pulverbeschichtung mit robotern — mehr qualität und flexibilität

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PULVERBESCHICHTEN Pulverbeschichtung mit Robotern - mehr Qualität und Flexibilität Nicht nur in pundo Qulitätssteige- rung und Flexibilisierung bieten Roboter bei der Pulverbeschich- tung beachtliches Optimierungs- potenzial. Neben Einsporungen beim Persanal ist mit Rabotern gegenüber der manuellen Beschichtung auch eine Reduzie- rung des Pulververbrauchs um bis zu 50 Prazent möglich. D ie Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt, dass Automatisierung in Hochlohnländern wie Deutschland zur langfristigen Unternehmenssiche- rung beiträgt und die Wettbewerbs- fähigkeit auf internationalem Parkett erhöht. Dem Einsatz flexibler Ferti- gungssysteme kommt hierbei eine ver- stärkte Bedeutung zu. Lassen sich doch hochentwickelte, ausgereifte Maschinen modular und flexibel in verschiedensten Fertigungskonzepten einsetzen. Roboter im Vergleich zu Bewegungsmaschinen Der weitverbreitete Einsatz der Beschichtungsroboter führte zur Redu- zierung der Herstellkosten. Die lang- jährige Erfahrung der Roboterherstel- ler im Applikationsbereich ermöglicht die Fertigung von Sertenrnaschinen, die sowohl den Ansprüchen der Auto- mobil- und der Allgemeinindustrie Rechnung tragen, als auch in mittelstän- dischen Unternehmen anderer Bran- chen wirtschaftlich einsetzbar sind. Die Einführung des elektrisch ange- triebenen Beschichtungsroboters, Ende der achtziger Jahre, ermöglichte die Einbindung der Applikationstechnik in die Robotersteuerung und -mechanik. Beim Beschichten mit Robotern spre- chen wir deshalb heute vom Echtzeit- beschichtungsvorgang, bei dem alle applikationsrelevanten Daten koordina- tenbezogen verarbeitet werden. Erst durch Nutzung dieser Möglichkeiten gelang es, die Änderung der Strahlgeo- metrie einer Spritzpistole in Abhängig- keit von der realen Roboterbewegung bahn- und punktgenau nachzuführen. Das mechanische Konzept dieser Roboter wurde auf die Marktanforde- rungen hinsichtlich Bewegungsverhal- ten und Arbeitsbereich aufgebaut. Die Programmierung kann wie in den Anfangszeiten. durch .Conunous Path" (ep) oder auch durch "Point to Point" (PTP)-Programmierung erfolgen. Netz- werke, Visualisierung und modernste OffLtneEdittersoftware bieten die Möglichkeit, Bahnen, Parameter und Positionskoordinaten direkt in Millime- tern einzugeben und so Programmände- rungen ohne Eingriff in die Produktion innerhalb kürzester Zeit durchzuführen. Eine ausgereifte Mechanik, verbun- den mit moderner Steuerungstechnik und applikationsbezogener Software erlaubt den breitgefächerten wirt - schaftliehen Einsatz von Beschich- tungsrobotern für die Beschichtung und Lackierung. Die Materialeinsparungen im Ver- gleich sowohl zur manuellen Beschich - tung als auch zum Einsatz konventio- neller Hubgeräte und Lackterautoma ten liegenje nach Teilegeometrie und Applikationsverfahren zwischen 20 und 50%. Moderne Roboter sind Seri- enmaschinen mit einer Verfügbarkeit von über 98 %. Robotereinsatz bringt in jedem Fall eine Qualitätsverbesse- rung mit sich, dies ist gleichzusetzen mit weniger Ausschuss und geringer Nacharbeit. Robotersteuerung und Applikationstechnik Die aktuelle Generation der Robo- tersteuerungen bietet heute weit mehr als nur die Steuerung und Überwa- chung der Bewegungen der Mechanik. Es handelt sich hier um leistungsfähige Prozesssteuerungen, die alle prozessre- levanten Parameter kontrollieren und regeln. Der angeführte Echtzeitbeschich- tungsvorgang bei ABB-Beschichtungs- robotern (S4P+) wurde durch die hard und softwaresettige Integration der Applikationstechnik in die Roboter- mechanik und -steuerung realisiert. Die hohe mögliche Verfahrgeschwin- digkeit der Robotermechanik, eine Reduzienmg des Oversprays sowie höchste Anforderungen an Reprodu- zierbarkeit der Beschichtungsqualität erfordern die Nachführung der Pulver- parameter (zum Beispiel Pulvermen- ge) und der Luftverbrauchsmengen (zum Beispiel Förderluft, Zerstäu- bungsluft) des Zerstäubers innerhalb von wenigen Millisekunden. Eine Kombination der Handha- bungsrobotersteuerung (ABB S4C+) mit einer externen Steuerung der Pul- verapplikation ist über abgestimmte Schnittstellen auch für Beschichtungs- roboter möglich. Die prozessrelevan- ten Parameter sind hier im Rahmen des Applikationsprogramms definiert und werden jeweils vor Beginn des Beschichtungsprozesses aktiviert. Die Kontrolle prozessrelevanter Parameter erfolgt hier nur über die externe Steue- rung der Pulverapplikatton. Erhebliche Kostensenkungspotenziale In konventionellen automatisierten Pulverbeschichtungsanlagen erfolgt die Beschichtung durch Vertikal-Hub- automaten, Der Einsatz mehrerer Pistolen pro Hubautomat. angeordnet in unterschiedlichen Winkeln zum Werkstück, gewährleistet die weitest- gehende Fertigbeschichtung. Die Be- wegungen der Pistolen erfolgt linear, JOT 4 12002

