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1 Rhetorik des Abstimmungsplakats Zum Stil von Text- und Bildplakaten (pathos) Judith Arnold, Zürich, den 31.05.2007 Die Topik ist Bestandteil der Argumentation (vgl. Arnold 2007f), doch sie hat in ihrem jeweili- gen thematischen Bezug auch eine klar emotionalisierende Komponente. Sie bildet somit gewissermassen die Scharnierstelle zwischen der Argumentations- und der Affektenlehre. Im Gegensatz zu Aristoteles mass Cicero (und später auch Quintilian) den loci communes gros- ses Gewicht für die Persuasion bei und erkannte darin die Wirkkraft der Rede, die sie in Ver- bindung mit der rhetorischen Ausschmückung entfaltet (vgl. Bornscheuer 1976: 64ff.). Denn Persuasion (von lat. persuadere) beinhaltet nicht nur das Überzeugen mit sachlogischen Mitteln, sondern auch das Überreden durch emotionale Beeinflussung. Aristoteles hebt zwar die sachlogische Dimension der Rede hervor, seine Rhetorik basiert aber gleichermassen auf der Argumentationslehre und der Affektenlehre. Schliesslich lassen wir uns nicht nur durch Argumente, sondern auch durch Gefühle leiten, weshalb sich ein Redner sowohl sach- logischer als auch emotionalisierender Überzeugungsmittel bedient. Die Rhetorik von Aristoteles unterscheidet drei Überzeugungsmittel (pisteis): logos bezieht sich auf den Sachaspekt, pathos auf den Höreraspekt und ethos auf den Redner selbst (vgl. Ottmers 1996: 119; Arnold 2007c: 7ff.). Entsprechend beinhaltet jede Rede sowohl eine sachliche Darstellung, eine Selbstoffenbarung und einen Appell (vgl. das Organonmodell von Bühler 1934: 28; auch Nöth 1975: 42ff.). Die Appellfunktion ist bei Werbetexten wie dem Ab- stimmungsplakat sogar dominant (vgl. Nöth 1975: 44; Arnold 2007b: 6ff.), weshalb sich die Frage stellt, mit welchen Stilmitteln die Abstimmungsplakate eine emotionale Beeinflussung des Publikums intendieren. Während die sachlogische Argumentation (logos) von Abstim- mungsplakaten bereits ausführlich dargelegt wurde (vgl. Arnold 2007d/e/f), wird nun der Fo- kus auf die Affektenlehre gerichtet. Diese umfasst sowohl die Emotionalisierung des Publi- kums (pathos) als auch die Selbstdarstellung des Redners (ethos) (vgl. Ottmers ebd.). Aller- dings sind die Grenzen der affektischen Überzeugungsmittel in der Rede fliessend, weshalb eine Trennung der Ausdrucksformen von pathos und ethos nur bedingt möglich ist. Beides ist letztlich eine Frage des Stils, was uns zurück zur Hauptthese führt (vgl. Arnold 2007c: 23): Die Hauptthese lautet, dass das Abstimmungsplakat als verschriftlichte Form der politischen Beratungsrede gelten kann. Die Unterhypothesen lauten, dass das Abstimmungsplakat zwar eine reduzierte Form des genus deliberativum darstellt, dass es aber im Aufbau (1), in der

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Rhetorik des Abstimmungsplakats

Zum Stil von Text- und Bildplakaten (pathos)

Judith Arnold, Zürich, den 31.05.2007

Die Topik ist Bestandteil der Argumentation (vgl. Arnold 2007f), doch sie hat in ihrem jeweili-

gen thematischen Bezug auch eine klar emotionalisierende Komponente. Sie bildet somit

gewissermassen die Scharnierstelle zwischen der Argumentations- und der Affektenlehre. Im

Gegensatz zu Aristoteles mass Cicero (und später auch Quintilian) den loci communes gros-

ses Gewicht für die Persuasion bei und erkannte darin die Wirkkraft der Rede, die sie in Ver-

bindung mit der rhetorischen Ausschmückung entfaltet (vgl. Bornscheuer 1976: 64ff.). Denn

Persuasion (von lat. persuadere) beinhaltet nicht nur das Überzeugen mit sachlogischen

Mitteln, sondern auch das Überreden durch emotionale Beeinflussung. Aristoteles hebt zwar

die sachlogische Dimension der Rede hervor, seine Rhetorik basiert aber gleichermassen

auf der Argumentationslehre und der Affektenlehre. Schliesslich lassen wir uns nicht nur

durch Argumente, sondern auch durch Gefühle leiten, weshalb sich ein Redner sowohl sach-

logischer als auch emotionalisierender Überzeugungsmittel bedient.

Die Rhetorik von Aristoteles unterscheidet drei Überzeugungsmittel (pisteis): logos bezieht

sich auf den Sachaspekt, pathos auf den Höreraspekt und ethos auf den Redner selbst (vgl.

Ottmers 1996: 119; Arnold 2007c: 7ff.). Entsprechend beinhaltet jede Rede sowohl eine

sachliche Darstellung, eine Selbstoffenbarung und einen Appell (vgl. das Organonmodell von

Bühler 1934: 28; auch Nöth 1975: 42ff.). Die Appellfunktion ist bei Werbetexten wie dem Ab-

stimmungsplakat sogar dominant (vgl. Nöth 1975: 44; Arnold 2007b: 6ff.), weshalb sich die

Frage stellt, mit welchen Stilmitteln die Abstimmungsplakate eine emotionale Beeinflussung

des Publikums intendieren. Während die sachlogische Argumentation (logos) von Abstim-

mungsplakaten bereits ausführlich dargelegt wurde (vgl. Arnold 2007d/e/f), wird nun der Fo-

kus auf die Affektenlehre gerichtet. Diese umfasst sowohl die Emotionalisierung des Publi-

kums (pathos) als auch die Selbstdarstellung des Redners (ethos) (vgl. Ottmers ebd.). Aller-

dings sind die Grenzen der affektischen Überzeugungsmittel in der Rede fliessend, weshalb

eine Trennung der Ausdrucksformen von pathos und ethos nur bedingt möglich ist. Beides

ist letztlich eine Frage des Stils, was uns zurück zur Hauptthese führt (vgl. Arnold 2007c: 23):

Die Hauptthese lautet, dass das Abstimmungsplakat als verschriftlichte Form der politischen

Beratungsrede gelten kann. Die Unterhypothesen lauten, dass das Abstimmungsplakat zwar

eine reduzierte Form des genus deliberativum darstellt, dass es aber im Aufbau (1), in der

2

Argumentation (2) und im Stil (3) seine ursprüngliche Funktion und Struktur erhalten hat.

Falls die Hauptthese zutrifft, so sollte auch der Stil (3) von Text- und Bildplakaten eine Ent-

sprechung zur deliberativen Redegattung aufweisen. Im Folgenden wird nun diese dritte Un-

terhypothese geprüft. Zuerst wird die Affektenlehre nach Aristoteles zusammengefasst, dann

wird in Anlehnung an Barthes (1964a: 44) die Figurenlehre der klassischen Rhetorik entfaltet

und abschliessend auf die Abstimmungsplakate angewandt. Dies erfolgt vorwiegend nach

Barthes (1964a), Lausberg (1963) und Ottmers (1996).

1 Zur Affektenlehre

Will man ein Publikum von seinem Standpunkt überzeugen, so muss die Rede auf die Rezi-

pienten angepasst werden. Dazu gehört, dass der Redner sein Publikum in die richtige

Stimmung versetzt, damit es geneigt ist, seiner Beratung zu folgen (vgl. Aristoteles II.1.2.).

Dies gelingt am besten, wenn der Redner selbst in einer bestimmten Verfassung erscheint:

"(2) Da aber das Objekt der Rede das Urteil ist (…), muss man notwendigerweise nicht nur auf die

Argumentation sein Augenmerk richten, auf dass sie Beweis- und Überzeugungskraft besitze, sondern

auch sich selbst und den Urteilenden in eine bestimmte Verfassung setzen. (3) Denn im Hinblick auf

die Glaubwürdigkeit macht es viel aus (...), dass der Redner in einer bestimmten Verfassung erschei-

ne und dass die Zuhörer annehmen, er selbst sei in einer bestimmten Weise gegen sie disponiert, und

schliesslich, ob auch diese sich in einer bestimmten Disposition befinden. (4) (…) denn ein und das-

selbe erscheint nicht in gleicher Weise den Liebenden und den Hassenden bzw. den Zornigen und

denen in sanfter Gemütslage, sondern die Ansichten sind entweder ganz und gar oder hinsichtlich

ihrer Gewichtigkeit verschieden." (Aristoteles II.1.2–4)

Mehr noch als Aristoteles hat später Quintilian auf die Kunst der Affekterregung gesetzt:

"Das Geheimnis der Kunst, Gefühlswirkungen zu erregen, liegt nämlich, wenigstens nach

meinem Empfinden, sich selbst der Erregung hinzugeben" (Quintilian VI.2.26, zit. in Ottmers

1996: 126). Die intendierte Fremdaffektion setzt demnach eine Selbstaffektion voraus, wobei

der Redner die Affekte, die er beim Hörer hervorrufen will, selbst empfinden soll (vgl. Ott-

mers 1996: 126). Zentral für das aktuelle Forschungsinteresse ist die Technik, die dabei zur

Anwendung kommt, denn sie ist mit der Bildlichkeit verbunden und gibt Antwort auf die Fra-

ge, inwiefern sich Topoi auf Abstimmungsplakaten visualisieren lassen. Nach Quintilian ist

die emotionale Beeinflussung des Rezipienten nur dann effektiv, wenn sich der Redner

selbst in die entsprechende Gemütsverfassung versetzt. Und das gelingt mit der "Vergegen-

wärtigung von den gewünschten Gefühlen – vergleichbar den Phantasiebildern (visiones),

die Abwesendes so vergegenwärtigen, als würde es unmittelbar und plastisch vor Augen

stehen" (Ottmers 1996: 126; Hervorheb. i.O.). Gemeint ist hier nicht ein malerischer, sondern

3

ein psychologischer Bildbegriff, den bereits Aristoteles mit phantasía bezeichnet hat. Damit

meinte er innere Vorstellungen der Seele, die als Bilder erscheinen, denn er glaubte, dass

die Seele nie ohne Bilder denkt (vgl. HWR 11). Die Selbstvergegenwärtigung mag auf inne-

ren Bildern beruhen, sie muss aber in der Rede sprachlich umgesetzt werden, damit sie

auch den Zuhörern einen möglichst plastischen Eindruck vermitteln kann (vgl. Ottmers 1996:

126). "Quintilian nennt hier die illustratio (Ins-Licht-Rücken) beziehungsweise die evidentia

(Anschaulichkeit), also energetische Darstellungsverfahren, die durch Wirklichkeitssimulation

ihre psychagogische Wirkung entfalten." (Ottmers ebd.; auch HWR 11). Aristoteles wiederum

nennt die Metapher: "Es ist nämlich das Bild (…) eine Metapher, die sich nur durch die Art

der Aufstellung davon unterscheidet" (Aristoteles III.10.3). Daher eignet sich die Metapher

besonders gut, um einen Sachverhalt wirkungsvoll vor Augen zu führen (vgl. Aristoteles

III.11). Dasselbe gilt auch für Gleichnisse (vgl. Aristoteles III.11.11) und Sprichwörter (vgl.

Aristoteles III.4.; III.11.14). Die Anschaulichkeit aber, die in der Rede über Stilfiguren und

Tropen erzeugt wird, lässt sich in Druckmedien direkt zur Darstellung bringen, was die Funk-

tion des Bildes auf Abstimmungsplakaten weiter erhellt. Nicht zuletzt redet auch Kamps

(1999: 67) beim politischen Plakat von "Emotionalisierung durch Illustration".

Abstimmungs-Nr. 209-210 Datum: 28.2.1965 Abb. 1

Analyse: Nach einer Zeit des Wirtschaftsauf-schwungs, der viele Gastarbeiter in die Schweiz führ-te, zeichneten sich Mitte der 60er Jahre negative Begleiterscheinungen ab. Diese waren geprägt von Ressourcenknappheit und wachsenden sozialen Spannungen. Die Gastarbeiter, die wesentlich zum Aufschwung in der Schweiz beigetragen haben, wur-den zunehmend ein Angriffsziel gesellschaftlicher Feindseligkeit und politischer Polemik (vgl. Meylan/ Maillard/Schenk 1979: 126ff.) Das Plakat ist ein gutes Beispiel für die Affektenlehre nach Aristoteles, wonach die Emotionalisierung des Publikums durch den Ausdruck der entsprechenden Gemütsverfassung erreicht werden soll. In Abwe-senheit eines Redners stellen die dargestellten Figu-ren eine Emotion zur Schau, die vom Rezipienten übernommen werden soll. Es handelt sich um "Angst", die hier geschürt wird: Angst vor "Inflation" und "Spekulation", wobei die "Überfremdung" als Ursache erscheint. Da die Angst vor den Folgen einer Überfremdung dominiert, handelt es sich hier zugleich um ein treffendes Beispiel für den Sondertopos der Xenophobie.

Grafik: Heiri Steiner (Art. Inst. Orell Füssli AG) Quellen: Meylan/Maillard/Schenk 1979: 79 Sammlungen: MfGZ 7-665; SNB o.S.

Titel: Bundesbeschluss über die Bekämpfung der Teuerung durch Massnahmen auf dem Gebiete des Geld- und Kapitalmarktes und des Kreditwesens; Bundesbeschluss über die Bekämpfung der Teue-rung durch Massnahmen auf dem Gebiete der Bau-wirtschaft; Resultat: beides angenommen

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Aristoteles führt in seiner Affektenlehre aus, wie unterschiedliche Emotionen hervorgerufen

und wieder besänftigt werden. Wichtig ist, dass der Redner dabei in dreifacher Hinsicht eine

Unterscheidung trifft: Man muss die verschiedenen Gemütsverfassungen kennen und man

muss wissen, wem gegenüber man diese Gemütsverfassung hegt und weshalb. "Ich meine

z.B. beim Zorn ist zu unterscheiden, in welcher Verfassung sich die Zornigen befinden, ge-

genüber wem man gewöhnlich zürnt und über welche Dinge." (Aristoteles II.1.9) Anschlies-

send beschreibt Aristoteles verschiedene Affekte und wie sie hervorgerufen und durch ihr

Gegenteil besänftigt werden können wie Zorn und Sanftmut, Zuneigung und Feindseligkeit,

Furcht und Mut (vgl. Aristoteles II.2). Schliesslich fügt er eine Typologie verschiedener Cha-

raktere hinzu, da beispielsweise die Jugend auf andere Weise zu gewinnen sei als das Alter.

Entsprechend sind Gegenstand und Ausschmückung der Rede auf die Charaktere des Ziel-

publikums auszurichten (Aristoteles II.12–17; vgl. auch Arnold 2005: 83). Nach Aristoteles

steht zudem die Affekterregung in einer gewissen Ausschliesslichkeit zur Argumentation:

"Wo man aber die Emotion erregen will, trage man keine Enthymeme vor; dies vertreibt nämlich ent-

weder den Affekt, oder das Enthymem wird vergeblich vorgetragen sein; denn gleichzeitige Bewertun-

gen vertreiben einander und sie vernichten sich entweder oder machen sich gegenseitig wirkungslos.

Auch wenn man seiner Rede einen ethischen Anstrich gibt, darf man nicht gleichzeitig nach einem

Enthymem suchen; denn die Beweisführung besitzt weder ethische Gesinnung noch sittlichen Vor-

satz" (Aristoteles III.17.8; vgl. auch Stölzgen 2001: 4)

Wie allerdings Karsten Stölzgen (2001) festhält, handelt es sich bei der Affekterzeugung um

ein evaluatives Verfahren: Der Rezipient prüft die vorgebrachten Gründe des Redners, die in

der Folge Emotionen für oder gegen einen Dritten erzeugen. "Dieses rationale Element des

Pathos geht auch aus der Affekttrias hervor, laut der Pathos die kognitive Einschätzung von

Pathosgehalt, Pathosobjekt und Sachverhalt zugrunde liegt." Demnach ist eine Meinungsbil-

dung des Pathosträgers für Affekte im aristotelischen Sinn konstitutiv (vgl. ebd. S. 5). Für die

grundsätzliche Rationalität ist dabei unerheblich, ob die affekterzeugende Meinungsbildung

prüfend bewusst oder routiniert unbewusst abläuft (vgl. ebd. S. 6):

"Ein Pathostopos, der vom Hörer bewusst oder unbewusst als geltend anerkannt wird, hat somit die

Funktion einer Auslegungshilfe vom Gesagten, wobei seine Geltung (für den Sprecher wie den Hörer)

eine sachgerechte Verständigung und eine der Sache angemessene affektive Reaktion erst ermög-

licht. Diese ist so vernünftig, wie die in der Rede vermittelten Annahmen, Meinungen und Bewertun-

gen es sind. Mehr noch: Es ist vernünftig, affektiv betroffen zu sein." (Wörner 1981: 78; zit. in Stölzgen

2001: 5)

Auch wenn eine politische Beratungsrede emotionalisiert ist, zielt sie doch auf die Zustim-

mung für einen politischen Entscheid ab und hat auf der Makro-Ebene eine argumentative

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Struktur. Zwar mögen sich emotionalisierende Komponenten schlecht mit sachlogischen

Argumenten vertragen, doch es stellt sich nicht grundsätzlich die Frage, ob argumentiert

oder emotionalisiert wird. Denn es sind immer beide Verfahren vorhanden, auch wenn je-

weils der Überzeugungs- oder der Überredungsaspekt überwiegen mag. Schliesslich sei in

Zusammenhang mit der Topik daran erinnert, dass die politische Argumentation komplex ist

(vgl. Klein 2000) und zahlreiche normative Bezüge aufweist. Überall dort, wo eine Bewertung

vorgenommen wird – sei es die Bewertung der aktuellen Situation, die Bezugsgrösse für den

Handlungsvorsatz oder die Bewertung der erwarteten Folgen – sind normative und damit

auch emotionalisierende Aspekte involviert (vgl. Arnold 2007f: 7; Arnold 2007e: 17).

↓ ↓ ↓ ↓ ↓

SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Von zentraler Bedeutung für die Bewertung sind die eigenen Erfahrungen, die einerseits

durch die Lebenswelt geprägt und andererseits über die Kultur, Sozialisation und Bildung

befördert sind (vgl. Bornscheuer 1976: 104f., 129ff., 136ff.; Knoblauch 2000: 657). So ist

gerade das Problembewusstsein stark von der eigenen lebensweltlichen Situierung abhän-

gig. Und da sich die Folgen von politischen Entscheiden auf die verschiedenen gesellschaft-

lichen Gruppen unterschiedlich auswirken, werden auch diese Folgen ganz unterschiedlich

bewertet (vgl. Arnold 2007e: 16). Schliesslich sind die Zielvorgaben von Abstimmungsvorla-

gen oft von ideologischen Sondertopoi geprägt. Die allgemeinen Topoi müssen dabei als

Vermittlungsinstanz gesehen werden, um die unterschiedlichen gesellschaftlichen Perspekti-

ven auf einen Minimalkonsens zurückzuführen (vgl. Bornscheuer 1976: 68).

Im Gegensatz zu Aristoteles waren für Cicero die Topoi wie auch die rhetorischen Figuren

Überzeugungsmittel seiner "Überwältigungsrhetorik" (Bornscheuer 1976: 78, 90). Nach Cice-

ros Idealkonzept beruht die Allgemeingültigkeit der Topik "nicht auf einer abstrakten Denk-

form, sondern auf der unmittelbaren Lebensbedeutsamkeit der Topoi. Diese bedürfen dabei

"keiner sachlogischen Detailargumentation, sondern dienen der amplifikatorischen 'Exege-

se'" (Bornscheuer 1976: 80). An die Stelle der abstrakten aristotelischen Problemtopoi setzt

Cicero "die pragmatische Allgemeingültigkeit der Gemeinplatz-Topik, die nicht so sehr An-

haltspunkte für eine rational-sachliche Argumentation als vielmehr Impulse für eine psycha-

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung Topos

Grund/ Folge

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gogische, pathoserregende Einflussnahme auf die sittlich-emotionale Willensbildung des

Publikums liefert" (Bornscheuer 1976: 79f.). Dabei sind die Topoi auch bei Cicero nicht los-

gelöst von der Argumentation, sondern haben wie die Figuren eine verstärkende Funktion:

"Amplifikation bedeutet gleichzeitige Steigerung des Bedeutungsgehalts und des sprachlich-

stilistischen Reichtums." (Bornscheuer 1976: 74; Hervorheb. i.O.)

