reduktion kardiovaskulärer ereignisse durch losartan?

4
(sn) β-Blocker und Diuretika sind in der Therapie hypertensiver Patienten als Mit- tel der Wahl zur Reduktion kardivaskulä- rer Ereignisse etabliert. Als Risikofaktor für die kardiovaskuläre Morbidität gilt auch die hypertoniebedingte linksventri- kuläre Hypertrophie (LVH). Da diese an- giotensinabhängig ist, könnte die AT-I- Blockade die LVH vermindern und damit das kardiovaskuläre Risiko senken. Ziel der LIFE-Studie (Losartan intervention for endpoint reduction; [2]) war, diese mögliche Risikoreduktion im Vergleich zur β-Blockade zu untersuchen. Insbesondere bei Patienten mit Diabe- tes mellitus verdoppelt sich bei Hyper- tonie das Risiko kardiovaskulärer Er- krankungen. Zur präventiven Therapie der Wahl bei hypertensiven Diabetikern gibt es bislang keine einheitlichen Emp- fehlungen. In einer Subgruppenanalyse [5] wurde daher der präventive Effekt von Losartan vs. Atenolol bei hyperten- siven Diabetikern untersucht. Zusammenfassung der Studie Studiendesign Doppelblinde, randomisierte 2-armige Multicenterstudie an 945 Zentren in Skan- dinavien, England und USA. Einschlusskriterien Hypertonie: Blutdruck im Sitzen sys- tolisch 160–200 mmHg, diastolisch 95–115 mmHg, Klinische Studien: LIFE H. Schunkert · Medizinische Klinik II, Universitätsklinikum Lübeck Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse durch Losartan? Die LIFE-Studie linksventrikuläre Hypertophie im EKG (Cornell-Voltage oder Sokolow- Lyon-Index), Alter zwischen 55 und 80 Jahren. In der Subgruppenanalyse: Diabetes mellitus entsprechend der WHO-Richtlinien sowie o. g. Krite- rien. Ausschlusskriterien Sekundäre Hypertonie, Myokardinfarkt, Insult in den 6 Mo- naten vor Studienbeginn, β-blocker- pflichtige Angina pectoris, linksven- trikuläre Ejektionsfraktion <40%. Endpunkte Primär: kombinierter Endpunkt aus Tod, Herzinfarkt, Schlaganfall. Sekundär: Gesamtmortalität, Angina pectoris, Herzinsuffizienz, Herzstill- stand, neu aufgetretener Diabetes mellitus, Notwendigkeit von korona- rer oder peripherer Revaskularisa- tion. Methodik In die LIFE-Studie wurden 9222 Hyper- toniker eingeschlossen.Nach 1- bis 2-wö- chiger Run-in-Phase mit Placebotherapie und Blutdruckwerten gemäß den Ein- schlusskriterien wurden die Patienten auf Atenolol (n=4588) oder Losartan (n=4605) randomisiert. Daraufhin erfolg- te eine schrittweise Hypertonieeinstellung bis zum Zielblutdruck von 140/90 mmHg: die Primärdosis von 50 mg wurde ggf. mit 12,5 mg Hydrochlorthiazid ergänzt, da- nach wurde die Dosis auf 100 mg Ateno- lol bzw. Losartan mit Diuretikum erhöht, ggf. die Diuretikadosis verdoppelt oder weitere antihypertensive Medikation ver- abreicht. Die Patienten wurden 4 Jahre lang überwacht. Bei der Intention-to-treat- Analyse der Studienergebnisse gingen die Daten von 9193 Patienten in die Auswer- tung ein. In der Subgruppenanalyse wur- den von den insgesamt 9193 Hypertoni- kern 1195 Patienten mit bestehendem Dia- betes mellitus als separate Subgruppe ana- lysiert [5]. Der Internist 3 · 2003 | 367 Internist 2003 · 44: 367–370 DOI 10.1007/s00108-003-0865-0 Online publiziert: 6 Februar 2003 © Springer-Verlag 2003 Wissenschaftlicher Beirat K. Kochsiek, Würzburg W. Lehmacher, Köln P.Stiefelhagen, Hachenburg M.Wehling, Mannheim T. R.Weihrauch,Wuppertal Originalliteratur 1. Dahlöf B for the LIFE Study Group (2002) Cardiovascular morbidity and mortality in the Lorsatan Intervention For Endpoint reduction in hypertension study (LIFE): a randomised trial against atenolol. Lancet 359:995–1003 2. Lindholm LH for the LIFE Study Group (2002) Cardiovascular morbidity and mortality in patients with diabetes in the Lorsatan Intervention For Endpoint reduc- tion in hypertension study (LIFE): a ran- domised trial against atenolol. Lancet 359:1004–1010