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Page 1: Pulverbeschichtung mit Robotern — mehr Qualität und Flexibilität

PULVERBESCHICHTEN

Pulverbeschichtung mit Robotern ­mehr Qualität und FlexibilitätNicht nur in pundo Qulitätssteige­rung und Flexibilisierung bietenRoboter bei der Pulverbeschich­tung beachtliches Optimierungs­potenzial. Neben EinsporungenbeimPersanal ist mitRaboterngegenüber der manuellenBeschichtung auch eine Reduzie­rung des Pulververbrauchs umbis zu 50 Prazentmöglich.

Die Entwicklung der vergangenen

Jahre zeigt, dass Automatisierung

in Hochlohnländern wie Deutschland

zur langfristigen Unternehmenssiche­

rung beiträgt und die Wettbewerbs­

fähigkeit auf internationalem Parketterhöht. Dem Einsatz flexibler Ferti­

gungssysteme kommt hierbei eine ver­

stärkte Bedeutung zu. Lassen sich

doch hochentwickelte, ausgereifte

Maschinen modular und flexibel in

verschiedensten Fertigungskonzepten

einsetzen.

Roboter imVergleichzu Bewegungsmaschinen

Der weitverbreitete Einsatz der

Beschichtungsroboter führte zur Redu­

zierung der Herstellkosten. Die lang­

jährige Erfahrung der Roboterherstel­

ler im Applikationsbereich ermöglicht

die Fertigung von Sertenrnaschinen,

die sowohl den Ansprüchen der Auto­

mobil- und der Allgemeinindustrie

Rechnung tragen, als auch in mittelstän­

dischen Unternehmen anderer Bran­

chen wirtschaftlich einsetzbar sind.

Die Einführung des elektrisch ange­

triebenen Beschichtungsroboters, Ende

der achtziger Jahre, ermöglichte die

Einbindung der Applikationstechnik in

die Robotersteuerung und -mechanik.

Beim Beschichten mit Robotern spre­

chen wir deshalb heute vom Echtzeit-

beschichtungsvorgang, bei dem alle

applikationsrelevanten Daten koordina­

tenbezogen verarbeitet werden. Erst

durch Nutzung dieser Möglichkeiten

gelang es, die Änderung der Strahlgeo­

metrie einer Spritzpistole in Abhängig­

keit von der realen Roboterbewegungbahn- und punktgenau nachzuführen.

Das mechanische Konzept dieser

Roboter wurde auf die Marktanforde­

rungen hinsichtlich Bewegungsverhal­

ten und Arbeitsbereich aufgebaut. Die

Programmierung kann wie in den

Anfangszeiten. durch .Conunous Path"

(ep) oder auch durch "Point to Point"

(PTP)-Programmierung erfolgen. Netz­

werke, Visualisierung und modernste

OffLtneEdittersoftware bieten die

Möglichkeit, Bahnen, Parameter und

Positionskoordinaten direkt in Millime­tern einzugeben und so Programmände­

rungen ohne Eingriff in die Produktion

innerhalb kürzester Zeit durchzuführen.

