schlamm muss gashaltig auf das trockenbeet fliessen

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XXII, 1960 475 Schlamm muss gashaltig aufdas Trockenbeet fliessen Yon K. IMHOFF, Essen In der Zeit nach x9o6 haben sich die zweist•ckigen Emscherbrunnen ungew~hnlich rasch zur Kl~irung yon Abwasser in den deutschen und amerikanischen St~dten durchgesetzt. Der Hauptgrund des Erfolges war, dass die Anlagen geruchlos arbeiteten. Das Abwasser wurde frisch, also geruchlos gehalten und der Schlamm floss ausgefault, also ebenfalls geruch- los ab. Im Gegensatz zu selbst~indigen Schlammfaulfiiumen, die sich im Winter zu sehr abktihlten, wurde der Schlamm yon dem darfiberfliessen- den Abwasser warm gehalten. Die damals gebauten hunderte yon stSdtischen Kl~iranlagenbatten und haben neben der Geruchlosigkeit noch den anderen wichtigen Vorteil, dass der Scblamm aussergew6hnlich rasch trocknet. Als Ursache dieses raschen Abbildung 1 Fliissiger, ausgefaulter, gashaltiger Schlamm ist in ein Standglas gefiillt worden. Die Oberfl~iche ist durch ein weisses Papier k-tantlich gemacht. Darfiber ist Luft. Archly der Emschergenossen- sehaft, Essen

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Page 1: Schlamm muss gashaltig auf das Trockenbeet fliessen

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Schlamm muss gashaltig aufdas Trockenbeet fliessen

Yon K. IMHOFF, Essen

In der Zeit nach x9o6 haben sich die zweist•ckigen Emscherbrunnen ungew~hnlich rasch zur Kl~irung yon Abwasser in den deutschen und amerikanischen St~dten durchgesetzt. Der Hauptgrund des Erfolges war, dass die Anlagen geruchlos arbeiteten. Das Abwasser wurde frisch, also geruchlos gehalten und der Schlamm floss ausgefault, also ebenfalls geruch- los ab. Im Gegensatz zu selbst~indigen Schlammfaulfiiumen, die sich im Winter zu sehr abktihlten, wurde der Schlamm yon dem darfiberfliessen- den Abwasser warm gehalten.

Die damals gebauten hunderte yon stSdtischen Kl~iranlagen batten und haben neben der Geruchlosigkeit noch den anderen wichtigen Vorteil, dass der Scblamm aussergew6hnlich rasch trocknet. Als Ursache dieses raschen

Abbildung 1 Fliissiger, ausgefaulter, gashaltiger Schlamm ist in ein Standglas gefiillt worden. Die Oberfl~iche ist durch ein weisses Papier k-tantlich gemacht. Darfiber ist Luft. Archly der Emschergenossen-

sehaft, Essen

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476 K. Imhoff Hydrol.

Trocknens wurde bei der Emschergenossenschaft in Essen sein Gasgebalt erkannt. Darfiber erschienen schon IgIO zwei Aufs~tze in deutscher [I] und englischer Sprache [3].

Der ausgefaulte Schlamm, der aus den tiefen Emscherbrunnen mit natfirlichem Geffille in offenen Rinnen aufdas Trockenbeet floss, war eine gashaltige, schaumige Masse. Die unter hohem Wasserdruck festgehalte- nen Faulgase wurden beim Ausfliessen entspannt. Der Schlamm hatte dann die Eigenschaft, dass er auf dem Trockenbeet auf seinem eigenen Wasser aufschwamm. Schon in den ersten Stunden sah man das klare Schlamm- wasser aus den Sickerleitungen des Trockenbeetes abfliessen; der so ent- wfisserte Schlamm brauchte dann nur noch wenige Tage an der Luft nach- zutrocknen, his man ihn stichfest aufladen konnte.

Der Beweis [fir diese Erkenntnis wurde in den genannten AufsStzen yon I9IO in Standgl~sern geftihrt. Entscheidend waren die beiden hier wieder- gegebenen Bilder.

