prof. dr. andrä wolter der Übergang schule - hochschule einführungsreferat für die tagung

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1 Prof. Dr. Andrä Wolter Der Übergang Der Übergang Schule - Hochschule Schule - Hochschule Einführungsreferat für die Tagung Einführungsreferat für die Tagung Übergang Schule – Hochschule” Übergang Schule – Hochschule” des Oberstufenkollegs an der des Oberstufenkollegs an der Universität Bielefeld am 15. und 16. Universität Bielefeld am 15. und 16. März 2007 März 2007

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Prof. Dr. Andrä Wolter Der Übergang Schule - Hochschule Einführungsreferat für die Tagung „Übergang Schule – Hochschule” des Oberstufenkollegs an der Universität Bielefeld am 15. und 16. März 2007. Was zeichnet Übergänge im Bildungssystem oder zwischen Bildung und Beschäftigung aus?. - PowerPoint PPT Presentation

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Prof. Dr. Andrä Wolter

Der Übergang Der Übergang Schule - HochschuleSchule - Hochschule

Einführungsreferat für die Tagung Einführungsreferat für die Tagung

„„Übergang Schule – Hochschule”Übergang Schule – Hochschule”

des Oberstufenkollegs an der Universität des Oberstufenkollegs an der Universität Bielefeld am 15. und 16. März 2007Bielefeld am 15. und 16. März 2007

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Was zeichnet Übergänge im Bildungssystem oder Was zeichnet Übergänge im Bildungssystem oder zwischen Bildung und Beschäftigung aus?zwischen Bildung und Beschäftigung aus?

(1) Übergänge sind individuelle Statuswechsel.

(2) Übergänge verknüpfen Institutionen miteinander („Knotenpunkte“).

(3) Übergänge sind „Interaktionsstellen“: Der Wandel einer Institution hat Konsequenzen für die andere.

(4) Übergänge sind mit (Laufbahn-)Entscheidungen verbunden.

(5) Übergänge sind sozial/institutionell normiert.

(6) Übergänge sind individuell zu bewältigen („coping“).

(7) Übergänge haben meist weitreichende biographische Folgen („Weichenstellungen“).

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Übergänge als Thema der BildungsforschungÜbergänge als Thema der Bildungsforschung

(1) Übergänge können von der Institution (Regulierung) oder vom Individuum (Bewältigung, Biographie) her betrachtet werden.

(2) Übergänge können mehr quantitativ („Ströme“) oder qualitativ (Anforderungen und Voraussetzungen) betrachtet werden.

(3) Übergänge können von der „abgebenden“ oder „aufnehmenden“ Institution her betrachtet werden.

(4) Übergänge können von der sozialen Nachfrage, vom Angebot oder vom Bedarf her betrachtet werden.

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Zentrale Fragestellungen von ÜbergangsforschungZentrale Fragestellungen von Übergangsforschung

(1) Übergänge als „Verteilerstellen“: Strukturen, Vielfalt der Optionen, Verbleib und Mobilität

(2) Formale und tatsächliche Durchlässigkeit, soziale Strukturierung von Übergängen

(3) Abstimmung, Pass-/Anschlussfähigkeit zwischen abgebender und aufnehmender Einrichtung (Studierfähigkeit, „employability“)

(4) Rückwirkungen institutionellen Wandels, erwünschte und nicht-erwünschte (Neben-)Folgen auf den Hochschulzugang und die Studienvorbereitung

(5) Individuelle Strategien und Schwierigkeiten, individueller Erfolg

(6) Verhältnis von Nachfrage, Angebot und Bedarf

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Bildungspolitische Prominenz des Bildungspolitische Prominenz des Übergangs Schule - HochschuleÜbergangs Schule - Hochschule

(1) Anders als andere hochschulpolitische Themen zieht sich das Thema „Hochschulzugang“ in Wellen seit der Mitte des 18. Jahrhunderts durch die Geschichte der Bildungspolitik hindurch.