Grundsätzlich kann eine Verschiebung in der Gewichtung von logos, pathos und ethos in der

Rhetorik von Aristoteles und Cicero konstatiert werden: "Die durch Aristoteles bestimmte

rhetorische Grundaufgabe der problem- und sachorientierten Überzeugung wird zu einer

Randfunktion in dem ciceronianischen Leistungskanon." (Bornscheuer 1976: 84) Bornscheu-

er geht noch weiter und sieht in Ciceros "Überwältigungsrhetorik" ein Anzeichen für ein neu-

es imperiales Zeitalter. So entspringt Ciceros Forderung nach einer allgemeinverständlichen

öffentlichen Rede "nicht einem Interesse an demokratischer Sachargumentation und politi-

scher Aufklärung, sondern einem gesteigerten Drang nach öffentlicher Geltung und politi-

schem Führungsanspruch." (Bornscheuer 1976: 90). Statt der rationalen Meinungsbildung

wird das Sprach- und Redevermögen zu einer menschlichen Fähigkeit erhoben, die für die

gesellschaftliche Gesittung konstitutiv ist. "Oberste Aufgabe der Rhetorik ist die Auslegung

sämtlicher politisch-rechtlich-sittlichen Verhaltensnormen" (Bornscheuer 1976: 84), wobei

nach Bornscheuer die Pathos- und Witzanalyse bei Cicero zu einer erheblichen psychologi-

schen Vertiefung der Rhetorik und Stillehre geführt hat (vgl. ebd.).

Quintilian greift später die rhetorische Umgewichtung nach Cicero auf und fasst die sprach-

ästhetischen Gedanken zusammen unter den Begriffen inlustratio, evidentia und energeia

(vgl. Bornscheuer 1976: 82). Wichtig ist dabei die Nachahmung, wobei der Gedanke und die

Worte durch den Sachverhalt selbst motiviert sind: "Die 'Naturkraft', die idealiter die Selbster-

zeugung der Worte durch die Sache und insbesondere des stilistischen Schmuckes durch

die Bedeutsamkeit des Gedankens zu bewirken scheint, ist real betrachtet die Kunstfertigkeit

des geübten Redners." (Bornscheuer 1997: 82; vgl. Quintilian Inst. or. VIII.3.2)

Während also Aristoteles die rationale Entscheidungsfindung betont (logos), konzentriert sich

die römische Rhetorik von Cicero und Quintilian auf das pathos und ethos. Entsprechend

werden die Ausführungen zur Stillehre den römischen Erweiterungen der Rhetorik folgen.

Abschliessend kann festgehalten werden, dass die Affektenlehre auf drei Überzeugungsmit-

teln beruht: den Topoi, der Selbst- und Fremdaffektion sowie den rhetorischen Stilfiguren.

Während die Topik im Übergang von der Argumentations- zur Affektenlehre bereits dargelegt

wurde (vgl. Arnold 2007f), werden die Formen der Selbst- und Fremdaffektion zum rhetori-

schen ethos ausgeführt. Die folgenden Erläuterungen konzentrieren sich auf das pathos,

also auf die rhetorischen Figuren und Tropen und ihre visuellen Entsprechungen.

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2 Zur Figurenlehre

Nachdem die Affektenlehre in Anschluss an die Topik erläutert wurde, stellt sich also die

Frage nach den sprachlich-stilistischen Ausdrucksformen. Entscheidend für die rhetorische

Wirkkraft sind die Figuren und Tropen. Diese befinden sich nach der semiotischen Rhetorik

von Barthes und Eco auf der Ebene der Konnotation:

Tabelle 1: Dimensionen des Plakats in Anlehnung an Barthes (1964a) und Eco (1972)

Zeichensystem Analyse-Ebenen Semiotische Dimension Analyse-Kategorien Methode Semantische

Dimension Struktur

Sprache

1. denotierte Sprachbotschaft Denotation Aussagen und ihre

Anordnung (ordo) rhetorische Textanalyse

Aussage und Struktur des Textes

Kohäsion syntagmatisch

(verbales Register)

2. konnotierte Sprachbotschaft Konnotation Rhetorik des Textes

(logos, pathos, ethos) rhetorische

Textinterpretation

Bestimmung und Interpretation von verbalen Figuren,

Tropen, Schlussregeln (politische Semantik)

Kohärenz enthymematisch

Bild

3. denotierte Bildbotschaft Denotation Bildelemente und

Bildaufbau (ordo) Bildbeschreibung Beschreibung der Bildelemente und ihrer Anordnung

Kohäsion räumlich

(visuelles Register)

4. konnotierte Bildbotschaft Konnotation Rhetorik des Bildes

(logos, pathos, ethos) rhetorische

Bildinterpretation

Bestimmung und Interpretation von

visualisierten Figuren, Tropen, Schlussregeln

(politische Bildsymbolik)

Kohärenz enthymematisch

Nach Barthes haben die konnotativen Zeichenträger von Plakatbildern rhetorische Aus-

drucksformen. Er nennt sie Konnotatoren und ihre Gesamtheit eine Rhetorik. "Die Rhetorik

erscheint somit als die signifikante Seite der Ideologie" (Barthes 1990: 44). Entsprechend ist

nicht nur der Text, sondern auch die Bildsymbolik der Plakate von rhetorischen Figuren ge-

prägt: "Diese Rhetorik wird man nur auf der Grundlage eines recht breiten Inventars erstellen

können, aber es lässt sich jetzt schon absehen, dass man darin einige der in der Antike und

in der Klassik erkannten Figuren wieder finden wird." In der Folge zählt Barthes einige rheto-

rische Stilfiguren auf wie die Metonymie, das Asyndeton, die Metabole und die Parataxe.

In Anschluss an Barthes haben verschiedene Forscher versucht, die Rhetorik von (Bild-)

Plakaten darzulegen. Zu nennen sind insbesondere Bonsiepe (1965), Eco (1972), Ehmer

(1971a/b), Nöth (1975) und aktueller Gaede (1981), Förster (1982), Spillner (1982), Stöckel

(1998) sowie Geiger und Henn-Memmesheimer (1998) (vgl. Arnold 2007c: 15ff.).

Gemäss Ueding und Steinbrink (1994: 167f.) hat die semiotische Rhetorik in der Tradition

von Barthes (1964a) und Eco (1972) den Ehrgeiz, "über den Zeichencharakter der rhetori-

schen Figuren zu einem eindeutigeren und schlüssigeren Ordnungssystem zu gelangen". Oft

erschöpfen sich diese Arbeiten jedoch in der Inventarisierung von Figuren und ihren visu-

ell/verbalen Bezügen und lassen darob ihre rhetorische Funktion ausser Acht. Die Kategori-

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sierungen laufen also Gefahr, zu blossen Artefakten zu erstarren, die zwar eine Ordnung

entwerfen, aber über die Bedeutung des Geordneten keine weiteren Aussagen machen kön-

nen. Es ist daher zentral, die Stilfiguren nicht als Kern der rhetorischen Textanalysen zu be-

trachten, sondern lediglich als ein Bestandteil von persuasiven Texten, die überreden und

überzeugen wollen. Entsprechend ist es die Funktion von Stilfiguren, eine Argumentation zu

führen oder zu verstärken (vgl. Ottmers 1996: 157, 184, 192). Gerade die Tropen und Argu-

mentationsfiguren sind aber nicht immer trennscharf von der Argumentation zu unterschei-

den, sondern können in diese übergehen oder sie auch ersetzen (vgl. Ottmers 1996: 182f.).

Rhetorische Stilfiguren dürfen jedenfalls nicht zum blossen Redeschmuck reduziert werden,

sondern sind in der globalen Redeabsicht des Überredens und Überzeugens zu sehen. Nach

Ottmers (1996) dienen die Amplifikationsfiguren der Verstärkung einer Argumentation, wäh-

rend die Argumentationsfiguren selbst argumentative Mikrostrategien bilden und "teils impli-

zit, teils explizit, auch semantische Tiefenstrukturen" regeln und "Teile von Argumentations-

strukturen und Redetaktiken" sind (Ottmers 1996: 157). Hinzu kommen die Substitutionsfigu-

ren, die sowohl eine formal unterstützende, als auch eine argumentative Funktion haben

können. Die folgende Aufstellung führt einige der wichtigsten rhetorischen Figuren auf:

Tabelle 2: Übersichtsdarstellung der Stilfiguren und Tropen

Amplifikationsfiguren Substitutionsfiguren Argumentationsfiguren

Wiederholungsfiguren

Geminatio, Diakope, Kyklos, Epanode, Anadiplose, Gradatio, Antiklimax, Anapher, Epipher,

Symploke, Polyptoton, Figura etymologica,

Paronomasie, Synonym, Tautologie, Pleonasmus,

Diaphora, Alliteration

Kürzungsfiguren Ellipse, Zeugma

Positionsfiguren

Hyperbaton, Anastrophe, Hypallage, Hysteron proteron,

Parallelismus, Chiasmus

Sprungtropen

Metapher, Metaphernfeld, Allegorie, Ironie

Grenzverschiebungstropen

Metonymie, Synekdoche, Antonomasie, Appellativum, Synonym, Onomatopoeia,

Hyperbel, Litotes, Emphase, Periphrase,

Euphemismus, Aischrologie, Epitheton, Preziösität,

Neologismus, Archaismus

Kommunikative und appellative Figuren

Rogatio, Subiectio, Aporie, Correctio, Concessio, Obsecratio, Permissio,

Exclamatio, Sermocinatio

Semantische Figuren Praeparatio, Definitio,

Antizipation, Concessio, Konsens, Correctio,

Dilemma, Paralipse, Aposiopese, Apostrophe, Licentia,

Enumeratio, Descriptio, Distributio, Polysyndeton,

Asyndeton, Similitudo, Exemplum, Sententia,

Allusio, Significatio, Parenthese, Exkurs, Klimax,

Antiklimax, Antithese, Regressio, Subiectio, Oxymoron,

Contradictio in adiectio, Paradoxon, Antimetabole,

Antithetischer Parallelismus

Personale Figuren Obiurgatio, Iracundia, Exsecratio,

Laesio, Illusio

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Zu bemerken ist, dass es schon in der Antike keine einheitliche Figurenlehre gab (vgl. Ott-

mers 1996: 155) und bis heute Uneinigkeit in der Systematik herrscht (vgl. Arnold 2007c: 9;

Arnold 2005: 37ff. Anh.). Eine weitere Vereinfachung nimmt Bonsiepe (1966) vor, der die

rhetorischen Figuren in zwei Kategorien einteilt: in eine syntaktische und eine semantische:

"Eine syntaktische Figur liegt vor, wenn mit der Zeichengestalt operiert wird. Eine semanti-

sche Figur liegt vor, wenn mit dem Relatum operiert wird." (Mit Relatum meint Bonsiepe den

aussersprachlichen Referenten, vgl. ebd. S. 23). Zu den syntaktischen Figuren gehören also

u.a. die Wort- und Satzfiguren, die auf der Textoberflächenstruktur zu beobachten sind, und

zu den semantischen Figuren all jene Stilmittel, die auf der Texttiefenstruktur zu verorten

sind. Diese Zweiteilung der Figuren folgt der Zweiteilung des Zeichens in Zeichengestalt

(Signifikat) und Zeichenbedeutung (Signifikant) nach de Saussure (1967: 78) und kommt

darüber hinaus auch der textlinguistischen Zweiteilung nach der Oberflächen- und Tiefen-

struktur von Texten entgegen (vgl. Linke/Nussbaumer/Portmann 1996: 248ff.):

Tabelle 3: Textexterne und textinterne Kriterien zur Klassifikation von (politischen) Textsorten

Textexterne Kriterien: Textinterne Kriterien:

Kommunikationssituation: politisches System

Textfunktion: Information, Artikulation, Appell

Kommunikationsmedium: Plakat, Inserat etc.

Textoberflächenstruktur (Kohäsion): graphische Merk-

male, Satzbaumuster, Wortwahl etc.

Texttiefenstruktur (Kohärenz): Thema, Themenverlauf,

Textstrukturmuster etc.

Da die Substitutionsfiguren zwar auf der Ebene der Texttiefenstruktur zu untersuchen sind,

aber beide Funktionen annehmen können – sowohl eine formal unterstützende als auch eine

argumentative – wird hier die Dreiteilung nach Ottmers beibehalten. Schliesslich sind auch

die Grenzen zwischen syntaktischen und semantischen Figuren fliessend.

Interessant wird sein, die rhetorischen Stilfiguren und Tropen in den Abstimmungsplakaten

zu erkennen. Als politische Textsorte ist ein moderater Einsatz dieser Stilmittel zu erwarten,

denn bereits Aristoteles rät, sich nicht in kunstreichen Ausschmückungen zu verlieren:

"Der Stil der Rede, die einer Volksversammlung angemessen ist, gleicht der Perspektive in der Male-

rei. Je grösser die Menge der Zuhörer ist, desto entfernter liegt der Punkt des Betrachters. Deshalb ist

Genauigkeit in Details überflüssig, ja sogar abträglich für beide Seiten (…). Wenn es auf die Darbie-

tung ankommt, zählt sprachliche Genauigkeit am wenigsten; und das ist immer dann der Fall, wenn

alles an der Stimme, und zwar an einer lauten Stimme, liegt." (Arist. III.12.5; Andersen 2001: 30f.)

Anders verhält es sich jedoch mit der geschriebenen Rede, worunter nach unserer These

auch das Abstimmungsplakat zu zählen ist. Demnach besitzt "der Stil der schriftlichen Dar-

stellung die höchste Form der artistischen Ausbildung" (Aristoteles II.12.2.).

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Wie bereits hergeleitet wurde, bezieht sich die semiotische Rhetorik nach Barthes auf eine

beliebige Objektsprache (vgl. Arnold 2007c: 14f.; 2007f: 23ff.). Denn die Rhetorik ist die sig-

nifikante Seite einer Ideologie, die sich auf der Ebene eines sekundären semiologischen

Systems manifestiert. Welche primären Zeichencodes zugrunde liegen ist dabei unerheblich.

Denn sobald die Zeichen mit der gleichen Bedeutungsfunktion versehen sind und nach Bar-

thes einen Mythos bilden, können sie – ob Schrift oder Bild – in der semiotischen Analyse

auf die gleiche Weise behandelt werden (vgl. Barthes 1992: 94). In der Analyse tritt die Ob-

jektsprache in den Hintergrund und der Gesamtterminus bzw. das globale Zeichen wird rele-

vant. Aus dieser Perspektive verbinden sich Zeichen verschiedener Objektsprachen zu einer

Aussage, weshalb sich auch die Bilder und Worte auf Abstimmungsplakaten zu einer globa-

len Aussage verknüpfen lassen. Und diese Verbindung folgt nach unserer These der Struktur

eines Enthymems (vgl. Arnold 2007c: 25). Denn das Abstimmungsplakat ist eine deliberative

Textsorte und versucht, das Stimmvolk im Vorfeld von Volksabstimmungen zu mobilisieren

und von seiner Parole zu überzeugen. Entsprechend sollte das Abstimmungsplakat in Bild

und Text von einer argumentativen Struktur durchzogen sein, die gemäss der politischen

Kommunikationsforschung (vgl. Klein 2000) dem komplexen topischen Muster der pragmati-

schen Argumentation folgt (vgl. Arnold 2007e: 14ff.). Gemäss unserer Ausgangsthese sollte

die Rhetorizität des Abstimmungsplakats auf allen Ebenen zu beobachten sein: im Aufbau, in

der Argumentationsstruktur und im Stil. Während der rhetorische Aufbau bereits untersucht

wurde (vgl. Arnold 2007d) und auch die Schlussregeln und klassischen Topoi nachgewiesen

werden konnten (vgl. Arnold 2007e; 2007f), sollen nun die Stilfiguren und Tropen in Abstim-

mungsplakaten einer Analyse unterzogen werden. Diese sollten gemäss der semiotischen

Rhetorik von Barthes und Eco sowohl im Text als auch im Bild der Plakate zu finden sein.

Bereits Josef Klein (1994: 10) entwirft ein Modell, wonach die Schlussregeln und Figuren in

unterschiedlichen semiotischen Zeichensystemen eine Entsprechung finden. Während er der

Topik eine argumentative Funktion beimisst, weist er den Stilfiguren mehrheitlich eine sug-

gestive Funktion zu. Zudem deckt die Sprache nach Klein (ebd.) das ganze rhetorische

Spektrum ab, während das Bild in seinen Artikulationsmöglichkeiten eingeschränkter ist und

sich der Ton bei den audiovisuellen Medien weitgehend auf die Suggestion beschränkt. In-

wiefern sich diese Unterscheidungen im Rahmen einer empirischen Wirkungsforschung bes-

tätigen lässt, wäre eine interessante Forschungsfrage, die hier aber nicht weiter verfolgt wer-

den kann. Stattdessen wird die Inhaltsanalyse weitergeführt und der Versuch unternommen,

die Amplifikations-, Substitutions- und Argumentationsfiguren im Bild und Text von Abstim-

mungsplakaten nachzuweisen. Dabei werden die Figuren in ihrer persuasiven Funktion ana-

lysiert und im Kontext der pragmatischen Argumentation betrachtet. Dies erfolgt nach der

Ansicht von Cicero und Quintilian, wonach die Worte aus der Sache folgen und die Form mit

dem Inhalt untrennbar verbunden ist (vgl. Ottmers 1996: 14f., 145f.).

11

3 Figuren und Tropen in Abstimmungsplakaten

3.1 Amplifikationsfiguren in Abstimmungsplakaten

Amplifikationsfiguren dienen der Verstärkung einer Argumentation und gehören nach Bon-

siepe (1966) primär zu den syntaktischen Figuren. Eine "syntaktische Figur liegt vor, wenn

mit der Zeichengestalt operiert wird" (S. 26). Daher lassen sich syntaktische Figuren auf der

Textoberflächenstruktur beobachten. Man unterscheidet Wort- und Satzfiguren, die auf dem

Prinzip der Wiederholung, der Kürzung oder Positionsverschiebung beruhen (vgl. ebd.; auch

Ottmers 1996: 159ff.; Ueding/Steinbrink 1994: 299ff.; Plett 2000: 138ff.; Plett 2001: 35ff.).

Bei den folgenden Beispielen handelt es sich um syntaktische Figuren, die teils im Text, teils

im Bild oder auf beiden Ebenen vorhanden sind oder sich nach Bonsiepe (1966: 23ff.) zu

einer Text und Bild übergreifenden Figur ergänzen (vgl. auch Arnold 2007c: 17).

Abstimmungs-Nr. 150 Datum: 29. Jan. 1950 Abb. 2

Repetitio: Wiederholung von Worten, Wortgruppen oder Sätzen (vgl. Ottmers 1996: 159ff.).

Hier wird das gleiche Bildelement – ein Haus – fünfmal wiederholt, wobei der Anschnitt auf der rechten Seite eine Weiterführung der Häuserreihe andeutet. Die syntaktische Figur der Wiederholung ist zwar rein formal, sie kann aber wie hier eine metaphorische Dimension annehmen. Das wieder-holte Bildelement wird somit zu einer Metapher für "immer mehr Häuser", "noch mehr Häuser" oder einfach "Wachstum im Wohnungsbau".

Weil sie Mietzinserhöhungen verhindert und den Wohnungsbau fördert, so die Argumentation in Text und Bild, ist die Wohnbauvorlage anzunehmen (Konklusion). Die Grundstruktur entspricht erneut der pragmatischen Argumentation, wonach zu be-grüssen ist, was wünschbare Folgen zeitigt. Da auch bei den weiteren Plakatbeispielen die pragma-tische Argumentation zugrunde liegen dürfte und die Figuren argumentative Funktionen annehmen können, werden im Folgenden die Text- und Bildan-teile nach der argumentativen Struktur analysiert.

Typisch für die Parole ist die Ellipse, die Auslas-sung von Worten zu einer prägnanten Verkürzung.

Grafik: Genossenschaftsdruckerei Basel Quellen: Meylan/Maillard/Schenk 1979: 104 (fr) Sammlungen: MfGZ 35-215; SfG 4208; SNB o.S.

Titel: Bundesbeschluss betreffend die Verlängerung der Geltungsdauer und die Abänderung des Bun-desbeschlusses über Massnahmen zur Förderung der Wohnbautätigkeit

Resultat: abgelehnt

12

Abstimmungs-Nr. 364 Datum: 1. April 1990 Abb. 3

Diakope: Ein Wort oder eine Wortgruppe wird wie-derholt, wobei (im Gegensatz zur Geminatio) ein kurzer Einschub die Aufeinanderfolge unterbricht (vgl. Ottmers 1996: 159).

Die Diakope "RECHT AUF RECHT" hat einen inhaltlichen Bezug zu den Ebenen der Rechtspfle-ge vom Bezirksgericht über das Obergericht zum Bundesgericht. Diese Abstufung von der einen Ebene zur nächst höheren Ebene wird mit einer Treppe visualisiert und kann als Klimax gelten.

