second international congress on construction history, cambridge 2006

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655 Bautechnik 83 (2006), Heft 9 Berichte Second International Congress on Construction History, Cambridge 2006 Vom 29. März bis 2. April 2006 fand in Cambridge der „Second Interna- tional Congress on Construction Hi- story“ statt. Über 260 Wissenschaftler aus aller Welt trafen sich im 1448 ge- gründeten Queens’ College der Cam- bridge University. Die inspirierende Atmosphäre dieses mittelalterlichen Umfeldes bot beste Bedingungen, um „Construction History“ zu diskutie- ren. Daß sich dieses Gebiet thema- tisch weiter definiert, als die deutsche Übersetzung „Bautechnikgeschichte“ suggeriert, zeigte die inhaltliche Breite der Beiträge. Besprochen wurden neben konstruktiven und technologi- schen Aspekten historischen Bauens auch soziale und ökonomische Ge- sichtspunkte. So thematisierten Key- note lectures unter anderem die Rolle der Frauen im Baugewerbe oder das Zusammenwirken von Ingenieur und Architekt jeweils aus historischer Perspektive. Insgesamt nutzten über 190 Teilnehmer – größtenteils Euro- päer, aber auch teilweise starke Frak- tionen aus Asien, Australien und Amerika – die Gelegenheit zur Prä- sentation ihrer Forschungsergebnisse. Dieses arbeitsintensive Programm wurde durch eine Exkursion zu kon- struktionsgeschichtlich bedeutsamen Bauwerken aufgelockert. Klassiker – zum Beispiel St. Paul’s oder Ely Ca- thedral – standen zur Wahl, aber auch Ziele, die der Öffentlichkeit üblicher- weise nicht zugänglich sind. Kultu- relle Höhepunkte innerhalb der tradi- tionsreichen Gemäuer des Queens’ College bildeten das Festdinner des Scientific Committee im historischen Speisesaal von 1449 sowie das ab- schließende gemeinsame Abendessen aller Delegierten mit anschließendem gemütlichen Beisammensein. Gratula- tion und ein nachträgliches Danke- schön den Veranstaltern – der in Groß- britannien beheimateten Construction History Society. Insgesamt ein rundum gelungener Kongreß, wenngleich die Heimreise eines jeden Delegierten ihre ganz eigene Qualität bekam. Mit zu- sätzlichen 10 kg Proceedings im Gepäck sollte diese insbesondere für die australischen Teilnehmer zu einem nachhaltigen Erlebnis werden. Schon 2003 hatte der „First In- ternational Congress on Construc- tion History“ in Madrid ein erstes großes Forum zum internationalen Austausch über Construction History geboten – einer Wissenschaft, die sich erst seit dem ausgehenden 20. Jahr- hundert als eigenständige Disziplin in nationalen „Keimzellen“ zu profilie- ren beginnt. Ziel des Cambridge-Kon- gresses war die nachhaltige Belebung des weltweiten Dialogs zwischen Akademikern, Historikern aber auch praktisch tätigen Ingenieuren. Ge- rade diese Weite unter Einbeziehung der Praxis kennzeichnet das Wesen der Construction History als Wissen- schaftsdisziplin. Sie definiert sich nicht nur als Spielwiese ergrauter äl- terer Herren, sondern auch als an- wendungsbezogene Fachrichtung – insbesondere im zunehmenden Auf- gabenfeld des Bauens im Bestand. Vollständiger Tagungsband

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655Bautechnik 83 (2006), Heft 9

Berichte

Second International Congress on Construction History, Cambridge 2006

Vom 29. März bis 2. April 2006 fandin Cambridge der „Second Interna-tional Congress on Construction Hi-story“ statt. Über 260 Wissenschaftleraus aller Welt trafen sich im 1448 ge-gründeten Queens’ College der Cam-bridge University. Die inspirierendeAtmosphäre dieses mittelalterlichenUmfeldes bot beste Bedingungen, um„Construction History“ zu diskutie-ren. Daß sich dieses Gebiet thema-tisch weiter definiert, als die deutscheÜbersetzung „Bautechnikgeschichte“suggeriert, zeigte die inhaltliche Breiteder Beiträge. Besprochen wurdenneben konstruktiven und technologi-schen Aspekten historischen Bauensauch soziale und ökonomische Ge-sichtspunkte. So thematisierten Key-note lectures unter anderem die Rolleder Frauen im Baugewerbe oder dasZusammenwirken von Ingenieur undArchitekt jeweils aus historischerPerspektive. Insgesamt nutzten über190 Teilnehmer – größtenteils Euro-päer, aber auch teilweise starke Frak-tionen aus Asien, Australien undAmerika – die Gelegenheit zur Prä-sentation ihrer Forschungsergebnisse.Dieses arbeitsintensive Programmwurde durch eine Exkursion zu kon-

