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II. WISSENSCHAFT 116 230* ADORNO, Theodor Wiesengrund, Philosoph, Soziologe, Musiktheoretiker und Kompo- nist, 1903 – 1969. Eigenh. überarbeitetes Typoskript (Durchschlag) mit e. Titel und Namenszug seines Pseudonyms „Hektor Rottweiler“ am Kopf. 24 pag. S. folio. Schwach gebräunt. Die vorderen und hinteren Blätter mit einigen Randläsuren. (1.600.—) N e u e w e r t f r e i e S o z i o l o g i e / Aus Anlaß von Karl Mannheims … Mensch und Gesellschaft im Zeitalter des Umbaus. / Von Hektor Rottweiler.“ – Der vollständige, 1937 abgeschlossene und für die „Zeitschrift für Sozialforschung“ bestimmte, aber erst 1986 im Rahmen der „Gesammelten Schriften“ aus dem Nachlass veröffentlichte Aufsatz; beginnt: Das Wissenschaftsideal Max Webers und der ihm Nahestehenden ist polemischer Art. Der Anspruch auf Objektivität und Rationalität ruht für ihn nicht mehr, wie für die von aufgehenden bürgerlichen Gelehrten, unangefochten und fraglos in sich selber, er wird zur Haltung und Wissenschaft zum ‘Beruf’, der solche Haltung bewähren soll. Ausgelöst ward die polemische Verhaltensweise durch den Druck, den Vitalismus und Phänomenologie auf die Detailforschung ausübten. Ihr Impuls aber ist nicht sowohl die Rettung des diskursiven Denkens vor einer Metaphysik, mit welcher in der Folge der Haltungs-Positivis- mus so zwanglos sich verständigen konnte wie n u r J a s p e r s m i t H e i d e g g e r …“ Das von Adorno scharf kritisierte Werk des Soziologen Karl Mannheim, der sich 1925 bei Alfred Weber, einem Bruder Max Webers, habilitiert hatte, war 1935 erschienen. Werkmanuskripte aus der Zeit seines Oxforder Exils sind im Handel s e h r s e l t e n .

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II. WISSENSCHAFT

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230* ADORNO, Theodor Wiesengrund, Philosoph, Soziologe, Musiktheoretiker und Kompo-nist, 1903 – 1969. Eigenh. überarbeitetes Typoskript (Durchschlag) mit e. Titel und Namenszug seines Pseudonyms „Hektor Rottweiler“ am Kopf. 24 pag. S. folio. Schwach gebräunt. Die vorderen und hinteren Blätter mit einigen Randläsuren. (1.600.—)

„N e u e w e r t f r e i e S o z i o l o g i e / Aus Anlaß von Karl Mannheims … Mensch und Gesellschaft im Zeitalter des Umbaus. / Von Hektor Rottweiler.“ – Der vollständige, 1937 abgeschlossene und für die „Zeitschrift für Sozialforschung“ bestimmte, aber erst 1986 im Rahmen der „Gesammelten Schriften“ aus dem Nachlass veröffentlichte Aufsatz; beginnt:„Das Wissenschaftsideal Max Webers und der ihm Nahestehenden ist polemischer Art. Der Anspruch auf Objektivität und Rationalität ruht für ihn nicht mehr, wie für die von aufgehenden bürgerlichen Gelehrten, unangefochten und fraglos in sich selber, er wird zur Haltung und Wissenschaft zum ‘Beruf’, der solche Haltung bewähren soll. Ausgelöst ward die polemische Verhaltensweise durch den Druck, den Vitalismus und Phänomenologie auf die Detailforschung ausübten. Ihr Impuls aber ist nicht sowohl die Rettung des diskursiven Denkens vor einer Metaphysik, mit welcher in der Folge der Haltungs-Positivis-mus so zwanglos sich verständigen konnte wie n u r J a s p e r s m i t H e i d e g g e r …“Das von Adorno scharf kritisierte Werk des Soziologen Karl Mannheim, der sich 1925 bei Alfred Weber, einem Bruder Max Webers, habilitiert hatte, war 1935 erschienen.Werkmanuskripte aus der Zeit seines Oxforder Exils sind im Handel s e h r s e l t e n .

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231* AMUNDSEN, Roald, norwegischer Polarforscher; erreichte 1911 als Erster den Südpol, 1872 – 1928. E. Albumblatt m. U. auf der Rückseite einer Menükarte des Hotels Adlon. Berlin 17.IX.1925. 1 S. quer-gr.-8o. Ein Eckchen fehlt, ein anderes geknickt und ausgebessert. (600.—)

Recto die Speisenfolge eines Essens im Hotel Adlon, verso die eigenh. Widmung „Seiner Exc. Herrn General von S e e c k t in ergebener Verehrung … Roald Amundsen“.Das Essen war wohl zu Ehren Amundsens veranstaltet worden, der am selben Tag im Berliner Schau-spielhaus einen Vortrag über seine erste, im Mai d. J. erfolgte Flugexpedition zum Nordpol gehalten hatte.

232 BERGSON, Henri, französischer Philosoph, Nobelpreisträger, 1859 – 1941. E. Br. m. U. O. O. 20.VI.1921. 21⁄2 S. 8o. Minimale Randläsuren. (180.—)

An einen Herrn, der ihn nach seiner Methode des philosophischen Forschens gefragt hatte.„… le travail de r e c h e r c h e p h i l o s o p h i q u e , tel que je l’entends, se poursuit nécessairement dans un grand nombre de directions simultanées, et il est bien difficile de définir l’objet précis de la recherche tant qu’on n’est pas en possession complète du résultat. J’ajoute que je me suis fait une régle absolue, depuis un certain nombre d’années, de ne pas même dire si j’ai quelque chose en préparation …“

233 BERLINER NATURFORSCHENDE GESELLSCHAFT. – Urkunde mit den Unter-schriften von 11 Mitgliedern der Gesellschaft. Berlin 10.V.1803. 1 S. gr.-4o. Handschriftlich ausgefüllter Vordruck mit Schmuckbordüre und schönem Lacksiegel. (350.—)

Aufnahmeurkunde für Christian Ernst Wünsch, „der Weltweißheit Doctors, und Professors der Physik und Mathematik / an der Universität zu Frankfurt a./O.“Als Mitglieder zeichnen unter Angabe ihrer Titel u. a. der Astronom Johann Elert Bode, der Botaniker Karl Ludwig Willdenow, die Chemiker Martin Heinrich Klaproth und Sigismund Hermbstaedt, der Mine-raloge Dietrich Ludwig Gustav Karsten, der Theologe und Pädagoge Johann Freidrich Zöllner und der Theologe, Meteorologe und Astronom Karl Ludwig Gronau.

234* BERNOULLI, Johann (II.), Mathematiker und Jurist, 1710 – 1790. E. Briefschluss m. U. O. O. u. D. 2 S. 4o. – Darunter, als Nachtrag, ein e. Br. m. U. seines ältesten Sohnes J o h a n n ( I I I . ) Bernoulli (1744 – 1807), ebenfalls o. O. u. D., 11⁄4 S. 4o. (1.200.—)

An einen Herrn, zunächst über anatomische Fragen, dann über ein Autograph seines als Wunderkind geltenden ältesten Sohnes, das sich der Adressat erbeten hatte.Der letzte Absatz des Briefschlusses beginnt: „Quel est l’axcès de vôtre bonté, Monsieur, d’avoir envie de voir de l’écriture de l’ainé de mes fils? il est encore si jeune, si peu fait au stile epistolaire, surtout dans une langue qui nous est étrangère et vis à vis de Personnes de vôtre rang … je vais donc … sans rien toucher à son brouillon le lui laisser transcrire au bas de ma lettre …“Der Brief seines Sohnes beginnt: „… Quel que soit le sujet qui me procure l’honneur que vous me faites en me permettant d’écrire à une Personne comme vous, Monsieur, qui brille également par ses éminen-tes vertus et par son rang et sa naissance …“ – In einem Nachsatz fügt er an: „… je m’éstimerois fort heureux sils vouloient bien m’accorder un jour le mêmes sentiments dont vous honorés mon cher Père.“Bereits als Vierzehnjähriger sollte Johann (III.) die Universität mit dem Magister abschließen und von Friedrich dem Großen als 23-jähriger zum Direktor des Berliner Observatoriums ernannt werden.

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235 BONPLAND, Aimé, französischer Botaniker; Reisebegleiter Alexander von Humboldts in Amerika, 1773 – 1858. E. Br. m. U. M a l m a i s o n 14.XII.1809. 2⁄3 S. 8o. Mit Blindsiegel und Adresse (Poststempel und -vermerke). Einriss am Unterrand. (1.600.—)

An Madame Gaultier in Paris, deren Einladung er nicht annehmen könne.„… Je me serais empressé de me rendre à votre aimable invitation, mais un motif bien puissant et en même temps bien douloureux m’oblige a rester ici Samedi.J’espere dans les prémiers jours de la semaine prochaine pouvoir aller à Paris et vous demande la per-mission de vous aller présenter mes respects ainsi qu’à votre famille …“Die blumenliebende Kaiserin Josephine hatte Bonpland als Dank für die aus Amerika mitgebrachten Sämereien zum Intendanten von Malmaison ernannt. S e h r s e l t e n .

236 BORN, Max, Physiker, Nobelpreisträger; lieferte grundlegende Forschungen auf dem Gebiet der Quanten- und der Wellenmechanik sowie der Relativitätstheorie, 1882 – 1970. Widmungsexemplar: „Untersuchungen über die Stabilität der elastischen Linie in Ebene und Raum, unter verschiedenen Grenzbedingungen“. Göttingen, Dieterichsche Univ.-Buchdrucke-rei 1906. 101 pag., 2 unpag. S., 13 Diagramme, 7 Abbildungen. Gr.-8o. Orig.-Broschur. (400.—)

Borns Dissertation, mit eigenh. Widmung auf der Broschur: „Herrn Prof. Schwarzschild hochachtungs-voll gew. / v[om] Verf[asser].“

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237 BUBER, Martin, jüdischer Religionsphilosoph, 1878 – 1965. E. Br. m. U. Talbiyeh, Jeru-salem 21.III.1956. 1 S. schmal-folio. Mit Adresse (Luftpost-Faltbrief). (120.—)

An Eduard Rosenbaum in London, der ihm einen Beitrags-Vorschlag „für den 2. Band des Jahrbuchs des LBI“ unterbreitet hatte. – Das Leo Baeck Institute war ein Jahr zuvor gegründet worden.„… Ich habe mir Ihre Anregung zu eigen gemacht und sie vorgestern dem Board des LBI nachdrücklich empfohlen. Die Mehrheit der Herren war aber der Meinung, man solle Kurt Singer zunächst bitten, einen Aufsatz über einen ihn besonders interessierenden Soziologen (das dürfte S i m m e l sein) … zu schreiben …“

238* CHLADNI, Ernst, Physiker; förderte die Akustik und fand die nach ihm benannten Klangfiguren, 1756 – 1827. Eigenh. Manuskript mit zweimaligem Namenszug. Um 1821. 4 S. gr.-8o. Etwas gebräunt. Tinte leicht durchschlagend. Kleine Rand- und Faltenrisse. (800.—)

„Remarques nécessaires, concernant le memoire de M. S a v a r t sur la communication des mouvemens vibratoires entre les corps solides, dans les Annales de Chimie et de Physique, Tome IV. Juin 1820. Par E. F. F. Chladni.“ – Vollständiger Aufsatz über einen wissenschaftlichen Artikel des französischen Arztes und Physikers Felix Savart, der sich kritisch mit Chladnis Arbeit auseinandergesetzt hatte; beginnt:„J’ai avancé dans mon Tr a i t é d ’ A c o u s t i q u e § 79, et j’avance encore qu’une verge fixée par une de ses extrémités prend un mode de mouvement analogue à celui de l’air dans un tuyau d’orgue bouché à un bout, quand on la met en vibration dans le sens de la longueur. Mais M. Savart dit dans son Mémoire sect.1. § 1. p.116: ‘j’ai toujours observé qu’il était impossible d’en tirer aucun son, quand l’obstacle auquel elles étaient fixées, était tout à fait immobile’ …Je ne conçois pas, comment un expérimentateur habile qui a bien réussi a faire beaucoup d’expériences très difficiles, n’a pas pu faire avec succès cette expérience qui est pourtant une des plus faciles … J’ai déjà publié quelques remarques concernant la contradiction de M. Savart … où M. le Professeur Gilbert“ (der dt. Physiker Ludwig Wilhelm G.) „atteste …, que je l’ai convaincu de la vérité des mes assertions sans la moindre difficulté par des expérinces sur des verges de métal, de bois et de verre …“ – Es folgt eine detaillierte Beschreibung seiner Versuchsanordnung. Ferner über „la construction de mon E u p h o n e … de l’an 1790“ sowie über sein derzeitiges Projekt, „un Euphone beaucoup moins volumineux“. – Chladni hatte das aus Glasstäben bestehende Musikinstrument 1789/90 entwickelt.

239 COOPER, Leon N., amerikanischer Physiker, Nobelpreisträger; arbeitete über die Su-praleitfähigkeit, geb. 1930. Br. m. U. Providence, RI 3.IV.1979. 3⁄4 S. gr.-4o. Mit Briefkopf der „Brown University“. (120.—)

An John Norbutt in New York auf die Frage, welches seiner Ansicht nach die größten wissenschaftlichen Errungenschaften des 20. Jahrhunderts seien.„… 1. Relativity theory / 2. Quantum theory / 3. The discovery of the genetic role of DNA and the molec-ular biology that followed …“

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240* CURIE, Marie, geb. Sklodowska, polnisch-französische Physikerin und Chemikerin, zweifache Nobelpreisträgerin; entdeckte mit ihrem Mann Pierre Curie die Elemente Polonium und Radium, 1867 – 1934. E. Br. m. U. Paris 26.VII.1919. 11⁄3 S. gr.-8o. Auf einem Briefbogen der „Faculté des Sciences de Paris“. (4.000.—)

Wohl an Louis Liard („Monsieur le Recteur“), Vizerektor des „Institut du Radium“, den sie um Unter-stützung für die Vergrößerung des Instituts bittet.„… Mr Roux“ (Émile R., Gründer des Institut du Radium und Leiter des Institut Pasteur), „Mr Regaud“ (Claudius R., Direktor der Radiophysiologie-Abteilung am Institut Pasteur) „et moi désirerions vous voir au sujet de la souscription envisagée pour l’agrandissement de l’Institut de Radium. Il s’agit de prendre une décision et de donner une réponse à Mr Exbrayat. L’affaire ne semble pas s’organiser comme nous l’aurions voulus, et il nous faut connaître votre opinion. Voudriez vous nous fixer un rendez vous pour la semaine prochaine? …“Mit Hilfe von Spenden und der durch Henri de Rothschild Ende 1920 begründeten Curie-Stiftung konnte 1922 eine Klinik für Radiumtherapie und Röntgenbehandlung sowie in den 1930er Jahren ein Kranken-haus errichtet werden.S e h r s e l t e n .

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„moyennement actif“

241* CURIE, Pierre, französischer Physiker, Nobelpreisträger; entdeckte mit seiner Frau Marie die Elemente Polonium und Radium, 1859 – 1906. E. Br. m. U. Paris 30.XII.1899. 11⁄2 S. gr.-8o. Auf einem Briefbogen der „École Municipale de Physique & de Chimie Industrielles“. Recto Montagereste am linken Rand. Mit Umschlag. (4.000.—)

An den Physiker und Philosophen Ludwig Boltzmann in Wien, dem er eine Probe übersendet. „… je vous envoie par le même courrier un échantillon de 2 grammes de carbonate de baryum radifère purifié moyennement actif. –Ce carbonate qui vient d’être préparé a une activité initiale environ 1400 fois plus grande que celle de l’uranium. – L’activtité augmentera encore avec le temps jusqu’à une certaine limite. – Nous suivons, M m e C u r i e e t m o i , avec beaucoup d’intéret les recherches importantes qui se faut dans votre labora-toire et nous vous prions de transmettre nos remerciements à MMers Meyer et von Schweidler pour l’envoi des publications sur leurs travaux …“Stefan Meyer, damals Assistent bei Boltzmann, wurde später Vorstand des von Marie und Pierre Curie geleiteten Wiener Instituts für Radiumforschung. Er entdeckte gemeinsam mit Egon Schweidler die magnetische Ablenkbarkeit der ß-Strahlen. Die beiden gelten als Pioniere der Erforschung der Radio-aktivität.S e h r s e l t e n .

