pulverlack-slurry — lackieren mit null emissionen

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JOT 5 | 2004 40 beschichtet Ebm-Papst seine Ventila- toren mit Erfolg mit Pulverlack- Slurry. Pulverlack-Slurry gab es vor 20 Jahren schon mal Dabei stellt die Idee des Pulver- lack-Slurry keine grundlegend neue Technologie dar. Bereits vor 20 Jahren versuchte man Pulverlacke in Wasser einzurühren, um qualitativ hochwerti- ge, VOC-arme Flüssiglacke herzustel- len, die mit den marktgängigen Appli- kationsmethoden verarbeitbar sein sollten. Die Idee scheiterte damals, da die erforderlichen Rohstoffe nicht zur Verfügung standen. Kontinuierliche Weiterentwicklungen seitens der Roh- stoff- und Lackhersteller ermöglichten den Einsatz von Pulverlack-Slurry seit 1996 als umweltfreundliche Klarlack- anwendung bei einem süddeutschen Automobilhersteller. Das neue, moderne Pulverlack-Slurry Von den Firmen Feidal in Krefeld und der Karl Bubenhofer AG in Gossau in der Schweiz wird nun die Gemein- schaftsentwicklung, ein pigmentiertes Pulverlackslurry-System mit dem Namen „Aquasil“ angeboten. Es han- delt sich dabei um eine VOC-freie, extrem fein vermahlene Pulverlack- Suspension auf Basis von Polyester- Epoxid. Das System ist aufgrund der chemi- schen Basis für den Einsatz im indus- triellen Innenbereich prädestiniert. In seiner Anwendung verhält sich der Pulverlack-Slurry wie ein Wasserlack und kann somit in jeder für Nasslack geeigneten Anlage appliziert werden. Falls ein „Umgriff“ erwünscht sein sollte, ist die elektrostatische Applika- tion jederzeit einsetzbar. D ie Firma Ebm-Papst in Mulfin- gen ist einer der führenden Her- steller von Ventilatoren. Die VOC- Richtlinien, die ab 2007 umgesetzt werden müssen, zwangen das Unter- nehmen, nach neuen VOC-armen Beschichtungslösungen zu suchen. Das neue Beschichtungssystem sollte jedoch nicht nur umweltfreundlich sein, sondern auch qualitativ hochwer- tige Oberflächen liefern. Folgende Lösungsansätze boten sich deshalb für den Ventilatoren-Hersteller an: High-Solid-Systeme: Lösemittel- arm und nur mit Lösemittel verdünnbar. Lösemittel- beziehungsweise VOC-Gehalt 15 % Wasserlacke: Lösemittelfrei beziehungsweise lösemittelarm und wasserverdünnbar. Lösemittel- beziehungsweise VOC-Gehalt 6 % Pulverlacke: Lösemittelfrei und 100 % Festkörper. Lösemittel- beziehungsweise VOC-frei Pulverlack-Slurry: Stabile Sus- pension von Pulverlack in Wasser. Lösemittel- beziehungsweise VOC-frei Zunächst wurden Versuche mit kon- ventionellen Pulverbeschichtungsma- terialien gefahren. Diese erwiesen sich jedoch aufgrund zu hoher und ungleichmäßiger Schichtdickenvertei- lung von 60 bis 150 μm als ungeeignet, da dadurch Unwucht an den Ventilato- ren entstand. Als Ideallösung entpupp- te sich das neuentwickelte VOC- und damit emissionsfreie Pulverlackslurry- Verfahren. Seine Feuertaufe und Praxistaug- lichkeit hat das neue Lacksystem übrigens inzwischen bereits bestan- den, denn seit nunmehr zwei Jahren Pulverlack-Slurry – Lackieren mit null Emissionen Die drei großen Vorteile von Pulverlack-Slurry Für Lackierbetriebe, die bisher lösemittelhaltige Nasslacke verwenden und nun auf ein umweltfreundlicheres Beschichtungssystem umsteigen wollen, ist Pulverlack-Slurry eine interessante Alternative. Aber auch Beschichter, die heute schon Pulverlack einsetzen, könnten sich schon bald für Pulverlack-Slurry begeistern. LACKE

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Page 1: Pulverlack-Slurry — Lackieren mit null Emissionen

JOT 5|200440

beschichtet Ebm-Papst seine Ventila-toren mit Erfolg mit Pulverlack-Slurry.