(2) Ein Hauptproblem der deutschen Bildungspolitik (z.B. bei der Oberstufenreform) besteht darin, dass sie kein historisches Gedächtnis hat und oft eher im Kreis verläuft.

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(3) Gründe für die historische Kontinuität des (3) Gründe für die historische Kontinuität des Hochschulzugang als bildungspolitisches ThemaHochschulzugang als bildungspolitisches Thema

► Hochschulzugang ist eng mit dem Selbstbild und der Funktion der Universität in der Gesellschaft verbunden (Trow: “from elite to mass to universal higher education“).

► Die deutsche Universität hat sich nicht primär als Ausbildungs-, sondern als Forschungseinrichtung verstanden.

► Übergangsstellen sind strategische Ansatzpunkte für quantitative und soziale Steuerung.

► Interessenskonflikt zwischen Limitierung und Ausweitung von sozialen Chancen an der Schwelle des Hochschulzugangs

► Instrumentalisierung des Fähigkeitsarguments für soziale Interessen

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Traditionelle Konstruktionsprinzipien des Traditionelle Konstruktionsprinzipien des Hochschulzugangs in Deutschland Hochschulzugangs in Deutschland

(1) Steuerung über Schulabschlüsse (nicht über Zulassung)

(2) Hochschulzugang als staatliche Aufgabe

(3) Selektion erfolgt primär im Schulsystem (weniger beim Hochschulzugang)

(4) Arbeitsteilung zwischen Schule („Lieferant“) und Hochschule („Abnehmer“)

(5) Doppelfunktion der Hochschulreife: Berechtigung u. Eignungsfeststellung

(6) Geringe institutionelle Verantwortlichkeiten (bei hoher individueller Entscheidungsautonomie)

(7) Prinzip der allgemeinen (einheitlichen) Hochschulreife

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Zentrale Fragestellungen von ÜbergangsforschungZentrale Fragestellungen von Übergangsforschung

(1) Übergänge als „Verteilerstellen“: Strukturen, Vielfalt der Optionen, Verbleib und Mobilität

(2) Formale und tatsächliche Durchlässigkeit, soziale Strukturierung von Übergängen

(3) Abstimmung, Pass-/Anschlussfähigkeit zwischen abgebender und aufnehmender Einrichtung (Studierfähigkeit, „employability“)

(4) Rückwirkungen institutionellen Wandels (erwünscht, unerwünscht)

(5) Individuelle Strategien und Schwierigkeiten, individueller Erfolg

(6) Verhältnis von Nachfrage, Angebot und Bedarf

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339.860 studienberechtigte Schulabgänger im Jahr 1999 (74,8 % mit allgemeiner Hochschulreife, 25,2 % mit Fachhochschulreife)

20

%

9%

2%

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Wehr-/Zivil-dienst

Berufsaus-bildung

schulisch/ dual

Studium an FH

Studium an UNI

Berufs-akademie

Erwerbs-tätigkeit

Sonstiges

Berufsausbildungschulisch

Berufsausbildungbetrieblich

Berufs-akademie

Studiuman FH

Studiuman Uni

Sonstiges

Schul-abgang

nach6

Monaten

nach18

Monaten

nach42

Monaten

Übergänge studienberechtigter Schulabgänger (Jahrgang 1999 als Beispiel)

Erwerbstätig nach abgeschl.nachschulischer

Ausbildung

Erwerbstätig mit/vor Schulab-gang abgeschl.

Ausbildung

3 %7 %

2 %20 %

45 %

14 % 4 % 3 %

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Durchlässigkeit zwischen Schule und HochschuleDurchlässigkeit zwischen Schule und Hochschule

(1) Die Ungleichheitsforschung hat an methodischer Tiefenschärfe gewonnen (z.B. bei der Messung des sozio-ök. Hintergrunds o. der „abhängigen“ Variablen).

(2) Differenzierung zwischen primären und sekundären Ungleichheitseffekten

(3) Es bestätigen sich immer wieder die schon seit längerem bekannten grundlegenden sozialen Mechanismen und Strukturen.