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242 DEUTSCHES MUSEUM MÜNCHEN. – Gedruckte Menukarte mit verso 11 e. Namens-zügen (Bleistift). Berlin, Hotel Adlon 26.X.1915. 2 S. gr.-8o (Karton). Minimal fleckig. Leichte Klammerspur. (300.—)

Menukarte eines Essens zur „Begrüssung der Ehrenpräsidenten, des Vorstandes und / der Vorsitzenden und Schriftführer / des Vorstandes“ des Deutschen Museums. Verso haben unterzeichnet als Gruß an Ilse von Hassell, die Tochter von Großadmiral Alfred von Tirpitz:Tirpitz selbst: „Grüße für Frau v. Hassell / geb. v. Tirpitz“, Oskar von Miller: „ist entzückt von der Begeisterung des Vaters für seine Tochter“, Ferdinand Graf von Zeppelin: „ohne weiteres auch, ohne leider die Worte des Vaters gehört zu haben“; ferner Helmuth von Moltke, Ernst von Borsig, Carl Duis-berg, Adolf von Harnack u. a.„meine Theorie“

243 EINSTEIN, Albert, Physiker, Nobelpreisträger; Begründer der Relativitätstheorie, 1879 – 1955. E. Postkarte m. U. Poststempel: Berlin 24.XII.1920. Leicht gebräunt. Schwach staubfleckig. (1.600.—)

An die Wiener Journalistin Clotilde Benedikt (1868 – 1939), die sich um einen Interview-Termin für einen Kollegen bemüht hatte.„… Ungeschickter Weise ist der von Ihnen erwähnte Journalist abgewiesen worden, bevor ich Ihren Brief gelesen hatte. Ich habe diese Massregel ergreifen müssen, weil man mir allgemein nachsagte, dass ich Zeitungsreklame für mich bzw. meine Theorie betreibe. Nun ist es am besten, wenn Sie mich in Wien aufsuchen. Ich wohne bei Prof. E h r e n h a f t (Physiker an der Universität) … Schade, dass ich Ihren Herrn Vater nicht mehr kennen lernen konnte …“Der österreichische Neurologe und Physiker Moriz Benedikt war u. a. Spezialist auf dem Gebiet der Elektrotherapie. – Einsteins Wiener Aufenthalt im Januar 1921 sollte einem kleinen Triumphzug gleichen.

244 — Br. m. U. (Berlin-)Schöneberg 19.III.1927. 1 S. gr.-4o. Minimal fleckig, kleine Falten-risse (alt ausgebessert). (1.600.—)

An den Philosophen und Psychologen Paul Feldkeller in Schönwalde, „Die Gestirne und die Weltgeschich-te“ von Felix Eberty betreffend, für dessen Neuauflage 1923 Albert Einstein ein Vorwort verfasst hatte.„… Bezüglich der kleinen Schrift von Eberty haben Sie Recht, dass sie schwere Irrtümer enthält. Ich schrieb das kleine Vorwort dazu nur, um dem von mir geschätzten alten Itelson“ (der Philosoph und Herausgeber Gregorius I.) „einen Herzenswunsch zu erfüllen. Was nun den N e w t o n -Artikel anbelangt, so können Sie sich denken, dass derartige Aufforderungen in grosser Zahl an mich gelangt sind. Ich habe – einem lange gegebenen Versprechen folgend – den ‘Naturwissenschaften’ einen Artikel verfasst, den Sie nachdrucken können, wenn Sie es für zweckmässig halten …“Einstein verfasste viele Beiträge für die Zeitschrift; 1926 war der Artikel „Newtons Mechanik und ihr Einfluß auf die Gestaltung der theoretischen Physik“ erschienen.

245 — E. Albumblatt m. U. auf einer nicht gelaufenen Postkarte der „Hamburg-Amerika Linie“. Dezember 1931, einmontiert in ein Freundschaftsalbum (quer-8o, grüner Pappband, leicht defekt). (1.200.—)

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„Herrn Glahn zum Anden-ken an zahlreiche Gesprä-che auf der Fahrt der ‘Port-land’ im Dezember 1931 / Albert Einstein“. – Daneben montiert eine – vermutlich bislang unpublizierte – Por-traitphotographie, die Ein-stein mit dem Albuminhaber und Kapitän des Schiffes, Walther Glahn, an Bord der „Portland“ auf der Fahrt nach New York zeigt.Einstein folgte zum zweiten Mal einem Ruf als Gast-professor an das Califor-nia Institute of Technology

(Caltech) in Pasadena. Die politische Entwicklung in Deutschland und Einsteins pazifistische Haltung sollten ihn schließlich zwei Jahre später von der Notwendigkeit überzeugen, nach Amerika zu emigrieren.Das Album enthält Einträge aus den Jahren 1923 – 1981, die zum größten Teil von befreundeten Kapitä-nen sowie aus dem Freundes- und Bekanntenkreis des Kapitäns stammen, aber auch von Passagieren wie Einstein; besonders erwähnenswert sind u. a. die Einträge von Sven Hedin (4 S., an Bord der „Hansa“, 1923), vom Maler und Polarforscher Christopher Rave (mit e. Bleistiftzeichnung, 1913), vom Segelflieger Ferdinand Schulz (1926) und von Vizeadmiral Joachim Lietzmann (1944; mit montierter Portraitpost-karte m. U.).

246* — Br. m. U. und einer e. Korrektur. Princeton, NJ 12.IX.1953. 1 S. gr.-4o. Luftpostpa-pier. Geprägte Absenderangabe am Kopf. Minimale Randläsuren. Mit Umschlag. (2.500.—)

An Joseph Sauter, seinen ehemaligen Kollegen im Berner Patentamt, der sich wegen eines Streits über eine wissenschaftliche Veröffentlichung an ihn gewandt hatte. „… Wenn sich eine Möglichkeit bietet, werde ich gerne dazu beitragen, dass Herr Keberle zu seinem Recht kommt.“ – Der bulgarische Physiker Edouard K. hatte im Wintersemester 1952/53 am Institut für theoretische Physik in Bern geforscht und anschließend eine Arbeit bei der „Helvetica Physica Acta“ ein-gereicht, die der Chemiker Hans Eduard Fierz abgelehnt hatte – woraufhin es mit der Berner Universität zum Eklat gekommen war.„Ich habe durch meinen alten Freund B e s s o oft von Ihnen gehört und auch ein Manuskript erhalten, welches sich kritisch mit der D i r a c -schen Darstellung der statistischen Quantentheorie beschäftigt. Ich habe mir selber kein Urteil darüber gebildet, weil es mir einfach unmöglich ist, eine in ihrem Wesen statistische Grundlage der Physik ernst zu nehmen. Ich gebe aber gerne zu, dass es hart ist, darüber hinauszukommen …“Michele Besso, schweizerisch-italienischer Ingenieur, hatte mit Einstein und Sauter im Berner Patentamt gearbeitet. – Der britische Physiker Paul Dirac hatte in der nach ihm benannten Gleichung 1928 erstmals beschrieben, wie die Spezielle Relativitätstheorie und die Quantenphysik zusammengebracht werden können. Beiliegend der Separatabdruck „Entwurf einer verallgemeinerten R e l a t i v i t ä t s t h e o r i e und einer Theorie der Gravitation / I. Physikalischer Teil von Albert Einstein … / II. Mathematischer Teil von Marcel Grossmann“, mit e. Widmung Grossmanns „Überreicht von den Verfassern“ am Kopf des Umschlagtitels (Leipzig, Teubner 1913, auf dem Titel der Exlibris-Stempel des Schweizer Physikers Paul Gruner; Broschur mit minimalen Läsuren), sowie die „Patentschrift“ für die von Einstein und Leo Szilard entwickelte „Kältemaschine“ („Eidgen. Amt für geistiges Eigentum … Veröffentlicht am 16.VIII.1930“).

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247* — EINSTEIN, Elsa, geb. Einstein, gesch. Löwenthal, seine Cousine und zweite Ehefrau, 1876 – 1936. 8 Br. m. U., u. a. „Elsa Alberti“ und „Elsa“, davon 1 Brief mit maschinenschrift-licher Unterschrift, und 4 Briefe für sie unterschrieben von Helene Dukas, Albert Einsteins Sekretärin. Old Lyme, CT, Princeton, NJ und Glenwood, NY 25.VIII.1935 bis 6.XI.1936. 10 S. meist gr.-4o. Schwach gebräunt. Vereinzelt mit Randläsuren. Gelocht. Mit einem Umschlag. (2.000.—)

An den ihr und Albert befreundeten jungen Berliner Violinisten Boris Schwarz und seine Eltern, deren Emigration das Ehepaar Einstein, Elsa damals bereits schwer erkrankt, energisch betrieb. – Schwarz, der Sohn des Pianisten Josef Schwarz, hatte seit 1923 regelmäßig zusammen mit seinem Vater und Einstein in dessen Wohnung in der Haberlandstraße musiziert.Old Lyme 25.VIII.1935. An Josef Schwarz. „… Wir haben nie mehr etwas voneinander gehört. Ich weiss nicht, ob Sie uns in Erinnerung behalten haben. Es sind einige Jahre her, dass wir Sie damals in Berlin gesehen haben. Boris war unser Schützling, wir haben ihn werden und wachsen sehen und wir haben ihn lieb gehabt … Aber nun hat uns das Schicksal auseinandergerissen und vielleicht wird es uns nie mehr zusammenführen … … Ich entsinne mich noch genau, wie wir eines Abends einmal zu später Stunde zu Ihnen kamen und gefüllte Fische assen. Das liegt alles so weit zurück. Mein Mann ist voller Schaffenskraft, stark und gesund …“ Princeton 14.XII.(1935). Mit genauen Anweisungen, die geplante Emigration betreffend. „… Wir wollen alles versuchen, Ihnen eine Einladung hierher zu verschaffen, so dass Sie zunächst einmal auf Besuchs-visum rüberkommen können … jetzt, wo der Zustrom derart gewachsen ist, ist ein Dauervisum kaum zu bekommen. Sind Sie erst einmal hier, so wollen wir alles tun, damit Sie Arbeit bekommen …“Princeton 26.I.1936. Es sei geboten, dass Boris zunächst allein reise; nur für ihn sei ein Affidavit zu bekommen. Der Nachfolger Stokowskis am Philadelphia Orchestra könne ihm so eine Stelle als Geiger verschaffen. „… Nach dem Gesetz darf er dies nur tun, wenn Sie Mitglied der Musiker-Gewerkschaft (Union) sind. Dies können Sie nur werden, wenn Sie als Einwanderer hier ankommen. Deshalb können Sie nicht auf Besuchsvisum kommen … … Können Sie sich denken, dass Sie einmal wieder in unserem Hause sitzen und mit meinem Manne musi-zieren werden? In der selben Umgebung, was Möbel anbelangt, sogar derselbe Flügel … Den früheren Flügel hatte ich zusammen mit Ihrem lieben Vater noch ausgesucht … heute steht er bei dem Schriftsteller L o e r k e in Berlin …“Glenwood, Saranac Lake 27.VII.1936. „Mein lieber Boris: / Herzlich willkommen … ich zweifle gar nicht daran, dass Sie in Bälde festen Fuss fassen werden. Alles ist bei Ihnen so schön gewachsen und alles ist am rechten Fleck, man wird Sie hier lieb haben …“ Des Weiteren mit dem Angebot, einen Schüler des Pianisten Józef Hoffmann während einer Europa-Tournee zu begleiten: „… Mein Mann hat bereits mit den betreffenden Leuten Ihrethalben korrespondiert und legt Ihnen einen Brief an die Dame bei, die die Verhandlungen führt … Sie haben also jetzt zwei Eisen im Feuer …“Princeton 6.XI.1936. „… Sie haben vielleicht gedacht, wie merkwürdig die Einsteins sind, dass sie Sie immer noch nicht sehen wollen … / Wir hatten uns so sehr auf Sie gefreut und nun hat es ausgeschaut, als ob wir ohne Interesse Ihnen gegenüber seien. Kommen Sie doch bitte nächste Woche … zu uns … Mein Mann ist dann bei Ihnen …“Beiliegend 3 Br. m. U. von Helene Dukas an Boris Schwarz: „… Frau Einstein ist sehr krank und man muss ihr abnehmen, soviel man kann. Ausserdem besorge ich diese Dinge ohnehin … Sie können sich überall auf Professor Einstein berufen … / Bestens und nicht ganz unbekannterweise (ich hörte Sie einmal in der Singakademie) grüsst Sie Ihre Helene Dukas …“ (27.VII.1935; die anderen Briefe vom 16.VI. u. 30.VII. d. J.)Ferner beiliegend drei im Auftrag Einsteins geschriebene Briefe Helene Dukas’ an denselben (Prince-ton 1946, 1949 und 1954; mit Einsteins geprägter Absenderadresse am Kopf) sowie 3 Durchschläge von Antwortbriefen Josef Schwarz’: „Liebe gute gnädige Frau! / Ich kann Ihnen gar nicht beschreiben, wie beglückt wir waren, als wir Ihren rührenden Brief erhielten! Er hat uns mit neuer Hoffnung, neuem Leben und Glauben erfüllt …“ (Berlin 11.IX.1935 bis 6.IV.1936).

(Einstein)

II. WISSENSCHAFT

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„mich zu einem würdigen Gelehrten zu bilden“

248 FICHTE, Johann Gottlieb, Philosoph, 1762 – 1814. E. Br. m. U. Krockow („in West-Preußen“) 17.VI.1792. 1 S. 4o. Mit Adresse. Kleinere Randdefekte, rechts stärker. (2.000.—)

Füher Brief a n s e i n e E l t e r n , den Bandwirker Christian Fichte und dessen Ehefrau Maria Dorothea geb. Schurich in Rammenau, mit der Nachricht, dass er eine Hauslehrerstelle im Hause des Grafen von Krockow angenommen habe.„Theuerste Eltern… Ich bin durch einen Zusammenfluß von sonderbaren Vorfällen ganz gegen meinen Willen wieder in Condition gerathen. Schon längst, und besonders seit Warschau hatte ich so eine Abneigung gegen diese LebensArt, daß ich nie mehr hofte, sie wieder zu ergreifen; jezt aber ist es mir so wohl gerathen, als ich es nie erwartet hatte. Die Gräfinn von Krockow, deren Sohn ich erziehe, ist ein Engel in menschli-cher Gestalt, und es gefällt mir in ihrem Hause sowohl, daß ich nie wünschte es zu verlaßen, wenn das Leben in demselben nicht zu gut wäre, und mich an Ausführung meines Plans, mich zu einem würdigen Gelehrten zu bilden, kräftigst verhinderte. – In jedem Falle, es werde mit mir, was da wolle, werde ich Ihnen stets, bei jeder veränderten Lage, von mir Nachricht geben. So lange ich Ihnen also nicht schreibe, können Sie sicher sein, daß ich noch an dem gegenwärtigen Orte meines Aufenthalts bin. – Es werde aber mit mir, was da wolle, so werde ich nie aufhören, ein rechtschafner Mann zu sein, und – auf meinem Wege – der Welt zu nützen, so viel ich kann.Meinen Gruß an meine sämmtlichen Geschwister, besonders an Gotthelfen! …“Krockow war – nach Leipzig, Zürich und Warschau – Fichtes letzte Station als Hauslehrer. Schon im Juni trübte sich das Verhältnis zwischen Fichte und Gräfin Luise von Krockow, im Herbst 1792 gab er die Stellung auf. Das wichtigste Ereignis dieser Krockower Zeit war das Erscheinen seines Erstlings „Ver-such einer Kritik aller Offenbarung“, der allgemein für ein Werk Kants gehalten wurde und den jungen Kandidaten der Theologie mit einem Schlag berühmt machte.Gesamtausgabe Band III,1 Nr. 100 (unvollständig gedruckt, ohne den ersten und den letzten Absatz).