Eine ausgereifte Mechanik, verbun­

den mit moderner Steuerungstechnik

und applikationsbezogener Software

erlaubt den breitgefächerten wirt­

schaftliehen Einsatz von Beschich­

tungsrobotern für die Beschichtung

und Lackierung.

Die Materialeinsparungen im Ver­

gleich sowohl zur manuellen Beschich­

tung als auch zum Einsatz konventio­

neller Hubgeräte und Lackterautoma

ten liegenje nach Teilegeometrie und

Applikationsverfahren zwischen 20

und 50%. Moderne Roboter sind Seri­

enmaschinen mit einer Verfügbarkeit

von über 98 %. Robotereinsatz bringt

in jedem Fall eine Qualitätsverbesse­

rung mit sich, dies ist gleichzusetzen

mit weniger Ausschuss und geringer

Nacharbeit.

Robotersteuerungund Applikationstechnik

Die aktuelle Generation der Robo­

tersteuerungen bietet heute weit mehr

als nur die Steuerung und Überwa­

chung der Bewegungen der Mechanik.

Es handelt sich hier um leistungsfähige

Prozesssteuerungen, die alle prozessre­

levanten Parameter kontrollieren und

regeln.

Der angeführte Echtzeitbeschich­

tungsvorgang bei ABB-Beschichtungs­

robotern (S4P+) wurde durch die hardund softwaresettige Integration der

Applikationstechnik in die Roboter­

mechanik und -steuerung realisiert.

Die hohe mögliche Verfahrgeschwin­

digkeit der Robotermechanik, eine

Reduzienmg des Oversprays sowie

höchste Anforderungen an Reprodu­zierbarkeit der Beschichtungsqualität

erfordern die Nachführung der Pulver­

parameter (zum Beispiel Pulvermen­

ge) und der Luftverbrauchsmengen(zum Beispiel Förderluft, Zerstäu­

bungsluft) des Zerstäubers innerhalb

von wenigen Millisekunden.

Eine Kombination der Handha­

bungsrobotersteuerung (ABB S4C+)

mit einer externen Steuerung der Pul­

verapplikation ist über abgestimmte

Schnittstellen auch für Beschichtungs­

roboter möglich. Die prozessrelevan­

ten Parameter sind hier im Rahmen

des Applikationsprogramms definiert

und werden jeweils vor Beginn des

Beschichtungsprozesses aktiviert. Die

Kontrolle prozessrelevanter Parameter

erfolgt hier nur über die externe Steue­

rung der Pulverapplikatton.

ErheblicheKostensenkungspotenziale

In konventionellen automatisierten

Pulverbeschichtungsanlagen erfolgt

die Beschichtung durch Vertikal-Hub­

automaten, Der Einsatz mehrerer

Pistolen pro Hubautomat. angeordnet

in unterschiedlichen Winkeln zumWerkstück, gewährleistet die weitest­

gehende Fertigbeschichtung. Die Be­

wegungen der Pistolen erfolgt linear,

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Page 2: Pulverbeschichtung mit Robotern — mehr Qualität und Flexibilität

PULVERBESCHICHTEN

Neben der Personaleinsparung

sprechen beispielsweise Pulvereinspa­

rungen von bis zu 50 % gegenüber der

manuellen Beschichtung für die Wirt­

schaftlichkeit des Robotereinsatzes.

Die Investition in eine neue oder mo­

dernisierte Beschichtungsanlage ist für

jeden Betrieb eine gravierende Ent­

scheidung. Besonderes Augenmerk gilt

aber nicht nur der Investition, sondern

vielmehr der Vollkostenkalkulation in­

klusive der Betriebs- und Folgekosten.

Betrachtet man nun die Flexibilität, die

ein moderner Beschichtungsroboter

schon auf Grund des großen Arbeitsbe­

reiches und der Beweglichkeit der

Mechanik mit sich bringt, scheint es

sinnvoll, noch intensiver über den Ein­

satz von Robotern nachzudenken.

Anhand der folgenden Anwen­

dungsbeispiele werden die Erfahrun­

gen des Robotereinsatzes in der Pul­

verbeschichtung der Allgemeinindus­

trie praxisnah aufgezeigt.

Die Firma KaVo ist Marktführer für

dentale Instrumente und Systeme und

damit der kompetente Partner für

höchste Qualität und innovative Tech­

nologie bei hochwertigen Produkten

für Zahnärzte und Zahntechniker.