(4) Zwei Prozesse sind zu unterscheiden: - soziale Selektion auf dem Wege zum Abitur, - soziale Selektivität des Übergangs zur Hochschule.

(5) Studien zum Übergang Schule – Hochschule haben es bereits mit einer hochgradig vorgefilterten Population zu tun.

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Durchlässigkeit zwischen Schule und Hochschule IIDurchlässigkeit zwischen Schule und Hochschule II

(6) Trotz einer leichten Verringerung der Ungleichheit in den Abitur-/Studierchancen zeigt sich unverändert ein hohes Maß an sekundären Ungleichheitseffekten (Studienaufnahme, Fachwahl, Hochschulwahl).

(7) Deutschland im internationalen Vergleich: niedrige Anfängerquote bei hoher sozialer Ungleichheit.

(8) Hohe Attraktivität der beruflichen Bildung als alternatives „Sicherheitsnetz“ für hochschulferne soziale Gruppen.

(9) Die „Ausschöpfung“ hochschulnaher sozialer Gruppen bei der Studienbeteiligung scheint einen Gipfel („ceiling“) zu erreichen.

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Soziale Herkunft der Studierenden in Deutschland Soziale Herkunft der Studierenden in Deutschland – Kontrastgruppenvergleich 1911 bis 2003 (in %)– Kontrastgruppenvergleich 1911 bis 2003 (in %)

1911 23 1976 44 1911 3 1976 131924 23 1979 46 1924 2 1979 141934 22 1985 42 1934 2 1985 161939 27 1992 50 1939 2 1992 151951 29 1995 53 1951 3 1995 151959 34 1998 59 1959 3 1998 141963 34 2000 61 1963 6 2000 131967 34 2003 58 1967 7 2003 17Quelle: 1911 bis 1959: Kaelble 1974; 1963 bis 1979: DSW; ab 1985: HIS 2005 (Studienanfängerbefragungen)

Väter mit Hochschulabschluss (nur Universitäten)

Arbeiterkinder(alle Hochschulen)

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Demographie und Bildungsbeteiligung im Jahr 2000Demographie und Bildungsbeteiligung im Jahr 2000nur Deutsche, alte Länder, absolut und in %

Herkunft der 19- bis 24-jährigen

Bevölkerung

Bildungsbeteiligungsquote

Studienanfänger

25.000

100% abs. 599.000 abs. 216.000 100%

DSW/HIS 16. Sozialerhebung

50.000

51.000

90.000

69.000Beamte

84.000Selbständige

230.000Angestellte

216.000Arbeiter 12%

72%

61%

39%

12%

23%

24%

42%

12%

14%

38%

36%

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Studierbereitschaft nach Subgruppen 2002, Studierbereitschaft nach Subgruppen 2002, Freistaat SachsenFreistaat Sachsen

Quelle: Studienberechtigtenbefragung TU Dresden 2002

Studierneigungalle = 70,7%

Hoher Leistungsstand82,0%

Niedriger Leistungsstand60,0%

Akademikerfamilie88,7%

Nichtakademikerfamilie74,6%

Akademikerfamilie66,9%

Nichtakademikerfamilie55,7%

HoherBerufsstatus

91,0%

NiedrigerBerufsstatus

81,5%

HoherBerufsstatus

77,4%

NiedrigerBerufsstatus

70,9%

Hoher Berufsstatus

70,5%

NiedrigerBerufsstatus

58,6%

Hoher Berufsstatus

58,7%

NiedrigerBerufsstatus

53,4%

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Zusammensetzung der deutschen Studienanfänger(innen) nach Art der Studienberechtigung/Vorbildung, 2003 (in %)