Pulverlack-Slurry gab es vor 20 Jahren schon mal

Dabei stellt die Idee des Pulver-lack-Slurry keine grundlegend neueTechnologie dar. Bereits vor 20 Jahrenversuchte man Pulverlacke in Wassereinzurühren, um qualitativ hochwerti-ge, VOC-arme Flüssiglacke herzustel-len, die mit den marktgängigen Appli-kationsmethoden verarbeitbar seinsollten. Die Idee scheiterte damals, dadie erforderlichen Rohstoffe nicht zurVerfügung standen. KontinuierlicheWeiterentwicklungen seitens der Roh-stoff- und Lackhersteller ermöglichtenden Einsatz von Pulverlack-Slurry seit1996 als umweltfreundliche Klarlack-anwendung bei einem süddeutschenAutomobilhersteller.

Das neue, moderne Pulverlack-Slurry

Von den Firmen Feidal in Krefeldund der Karl Bubenhofer AG in Gossauin der Schweiz wird nun die Gemein-schaftsentwicklung, ein pigmentiertesPulverlackslurry-System mit demNamen „Aquasil“ angeboten. Es han-delt sich dabei um eine VOC-freie,extrem fein vermahlene Pulverlack-Suspension auf Basis von Polyester-Epoxid.

Das System ist aufgrund der chemi-schen Basis für den Einsatz im indus-triellen Innenbereich prädestiniert. Inseiner Anwendung verhält sich derPulverlack-Slurry wie ein Wasserlackund kann somit in jeder für Nasslackgeeigneten Anlage appliziert werden.Falls ein „Umgriff“ erwünscht seinsollte, ist die elektrostatische Applika-tion jederzeit einsetzbar.

Die Firma Ebm-Papst in Mulfin-gen ist einer der führenden Her-

steller von Ventilatoren. Die VOC-Richtlinien, die ab 2007 umgesetztwerden müssen, zwangen das Unter-nehmen, nach neuen VOC-armenBeschichtungslösungen zu suchen.Das neue Beschichtungssystem solltejedoch nicht nur umweltfreundlichsein, sondern auch qualitativ hochwer-tige Oberflächen liefern. FolgendeLösungsansätze boten sich deshalb fürden Ventilatoren-Hersteller an:◆ High-Solid-Systeme: Lösemittel-

arm und nur mit Lösemittel verdünnbar.

→ Lösemittel- beziehungsweiseVOC-Gehalt ≤ 15 %

◆ Wasserlacke: Lösemittelfrei beziehungsweise lösemittelarm und wasserverdünnbar.→ Lösemittel- beziehungsweise

VOC-Gehalt ≤ 6 %◆ Pulverlacke: Lösemittelfrei und

100 % Festkörper.→ Lösemittel- beziehungsweise

VOC-frei◆ Pulverlack-Slurry: Stabile Sus-

pension von Pulverlack in Wasser.→ Lösemittel- beziehungsweise

VOC-frei

Zunächst wurden Versuche mit kon-ventionellen Pulverbeschichtungsma-terialien gefahren. Diese erwiesen sichjedoch aufgrund zu hoher undungleichmäßiger Schichtdickenvertei-lung von 60 bis 150 μm als ungeeignet,da dadurch Unwucht an den Ventilato-ren entstand. Als Ideallösung entpupp-te sich das neuentwickelte VOC- unddamit emissionsfreie Pulverlackslurry-Verfahren.

Seine Feuertaufe und Praxistaug-lichkeit hat das neue Lacksystemübrigens inzwischen bereits bestan-den, denn seit nunmehr zwei Jahren

Pulverlack-Slurry – Lackieren mit null Emissionen

Die drei großen Vorteile von Pulverlack-Slurry

Für Lackierbetriebe, die bisherlösemittelhaltige Nasslacke verwenden und nun auf einumweltfreundlicheresBeschichtungssystem umsteigenwollen, ist Pulverlack-Slurry eine interessante Alternative. Aber auch Beschichter, die heuteschon Pulverlack einsetzen, könnten sich schon bald für Pulverlack-Slurry begeistern.

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Besonders interessant ist, dass sichmit Aquasil bereits ab 15 μm Trocken-schichtdicke geschlossene Filme er-reichen lassen, während bei einer konventionellen Pulverlackapplikationkaum dünnere Schichten als 40 μmmöglich sind. Als Dünnschichtapplika-tion ist das neue Pulverlack-Slurry auf-grund des geringen Materialverbrauchsebenfalls aus wirtschaftlicher Sichtinteressant. Ein weiteres Einsparpo-tenzial stellt die Möglichkeit des Over-spray-Recyclings dar. Das Recyclingerfolgt zum Beispiel mittels Mikro-filtration oder über das bekannte „Coolac-Verfahren“.