II. WISSENSCHAFT

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249 — Eigenh. Manuskript. (1808.) 2 S. 4o. Etwas fleckig, kleine Randläsuren. (3.000.—)

Aus den berühmten, 1808 im Druck erschienenen „ R e d e n a n d i e d e u t -s c h e N a t i o n “ , die Fichte 1807/1808 im französisch besetzten Berlin hielt. Unter dem Eindruck der napoleoni-schen Herrschaft über Deutschland ent-wirft Fichte hier den Plan einer „Nati-onalErziehung“ zur Entwicklung eines deutschen Nationalgefühls. – Beidseitig beschriebenes Blatt aus dem Manu-skript der 11. Rede („Wem die Ausfüh-rung dieses Erziehungsplanes anheim-fallen werde“):„[Der Staat scheint bisher, je aufge-klärter er zu sein meint,] geglaubt zu haben, daß er, auch ohne alle Religion und Sittlichkeit seiner Bürger, durch die bloße Zwangsanstalt, seinen eigent-lichen Zweck erreichen könne, und daß in Absicht jener diese es halten möch-ten, wie sie könnten. Möchte er aus den neuen Erfahrungen wenigstens dies gelernt haben, daß er das nicht vermag, und daß er gerade durch den Mangel der Religion und der Sittlichkeit dahin gekommen ist, wo er sich dermalen befindet.Möchte man ihn, in Absicht seines Zweifels, ob er auch wohl das Vermögen habe, den Aufwand einer Nationalerziehung zu bestreiten, überzeugen können, daß er durch diese einzige Ausgabe seine meisten übrigen auf die wirthschaftlichste Weise besorgen, und daß, wenn er diese nur übernimmt, er bald nur diese einzige HauptAusgabe haben werde. Bis jezt ist der bei weitem größte Theil der Einkünfte des Staats auf die Unterhaltung stehender Heere gewendet worden. Den Erfolg dieser Verwendung haben wir gesehen; dies reicht hin; denn tiefer in die besondern Gründe dieses Erfolgs aus der Einrichtung dieser Heere hineinzugehen, liegt außerhalb unsers Plans. Dagegen würde der Staat, der die von uns vorgeschlagene NationalErziehung allgemein einführte, von dem Augenblike an, da ein Geschlecht der nachgewachsenen Jugend durch sie hindurch gegangen wäre, gar keines besondern Heeres bedürfen, sondern er hätte an ihnen ein Heer, wie es noch keine Zeit gesehen. Jeder einzelne ist zu jedem möglichen Gebrauche seiner körperlichen Kraft vollkommen geübt, und begreift sie auf der Stelle, zu Ertragung jeder Anstrengung, und Mühseeligkeit gewöhnt, sein in unmittelbarer Anschauung aufgewachsener Geist ist immer gegenwärtig und bei sich selbst, in seinem Gemüthe lebt die Liebe des Ganzen, deßen Mitglied er ist, des Staats, und des Vaterlands, und vernichtet jede andere selbstische Regung. Der Staat kann sie rufen, und sie unter die Waffen stellen, sobald er will, und kann sicher seyn, daß kein Feind sie schlägt. Ein andrer Theil der Sorgfalt und der Ausgabe in weise regierten Staaten ging bisher auf die Verbeßerung der Staatswirthschaft im ausgedehntesten Sinne, und in allen ihren Zweigen, und es ist hierbei, durch die Ungelehrigkeit, und Unbehülflichkeit der niedern Stände, manche Sorgfalt und mancher Aufwand vergebens gemacht worden, und die Sache hat allenthalben nur geringen Fortgang gehabt. Durch unsere Erziehung erhält der Staat arbeitende Stände, die des Nachdenkens über ihr Geschäft von Jugend auf gewohnt sind, und die schon sich selbst durch sich selbst zu helfen vermögen und Neigung haben; vermag nun noch überdies der Staat ihnen auf eine zwekmäßige Weise unter die Arme zu greifen, so werden sie ihn auf das halbe Wort verstehen und seine Belehrung sehr dankbar aufnehmen …“Mit einigen Korrekturen. Am Kopf von zeitgenössischer Hand betitelt.

(J. G. Fichte)

II. WISSENSCHAFT

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„das Automatischwerden vorher bewusster Handlungen“

251* FREUD, Sigmund, Neuropathologe, Begründer der Psychoanalyse, 1856 – 1939. Br. m. U. „Freud“. Wien 9.VII.1926. 11⁄4 S. gr.-8o. Mit gedrucktem Briefkopf. (3.000.—)

An einen Kollegen, mit Dank für die „Ergänzung zur ersten Vorlesung“.„… Ich habe immer noch den Eindruck, dass das Automatischwerden vorher bewusster Handlungen allzugrossen Einfluss auf Ihre Theorie ausgeübt hat, will aber nicht leugnen, dass dies Faktum eine Unterbringung verdient und kann Ihnen selbst nicht angeben, an welcher Stelle. Die Einbeziehung des überaus wertvollen B r e u e r ’schen Gedankens vom Gegensatz der frei beweglichen und der tonischen Energie in unser Lehrgebäude scheint mir auch in Ihrer Auffassung noch nicht geglückt, auch das ein Ziel, das einmal erreicht werden muss. Ich bin weit davon entfernt, Ihnen Ihre spekulativen Bemühun-gen übel zu nehmen, schätze sie vielmehr in hohem Masse, fühle mich nur nicht im Stande, dazu sofort Stellung zu fassen …“Josef Breuer, der mit Freud 1895 die „Studien über Hysterie“ herausgegeben hatte, gilt neben Freud als Mitbegründer der Psychoanalyse.

„Fordert man nicht viel so bekommt man gar nichts“

252* — E. Br. m. U. Wien 21.IV.1932. 2 S. gr.-8o. Gedruckter Briefkopf. Minimale Randlä-suren. Mit Umschlag. (5.000.—)

An seinen ehemaligen Schüler, den Psychoanaly-tiker Paul F e d e r n , über die Reorganisation des Internationalen Verlags, dessen Leitung sein Sohn Martin übernommen hatte. „… Ich möchte erst das Ergebnis der Beratungen der Gruppe hören, auch abwarten, was Martin von Eitingon“ (der Psychonanalytiker Max E., von 1925 bis 1934 Präsident der Intern. Psychoanaly-tischen Vereinigung) „bringt ehe ich zu dem Detail der praktischen Maßnahmen Stellung nehme.… Die Idee einer psa Internationale scheint mir nicht so ungeheuerlich, sie giebt nur wieder, was der Name ‘Internat. psa Vereinigung’ ohnedies besagt. Was wäre sonst sein Inhalt, wenn er nicht andeuten wollte, daß wo nationale u. psa Inter-essen zusammenstoßen die ersteren zurückstehen sollen?Daß wie Sie richtig bemerken die Analytiker sich zur Erfüllung solcher Forderungen im Ganzen wenig eignen, kann uns nicht abhalten, sie nach-drücklich zu erheben. Fordert man nicht viel so bekommt man gar nichts.Ihren Vorschlag die Autoren unprofitabler Bücher nachträglich zur Entschädigung heranzuziehen halte ich für ganz unmöglich. Im Allgemeinen wird man viele unpraktische Vorschläge vermeiden wenn man die Geschäftsleitung des Verlags an den Beratungen teilnehmen läßt …“

II. WISSENSCHAFT

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253 GALL, Franz Josef, Arzt und Neuroanatom; Begründer der Phrenologie, 1758 – 1828. E. Schriftstück m. U. „Gall“. Paris 28.V.1828. 22⁄3 S. gr.-4o. Schwach gebräunt. Leicht fleckig. (300.—)

Ausführlicher Krankenbericht über ein 19 Monate altes, wohl zurückgebliebenes Mädchen mit einer Kopfform, die der eines Jungen gleiche.„… La partie frontale … est tres bouchée en avant; les tempes enfoncées; les yeux gros, deprivés dans la figure; les pupilles extrémement dilatées; le regard tellement incertain, qu’on a jamais vu se convaincre qu’elle fixe les objets. Du reste elle entend; elle a l’air quelque fois de sourire … Les extremités superieures et inferieures sont delicates et faibles, de maniére qu’avec les mains elle ne pouvoit rien faisir …Quelques fois ces obstacles disparaissent par l’absorption qui a lieu successivement, surtout en propor-tion que le cerveau se developpe, et se consolide. Un tel changement a lieu ordinairement à l’age proche de la puberté …“Es folgen detaillierte Anweisungen für eine erfolgversprechende Behandlung, wie ein Leben auf dem Land, die Herstellung verschiedener, mit der Milch zu gebender Pulver, das Rasieren, Eincremen und Umwickeln des Kopfes: „… il faudra d’abord avoir beaucoup de patience pour attendre, et observer … si le regard de l’enfant commence à devenir plus naturel …“

254 GELEHRTE. – 29 Autographen. (600.—)

Die Historiker Helmut Hirsch (e. Br. m. U. 1988), Friedrich Meinecke (e. Br. m. U. 1947), Eduard Meyer (e. Postkarte m. U. 1927), Theodor Mommsen (gedr. Urkunde m. U. 1875), Leopold v. Ranke (Schrift-stück m. U. 1846), Friedrich v. Raumer (e. Br. m. U. 1971), Heinrich v. Sybel (e. Br. m. U. 1884) und Heinrich v. Treitschke (e. Br. m. U. 1878),die Kunsthistoriker Wilhelm v. Bode (e. Br. m. U. 1906), Wilhelm Lübke (2; e. Br. m. U. 1857 und e. Bil-lett m. U. auf s. Visitenkarte), Ignaz v. Olfers (e. Br. m. U. 1866), Gustav Parthey (e. Br. m. U. 1860) und Edwin Redslob (2; Albumblatt und e. Schriftstück), der Mathematiker Karl Weierstrass (Br. m. U. 1874), die Philologen Wilhelm v. Humboldt (Br. m. U. 1810) und Friedrich August Wolf (e. Schriftstück m. U. 1817) sowiedie Theologen Alfred Bengsch (sign. Portraitphotographie), Otto Dibelius (3 Br. m. U. 1952/56), Helmut Gollwitzer (e. Manuskript, 1964, 10 S. gr.-8o, auf der Rückseite von an ihn gerichteten Briefen und Drucksachen; dazu sign. Portraitphotographie), Adolf v. Harnack (2; e. Postkarte m. U. und Albumblatt, 1902), Vollrath Friedrich Ideler (e. Br. m. U. 1812), Martin Niemöller (Br. m. U. 1974) und Friedrich Schleiermacher (Urkunde m. U. 1818). – Beiliegend gestochene Portraits der Theologen Johann August Hermes und Lucas Heinrich Thering.

255 — 24 Autographen. (500.—)

Der Ethnologe Claude Lévi-Strauss (Br. m. U. 1956), die Pädagogen Pierre Bovet (e. Br. m. U. Genf 1943) und Heinrich Hanselmann (e. Br. m. U. Zürich 1934), die Kriminologen Edmund Mezger (2 Br. m. U. und 1 e. Postkarte m. U. 1939 – 1951) und Wolfgang Mittermaier (e. Br. m. U. 1934), der Linguist Noam Choms-ky (e. Billett m. U. 1987), die Literaturwissenschaftler Ludwig Hirzel (e. Postkarte m. U. Bern 1886) und Jean Starobinski (4 e. Br. m. U. 1980 – 1992 und 1 e. Manuskript „Rousseau et Baudelaire“, 18 S. gr.-4o), der Nationalökonom August Oncken (e. Postkarte m. U. Bern 1882), die Soziologen René König (Br. m. U. 1956, an Gustav Bally) und Gustave Le Bon (2 e. Br. m. U. 1897/1907, dazu ein Brief in s. Namen) sowie die Theologen Christoph Blumhardt (5 e. Br. m. U. Bad Boll 1860 – 1890) und Gustav v. Bodelschwingh (Br. m. U. Freistatt 1911). – Beiliegend Autographen der Schriftsteller Maxime Du Camp, Ludwig August Frankl v. Hochwarth (2) und Leopold v. Sacher-Masoch (Lindheim 1889).

II. WISSENSCHAFT

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256 — 4 Autographen. (200.—)

Der Kunsthistoriker Alfred Lichtwark (e. Br. m. U., Hamburg 1905), die Physiker Max Planck (e. adr. Briefumschlag an Oberkirchenrat Neuberg in Dresden, Berlin 1938) und Edward Teller (Br. m. U. u. e. Nachschrift, Livermore 1959) sowie der Soziologe Ralf Dahrendorf (e. Br. m. U., Vancouver 1962). – Bei-liegend ein e. Br. m. U. des Sozialreformers Hermann Schulze-Delitzsch (Delitzsch 1855, an den Histori-ker Heinrich Wuttke).

„unsere Kindermärchen“

258* GRIMM, Jacob, Sprachforscher, mit seinem Bruder Wilhelm Begründer der Germanis-tik, 1785 – 1863. E. Br. m. U. Wi e n 6.III.1815. 1 S. kl.-4o. Oberrand unregelmäßig beschnitten (Verlust der Anrede). (6.000.—)

Als kurhessischer Gesandt-schaftssekretär beim Wi e n e r K o n g r e s s (an den Berli-ner Verleger Georg Reimer), damals noch Leiter der Real-schulbuchhandlung, in der 1812/13 der erste und 1814/15 der zweite Band der „ K i n -d e r- u n d H a u s m ä r c h e n “ erschienen war, deren Verkauf sich – sehr zu Grimms Unwil-len – schleppend gestaltete. „… Die Mayerische Buchh[andlung] hier selbst, welche meine altspanischen Volkslieder verlegt, wünscht bei dieser Gelegenheit mit Ew. Wohlgeb. in nähere Verbin-dung zu treten, und hat mich ersucht, Ihnen die Verbreitung des Buchs zu empfehlen. Viel-leicht wird es Ihnen angenehm seyn, indem Sie eine Anzahl Exemplare davon übernehmen, dagegen gedachter Buchhand-lung Exemplare von unseren Kindermärchen (oft ist hier im Publ. Nachfrage darum, ohne daß man sie weder bei Schaum-burg noch Camesina findet)

sowie von andern Ihren Werken aufzutragen; es wird ihr verständig und strebsam vorgestanden, nur aber das Bedürfnis empfunden, mit den geschätztesten Buchhändlern des Reichs in lebendigere Berüh-rung zu kommen …“ Nachdem Jacob Grimm infolge des Untergangs des Königreichs Westfalen seinen Posten als Privatbib-liothekar des Königs Jérôme Bonaparte verloren hatte, war er in den diplomatischen Dienst Kurhessens getreten, den er jedoch Ende 1815 wieder verließ, um als Oberbibliothekar in Kassel mehr Zeit für seine Studien zu haben.

II. WISSENSCHAFT

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„da geht dann alles leicht“

259 GRIMM, Wilhelm, Germanist, Bruder von Jacob G., 1786 – 1859. E. Br. m. U. Berlin 28.II.1855. 2 S. gr.-8o. Bläuliches Papier. (2.000.—)

An die Schriftstellerin G i s e l a v o n A r n i m , das jüngste der Kinder Bettina und Achim von Arnims und spätere Ehe-frau seines Sohnes Herman, die ihm zum Geburtstag Schlüsselblumen von einer Rhein-Reise gesandt hatte. „… Es gibt eine besondere Art, die wie feiner Thee riechen und die ich in meiner Jugend immer auf den Wiesen gesucht habe. Ich habe auch etwas von dir gelernt, in den M ä r c h e n ist es sonst gefährlich, wenn man verschlossene Thüren öffnet, du hast aber einen guten Ausweg gefun-den, du läßt sie durch Engel öffnen; da geht dann alles leicht.Wärst du an dem Tag hier gewesen, so hättest du können zu Mittag bei uns blei-ben, nur Frau Gerhard war zugegen, weil sie sich selbst eingeladen hatte. Als wir noch saßen, kam noch Frau v. S a v i g -n y “ (ihre Tante Gunda Brentano, verhei-ratet mit Friedrich Karl von S.), „nahm aber nur ein Stückchen Braten. Savigny war früher weggegangen, sah aber ganz wohl aus und ist sichtbar rüstiger gewor-den … H e r m a n n verehrte mir Titel und Zueignung von einem Bändchen Gedichte, wovon aber der Text noch nicht gedruckt ist. Rudolf schenkte sich selbst in einem Lichtbild, worin er sich in ganzer Gestalt als Offizir in voller Uniform präsentirt … Gustchen ist glückselig auf dem Eis, läuft so oft es angeht, auf der Insel im Thiergarten und ist gestern nur zweimal gefallen, und bei dieser ener-gischen Lebensart, entwickelt sich neben gutem Appetit eine besondere Neigung zum Wein, er … hatte an meinem Geburtstag … des Guten beinahe zu viel gethan. J o a c h i m war ein paar Tage hier, da gabs geistige Burzelbaume auf der Violine, aber er spielte wunderschön, die Finger gehorchen ihm wie kleine Geister. Gestern Abend ist er mit der F r a u S c h u m a n n nach Danzig und Königsberg, wo sie Concerte geben auf besondere Einladung … / Deiner Mutter hoffe ich geht es wieder gut: krank zu sein muß sie Leuten wie mir überlassen, es paßt nicht für sie … Grüße S i m r o c k s , wenn du sie siehst … Wenn das Wetter wieder gut ist, so mache mit Simrocks eine Spazierfahrt nach Menzenberg, die Gegend dort hat mir jeden Tag von neuem gefallen … / Sag der M a x und A r m g a r t “ (ihre älteren Schwestern) „ich dächte manchmal an sie und empfände dann immer wie lieb ich sie hätte, an die Max wie sie das rosenrothe Kleid anhatte, sie sah so schön darin aus. Leb wohl, laß deine gute Gesinnung gegen mich nicht mit einer Eisscholle auf dem Rhein fortschwimmen … Der Rhein ist doch prächtig, weil sich alles darauf bewegt und lebendig ist, man meint, ein Stück Weltge-schichte ziehe an einem vorüber …“Wilhelm und Jacob Grimm waren seit ihrer Studienzeit – durch ihre Freundschaft mit Clemens – mit der Familie Brentano eng verbunden.