Wenn Recht auf Recht zu folgen hat, wird damit suggeriert, dass auf jeder Rechstufe die gleichen Rechte zu gelten haben. "Ein Recht auf Recht zu haben" lässt sich paraphrasieren mit ein "Anrecht (oder Anspruch) auf die Anrufung des Rechts zu haben", und zwar unabhängig auf welcher Ebene. Die synonyme Formulierung zeigt, dass die syn-taktische Wortwiederholung semantisch eine Be-deutungsdifferenz aufweist, weshalb es sich hier auch um eine Diaphora handelt, der Gebrauch ein und desselben Wortes mit unterschiedlicher Be-deutung. Die Rogatio "Bundesgericht nur für We-nige?" beinhaltet schliesslich den Topos der Gleichheit bzw. Gerechtigkeit, wonach alle vor dem Recht gleich sind und daher auch Anrecht auf gleiche Behandlung haben sollten.

Grafik: unbekannt Quellen: n.n. Sammlungen: Sozarch_F_Pe-0354

Titel: Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege, Änderung vom 23. Juni 1989

Resultat: abgelehnt

Das Bundesgesetz zur Änderung der Organisation der Bundesrechtspflege wird zur Ableh-

nung empfohlen, weil es eine Ungleichbehandlung in der Rechtspflege auf der Ebene des

Bundesgerichts zur Folge hätte, was dem Gleichheitstopos entgegensteht (Rogatio). Die

Diakope verbunden mit der Klimax veranschaulicht: was auf tieferer Stufe Gültigkeit hat, soll

auch auf höherer Stufe gelten.

↓ ↓ ↓ ↓ ↓

SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos ≠ Topos aus der Gleichheit

Ursache/ Wirkung Topos

Grund/ Folge

13

Abstimmungs-Nr. 159 Datum: 30. März 1952 Abb. 4

Anapher: Zwei oder mehr Satzeinheiten begin-nen mit dem gleichen Wort oder derselben Wortgruppe (vgl. Ottmers 1996: 160). Die Anapher befindet sich im Text: "Gute Saat, gute Ernte, gute Versorgung" Gleichzeitig bildet diese dreifache Anapher eine Sententia: Hierbei handelt es sich um einen Sinn- oder Denkspruch in knapper Form, der einer verkürzten Argumentation gleichkommt (vgl. Ottmers 1996: 51). Die "Saat" ist dabei sowohl im Text explizit als auch im Bild (redundant) dargestellt. Die Argumentation kann auf das wiederholte Wort zurückgeführt werden: Die Vorlage ist gut (pragmatisches Argument), denn sie bringt gute Saat, gute Ernte und gute Versorgung (Begrün-dungszusammenhang), daher ist das Landwirt-schaftsgesetz anzunehmen (Konklusion). Durch die gelbe Farbe der Parole ("Landwirt-schaftsgesetz JA") wird zudem ein Bezug zur Saat hergestellt.

Grafik: W. Günthardt (Foto Heiniger, Gebr. Fretz AG)

Quellen: Meylan/Maillard/Schenk 1979: 87 Sammlungen: MfGZ 13-629; SfG 9921; SNB o.Sign.

Titel: Bundesgesetz über die Förderung der Landwirtschaft und die Erhaltung des Bauern-standes (Landwirtschaftsgesetz)

Resultat: angenommen

Die Sententia "Gute Saat, gute Ernte, gute Versorgung" stellt einen zeitlich-kausalen Bezug

dar: Ist die Saat gut, wird auch die Ernte gut und somit die Versorgung. Garant für die gute

Saat, die am Anfang der Kausalkette steht, wäre das Landwirtschaftsgesetz. Und weil die

prognostizierten Folgen positiv bewertet werden, wird die Vorlage zur Annahme empfohlen.

↓ ↓ ↓ ↓ ↓

SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos gute Versorgung Ursache/ Wirkung

Grund/ Folge gute Versorgung

14

Abstimmungs-Nr. 321-322 Datum: 23.9.1984 Abb. 5

Paronomasie: Klangähnliche aber unterschiedliche Wörter werden miteinander verbunden (vgl. Ott-mers 1996: 161).

Die Sententia "Ohne Strom kein Lohn! " ist eine Paronomasie. Gleichzeitig beinhaltet diese Figur eine "wenn/dann"-Beziehung, sprich: Kausalität. Wenn zuwenig Strom vorhanden ist, führt das zu einer Drosselung der Produktivität und zu Arbeits-platzverlusten. Wer also seinen Arbeitsplatz behal-ten und seinen Lohn erhalten will, sollte die Atom- und Energieinitiative ablehnen.

Die Sententia "Ohne Strom kein Lohn!" impliziert also den Topos aus der Kausalität. Im Gegensatz zur Paronomasie ist die Sententia eine Argumen-tationsfigur und kann selbstständig argumentieren. Die Argumentation fällt allerdings verkürzt aus und kann Sachverhalte stark simplifizieren (vgl. Ott-mers 1996: 192).

Was die Farbgebung betrifft, so weist der schwar-ze Untergrund auf einen Zustand ohne Strom hin. Denn wenn das elektrische Licht ausgeht, wird es dunkel. Damit dieser Zustand nicht eintritt, suggie-riert die gelbe Farbe auf der unteren Plakathälfte, wird das Vorlagenpaket zur Ablehnung empfohlen.

Grafik: unbekannt Quellen: n.n. Sammlungen: MfGZ 43-802

Titel: Eidg. Volksinitiative 'für eine Zukunft ohne weitere Atomkraftwerke' und Eidg. Volksinitiative 'für eine sichere, sparsame und umweltgerechte Energieversorgung' Resultat: abgelehnt

Die Sententia "Ohne Strom kein Lohn!" bestreitet die Argumentation mit dem Topos aus der

Kausalität, wobei der antithetische Bildaufbau in der Farbgebung ("hell/dunkel") die die kau-

sale Beziehung ("wenn/dann") bewertend unterstützt ("gut/schlecht").

↓ ↓ ↓ ↓ ↓

SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung Topos

Grund/ Folge

15

Abstimmungs-Nr. 184 Datum: 26. Jan. 1958 Abb. 6 Isomorphie: "Wiederholung von ähnlich klingenden Worten oder eines Wortteils in einer Wortfolge (z.B. Worte mit gleicher Endung)" (Bonsiepe 1966: 28). "Ohne Monopöler ist dem Schweizer wöhler" ist eine Isomorphie im Endreim, wobei der Neologismus "Monopöler" an den Wortklang des flektierten Adjek-tivs angeglichen wurde. Der Text ist zugleich in Form eines Kreuzes ange-ordnet, das eine Aufzählung (Enumeratio) der uner-wünschten Begleiterscheinungen von monopolisti-schen Zuständen streicht. Die Enumeratio kann als eine Liste von Argumenten gelesen werden, die gegen monopolistische Verhält-nisse sprechen. Um diese möglichen Schäden ab-zuwenden - so der pragmatische Begründungszu-sammenhang in Gestalt der Isomorphie - ist die Vor-lage "gegen den Missbrauch wirtschaftlicher Macht" anzunehmen (Konklusion).

Grafik: Gebr. Maurer, Zürich Quellen: Meylan/Maillard/Schenk 1979: 77 Sammlungen: MfGZ 13-676; SfG 8058

Titel: Eidg. Volksinitiative 'gegen den Missbrauch wirtschaftlicher Macht'

Resultat: abgelehnt

Die Sententia "ohne Monopöler ist dem Schweizer wöhler" bewertet die prognostizierten Fol-

gen der Gesetzesvorlage positiv. Gleichzeitig suggeriert die Enumeratio von Missbräuchen

die mit dem Rotstift gestrichen werden, dass diese Zustände zurzeit herrschen und in Zu-

kunft beseitigt werden sollen. Den zukünftigen positiven Folgen bei Annahme der Vorlage

geht also implizit eine Gegenwartskritik voraus.

↓ ↓ ↓ ↓ ↓

SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung

ohne Monopöler ist dem Schweizer wöhler

Grund/ Folge

16

Abstimmungs-Nr. 358 Datum: 26. Nov. 1989 Abb. 7 Alliteration: Eine Alliteration liegt vor, wenn die-selben Silben in mehreren Wörtern wiederholt werden (vgl. Ottmers 1996: 162).

Die Sententia "Tempo tötet!" zeichnet sich durch die Wiederholung des Konsonanten "t" aus, wobei er zweimal im Anlaut, einmal im Inlaut und einmal im Auslaut erscheint. Dadurch, dass es sich beim "t" um einen Plosiv handelt, wird das Stakkato zusätzlich betont. Dem Inhalt ange-messen gibt die Alliteration der Aussage den nötigen Nachdruck und eine gewisse Härte.

Die Sententia birgt darüber hinaus den Topos aus der Kausalität. Wird zu schnell gefahren, führt das zu Unfällen mit Todesfolgen. Dies wird mit einer Fotografie belegt (vgl. Evidenz-Charakter bei Barthes 1964: 46f.; Klein 1994: 13; Arnold 2007e: 8f.). Denn die Fotografie do-kumentiert durch das analoge Bildgebungs-verfahren, was sich zugetragen hat, und wird damit zu einem Indiz, das die Argumentation stützt.

Die rote Farbe kann im aktuellen Kontext eine Anspielung (Allusio) auf Blut sein, das metony-misch für Körperverletzung und Tod steht.

Grafik: unbekannt Quellen: n.n. Sammlungen: Sozarch_F_Pe-0086

Titel: Eidgenössische Volksinitiative 'pro Tempo 130/100'’

Resultat: abgelehnt

Die Sententia "Tempo tötet!" bestreitet die Argumentation mit dem Topos aus der Kausalität.

Darin wird sie unterstützt durch die Farbe, die die Aussage betont (Emphase) und durch die

Fotografie, die als Indiz die Aussage stützt (Topos aus dem ausserrhetorischen Beweis).

↓ ↓ ↓ ↓ ↓

SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung ≠ Leben

Grund/ Folge

17

Abstimmungs-Nr. 220 Datum: 7. Juni 1970 Abb. 8 Ellipse: Die Auslassung ist eine Kürzungsfigur (vgl. Ottmers 1996: 163). Typisch für nahezu alle Plakate ist die verkürzte Parole, die kaum je in ganzen Sätzen formuliert wird. Stattdessen gibt die charakteristische Ver-kürzung der Parole eine gewisse Nachdrücklich-keit. Ellipsen können daher auch als Betonung (Emphase) gelten. Schliesslich erinnert eine elliptische Satzbildung auch an die gesprochene Sprache, die sich durch eine ökonomische Aus-drucksweise auszeichnet und Satzelemente, die sich durch den Kontext (oder das zuvor Gesag-te) erschliessen lassen, weglässt. Durch eine elliptische Satzbildung wird somit auch Unmittel-barkeit demonstriert, was die Rhetorizität des Plakats hervorhebt. Auslassungen können aber auch pragmatische Gründe haben, z.B. wenn etwas ohne gesellschaftliche Sanktionen nicht ausgesprochen werden soll oder darf oder um eine Argumentation als selbstverständlich und daher überflüssig auszuweisen. Die Auslassun-gen in der Argumentation "…damit Ihnen nicht erst nachher ein Licht aufgeht…" lassen offen, welche negativen Folgen bei einer Annahme der Überfremdungsinitiative zu erwarten wären.

Grafik: C.J. Bucher, Luzern Quellen: n.n. Sammlungen: MfGZ 13-418

Titel: Eidgenössische Volksinitiative 'gegen die Überfremdung' (Schwarzenbachinitiative)

Resultat: abgelehnt

Die elliptische Begründung "…damit Ihnen nicht erst nachher ein Licht aufgeht…" impliziert

negative Folgen bei Annahme der Vorlage, ohne dass diese näher benannt werden.

↓ ↓ ↓ ↓ ↓

SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung Topos

Grund/ Folge

18

nicht eidg. Datum: 16. Juni 1946 Abb. 9

Parallelismus: Zwei oder mehr Sätze oder Teilsätze sind parallel gebaut (vgl. Ottmers 1996: 165).

Im Text befindet sich ein Parallelismus in der Senten-tia "gleiche Pflichten gleiche Rechte", die den Topos aus der Gleichheit bzw. Gerechtigkeit impliziert: Wer gleiche Pflichten hat (Situationsdarstellung und -bewertung) soll auch gleiche Pflichten haben (Hand-lungsvorsatz).

Der Parallelismus findet sich aber auch wiederholt im Bild wieder: Die Frauen sind sich und den Männern ähnlich und unterscheiden sich nur durch die Farbe: die Männer sind schwarz und die Frauen weiss ge-zeichnet. Im Profil ist aber eine Gleichheit erkennbar. Die Frauen- und Männerreihen, die hintereinander marschieren, bilden einen Parallelismus, der (auch farblich) dem Parallelismus der Sententia entspricht.

Das Plakat zur Einführung des Frauenstimmrechts auf Bundesebene ist vorwiegend in den Farben Rot und Weiss gehalten, was auf der konnotativen Ebene auf die eidgenössische Ebene der Abstimmung hin-weist. Allerdings schliessen die Nationalfarben nur die Frauen mit ein, was suggeriert, dass die Männer das Stimmrecht bereits haben und jetzt die Frauen "an der Reihe sind".

Grafik: Hans Erni (Wassermann AG, Basel) Quellen: Meylan/Maillard/Schenk 1979: 22 Stirnimann/Thalmann 2001: 85 Sammlungen: MfGZ 7-857

Titel: Frauenstimmrecht Resultat: abgelehnt

Die Argumentation wird von der Argumentationsfigur der Sententia getragen (Topos aus der

Gleichheit) und formal von der Amplifikationsfigur des Parallelismus im Text und Bild ver-

stärkt. Der Topos aus der Gleichheit findet also in der Figur des Parallelismus eine formale

Entsprechung, die sich sowohl im Text als auch im Bild manifestiert.

↓ ↓ ↓ ↓ ↓

SR1 SR2 SR3 SR4 SR5 A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos aus der Gleichheit

Ursache/ Wirkung Topos

Grund/ Folge

19

Abstimmungs-Nr. 156 Datum: 15. April 1951 Abb. 10

Antithetischer Parallelismus: Wortgruppen oder (Teil-)Sätze, deren Elemente parallel geordnet, aber semantisch gegensätzlich sind.

Der antithetische Parallelismus ist wie der ein-fache Parallelismus auf der Textoberflächen-struktur feststellbar und gehört nach Bonsiepe (1966: 26) zu den syntaktischen Figuren. Nach Ottmers (1996: 195) steht beim antithetischen Parallelismus jedoch nicht die formal unterstüt-zende, sondern die argumentative Funktion im Vordergrund, weshalb er ihn zu den semanti-schen Figuren zählt.

In diesem Plakat wird eine Initiative antithetisch mit dem Gegenvorschlag verglichen, wobei die graphisch-syntaktische Gliederung nicht ganz dem semantischen Parallelismus entspricht. Die Gegensatzpaare lauten wie folgt:

Zwang – Freier Zahlungsverkehr Schwundgeld – Gesunde Währung Chaos – Ordnung im Geldwesen

Die (Anti-)Werte sind zudem in Form eines Asyndetons gegliedert und werden jeweils glo-bal durch eine graphisch dominante Parole zusammengefasst.

Grafik: Paul Beer (Orell Füssli AG, Zürich) Quellen: n.n. Sammlungen: MfGZ 13-386

Titel: Bundesbeschluss über die Volksinitiative 'zur Sicherstellung der Kaufkraft und Vollbe-schäftigung (Freigeldinitiative)'

Resultat: abgelehnt

Die Pro- bzw. Contra-Argumente sowie die Parole sind gegensätzlich (antithetisch), die Ar-

gumentationsstruktur ist jedoch bei der Initiative und beim Gegenvorschlag gleich (parallel):

↓ ↓ ↓ ↓ ↓

SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung Topos

Grund/ Folge

20

Abstimmungs-Nr. 133 Datum: 1. Dez. 1940 Abb. 11

Chiasmus: Zwei Sätze oder Teilsätze sind ein-ander entgegengesetzt. Hier befindet sich der Chiasmus im Text: "Wir wollen nicht die Verstaatlichung des Men-schen, sondern die Vermenschlichung des Staates." Der Chiasmus gehört zu den Positionsfiguren, da hier einzelne Satzelemente in der Position verschoben werden. Nach Bonsiepe (1966: 26) handelt es sich hierbei um eine syntaktische Figur, die auf der Textoberflächenstruktur ope-riert. Wie die Repetitionsfigur in Abb. 2 kann auch der Chiasmus bedeutungstragend sein. Im konkreten Beispiel bedeutet die überkreuzte Wortstellung, dass hier etwas verkehrt ist, näm-lich dass die Vorlage im Widerspruch zu einer anerkannten Norm steht. Die Form folgt also dem Inhalt und verstärkt die Aussage, wie es die Aufgabe einer Amplifikationsfigur ist. Auch syntaktische Figuren operieren nicht nur auf der Textoberfläche, sondern sind mit dem Inhalt eng verbunden und können ebenfalls bedeutungstragend werden.

Grafik: J. Morier (City Druck AG, Zürich) Quellen: Meylan/Maillard/Schenk 1979: 40 Sammlungen: SNB o.Sign.

Titel: Bundesgesetz über die Abänderung der Art. 103 und 104 des Bundesgesetzes vom 12. April 1907 betreffend die Militärorganisation (Einführung des obligatorischen militärischen Vorunterrichts) Resultat: abgelehnt

Die Folge der Vorlage wird im Gegensatz zur Norm gesehen, wie sie Pestalozzi (Topos aus

der Autorität) aufgestellt hat (vgl. Arnold 2007e: 37).

↓ ↓ ↓ ↓ ↓

SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Norm/Wert Norm/Wert Zielsetzung

Ursache/ Wirkung

Norm/Wert ≠ Zielsetzung

Grund/ Folge

21

Abstimmungs-Nr. 277 Datum: 04. Dez.1977 Abb. 12

Chiasmus: Satzglieder sind einander entgegen- bzw. überkreuzgestellt (vgl. Ottmers 1996: 165).

Hier befindet sich der Chiasmus im Text: "Alle für jeden! Aber auch jeder für alle!"

Es handelt sich um eine leichte Abwandlung der geläufigen Sententia zu Solidarität und Gruppen-zusammenhalt: "Alle für einer, einer für alle".

Im Bild ist zudem ein Parallelismus.

Parallelismus: Zwei Satzglieder oder mehr sind parallel gebaut (vgl. Ottmers ebd.).

Die wiederholende Reihe von Igeln stellt metapho-risch die Armee dar. Das Ausscheren eines Solda-ten (bzw. Igels) bedeutet demnach eine Lücke in der Wehrhaftigkeit. Die Auslassung (Ellipse) steht für die Sicherheitslücke und kann nur als Unter-brechung der Reihe sichtbar werden.

Die Argumentation lautet, dass jeder für den Ein-zelnen einzustehen hat, weil andernfalls die Wehrhaftigkeit des ganzen Militärs leidet. Der zivile Ersatzdienst ist daher abzulehnen.

Grafik: (Karl Schwegler AG, Zürich) Quellen: n.n. Sammlungen: MfGZ 32-92, SfG 29243, SNB P 2992

Titel: Bundesbeschluss über die Einführung eines zivilen Ersatzdienstes

Resultat: abgelehnt

Die Folgen der Einführung eines zivilen Ersatzdienstes werden negativ bewertet, da Lücken

in der Wehrhaftigkeit befürchtet werden. Dies wäre unvereinbar mit dem Grundsatz "Alle für

einen, einer für alle", weshalb die Abstimmungsvorlage zur Ablehnung empfohlen wird.

↓ ↓ ↓ ↓ ↓

SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung

Grund/ Folge

≠ Alle für einen, einer für alle

22

Abstimmungs-Nr. 292 Datum: 03. Dez. 1978 Abb. 13 Typogramm: Der Referent von verbalen Zeichen wird durch die typografische Gestalt dieser Zeichen selbst illustriert (vgl. Bonsiepe 1966: 39). "GEGEN KURZSICHTIGE LEHRLINGSPOLITIK" ist typografisch in der Form eines Sehtests gestaltet. Die Parole lautet: "nein zum 'neuen' Berufsbildungsgesetz" Die Anführungszeichen können als Ironiesignale ge-lesen werden, die das Neue an diesem Gesetz in Zweifel ziehen.