Das Unternehmen investierte 1998

in den Umbau einer bestehenden Pul­

verbeschichtungsanlage , die ausgestat­

tet war mit mehreren Zerstäubern auf

Hubgeräten. Eine manuelle Nachbe­

schichtung war aufgrund der komple­

xen Werkstückgeometrien notwendig.

Folgende Rahmenbedingungen für

den Einsatz von Robotern unter wirt­

schaftlichen und technischen Ge­

sichtspunkten wurden berücksichtigt:

• Reduzierung des Personalbedarfs(Einsparung von etwa 140 000

Euro/Jahr)

• Humanisierung des Arbeitsplatzes

• Erhöhung der Anlagenverfügbar­keit

• Erhöhung der Prozesssicherheit.Reduzierung der Nacharbeit

• Flexibilität der Pulveranlage(Beschichtung flächiger und dreidi­

mensionaler Werkstücke)

Beispiel 1: Beschichtungvon dentalen Einrichtungen

meist in vertikaler Richtung. Bei der

Planung einer Beschichtungskabine in

einer Pulveranlage werden werkstück­

abhängig die Anzahl der Hubautoma­

ten und deren Bestückung mit Pistolen

bestimmt.

Bestimmte Werkstücke erfordern

bedingt durch ihre Kontur die

Beschichtung in Bereichen, die mit

der Linearbewegung der Hubgeräte

nicht erreichbar ist. Die Entscheidung,

ob die werkstückbedingte Vor- oder

Nachbeschichtung manuell erfolgt,

oder ob hier der Einsatz eines Roboters

gerechtfertigt ist, kann mit einer relativ

einfachen Wirtschaftlichkeitsberech-

nung gefällt werden. Rechnet man

neben der Personaleinsparung die

hohe Verfügbarkeit eines Beschich­

tungsroboters und berücksichtigt auch

die Reproduzierbarkeit bei Qualität

und Pulvereinsatz, so wird sich, gerade

bei mehrschichtigem Betrieb, der

Robotereinsatz in der Regel innerhalb

von zwei Jahren amortisiert haben.

Die Kinematik bietet die Möglich­

keit. Bewegungen in allen Richtungenvorzunehmen, das heißt, jedes Werk­

stück kann in der Weise abgefahren

werden, die für die Qualität und wirt­

schaftliche Beschichtung sinnvoll ist.

Je stärker ein Werkstück dreidimen­

sional ausgeformt ist, desto interessan­

ter wir dieser Aspekt. Die Geschwin­

digkeit des Roboters kann für jede

Bewegungsbahn völlig frei gewählt

werden. Die maximale Verfahrge­

schwindigkeit liegt bei zirka 2,5 m/s.

Die Handhabungskapazität erlaubt

den Anbau mehrerer Zerstäuber­

einheiten.

ca . 600·1000 Stück/Schicht

60 - 100 IJm

2 Stück Knickarmrobo ter

Roboterpi stole

Kontinuierliches Hängefördersystem

Ca 1 m2

ca. 100 cm3/m in

Ca . 200 bis 250 mm/sec.

ca . 60% (Tribo-Applika tion)

A luminium, Gusseisen, Blechteile

8 Farben, 2 Haup tfarben

Die Beschichtung der Werkstück­

fronten erfolgt mit Originalpulver.

Für nicht sichtbare Bereiche wird

Rückgewinnungspulver verwendet.

Dieser Roboter für die Beschichtung

von Dental-Einrichtungen amorti­

siert sich innerhalb von weniger als

zwei Jahren . Dabei wurde nur der

Faktor Personal monetör bewertet.

Anlagenkapazitä t (3 Schichten)

Schichtstärke

Roboter

Ausstattung der Pulverkabinen

Förderanlage

Oberfläche des größten Teiles

Ausbringmenge einer Pulverpistole

Beschichtungsgeschwind igkeit

Auhragswirkungsgrad

Grundmateria l

Farbtöne

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Page 3: Pulverbeschichtung mit Robotern — mehr Qualität und Flexibilität

PULVERBESCHICHTEN

Füreine sichere automatische

Beschichtung der Heizkessel und

eine homogene Schichfverteilung

erwies sich ein Robotereinsatz als

zwingend notwendig

• Einfache Programmerstellung

(Optimale Zerstäuberbewegung)

• Feinabstimmung der Prozesspara­

meter (Förder,- Luftströmungsge­

schwindigkeit)

Im Rahmen einer Wirtschaftlich­

keitsrechnung wurde nur der Faktor

Personal monetär bewertet. Geschätzte

Werte, wie etwa die zu erwartenden

Pulvereinsparung, blieben aufgrund

fehlender Erfahrung unberücksichtigt.