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(sn) β-Blocker und Diuretika sind in derTherapie hypertensiver Patienten als Mit-tel der Wahl zur Reduktion kardivaskulä-rer Ereignisse etabliert. Als Risikofaktorfür die kardiovaskuläre Morbidität giltauch die hypertoniebedingte linksventri-kuläre Hypertrophie (LVH). Da diese an-giotensinabhängig ist, könnte die AT-I-Blockade die LVH vermindern und damitdas kardiovaskuläre Risiko senken. Zielder LIFE-Studie (Losartan interventionfor endpoint reduction; [2]) war, diesemögliche Risikoreduktion im Vergleichzur β-Blockade zu untersuchen.Insbesondere bei Patienten mit Diabe-tes mellitus verdoppelt sich bei Hyper-tonie das Risiko kardiovaskulärer Er-krankungen. Zur präventiven Therapieder Wahl bei hypertensiven Diabetikerngibt es bislang keine einheitlichen Emp-fehlungen. In einer Subgruppenanalyse[5] wurde daher der präventive Effektvon Losartan vs. Atenolol bei hyperten-siven Diabetikern untersucht.

Zusammenfassung der Studie

Studiendesign

Doppelblinde, randomisierte 2-armigeMulticenterstudie an 945 Zentren in Skan-dinavien, England und USA.

Einschlusskriterien

▂ Hypertonie: Blutdruck im Sitzen sys-tolisch 160–200 mmHg, diastolisch95–115 mmHg,

Klinische Studien: LIFE

H. Schunkert · Medizinische Klinik II, Universitätsklinikum Lübeck

Reduktion kardiovaskulärerEreignisse durch Losartan?Die LIFE-Studie

▂ linksventrikuläre Hypertophie imEKG (Cornell-Voltage oder Sokolow-Lyon-Index),

▂ Alter zwischen 55 und 80 Jahren.

In der Subgruppenanalyse:

▂ Diabetes mellitus entsprechend derWHO-Richtlinien sowie o. g. Krite-rien.

Ausschlusskriterien

▂ Sekundäre Hypertonie,▂ Myokardinfarkt, Insult in den 6 Mo-

naten vor Studienbeginn,β-blocker-pflichtige Angina pectoris, linksven-trikuläre Ejektionsfraktion <40%.

Endpunkte

▂ Primär: kombinierter Endpunkt ausTod, Herzinfarkt, Schlaganfall.

▂ Sekundär: Gesamtmortalität,Anginapectoris, Herzinsuffizienz, Herzstill-stand, neu aufgetretener Diabetesmellitus, Notwendigkeit von korona-rer oder peripherer Revaskularisa-tion.

Methodik

In die LIFE-Studie wurden 9222 Hyper-toniker eingeschlossen.Nach 1- bis 2-wö-chiger Run-in-Phase mit Placebotherapieund Blutdruckwerten gemäß den Ein-schlusskriterien wurden die Patientenauf Atenolol (n=4588) oder Losartan

(n=4605) randomisiert.Daraufhin erfolg-te eine schrittweise Hypertonieeinstellungbis zum Zielblutdruck von 140/90 mmHg:die Primärdosis von 50 mg wurde ggf.mit12,5 mg Hydrochlorthiazid ergänzt, da-nach wurde die Dosis auf 100 mg Ateno-lol bzw.Losartan mit Diuretikum erhöht,ggf. die Diuretikadosis verdoppelt oderweitere antihypertensive Medikation ver-abreicht.

Die Patienten wurden 4 Jahre langüberwacht. Bei der Intention-to-treat-Analyse der Studienergebnisse gingen dieDaten von 9193 Patienten in die Auswer-tung ein.In der Subgruppenanalyse wur-den von den insgesamt 9193 Hypertoni-kern 1195 Patienten mit bestehendem Dia-betes mellitus als separate Subgruppe ana-lysiert [5].

Der Internist 3 · 2003 | 367

Internist 2003 · 44: 367–370DOI 10.1007/s00108-003-0865-0Online publiziert: 6 Februar 2003© Springer-Verlag 2003

Wissenschaftlicher Beirat

K. Kochsiek,Würzburg

W. Lehmacher, Köln

P. Stiefelhagen, Hachenburg

M.Wehling, Mannheim

T. R.Weihrauch,Wuppertal

Originalliteratur

1. Dahlöf B for the LIFE Study Group (2002)

Cardiovascular morbidity and mortality

in the Lorsatan Intervention For Endpoint

reduction in hypertension study (LIFE):

a randomised trial against atenolol.