struktionsgeschichtlich bedeutsamenBauwerken aufgelockert. Klassiker –zum Beispiel St. Paul’s oder Ely Ca-thedral – standen zurWahl, aber auchZiele, die der Öffentlichkeit üblicher-weise nicht zugänglich sind. Kultu-relle Höhepunkte innerhalb der tradi-tionsreichen Gemäuer des Queens’College bildeten das Festdinner desScientific Committee im historischenSpeisesaal von 1449 sowie das ab-schließende gemeinsame Abendessenaller Delegierten mit anschließendemgemütlichen Beisammensein. Gratula-tion und ein nachträgliches Danke-schön den Veranstaltern – der in Groß-britannien beheimateten ConstructionHistory Society. Insgesamt ein rundumgelungener Kongreß, wenngleich dieHeimreise eines jeden Delegierten ihreganz eigene Qualität bekam. Mit zu-sätzlichen 10 kg Proceedings imGepäck sollte diese insbesondere fürdie australischen Teilnehmer zu einemnachhaltigen Erlebnis werden.

Schon 2003 hatte der „First In-ternational Congress on Construc-tion History“ in Madrid ein erstesgroßes Forum zum internationalenAustausch über Construction Historygeboten – einerWissenschaft, die sich

erst seit dem ausgehenden 20. Jahr-hundert als eigenständige Disziplin innationalen „Keimzellen“ zu profilie-ren beginnt. Ziel des Cambridge-Kon-gresses war die nachhaltige Belebungdes weltweiten Dialogs zwischenAkademikern, Historikern aber auchpraktisch tätigen Ingenieuren. Ge-rade diese Weite unter Einbeziehungder Praxis kennzeichnet das Wesender Construction History als Wissen-schaftsdisziplin. Sie definiert sichnicht nur als Spielwiese ergrauter äl-terer Herren, sondern auch als an-wendungsbezogene Fachrichtung –insbesondere im zunehmenden Auf-gabenfeld des Bauens im Bestand.

Vollständiger Tagungsband

Berichte / Termine

Den ausgesprochen positivenund anregenden Geist dieser erstenbeiden Weltkongresse gilt es weiter-zugeben an den „Third InternationalCongress on Construction History“.Erfreulich für die zahlreichen deut-schen Teilnehmer, daß es gelungenist, diesen im Frühjahr 2009 in Cott-bus an der Brandenburgischen Tech-nischen Universität (BTU) stattfindenzu lassen. Die Federführung bei derOrganisation übernimmt der Lehr-stuhl Bautechnikgeschichte und Trag-werkserhaltung der BTU.

Wenngleich sich einerseits dieStrukturen einer Construction Hi-

story als eigenständige Disziplin undWissenschaft auf den nationalenEbenen größtenteils noch festigenmüssen, so formiert sich andererseitsdurch die Kontinuität der Weltkon-gresse bereits eine internationaleVernetzung. Damit steht – über kurzoder lang – die Gründung einer inter-nationalen Vereinigung auf der Ta-gesordnung. In Cottbus 2009 wirdeine solche zumindest ernsthaft dis-kutiert werden. Vielleicht wird aberCottbus auch schon zum Grün-dungsort einer „International Asso-ciation on Construction History –IASC“.

Literatur

Huerta, S. (Hrsg.): Proceedings of the FirstInternational Congress on ConstructionHistory, Madrid: Instituto Juan de Her-rera, 2003, ISBN 84-9728-070-9.

Dunkeld; Cambell; Louw; Tutton; Addis;Thorne (Hrsg.): Proceedings of the Se-cond International Congress on Con-struction History, Cambridge: Con-struction History Society, 2006,ISBN 0-7017-0203-6.

Dipl.-Ing. Volker Wetzk,Lehrstuhl Bautechnikgeschichte und

Tragwerkserhaltung, BTU Cottbus