Grafik: unbekannt Quellen: n.n. Sammlungen: MfGZ 31-626

Titel: Bundesgesetz über die Berufsbildung (BBG)

Resultat: angenommen

Das Plakat sagt nichts über die aktuelle Situation, ihre Bewertung und den Handlungsbedarf

aus. Es wird nur deutlich, dass die Lehrlingspolitik kurzsichtig ist und es ihr an Nachhaltigkeit

fehlt. Die Ablehnung der Vorlage erfolgt also implizit aufgrund der negativ bewerteten Fol-

gen, ohne dass diese näher benannt werden.

↓ ↓ ↓ ↓ ↓

SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung ≠ Nachhaltigkeit

Grund/ Folge

23

3.2 Substitutionsfiguren in Abstimmungsplakaten

Abstimmungsplakate wollen überzeugen und setzen dazu rhetorische Stilmittel ein wie die

Tropen (vgl. Ottmers 1996: 166ff.). Tropen sind Substitutionsfiguren, bei denen das Gesagte

(verbum improprium) mit dem damit Gemeinten (verbum proprium) nicht identisch ist, aber in

einer Ähnlichkeitsbeziehung steht. Auf Ähnlichkeit beruhen die Metapher, die Metonymie und

die Synekdoche. Möglich ist zudem eine Beziehung, die auf Unähnlichkeit beruht wie bei der

Ironie. Die (Un-)Ähnlichkeit lässt sich über eine Vergleichsebene (tertium comparationis) be-

stimmen, indem die Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zwischen dem Gesagten und dem

Gemeinten eruiert werden. Durch Merkmalsübertragung werden die negativen oder positiven

Konnotationen des Tropus auf das damit Gemeinte übertragen. Metaphern eignen sich da-

her für die pragmatische Argumentation, die auf der Bewertung von Folgen oder deren Ursa-

chen beruht (vgl. Perelman/Olbrechts-Tyteca 2004: 376f.). Darüber hinaus ermöglicht die

Vergleichsebene der Tropen auch ihren Einsatz für Analogieschlüsse (vgl. Spillner 1982: 99).

Abstimmungs-Nr. 135 Datum: 25. Jan. 1942 Abb. 14

Metapher: Eine Metapher ist eine Substitutionsfi-gur, wobei das Gesagte mit dem Gemeinten in einer Ähnlichkeitsbeziehung steht und beides aus ontologisch unterschiedlichen Bereichen stammt. Der Begriff "Krieg" wird in Bild und Text mit dem Begriff "Brand" ersetzt. Auf der Vergleichsebene lassen sich Gemeinsamkeiten eruieren wie "tödli-che Gefahr", "blinde Zerstörung", "unkontrollierba-re Bedrohung". Zwischen den Begriffen "Krieg" und "Brand" gibt es somit zahlreiche gemeinsame semantische Felder. Dabei kann angenommen werden, dass der "Brand" als primäre Erfahrung des Menschen die Metaphern für Krieg motiviert hat. Auffällig ist das Kreuz in mitten der Schweiz, das in alle vier Himmelsrichtungen weist. Einer-seits kann dies als Verweis auf die kriegführen-den Nachbarländer begriffen werden. Anderer-seits ist auch ein weiterer Bezug zu "Brand" und "Kreuz" denkbar, da das Hakenkreuz des Fa-schismus – auch Sonnenrad genannt – "die Welt in Brand gesetzt" hat. Schliesslich kann das ver-längerte Kreuz als "Fadenkreuz" begriffen wer-den, das die Schweiz "ins Visier" nimmt.

Grafik: Noël Fontanet (Atar SA, Genève) Quellen: Meylan/Maillard/Schenk 1979: 31; Stirni-mann/Thalmann 2001: 139 Sammlungen: MfGZ 12-954; SfG 29143; SNB o.S.

Titel: Eidgenössische Volksinitiative 'für die Wahl des Bundesrates durch das Volk und die Erhö-hung der Mitgliederzahl'

Resultat: abgelehnt

24

Abstimmungs-Nr. 86 Datum: 30. Jan. 1921 Abb. 15

Metapher: Die Metapher ist hier im Bild: Die Initian-ten der Volksinitiative werden als Sympathisanten der "Bolschewiken" dargestellt, die als "rote Ratten" an den Wurzeln einer "Eiche" nagen. Im aktuellen Zusammenhang ist mit der Eiche wohl das Militär als Grundfeste der Schweiz gemeint.

Indem die Metapher die Bolschewiken mit "roten Ratten" gleichsetzt, werden durch Merkmalsüber-tragung auch die (unerwünschten) Eigenschaften der Metapher auf das damit Bezeichnete übertragen wie "Ungeziefer", "Schädling" und "Träger von Krankheitserregern"; dazu gehören auch zuge-schriebene negative Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen wie die "Verschlagenheit" oder das mutwillige "Unterhöhlen".

Die Invasion der "roten Ratten" verweist auf die negativen Folgen bei Annahme der Vorlage, wes-halb sie gemäss dem pragmatischen Argument abzulehnen sei (zur Ratte als politische Metapher vgl. Rigotti 1994: 153ff.; zu den Metaphern des Marxismus vgl. S. 200ff., zu den Metaphern des Faschismus vgl. S. 204ff.; zur Metapherntheorie vgl. Richards 1996; auch Black 1996).

Grafik: Hans Beat Wieland (Gebr. Fretz AG, ZH) Quellen: Meylan/Maillard/Schenk 1979: 36 Sammlungen: MfGZ 36-110; SfG 7663; SNB o.S.

Titel: Eidgenössische Volksinitiative 'für die Aufhe-bung der Militärjustiz'

Resultat: abgelehnt

Die Volksinitiative wird zur Ablehnung empfohlen vor dem Hintergrund eines Antikommunis-

mus in der Schweiz, der in der Folge der russischen Oktoberrevolution 1917 eine "bolsche-

wistische Bedrohung" heraufbeschwor. Dabei wird die Vorlage weniger abgelehnt wegen den

befürchteten negativen Folgen, denn aufgrund der politischen Kraft, die dahinter vermutet

wird. Initiativen von linker Seite werden mit Misstrauen bedacht und als unvereinbar mit

"Ordnung und Vaterland" gesehen. Befürchtet wird eine rote Unterwanderung des Landes,

wobei die linke Bewegung als eine Horde roter Ratten denunziert wird.

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SR1 SR2 SR3 SR4 SR5 A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Ursache/ Wirkung Antikommunismus

Grund/ Folge Topos

25

Abstimmungs-Nr. 132 Datum: 3. Dez. 1939 Abb. 16

Metapher: Ein abstrakter Begriff wird durch einen konkreten Begriff ersetzt. Im aktuellen Fall wird die Metapher zum besseren Verständnis mit einer sprachlichen Botschaft "verankert" (vgl. Barthes 1990: 34f.), indem der Steinblock mit "1 Milliarde" angeschrieben wird.

Eine Milliarde Franken wird als Steinblock visuali-siert und knüpft damit an die körperliche Erfah-rung einer physischen Last an (zu den Metaphern und ihrer körperliche Grunderfahrung vgl. Lakoff/ Johnson 1998).

Die tragenden Figuren können als Schweizer oder als Schweizer Volk interpretiert werden. Damit stehen einige Repräsentanten für alle ihrer Art (pars pro toto), was rhetorisch als Metonymie (genauer: Synekdoche) bezeichnet wird.

Die Milliarde, die zur Sanierung der Beamtenpen-sionskasse aufgewendet werden soll, würde auf das Volk "abgewälzt", das daran schwer zu tragen hätte. Dieser Argumentation liegt implizit der Ge-rechtigkeitstopos zugrunde.

Die Parole ist zudem in Form einer Rogatio for-muliert, und auf die Empfehlung folgt als Antwort ein Ausrufezeichen (Exclamatio).

Grafik: Otto Baumberger (Gebr. Fretz AG, ZH) Quellen: Meylan/Maillard/Schenk 1979: 122 Sammlungen: MfGZ 50-210, SfG 35996; SNB o.S.

Titel: Bundesgesetz über die Änderung des Dienstverhältnisses und der Versicherung des Bundespersonals

Resultat: abgelehnt

Die Parole ("FÜR DIE PENSIONEN DES BUNDESPERSONALS AM 3. DEZEMBER? /

NEIN!") wird als rhetorische Frage formuliert und sogleich beantwortet. Die Hervorhebung

"FÜR DIE PENSIONEN DES BUNDESPERSONALS" suggeriert zudem, dass der Nutzen

nur wenigen (Privilegierten) zugute kommt, aber alle (einfachen Leute) daran schwer zu tra-

gen hätten. Die zugemutete Bürde wird damit implizit als ungerecht dargestellt und die Ge-

setzesvorlage zur Ablehnung empfohlen.

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SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung

≠ Topos aus der Gleichheit

Grund/ Folge

26

Abstimmungs-Nr. 319 Datum: 20. Mai 1984 Abb. 17 Allegorie: Eine Allegorie liegt vor, wenn unter-schiedliche Metaphern gemeinsam ein Bild fügen (vgl. Ottmers 1996: 173f.). Die Verbundenen Augen bedeuten "Unvoreinge-nommenheit", die Waage "Gerechtigkeit" und das Schwert "Urteilsfähigkeit“ (bzw. Unterscheidungs-fähigkeit). Alle Attribute gemeinsam bilden in der Figur eines klassischen Standbildes die Allegorie der "Justitia". Die Fotografie ist zunächst ein Kunstzitat und zeigt das Standbild auf dem "Gerechtigkeitsbrunnen" in Bern. Gemeinsam mit dem Kotext hebt die Justitia den Aspekt der Gerechtigkeit hervor, der bereits in der Sententia enthalten ist: "Höchste Zeit für Steu-ergerechtigkeit". Die Allegorie hat hier also weni-ger eine argumentative als eine verstärkende Funktion. Sowohl der Text als auch das (Stand-)Bild verwei-sen jedoch auf den Topos aus der Gleichheit bzw. Gerechtigkeit.

Grafik: unbekannt Quellen: n.n. Sammlungen: Sozarch_F_Pb-0002-54

Titel: Eidgenössische Volksinitiative 'gegen den Missbrauch des Bankgeheimnisses und der Ban-kenmacht'

Resultat: abgelehnt

Der Argumentation liegt der Topos aus der Gleichheit bzw. Gerechtigkeit zugrunde. Dieser

ist implizit im Text und im (Stand-)Bild präsent. Die Allegorie der Justitia hat illustrative und

primär verstärkende Funktion (Amplifikation). Die Wendung "Höchste Zeit" weist auf eine

Gegenwartskritik hin, weshalb hier weniger die Folgen als die aktuellen Missstände ange-

sprochen sind, die einen Handlungsbedarf nahe legen.

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SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos aus der Gleichheit

Ursache/ Wirkung Topos

Grund/ Folge

27

Abstimmungs-Nr. 149 Datum: 11. Dez. 1949 Abb. 18

Ironie: Bei der Ironie stehen das Gesagte und das damit Gemeinte in einer Beziehung der Unähnlich-keit bzw. des Gegensatzes (vgl. Ottmers 1996: 177ff.). Charakteristisch sind die Ironiesignale, die dem Adressaten zu verstehen geben, dass es sich um Ironie handelt und das Gesagte nicht so ge-meint ist. Dazu gehören u.a. Partikelhäufungen, Übertreibungen sowie Tonlage, Mimik und Gestik. Auch die Interpunktion kann als Ironiesignal einge-setzt werden.

Bei diesem Plakat besteht ein Gegensatz der sprachlichen und der bildlichen Botschaft (vgl. "visuell/verbale Negation" bei Bonsiepe 1966: 34). Der Text verkündet "Die Aktion des 'guten Wil-lens'...in Aktion...", wobei die Interpunktion darauf hindeutet, dass sich das Gemeinte vom Gesagten unterscheidet. Deutlich wird der Gegensatz aber im Bild, welches "die Aktion des guten Willens" als eine "Fesselung und Knebelung" "des Schweizers" durch "den Beamten" zeigt. Dadurch erfährt der Begriff "Aktion" in der Wiederholung eine abwei-chende Bedeutung, was rhetorisch als Diaphora bezeichnet wird (vgl. Ottmers 1996: 162). Die Iro-nie gehört typischerweise zu jenen Fällen, wo die Sprach- und die Bildbotschaft zueinander komple-mentär sind (vgl. auch Barthes 1990: 36).

Grafik: Hugo Laubi Quellen: Meylan/Maillard/Schenk 1979: 123 Sammlungen: MfGZ 13-437; SfG 35878

Titel: Bundesgesetz betreffend Abänderung des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1927 über das Dienstverhältnis der Bundesbeamten

Resultat: angenommen

Das Plakat zeigt im Gegensatz zu den euphemistischen Argumenten der Befürworter im Bild

die negativen Folgen einer Gesetzesvorlage. Die Folge des Beamtengesetzes wäre dem-

nach eine Repression des (kleinen) Schweizers. Der dargestellte Zwang kann sich allerdings

auch auf die Art und Weise beziehen, wie die Vorlage dem Volk unterbreitet wird. Demnach

könnte sich der (kleine) Schweizer nicht frei entscheiden, sondern würde von der Obrigkeit

zu einem Entscheid genötigt. Der Topos, der diesem Argument zugrunde liegt, ist gemäss

Meylan, Maillard und Schenk (1979) ein "Antibeamten-Reflex" (S. 125).

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SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Ursache/ Wirkung Antibeamtenreflex

Grund/ Folge Topos

28

Abstimmungs-Nr. 97 Datum: 3. Jun. 1923 Abb. 19

Metonymie: Eine Metonymie ist ein Tropus, bei dem das Gesagte und das eigentlich Gemeinte in einer Ähnlichkeitsbeziehung zueinander stehen und aus dem gleichen ontologischen Bereich stammen. Der Spezialfall der Synekdoche ersetzt das Ganze durch einen Teil (pars pro toto) oder einen Teil durch das Ganze (totum pro parte). Auf Abstim-mungsplakaten wird oft ein Mensch für alle Men-schen gesetzt. Auch Repräsentanten von Nationali-täten, Berufsständen oder sozialen Klassen kom-men häufig pars pro toto vor. Eine Gruppe von Menschen unterschiedlichen Alters und Geschlecht steht prototypisch für "die Familie" (vgl. Arnold 2007a: 24f.). Eco (1972: 273f.) redet in diesem Zusammenhang von einer Antonomasie. Dies scheint mir allerdings nicht korrekt zu sein, da bei der Antonomasie ein Eigenname gegen eine Um-schreibung ausgetauscht wird (vgl. Lausberg 1963: 56; auch Ottmers 1996: 176). Hier wird eine "Schweizer Familie" prototypisch für "unser Volk" dargestellt. Was aus dem Untergrund hervordrängt, ist eine Personifikation für "Alkoho-lismus", der das Familienleben bedroht.

Grafik: Emile Cardinaux (Wolfensberger AG, ZH)

Quellen: Meylan/Maillard/Schenk 1979: 151 (fr) Sammlungen: MfGZ 13-323; SfG 3401

Titel: Bundesbeschluss betreffend die Revision der Art. 31 und 32bis (Alkoholwesen) der Bundesver-fassung

Resultat: abgelehnt

Auf dem Plakat sehen wir die "Schweizer Familie", die prototypisch für "unser Volk" steht.

Diese Familie ist durch die "Schnapsgefahr" bedroht, die als Personifikation – einer Unter-

form der Metapher – visualisiert wird (vgl. auch Lakoff/Johnson 1998: 44f.). Auf dem franzö-

sischen Original lautet die sprachliche Botschaft: "LE DANGER DU SCHNAPS RENAÎT!),

was das Aufbrechen der Figur aus dem Untergrund erklärt. Die "Wiederauferstehung" rekur-

riert auf den Absinth, der 1908 verboten wurde (Nr. 68). Im Wesentlichen zeigt das Plakat mit

der "SCHNAPSGEFAHR" den Handlungsbedarf für eine Revision des Alkoholgesetzes auf.

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SR1 SR2 SR3 SR4 SR5 A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Volkswohl und Altersversicherung

Ursache/ Wirkung Topos Grund/

Folge

29

Abstimmungs-Nr. 128 Datum: 27. Nov. 1938 Abb. 20

Metonymie: Bei der Metonymie stehen das Gesagte und das eigentlich Gemeinte in einer Ähnlichkeits-beziehung zueinander und stammen aus dem glei-chen ontologischen Bereich. So kann ein Erzeuger für das Produkt stehen ("Goethe lesen"), ein Objekt für den Benutzer ("die Bahn streikt"), eine Institution für die Entscheidungsträger ("der Bund hat be-schlossen"), ein Ort für eine Institution ("das Weisse Haus") oder für ein Ereignis ("Waterloo") (vgl. Ott-mers 1996: 174ff.; Lakoff/Johnson 1998: 47ff.).

Auf dem Plakat steht das Bundeshaus metonymisch für "das Parlament". Die überdimensionierte Figur mit Mütze steht prototypisch für "den Schweizer", womit pars pro toto alle Schweizer gemeint sind.

Das Öffnen der Bundeskuppel und der Einblick des Schweizers visualisiert die sprachliche Botschaft, wonach die Vorlage "KONTROLLE UND MITSPRA-CHE DES VOLKES" gewährleisten soll. Das Bild kann als Visualisierung von "Öffentlichkeit" bzw. "Transparenz" gelesen werden, die als abstrakte Grösse in der visuellen Übersetzung eine Konkreti-sierung erfährt. Da Transparenz positiv konnotiert ist, speist sich die Argumentation aus dem pragma-tischen Argument, wonach die erwarteten Folgen bei Annahme der Vorlage positiv zu bewerten sind.

Grafik: Noël Fontanet (ATAR SA, Genève) Quellen: Meylan/Maillard/Schenk 1979: 61 Sammlungen: MfGZ 13-428; SNB o.S.

Titel: Bundesbeschluss betreffend die Übergangs-ordnung des Finanzhaushaltes

Resultat: angenommen

Die Finanzvorlage verspricht vermehrte Kontrolle und Mitsprache des Volkes (Argument),

was vor dem Hintergrund des schweizerischen Demokratieverständnisses (SR) positiv be-

wertet wird. Entsprechend wird die Vorlage zur Annahme empfohlen (Konklusion).

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SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung

Transparenz und Mitbestimmung

Grund/ Folge

30

Abstimmungs-Nr. 214 Datum: 2. Juli 1967 Abb. 21

Antonomasie: Ein Eigenname wird umschrieben durch eine typisierende Beifügung (Epitheton) oder durch eine Umschreibung (Periphrase) (vgl. Ottmers 1996: 176). Die "Sozialistische Boden-Initiative" ist eine Um-formulierung des Vorlagentitels. Bemerkenswert ist die Beifügung "sozialistisch". Diese Beifügung wird im sozialistischen Lager positiv konnotiert und im gegnerischen Lager negativ. Indem das Plakat mit "Sozialistische Boden-Initiative" auf den politi-schen Gegner verweist, wird die Vorlage also im eigenen politischen Lager negativ bewertet (vgl. die Bedeutungskonkurrenz bei Klein 1989: 24; Arnold 2007f: 11f.). Dies geht auch aus der Ellipse "Verstaatlichung des Bodens der falsche Weg" hervor. "Verstaatlichung" ist zudem ein Stigmawort und entstammt dem Vokabular des Klassen-kampfs (vgl. Arnold 2007f: 18f., 22ff.). Die Farbe Rot dient einerseits der Hervorhebung der wichtigsten Aussagen (Emphase), anderer-seits ist sie auch die Symbolfarbe des sozialde-mokratischen Lagers und dient der Bezeichnung einer gegnerischen politischen Vorlage, die eo ipso abzulehnen ist.

Grafik: Conzett + Huber, Zürich Quellen: Meylan/Maillard/Schenk 1979: 147 Sammlungen: MfGZ 12-916; SfG 7690; SLB o.S.

Titel: Eidgenössische Volksinitiative 'gegen die Bodenspekulation'

Resultat: abgelehnt

Die Vorlage wird durch die mehrfache Bezeichnung des gegnerischen politischen Lagers

stigmatisiert: durch das Stigmawort "Verstaatlichung", durch die negativ konnotierte Beifü-

gung "sozialistisch" und durch die Hervorhebung mit der gegnerischen Symbolfarbe. Die

überdimensionierte Hand im Bild scheint eine Remetapher für die "öffentliche Hand" zu sein,

die im Begriff ist, den Boden an sich zu reissen (zur Remetapher vgl. Bonsiepe 1966: 37).

Die Argumentation wird hier weniger entfaltet, als durch die negative Bewertung der gegneri-

schen Ideologie gesteuert. Eine Begründung, weshalb die Initiative "der falsche Weg" ist,

wird nicht gegeben.

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SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung Antisozialismus

Grund/ Folge

31

Abstimmungs-Nr. 102 Datum: 5. Dez. 1926 Abb. 22

Appellativum: Ein Eigenname wird durch den Ei-gennamen einer historischen oder mythologischen Person ersetzt, die ähnliche Eigenschaften mit der damit bezeichneten Person besitzt (vgl. Ottmers 1996: 176).