II. WISSENSCHAFT

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260 GUNDOLF, Friedrich, Literarhistoriker, 1880 – 1931. E. Br. m. U. Heidelberg 22.I.1930. 4 S. gr.-8o. Schwach gebräunt. (150.—)

An einen befreundeten Schriftsteller, der ihm sein Werk über China zugesandt hatte.„… Es ist ein kompaktes und gewichtiges Denkgebild, dem ich zunächst nur mit dem passiven Dank des Empfängers begegnen kann, nur mit ganz leisem Einspruch des Zweifes: ob Du nicht … mehr als Künstler befohlen, denn als Gelehrter geforscht hast … (Eine Frage übrigens die mich jetzt oft berennt, wie weit all unsere ‘Erkenntnisse’ Befehle sind, Wertungen eines Geheimwillens zur Macht.) …“ – 1929 war von Erich von Salzmann das Werk „China siegt“ erschienen.

261 HEDIN, Sven von, schwedischer Forschungsreisender, 1865 – 1952. E. Br. m. U. Peking 15.II.1930. 1 S. gr.-4o. Kleine Faltenrisse. Lochung ausgerissen. (120.—)

An den späteren Feldmarschall Erhard M i l c h , damals Generaldirektor der Lufthansa, eine Tibet-Reise des Sinologen Erich Hauer betreffend.„… Ich habe Dr Hauer heute nochmals geschrieben, dass die Reise für dieses Jahr absolut unmöglich ist. Er würde nicht in der Zeit für die Monsune nach Kansa kommen können, denn nur der Umweg durch die Wüste ist frei …“Hedin beschäftigte sich damals mit der Erforschung der Wüste Gobi. – Hauer, Verfasser des bedeutenden Standardwerks „Handwörterbuch der Mandschusprache“, arbeitete 16 Jahre als Konsul an der Deut-schen Gesandtschaft in Peking. Am Kopf ein e. Vermerk m. U. („Mi“) Milchs.

262 HEGEL, Georg Wilhelm Friedrich, Philosoph, 1770 – 1831. E. Schriftstück m. U. (Berlin) 5.III.1822. 1⁄2 S. quer-8o. Faltspuren. (800.—)

Studienbescheinigung:„Daß Herr M. L. Frankenheim aus Braunschweigim Winterhalbjahr 1821 – 1822,meine Vorlesungen über die N a t u r p h i l o s o p h i e –mit anhaltendem Fleiße besucht, bezeuge hiemitProf. Hegel 5/3 22“

Moritz Ludwig Frankenheim (1801 – 1869) promovierte 1823 in Berlin, von 1827 bis 1850 war er Professor für Physik, Geographie und Mathematik an der Universität Breslau.

II. WISSENSCHAFT

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„die kinetische Energie der elektrischen Strömung“

264* HERTZ, Heinrich, Physiker; Entdecker der nach ihm benannten elektromagnetischen Wellen, auf denen die heutige Rundfunk- und Fernsehtechnik beruht, 1857 – 1894. Eigenh. Manuskript mit Namen am Kopf. (1878/80.) 82 S. gr.-folio (meist halbspaltig beschrieben), dazu 4 Federzeichnungen auf Blatt-Ausschnitten und 2 Diagramme. Nadelspuren, stellenwei-se etwas fleckig, einige Blätter mit Randläsuren (minimaler Verlust von Zeilenanfängen und -enden). (16.000.—)

„Versuche zur Feststellung einer oberen Grenze für die kinetische Energie der elektrischen Strömung. / Von H. R. Hertz.“ – Das für den Druck in Wiedemanns Annalen der Physik (Band 10, 1880, S. 414 – 448) stark überarbeitete Manuskript der „ P r e i s a r b e i t “ , mit der der 22-jährige Physikstudent Heinrich Rudolf Hertz den von der Berliner philosophischen Fakultät auf das Jahr 1879 ausgelobten naturwissen-schaftlichen Preis gewann.In einer für den Druck bestimmten Fußnote erläutert Hertz die Aufgabe: „… von der philosphischen Fakultät der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin [war] den Studirenden … die Aufgabe gestellt worden, über die Größe von Extracurrents Versuche auszuführen, aus welchen wenigstens eine obere Grenze für die bewegte Masse würde festgestellt werden können. Es war schon in der Aufgabe darauf hingewiesen, daß zu diesen Versuchen die Extracurrents aus doppeltdrähtigen Spiralen, deren Zweige in entgegengesetzter Richtung durchflossen wären, besonders geeignet sein würden. Die vorliegende Arbeit ist im Wesentlichen identisch mit derjenigen, welche des Preises gewürdigt wurde …“ – Am Kopf des Manuskripts ein redaktioneller Vermerk in Blei: „NB. In den Annalen wird stets Extraströme statt des englischen Extracurrent gesetzt!“Mit etlichen Streichungen und (teils eingeklebten) Einschüben sowie 4 (von 5) gezeichneten Figuren; der Schluss (pag. 75 – 79) ist in zwei Fassungen vorhanden. Die ursprünglich bei der Fakultät eingereichte Fassung ist daher aus dem Manuskript weitgehend rekonstruierbar, lediglich das Blatt mit den Seiten 57 und 58 wurde vom Redakteur der „Annalen“ entfernt und durch eine eigene Handschrift ersetzt. Gesammelte Werke Band I, Leipzig 1895, S. 1 – 36. – Werkmanuskripte von Hertz, zumal so bedeutende, sind im Handel v o n g r ö ß t e r S e l t e n h e i t .

II. WISSENSCHAFT

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265* HUMBOLDT, Alexander von, Naturforscher, 1769 – 1859. E. Br. m. U. Wien 5.X.1797. 1 S. quer-gr.-8o. Oberrand beschnitten. Kleiner Randeinriss. (600.—)

An (den Naturforscher Karl Ehrenbert Freiherrn von Moll in Salzburg), dem er seinen Bruder Wi l h e l m empfiehlt, „dessen Name Ihnen aus den H o r e n u. anderen philosophischen Arbeiten vielleicht schon bekannt ist“.„Schenken Sie ihm einen Theil der Liebe und Freundschaft, die ich bei Ihnen genoß. Er ist ein Durch-reisender aber ich … werde ihm bald folgen u., wenn Ihr gütiger Fürst mir u. meinen Reisegefährten, einen Aufenthalt gestatten, so bleibe ich Monathe lang in Ihrer Nähe. Wie freue ich mich dieser schönen Zeit …“Am 21. d. M. reiste Humboldt nach Salzburg, wo er, mit Ausnahme einer siebentägigen geologischen Expedition ins Salzkammergut, bis zum 24. April 1798 blieb.

266 — E. Br. m. U. (Berlin) 18.X.1827. 2⁄3 S. gr.-8o. Mit Blindsiegel und Adresse. Minimal fleckig. Mit Montagespuren und -resten auf der Adressseite. (350.—)

An (seinen Förderer und Freund David?) F r i e d l ä n d e r.„Wie gern würde ich Ihrem Wunsche entgegen gekommen sein, wenn ich ihn vor 14 Tagen gekannt hätte, mein Verehrtester: aber leider! liegt eine Liste von 70 Personen vor mir, von denen der Rector L i c h t e n s t e i n “ (der Zoologe Martin Karl Hinrich L., zu dieser Zeit das zweite Mal Rektor der Berli-ner Universität) „mir auf nicht einen einzigen … Hofnung macht, weil der Raum ganz gefüllt ist. / Mit freundschaftlicher Anhänglichkeit u. Ergebenheit / Ihr / AHumboldt“.Beiliegend ein e. Br. m. U. mit einer Bücherbestellung (Berlin 1848).

267* — E. Billett m. U. O. O. u. D. (nach 1848). 1⁄2 S. quer-8o (Abriss eines größeren Blattes). Schwach gebräunt. (300.—)

Wohl an die Dieterich’sche Buchhandlung in Göttingen, die ihm einen Folgeband eines bei ihr erscheinen-den Werks des Orientalisten Heinrich E w a l d übersandt hatte.„Ich besize von Ewalds Geschichte des Volkes Israel, die in 3 Bänden angekündigt wurde nur BdI 1843 / BdII 1843 / BdIII erste Hälfte 1847, keine 2te Hälfte aber einen nachträglichen Anhang zum 2ten Band von 1848[.] Weiter nichts. Ich habe nichts von einer zweiten Ausgabe zu der der übersandte 6te Band gehört[.] Könnte ich denn nicht die erste Ausgabe durch die zweite Hälfte des 3ten Bandes vervollstän-digen!! Der 6te Band einer zweiten Ausgabe von einem Buch das in 3 B[ä]nd[en] erscheinen sollte kann mir nichts nuzen …“

268 — E. Br. m. U. O. O. u. D. (nach einer alten Notiz Berlin 9.III.1850). 1⁄3 S. gr.-8o. Mit Blind-siegel und Adresse. Minimaler Randeinriss. Vermerke am Kopf und am Schluss. (400.—)

An Christian Daniel R a u c h , dem er den Bildhauer Johann Hartung empfiehlt.„Ich bitte Sie, edler Freund, den Ueberbringer dieser Zeilen Herr Hartung aus Coblenz, jezt von Paris kommend wo ich ihn gekannt, recht freundlichst aufzunehmen. Er bringt seine Gruppe Mosel und Rhein; seine frühere recht schöne Arbeit ist der Siegfried auf Stolzenfels …“Hartung hatte für den Koblenzer Schlossgarten die Sandsteinskulptur „Vater Rhein und Mutter Mosel“ und für Schloss Stolzenfels ein Bronzestandbild des jungen Siegfried geschaffen.

II. WISSENSCHAFT

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„ein uralter Gelehrter, vielleicht jezt der bejarteste aller Reisenden“

269 — E. Br. m. U. Berlin 2.V.1858. 1 S. folio. Hellblaues liniiertes Papier. Rand- u. Falten-risse. Kleine Nadellöcher. (800.—)

An den „Polizei-Director“ Hermann Hirsch in Elberfeld, bei dem er sich für den Schwager eines Bediens-teten seiner Nichte Gabriele von Bülow einsetzt. „… In dem Geschäftsleben sind die rein gemütlichen Interessen von geringer Wichtigkeit und doch auf diese allein kann sich die gewagte Bitte stützen, die ein uralter Gelehrter, vielleicht jezt der bejarteste aller Reisenden (von Mexico und Nordasien) an Sie richtet … Ich nehme, seit vielen Jahren, ein sehr warmes Interesse an dem Glück einer Familie, von der ein Glied recht gebildet u. mit vortreflichen moralischen Eigenschaften begabt, hier in Diensten meiner Nichte, der Frau Ministerin von Bülow, der hinterlassenen Tochter Wi l h e l m v o n H u m b o l d t , lebt. Der Schwager dieses Mannes …, der Färber W. Kollenbusch zu Elberfeld hat sein kleines, aber erträgliches Geschäft aufgeben müssen, wegen eines schweren Augenübels, das völlige Erblindung herbeiführen würde wenn der Leidende fortführe den beständigen Temperaturwechseln u. den Einfluss schädlicher Farben-Ausdunstung ausgesezt zu sein. Der Wunsch des Kollenbusch, Vater von 4 Kindern, wäre, sein geringes erspartes Vermögen zur Errich-tung einer Gastwirtschaft anzulegen, u. meine ganz gehorsamste Bitte ist dahin gerichtet Ihr Wohlwollen in dieser Angelegenheit warm u. kühn anzusprechen …“Als Nachsatz schreibt Humboldt: „Verzeihung wegen der unleserlichen Urschrift“.Beiliegend der Antwortentwurf des Adressaten; Hirsch könne dem Gesuch leider nicht stattgeben, da „… je größer die Zahl der Wirtschaften um so größer auch anerkannter Maßen die Trunksucht, Völlerei u. Immoralität …“ sei, und er halte es „… für eine heilige Pflicht …, mit allen zuläßigen Mitteln diesen Uebeln entgegenzuwirken …“ (Elberfeld 4.V.1858).

270 HUMBOLDT, Wilhelm von, Gelehrter und preußischer Staatsmann; Mitbegründer der vergleichenden Sprachwissenschaft, 1767 – 1835. Br. m. U. „Humboldt“. Berlin 19.XI.1819. 1 S. 4o. Leicht gebräunt. (300.—)

An einen „Legationskanzellisten“ in Frankfurt/Main mit einer Zahlungsanweisung.„Es wird nichts übrig bleiben, als Herrn Rügemer die berechneten 40 Fl. auszuzahlen. Ich bitte Ew Wohl-geboren dies zu bewirken, und mir zu schreiben, ob Sie das Geld hier angewiesen haben wollen, oder ob ich es Ihnen dort übermachen soll …“ Im Januar des Jahres war Humboldt zum preußischen Minister für ständische Angelegenheiten ernannt worden. Aus der Sammlung Künzel. – Bei Mattson nicht registriert.

271 — E. Br. m. U. Berlin 28.XI.1826. 2⁄3 S. gr.-4o. Leicht gebräunt. Minimale Randeinrisse. (300.—)

An einen Herrn, mit Dank für die Überbringung eines Pakets von August von Liebermann aus Madrid.„… Ew. Hochwohlgebohren haben sehr richtig vorausgesehen, daß mir daran gelegen seyn würde, das Paket früher zu erhalten …“Der preußische Gesandte in Madrid, August von Liebermann, hatte Wilhelm von Humboldt verschiedene spanischsprachige Werke über amerikanische Sprachen zukommen lassen.Bei Mattson nicht registriert.

(A. v. Humboldt)

II. WISSENSCHAFT

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273 KASTLER, Alfred, elsässischer Atomphysiker, Nobelpreisträger; schuf die Grundlagen der Laser- und Masertechnik, 1902 – 1984. Eigenh. Manuskript mit Namenszug am Kopf. 92⁄3 S. folio. – Dazu ein e. Begleitbillett m. U., o. O. 6.II.1974. (150.—)

„Sur le rapport des intensités d’émission induite et d’émission spontanée.“ Vollständiger Artikel, erschie-nen in „Physica“ 69 (1973).Beginnt: „E i n s t e i n en 1917 introduisit la distinction entre émission spontanée et émission induite du rayonnement par les atomes …“

274* KEYSERLING, Hermann Graf, Philosoph, 1880 – 1946. E. Br. m. U. Schloss Schönhau-sen a. d. Elbe 27.IX.1941. 21⁄3 S. kl.-4o (Faltbrief mit Stempel: 1.II.1942). (250.—)

An eine befreundete Dame im von den Deutschen besetzten Paris mit einem Empfehlungsschreiben für den Verleger Peter Diederichs. – In Vorbereitung der Reise sandte Keyserling das Schreiben wohl bereits im September 1941 an Diederichs, der es erst im Februar 1942 der betreffenden Dame zukommen ließ.„… Je V[ous] prie de faire bon accueil à mon nouvel éditeur le Dr. Peter Diederichs et à sa femme, née Belge, qui passeront qq. semaines à Paris. Il a de grands projets de collaboration franco-allemand sur le plan du pur esprit il a plus d’influence et de possibilités qu’aucun autre editeur allemand (il est tout jeune) et le seul de l’intérêt de tout le monde …“Beiliegend ein weiterer e. Br. m. U. (Darmstadt 1935, Übersetzungen seiner Werke betreffend) und eine e. Postkarte m. U. (Darmstadt 1936; an eine Dame in Paris, der er die neue Adresse seines Sohnes Manfred mitteilt).