Demnach ergibt sich bei einer Gesamt­

investition von 250000 Euro und einer

Mindesteinsparung durch Personal

eine Amortisationsdauer der Umbau­

kosten von 1,8 Jahren. Basierend auf

dieser Berechnung wurden in dem

Anlagenkonzept zwei Beschichtungs­

roboter vorgesehen.

Voraussetzung für den Einsatz von

Beschichtungsrobotern in der Durch­

laufkabine war eine intensive Retrach-

tung der aktuell und soweit als möglich

der zukünftig zu beschichtenden

Werkstücke. In umfangreichen Ar­beitsbereichsuntersuchungen und Ver­

suchen am Gerät selbst wurden die

Möglichkeiten des Robotereinsatzes

untersucht.

Die nun vorliegenden Praxiserfah­

rungen zeigen, dass das gesamte Teile­

spektrum durch den Roboter komplett

beschichtet werden kann, was in zwei­

schichtigem Betrieb zu einer sinnvol­

len Amortisation über die Personalko­

sten führt; mittlerweile wird die Anlage

in drei Schichten betrieben.

Grundlage einer kontinuierlichen

und qualitativ hochwertigen Beschich­

tung ist die reproduzierbare Positionie­

rung der Werkstücke. Es wurde daher

im Vorfeld des Projektes intensiv an

einer technisch und wirtschaftlich

sinnvollen Konstruktton der Warenträ­

ger sowie an einer einfachen und repro­

duzierbaren Befestigung/Positionie­

rung der einzelnen Werkstücke gear­

beitet.

Die Herstellerspezifikationen schrei­ben für hochwertige Flächen (A­

Flächen) eine Beschichtung mit Ori­

ginalpulver vor, während recyceltes

Pulver auf B- oder C-Flächen appli­

ziert wird. Durch die koordinatenbezo­

gene Ansteuerung der Ein!Ausschalt­

punkte und die gezielte Orientierung

der Pulverpistole wurde der Pulverver­

brauch und die Recyclingkosten er­

heblich gesenkt.

Die zur Ansteuerung einer Pulver­

pistole verwendeten Parameter er ­

lauben über entsprechende Ventile

die Ansteuerung der Pulvermengeund der Stützluft. um auch bei auf­

wändigen Bauteilen, wie beispiels­

weise bei Rahmenkonstruktionen,

Stuhlträgern. Einsätzen oder Ab­

deckungen, die Schichtstärke prozess­

sicher im unteren Bereich der Toleran­

zen zu halten.

Um die Beschichtungsroboter auch

für kleinere Stückzahlen wirtschaftlich

sinnvoll nutzen zu können, wurde

neben der standardmäßigen Punkt-zu ­

Punkt-Programmierung (PTP) auch

die CP-Programmiermethode imple­

mentiert. Dies erlaubt, durch manuel­

les Führen der Robotermechanik in

Echtzeit einen Beschichtungsablauf in

der Steuerung zu hinterlegen, der dann

anschließend automatisch wiederholt

werden kann. Diese vergleichsweise

ungenauen und nicht optimierbaren

Bewegungsprogramme werden in

wenigen Minuten mit geringem Auf­

wand erstellt.

Da die Steuerung beide Program­

miermöglichkeiten bietet und auch die

Verknüpfung der unterschiedlichen

Programme miteinander erlaubt, wur­

de eine größtmögliche Nutzung der

Roboter gewährleistet. Die geplante

Erstellung der Beschichtungsprogram­

me ist damit in kurzer Zeit sicherge­

stellt.

Beispiel 2:Beschichtung vonHeizkesseln

Viessmann ist weltweit einer der

führenden Hersteller im Bereich

Immobilienheiztechnik. In der Füge­

technik sind Industrieroboter seit Jahr­

zehnten bereits Stand der Technik.

Beim Beschichtungspozess stand dieSuche nach einem Ersatz für das auf­

wendige Nasslackierverfahren von

großen Heizkesseln im Vordergrund.