Lancet 359:995–1003

2. Lindholm LH for the LIFE Study Group

(2002) Cardiovascular morbidity and

mortality in patients with diabetes in the

Lorsatan Intervention For Endpoint reduc-

tion in hypertension study (LIFE): a ran-

domised trial against atenolol. Lancet

359:1004–1010

Klinische Studien: LIFE

Ergebnisse

Von den 9193 Patienten erlitten 1096 in44.119 Patienten-Follow-up-Jahren denprimären Endpunkt aus Tod,Herzinfarktoder Schlaganfall. In der Losartangruppewaren dies 508 der 4605 Patienten und inder Atenololgruppe 588 der 4588 Patien-ten,entsprechend einer absoluten Risiko-reduktion von 12,8% auf 11,0% (p=0,021;Tabelle 1). Der durchschnittliche Follow-up-Zeitraum betrug 4,8 Jahre.Am Studien-ende nahmen 77% der Losartan- und 73%der Atenololpatienten die Studienmedi-kation mit einer Durchschnittsdosierungvon 82 mg bzw. 79 mg ein.

Der sitzend gemessene systolischeBlutdruck sank unter Losartan um durch-schnittlich 30,2 mmHg und unter Ateno-lol um 29,1 mmHg (p=0,017), der diasto-lische Wert um 16,6 mmHg bzw.16,8 mmHg (p=0,37).Der Durchschnitts-blutdruck betrug 144,1/81,3 mmHg für dieLosartan- und 145,4/80,9 mmHg für dieAtenololgruppe. Insgesamt erreichten2268 (49%) bzw.2099 (46%) Patienten ei-nen Blutdruck <140/80 mmHg.Die Herz-frequenz sank unter Atenolol deutlicherals unter Losartan: -7,7 vs.-1,8 Schläge/min(p<0,0001).

Als Indikator für die LVH konnte dieCornell-Voltage unter Losartan um290 mm × ms und unter Atenolol um124 mm × ms gesenkt werden (p<0,0001),der Sokolow-Lyon-Index um 4,6 vs.2,7 mm (p<0,0001).

Unter Losartan war die Inzidenz vonneu aufgetretenem Diabetes mellitus um25% geringer (241 vs. 319 Patienten).

SubgruppenanalyseVon den 586 Losartanpatienten erreich-ten 103 den primären Endpunkt (Tod,Herzinfarkt, Schlaganfall), im Vergleich

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zu 139 von 609 Atenololpatienten (ent-sprechend einer absoluten Risikoreduk-tion von 22,8% auf 17,6%; p=0,031; Tabel-le 2).In beiden Gruppen wiesen demnachinsgesamt 242 Patienten in 5596 Patien-ten-Follow-up-Jahren den kombiniertenEndpunkt auf. Der Follow-up-Zeitraumder 1195 Patienten mit bestehendem Dia-betes mellitus betrug durchschnittlich4,7 Jahre.

Der Durchschnittsblutdruck betrugvor Therapiebeginn 177/96 mmHg undkonnte auf 146/79 mmHg bei den Ateno-lol- und 148/79 mmHg bei den Losartan-patienten gesenkt werden.Der sitzend ge-messene systolische Blutdruck sank un-ter Losartan um 31 mmHg und unter Ate-nolol um 28 mmHg,der diastolische Wertum je 17 mmHg.

Als Indikator für die LVH konnte dieCornell-Voltage unter Losartan um 8,4%und unter Atenolol um 0,6% gesenkt wer-den (p<0,0001),der Sokolow-Lyon-Indexum 13,6% bzw. 5,6% (p<0,0001).

Hinsichtlich der Blutglukosespiegel gabes keine signifikanten Unterschiede zwi-schen den beiden Therapiegruppen.

Kommentar

Gibt es bessere und schlechtere Antihy-pertensiva? Bieten manche Antihyperten-siva unabhängig von der Blutdrucksen-kung aufgrund spezifischer Wirkmecha-nismen einen therapeutischen Zugewinn?Noch vor einem halben Jahr wurdendiese Fragen in einer Metaanalyse von J. Staessen im Lancet vorläufig mit nein/nein beantwortet [8].Doch Millionen an-tihypertensiv behandelter Patienten wün-schen eine maximale Risikominimierungund daher definitive Antworten.