275 KOCH, Robert, Bakteriologe, Nobelpreis-träger; Entdecker des Tuberkelbazillus und des Cholera-Erregers, 1843 – 1910. E. Br. m. U. Berlin 26.VI.1889. 11⁄2 S. 8o. (1.600.—)

An einen Herrn, der ihm seine „Ideen über Fieber und dessen Behandlung“ hatte vortragen wollen.„… Wie Ihnen wohl bekannt sein dürfte, gehen meine Bestrebungen dahin, K r a n k h e i t e n z u v e r h ü -t e n ; zu Versuchen über die Heilbarkeit fehlt es mir überdies an jeder Gelegenheit, da ich kein Hospital zur Verfügung habe und auch keine ärztliche Praxis ausübe. Ich muß Ihnen daher anheimgeben, sich behufs Prüfung Ihrer Ideen … an solche Ärzte zu wenden, welche inmitten der Praxis stehen …“ Seit 1885 war Koch Professor am neu geschaffenen Hygienischen Institut der Berliner Universität.

II. WISSENSCHAFT

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„danke ich dem wunderbaren Lande des neuen Humanismus“

276 KRONFELD, Arthur, deutsch-russischer Psychiater, 1886 – 1941 (Freitod). 3 e. Br. m. U. und 1 e. Brieffragment. Prangins 15.XII.1935 und Moskau 16.V.1937 bis 3.II.1938. 12 S. meist gr.-4o. Gelocht (geringe Buchstabenverluste), kleiner Fleck. (1.200.—)

Inhaltsreiche Briefe aus dem Exil an den Schweizer Psychiater Max Müller (1894 – 1980) in Münsingen, der sich intensiv mit der auf Manfred Sakel zurückgehenden Insulinschocktherapie befasste. In den Brie-fen aus Moskau äußert sich Kronfeld begeistert über die Forschungsbedingungen in der U.d.S.S.R. – und wiederholt harsch über C . G . J u n g .Prangins 15.XII.1935. Auf die Einladung zu Vorträgen in Münsingen (Müllers vorangegangener Brief liegt im Durchschlag bei). „… Ich würde vorschlagen, beide Vorträge mit einem gemeinsamen Titel zu versehen, etwa ‘Widerstand und Übertragung i.d. Psychotherapie’:

1) am 18.1. Die Behandlung der Widerstände2) am 1.2. Übertragung und Lösung …

Inzwischen geht hier die Insulin-Therapie nach Ihrem Vorbild vor sich – bisher mit viel Sorge und noch wenig sichtbarem Erfolg. Den Rahm schöpft sozusagen die Wissenschaft ab, in Gestalt des Kollegen Gross, der allerhand neue interessante pyhsiologisch-chemische Resultate im hypoglykämischen Zustand aus Blut und Stoffwechsel herausdestilliert hat …“ Moskau 16.V.1937. „… Es jährt sich der Tag, wo ich Sie zum letzten Mal vor meiner Ausreise hierher sprechen durfte. Damals war mir die Welt düster, die Zukunft ungewiss, meine Verantwortung für meine Frau und deren künftiges Leben schwer. Sie, lieber teurer Freund, in erster Linie, gaben mir mein Selbstgefühl wieder, durch Ihren freundschaftlichen stützenden Optimismus, Ihre Güte und hilfreiche Aufnahme. Nächst Ihnen danke ich M o rg e n t h a l e r und Georgi, dass ich über die schlimmste Zeit meines Lebens – und über einige Menschen, die meinen damaligen Zustand noch verschlimmerten – hin-weggekommen bin. Dass alles so sehr viel glücklicher ausgegangen ist, als ich es vor Jahresfrist auch nur entfernt zu hoffen wagte, das danke ich dem wunderbaren Lande des neuen Humanismus, der Sowjet-Union … wenn es einen Umschwung aus der Tiefe zur Helle gibt, so habe ich ihn in diesem Jahr erlebt. Ein kleines Zeichen der geleisteten Arbeit schicke ich Ihnen in dem Insulin-Referat … das Sternberg und ich für die Mai-Tagung der Schweizer Gesellschaft für Psychiatrie ausgearbeitet haben. Es ist der unter klinischen und praktischen Gesichtspunkten vorgenommene kurze Extrakt unserer Arbeit an jetzt 258 Fällen … Wie schön ist es, wieder in grossem klinischen Masstab wissenschaftlich arbeiten zu kön-nen! …“ Persönlich könne er an der Tagung nicht teilnehmen, da er eingeladen sei, „an der Universität Charkov zu genau gleicher Zeit an einer ‘psychiatrischen Dekade’ 12 S.unden über Psychotherapie und Neurosenlehre zu lesen. So unendlich wichtig es mir gewesen wäre, Ihnen und den Kollegen allen die Hand drücken zu dürfen, so geht meine innere Verpflichtung gegen die Sowjet-Union naturgemäss allen persönlichen Wünschen vor …“Im Folgenden bittet er um Fürsprache bei Morgenthaler, mit dem es zu einer Kontroverse gekommen war. „… Fast fürchte ich, einen der mir wertvollsten und innerlich nächststehenden Menschen, denen ich in der Schweiz begegnet bin, vor den Kopf gestossen zu haben. Ich hatte eine Meinungsdifferenz mit ihm: ich hatte es abgelehnt, in der (selig entschlafenen) ‘Psychotherapeutischen Praxis’ eine Arbeit von J u n g scher Richtung aufzunehmen, die Herr Jung in ‘seinem’ (uns gestohlenen) ‘Zentralblatt für Psy-chotherapie’ deshalb nicht zu bringen wagte, und an die ‘Psychotherapeutische Praxis’ abschob, weil ihr Autor ein (offenbar an Selbsthass leidender) Jude war, ein Herr Gerhard Adler. In der … Begründung war ich deutlich geworden. Unbegreiflicherweise hat mir Morgenthaler dieses Bedürfnis nach sauberer Distanz von geistiger Hochstapelei und von freiwilligen Hilfsdiensten für den ideologischen Faschismus als ‘Parteilichkeit’ ausgelegt, während es einfaches Streben nach wissenschaftlicher Anständigkeit ist … Ich bitte Sie, lieber Herr Müller, nicht ihm klarzumachen, dass ich recht habe – denn die gesamte Frage der ideologischen Helfershelfer des Faschismus in der Psychiatrie und Psychotherapie, ebenso wie in der ‘Wissenschaft’ überhaupt, wird drastisch entschieden werden, wenn wir den Augiasstall ausmisten werden (was ich noch zu erleben hoffe) – und dann wird die Frage, ob ich recht habe, bloss noch komisch wirken; und der Herr Jung wird belachenswerte Versuche machen, den ‘neuen Anschluss’ zu finden … Amüsant übrigens, dass … Herr Jung das Kommende ahnt …

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S a k e l … hat mir einen sehr liebenswürdigen Brief geschrieben, aus Amerika … Er fragt mich an, ob ich ihm rate, für dauernd nach der Sowiet-Union zu kommen. Meine Antwort ist: ich rate jedem For-scher, der keine seiner Leistung gemässe Wirkungssphäre hat, hierher zu kommen – vorausgesetzt, dass er ideologisch mit den Ideen und Bestrebungen, die in der Sowjet-Union solch grossartige Wirklichkeit sind, übereinstimmt …“ Moskau 3.II.1938. „… Auch ich kehre jetzt wenigstens teilweise zur klinischen Arbeit an den Schizo-phrenie-Problemen zurück, wobei die Auseinandersetzung zwischen unserer alten Auffassung – seit J a s p e r s – mit K l e i s t s neuen und bei aller Primitivität grossangelegten Gesichtspunkten im Vorder-grunde steht. Ich gehöre zu den weissen Raben, welche die ganze Hirnpathologie von ihm gelesen haben. Natürlich läuft daneben die wissenschaftliche Auswertung der Insulin-Ergebnisse weiter … Unsere hiesige Psychiatrie ist mir in mancher Hinsicht lehrreich. M[i]t strenger Selbstkritik vermeidet sie problematische allgemein-theoretische Deutungen; sie ist klinisch und somatologisch, und besonders in letzterer Hinsicht sehr exakt in minutiöser Kleinarbeit. Die Klinik ist e i n s t r u k t u r- a n a l y t i s c h e r K r a e p e l i n i s m u s von klarer, vorsichtiger, dogmatisch ganz unbefangener Art. In den Krankenge-schichten muss jede Diagnose genau ausgefeilt und begründet werden … Es herrscht ein Streben nach Exaktheit und Klarheit bis ins Einzelne, in welchem Erfahrung und realistische Vernunft sich verbin-den …“ (Schluss fehlt).Beiliegend ein in Kronfelds Aufrag geschriebener Brief der „Gesellschaft für Kulturelle Verbindung der Sowjetunion mit dem Auslande“ (Moskau 31.X.1940) sowie eine Hektographie „Neues aus dem Gesund-heitswesen in der U.d.S.S.R.“ (Dezember 1939); ferner beiliegend ein an den Psychiater Alfred Storch gerichteter Brief Kronfelds (Moskau 1937; Defekte) und eine Dokumentation. Aus Furcht vor den auf Moskau vorrückenden deutschen Truppen nahmen sich Kronfeld und seine Ehe-frau Lydia am 16.X.1941 das Leben. Müller widmete Kronfeld ein Kapitel seiner Autobiographie („Erinnerungen, Erlebte Psychiatriege-schichte 1920 – 1960“ (1982). – S e h r s e l t e n .

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277* LAËNNEC, René Théophile, französischer Arzt; baute die Auskultation aus und führte das Stethoskop in die ärztliche Praxis ein, 1781 – 1826. Urkunde (handschriftlich ausgefüllter Vordruck in Kupferstich) m. U. Paris 26.VIII.1807. 1 S. quer-folio. Minimal fleckig. (1.600.—)

Mitgliedsurkunde der „ S o c i é t é A n a t o m i q u e “ für François Monet. – Graphisch schön gestaltete Urkunde: Text jeweils halbseitig umrahmt von einem Tannen- bzw. Eichenlaubzweig, unten verbunden durch zwei Äskulapnattern. Laënnec unterzeichnet als Präsident der von ihm 1803 mitbegründeten Gesellschaft. – Mitunterzeichnet vom vormaligen Präsidenten François Delaroche als Vize-Präsidenten, Claude Marie Joseph Pitet als Sekretär und dem späteren Präsidenten Augustin Charles Savary als Schatzmeister.

278* LEONHARD, Karl Cäsar von, Mineraloge und Geologe; Goethe arbeitete an seinen „Tabellen“ mit, 1779 – 1862. E. Br. m. U. Heidelberg 18.VIII.1853. 2⁄3 S. gr.-4o. Mit Oblaten-siegel, Adresse, Freimarke: Baden 9 Kreuzer und Stempeln. Minimal fleckig. (350.—)

An den Naturforscher und Schriftsteller Ernst von Bibra in Nürnberg, der ihm sein Werk über Chile gesandt hatte.„Empfangen Sie, Verehrtester, den aufrichtigsten Dank für Ihre abermalige interessante Mittheilung. Meinen Bericht über die ‘Beiträge zur Naturgeschichte von Chile’ sollen Sie möglichst bald in unsern Jahrbüchern der Literatur zu Gesicht bekommen …“Beiliegend ein e. Br. m. U. des Mineralogen Gerhard vom Rath an den Geologen Hermann Vogelsang, mit detaillierten Reise- und Forschungshinweisen. Vogelsang hatte sich in Süditalien, Korsika und Elba aufgehalten (Bonn 1862, 4 S. 8o).

279* LESSEPS, Ferdinand von, Diplomat und Ingenieur; Erbauer des Suezkanals, 1805 – 1894. Signierter Druck. Ca. 24 × 36 cm. Leichter Karton, etwas gebräunt. Ränder unregelmäßig beschnitten. Schwache Knickspuren in den unteren Ecken. (400.—)

„Travaux du Canal Maritime de Suez. – Vue du Seuil d’El-Guirs / (Extrait de l’Illustration.)“ Rechts unten der Namenszug „Ferd. de Lesseps“.Die Darstellung zeigt zahlreiche Arbeiter, die in El Guirs, dem mit 16 Metern höchsten Punkt im Isthmus von Suez, den ausgehobenen Sand in Körben abtransportieren.

280 LIEBIG, Justus Freiherr von, Chemiker; Begründer der Agrikulturchemie, 1803 – 1873. E. Brief in dritter Person. Bonn 23.IX.185?. 1⁄3 S. gr.-4o. Mit Siegelrest (Siegel ausgerissen) und Adresse. Kleine Randläsuren. Leicht knittrig. (200.—)

„Herrn Agent Leroy / in / Coblenz“.„Professor Liebig aus Gießen bittet … dem Herrn Dr Mohr“ (Carl Friedrich M., der ihm befreundete Pharmazeut und Apotheker in Koblenz, 1806 – 1879) „sagen zu lassen, daß Prof Liebig mit Frau und Tochter, Morgen Dienstag mit dem ersten Zoll-Schiff in Coblenz eintreffen werden …“

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281 MAUPERTUIS, Pierre Louis Moreau de, französischer Physiker und Mathematiker, Präsident der Berliner Akademie der Wissenschaften; bewies die Abplattung der Erde und for-mulierte das Prinzip der kleinsten Aktion, 1698 – 1759. Schriftstück m. U. Berlin 15.IX.1751. 1 S. folio. (400.—)

Von Maupertuis als Präsident der Akademie unterzeichneter Vertrag mit dem „Königl. Bau-Inspector Schmidt“ über den Bau einer neuen Treppe „nach das Collegium Anatomicum“ und von „zwey Cammern unterm Tache, für daßelbige Collegium“. – Von Schmidt mitunterzeichnet.Beiliegend das Abnahmeprotokoll des Kriegs- und Domänenrats Feldmann (Berlin 16.VI.1752), der erklärt, dass die Undichtigkeiten im Dach nicht Schuld des Bauunternehmers, sondern auf die „ihm anbefohlene“ geringe Neigung des Daches zurückzuführen seien.Ferner beiliegend ein Brief Schmidts mit der Bitte um Zahlung des Restbetrages (Berlin 19.VI.1752, französisch).

282 MENDELSSOHN, Moses, Philosoph, 1729 – 1786. Eigenh. Schriftstück. (Berlin 2.X. 1767.) 1⁄2 S. quer-8o. Leicht fleckig, Nadellöcher am linken Rand. (1.200.—)

Geschäftliche Notiz für seinen Freund, den Buchhändler und Verleger Friedrich N i c o l a i , über das Einwechseln von 300 Dukaten bei dem Bankier Joseph Veitel Ephraim. „… Gegen Abend soll ich entweder die Louis d’or in Natura, oder eine assig. auf Leipzig bekommen. Ich habe die vortheilhafte Gelegenheit nicht wollen vorbey lassen.“Mit eigenh. Empfangsvermerk Nicolais auf der Rückseite. – Am 29.IX.1767 hatte Mendelssohn Nicolai den Empfang von 370 Dukaten zum Wechseln quittiert (vgl. Moses Mendelssohn, „Gesammelte Schriften“ Bd. 12,1 Nr. 302).