Eine kostengünstige Möglichkeitder Umstellung

Eine erste mögliche Zielgruppe fürPulverlack-Slurry sind die Verarbeitervon lösemittelhaltigen Lacken. Fastalle sind von den ab 2007 erheblichverschärften Gesetzesvorgaben der EUbetroffen und werden zu einer drasti-schen Reduktion ihrer VOC-Emissio-nen gezwungen. Zur Wahl stehendabei teure End-of-Pipe-Lösungen,wie die thermische Nachverbrennung,oder der Umstieg auf ein VOC-armes,besser VOC-freies Lacksystem.

stellmengen) und logistisch völligunbefriedigender Ablauf. Sonderfarb-töne werden deshalb auch teilweisehäufig nicht pulverbeschichtet, son-dern gesondert nasslackiert.

Pulverlack-Slurry lässt sich wie einkonventioneller Nasslack in allenFarbtönen vor Ort über Mischrampenabtönen. Er eröffnet damit erstmals dieMöglichkeit einer effizienten, VOC-freien Lackierung von Sonderfarbtö-nen in echter Pulverlackqualität.

Derzeit steht Aquasil Pulverlack-Slurry in Glanz und Seidenglanz alsInnenqualität in allen Farbtönen zurVerfügung. Effektlackierungen sindmöglich.

Modifizierung der Verfahrenstechnik

Die Vorversuche, um das ambesten geeignete Applikationssystemfür die Anwendung bei dem Venti-latoren-Hersteller Ebm-Papst zu finden, dauerten neun Monate. Bei ITW Ransburg wurden verschieden-ste Applikationssysteme mit Werk-stücken von Ebm-papst getestet. Par-allel dazu optimierten die kooperie-renden Lackhersteller Feidal undBubenhofer den Pulverlack-Slurry inHinblick auf die speziellen Kunden-anforderungen. Nachdem alle Testsauf einer Versuchsanlage erfolgreichabgeschlossen waren, wurde schließ-lich die Anlagen- und Verfahrenstech-nik der bestehenden Nasslackieranla-ge modifiziert.

Zur Vorbehandlung werden heutedie Teile lediglich gereinigt und ent-fettet. Der gesamte Beschichtungsab-lauf besteht aus folgenden Stufen:◆ 4-Zonen-Vorbehandlung

Propagiert werdenhier vor allem Wasser-lacke und Pulverlacke.Pulverlack-Slurry ver-eint die Stärken dieserbeiden Lacksysteme,ohne dass gleichzeitigderen spezifische Nach-teile in Kauf ge-nommen werden müs-sten: Aquasil wird aufkonventionellen Nass-lackanlagen VOC-freidünnschichtig appli-ziert und liefert Be-schichtungen in Pul-verlack-Qualität. Derneue Lack ist schonallein aus wirtschaftli-cher Sicht die idealeUmstellungs-Lösungaufgrund des niedrigenMater ia lverbrauchsund insbesondere des

vergleichsweise kleinen Investitions-aufwands.

Sonderfarben in Pulverlack-Qualität

Eine zweite Zielgruppe für Aquasilsind die Pulverlackverarbeiter. Pul-verlack-Slurry bietet hier eine sehrinteressante Lösung der „Kleinmen-gen-Problematik“. Im Gegensatz zuNasslacken ist bei Pulverlackenbekanntlich keine Abmischung vonFarbtönen mit Farbmischsystemenmöglich. Jeder Farbton muss beimPulverlieferant bestellt und vonGrund auf gefertigt werden. Bei häu-figem Kleinmengenbedarf in vielenFarbtönen ist das ein wirtschaftlich(Kleinmengenzuschläge, Mindestbe-

Vor der Beschichtung mit Pulverlack-Slurry durchlau-fen die Teile die 4-Zonen-Vorbehandlungsanlage

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Diese und andere Teile für Ventilatoren können nun lösemittelfrei beschichtetwerden

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den. Die Trockenschichtdicken liegenbei 15 bis 35 μm. Spritzschatten wer-den hier von Hand mittels luftzerstäu-bender Spritzpistole nachlackiert

Entfernung des Wassers mittels entfeuchteter Luft:

Auch die Abdunstzone wurde modi-fiziert (zwei Kammern mit entfeuchte-ter Luft), um das Wasser vor der Trock-nung zu entziehen und damit ein „Auf-kochen“ des Wassers im Einbrennofenzu vermeiden.