Hier wird eine gesetzliche Regelung zur Sicherung der Getreideversorgung als Staatseingriff negativ konnotiert durch das Appellativum "Brotvogt" und durch das Schimpfwort "Brotmonopol".

Dem Kompositum "Brotvogt" liegt der Mythos des Wilhelm Tell zugrunde, genauer: sein Widersa-cher. Der Vogt wird als dominante Figur mit Gess-lerhut dargestellt. Dieser verwaltet das Brot, das für die "kleinen" Bürger "unerschwinglich" scheint. Der Höhenunterschied, der hier physisch darge-stellt ist, dient als Metapher für die hohen Preise (zu den Metaphern und ihren physischen Erfah-rungen vgl. Lakoff/Johnson 1998).

Der "Brotvogt" bezeichnet keine reale Person, sondern steht metonymisch für die Obrigkeit, die in der Schweiz wenig Vertrauen geniesst und traditi-onell im Mythos des Willhelm Tell Ausdruck findet. Eine staatliche Regelung scheint hier per se den schweizerischen Grundwerten zu widersprechen.

Grafik: Emile Cardinaux Quellen: Meylan/Maillard/Schenk 1979: 85 Sammlungen: MfGZ 21-939

Titel: Bundesbeschluss über die Aufnahme eines neuen Artikels 23bis in die Bundesverfassung betreffend die Getreideversorgung des Landes

Resultat: abgelehnt

Eine staatliche Regelung zur Sicherung der Brotversorgung wird im Widerspruch zu den

schweizerischen Werten dargestellt, indem die Obrigkeit metonymisch als "Brotvogt" stigma-

tisiert wird. Darüber hinaus wird mit den Höhenunterschieden angedeutet, dass mit der Vor-

lage die Brotpreise ins Unerschwingliche steigen würden, weshalb sie zur Ablehnung emp-

fohlen wird. Während sich der Text auf die negative Bewertung konzentriert, wird die Argu-

mentation durch das Bild geführt (Topos aus Ursache und Wirkung). Darüber hinaus wird

das Appellativum durch das Bild illustriert und verstärkt.

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SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung

≠ Mythos Willhelm Tell

Grund/ Folge

32

Abstimmungs-Nr. 264 Datum: 5. Dez. 1976 Abb. 23

Hyperbel: Eine Hyperbel ist eine bewusste Übertreibung in Anzahl, Grösse, Gewicht oder Intensität (vgl. Ottmers 1996: 180). Die Figur stellt zugleich eine Uhr und einen Arbeiter dar, der sechs Arme hat und mit Massstab, Meissel Hammer und Schrauben-schlüssel geschäftig ist. Diese Figur kann als visuelle Hyperbel begriffen werden und zwar sowohl in der Anzahl Arme als auch in der Intensität des Arbeitstempos, das durch die Arme symbolisiert wird. Das Bild illustriert und verstärkt den Text und wird gleichzeitig durch ihn erläutert: "IMMER VERÜCKTERES ARBEITSTHEMPO" (zur Verankerung der Bildbotschaft durch den Text vgl. Barthes 1964: 44f.).

Grafik: Cedips, Lausanne Quellen: n.n. Sammlungen: MfGZ 31-670

Titel: Eidgenössische Volksinitiative 'für die Einführung der 40-Stunden-Woche'

Resultat: abgelehnt

Im Text und Bild wird die Beschleunigung der Produktionsprozesse und das damit erhöhte

Arbeitstempo als Missstand zur Darstellung gebracht und ein Handlungsbedarf aufgezeigt.

Die Vorlage für eine 40-Stunden-Woche soll die Arbeitsbedingungen normalisieren, weshalb

sie zur Annahme empfohlen wird. Die Hyperbel dient der Illustration und Verstärkung.

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SR1 SR2 SR3 SR4 SR5 A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung Topos

Grund/ Folge

33

Abstimmungs-Nr. 379 Datum: 17. Mai 1992 Abb. 24 Archaismus: Ein Archaismus ist ein veralteter Ausdruck und eigentlich ein rhetorischer Fehler (vgl. Ottmers 1996: 182). In der Argumentation kann er jedoch gezielt zur Persuasion eingesetzt werden. Im vorliegenden Beispiel liegt nicht direkt ein veral-teter Ausdruck vor, sondern ein Bezug auf die "Eiszeit". Die Zeichnung ist ein (Bild-)Zitat auf die vorgeschichtliche Höhlenmalerei und ihre Praxis der Jagd und Kriegsführung. Im Kontext der Ar-meereform und der Einführung eines Zivildienstes wird damit bedeutet, dass die herrschenden Zu-stände veraltet sind und eine Erneuerung aufdrän-gen: "ENDE DER EISZEIT" lautet der Leitspruch (Sententia), "JA ZUM ZIVILDIENST" die Parole. Indem der Entwicklungsstand der Armee durch eine Höhlenmalerei symbolisiert wird, kann man hier von einem visuellen Archaismus reden.

Grafik: unbekannt Quellen: n.n. Sammlungen: Sozarch_F_Pc-0127

Titel: Bundesbeschluss über die Einführung eines Zivildienstes für Dienstverweigerer

Resultat: angenommen

Der Handlungsvorsatz, einen Zivildienst für Dienstverweigerer einzuführen, wird begründet

mit einer dringend anstehenden Erneuerungsreform der Armee. Der Topos der Veraltung

wird durch den visuellen Archaismus getragen, dem somit argumentative Funktion zukommt.

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SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Reform Ursache/ Wirkung Topos

Grund/ Folge

34

Abstimmungs-Nr. 143 Datum: 6. Juli 1947 Abb. 25 Rogatio: Die rhetorische Frage erwartet keine Antwort, sondern impliziert sie, oder der Redner antwortet selbst (vgl. Ottmers 1996: 184). Im vorliegenden Beispiel wird die rhetorische Fra-ge in Form eines Asyndetons mit der Parole be-antwortet. Asyndeton: Das Asyndeton ist eine Aufzählung, wobei die einzelnen Elemente ohne Konjunktionen aufeinander folgen (vgl. Ottmers 1996: 191). Eine Aufzählung (Enumeratio) liegt vor, wenn Ein-zelelemente, die in einem Zusammenhang stehen, aneinandergereiht werden (vgl. Ottmers 1996: 189f.). Der Gegensatz zwischen den Schimpfwörtern (Aischrologie) und der Parole kann als Antithese begriffen werden. Eine Antithese liegt vor, wenn Wörter, Wortgruppen, (Teil-)Sätze oder ganze Textabschnitte einander semantisch konträr ge-genüber gestellt sind (vgl. Ottmers 1996: 194). Die Antithese liegt hier zwischen den Begriffen "Zwang", "Bureaukratie", "Diktatur" im Gegensatz zum "freien Schweizer".

Grafik: unbekannt Quellen: n.n. Sammlungen: MfGZ 13-593

Titel: Bundesbeschluss über eine Revision der Wirtschaftsartikel der Bundesverfassung

Resultat: angenommen

Das Argument ("Wirtschaftsartikel verteuern die Lebenshaltung") wird verstärkt durch eine

Aufzählung (Enumeratio) weiterer negativer Folgen wie die "Zwangswirtschaft", "Bürokratie"

und "Verbandsdiktatur". Diese Schimpfwörter (Aischrologie) sind ohne Konjunktion aufgelis-

tet (Asyndeton) und bilden eine rhetorische Frage (Rogatio), die mit einem grossen Frage-

zeichen zusammengefasst wird. Die Parole ("Der freie Schweizer stimmt Nein") fällt Im Kon-

trast dazu aus (Antithese). Während die Antithese argumentative Funktion hat, dienen die

übrigen Figuren der Verstärkung (Amplifikation).

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SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung ≠ Freiheit

Grund/ Folge

35

Abstimmungs-Nr. 213 Datum: 16. Okt. 1966 Abb. 26

Correctio: Eine Correctio liegt vor, wenn eine Selbstkorrektur vorgenommen wird, jedoch nur um zurück zur eigenen Argumentation zu lenken und diese zu stärken. Die Correctio dient somit der punktuellen Steigerung des Ausdrucks (vgl. Ottmers 1996: 184).

Im vorliegenden Beispiel wird eine Correctio graphisch vorgenommen, indem ein Wort ("soll") gestrichen und durch ein anderes Wort ("wird") ersetzt wird. Aus der Aussage: "wer gerne etwas trinkt soll gerne etwas zah-len" wird die Aussage "wer gerne etwas trinkt wird gerne etwas zahlen". Der Ausgang der Abstimmung wird vorweggenommen und der Imperativ durch Eigenmotivation ersetzt. Da-mit wird an das Ethos der Konsumenten ap-pelliert, mit einer kleinen Steuer zur Bekämp-fung des Alkoholismus beizutragen.

Die abgebildete Zehnermünze setzt in der Ja-Parole "das Pünktchen aufs i" und kann als eine Verkleinerungsform (Minutio) gelten. Die erhobene Steuer wird damit untertrieben, um sie annehmbarer zu machen.

Die Wiederholung (Repetitio) von "gerne" soll die Akzeptanz zusätzlich verstärken.

Grafik: Atelier Justesen (Foto Rotar, Zürich) Quellen: Meylan/Maillard/Schenk 1979: 155 Sammlungen: MfGZ 12-994

Titel: Eidgenössische Volksinitiative 'zur Be-kämpfung des Alkoholismus'

Resultat: abgelehnt

Die Stilfiguren der Correctio, Minutio und Repetitio dienen der Verstärkung der Argumenta-

tion. Diese wird weniger über die Sache, als über das persönliche Ethos der Stimmbürger

und Konsumenten geführt, die aufgerufen werden, zur Bekämpfung des Alkoholismus eine

Preiserhöhung auf Alkohol in Kauf zu nehmen.

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SR1 SR2 SR3 SR4 SR5 A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Bekämpfung des Alkoholismus

Ursache/ Wirkung Topos

Grund/ Folge

36

Abstimmungs-Nr. 150 Datum: 11. Dez. 1949 Abb. 27 Concessio: Die Concessio ist ein partielles Zuge-ständnis, das anschliessend ganz oder teilweise widerrufen oder durch noch triftigere Argumente überboten wird. Im vorliegenden Beispiel kann der erste Satz als Zugeständnis und der zweite Satz als Gegenar-gument interpretiert werden. Beide Sätze zusam-men bilden die Stilfigur der Correctio. "Den Bundesbeamten gehört der volle Teuerungs-ausgleich" (Zugeständnis) "aber darüber hinaus wollen sie 40 Millionen jähr-lich mehr, die Du, Steuerschaf, zu bezahlen hast." (Gegenargument) Das "Steuerschaf" ist zudem eine Aischrologie, ein Schimpfwort das absichtlich brüskieren will, um eine (Gegen-)Reaktion zu provozieren. Wer also kein (dummes, folgsames) Schaf sein will, hat die Vorlage abzulehnen. Die Parole "BEAMTENGESETZ NEIN" ist wie üblich als Ellipse formuliert.

Grafik: Jean Frey AG, Zürich Quellen: n.n. Sammlungen: MfGZ 24-607

Titel: Bundesgesetz betreffend Abänderung des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1927 über das Dienstverhältnis der Bundesbeamten

Resultat: angenommen

Die Argumentation wird im Wesentlichen durch das Gegenargument in der Correctio getra-

gen, während die Stilfiguren eine verstärkende Funktion haben (Amplifikation). Implizit kann

der Topos aus der Gleichheit bzw. Gerechtigkeit darin erkannt werden. Demnach steht den

Beamten wie allen anderen der volle Teuerungsausgleich zu, aber nicht mehr. Die Annahme

der Vorlage würde aber bedeuten, dass die anderen für die Beamten zu zahlen hätten, wes-

halb sie zur Ablehnung empfohlen wird.

↓ ↓ ↓ ↓ ↓

SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung

Topos aus der Gleichheit

Grund/ Folge

37

Abstimmungs-Nr. 268 Datum: 12. Juni 1977 Abb. 28

Definitio: Die rhetorische Definition erläutert Begrif-fe, die für die Argumentation zentral sind (vgl. Ottmers 1996: 186).

Im vorliegenden Fall könnte es sich auch um eine Descriptio oder eine Distributio handeln.

Die Descriptio ist eine Beschreibung eines Ge-genstandes oder Sachverhalts durch Aufzählung von Details (vgl. Ottmers 1996: 190).

Eine Distributio ist ein Überbegriff, der durch seine Unterbegriffe erläutert wird.

Hier wird das Kompositum "Mehrwertsteuer" nach seinen Einzelwörtern ausgelegt und interpretiert. Demnach bedeutet die "Mehrwertsteuer" "Mehr Steuern" und "Mehr Preise". Mit der Neuordnung der Umsatzsteuer müsste man "3500 Millionen / Mehr zahlen", was von der Partei der Arbeit abge-lehnt wird.

Interessant ist die Auslassung (Ellipse) der Kom-ponente "wert" in der Auslegung des Begriffs "Mehrwertsteuer". Damit soll der Begriff wohl als Euphemismus entlarvt werden.

Ein Euphemismus ist eine Beschönigung eines (gesellschaftlich tabuisierten) Sachverhalts (vgl. Ottmers 1996: 182).

Grafik: CS-Siebdruck AG, Uster Quellen: n.n. Sammlungen: MfGZ 26-72

Titel: Bundesbeschluss über die Neuordnung der Umsatzsteuer und der direkten Bundessteuer Resultat: abgelehnt

Die Auslegung des Begriffs "Mehrwertsteuer" soll veranschaulichen, was damit wirklich ge-

meint ist. In der Auslegung enthalten ist der Topos der Kausalität, wonach die Mehrwertsteu-

er mehr Steuern bedeutet. Die Definitio (bzw. Descriptio, Distributio) hat somit eine argumen-

tative Funktion, während die übrigen Stilfiguren der Verstärkung dienen.

↓ ↓ ↓ ↓ ↓

SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung Topos

Grund/ Folge

38

Abstimmungs-Nr. 163 Datum: 5. Okt. 1952 Abb. 29

Allusio: Eine Anspielung besagt mehr, als sie ex-plizit zu erkennen gibt. Sie kann beispielsweise auf einen anderen Text anspielen, so dass in der Ver-fremdung das Original erkennbar bleibt (vgl. Ott-mers 1996: 192). Im vorliegenden Beispiel handelt es sich um eine Anspielung an das Volksmärchen "Münchhausen", der auf einer Kanonenkugel geritten ist. Gleichzeitig handelt es sich um eine Ironie oder Illusio, eine ironisch-scherzhafte Verspottung (vgl. Ottmers 1996: 197). Der Gesetzesentwurf zur Besteuerung des Tabaks zur Mitfinanzierung der AHV wird als lächerlich zurückgewiesen. Das impliziert auch, dass sich lächerlich macht, wer diese Vorlage annimmt. Damit wird das Ethos der Befürworter und der politischen Gegner untergraben, denen es an-scheinend an Einsicht mangelt.

Grafik: Rolf Gfeller (J.C. Müller AG, Zürich) Quellen: Meylan/Maillard/Schenk 1979: 108 Sammlungen: MfGZ 13-250; SfG 35883; SNBo.S.

Titel: Bundesgesetz betreffend die Abänderung von Bestimmungen über die fiskalische Belastung des Tabaks im Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung Resultat: angenommen

Die Argumentation wird hier weniger über die Folgenabschätzung als über die mangelnde

Einsicht geführt, die den Befürwortern unterstellt wird. Die Vorlage wird als lächerlich (Illusio)

zurückgewiesen, wobei der Stilfigur im Bild argumentative Funktion zukommt.

↓ ↓ ↓ ↓ ↓

SR1 SR2 SR3 SR4 SR5 A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung ≠ Einsicht

Grund/ Folge

39

3.3 Argumentationsfiguren in Abstimmungsplakaten

Abstimmungs-Nr. 93 Datum: 3. Dez. 1922 Abb. 30 Gradatio (oder Klimax): Das zuerst Genannte wird durch das jeweils Folgende überboten. Diese Figur gilt aufgrund der repetitio als Wiederholungsfigur, trägt aber stark argumentative Züge, weshalb sie auch als Argumentationsfigur gelten kann (vgl. Ott-mers 1996: 160, 194)

Die Gradatio lässt sich sowohl im Text als auch im Bild erkennen. Mit den Jahren sinkt der Mindestan-satz für die Vermögensabgabe. Diese wird metapho-risch als Spinne dargestellt, die zuerst über den ver-mögenden Bürger, dann über den einfachen Bürger und schliesslich über den Arbeiter herfällt.

Diese Steigerung in der Jahreszahl und der Grösse der Spinne (Gradatio oder Klimax) beinhaltet auch eine Verkleinerung (Antiklimax) im Status des Bürgers und der Vermögensgrenze, die schrittweise nach unten angepasst wird.

Da es sich um eine einmalige Steuerabgabe handelt, könnte die Argumentation wie folgt lauten: Wenn jetzt schon die reichen Leute zur Kasse gebeten werden, so werden in ein paar Jahren auch die einfachen Bür-ger und Arbeiter eine Vermögensabgabe leisten müs-sen. Diese Argumentation wird begründet mit einem französischen Sprichwort (Sententia).

Grafik: Jules Courvoisier (Atar SA, Genève) Quellen: Meylan/Maillard/Schenk 1979: 57 Sammlungen: MfGZ 17-640

Titel: Eidgenössische Volksinitiative 'für die Einmalige Vermögensabgabe'

Resultat: abgelehnt

Der französische Gemeinplatz "l'appétit vient en mangeant" (der Appetit kommt beim Essen)

besagt im vorliegenden Kontext, dass eine Erhebung von Steuern auf grossen Vermögen

noch mehr Steuererhebungen anregen würde, die in der Folge auch vor den mittleren und

kleineren Vermögen nicht halt machen.

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SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung

l’appétit vient en mangeant

Grund/ Folge

40

Abstimmungs-Nr. 118 Datum: 11. März 1934 Abb. 31

Antithese: Gegensätzliche Wörter, Wortgruppen oder (Teil-)Sätze oder ganze Textpassagen wer-den einander entgegengesetzt.

Auf Abstimmungsplakaten wird die Antithese oft in einem geteilten Bildraum dargestellt. Diese antithetische Gegenüberstellung beinhaltet meis-tens eine Bewertung ("schlecht/gut"); sie kann aber auch als zeitliche und/oder kausale Gegen-überstellung ("vorher/nachher") interpretiert wer-den, indem ein negativer Ist-Zustand mit einem positiven Soll-Zustand kontrastiert wird.

Der antithetische Bildaufbau wird hier durch eine Diagonale geleistet, die oben links eine chao-tisch demonstrierende Menschenmenge zeigt und unten rechts eine geordnete Volksversamm-lung. Die Antithese als zeitliche Abfolge zeigt also einen Fortschritt bei Annahme der Vorlage.

Die Antithese befindet sich auch im Text: "GEGEN STRASSENGEWALT" "FÜR DEMOKRATISCHE ORDNUNG"

Letztlich liegt ein pragmatisches Argument zugrunde, wonach sich die chaotischen Verhält-nisse bei Annahme der Vorlage zum Besseren wenden würden.

Grafik: Emil Cardinaux (Wolfsberg, Zürich) Quellen: Meylan/Maillard/Schenk 1979: 48 (fr); Stirnimann/Thalmann 2001: 131 Sammlungen: MfGZ 35-47; SfG 7297

Titel: Bundesgesetz über den Schutz der öffentli-chen Ordnung ("Lex Häberlin II")

Resultat: abgelehnt

Situationsdarstellung und -bewertung kommen sowohl bei der Ausgangslage als auch bei

der prognostizierten Zukunft im Bild zum Ausdruck. Dabei werden der Ist-Zustand und der

zukünftige Soll-Zustand in einem antithetischen Bildaufbau einander entgegengesetzt. Die

antithetischen Topoi, die zur negativen Ist-Bewertung und zur positiven Soll-Bewertung hin-

zugezogen werden, sind demgegenüber im Text formuliert: "GEGEN STRASSENGEWALT"

einerseits und "FÜR DEMOKRATISCHE ORDNUNG" andererseits.

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SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

gegen Strassengewalt

Ursache/ Wirkung

für demokra-tische Ordnung

Grund/ Folge Topos

41

Abstimmungs-Nr. 319 Datum: 20. Mail 1984 Abb. 32

Eine Antithese kann Bild und Text übergreifend sein. Mit Bonsiepe (1966) würde man hier von einer visuell/verbalen Antithese sprechen. Aus dem undurchsichtigen Nebel im Bild steigen die Worte "Für saubere Banken. Klar." Ist der Schriftzug unten noch von Dunst durchzo-gen, klären sich die Konturen oben sichtlich. Die Begriffe "sauber" und "klar" werden also mit der "Undurchsichtigkeit" des Nebels im Bild antithe-tisch kontrastiert. Die Antithese kann entweder zeitlich-kausal ("vor-her/nachher") oder bewertend ("schlecht/gut") interpretiert werden. Der impliziten Argumentation zufolge würde die Banken-Initiative Klarheit in die herrschende Intransparenz bringen.