283 MOTT, Sir Neville Francis, englischer Physiker, Nobelpreisträger; arbeitete über den nach ihm benannten Streuungseffekt gleichwertiger atomarer Teilchen, 1905 – 1996. Eigenh. Manuskript mit Namenszug am Kopf. Um 1995. 12 S. gr.-4o, auf den Rückseiten von Photoko-pien. (150.—)

Friedenspolitischer Aufsatz zur Thematik des „ E r s t s c h l a g s “ . – Überschrift: „The moral aspect of ‘no first use’; a view from England“.Beginnt: „Three years ago the Church of England set up a working party with the main terms of refer-ence, ‘to study the implications for Christian discipleship of the acceptance by the major military powers of a role for t h e r m o n u c l e a r w e a p o n s in their strategy’ …“

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285 NAURFORSCHER und MEDIZINER. – 16 Autographen. (350.—)

Der Chemiker Adolf Butenandt (2; Albumblatt mit Strukturformeln und sign. Portraitphotographie), die Chirurgen Christiaan Barnard (sign. Portraitphotographie), Johann Christoph Jüngken (2; 1 e. Br. m. U., Berlin 1833, und 1 e. Schriftstück m. U., 1829) und Paul Rosenstein (2 Br. m. U., Rio de Janeiro 1958/59, die Erhaltung des jüdischen Krankenhauses betr.; dazu Portraitphotographie mit e. Widmung u. U., 1958), der Kliniker Christoph Wilhelm Hufeland (Schriftstück m. U., Berlin 1827), der Pathologe Rudolf Virchow (gedr. Schriftstück m. U. als Vorsitzender der Berliner Medicinischen Gesellschaft, 1898; mitun-terschrieben von dem Gynäkologen Leopold Landau), die Physiker Gerd Binning (sign. Portraitphotogra-phie), Hermann v. Helmholtz (Schriftstück m. U., 1888; verbürgt sich bei der Berliner Staatsbibliothek für seinen Sohn Rudolf) und Ernst Ruska (3; 1 Br. m. U. und 2 sign. Portraitphotographien) sowie der Zoologe Martin Heinrich Lichtenstein (e. Br. m. U., Berlin 1843).

286* NIETZSCHE, Friedrich, Philosoph, 1844 – 1900. Druck: „Hymnus / an das Leben / für / gemischten Chor und Orchester“. Partitur. Leipzig, E.W. Fritzsch 1887. Plattennummer 475 L. 11 S. gr.-4o. Mit Gebrauchsspuren, zum Teil etwas finger- und staubfleckig, einige Rand-läsuren. Rücken unter Verwendung von Notenpapier mit Klebefilm ausgebessert. (2.000.—)

Nietzsche hatte 1882 das Gedicht „Gebet an das Leben“ von Lou von Salomé vertont. Peter Gast arbei-tete dies zu einer Komposition für gemischten Chor und Orchester um, die 1887 unter Nietzsches Namen veröffentlicht wurde. Es erschienen verschiedene Sonder-ausgaben; hier liegt die Partitur vor.Am 22.X.1887 schrieb Nietzsche an Hans von Bülow : „… es gab eine Zeit, wo Sie über ein Stück Musik von mir das allerberechtigs-te Todesurteil gefällt haben, das in rebus musicis et musicantibus möglich ist. Und nun wage ich es trotz alledem, Ihnen noch ein-mal etwas zu übersenden – einen Hymnus auf das Leben, von dem ich um so mehr wünsche, daß er leben bleibt. Er soll einmal, in irgendwelcher nahen oder fernen Zukunft, zu meinem Gedächtnisse gesungen werden, zum Gedächt-nisse eines Philosophen, der keine Gegenwart gehabt hat und eigent-lich nicht einmal hat haben wollen. Verdient er das? …Zu alledem wäre es möglich, daß ich in den letzten zehn Jahren auch als Musiker etwas gelernt hätte …“Aus dem Besitz des Wiener Musikkritikers Max Graf (1873 – 1958), mit dessen Namenszug auf dem Titel-blatt. S e h r s e l t e n .

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287* OERSTED, Hans Christian, dänischer Physiker und Naturphilosoph; Entdecker des Elektromagnetismus, 1777 – 1851. E. Br. m. U. (Kopenhagen) 29.IV.1810. 2⁄3 S. gr.-folio. Dä-nisch. Leicht gebräunt und fleckig. Kleine Rand- u. Faltenrisse. (600.—)

Zeugnis für seinen Studenten „Candidatus philosophiæ Stener Stenersen“, den späteren lutherischen Theologen.„… mit viel Fleiß und Aufmerksamkeit besuchte er meine Vorlesungen, zeigte bei den Prüfungen gute Kenntnisse und zeichnete sich bei der mündlichen Prüfung in einer Weise aus, dass er eines Tages unter den Kandidaten, die ich für würdig befunden habe, als einer der Besten angesehen werden kann. Seither hat er durch effizientes Arbeiten und den Besuch von Vorlesungen seine Kenntnisse in den Naturwissen-schaften verbessert und … bewiesen, dass er Fleiß mit selbständigem Denken verbindet …“ (Überset-zung).

288* PASTEUR, Louis, französischer Chemiker und Biologe; schuf die Grundlagen der Bak-teriologie, 1822 – 1895. E. Billett auf seiner gedruckten Visitenkarte. (London 3.I.1874.) 1 S. quer-12o. Leicht fleckig. Mit Umschlag. (800.—)

An „Mr. McLaren / 16 Boltons / South Kensington“.„Louis Pasteur / de l’Académie Francaise / Secrétaire perpétuel de l’Académie des Siences / Mille remer-ciement et bons voeux pour la nouvelle année“.

„Scurvy is a terrible disease“

289* PAULING, Linus C., amerikanischer Chemiker, zweifacher alleiniger Nobelpreisträ-ger; forschte auf dem Gebiet der Komplex- und der Strukturchemie, 1901 – 1994. Eigenh. Manuskript, am Kopf nachträglich signiert „Linus Pauling“. 8 S. gr.-4o. Liniiertes Papier. (1.600.—)„Why you have a Vi t a m i n C p r o b l e m “. – Vollständiger Aufsatz; beginnt:„Scurvy is a terrible disease. A person with scurvy becomes weak and is exhausted by even a slight effort. His muscles ache and he is mentally depressed. Later, his face looks haggard, his breath beomes fetid, his gums ulcerate, and his teeth drop out. He suffers internal bleeding, his joints fall apart, healed wounds open again, and he dies – unless the scurvy is cured by his drinking a few glasses of orange juice or eating some fresh vegetables.Scurvy is caused by a lack of vitamin C. On long voyages in past centuries many thousands of sailors con-tracted scurvy, because of the lack of fresh food, and died … / Fortunately we know now how to prevent scurvy – a few milligrams on vitamin C each day, the amount in half an ounce of orange juice, is enough for most people. But this small amount is not enough to put you in the best of health …“ – Ferner über die Frage, warum der Mensch im Gegensatz zu den meisten Säugetieren nicht in der Lage ist, Vitamin C selbst im Körper herzustellen sowie über die seiner Meinung nach erforderliche Dosierung.Pauling galt seit den 1970er Jahren als Verfechter der heute umstrittenen Theorie, dass eine hohe, über die gesundheitlich benötigte Menge hinausgehende Vitamin-C-Einnahme nicht nur Erkältungen, sondern auch Krebs heilen kann.

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290 PLANCK, Max, Physiker, Nobelpreisträger; Begründer der Quantentheorie, 1858 – 1947. Br. m. U. u. E. Berlin-Grunewald 21.V.1928. 1 S. kl.-8o. Mit montierter Portraitphoto-graphie. (150.—)

Gedruckte Danksagung für Glückwünsche zu seinem 70. Geburtstag an den Königsberger Physiker Wal-ter Kaufmann.Unter dem gedruckten Text Plancks eigenhändiger Zusatz: „Ihnen, verehrtester Hr. College Kaufmann, und ebenso den Collegen Hoffmann und Kretschmann, mit dem bestem Gruss! …“

291 PORST, Johann, protestantischer Theologe; preußischer Hofprediger und Beichtvater der Königin Sophie Charlotte, 1668 – 1728. E. Schriftstück m. U. Berlin 23.III.1721. 1 S. 4o. Mit Siegelrest. Verso kleine Falzreste. (200.—)

An (August Hermann F r a n c k e in Halle), den er um Auskunft über den Verfasser einer religiösen Schrift bittet.„… Es hat ein Mann aus Halle mit Namen Theodorus Stech, einen Brief an Sr. Königl. Maj.“ (König Friedrich Wilhelm I.) „geschrieben. Der Herr von Printz verlanget einige Nachricht von dieses Mannes Umständen, profession, Christenthum, Lebens-Art etc. Des H. Prof. Francken Hochwürden ersuche ich gehorsamst mit der ersten Post … Nachricht also zu geben, daß ich das blatt dem H. von Printzen zeigen kan … / Der Brief handelt von der Führung des Christenthums.“Der Verfasser Theodor Stech war ein Anhänger der sog. „Inspirierten“ und von Beruf Metzger.

292 SAVIGNY, Friedrich Karl von, Jurist und preußischer Staatsmann; Begründer der his-torischen Rechtsschule, 1779 – 1861. E. Br. m. U. Berlin 20.XI.1840. 1 S. gr.-4o. Mit Siegelspur und Adresse. Leicht gebräunt und fleckig. (400.—)

An den Altphilologen Julius Ambrosch (1804 – 1856), der Savigny ein aus dem Nachlass herausgegebenes Buch seines Schwiegervaters übersandt hatte.„… Wie mir dieses Geschenk aus den Händen des Verfassers selbst die lebhafteste Freude erregt haben würde, so gereicht es mir jezt zu einer wehmüthigen Befriedigung, daß die Hinterbliebenen durch Über-reichung desselben die herzliche Liebe und Achtung anerkannt haben, die ich dem theuren Verstorbenen stets widmete. Wie mir das Andenken seiner Person stets unvergeßlich seyn wird, so ist es mir stets eine große und ernste Freude, in meinen Studien den Arbeiten zu begegnen, worin er fruchtbringend fortlebt, und woran die vortrefflichen Züge seines Characters einen nicht geringen Antheil haben. Dem Herrn Herausgeber aber bitte ich zu sagen, daß ich mit den von ihm in der Vorrede ausgesprochenen Grund-sätzen seiner Arbeit vollkommen übereinstimme …“

293 — E. Br. m. U. (Berlin) 16.VIII.1841. 3⁄4 S. gr.-8o. Mit Blindsiegel und Adresse. Leicht gebräunt. (350.—)

An den Archäologen Eduard G e r h a r d (in Berlin), der während seines jüngsten Studienaufenthaltes in Rom einen Codex für Savigny hatte abschreiben lassen.„Empfangen Sie den herzlichsten Dank für Ihre so thätige Theilnahme an meinen literarischen Wün-schen und Bedürfnissen. Da ich wahrscheinlich Ende dieser Woche verreise, so werde ich die durch Ihre Güte veranlaßte Abschrift wohl erst im Oktober erhalten; sie kommt aber auch dann noch zeitig genug, und nicht weniger erwünscht …“ Seit 1835 arbeitete Savigny am „System des heutigen Römischen Rechts“.

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„etwas Neues und heiter-Erfrischendes“

294 SCHELLING, Friedrich Wilhelm Joseph von, Philosoph, 1775 – 1854. E. Br. m. U. Mün-chen 4.IX.1806. 4 S. 4o. Kleiner Montagerest auf der 4. Seite. (6.000.—)

An Johann Wolfgang von G o e t h e („Verehrungwürdigster Herr Geheimer Rath!“) mit einem Empfeh-lungsschreiben für die in München gefeierte junge Schauspielerin Marie Johanna Renner. – Schelling, dessen Berufung nach Jena Goethe 1798 gefördert und dessen Weggang nach Würzburg 1803 er bedauert hatte, war Anfang 1806 in den Bayerischen Staatsdienst eingetreten.„… Es mag Ihnen auffallen, aber es steht nicht zu ändern, daß ich hirmit an Sie einen Brief von Madame Renner, Schauspielerin des hiesigen Hoftheaters überschicke, und auch sogar unterfange, ihn mit einem Vorwort zu begleiten. – Bey den Frauen von gelehrterer Bildung ist durch den übeln Kredit der N a t u r-p h i l o s o p h i e auch Mir selber das Spiel gänzlich verdorben, und der heitre Apoll selbst hat sie kürzlich durch Einen Federzug in den Ruf der äußersten Unliebenswürdigkeit gebracht. Was kann ich thun, als mein Glück bei denen Frauen versuchen, die sich noch nicht bis zur Naturphilosophie und bis zur Lektüre gelehrter Zeitungen verstiegen haben?

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Verzeihen Sie diese Einleitung zu einem Geschäft, zu dem ich das gehörige Geschick nicht in mir fühle; Madame Renner also, die ausgezeichnete Schauspielerin des hiesigen Theaters und der Liebling des Publikums wünscht, auf dem Weimarischen Theater diesen Herbst gleich nach Eröffnung der Bühne auftreten zu können und sie hat das Zutrauen zu mir gefaßt, mich um eine Begleitung ihres Schreibens an Sie zu bitten … Was ich von ihr sagen kann ist kürzlich dieses. Ihr großes und ausgezeichnetes Talent ist das Mimisch-Komische … Sie würden von dieser Seite eine Gabe in ihr sehen, wie sie selten ist und … auch dem Weimarischen Publikum in diesem Grad etwas Neues und heiter-Erfrischendes seyn wird … Dennoch glaube ich, daß sie in der Maria Stuart die Höhe des Spiels bis zu einem gewissen Punkte errei-chen und diese Rolle, die sie sich auserbittet, auf jeden Fall mit besondrer Eigenthümlichkeit darstellen wird …Es wäre nun recht grausam, wenn Sie dieses mein Geschäft der Empfehlung mislingen lassen wollten, zu dessen Rechtfertigung, da es von meiner Seite eine wahre Metábasis eis állo génos“ (im Text altgrie-chisch) „ist, ich noch dieses anführen kann, daß ich hier die Bestimmung zum Mitglied der Akademie der Wissenschaften und zwar im Fach der schönen Wissenschaften erhalten habe.Durch den Gewinn der Düsseldorfer Sammlung hat München einen trefflichen Kunstschatz zusammen gebracht …“ – die Sammlung, die später den Grundstock der Pinakothek bildete, war im Zug der napo-leonischen Neuordnungen an die Bayerische Krone gefallen – „Ich wünschte, wenn erst alles vollends in Ordnung gebracht ist, für die Jenaische Lit. Zeitung eine Beschreibung der darauf sich beziehenden Einrichtungen zu entwerfen.Meine sehnlichste Hoffnung ist, daß der schöne Sommer und der Gebrauch des Bades Ihre so theure Gesundheit gestärkt und gegen die Gefahr neuer Anfälle befestigt haben möge …“In einem Brief vom 13. September des Jahres teilt Goethe Schelling mit, dass er keine Zusage machen könne, da solch ein Engagement „bey unsern vorwaltenden Verhältnissen, Einrichtungen und Gebräu-chen von so mancherley Umständen“ abhänge und er „zum Voraus etwas bestimmtes zu erklären nicht im Stande“ sei.

295 — E. Br. m. U. München 26.V.1817. 1 S. gr.-folio. Minimale Randläsuren. Schwach fleckig. (3.000.—)

An K ö n i g M a x i m i l i a n I . J o s e p h von Bayern, dem er für eine Gehaltszulage dankt. „Aller Durchlauchtigster, Grossmächtigster Koenig,Aller Gnaedigster Koenig und Herr!Eure Koenigliche Majestaet verstatten mir Aller Gnädigst, den tiefsten, devotesten Dank für die mir durch Allerhöchstes Rescript vom 18. d. Gnädigst bewilligte Gehalts-Zulage zu den Füßen Allerhöchst-dero Throns niederlegen zu dürfen. Möge ich im Stande seyn, durch Eifer in meinen Geschäften und von Eurer Koeniglichen Majestät mir angewiesene Arbeiten, das innige Gefühl dieses Dankes einigermaßen bethätigen zu können! Genehmigen Eure Koenigliche Majestaet huldreichst diesen schwachen Ausdruck meiner dankvollen Empfindung und derjenigen allertiefsten Ehrfurcht und gänzlichen Devotion, mit welcher ich ersterbeEurer Koeniglichen Majestaetallerunterthänigst-treugehorsamster General-Secr. der Academieder bildenden Künste pp.Schelling“.Mit Bearbeitungsvermerken am Kopf.