Die LIFE-Studie liefert neue wichtigeAspekte in dieser Diskussion [2].Konkretwar eine antihypertensive Behandlungmit dem AT-1-Blocker Losartan bei derReduktion des kombinierten Endpunk-tes aus Tod,Schlaganfall und Myokardin-farkt dem β1-selektiven β-Blocker Ateno-lol signifikant überlegen. Interessanternoch war die Erkenntnis, dass dieser Be-nefit trotz vergleichbarer Blutdrucksen-kung zustande kam.

Vergleichbare Megastudien, die alteoder neue Antihypertensiva verglichenhaben, konnten keine klaren Gewinner

ausmachen. Somit ist die LIFE-Studie alsMeilenstein in der Therapie des Bluthoch-drucks anzusehen.

Wer wurde in LIFE behandelt?

Die Zielgruppe der LIFE-Studie waren Pa-tienten im Alter von 55–80 Jahren mit Blut-druckwerten von 160–200 mmHg systolischoder 95–115 mmHg diastolisch. Vorausset-zung für den Einschluss in die Studie warzudem eine linksventrikuläre Hypertrophieim EKG. Dabei wurden die in Deutschlandwenig gebräuchlichen Cornell-Voltage-Kri-terien herangezogen (QRS[Dauer in ms] ×(RaVL + SV3)[mm] >2440 ms × mm). DerGrund für diesen wenig gebräuchlichenScore ist in der größeren Sensitivität für ei-ne LVH durch Einbeziehung der QRS-Dau-er zu sehen.Leider wird hierdurch auch dieunmittelbare Umsetzung der Daten etwaskomplizierter.Gegen Ende der Studie wur-de auch der Sokolow-Lyon-Index (SV1 + RV5

oder V6) berücksichtigt.Ein Blick in die bevölkerungsrepräsen-

tative Augsburger MONICA-Datenbankerlaubt es festzustellen, dass

1.) in der Gruppe der 55- bis 70-Jährigen31% einen Blutdruck in Höhe derLIFE-Patienten haben und

2.) von diesen wiederum etwa 20% diegenannten Cornell-Voltage-LVH-Kri-terien erfüllen.

Der durchschnittliche Sokolow-Lyon-In-dex lag in der LIFE-Studie übrigens bei3,0 mV. Obwohl dies ein Mittelwert ist,liegt der Wert deutlich unter der Grenze,die gemeinhin als diagnostisch für einelinksventrikuläre Hypertrophie gefordert(3,5 mV) wird. D. h. nach dem Kriteriumvon Sokolow-Lyon hatte die große Mehr-zahl der LIFE-Patienten keine LVH.Viel-mehr entspricht der Durchschnittswertin etwa der oberen Quartile hypertensi-ver Patienten in der MONICA-Studie.

Somit kann festgestellt werden, dassdie Daten der LIFE-Studie so etwa für je-den 4. bis 5. Hypertoniker in der Alters-gruppe von 55–80 Jahren relevant sind.

Was wurde in LIFE erreicht?

Die Behandlung mit Losartan oder Ate-nolol führte gleichermaßen zu einer dras-

Take home message

Durch AT-1-Blockade gelingt im Vergleich

zur β-Blockade eine signifikante Risiko-

reduktion bezüglich Tod, Insult und Herz-

infarkt bei Patienten mit arterieller Hyper-

tonie und linksventrikulärer Hypertrophie.

Diese Reduktion zeigt sich insbesondere

beim kumulativen Risikoprofil der Diabe-

tiker.

tischen Reduktion des systolischen unddiastolischen Blutdrucks. Allerdings warin 26% bzw.22% der Fälle der Einsatz wei-terer Antihypertensiva (d. h. 3 und mehrSubstanzen) erforderlich, um dieses Er-gebnis zu erzielen. Dies ist nicht überra-schend, da Hypertoniepatienten mit ei-ner LVH nur selten unter einer Monothe-rapie zufriedenstellende Blutdruckwerteaufweisen.