Die konventionelle Nasslackierung

ist aufgrund

• der Komplexität der technologi­schen Abläufe

• des hohen fertigungstechnischenAufwandes

• der kontinuierlich steigendenBetriebskosten einer Lackieranlage

• der Gesundheitsbclastung derHandbeschichter

• einer schwankenden Schichtstär­kenverteilung (keine reproduzier­

bare Qualität)

• der Lösemittelemissionen (dieUmstellung auf Wasserlacksystem

ist unwirtschaftlich)

• der Oberflächenunterschiede zupulverbeschichteten Heizkesseln

ein qualitatives Risiko

• des technischen Standes fehler-und störanfällig

• umweltschädlichund entsprach nicht dem aktuellen

Stand der Technik.

Die Kessel kleinerer und mittlerer

Größe werden bereits seit mehreren

Jahren in einer vollautomatischen Pul-

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Page 4: Pulverbeschichtung mit Robotern — mehr Qualität und Flexibilität

PULVERBESCHICHTEN

suchungen konnte eine mögliche

Umsetzung der technischen Daten

bestätigt werden.

Wie jede Weit.erent.wicklung eines

Anlagenkonzeptes wurde auch diese

hauptsächlich durch die spezifischen

Anforderungen an das Teilespektrum

bestimmt.. Der typenbedingt.e Umbau

der best.ehenden Pulveranlage um­

fasste den Kabineneinlauf, eine Ein­

griffsöffnung für den Roboter, das

Anlagensicherheitskonzept. die Power

+ Free Fördertechnik und das gesamte

Steuerungskonzept.

Nach Abschluss der Umbauarbeiten

an Anlage, Steuerungs- und Fördertechnik, der Installation und Inbetrieb­

nahme von Roboter und Applikations­

technik folgte die Erstellung der ersten

Beschichtungsprogramme unter Pro-

veranlage flächig mit feststehenden

Zerstäubern auf Hubgeräten beschich­

tet. In dreidimensionalen Bereichen

(zum Beispiel Heizkesselfront und

-oberfläche] erfolgt die Beschichtung

manuell.

Ausschlaggeben für die Reduzie­

rung der Anlagenkosten und Harmoni­

sierung der Qualität war die Ent.schei­

dung, zukünftig alle Typen in einer

Pulveranlage vollautomatisch zu be­

schicht.en. Hierzu wurden im Vorfeld

der Projekt.realisierung verschiedene

Konzepte erstellt und eine Wirtschaft­

lichkeitsrechnung durchgeführt. Für

einen sicheren und automatischen

Beschicht.ungsprozess der Oberfläche

hinsichtlich Tiefendeckung und

homogener Schichtverteilung an den

dreidimensionalen Bereichen erwies

sich ein Robotereinsatz als zwingend

notwendig.

Folgende Rahmenbedingungen für

den Einsatz eines Roboters unter wirt­

schaftlichen Gesichtspunkt.en wurden

dabei berücksichtigt.:

• hohe Stückzahlen bei maximalerAnlagenverfügbarkeit (Ziel 98%),

• keine manuelle Nacharbeit,• Beschichtung der Werkst.ücke am

bewegten Fördcrsystem.

Zur optimalen Auswahl und Posi­

tionierung des Robot.ers wurde eine

Arbeitsbereichsunt.ersuchung durch­

geführt. Hierzu wurden auf Basis von

Originalzeichnungen 3D-Modelle der

modifizierten Pulverkabine und desgrößten und kleinst.en Heizkessels

erzeugt. Das jeweilige Modell wurde

in die veriftzierte Zelle gemäß den

Vorgaben eingesetzt und der Roboter

so positioniert., dass er alle zu

beschichtenden Bereiche des Kessels

erreicht.

Anhand der Prozesssimulation wur­

den der Abstand zwischen Robot.er

und Werkst.ück, der Abst.and zwischen

den Werkstücken, die Taktzeit und die

daraus resultierende Verfahrgeschwin­

digkeit der Pulverpistole ermittelt.

Im Rahmen von Vorversuchen wur­

de die Erreichbarkeit dreidimensio­naler Flächen bei laufender Fördertechnik und das Zerstäubungsver­

halt.en der Pulverpistole ermittelt..

Durch diese umfangreichen Vorunter

Die Pulver­anlagenoch demIypenbe­dingtenUmbau.Viessmannhat durchden erhöh­ten Auto­mattsie­rungsgradklareKostenvor­teile erzielt.