Grafik: Bernhard Schlup (Graph. Betriebe Coop) Quellen: Rotzler/Schärer/Wobmann 1990: 129 Sammlungen: MfGZ 43-766

Titel: Eidgenössische Volksinitiative 'gegen den Missbrauch des Bankgeheimnisses und der Ban-kenmacht'

Resultat: abgelehnt

Die Banken-Initiative bringt Klarheit in die undurchsichtigen Verhältnisse und wird daher zur

Annahme empfohlen. Die Argumentation wird von der visuell/verbalen Antithese getragen.

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SR1 SR2 SR3 SR4 SR5 A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Transparenz Ursache/ Wirkung Topos

Grund/ Folge

42

Abstimmungs-Nr. 151 Datum: 04. Juni 1950 Abb. 33

Oxymoron: Verbindung zweier antithetischer Begriffe (vgl. Ottmers 1996: 194).

Im folgenden Beispiel befindet sich das Oxymoron im Bild, das die "sozialen Stände" des vermögenden Bürgertums und der Arbeiter metonymisch als Beine darstellt. Nach Bonsiepe (1966: 37f.) handelt es sich um eine "Remetapher": Der "soziale Stand" wird auf seine wörtliche Bedeutung zurückgeführt. Die Be-kleidung gibt zusätzlich Aufschluss: Nadelstreifenan-zug, Lackschuhe und Frack für den Bürger, Arbeiter-hose und -schuhe für den Arbeiter. Der Gegensatz dieser sozialen Stände kann als Antithese begriffen werden. Durch die Verschmelzung dieser Gegensät-ze in ein und derselben Figur handelt es sich um die Spezialform des Oxymorons.

Die Figur selbst kann metonymisch für die Finanzre-form des Volkes gelten. Und wie der Text besagt, steht die Finanzreform nur auf einem Bein, auf dem Arbeiterstand. Der Bürgerstand lässt sich mittragen, wie das angewinkelte Bein zeigt. Der Argumentation liegt somit der Topos des Vergleichs zugrunde (auch Gerechtigkeitstopos genannt): Die Finanzreform steht nur auf einem Bein (Argument als rhetorische Frage), und eine Finanzreform, die nur auf einem Bein steht, ist ungerecht (Schlussregel), weshalb sie abzulehnen ist (Konklusion).

Grafik: René Gilsi (Wolfensberger AG, Zürich) Quellen: Meylan/Maillard/Schenk 1979: 62 Sammlungen: MfGZ 13-561; SfG 9395; SNBo.S.

Titel: Bundesbeschluss über die verfassungsmässi-ge Neuordnung des Finanzhaushaltes des Bundes

Resultat: abgelehnt

Das Oxymoron zeigt in der Figur die Gegensätze des Arbeiter- und des Bürgerstandes, die

als Vergleichsgrösse für den Gleichheits- bzw. Gerechtigkeitstopos herangezogen werden.

Die Antithese der Figur ist also argumentativ mit dem Gleichheitstopos verbunden und zeigt

die Unvereinbarkeit der Gegensätze mit dem Anspruch auf Gleichheit.

↓ ↓ ↓ ↓ ↓

SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung

≠ Topos aus der Gleichheit

Grund/ Folge

43

Abstimmungs-Nr. 257 Datum: 13. Juni 1976 Abb. 34

Paradoxon: Das Paradoxon verbindet gegen-sätzliche Wörter oder Wortgruppen, die vorder-gründig einen Widerspruch bilden, aber auf einer höheren Ebene einen Sinn ergeben (vgl. Ott-mers 1996: 195). Im vorliegenden Beispiel sitzt ein Elefant in ei-nem Schneckenhaus. Diese Verbindung ist auf-grund der Grössenverhältnisse unmöglich. Diese fehlende Verhältnismässigkeit im Bild wird vom Text aufgenommen. Demnach soll das Raum-planungsgesetz "Zweckentfremdung und Ab-bruch von Wohnraum" verhindern, da dies zu Knappheit an Wohnraum führt. Das Paradoxon im Bild erhält somit eine weitere Bedeutungsdi-mension, da der Wohnraum für viele Leute so eng wird wie für einen Elefanten ein Schnecken-haus. In dieser zweiten Lesart wird das Parado-xon zu einem Vergleich (Similitudo). Ein Ver-gleich illustriert einen Begriff oder Gedanken innerhalb einer Argumentationsführung durch einen anderen, ähnlichen Begriff oder Gedanken (vgl. Ottmers 1996: 191f.).

Grafik: Edwin Vogt Partner, Waldenburg Quellen: n.n. Sammlungen: MfGZ 29-817

Titel: Bundesgesetz über die Raumplanung

Resultat: abgelehnt

Das Raumplanungsgesetz wird zur Annahme empfohlen, weil es die Zweckentfremdung und

den Abbruch von Wohnraum verhindert und damit der Knappheit an Wohnraum entgegen-

wirkt. Das Paradoxon im Bild findet im Text ("Zweckentfremdung…") eine vergleichbare Ent-

sprechung (Similitudo) und illustriert den Handlungsbedarf.

↓ ↓ ↓ ↓ ↓

SR1 SR2 SR3 SR4 SR5

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2/A3 ⎯→ K3/A4 ⎯→ K4/A5 ⎯→ K5

Situations- darstellung

Situations- bewertung

Handlungs- vorsatz

prognostizierte Folgen

Folgen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Topos Topos Ursache/ Wirkung

mehr Wohnraum

Grund/ Folge

44

nicht eidg. (Basel) Datum: 15. Mai 1927 Abb. 35

Illusio: Die Illusio ist eine ironische Verspottung, die aus einer Position der Überlegenheit oder Überheblichkeit geführt wird (vgl. Ottmers 1996: 197). Die Illusio gehört zu den personalen Figuren, die sich nicht auf die Sache, sondern auf den Op-ponenten beziehen. Da sie eine Verletzung der Person bedeuten, stehen die personalen Figuren dem Ethos des Redners entgegen, der sich nach aristotelischem Verständnis durch Einsicht, Tu-gend und Wohlwollen auszeichnen sollte. Opfer im vorliegenden Beispiel ist der "Frauen-stimmrechtsgegner", der als "Spiessbürger" ver-spottet wird. Er wird unvorteilhaft dargestellt und mit einer Aussage charakterisiert, die schon typo-graphisch von seiner Rückständigkeit zeugt. Was die veraltete Schrift betrifft könnte man hier auch von einem Archaismus reden (vgl. Ottmers 1996: 182). Durch die Verspottung wird der Opponent nicht nur der Lächerlichkeit preisgegeben, sondern auch ethisch in Zweifel gezogen, da es ihm an Einsicht, Tugend und/oder Wohlwollen mangelt. Wer sich also nicht ebenfalls der Verspottung preisgeben will, sollte die Vorlage annehmen, so die Argumentation.

Grafik: Wilhelm Wenk (Wassermann AG, BS) Quellen: Stirnimann/Thalmann 2001: 79 Sammlungen: MfGZ 39-693

Titel: Kantonale Abstimmung zur Einführung des Frauenstimmrechts

Resultat: abgelehnt

Wie es den personalen Figuren entspricht, argumentieren sie nicht über die Sache, sondern

über die Person. Die Struktur folgt daher auch nicht der pragmatischen Argumentation, son-

dern der Struktur der Personalisierung (vgl. Arnold 2007e: 45).

↓ ↓

SR1 SR2

A1 ⎯→ K1/A2 ⎯→ K2

Personen- darstellung

Personen- bewertung

Handlungs- aufforderung

Norm/Wert Ethos

Grund/ Folge

45

4 Zusammenfassung

Die Analyse der Fallbeispiele zeigt, dass die Stilfiguren eng mit der Argumentation verbun-

den sind. Sie sind nicht bloss schmückendes Beiwerk, sondern die Worte folgen der Sache.

Selbst die syntaktischen Wort- und Satzfiguren (Bonsiepe 1966: 26), die vermeintlich nur auf

der Textoberflächenstruktur operieren, können bedeutungstragend sein. So steht die Repeti-

tio für "Vermehrung" (Abb. 2), die Diakope (Abb. 3) und der Parallelismus (Abb. 9) für

"Gleichheit" und der Chiasmus für eine "verkehrte Welt" (Abb. 11). Auch graphische Merkma-

le des Bildes wie Linien, Formen und Farben (vgl. Barthes 1990: 37) können in der

Gebrauchsgraphik eine symbolische Funktion annehmen. Helle Farbe kann für Licht und

Dunkle Farbe für Dunkelheit stehen (Abb. 5); die Farbe Rot kann Blut (Abb. 7), die National-

farbe der Schweiz (Abb. 9, 12, 22) oder die Symbolfarbe der Linken (Abb. 15, 21) bedeuten.

Ein geteilter Bildraum kann einen Gegensatz bilden und einen zeitlich-kausalen oder bewer-

tenden Bezug herstellen (Abb. 5, 7, 31); und Linien überkreuzt können eine Negation zum

Ausdruck bringen (Abb. 6, 26). Bedeutungstragend ist aber nicht nur, was im Plakat vorhan-

den ist, sondern auch, was fehlt. So können fehlende Elemente die Parole prägnant verkür-

zen, die Selbstverständlichkeit einer Argumentation betonen (Abb. 8), als Ironiesignale die-

nen (Abb. 18) oder eine Lücke zur Darstellung bringen (Abb. 12).

Alle Figuren, auch die syntaktischen, können also mehr oder weniger bedeutungstragend

sein und eine metaphorische Dimension annehmen. Dies gilt aber im Besonderen für die

Substitutionsfiguren, die zahlreiche semantische Felder aktivieren (Abb. 14) und über die

Merkmale auch Wertungen übertragen (Abb. 15). Besonders produktiv ist die Metapher mit

ihren Unterformen, wenn es darum geht, einen abstrakten Sachverhalt zu konkretisieren und

nicht nur verbal, sondern auch visuell vor Augen zu führen (Abb. 14, 19, 20). Häufig findet im

Bild eine Rückführung der Metapher auf ihre wörtliche Bedeutung statt (Abb. 33). Darüber

hinaus greift die Metapher oft auf körperliche Erfahrung zurück (Abb. 16). Die Metonymie

und Synekdoche helfen zudem, die semiotischen Unterschiede von Sprache und Bild zu

überbrücken, indem sie einen Teil für das Ganze darstellen und dem stets konkreten Bild

eine allgemeine Dimension verleihen. So wird eine Figur zum Repräsentanten einer Gruppe

und die Aussage des Bildes generalisiert (Abb. 9, 16, 18, 19, 20, 21 22, 23, 30, 31, 33, 35).

Von einer Generalisierung ausgenommen sind nur reale oder fiktive Personen, die in ihrer

Individualität oder Symbolizität erkennbar sind (Abb. 11, 17, 29). Darüber hinaus eignen sich

die Tropen vortrefflich für alle Spielarten der Ironie, vom Witz bis zur Verspottung (Abb. 18,

29, 35). Schliesslich sind die Argumentationsfiguren selbstredend eng mit der Argumentation

verknüpft und können diese nicht nur unterstützen, sondern massgeblich selber führen. Ob

sich die Figuren dabei verbal oder visuell manifestieren, ist unerheblich.

46

5 Anhang: Figurenlehre

Im Folgenden werden einige Stilfiguren und Tropen vorgestellt, die in der politischen Rede

gebräuchlich sind. Ein Anspruch auf Vollständigkeit wird nicht erhoben. Vielmehr wird ein

Überblick geschaffen, der den verschiedenen Ausprägungen sprachlicher Stilmittel Rech-

nung trägt. In der Struktur und Terminologie folge ich den Ausführungen von Ottmers (1996:

158–198), der sich an Lausberg (1963) orientiert (für eine Gegenüberstellung der Begriffe in

Deutsch, Griechisch und Latein vgl. Ueding/Steinbrink 1994: 336–339). Dem Begriff folgt

jeweils eine definitorische Umschreibung und wo sinnvoll auch ein Beispiel. Konsultiert wur-

den neben Ottmers (ebd.) und Lausberg (ebd.) auch Ueding und Steinbrink (1994), Plett

(2001) sowie Kolmer und Rob-Santer (2002).

Nach den Erläuterungen der Amplifikationsfiguren folgen die Substitutionsfiguren (Tropen)

und abschliessend die Argumentationsfiguren.

5.1 Amplifikationsfiguren

Amplifikationsfiguren dienen der Ausschmückung. Dabei beruht die Steigerung des Aus-

drucks in einer Abweichung vom normalen Sprachgebrauch. Es lassen sich drei Untergrup-

pen unterscheiden: die Wiederholungsfiguren, die Kürzungsfiguren und die Positionsfiguren.

Die Wiederholungsfiguren (repetitio) greifen dieselben (oder zumindest ähnliche) Wörter,

Wortgruppen oder Satzelemente wieder auf. Die Kürzungsfiguren (detractio) verkürzen einen

Text durch Auslassung von Satzelementen. Die Positionsfiguren (transmutatio) beruhen auf

einer Abweichung in der Ordnung des Satzbaus (vgl. Ottmers 1996: 158–165; Ue-

ding/Steinbrink 1994: 299–308; Plett 2001: 35–55, 72–74).

5.1.1 Wiederholungsfiguren (repetitio, conduplicatio)

Geminatio (iteratio)

Verdoppelung eines Wortes oder einer Wortgruppe in unmittelbarer Folge (vgl. Ottmers 1996: 159; Lausberg

1963: 82ff.; Ueding/Steinbrink 1994: 302; Plett 2001: 42; Kolmer/Rob-Santer 2002: 65).

Beispiel: Hört, hört!

Diakope (seperatio)

Wiederholung eines Wortes oder einer Wortgruppe, unterbrochen durch einen kurzen Einschub (vgl. Ottmers

1996: 159; Plett 2001: 42f.).

Beispiel: Das hast du gut, wirklich gut hingekriegt.

47

Kyklos (redditio, inclusio) Der Anfang eines Satzes oder Teilsatzes wird am Ende wiederholt (vgl. Ottmers 1996: 159f.; Lausberg 1963: 87f.;

Ueding/Steinbrink 1994: 303; Plett 2001: 43f.; Kolmer/ Rob-Santer 2002: 67).

Beispiele: Keine Ahnung hast du, wirklich keine Ahnung.

Epanode (reversio)

Ein Teilsatz wird in umgekehrter Reihenfolge wiederholt (vgl. Ottmers 1996: 160; Kolmer/Rob-Santer 2002: 68).

Beispiel: Ich finde, du bist gemein, gemein bist du.

Anadiplose (reduplicatio)

Ein Wort oder eine Wortgruppe am Ende eines Satzes wird am Anfang des darauf folgenden Satzes wiederholt

(vgl. Ottmers 1996: 160; Lausberg 1963: 84f.; Ueding/Steinbrink 1994: 302; Plett 2001: 43; Kolmer/Rob-Santer

2002: 67f.).

Beispiel: Sie lieben leuchtende Farben. Farben können sich aber leicht auswaschen.

Gradatio (climax, connexio)

Das zuerst Genannte wird durch das jeweils Folgende überboten (vgl. Ottmers 1996: 160; Lausberg 1963: 85ff.;

Ueding/Steinbrink 1994: 302; Plett 2001: 43).

Beispiel: Gut, super gut, alles super gut!

Antiklimax

Umkehrung der Klimax (vgl. Ottmers 1996: 160; Kolmer/Rob-Santer 2002: 83f.).

Beispiel: Vom Regen in die Traufe.

Anapher (relatio)

Zwei oder mehr aufeinander folgende (Teil-)Sätze beginnen mit demselben Wort oder derselben Wortgruppe (vgl.

Ottmers 1996: 160; Lausberg 1963: 88f.; Ueding/Steinbrink 1994: 303; Plett 2001: 44; Kolmer/Rob-Santer 2002:

65f.). Beispiel: Nichts kann mich davon abbringen, nichts kann mich mehr aufhalten.

Epipher (conversio)

Zwei oder mehr aufeinander folgende (Teil-)Sätze enden mit demselben Wort oder derselben Wortgruppe (vgl.

Ottmers 1996: 160; Lausberg 1963: 89f.; Ueding/Steinbrink 1994: 303; Plett 2001: 44f.; Kolmer/Rob-Santer 2002:

66). Beispiel: Ende gut, alles gut.

Symploke (complexio, concursio)

Kombination von Anapher und Epipher:

Zwei oder mehr aufeinander folgende (Teil-)Sätze beginnen mit demselben Wort oder derselben Wortgruppe und

enden analog mit einem anderen Wort oder einer anderen Wortgruppe (vgl. Ottmers 1996: 160; Lausberg 1963:

90; Ueding/Steinbrink 1994: 303; Plett 2001: 45; Kolmer/Rob-Santer 2002: 66).

Beispiel: Er hat es weit gebracht, er hat es bis zum Major gebracht.

Polyptoton (traductio, metabole)

Ein Wort wird in anderer grammatikalischer Form, meist in anderer Flexionsform, wiederholt (vgl. Ottmers 1996:

160f.; Lausberg 1963: 92f.; Ueding/Steinbrink 1994: 303; Plett 2001: 47; Kolmer/Rob-Santer 2002: 61).

Beispiel: das Buch der Bücher

48

Figura etymologica Ein Wortstamm wird in einer anderen Wortform wiederholt (vgl. Ottmers 1996: 161; Lausberg 1963: 92; Ueding/

Steinbrink 1994: 304; Plett 2001: 47; Kolmer/Rob-Santer 2002: 62).

Beispiel: Jeder soll sein Leben leben, wie es ihm passt.

Paronomasie (annominatio, adnominatio)

Verknüpfung semantisch unterschiedlicher, aber klangähnlicher Wörter (vgl. Ottmers 1996: 161; Lausberg 1963:

91f.; Ueding/Steinbrink 1994: 304; Plett 2001: 47f.; Kolmer/Rob-Santer 2002: 62f.).

Beispiel: Träume sind Schäume.

Synonym

Wiederholung einer gleichen oder ähnlichen Wortbedeutung bei Verwendung unterschiedlicher Wörter (vgl. Ott-

mers 1996: 161; Lausberg 1963: 64, 93f., 97f.; Ueding/Steinbrink 1994: 288, 303f.; Plett 2001: 46; Kolmer/Rob-

Santer 2002: 80f.).

Beispiel: Sie verfolgten, hetzten, jagten ihn, bis er zusammenbrach.

Tautologie

Überflüssige Hinzufügung synonymer Wörter ohne semantische Erweiterung (vgl. Ottmers 1996: 161; Plett 2001:

45; Kolmer/Rob-Santer 2002: 79).

Beispiel: Ich persönlich unterstütze das voll und ganz.

Pleonasmus

Störende Wiederholung semantischer Merkmale durch überflüssige Hinzufügung (vgl. Ottmers 1996: 161f.; Plett

2001: 45; Kolmer/Rob-Santer 2002: 79).

Beispiel: weisser Schimmel

Diaphora

Ein Wort wird in einer anderen Bedeutung wiederholt. Verändert sich die Bedeutung innerhalb eines monologi-

schen Beitrags, so handelt es sich um eine Antistasis, im Dialog um eine Anaklasis (vgl. Ottmers 1996: 162;

Lausberg 1963: 115; Plett 2001: 46f.; Kolmer/Rob-Santer 2002: 63f.).

Beispiel: Nicht hartes Brot, sondern kein Brot zu haben ist hart.

Alliteration

Wiederholung eines einzelnen Lautes (vgl. Ottmers 1996: 162; Lausberg 1963: 116, 151f.; Plett 2001: 50f.; Kol-

mer/Rob-Santer 2002: 54, 56).

Beispiel: Veni vidi vici.

5.1.2 Kürzungsfiguren (detractio)

Ellipse (eclipsis, defectio, omissio)

Auslassung eines Wortes oder einer Wortgruppe (vgl. Ottmers 1996: 163; Lausberg 1963: 104; Ueding/Steinbrink

1994: 305; Plett 2001: 72f.; Kolmer/Rob-Santer 2002: 75f.).

Beispiel: Genverbotsinitiative NEIN!

49

Zeugma (adiunctio)

Auslassung von Satzelementen zwecks Verkürzung, wobei syntaktische oder semantische Fehler entstehen (vgl.