Was bringt die Blutdruckreduktion von30/16 mmHg gegenüber den Ausgangs-werten,die ja in beiden Studienarmen glei-chermaßen erreicht worden ist? Ein Blickauf historische placebokontrollierte Stu-dien an vergleichbaren Patienten kanndiesbezüglich Auskunft geben. So hat imaktiven Studienarm der SHEP-Studie (Ate-nolol ± Chlorthalidon) eine Blutdruckdif-ferenz von 12/4 mmHg gegenüber dem Pla-ceboarm eine Reduktion der kardiovas-kulären Ereignisse von 32% bewirkt [7].Wenn man nun,in Ermangelung eines Pla-ceboarms in der LIFE-Studie,diese Datenmit berücksichtigen möchte [7],kann dieFrage, ob die Blutdrucksenkung in derLIFE-Studie einen wichtigen Beitrag zurSenkung der Ereignisrate geleistet hat,ein-deutig bejaht werden.

Interessant ist nun, dass die AT-1- ge-genüber der β-Rezeptorblockade noch-mals einen Bonus von −13% bei den kar-diovaskulären Endpunkten bringt.Zudemwurde unter der Gabe von Losartan einewesentlich stärkere Regression der LVHnach EKG-Kriterien beobachtet [2]. Die-se Ergebnisse sprechen dafür,dass Losar-tan nicht nur den Blutdruck senkt, son-dern auch blutdruckunabhängig nutz-bringend in Prozesse am Myokard undden Gefäßen eingreift. Dies wurde übri-gens tierexperimentell schon vor Beginnder LIFE-Studie gezeigt [1]. Auch ist einVergleich mit der IRMA-Studie erlaubt,in der Irbesartan im Vergleich zu Amlodi-pin die Progression der Niereninsuffizi-enz verlangsamte,obwohl beide Substan-zen in gleicher Weise den Blutdruck senk-ten [4].Unter pathophysiologischer Sicht-weise legen diese Daten insgesamt dieSchlussfolgerung nahe, dass Angioten-sin II bei manchen Patienten maladaptivin zelluläre Prozesse an Herz, Niere undGefäßen eingreift und daher eine Inhibi-tion des Renin-Angiotensin-Systems spe-zifische Vorteile bringt.

Maladaptive zelluläre Wirkungen vonAngiotensin II sind auch eine naheliegen-de Erklärung für die hochsignifikante Re-duktion der Neuerkrankungen an Diabe-tes mellitus in der Losartangruppe derLIFE-Studie [2]. Dieser Befund reiht sichin ähnliche Beobachtungen ein,die in Stu-dien mit ACE-Hemmern gemacht wor-den sind [3, 9]. Nachdem in den jeweili-gen Studien die Vergleichsgruppen unter-schiedlich behandelt worden sind, ist dielangfristige Inhibition des Renin-Angio-tensin-Systems die plausibelste Erklärungfür die Prävention des Diabetes mellitus.

Welche Patienten haben von Losartanbesonders profitiert?

Zunächst einmal war die Compliance imLosartanarm signifikant besser als unterder Therapie mit Atenolol [2]. So wurdedie Losartanbehandlung aufgrund uner-wünschter Effekte in 6% beendet,wohin-gegen der β-Blocker bei etwa 11% der Pa-tienten aus diesen Gründen gestoppt wer-den musste.Nachdem der Erfolg einer an-tihypertensiven Therapie eng an die lang-fristige Compliance geknüpft ist, solltehierin ein wesentlicher Fortschritt gese-hen werden.

Unter therapeutischen Aspekten warder Profit bei Diabetikern am höchsten.So wurde bei diesen Patienten im Losar-tanarm das relative Risiko von Tod,Herz-infarkt und Schlaganfall um 24% redu-ziert. Bemerkenswerterweise werden dieDaten diese Zielgruppe gleich in 2 aufein-anderfolgenden Publikationen aufgeführt[2, 5]. Dadurch kann festgestellt werden,dass beim primären Endpunkt fast dieHälfte der absoluten Differenz zwischender Atenolol- und der Losartangruppe aufDiabetiker fiel (36 von 80 Fällen mit dif-ferenziellem Outcome; [2, 5]). Das heißtauch,dass 45% der Differenz in den End-punkten bei nur 12,9% der gesamten Stu-dienpopulation auftrat.Da in der gesam-ten Studienpopulation (inkl. den Diabe-tikern) der Nutzen der Losartantherapiegeringer als in der Diabetikersubstudiewar (relative Risikoreduktion 13% vs.24%),kann rückgeschlossen werden,dassbei Nichtdiabetikern der Vorteil von Los-artan gegenüber Atenolol relativ geringgewesen sein muss.