(F. W. J. v. Schelling)

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„ganz ungeheuer gespannt darauf was ich in jenen colossalen Ruinen finden werde“

296 SCHLIEMANN, Heinrich, Archäologe; Entdecker Trojas und der Königsgräber von Mykenä, 1822 – 1890. E. Br. m. U. Athen 27.I.1872. 23⁄4 S. gr.-8o, eng beschrieben. Zu Beginn und Schluss kurze Anmerkungen des Empfängers. (4.000.—)

Enthusiastischer Brief an den Sprachforscher Georg Petrus Heller, Pfarrer in Kleinheubach in Unter-franken, seine G r a b u n g e n i n Tr o j a betreffend. – Nach ersten Arbeiten auf dem Hügel von Hissarlik im April 1870 war es Schliemann nach großen Schwierigkeiten gelungen, dort vom 11. Oktober bis zum 24. November 1871 erstmals eine längere Zeit zu graben. Seine Funde hatte Schliemann im Dezember in der Augsburger Allgemeinen Zeitung veröffentlicht und auf Schriftzeichen hingewiesen, die Heller als phönizisch identifiziert hatte.„… Ihre in der Augsburger Zeitung veröffentlichte Uebersetzung der von mir in Troia gefundenen Inschrift hat die ganze gebildete Welt u. besonders mich erfreut. Sie hat mich aber umsomehr erstaunt als das Institut de France u. namentlich das Mitglied desselben, mein Freund Ernest R e n a n , dem ich schon von Troia aus Copie der Inschrift einschickte, keinen Buchstaben davon entziffern konn-te u. entschieden erklärte es sei keine Aehnlichkeit mit phoenicischer Schrift vorhanden, obgleich er sich doch fast ausschließlich mit phoenicischen Inschriften beschäftigt. Und doch lassen mir Ihre Auseinandersetzungen über das u. das keine Zweifel darüber daß, allerwenigstens diese beiden Buchstaben phoenicisch sind. Ueber die anderen kann ich nicht urtheilen; natürlich aber

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soll es mich ganz ungemein freuen wenn Sie Recht haben. Ich habe sogleich Ihre Uebersetzung auf fran-zösisch Herrn Renan gesandt. Inzwischen unterlasse ich es nicht Sie darauf aufmerksam zu machen, daß, bis zur Entdeckung der nur erst ganz kürzlich aufgefundenen Inschrift von Mesa, keine phoeni-cische Inschrift jemals aufgefunden ist die älter wäre als das 5te Jahrhundert vor Christi, während die von Ihnen übersetzte Inschrift allerwenigstens 1000 Jahre v. Chr. alt ist, denn ich fand sie in 81⁄2 m oder 271⁄2 deutsche Fuß Tiefe, während schon in 2 mètres Tiefe jegliche Spur von Civilisation aufhörte u. ich schon von 4 mètres abwärts jene wunderbaren vorhistorischen Vasen u. Becher mit dem Gesichte, den Brüsten u. dem Bauchnabel der Frau fand, wovon ich Ihnen nächste Woche eine Photographie schicken zu können hoffe, u. die Jahrhunderte älter sind als die ältesten Münzen, die bekanntlich nicht über 700 Jahre v. Chr. hinausgehen. Jede Spur von Münze hörte in Troia schon in weniger als 2 m Tiefe auf.Es war mir rein unmöglich in meinen Berichten an die Augsburger Zeitung Alles zu beschreiben, denn ich mußte Allem allein vorstehen u. fand keine Zeit dazu. Ich verfehle aber nicht Sie jetzt darauf auf-merksam zu machen daß ich schon von 3 u. bis 10 mètres Tiefe das Kreuz auf verschiedenster Art in den Verzierungen der kleinen terra-cotta Gebilde u. auch auf Vasen fand u. daß daßelbe jedenfalls bis zu 1200 Jahre v. Chr., welche Epoche ich jetzt bestimmt erreicht zu haben glaube, bei gänzlicher Abwesenheit von

(wovon ich nur eins gröbster Art in 10 mètres Tiefe fand) ein religiöses Symbol größter Wichtig-keit gewesen ist. Sehr häufig fand ich auch, allein stehend, das Zeichen welches in Bournoufs Lexicon der sanscrit Sprache: Swastika ( ) oder symbol guter Wünsche ist. Vielfältig fand ich auch alleinstehend die Zeichen und . Auf Kugeln von terracotta fand ich auch, außer dem , das Zeichen , ferner viele Gruppen von Punkten, die ich alle für symbolische Zeichen halte.Ein in 7 m Tiefe gefundenes Scheibchen mit phoenicischen Buchstaben, sowie eine in 81⁄2 m Tiefe gefun-dene Kugel mit mir unbekannten Schriftzügen habe ich zur Uebersetzung an Hr. Renan geschickt; ich fürchte aber er wird nichts heraus bringen. Es scheint mir wahrlich immer mehr daß die französischen Gelehrten nur ganz oberflächlich u. den deutschen nicht gewachsen sind.Da mein großer Graben oder Einschnitt in Hisarlik bei jetzt erreichter Tiefe viel zu eng geworden ist so muß ich ihn um 4 mètres breiter machen u. habe somit Gelegenheit die unzählichen Schuttschichten bis zu 10 m noch einmal durchzuwühlen. Gleichzeitig aber werde ich fortfahren meinen jetzt erst 60 m langen Einschnitt tiefer zu graben u. bin ich ganz ungeheuer gespannt darauf was ich in jenen colossalen Ruinen auf die ich in 10 m Tiefe stieß, finden werde! …“Mit diversen Beilagen, darunter die Photographie einer Portraitzeichnung Hellers, der Artikel-Entwurf Hellers für die AAZ (wohl Januar 1871) und die zeitgen. Abschrift eines längeren Briefes Hellers an Schliemann, mit detaillierteren Erklärungen zu den gefundenen Schriftzeichen und einem kleinen Seiten-hieb auf die französischen Sprachforscher: „… wenn Franzosen nicht sehen wollen, so vermag Apollon selbst ihnen kein Licht beizubringen …“ (Kleinheubach 29.III.1872).

297* — E. Br. m. U. Berlin 17.VII.1889. 2⁄3 S. gr.-8o. Unregelmäßiger Lichtrand. (1.200.—)

An einen seiner Brüder in Berlin.„… Ich sandte von Athen Alterthümer in einem gut erhaltenen ledernen Koffer, den ich nicht nöthig habe. Solltest Du ihn gebrauchen können so nimm ihn … Vielleicht siehst Du ihn Dir vorher an ob er Dir gefällt. Ich glaube heute den Grafen B i s m a r c k zu sehen u. dann sogleich nach Hannover abzureisen, wo ich zu arbeiten habe …“

(H. Schliemann)

II. WISSENSCHAFT

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298 SCHLOSSER, Friedrich Christoph, Historiker, 1776 – 1861. E. Br. m. U. (Heidelberg) 15.XI.1850. 2⁄3 S. 4o. Mit Siegelspur und Adresse. Leicht gebräunt. Kleine Rand- und Falten-risse (alt ausgebessert). (120.—)

An den Literar- und Kunsthistoriker Hermann Hettner. „… Sie erhalten inliegend … Stenzels Antwort. Daß sie nicht tröstlicher ist dafür kann ich Nichts, Sie sehn’, ich habe Alles gethan, was ich konnte …“

„Der Zionismus braucht Palästina nicht mehr“

299* SCHOLEM, Gershom, Religionshistoriker; Wiederentdecker der jüdischen Mystik, 1897 – 1982. 5 e. Br. m. U. und 6 e. Postkarten m. U. „Gerhard“. Berlin, Frankfurt a. M., Jerusalem, Oxford und o. O. 26.V.1923 bis 15.IV.1933 und o. D. 12 S. gr.-4o bis gr.-8o und die Karten (Briefmarken entfernt). Teilweise mit e. Zusätzen seiner Frau Escha. Leicht gebräunt. Zum Teil stark fleckig (meist feuchtigkeitsbedingt). Vereinzelt Faltenrisse. Mit 2 Umschlägen. (6.000.—)

An Gustav S t e i n s c h n e i d e r, Enkel des Orientalisten Moritz Steinschneider und späterer Schwager seiner langjährigen vertrauten Mitarbeiterin Kitty Steinschneider, den er 1917 während seiner kurzen Militärzeit kennengelernt hatte. – Die zum Teil sehr persönlichen, von Steinschneiders wechselvollen Stimmungen geprägten Briefe stammen aus der Zeit kurz vor und nach der Auswanderung Scholems nach Palästina.

II. WISSENSCHAFT

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Frankfurt a. M. 26.V.1923 (Karte). Scholem, der aus einer alten Berliner Drucker-Familie stammte, die seine hebräischen Studien ablehnte, war Anfang des Jahres nach Frankfurt gegangen, um u. a. kabbalis-tische Studien zu betreiben und am Freien Jüdischen Lehrhaus zu unterrichten. „… ich freue mich von Herzen, daß Du bei uns wohnen willst und wenn Du Bücher lesen willst tue es immerhin, nur um eins bitte ich Dich wirklich: Nimm kein Buch jetzt aus dem Haus. Daß Du die Ordnung der Bücher beachten wirst, traue ich Dir selbstverständlich zu! Meine Eltern, die ich auf der Durchreise sprach, sind sehr froh, daß Du bei uns bist. Schreibe mal aus der Wohnung. Was liest Du denn von meinen Büchern so dringend? …“ (Frankfurt a. M.) 31.V.1923. Mit der Bitte ihm „sofort folgende Bücher zu senden“: „… 1) A[braham] G e i g e r : Urschrift und Übersetzungen der Bibel. Du gehst in den Salon, vom Ofen aus das erste Regal da steht Geiger (deutsch!) Ein Band von 3 – 4 cm Dicke. (2. Reihe von oben).“ – Daneben eine kleine Skizze des Regals. „2) Im selben Regal: 4. Fach von oben, auch 1. Spalte am Ofen, stehen nur hebräische Bücher. Davon deutlich erkenntlich gegen Ende des Faches in Quartformat ein in braunes Papier broschiertes, unge-bundenes Buch: L a g a rd e , Makamen des Alcharisi …“Frankfurt a. M. 30.VII.1924 (Karte). Kurz vor seiner für September geplanten Auswanderung nach Palästina, von der er seine Familie nicht in Kenntnis gesetzt hatte. „… daß ich schriftlich nicht mehr antworte, ist begreiflich, wenn Du von mir hörst, daß ich am 15. August schon von hier weggehe. Ich werde direkt nach Berlin kommen, meine Sachen packen, und dahin fahren, wo Karl“ (Gustavs jüngerer Bruder, der spätere Ehemann Kitty Steinschneiders) „hergekommen ist … Bitte sprich über meine Reise nicht etwa am Telefon oder sonst wie mit meinem Vater, er weiß noch nichts. Das Visum, ich bin von dort angefordert worden, erwarte ich jeden Tag …“ – Scholem hatte eine fiktive Anstellung als Leiter der hebräischen Abteilung der Nationalbibliothek in Jerusalem erhalten.Jerusalem 4.III.1926. Seit einem Jahr war Scholem Mitglied der judaistischen Fakultät des neu gegrün-deten Hebräischen Universität. „… stets noch geliebter Freund / Warum Du stets es liebst, erst Briefe zu schreiben, deren Inhalt auch den erfahrensten Kabbalisten unverständlich bleibt, der unbegreiflichen Ausdrucksweise halber, wenn nicht aus anderen Gründen, und dann beleidigt bist, wenn man diesen Tatbestand der Unverständlichkeit andeutet, ist nicht ganz klar … Wir“ (Scholem hatte im Dez. 1923 seine erste Frau Escha Burchhardt geheiratet) „machen alle möglichen Anstrengungen zu erfahren, was Du eigentlich machst, aber es ist nicht herauszubringen. Was ist denn so geheimnisvoll, daß unsereiner es nicht erfahren darf?? … Ich stelle Schüler aus, was mir aber niemand glaubt. Ich schreibe bedeutungs-volle Aufsätze, die niemand liest, und halte Reden, die viele hören, und schließlich kaufe ich Bücher, die andere beneiden. Escha tut von allem das Gegenteil! Einfach und klar. Unsere Existenz ist vom Wetter abhängig, dieses teils von Amerika, teils vom lieben Gott in Person. Der Zionismus hat gesiegt, in der Welt, aber das ist für Palästina zu früh geschehen, denn seit diesem ideologischen Siege ist es im Grunde niemand mehr wichtig, ob Palästina auch reell noch existirt. Der Zionismus braucht Palästina nicht mehr.Lieber Gustav, wisse, daß Du niemals gespanntere Ohren finden wirst als wenn Du mal schreibst, was Du eigenlich machst. Schlägst Du Juden tot, spielst Du Lotterie oder Klavier, kurz: das vergängliche Leben interessiert hier am Sitze aller Ewigkeiten … am meisten. Vom unvergänglichen, das zugleich auch das unkontrollierbare ist, haben wir hier selber genug …“Oxford 27.VI.1927. „… gestern war Karl hier, zusammen mit einem jungen Mädchen namens Kitty Marx, einer Nichte von Moses Marx. Du kannst mir vielleicht … mitteilen, ob sie eine Verlobte oder dergl. von Karl ist … Ich würde in diesem Fall nämlich Anlaß nehmen, suchen und finden, mich in Cambridge … ernstlich mit ihr zu unterhalten … Ich glaube …, wenn auch in bescheidenstem Maße nur, zu günstigeren Ausblicken auf Karls inneren Zustand Anlaß zu haben. Ich sehe keinen Grund zu so katastrophalen Theorien, wie Du sie entwickelst, wenn ich auch … dem leider sehr zustimme, was Du von den inneren Nachwirkungen seiner verlorenen Blau Weiß Zeit schreibst.“ (Gemeint ist der jüdische Jugend-Wanderbund, der nach einem gescheiterten Siedlungsprojekt in Palästina 1925/26 aufgelöst worden war.) „Aber ich glaube nicht, daß er untergehen wird. Schließlich: mit dem Zionismus, liebster Freund, um die Wahrheit zu sagen, werden wir alle, so oder so, untergehen, wenn er untergeht, da ist nichts zu machen als sich darüber klar zu sein …“

(G. Scholem)

II. WISSENSCHAFT

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O. O. 15.IV.1933. Nach der Hochzeit von Kitty Marx und Karl Steinschneider, zu der Gustav nicht ein-geladen worden war, was bei ihm zu einer „Gefühlseruption“ geführt hatte; sämtliche Freunde waren zu diesem Zeitpunkt bereits nach Palästina emigriert. „… Kitty hatte die extremste Abneigung gegen irgendwelche Feierlichkeit, wie Dir ist es auch anderen ergangen, so ihrem zweiten Bruder oder Herrn A g n o n “ (Scholem hatte den Schriftsteller noch in Berlin kennengelernt). „… Keinesfalls … bist Du berechtigt daraus irgendwelche närrischen Entschlüsse … über Dein Verhalten zu Karl oder zu Kitty herzuleiten. Ich glaube Du siehst Dein Verhältnis zu Deinem Bruder – von ihr gar nicht erst zu reden – völlig schief … ich bedaure daß ich nicht in Tel Aviv bin und eine Verhandlung zwischen Karl und Dir wie ich sie für wünschenswert hielte, zustande bringen kann …“ – In einem Nachsatz heißt es: „Deine Reaktion auf Samburski muß ich Dir sagen, ist schon reiner Wahnsinn und ich weigere mich nicht nur derartig unbegründete Beschimpfungen eines Menschen, der Dir wohl will, auszurichten … Wie kann man nur so die Balance verlieren! …“ – Der in Königsberg geborene Physiker Shmuel Sambursky lehrte seit 1928 an der Hebräischen Universität Jerusalem.O. O. u. D., wohl nach 1933. Nach einer weiteren Verschlechterung der Beziehung; für Scholem war unter-dessen 1933 eine Professur an der Hebräischen Universität geschaffen worden. „… Dein Besuch diesen Sabbath wird uns freuen … Jedoch bin ich (sowie Escha) gänzlich außerstande und bitte Dich das zu berücksichtigen, Dir ‘den ganzen Tag’ zu widmen. Das kann absolut nicht in Betracht kommen, da ich nun einmal noch andere Dinge im Kopf habe … Du gehst von der ganz irrigen Voraussetzung aus, daß ich ein Philosoph sei, den Mitteilungen wie die Deinen daher 24 S.unden lang hintereinander angingen. Das tun sie aber (leider, wenn Du willst) keineswegs …“Erwähnt Karl Blumenfeld, zu diesem habe er „keinerlei Beziehungen, da ich ihn verachte“ (1930), und Alexander Marx (ebenfalls 1930).Beiliegend ein Gedichttyposkript: „Mit einem Exemplar von Kafkas ‘Prozess’“, erschienen in der „Jüdische[n] Rundschau Jg 1935 Nr. 24“ (2 S. gr.-8o, Seidenpapier).