Ottmers 1996: 163f.; Lausberg 1963: 104ff.; Ueding/Steinbrink 1994: 305f.; Plett 2001: 73f.; Kolmer/ Rob-Santer

2002: 76f.). Beispiel: Die Sportgruppe ist im Hotel angekommen, und ihre Trainer mittlerweile auch.

5.1.3 Positionsfiguren (transmutatio)

Hyperbaton (traiectio, transgressio)

Zwei syntaktisch zusammengehörige Einheiten werden durch ein nicht dazugehöriges Element getrennt (vgl.

Ottmers 1996: 164; Lausberg 1963: 110; Ueding/Steinbrink 1994: 307; Kolmer/Rob-Santer 2002: 73ff.).

Beispiel: Mach dir heute einen Plan, damit du die Zeit gut einteilen kannst, und die darauf folgenden Tage auch.

Anastrophe (inversio, reversio)

Umstellung der üblichen Satzstellung (vgl. Ottmers 1996: 164; Lausberg 1963: 109; Ueding/Steinbrink 1994: 306;

Plett 2001: 36).

Beispiel: Heimtückisch hat er den Mord geplant und durchgeführt.

Hypallage (Enallage)

Falsches grammatisches Verhältnis zwischen einem Beiwort und seinem Beziehungswort. Zumeist wird ein Ad-

jektiv auf ein anderes Substantiv bezogen (vgl. Ottmers 1996: 164f.; Lausberg 1963: 103; Ueding/Steinbrink

1994: 306; Plett 2001: 36f.; Kolmer/ Rob-Santer 2002: 77f.).

Beispiel: eine heisse Tasse Tee

Hysteron proteron Verkehrung der zeitlichen oder logischen Reihenfolge (vgl. Ottmers 1996: 165; Lausberg 1963: 137f.; Ue-

ding/Steinbrink 1994: 306f.; Plett 2001: 37; Kolmer/ Rob-Santer 2002: 78).

Beispiele: Nach der Wahl ist vor der Wahl. Rettet die ungeborenen Kinder. Totgesagte leben länger.

Parallelismus

Zwei oder mehr Sätze oder Teilsätze sind parallel gebaut. Ist die Silbenzahl der Wörter und die Länge der Satz-

einheiten identisch, handelt es sich um ein Isokolon, sind sie nur annähernd gleich, um ein Parison (vgl. Ottmers

1996: 165; Lausberg 1963 vgl. Isocolon S. 111ff.; Ueding/Steinbrink 1994: 307f.; Plett 2001: 38f.; Kolmer/Rob-

Santer 2002: 69f.).

Beispiel: Wir weiten und engen, wir kürzen und längen.

Chiasmus

Bei zwei Sätzen oder Teilsätzen sind die Satzglieder einander entgegengesetzt (vgl. Ottmers 1996: 165f.; Laus-

berg 1963: 128–131; Ueding/Steinbrink 1994: 308; Plett 2001: 39; Kolmer/Rob-Santer 2002: 70).

Beispiel: Der Einsatz war gross, klein war der Gewinn.

Liegen die gleichen Wörter in umgekehrter Reihenfolge vor, so handelt es sich um eine Epanode.

Beispiel: Alle für einen, einer für alle.

50

5.2 Substitutionsfiguren (Tropen)

Allen Substitutionsfiguren gemeinsam ist, dass etwas an die Stelle von etwas anderem ge-

setzt wird (Substitution). Dabei kann ein Wort (Substituendum) durch ein anderes Wort oder

durch eine Wortgruppe (Substituens) ersetzt werden. Das Prinzip der Substitution, das auch

die Semiotik dem Zeichenprozess zugrunde legt (aliquid stat pro aliquo), ist zentral für die

konstruktivistische Metapherntheorie von Lakoff und Johnson (1998), die von der Sprache

annehmen, dass sie durch Metaphern strukturiert sei, die auf Primärerfahrungen mit der

physischen und kulturellen Umwelt beruhen.

Unterschieden werden die Substitutionsfiguren nach der Beziehung von ersetztem und er-

setzendem Begriff. Während bei den so genannten "Sprungtropen" (Metapher, Ironie etc.)

das Gesagte (verbum improprium) und das eigentlich Gemeinte (verbum proprium) aus un-

terschiedlichen ontologischen Bereichen entstammen, besteht bei den so genannten

"Grenzverschiebungstropen" (Metonymie, Synekdoche etc.) eine verwandtschaftliche Bezie-

hung ihrer Herkunftsbereiche (zu den Sprung- und Grenzverschiebungstropen vgl. Lausberg

1963: 65f., 68–80, 138–143; Plett 2001: 90 sowie die Übersichtsdarstellung bei Kolmer/Rob-

Santer 2002: 126.). Die Beziehung zwischen Gesagtem und eigentlich Gemeintem beruht

zudem auf Ähnlichkeit (ausser bei der Ironie, wo gerade die Unähnlichkeit entscheidend ist),

die über eine Vergleichsebene (tertium comparationis) vom Redner konstruiert und vom Hö-

rer rekonstruiert wird. Die Ähnlichkeit (similitudo) kann auf gemeinsamen semantischen

Merkmalen beruhen (wie beim Synonym) oder auf klanglicher Ähnlichkeit (wie bei der Ono-

matopoeia). Die Funktion der Substitutionsfiguren ist zudem vielfältig. Metaphern können

konventionelle Denk- und Sprachmuster überschreiten und so neue Phänomene erst fassbar

machen (Katachrese) oder bekannte in einem neuen Licht erscheinen lassen. Sie können

komplexe Sachverhalte vereinfachen und abstrakte konkretisieren. Nebst spielerischer Va-

riation und Veranschaulichung können Metaphern auch Mittel der Bewertung sein, indem sie

einen Sachverhalt mit einem anderen positiv oder negativ konnotierten Sachverhalt in eine

Ähnlichkeitsbeziehung setzen. Die Ironie schliesslich kann sich zwischen Sprachwitz, wohl-

wollender Kritik und Herablassung bewegen. Der Übergang zwischen Stilfiguren und Tropen

ist zudem fliessend: So können Tropen steigernde Funktion haben wie die Amplifikationsfigu-

ren (Hyperbel, Litotes, Emphase) oder wie semantische Figuren zur Umschreibung einge-

setzt werden (Periphrase, Euphemismus etc.) (vgl. Ottmers 1996: 166–182; Lausberg 1963:

65–80, 138–143; Ueding/Steinbrink 1994: 287–299; Plett 2001: 89–123; Kolmer/Rob-Santer

2002: 115–119, 125–146).

51

5.2.1 Sprungtropen

Metapher

Substitution eines Begriffs durch andere Begriffe, wobei das Gesagte mit dem tatsächlich Gemeinten in einer

Beziehung der Ähnlichkeit steht (tertium comparationis). Häufig handelt es sich um die Substitution von Unbeleb-

tem durch Belebtes (und umgekehrt) wie z.B. bei der Personifikation. Ebenso häufig ist die Substitution von Abs-

traktem durch Konkretes (und umgekehrt). In jedem Fall aber entstammen das Gesagte und das Gemeinte aus

ontologisch unterschiedlichen Bereichen (vgl. Ottmers 1996: 168ff.; Lausberg 1963: 79f.; Ueding/Steinbrink 1994:

295f.; Plett 2001: 100ff.; Kolmer/Rob-Santer 2002: 135–139). In der Antike betrachtete man die Metapher als

verkürzten Vergleich. Anstatt das eine mit dem anderen zu vergleichen, tritt es gleich an dessen Stelle (vgl. Kol-

mer/Rob-Santer 2002: 136). Gegenwärtige Metapherntheorien gehen jedoch von einer Interaktionsbeziehung

aus, wobei das Gesagte und das Gemeinte nicht nur über gemeinsame semantische Merkmale vergleichbar sind,

sondern diese auch gegenseitig übertragen und damit eine Vergleichsebene erst hervorbringen (vgl. Black 1954:

55–79; Richards 1936: 31–52).

Beispiel: Richard ist ein Löwe.

Metaphernfeld (continua metaphora)

Eine Metapher kann sich über längere Texteinheiten ausdehnen oder auch einen ganzen Text durchziehen und

prägen. Wird dabei wiederholt auf ein und dieselbe Metapher Bezug genommen, spricht man von einem Meta-

phernfeld (vgl. Ottmers 1996: 173; Ueding/Steinbrink 1994: 296f.).

Beispiel: Wirtschaftskapitäne haben es nicht einfach. Wenn Sturm aufkommt, stehen sie allein auf der Brücke und

müssen zusehen, wie sie wieder auf Kurs kommen.

Allegorie Eine Allegorie liegt vor, wenn unterschiedliche Metaphern gemeinsam ein Bild fügen (vgl. Ottmers 1996: 173f.;

Lausberg 1963: 80, 140f.; Plett 2001: 112ff.; Kolmer/Rob-Santer 2002: 139ff.).

Beispiel: Verbundene Augen bedeuten 'Unvoreingenommenheit', die Waage 'Gerechtigkeit', das Schwert 'Urteils-

fähigkeit'; als Attribute eines klassischen Standbildes stellen diese Metaphern die Justitia dar.

Ironie (illusio, irrisio, (dis)simulatio)

Substitution eines Begriffs durch andere Begriffe, wobei das Gesagte mit dem tatsächlich Gemeinten in einer

Beziehung der Unähnlichkeit steht; d.h. es wird etwas vorgespielt, das im vorliegenden Fall gar nicht existiert

(simulatio), während das Offensichtliche gerade verborgen wird (dissimulatio). Dabei wird nonverbal durch Mimik

und Gestik, paraverbal über die Prosodie oder verbal durch das Hinzufügen eigentlich redundanter Partikel dem

Adressaten bedeutet, dass das Gesagte nicht so gemeint ist (Ironiesignale). Die Ironie kann sich auf einzelne

Aussagen beschränken oder ganze Texte durchziehen. Zudem kann sie in unterschiedlicher Qualität auftreten:

neben einer unterhaltsamen Form (Asteïsmus) als wohlwollende Kritik (Charientismus), höhnische Blossstellung

(Diasyrmus), Verächtlichkeit (Mycterismus) oder Bitterkeit (Sarkasmus). Die Grenzen sind dabei fliessend (vgl.

Ottmers 1996: 177ff.; Lausberg 1963: 80, 141ff.; Ueding/Steinbrink 1994: 298f., 316; Plett 2001: 116ff.; Kolmer/

Rob-Santer 2002: 143ff.).

Beispiel: Du bist vielleicht ein Held! (als Beispiel für Charientismus)

52

5.2.2 Grenzverschiebungstropen

Metonymie (denominatio, transmutatio)

Substitution eines Begriffs durch andere Begriffe, wobei das Gesagte und das tatsächlich Gemeinte aus dem

gleichen ontologischen Bereich stammen. Das Verhältnis der Ähnlichkeit liegt also in der Nachbarschaft der Beg-

riffe begründet. So wird etwa die Wirkung anstelle der Ursache gesetzt, die Folge anstelle des Grundes, der

Raum für den Inhalt und Symbole für den damit bedeuteten Sachverhalt (vgl. Ottmers 1996: 174f.; Lausberg

1963: 77ff.; Ueding/Steinbrink 1994: 294; Plett 2001: 98f.; Kolmer/ Rob-Santer 2002: 134f.).

Beispiele: Er liest Goethe. Die kleine Kammer hat entschieden. Sie haben das Kriegsbeil ausgegraben.

Synekdoche (intellectio, conceptio, comprehensio)

Die Synekdoche ist eine spezielle Form der Metonymie, wobei das ontologische Ähnlichkeitsverhältnis von Ge-

sagtem und Gemeintem nicht nur qualitativer, sondern auch quantitativer Art ist, indem ein Teil für das Ganze

gesetzt wird (pars pro toto) oder das Ganze für einen Teil (totum pro parte), die Art für die Gattung oder die Ein-

zahl für die Mehrzahl (und umgekehrt) (vgl. Ottmers 1996: 175f.; Lausberg 1963: 70ff.; Ueding/Steinbrink 1994:

289f.; Plett 2001: 92; Kolmer/ Rob-Santer 2002: 130f.).

Beispiele: Skinheads; Waldsterben

Antonomasie (pronominatio)

Ein Eigenname wird umschrieben, und zwar durch eine typisierende Beifügung (epitheton) oder durch eine Um-

schreibung (periphrasis) (vgl. Ottmers 1996: 176; Lausberg 1963: 56, 73f.; Ueding/Steinbrink 1994: 290; Plett

2001: 93; Kolmer/ Rob-Santer 2002: 132f.).

Beispiele: der blutige Anfänger (epitheton); der Allmächtige; der Leibhaftige (periphrasis)

Appellativum Ein Eigenname wird durch den Eigennamen einer historischen oder mythologischen Person ersetzt, die ähnliche

Eigenschaften mit der damit bezeichneten Person besitzt (vgl. Ottmers 1996: 176; Lausberg 1963: 56; Ueding/

Steinbrink 1994: 290 zur Antonomasie; vgl. auch Plett 2001: 93ff.).

Beispiel: Der Mäzen des FC Basels zieht sich zurück.

Synonym

Ein Wort wird durch ein gleichbedeutendes ersetzt zum Zweck der Variation (vgl. Ottmers 1996: 167; Lausberg

1963: 64, 93f.; Ueding/Steinbrink 1994: 288; Plett 2001: 48f.; Kolmer/ Rob-Santer 2002: 80f.).

Beispiel: Werk oder Publikation als Variation für Buch

Onomatopoeia

Lautmalerei ersetzt Worte durch Laute, die dem sinnlichen Eindruck des Gemeinten ähnlich sind (vgl. Ottmers

1996: 179f.; Lausberg 1963: 151f.; Ueding/Steinbrink 1994: 288; Kolmer/Rob-Santer 2002: 59f.).

Beispiel: Es klingelt in der Staatskasse.

Hyperbel (superlatio)

Bewusste Übertreibung (amplificatio) in Anzahl, Grösse, Gewicht oder Intensität (vgl. Ottmers 1996: 180; Laus-

berg 1963: 76f., 139f.; Ueding/Steinbrink 1994: 271f., 293f.; Plett 2001: 96ff.; Kolmer/Rob-Santer 2002: 128ff.).

Beispiel: Ich habe dir schon tausendmal gesagt (…) Möglich ist auch die Untertreibung:

Beispiel: Könnte ich noch ein klitzekleines Stück Kuchen haben? (minutio)

53

Litotes (exadversio)

Scheinbare Untertreibung, tatsächlich aber eine Steigerung durch Verneinung des Gegenteils (vgl. Ottmers 1996:

180f.; Lausberg 1963: 76; Ueding/Steinbrink 1994: 289; Plett 2001: 96; Kolmer/Rob-Santer 2002: 133f.).

Beispiel: Das war nicht schlecht!

Emphase Emphase meint generell die Betonung eines Ausdrucks (z.B. durch Verdoppelung, Steigerung etc.) und ist heute

gebräuchlich für implizite Formen der Betonung (vgl. Ottmers 1996: 181; Lausberg 1963: 74ff., 138f.; Ueding/

Steinbrink 1994: 292f.; Plett 2001: 95; Kolmer/Rob-Santer 2002: 131f.).

Beispiele: Was für ein Tag!

Periphrase (circumlocutio, circumscriptio)

Ersetzung eines Wortes durch eine Wortgruppe (Umschreibung) (vgl. Ottmers 1996: 181; Lausberg 1963: 69f.,

139; Ueding/Steinbrink 1994: 288f.; Plett 2001: 68f., 91; Kolmer/Rob-Santer 2002: 126f.).

Beispiel: der Ritter von der traurigen Gestalt

Euphemismus

Beschönigung eines (gesellschaftlich tabuisierten) Sachverhalts (vgl. Ottmers 1996: 182; Lausberg 1963: 66;

Plett 2001: 91, 120; Kolmer/Rob-Santer 2002: 127f.).

Beispiel: Unser lieber Onkel ist von uns gegangen.

Aischrologie

Die Schimpfrede will mit Absicht brüskieren (vgl. Ottmers 1996: 182; Kolmer/Rob-Santer 2002: 115f.).

Beispiel: Diesen Frass krieg ich nicht runter.

Epitheton

Das schmückende Beiwort (epitheton ornans) bildet zusammen mit einem Substantiv eine feste Verbindung

zwecks Präzisierung oder Steigerung des Ausdrucks (vgl. Ottmers 1996: 182; Lausberg 1963:101f.; Ueding/

Steinbrink 1994: 291f.; Kolmer/Rob-Santer 2002: 80).

Beispiele: die Olympischen Spiele; die grosse Kammer; das schwarze Brett

Preziösität Gestelzte Formulierung (vgl. Ottmers 1996: 182; Lausberg 1963: 62f.; Kolmer/Rob-Santer 2002: 115).

Beispiel: Madame hat sich fürchterlich echauffiert.

Neologismus

Neuschöpfung eines Wortes (vgl. Ottmers 1996: 182; Lausberg 1963: 49; Ueding/Steinbrink 1994: 287; Kol-

mer/Rob-Santer 2002:118f.).

Beispiel: Scheininvalide

Archaismus

Veralteter Ausdruck (vgl. Ottmers 1996: 182; Lausberg 1963: 49; Ueding/Steinbrink 1994: 286f.; Kolmer/Rob-

Santer 2002:116f.).

Beispiel: Häscher für Gerichtsdiener

54

5.3 Argumentationsfiguren

Argumentationsfiguren unterstützen die Absichten und Ziele einer Rede und bringen die Ar-

gumentation voran, weshalb sie auch argumentationssteuernde Figuren genannt werden.

Allerdings dienen sie nicht allein dem rationalen Argumentieren, sondern auch einer affekti-

schen Argumentationsweise, die auf die Gefühle des Publikums wirken will. Ausgehend von

ihren Wirkungsabsichten bilden die Argumentationsfiguren drei Untergruppen: die kommuni-

kativen und appellativen Figuren, die semantischen Figuren und die personalen Figuren. Die

kommunikativen und appellativen Figuren (communicatio) sind primär auf das Publikum ge-

richtet, um dessen Aufmerksamkeit zu erregen, zu steigern oder zu bewahren. Die semanti-

schen Figuren sind primär auf die Sache gerichtet und die Art und Weise, wie der Redner

damit umgeht. Die personalen Figuren hingegen richten sich auf den Opponenten. Da sie

bewusst unsachlich und verletzend sind, stehen die personalen Figuren jedoch dem Ethos

des Redners entgegen, der sich durch Einsicht, Tugend und Wohlwollen auszeichnen sollte

(vgl. Aristoteles II.1.5; Ottmers 1996: 182–198; Ueding/Steinbrink 1994: 308–323; Plett 2001:

56–72, 74–88; Kolmer/Rob-Santer 2002: 75, 77–114).

5.3.1 Kommunikative und appellative Figuren (communicatio, deliberatio)

Rogatio (interrogatio)

Die rhetorische Frage erwartet keine Antwort, sondern impliziert sie, oder der Redner antwortet selbst (vgl. Ott-

mers 1996: 184; Lausberg 1963: 146f.; Ueding/Steinbrink 1994: 310f.; Plett 2001: 80; Kolmer/Rob-Santer 2002:

87f.). Beispiel: Wollen Sie etwa, dass der Steuerfuss angehoben wird?

Subiectio

Eine Abfolge von Fragen und Antworten, die der Redner monologisch inszeniert (polemisch oder ironisch) (vgl.

Ottmers 1996: 184; Ueding/Steinbrink 1994: 311f.; Plett 2001: 81f.; Kolmer/Rob-Santer 2002: 88).

Beispiel: Und hat der Täter daraufhin seinem Opfer geholfen? Nein, er hat gewartet, bis es kein Lebenszeichen

mehr von sich gab. Und hat er dann wenigstens einen Krankenwagen gerufen? Nein, er hat nur das Geld an sich

genommen und das Weite gesucht.

Aporie (dubitatio, deliberatio)

Gespielte Schwierigkeit des Redners mit dem Thema oder seiner Darstellung. Oft werden solche vorgegebenen

Zweifel als Bescheidenheitsgeste am Anfang einer Rede eingesetzt (Exordialtopoi) (vgl. Ottmers 1996: 184;

Lausberg 1963: 145; Ueding/Steinbrink 1994: 312f.; Plett 2001: 81; Kolmer/Rob-Santer 2002: 89).

Beispiele: Womit soll ich beginnen? …wie soll ich sagen…?

55

Correctio Selbstkorrektur des eigenen Standpunktes in Form eines Exkurses, der zurück zur eigenen Argumentation lenkt

oder punktuell der Steigerung des Ausdrucks dient (vgl. Ottmers 1996: 184; Lausberg 1963: 85, 124; Ueding/

Steinbrink 1994: 314; Plett 2001: 59f.; Kolmer/ Rob-Santer 2002: 96).

Beispiel: Er hat berechnend, nein, kaltblütig gehandelt.

