich in seiner Be-gründung grundsätzlich zu.

Das Recht auf den Besuch der beruflichen Schulen bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres kann als eine verbesserte Chance zur Integration junger Zuwanderer und Flüchtlinge gese-hen werden.

Eine notwendige Gelingensbedingung ist jedoch die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen für zusätzliche Aufgaben.

Den mit der geplanten Gesetzesänderung verbundenen weiteren Auftrag können die berufli-chen Schulen nur dann erfüllen, wenn

entsprechend ausgebildete Lehrkräfte in der erforderlichen Anzahl zugewiesen werden,

Standards und Kerncurricula erarbeitet werden,

ausreichende Eignungsdiagnosen für die jeweils angestrebte Schulform durchgeführt werden; insbesondere im Hinblick auf den Sprachstand und den bisherigen Werdegang, bspw. betreffend berufliche Fertigkeiten und Kenntnisse, die im Herkunftsland erworben wurden,

verstärkte Schulsozialarbeit durch Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter, Sozialpäda-goginnen/Sozialpädagogen, Psychologinnen/Psychologen kontinuierlich und schulbezo-gen ermöglicht wird,

eine Betreuungsarbeit in multiprofessionellen Teams erfolgen kann und die Raumkapazi- täten vorhanden sind.

Geschäftsstelle: Lothringer Str. 3 - 5, 63450 Hanau Tel.: (06181) 25 22 78 - Fax: (06181) 25 22 87 - E-Mail: [email protected] - Internet: http//www.glb-hessen.de

Gesamtverband der Lehrerinnen und Lehrer

an beruflichen Schulen in Hessen e.V.

Page 24: Stellungnahme GLB

Die Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen haben bisher schon mit außerordentli-chem Engagement und Verantwortungsbewusstsein dazu beigetragen, jungen Zuwanderern und Flüchtlingen die Integration in unserem Land zu ermöglichen. Eine steigende Zahl von jungen Menschen, die eine intensive Betreuung benötigen, bedingt aber auch weitere perso-nelle und materielle Ressourcen. Nur dann kann diese auch im gesamtgesellschaftlichen In-teresse stehende Aufgabe gelingen, nicht zuletzt auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel in Deutschland und einer erfolgreichen Integration junger, gut ausgebildeter Menschen in den Arbeitsmarkt.

Mit freundlichen Grüßen

Page 25: Stellungnahme GLB

WIRTSCHAFT INTEGRIERT Junge Menschen mit Sprachförderbedarf in betriebliche Ausbildung integrieren

Präsentation der Regionalveranstaltungen

Stand Mai 2016

Page 26: Stellungnahme GLB

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Projektaufbau

3 – 6 Monate

Berufsorientierung plus mit berufsbezogener Sprachförderung [1.000 Plätze ab April 2016]

Einstiegsqualifizierung plus mit berufsbezogener Sprachförderung [700 Plätze ab April 2016]

Ausbildung mit betrieblicher Ausbildungsplatzförderung [400 Plätze ab August 2016]

Parallel: Begleitung der Ausbildung [ab August 2016]

3 – 6 Monate

6 – 12 Monate

Ausbildungs-dauer

Page 27: Stellungnahme GLB

3

Zielgruppe

Junge Menschen, die

unter 27 Jahren sind und

erhöhten Sprachförderbedarf [A2 - B1] haben und

unzureichend beruflich orientiert sind und

Interesse an einer dualen Ausbildung haben

Page 28: Stellungnahme GLB

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Teilnahmevoraussetzungen

Deutsche oder EU-Staatsangehörigkeit oder

Niederlassungserlaubnis oder Daueraufenthalt-EU oder

Schutzberechtigte Personen mit Aufenthaltserlaubnis oder

sonstige Personen mit einer Beschäftigungserlaubnis

Asylbewerber/-innen und geduldete Personen können teilnehmen,

wenn sie eine Beschäftigungserlaubnis beantragen können.

Page 29: Stellungnahme GLB

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Förderung

Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und

Landesentwicklung [HMWEVL]

Europäischer Sozialfonds [ESF]

Agenturen für Arbeit

Jobcenter

mit Unterstützung der Bildungseinrichtungen des Handwerks.

Page 30: Stellungnahme GLB

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Steuerung

Arbeitsgemeinschaft der hessischen Industrie- und

Handelskammern

Bildungswerk der Hessischen Wirtschaft e. V. [BWHW]

Bundesagentur für Arbeit [BA], Regionaldirektion Hessen

Hessischer Handwerkstag [HHT]

Hessisches Kultusministerium [HKM]

Hessisches Ministerium für Soziales und Integration [HMSI]

HMWEVL

Page 31: Stellungnahme GLB

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Durchführung vor Ort

Gemeinsame Durchführung:

Bildungseinrichtungen

des Handwerks und

vergleichbare Träger

BWHW

Koordination:

BWHW

Page 32: Stellungnahme GLB

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Projektbaustein | Berufsorientierungplus

Praktisches Kennenlernen von mindestens drei Berufsfeldern Erkunden der Eignung und Neigung Berufswahlunterstützung in Industrie-, Handwerks-, Dienstleistungs-

oder freie Berufe Begleitende Angebote: Berufsbezogene Sprachförderung

Orientierung über Wertvorstellungen und Normen Sozialpädagogische Begleitung Bewerbungscoaching Vermittlung in Ausbildung oder Einstiegsqualifizierung

Page 33: Stellungnahme GLB

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Projektbausteine | Einstiegsqualifizierungplus

Wenn direkter Ausbildungseinstieg nicht möglich: Ausbildungsvorbereitung durch Einstiegsqualifizierung Kein Berufsschulbesuch, stattdessen 1,5 Tage pro Woche beim Träger: Stütz- und Förderunterricht Berufsbezogene Sprachförderung Integrationsplanung und -unterstützung Sozialpädagogische Begleitung Zuschüsse zur Praktikumsvergütung von AA, Jobcentern oder Land Hessen

Page 34: Stellungnahme GLB

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Projektbausteine | Ausbildung

Betriebliche Ausbildungsplatzförderung: bis zu 4.000 Euro pro Ausbildungsplatz möglich für Unternehmen aller Branchen und Größen Ausbildungsbegleitung: passgenau Begleitung und Unterstützung wohnort- und betriebsnah

Page 35: Stellungnahme GLB

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Gudrun Reinhart Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung [email protected] Projekt-Homepage: www.wirtschaft-integriert.de

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!