300 SCHWEINFURTH, Georg, Afrikaforscher, 1836 – 1925. E. Br. m. U. Berlin 23.VI.1900. 32⁄3 S. gr.-8o. Mit Umschlag. (400.—)

An Gustav von Schubert, einen sächsischen Generalleutant a. D., der sich sowohl in der Gesellschaft für Erdkunde als auch in der Colonial-Gesellschaft engagierte. – Schweinfurth war kurze Zeit zuvor die „Nachtigal-Medaille“ verliehen worden.„… Ich habe die Gelegenheit wahrgenommen das Andenken B a r t h s wachzurufen u. dabei von Seiten verschiedener Mitglieder unserer Gesellschaft Aeusserungen ihrer Zustimmung erfahren. Vielleicht könn-te man zunächst dem Berliner Magistrat den Gedanken nahe legen, ob es nicht angezeigt wäre an dem Hause, das Barth bei seinem Tode bewohnte, eine Gedenktafel anbringen zu lassen.Herr Consul Vohsen“ (Ernst V., ehemaliger Generalbevollmächtigter der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft) „interessirt sich auch lebhaft für den Gegenstand u. wollte ihn in der Colonial Gesellschaft in Anregung bringen …“Heinrich Barth gilt heute als Pionier der Afrikaforschung und Vorläufer der interdisziplinären Afrika-wissenschaften.Beiliegend ein weiterer e. Br. m. U.; an eine Redaktion, die ein Schreiben des polnischen Grafen Dienheim bezüglich der Grenze der „Ostmark“ veröffentlicht hatte (Berlin 1892).

II. WISSENSCHAFT

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„Es gibt bei unseren Primitiven heute noch keine Appendicitis“

301 SCHWEITZER, Albert, Theologe, Arzt und Musiker; Friedens-Nobelpreisträger, 1875 – 1965. E. Br. m. U. Lambaréné 11.V.1953. 4 S. folio. Luftpostpapier. Kleine Heftspur. Mit Umschlag. (600.—)

Ausführlicher Brief an Fritz Niemann, Arzt in Lübeck, der ihn um Auskunft über K r e b s e r k r a n -k u n g e n und deren Verbreitung in Afrika gebeten hatte. – Das in Afrika sehr seltene Auftreten führt Schweitzer in erster Linie auf den geringen Konsum von Salz und die hauptsächlich vegetarische Ernäh-rung zurück.„… Früher gab es im Innern von Aequatorialafrika kein Salz. Das Salz wurde am Meer gewonnen, in geringen Quantitäten, weil das Verfahren sehr primitiv war und die Schwarzen schwere oder zu viele Arbeit nicht schätzen. Einen Freihandel gab es nicht. Es fand Warenumtausch an den Grenzen der Stämme statt, aber kein Händler konnte das Gebiet seines Stammes überschreiten. In das Gebiet der Menschenfresser im Innern wagten sich die Leute der Küste so wie so nicht hinein. So kam das Salz in unserer Gegend nicht weiter als 250 km. nach dem Innern zu … Von alten Leuten hier weiss ich, dass die Leute aus dem Innern ihre Kinder in das Küstengebiet als Sklaven verkauften, damit sie hier des Privi-legs Salz zu essen teilhaftig würden. Salz war damals so kostbar, dass es als Geld höchsten Wertes galt …Als ich 1913 hieher kam, war schon etwas Silbergeld amerikanischer und französischer Prägung im Lande. Aber das Salz galt viel mehr als Geld. Die Lieferungen an Bananen, Maniok, Palmöl bezahlten sie den Schwarzen der Dörfer in Salz … Der Karzinombefund war damals um 1913 so: In dem Küstengebiet bis 250 km. im Innern waren Carci-nome eine Seltenheit. Weiter im Innern, wo überhaupt kein Salz war, kamen sie, soweit die makroskopi-sche Beurteilung ging, nicht vor. Die Ärzte aus dem Innern stimmten in dieser Beobachtung überein. (Es gibt bei unseren Primitiven heute noch keine Appendicitis, nebenbei bemerkt). Heute aber kann der Schwarze hier und im Innern sich überall Salz in beliebigen Mengen beschaffen … / Ich rechne …, dass sie nicht mehr als die Hälfte des Salzes zu sich nehmen, das auf den Kopf des Euro-pabewohners entfällt, eher noch weniger. / Dennoch aber ist Carcinom jetzt häufiger anzutreffen als früher, bedeutend häufiger …“Beiliegend der Brief des Adressaten (Lübeck 18.IV.1953, Typoskriptdurchschlag) und ein Br. m. U. von Schweitzers Mitarbeiter E. Percy an denselben (Lambaréné 10.V.1953) sowie zahlreiche weitere Beilagen, darunter 2 e. Br. m. U. seiner Sekretärin Mathilde Kottmann mit e. Zusätzen u. U. von Albert Schweitzer (Günsbach 1954 und Lambaréné 1955) und 2 signierte Portraitphotographien.

302* SERTÜRNER, Friedrich, Pharmazeut; entdeckte das Morphium, 1783 – 1841. E. Vermerk m. U. auf einem Schriftstück seiner Apotheke, Hameln 1.I.1834, 1 S. 4o. Ober- und Unterrand beschnitten, kleiner Faltenriss. (800.—)

Unter der Rechnung für acht spezifizierte Arzneilieferungen im Wert von 4 Reichstalern, 27 Groschen und 2 Pfennigen quittiert Sertürner eigenhändig: „bezahlt erhalten / F Sertürner“.Beiliegend eine e. Quittung m. U. des Chemikers und Pharmazeuten Johann Friedrich We s t r u m b (Hameln 1817, auf einem Vordruck der „Raths-Apotheke“, die Sertürner von ihm übernahm).Vo n g r ö ß t e r S e l t e n h e i t .

II. WISSENSCHAFT

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303 SPALDING, Johann Joachim, evangelischer Theologe und Moralphilosoph; bedeutends-ter Vertreter der Neologie, 1714 – 1804. E. Br. m. U. Berlin 2.II.1767. 3 S. 4o (Unterrand alt unregelmäßg beschnitten). Mit zerteiltem Trauersiegel und Adresse. Etwas fleckig. (350.—)

An den von ihm geschätzten Prediger und Schriftsteller Ludwig Christoph Schmahling in Wülfingerode.„… wie denn auch besonders Ihr lezteres lateinisches Schreiben mir ein sehr angenehmer Beweis gewesen ist, daß Sie so glücklich in der Cultur der Schulstudien fortfahren, die nicht allein Zierrathen, sondern auch beträchtliche Hülfsmittel der gründlichen Wißenschaften sind …Die Gunst und der Beyfall so mancher würdigen Männer, davon Sie mich versichern ist mir überaus schäzbar, und ich bitte Sie, Denenselben meine hochachtungsvolle Dankbarkeit dafür zu bezeugen …“ – Schmahling war Mitglied des Pegnesischen Blumenordens.Aus der Sammlung Rötger, mit dessen rötlicher Beschriftung am Kopf. – Beiliegend ein e. Br. m. U. von Anton Friedrich Büsching, Theologe und Geograph (1724 – 1793), bei Übersendung eines Drucks aus dem vierten Teil „meiner E rd b e s c h r e i b u n g das Stück von Schlesien“ (Berlin 17.X.1773).

304 STEINER, Rudolf, Philologe und Philosoph; Begründer der Anthroposophie, 1861 – 1925. E. Br. m. U. Oberlaa 26.VIII.1881. 4 S. gr.-8o, eng beschrieben. (8.000.—)

Früher Brief – aus seiner Studienzeit in Wien – an Rudolf R o n s p e r g e r. – Der letzte der vier bekannten Briefe aus dem August 1881; Steiner studierte seit 1879 u. a. Mathematik und Naturwissenschaften an der Technischen Hochschule Wien.„… Ich glaube schon im letzten Briefe“ (vom Tag zuvor) „gesagt zu haben, daß in einer Epigonenzeit, von jenem Stehen auf der Höhe der Zeit nicht die Rede sein kann, bei dem wahren Dichter nämlich. Übrigens gilt dies auch für den Philosophen. Um einmal von dem letzteren anzuheben, bemerke ich, daß z. B. Schiller vielleicht einer der gedan-kenreichsten und tiefsten Philosophen aller Zeiten, – denn was Hegel und Schelling betrifft, so sind sie zwar sehr scharfsin-nig, aber nicht besonders reich –, von der fachmännischen Zeitphilosophie außer dem System des Königsbergers nichts wußte. Das ist eben das Charakteristische des Genies, daß es nicht empfänglich ist für die Willkür der Schulkrampusse, sondern schnurstraks auf die unwillkürlichen und ewigen Prob-leme der Menschheit loseilt. Was kümmert Lessingen die Aesthetik seiner Zeit; er rang sich empor zu den höchsten Problemen und gab zu ihnen die höchsten Lösungen. Das Große bei Lessing bestand eben darinnen, daß er das nichtige jener Schulprobleme und Schullösungen erkannte …

II. WISSENSCHAFT

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Mein lieber Freund! Was mir an Ihren Gedichten nicht behagt, das ist ein Besingen des sinnenfällig wirklichen. Es hängt das innig mit dem Materialismus zusammen. Ich kann Sie versichern an der Hand des Materialismus wird sich nie ein Dichter herausbilden …Ich komme gerade jetzt aus Mühlendorf, ich habe von dort aus den Weg nach Trumau hin et retour zu Fuß zurückgelegt; ein Weg von einer Stunde hin – und ebensoviel wieder zurück. Ich lerne dabei das nied[er]öst[erreichische] Volk kennen und zugleich liebgewinnen. Die Leute kommen einem mit einer erstaunlichen Aufmerksamkeit entgegen und werden bald recht zutraulich. Ich bin eben daher ermüdet und kann heute nur mehr ein klein wenig über Ihre Bemerkungen bezüglich des mir vom Grunde aus verhaßten Materialismus anfügen.“ – Nachdem Steiner in Mühlendorf den Spuren des dichtenden Dorf-schullehrers Johann Wurth (1828 – 1870) nachgegangen war, hatte er in Trumau den Kräutersammler Felix Koguzki aufgesucht, den er in der Eisenbahn nach Wien kennengelernt hatte und später auf seinen Wanderungen begleitete.Ferner über den Materialismus, „diese ‘Winkelphilosophie’“. „… In der Philosophie soll [es] aber keine Winkelgelehrten geben, diese Profanen sollen sich mit andren Dingen beschäftigen, die für derlei schwa-chen Verstand geschaffen sind, aber nicht mit der Philosophie. Hier, wo Schiller, Fichte, Schelling, Hegel gewirkt haben ist es ein unzurechtfertigender Frevel … und wirkliche Naturforscher sind nie Materia-listen … Keppler machte seine großen Entdeckungen nur deshalb, weil er Idealist war, weil er glaubte, daß Vernunft in der Anordnung und Bewegung der Himmelskörper sei, vor solchen Dingen verstummt wol zuletzt alle materialistische Regung … Um Hegel zu verstehen muß man Lust zum Denken haben, wie er es selbst hatte; man muß aber auch dem freien, fortschritlichen Denken, dem cultusfreundlichen Lichte gewogen sein und nicht mit den Banden des … traditionellen Dogma’s gefesselt sein, wie es die Materialisten alle sind. Alle Materialistischen Bücher sind würdig, daß man sie insgesamt auf einem Scheiterhaufen verbrennt. Die armseligen Verfas-ser lasse man leben, denn was können sie für ihre geringen Fähigkeiten …“ Walter Beck schreibt in seiner Brief-Veröffentlichung („Das Jahr der Entscheidung“, Dornach 1984): „Die Briefe [an Rudolf Ronsperger] stellen uns unmittelbar vor die Lebensproblematik des jungen Rudolf Steiner, die darin besteht, daß er von früher Jugend an die Fähigkeit zu hellsichtiger Wahrnehmung besaß und von Natur aus nichtmaterielle Vorgänge verfolgen konnte – daß er aber andererseits diese Vorgänge nicht einfach im Unbewußten hinnehmen wollte, sondern bemüht war, diese Impressionen zunächst gedanklich zu ordnen und später als eine Wissenschaft des Geistes zu fixieren. Die vorgelegten Briefe versteht man nur, wenn man diese Voraussetzung kennt und bereit ist, sie zu akzeptieren.“So früh v o n g r ö ß t e r S e l t e n h e i t .

305* VAUGONDY, Gilles Robert de, Geograph und Kartograph, mit seinem Sohn Didier Robert de V. Herausgeber des „Atlas Universel“ (1757), 1688 – 1766. E. Br. m. U. O. O. 8.V. 1763. 1 S. kl.-4o. Ränder alt hinterlegt. (1.200.—)

An „Messieurs“, nach alter Zuschreibung an den Abbé Barthélemy Mercier de Saint-Léger, Bibliothekar des Klosters Sainte-Geneviève in Paris, dem er das Erscheinen eines neuen Atlas anzeigt.„… composé pour l’étude de la Geographie, et principalement pour servir à l’excellente Methode de feu M L’abbé Delacroix. Je désirerois que vous voulussiés bien en faire mention dans votre prochain journal. Cet avertissement vous mettra à même, Messieurs, de décider entre mon Atlas et un autre qui a été pubilé pour le même objet, et qui n’y répond en rien. Il est facheux pour le public que le Libraire ne se soit pas plutôt adressé à un geographe qu’à un graveur, Ils ne seroient ni l’un ni l’autre la dupe d’un ouvrage qui ne repond point à leur vue …“Zusammen mit seinem Sohn Didier Robert und weiteren Bearbeitern hatte Vaugondy an der „Géographie sacrée et histoire de l’Ancien et du Nouveau-Testament“ gearbeitet, die bereits 1747 in Paris erschienen war.

(R. Steiner)

II. WISSENSCHAFT

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306 VIRCHOW, Rudolf, Pathologe, Prähistoriker und Politiker; Begründer der Zellular-pathologie und der modernen Anthropologie, 1821 – 1902. E. Br. m. U. „Dr. Virchow“. Berlin, „Charité“ 25.VIII.1846. 1 S. gr.-4o. (1.200.—)

Wohl an Jacob Henle oder Carl Pfeuffer, in deren „Zeit-schrift für rationelle Medizin“ Virchows Aufsatz „Über die physikalischen Eigenschaften und das Zerfallen des Faser-stoffs“ erschienen war.„… besten Dank für die Ver-öffentlichung des chemischen Theils meiner Faserstoffe-Aufsätze in Ihrer Zeitschrift. Das eben eingegangene erste Heft des 5.t Bandes zeigt mir, daß Sie die Publikation des weiteren Theils beanstanden. Da ich gegen diese Ansicht nichts einzuwenden habe, so ersuche ich Ew. Hochwohl-geboren um die gefällige Rücksendung dieses Theils. Es wäre mir lieb, wenn Sie denselben an F r o r i e p “ (sein Lehrer, der Pathologe Robert F., dessen Nachfolge als Pro-sektor an der Charité er im Mai 1846 angetreten hatte) „zurückgelangen lassen woll-ten, da ich auf unbestimmte Zeit von Berlin entfernt sein werde.

Schließlich bitte ich wegen der vielen Mühe, die ich Ew. Hochwohlgeboren bereite, recht sehr um Ent-schuldigung …“Im Mai 1847 gründete Virchow zusammen mit Benno Reinhardt (1819 – 1852) das bis heute bestehende „Archiv für pathologische Anatomie und Physiologie und die klinische Medicin“, um der neuen, wissen-schaftlichen Medizin eine größere Verbreitung zu verschaffen.S e h r s e l t e n so früh.

307 — E. Postkarte m. U. Poststempel: Berlin 7.III.1884. (400.—)

Als Vorsitzender der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte an deren Schriftführer Max Kuhn, den er auf Ungenauigkeiten im „Namensverzeichniß“ aufmerksam macht.„… Oberst v. Brandt, der in der October-Sitzung als gestorben gemeldet ist, findet sich jetzt wieder inserirt. Hilgendorf“ (der Zoologe und Paläontologe Franz H.), „der meines Wissens ausgeschieden ist, steht in der Liste. Bei Dr. Schoch ist bloß Böhmen angegeben … Schicken Sie Ihre Anweisung direkt in die Druckerei …“