Concessio (confessio)

Scheinbare Kapitulation vor den gegnerischen Argumenten, meist ironisch herablassend, um sie anschliessend

mit noch überzeugenderen Argumenten zu übertreffen (vgl. Ottmers 1996: 184; Lausberg 1963: 145; Ueding/

Steinbrink 1994: 318; Plett 2001: 82: Kolmer/Rob-Santer 2002: 95).

Beispiel: Sie haben vollkommen Recht, wenn sie behaupten, dass die Wirtschaft in den letzten Jahren keinen

Aufschwung erlebt hat. Das hat ja auch ihre Fraktion zu verantworten.

Obsecratio Scheinbare Ratlosigkeit mit der Bitte (des Publikums) um Beistand. In der Antike und später auch in literarischen

Textgattungen ist auch der Götteranruf, die Invocatio, gebräuchlich (vgl. den Götteranruf Ovids in den Metamor-

phosen) (vgl. Ottmers 1996: 184f.; Lausberg 1963: 146; Plett 2001: 81; Kolmer/Rob-Santer 2002: 91).

Beispiel: Dann sagen Sie mir bitte, was ich hätte tun sollen.

Permissio

Aufforderung bzw. Erlaubnis des Publikums, mit der Rede fortzufahren (vgl. Ottmers 1996: 185; Lausberg 1963:

142; Ueding/Steinbrink 1994: 314; Plett 2001: 83; Kolmer/Rob-Santer 2002: 89f.).

Beispiel: Wer etwas gegen diese Verbindung einzuwenden hat, bringe es vor oder schweige für immer.

Exclamatio

(Gespielter) Ausruf, der an die Gefühle des Publikums appelliert (vgl. Ottmers 1996: 185; Lausberg 1963: 147;

Ueding/Steinbrink 1994: 313; Plett 2001: 83f.; Kolmer/Rob-Santer 2002: 92f.).

Beispiel: Ach ja? Tatsächlich? Und das sollen wir ihnen nun glauben?

Sermocinatio (allocutio, imitatio, percontatio)

Die Rede eines anderen wird referiert oder es wird mit jemandem ein fiktiver Dialog geführt. Dies kann auch zur

negativen Charakterisierung des Opponenten eingesetzt werden (vgl. Ottmers 1996: 185; Lausberg 1963: 143f.;

Ueding/Steinbrink 1994: 319f.; Plett 2001: 85ff.; Kolmer/ Rob-Santer 2002: 93).

Beispiel: Ihr Fraktionsvorsitzender würde nun wahrscheinlich sagen…

56

5.3.2 Semantische Figuren

Praeparatio (propositio)

Ankündigung der folgenden Redeteile zu Beginn einer Rede oder eines Redeabschnittes (vgl. Ottmers 1996: 186;

Lausberg 1963: 27, 97; Ueding/Steinbrink 1994: 318f.; Plett 2001: 82; Kolmer/ Rob-Santer 2002: 94).

Beispiele: Zuerst komme ich auf (…) zu sprechen, anschliessend werde ich kurz erläutern (…)

oder: Hiermit kommen wir zum Schluss.

Definitio

Begriffe, die für die Argumentation zentral sind, werden erläutert (vgl. Ottmers 1996: 186; Lausberg 1963: 123;

Ueding/Steinbrink 1994: 289; Plett 2001: 58f.; Kolmer/Rob-Santer 2002: 109ff.).

Beispiel: Der Leistungsauftrag der SRG sieht nicht nur Bildung, sondern auch Unterhaltung vor.

Antizipation (praeventio, praesumptio, praeoccupatio, conciliatio)

Vorwegnahme der gegnerischen Argumente, um sie auszuräumen und den Weg zu bereiten für die eigenen

Argumente (vgl. Ottmers 1996: 187; Lausberg 1963: 123f.; Ueding/Steinbrink 1994: 318; Plett 2001: 82; Kolmer/

Rob-Santer 2002: 94f.).

Beispiel: Sie werden nun vielleicht einwenden, dass damit die Kosten auf die Patienten abgeschoben werden.

Tatsächlich aber wurden diese Therapien in die Grundversicherung aufgenommen.

Concessio Ein partielles Zugeständnis, das anschliessend wieder ganz oder teilweise widerrufen wird (vgl. Ottmers 1996:

187; Lausberg 1963: 145; Ueding/Steinbrink 1994: 318; Plett 2001: 82; Kolmer/Rob-Santer 2002: 95).

Beispiel: Es stimmt zwar, dass die Mietkosten aufgrund der Renovation gestiegen sind, mit der neuen Isolation

konnten aber gleichzeitig die Heizkosten um mehr als die Hälfte gesenkt werden.

Konsens (consensio)

Übereinstimmung mit der gegnerischen Seite, möglicherweise aus taktischen Gründen (vgl. Ottmers 1996: 187).

Beispiel: Wir sind uns einig, dass die Krankenkassenprämien gesenkt werden müssen. Ich verstehe daher nicht,

weshalb ihre Partei das Reformpaket bekämpft.

Correctio

Zurückweisung eines gegnerischen Arguments verbunden mit einer Richtigstellung (vgl. Ottmers 1996: 187;

Lausberg 1963: 124; Ueding/Steinbrink 1994: 314; Plett 2001: 59f.; Kolmer/Rob-Santer 2002: 96).

Beispiel: Es entspricht schlicht und einfach nicht den Tatsachen, wenn sie behaupten, der Konkurs sei dem Ver-

waltungsrat anzulasten. Vielmehr wurden im Management gravierende Fehler begangen.

Dilemma (divisio)

Argumente werden dialektisch gegeneinander erwogen, oft in Form einer antithetischen Struktur (vgl. Ottmers

1996: 187; Lausberg 1963: 126; Ueding/Steinbrink 1994: 314; Plett 2001: 59).

Beispiel: Einerseits haben sie Recht, wenn sie sagen (…), andererseits müssen sie aber bedenken (…)

Aposiopese (praecisio, interruptio, reticentia)

Redeabbruch im Affekt (vgl. Ottmers 1996: 188; Lausberg 1963: 104, 137; Ueding/Steinbrink 1994: 322f.; Plett

2001: 76; Kolmer/ Rob-Santer 2002: 98).

Beispiel: Aber lassen wir das…

57

Paralipse (occupatio, praeteritio)

Erklärung, dass der Redner auf einen Gegenstand nicht eingehen will, wodurch dieser gerade betont wird (vgl.

Ottmers 1996: 187f.; Lausberg 1963: 137; Ueding/Steinbrink 1994: 317f.; Plett 2001: 75f.; Kolmer/Rob-Santer

2002: 97f.).

Beispiel: Ich brauche hier nicht näher zu erläutern, wie sehr meine Mandantin unter den Folgen der physischen

Attacke gelitten hat. Ganz zu schweigen von der psychischen Belastung.

Die Paralipse kann auch den Charakter einer Allusio annehmen, beispielsweise wenn etwas suggeriert werden

soll, was man nicht offen aussprechen will.

Beispiel: Wir können uns ja denken, was die beiden da so allein gemacht haben.

Apostrophe (aversio)

Der Redner wendet sich von seinem Publikum ab und einem anderen (fiktiven) Gegenüber zu (vgl. Ottmers 1996:

188; Lausberg 1963: 145f.; Ueding/Steinbrink 1994: 321f.; Plett 2001: 84f.; Kolmer/ Rob-Santer 2002: 90).

Beispiel: Und dem Bundesrat in Bern möchte ich von dieser Stelle aus zurufen…

Licentia

Eine Entschuldigung mit Bitte um Erlaubnis etwas vorzubringen, das kaum auf Akzeptanz stossen kann (vgl.

Ottmers 1996: 189; Lausberg 1963: 145; Ueding/Steinbrink 1994: 315; Kolmer/Rob-Santer 2002: 98f.).

Beispiel: Auch wenn sie das jetzt nicht gerne hören, muss ich sie bitten, die Regeln zu beachten.

Enumeratio (dinumeratio)

Aufzählung im Sinne einer Aneinanderreihung von Einzelelementen, die in einem Zusammenhang stehen (vgl.

Ottmers 1996: 189f.; Lausberg 1963: 98ff.; Plett 2001: 58; Kolmer/Rob-Santer 2002: 100f.).

Beispiel: Unter den Demonstranten waren junge und alte Leute, Frauen wie Männer.

Descriptio

Veranschaulichende Beschreibung eines Gegenstandes oder Sachverhalts durch Aufzählung von Details (vgl.

Ottmers 1996: 190; Lausberg 1963: 119; Plett 2001: 63ff.; Kolmer/Rob-Santer 2002: 101ff.).

Beispiel: Wer mit dem Existenzminimum leben muss, kann die Fixkosten für Miete und Krankenkasse nur knapp

berappen. Der Speiseplan ist auf das Notwendige beschränkt und der Kaffee unerschwinglich.

Distributio (digestio, partitio)

Aufzählung, wobei ein Überbegriff durch seine Unterbegriffe erläutert wird (vgl. Ottmers 1996: 190; Lausberg

1963: 98, 100ff.; Plett 2001: 57f.; Kolmer/Rob-Santer 2002: 101).

Beispiel: Die Schweiz braucht eine schlagkräftige Armee: Flieger, Panzer, Sturmgewehre modernen Typs.

Polysyndeton (acervatio)

Aufzählung, wobei die einzelnen Glieder durch Konjunktionen verbunden sind (vgl. Ottmers 1996: 190f.; Lausberg

1963: 81f.; Ueding/Steinbrink 1994: 304f.; Plett 2001: 74f.; Kolmer/ Rob-Santer 2002: 71).

Beispiel: Da gab es Kuchen und Schokolade und Erdbeereis und alles, was man sich nur wünschen kann.

Asyndeton (dissolutio)

Aufzählung, wobei die einzelnen Glieder ohne Konjunktionen aufeinander folgen (vgl. Ottmers 1996: 191; Laus-

berg 1963: 81f., 108f.; Ueding/Steinbrink 1994: 304f.; Plett 2001: 74f.; Kolmer/Rob-Santer 2002: 72).

Beispiel: Wollen wir Tamilen, Jugoslawen, Türken die Einbürgerung verweigern?

Similitudo (comparatio)

58

Der Vergleich illustriert einen Begriff oder Gedanken innerhalb einer Argumentationsführung durch einen ande-

ren, ähnlichen Begriff oder Gedanken. Voraussetzung ist eine Vergleichbarkeit, die auf Ähnlichkeit beruht (tertium

comparationis). Ist der Vergleich nicht nur lokal, sondern zieht er sich über eine längere Texteinheit, so handelt es

sich um ein Gleichnis (vgl. Ottmers 1996: 191f.; Lausberg 1963: 133ff.; Ueding/Steinbrink 1994: 286; Plett 2001:

70ff.; Kolmer/ Rob-Santer 2002: 105f.).

Beispiel: Mit den Hooligans ist es wie mit den Kindern: Man muss ihnen alles ganz genau erklären: dass man

nicht auf den Rasen spuckt, nicht mit Flaschen wirft und nicht die anderen Fans verhaut.

Exemplum (paradeigma)

Das Beispiel kann sowohl schmückende als auch beweisende Funktion haben, indem es einen Sachverhalt an-

schaulich verdeutlicht (illustratives Beispiel) oder als Beleg für eine aufgestellte Behauptung herangezogen wird

(induktives Beispiel) (vgl. Ottmers 1996: 192; Lausberg 1963: 135; Ueding/Steinbrink 1994: 267f.; Plett 2001: 71f.;

Kolmer/ Rob-Santer 2002: 107f., 198–202).

Sententia

Sinn- und Denkspruch, der in knapper, einprägsamer Formulierung allgemein Bekanntes oder Akzeptiertes auf

den Punkt bringt. Als argumentative Verkürzung kann sie komplexe Sachverhalte auch unzulässig simplifizieren

oder pejorativ als Vorurteil eingesetzt werden (vgl. Ottmers 1996: 192; Lausberg 1963: 131f.; Ueding/Steinbrink

1994: 268f.; Kolmer/Rob-Santer 2002: 108f.). Gemäss Lausberg (1963) ist die Sententia ein "semantisch infiniter

Satz, der mit dem Anspruch normativer Geltung auftritt" (S. 168). Am Schluss eines argumentierenden oder nar-

rativen Gedankengangs wird diese Figur auch Epiphonema genannt (vgl. ebd. S. 132)

Beispiel: Das Boot ist voll.

Allusio (Significatio) Eine Anspielung bzw. Andeutung besagt mehr, als sie explizit zu erkennen gibt. Sie kann bspw. auf einen ande-

ren Text anspielen, so dass in der Verfremdung das Original erkennbar ist. Abwandlungen dieser Art kommen oft

in Form von Wortspielen mit allgemein bekannten Denk- und Werbesprüchen vor (vgl. Ottmers 1996: 192; Laus-

berg 1963: 138ff.; Kolmer/Rob-Santer 2002: 142f.).

Beispiel: Endspiel gut, alles gut.

Parenthese (interpositio, declinatio, interpellatio)

Kurzer, ergänzender Einschub innerhalb einer Argumentationsführung (vgl. Ottmers 1996: 193; Lausberg 1963:

138; Ueding/Steinbrink 1994: 301f.; Plett 2001: 69; Kolmer/Rob-Santer 2002: 74f., auch Paraphrase ebd. S. 111).

Beispiel: Das Existenzminimum – und es handelt sich wirklich um ein absolutes Minimum – sollte jedem zukom-

men, der ausweisen kann, durch Arbeit den Lebensunterhalt nicht eigenständig bestreiten zu können.

Exkurs (digressio)

Längerer Einschub innerhalb einer Argumentation in Form einer in sich geschlossenen Texteinheit (vgl. Ottmers

1996: 193; Lausberg 1963: 144; Plett 2001: 70; Kolmer/Rob-Santer 2002: 111f.).

Klimax (gradatio, progressio)

Eine Steigerung, die sich stufenweise über längere Passagen aufbaut. (Sie ist ausgedehnter, als die gleichnami-

ge Amplifikationsfigur, und beruht zudem nicht auf der Wiederholung von Worten) (vgl. Ottmers 1996: 194; Laus-

berg 1963: 85f.; Ueding/Steinbrink 1994: 302; Plett 2001: 68; Kolmer/Rob-Santer 2002: 82f.).

Antiklimax (extenuatio)

Herabstufung über längere Passagen (vgl. Ottmers 1996: 194; Kolmer/Rob-Santer 2002: 83f.).

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Antithese (contentio, contrarium, oppositio)

Wörter, Wortgruppen, (Teil-)Sätze oder ganze Textabschnitte sind einander semantisch konträr gegenüber ge-

stellt. Dabei müssen die Gegensätze nicht absolut sein, sondern können auch relativ sein (vgl. Ottmers 1996:

194; Lausberg 1963: 126ff.; Ueding/Steinbrink 1994: 308, 313; Plett 2001: 60f.; Kolmer/Rob-Santer 2002: 84).

Beispiel: Während man gut Verdienende mit Steuergeschenken belohnt, werden kinderreiche Familien durch

diese Regelung noch zusätzlich belastet.

Regressio

Antithetische Konfrontation, indem ein Redner kontradiktorisch auf seinen Vorredner Bezug nimmt (vgl. Ottmers

1996: 194; Lausberg 1963: 128; Kolmer/Rob-Santer 2002: 68f.).

Beispiel: Wenn mein Ratskollege zuvor gesagt hat, dass die Preise sinken werden, so ist das völlig haltlos.

Subiectio (ratiocinatio)

Inszeniertes Frage-Antwort-Spiel, um einen Gedanken zu entfalten. (Im Gegensatz zur gleichnamigen kommuni-

kativen Figur appelliert die semantische Figur aber weniger an das Publikum, sondern ist mehr auf die Sache und

auf die Überlegungen des Redners gerichtet) (vgl. Ottmers 1996: 194; Lausberg 1963: 40, 144; Ueding/Steinbrink

1994: 311f.; Plett 2001: 81f.; Kolmer/ Rob-Santer 2002: 88).

Beispiel: Könnte es sein, dass das Fenster nicht verschlossen, sondern nur angelehnt war? Und falls ja, wäre es

denkbar, dass der Täter nicht durch die Hintertür, sondern durch eben dieses Fenster eingestiegen ist?

Oxymoron

Antithetische Verbindung zweier Begriffe (vgl. Ottmers 1996: 194; Lausberg 1963: 127; Ueding/Steinbrink 1994:

313f.; Plett 2001: 61f.; Kolmer/ Rob-Santer 2002: 84f.).

Beispiel: Dichtung und Wahrheit

Contradictio in adiectio

Ein Beiwort, das mit seinem Bezugswort im Widerspruch steht (vgl. Ottmers 1996: 194; Lausberg 1963: ; Plett

2001: 62).

Beispiel: schwarze Milch

Paradoxon

Miteinander verbundene, gegensätzliche Satzglieder, die vordergründig einen Widerspruch bilden, auf einer wei-

teren Interpretationsebene aber einen Sinn ergeben (vgl. Ottmers 1996: 195; Ueding/Steinbrink 1994: 314; Kol-

mer/Rob-Santer 2002: 85f.).

Beispiele: Kein Leben ohne Tod.

Antimetabole (commutatio)

Chiastische Wortstellung einer Antithese (vgl. Ottmers 1996: 195; Lausberg 1963: 126f.; Ueding/Steinbrink 1994:

308; Plett 2001: 61; Kolmer/Rob-Santer 2002: 70f.).

Beispiel: Nicht um zu essen, lebe ich, sondern um zu leben, esse ich. (Quintilian)

Antithetischer Parallelismus

Wortgruppen oder (Teil-)Sätze, deren Satzglieder parallel geordnet und semantisch gegensätzlich sind (vgl. Ott-

mers 1996: 195; Lausberg 1963: 126f.; Kolmer/Rob-Santer 2002: 69).

Beispiele: Die Alten zum Rat, die Jungen zur Tat. Frieden den Hütten, Krieg den Palästen.

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5.3.3 Personale Figuren

Nach antikem Ideal sollte die Rede dem Gemeinwohl dienen – dies nicht zuletzt im Bewusst-

sein der Kraft, die Rhetorik entfalten kann. Vom perfectus orator (Cicero) bzw. vir bonus

(Quintilian) wurde daher auch eine ethisch-moralische Befähigung erwartet. Was nun die

personalen Figuren betrifft, so stehen sie den drei ethischen Qualitäten des Redners – Ein-

sicht, Integrität, Wohlwollen – entgegen (vgl. Ottmers 1996: 120). Daher wurden diese Figu-

ren auch nicht gelehrt, um sie anzuwenden, sondern um sie zu erkennen und sich gegebe-

nenfalls dagegen wehren zu können. Hauptmerkmal der personalen Figuren ist, dass sie

nicht auf die Sache bezogen, sondern gegen den Opponenten gerichtet sind. Meistens han-

delt es sich um bewusst verletzende Angriffe (vgl. ebd. S. 196). Kommunikative und appella-

tive Figuren können ebenfalls personalisiert eingesetzt werden, vgl. z.B. indiskrete Fragen

oder störende Zwischenrufe. Ebenso können Tropen durch negative Bezüge abwerten. Be-

sonders dankbar für eine verdeckt geführte, persönliche Verletzung sind die Spielarten der

Ironie. Ob sich eine Rede gegen den Opponenten richtet, ist daher weniger eine Frage der

gewählten Stilmittel als eine Frage des rednerischen Ethos im Umgang derselben.

Obiurgatio Ein an den Opponenten gerichteter Tadel (vgl. Ottmers 1996: 196).

Beispiel: Dieses Defizit haben wir den Linken und den Netten zu verdanken.

Iracundia

Schimpfrede, die im Zorn über einen Opponenten herzieht (vgl. Ottmers 1996: 196).

Exsecratio

Verwünschung eines Opponenten (vgl. Ottmers 1996: 196; Kolmer/Rob-Santer 2002: 91).

Beispiel: Geh doch nach Moskau!

Laesio

Verletzung des Opponenten, die oft verdeckt durchgeführt wird, indem auf tatsächliche oder vermeintliche

Schwachstellen der Persönlichkeit angespielt wird. Hier kommt das ganze Spektrum der gesellschaftlichen Vorur-

teile zum Einsatz (vgl. Ottmers 1996: 196f.).

Beispiele: Wir brauchen keine Quotenfrauen, der Bessere soll sich bewähren.

Illusio (inlusio)

Ironische, oft subtile Verspottung aus einer Position der Überlegenheit bzw. Überheblichkeit (vgl. Ottmers 1996:

197; Lausberg 1963: 80; vgl. Plett 2001 zu Ironie S. 116–123, ebenso Kolmer/Rob-Santer 2002: 143ff.).

Beispiel: Haben wir heute mal wieder einen schlechten Tag?

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