Bild 1 zeigt den aus Emscherbrunnen abgeflossenen Schlamm in einem his zu dem Papierstreifen geffillten Standglas. Bild 2 zeigt dasselbe Glas nach z2 Stunden. Der Schlamm ist auf seinem eigenen Schlammwasser aufgestiegen und hat mit seiner OberflSche den Glasrand erreicht.

Abbildung 2 Dasselbe Glas wie Bild 1 nach zwSlf Stunden. Der Schlamm ist infolge des Gasgehalts so schaumig und leicht geworden, dass sich das klare Schlammwasser unten (nicht oben) ausgeschieden hat. Der Schlamm ist also auf seinem eigenen Wasser aufgeschwommen und hat sich fiber den Papierstreifen hinweg bis zum Glasrand gehoben. Archiv der Emschergenossenschaft, Essen.

Die Ziffern in eckigen Klammem verweisen auf das Literaturverzeichnis, Seite 477.

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In einem zweiten Versuch wurde der abgelassene Schlamm aus der Schlammrinne mit einer Saugpumpe gehoben, also entgast und dann in das Schlammglas geffillt. Das Abtrennen des Schlammwassers nach unten und das Aufschwimmen des Schlamms blieb dann aus, vielmehr trennte sich das Schlammwasser nach einiger Zeit oben ab.

Diese Versuche haben iiberzeugend nachgewiesen, dass man nur yon dem gashaltigen Schlamm erwarten kann, dass er schnell auf dem Trok- kenbeet abtrocknet. Leider ist diese Erkenntnis in sp~iteren Jahren ziem- lich vergessen worden, obwohl sie in den verschiedenen Auflagen des ,Taschenbuchs>> stets wiederholt wurde [4].

Was damals ffir die SchlammfaulrSume der tiefen Emscherbrunnen be- wiesen wurde, gilt f~ir alle tiefen Faulr~iume, deren Schlamm an der Sohle abgelassen wird. In F~illen, wo der Schlamm gut ausgefault ist und den- noch schlecht trocknet, sollte man stets versuchen, ob man nicht dadurch helfen kann, dass man den Schlamm mit vollem Gasgehalt aufdas Trocken- beet bringt. Bei den heute iiblichen hochgestellten Fault~irmen wird man den Schlamm aus der Trichterspitze in der Regel mit natiirlichem Gef~ill und somit gashaltig aufdas Trockenbeet bringen k/~nnen. Man muss nur daf~ir sorgen, dass die iiblichen Umw~ilzvorrichtungen nicht auch den unteren Teil des Faulraums erfassen und so den Schlamm entgasen.

Wenn der Schlamm zum Trockenbeet gepumpt werden muss, sollen Saugpumpen vermieden werden. Man kann Druckkessel oder auch Druck- luftheber verwenden.

Namentlich f~ir kleine und mittlere St~idte bleiben die Trockenbeete immer noch die wirtschaftlichsten Vorrichtungen der Schlammtrocknung, wenn es nicht m/Sglich ist, den Schlamm in fl~issigem Zustand loszuwer- zen. Es ist der M~ihe wert, den Betrieb der Trockenbeete zu erleichtern.

LITERATURVERZEICHNIS

'[i] IMHOVF, Karl, Die Schlamm&bandlung in Emscherbrunnen, Technisches Gemeinde- blatt vom 5. Oktober I9IO.

[2] IM~OFV, Karl, dasselbe, wieder abgedruckt im Jubil~iumsbuch ,25 Jahre Emscher- genossenschaft)), Januar I925, Seite 455.

[3] IMHOFF, Karl, and SAVILLE, C., z'/new metbod of handling sewage sludge, Engineering Record (IO. December 191o).

[4] IMHOFF, Karl, Taschenbucb der Stadtentw;isserung, R. Oldenbourg, Mtinchen, 17. Auf- lage, S. 207 (1958).

Adresse des Autors: Dr.-Ing. K. IMHOFF, Dr. Dr. Dr.-Ing. e. h., Robert Schmidt- Strasse 8, Essen.