Anlagenkapazität (3 Schichten)

Schichtstärke

Roboter

Ausstanung der Pulverkabinen

Förderanlage

Oberfläche des größten Teiles

Ausbr ingmenge einer Pulverpistole

Beschichtungsgeschwindigke it

Auftragswirkungsgrad

Grundmaterial

Farbtöne

duktionsbedingungen. Durch einen

modulareren Aufbau der Programm­

struktur sowie modeme Softwaretools

konnte die Programmerstellung im

Rahmen einer Anlaufbetreuung sicher­

gestellt werden. Während der Serienfer­

tigung wurde die Erfüllung der techni­

schen und wirtschaftlichen Rahmenbe­

dingungen nachgewiesen. Optimienm­

gen der Be schichtungsprogramme, des

Pulverbrauches und des gesamten Pro­

zessablaufes unter wirtschaftlichen Ge­

sichtspunkten erfolgten unter stabilen,

erprobten Produktionsbedingungen.

Die Kostenvorteile durch den Einsatz

von Robotern beim Pulverbeschichten

wurden nach Aussage des Kunden

bestätigt. Zur weiteren Optimierung ste­

hen zukünftig an:

• der Auftragswirkungsgrad

ca. 50 Stück/Schicht

40 bis 60 Ilm

1 Stück Industrieroboter IRB 4400

Roboterdoppelpistole,6 Hubgeräte CI 1 Automatikpistole

Power + Free Hängefördersystem

ca. 30 m2

ca. 100 cm3/min

Ca . 200 bis 250 mm/sec.

ca. 60% (Korona Verfahren)

Blech

1 Hauptfarbe

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Page 5: Pulverbeschichtung mit Robotern — mehr Qualität und Flexibilität

PULVERBESCHICHTEN

• eine Reduzierung des Pulver­

verbrauches

• der Beschichtungsvorgang

Zusammenfassung

Aus den angeführten Beispielen

lässt sich zusammenfassend erkennen,

dass durch die wesentlich größere Fle­

xibilität von Robotern in Pulverbe­

schichtungsanlagen die Zahl der einge­

setzten Pistolen minimiert werden

kann. Die hierdurch erreichte Redu­

zierung der in der Anlage eingesetzten

Pulvermenge, in Verbindung mit der

Ansteuerung der Applikationstechnik

aus der Robotersteuerung, führt neben

dem höheren Auftragswirkungsgrad

zur Kostenreduzierung im Bereich der

Pulveraufbereitung. besonders auch

beim Einsatz verschiedener Farben.

Durch den Robotereinsatz kann auf

zusätzliches manuelles Beschichten

verzichtet werden. Die koordinatenbe­

zogene Pulverapplikation führt zu

einer größeren Qualitätskonstanz. ein­

hergehend mit der Verringerung von

Materialanhäufungen und Schichtstär

kentoleranzen, unabhängig von der

Werkstückgröße.

Die beschriebenen Werkstücke

stellen für die Pulverbeschichtung

anspruchsvolle Geometrien dar, bei

denen sich Faradaysche Käfige ausbil­

den können. In beiden Fällen wurde

durch umfangreiche Voruntersuchun­

gen der geeignete Roboter und eine

technische und wirtschaftliche Lösung

zur Automatisierung des Beschich­

tungsprozesses entwickelt und vorteil­

haft integriert.

Der Faktor Zeit gewinnt bei Neuin­

vestitionen immer stärker an Redeu-

tung, bietet doch oft die Reaktionsge­

schwindigkeit auf Kundenanfragen

entscheidende Wettbewerbsvorteile.

Die Nutzung moderner Technologien

bei der Entwicklung von Anlagenkon­

zepten, wie zum Beispiel Simulationen

am Bildschirm, mit nachfolgenden pra­

xisnahen Tests und Versuchen, helfen

wertvolle Zeit zu sparen und erhöhen

die Sicherheit des gewählten Anlagen­

konzeptes.

Anlagenkonzepte, die auch für die

Zukunft eine größtmögliche Flexibi­

lität mit langlebiger Technologie auf­

weisen, bieten somit Vorteile auf der

Kostenseite. die nicht außer Acht

gelassen werden dürfen. •

Der Autor Rüdiger Fecher,

A88 Manufaduring & Consumer

Industries GmbH, Friedberg,e-mail: [email protected]