Offene Fragen

Wie hätten die Studienergebnisse ausge-schaut, wenn der Blutdruck, wie von denaktuellen Leitlinien empfohlen, nicht auf144--145/81 mmHg sondern in den nor-motensiven Bereich gesenkt worden wä-re? Hätte der Vorteil von Losartan weiter-hin Bestand? Diese Frage ist besonders inder Subgruppe der Diabetiker von Rele-vanz, da diese idealer Weise einen Blut-druck unter 130/80 mmHg haben sollten.

Wie hätten andere Inhibitoren des Re-nin-Angiotensin-Systems abgeschnitten?Insbesondere ACE-Hemmer,welche in derLIFE-Studie als Komedikation ausge-schlossen wurden, sind hier von Interes-se. Erwähnenswert ist immerhin, dassCaptopril in einer ähnlich konzipiertenVergleichsstudie bestenfalls Teilerfolgeverbuchen konnte.Allerdings wurde dieseStudie kritisiert,weil Captopril mit 1- oder2-mal täglicher Gabe suboptimal dosiertwurde [3].

Welchen Effekt hatte das Alter der Pa-tienten (im Durchschnitt 67 Jahre)? Sindβ-Blocker insbesondere bei älteren Patien-ten ungünstiger?

Wie entwickelten sich unter der jewei-ligen Therapie die Glukosetoleranz unddas Körpergewicht? Kam es unter β-Blockade,wie vormals beobachtet [6],zurüberproportionalen Gewichtszunahmeund erklärt diese einen Teil der Gruppen-unterschiede, zum Beispiel in der Inzi-denz des Diabetes mellitus?

Fazit

Die LIFE-Studie lässt die Schlussfolgerung zu,dass es besser und weniger gut geeigneteAntihypertensiva gibt. Insbesondere in derSubgruppe der Diabetiker konnte Losartanein weiteres Mal einen eindrucksvollen Erfolgerzielen. Doch auch für alle weiteren Patien-ten mit arterieller Hypertonie und LVH bietenAT-1-Blocker nicht nur eine beachtliche Blut-drucksenkung, sondern, was vielleicht nochwichtiger ist, eine überproportionale Reduk-tion kardiovaskulärer Endpunkte.

Korrespondierender AutorProf. Dr. H. Schunkert

Medizinische Klinik II, Universitätsklinikum,Ratzeburger Allee 160, 23538 LübeckE-Mail: [email protected]

Der Internist 3 · 2003 | 369

Literatur

1. Bruckschlegel G, Holmer SR, Jandeleit K et al. (1995)Blockade of the renin-angiotensin system in cardiacpressure-overload hypertrophy in rats. Hypertension25: 250–259

2. Dahlöf B, Devereux RB, Kjeldsen SE et al. (2002) Car-diovascular morbidity and mortality in the Losartan In-tervention For Endpoint reduction in hypertensionstudy (LIFE): a randomised trial against atenolol. Lancet359: 995–1003

3. Hansson L, Lindholm LH, Niskanen L et al. (1999) Effectof angiotensin-converting-enzyme inhibition com-pared with conventional therapy on cardiovascularmorbidity and mortality in hypertension: the CaptoprilPrevention Project (CAPPP) randomised trial. Lancet353: 611–616

4. Lewis EJ, Hunsicker LG, Clarke WR et al. (2001) Renopro-tective effect of the angiotensin-receptor antagonistirbesartan in patients with nephropathy due to type 2diabetes. N Engl J Med 345: 851–860

5. Lindholm LH, Ibsen H, Dahlof B et al. (2002) Car-diovascular morbidity and mortality in patients withdiabetes in the Losartan Intervention For Endpoint re-duction in hypertension study (LIFE): a randomised trialagainst atenolol. Lancet 359: 1004–1010

6. Sharma AM, Pischon T, Hardt S, Kunz I, Luft FC (2001)Hypothesis: β-adrenergic receptor blockers and weightgain: A systematic analysis. Hypertension 37: 250–254

7. SHEP Cooperative Research Group (1991) Prevention ofstroke by antihypertensive drug treatment in older per-sons with isolated systolic hypertension. Final results ofthe Systolic Hypertension in the Elderly Program(SHEP). JAMA 265: 3255–3264

8. Staessen JA,Wang JG,Thijs L (2001) Cardiovascular pro-tection and blood pressure reduction: a meta-analysis.Lancet 358: 1305–1315

9. Yusuf S, Sleight P, Pogue J et al. (2000) Effects of an an-giotensin-converting-enzyme inhibitor, ramipril, oncardiovascular events in high-risk patients.The HeartOutcomes Prevention Evaluation Study Investigators.N Engl J Med 342: 145–153

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