Ölbeheizter Einbrennofen:Die Aushärtung erfolgt in einem

indirekt ölbeheizten Trockner bei 10Minuten 160°C Objekttemperatur.◆ Ofentemperatur zirka 160°C◆ Verweilzeit 20 Minuten (minde-

stens 10 Minuten 160°C Objekt-temperatur).

Die hochgesteckten Erwartungenvon Ebm-Papst an den Pulverlack-Slurry wurden in der Praxis voll erfüllt.Unwuchtprobleme an den beschichte-ten Ventilatoren treten aufgrund niedriger Schichtstärkenschwankun-gen nicht auf. Die lackierten Ventilato-ren erfüllen die Qualitätsanforderun-gen im Salzsprühtest nach DIN 50021und im Feuchtwarmtest nach DIN50017. Der sehr geringe Lackver-brauch wirkt sich günstig auf dieBetriebskosten aus, obwohl das Ein-sparpotenzial durch Overspray-Recy-cling mittels Mikrofiltration bezie-hungsweise Coolac-Verfahren beiEbm-Papst zwar vorgesehen, aber bis-her noch nicht in Serie genutzt wird.

Der größte Vorteil der Umstellungauf Pulverlack-Slurry ist aber, dass beiEbm-Papst 15 Tonnen weniger VOC-Emissionen anfallen und damit keineNachweispflicht nach der VOC-Richt-linie besteht und deshalb künftig auchkeine thermische Nachverbrennungerforderlich sein wird. ■

Der Haftwassertrockner:◆ beheizt auf zirka 160 °C◆ Behandlungsdauer 10 Minuten◆ Abkühlzone.

Elektrostatische Applikation:Die veraltete Elektrostatik wurde

gegen eine neue ausgetauscht und eswird jetzt ein gekühlter Hochrotations-zerstäuber („Ice-Bell“) von ITW ein-gesetzt. Das entstehende Kondenswas-ser der „Ice-Bell“ ermöglicht einengleichmäßigen Sprühnebel. Das Gerätzeichnet sich darüber hinaus durcheinen geringen Verschleiß sowie durchreduzierte Pulveranhaftung auf demZerstäuber aus.

Als Pulverlack-Slurry wird die Qua-lität „Aquasil PLS-55 Slurry InnenGlanz“ im Farbton Schwarz eingesetzt.Die Beschichtung erfolgt vollautoma-tisch: ◆ Hochrotationszerstäuber – „Ice

Bell“, gekühlt auf 0 bis -5 °C◆ angelegte Spannung zirka 50 kV◆ Linearbewegung mittels Hubgerät◆ Lackmenge und Glockendrehzahl

objektspezifisch.

Der Handnachlackierstand:Ungleichmäßig beschichtete Werk-

stücke können im anschließendenHandspritzstand nachbehandelt wer-

◆ Haftwassertrockner◆ Elektrostatischer Hochrotations-

zerstäuber◆ Handnacharbeitsplatz◆ Entwässerungszone◆ Einbrennofen.

Die 4-Zonen-Vorbehandlung:Zone 1:

◆ Spritzentfettung mit alkalischemReinigersystem

◆ Behandlungsdauer zirka 2 Minuten◆ Spritzdruck 0,8 bar◆ beheizt auf 50 bis 60°C mit Plat-

tenwärmetauscher

Zone 2:◆ Spülzone mit Stadtwasser◆ Behandlungsdauer zirka 2 Minuten◆ Spritzdruck 0,8 bar◆ ungeheizt

Zone 3:◆ Spülzone mit Stadtwasser◆ Behandlungsdauer zirka 1 Minute◆ Spritzdruck 0,8 bar◆ ungeheizt

Zone 4:◆ Spülzone mit VE-Wasser ◆ Behandlungsdauer zirka 1 Minute◆ Spritzdruck 0,8 bar◆ ungeheizt.

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Der Autor: Thomas Lendl, Entwicklung Pulverlacke,

Karl Bubenhofer AG, CH-Gossau,Tel. +41 71 387 41 63,

e-mail: [email protected]

Der elektrostatische Hochrotationszerstäuber des Typs Ice-Bell sorgt für einengleichmäßigen Sprühnebel

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