Universitäten Fachhochschulen Gesamt

Abitur (Normaltyp) 93 55 80

Abitur (Zweiter Bildungsweg) 2 4 3

Fachoberschule 1 27 10

Dritter Bildungsweg 0,5 1,5 1

Sonstige Wege 3 12 6

Quelle: Statistisches Bundesamt

Anteil Studienanfänger mit Berufsausbildung gesamt

16 54 28

Anteil Studienanfänger mit Berufsausbildung nach Hochschulreife

11 21 15

Quelle: HIS

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7,18,8

19,5

8,57,76,86,4

17,6

9,27,17,2

3,3

5,6 6,45,3

3,5

6,26,4

AT DE ES FI FR IE IT LV NL PT UK(E/W)all female

0,0 0,0 0,0 0,0

Non-traditional routes to higher education Non-traditional routes to higher education (in % of all new entrants)(in % of all new entrants)

Quelle: Eurostudent 2005

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Ansätze der Studierfähigkeitsforschung in DeutschlandAnsätze der Studierfähigkeitsforschung in Deutschland(1) Normativ: Welche Anforderungen sind an die Einrichtungen der

schulischen Studienvorbereitung, insbesondere die gymnasiale Oberstufe zu richten?

→ Materiale vs. formale („geistige Kräfte“) Bildung→ Kerncurriculum/obligatorischer Bereich vs. individuelle Wahl → Fächerübergreifende Anforderungen→ Fachliche und überfachliche Kompetenzen→ Was heißt „Wissenschaftspropädeutik“?

(2) Verfahren/Wege zur Identifikation solcher Anforderungen→ Bildungstheoretische „Deduktion“, curriculare Traditionen→ Identifikation/Verständigung über basale/r Fähigkeiten→ Befragungen von Fachvertretern/Fachanalysen→ Empirische Anforderungs-/Kompetenzanalysen des Studiums

(3) Empirische Forschung über „Stand“ oder Defizite der Studierfähigkeit

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Worauf beruht unser empirisches Wissen über Worauf beruht unser empirisches Wissen über Studierfähigkeit?Studierfähigkeit?

(1) Skandalisierung durch feuilletonistische Beschreibungen

(2) Professorenbefragungen (zuletzt Konegen-Grenier 2001)

(3) Studierendenbefragungen, Studienverlaufsanalysen (HIS)

(4) Fachbezogene, meist lokale Studienanfängertests

(5) Evaluation von Studierfähigkeitstest (ITB: TMS, TAB)

(6) Punktuelle kompetenzbasierte Untersuchungen (z.B. TIMSS, TOSCA)

Defizit bis heute: Kompetenzorientierte Messung

Hauptproblem: Identifikation der relevanten Komponenten

Aufgabe/Chance für ein nationales Bildungspanel?

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Beobachtungen zur StudierfähigkeitsdebatteBeobachtungen zur Studierfähigkeitsdebatte

(1) Enders/Teichler (1995): Mehr als 60 % der Uni-profs. halten eine altersbezogene Studierquote von 20 % für ausreichend (1995: 28 %, 2006: 35 %).

(2) Die Studierfähigkeitsdebatte ist auch eine kritische Reaktion auf die Bildungsexpansion.

(3) International gibt es keinen Zusammenhang zw. Studienberechtigten-/ Studierquote u. Qualität studienvorbereitender/akademischer Einrichtungen.

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Beobachtungen zur Studierfähigkeitsdebatte IIBeobachtungen zur Studierfähigkeitsdebatte II

(4) Beim Übergang Schule-Hochschule gibt es auch Prozesse der Selbstselektion nach Leistung.

(5) Die Aufgabe der gymnasialen Oberstufe erschöpft sich immer weniger in der Vermittlung der Studierfähigkeit bzw. Studienberechtigung.

(6) Die Spannung zw. der gymnasialen Oberstufe u. der Entwicklungsdynamik des Hochschulsystems (Differenzierung, Spezialisierung) wird zunehmen.

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What is going on in German higher education? What is going on in German higher education? „Baustellen“ und Umbrüche in der Hochschulentwicklung„Baustellen“ und Umbrüche in der Hochschulentwicklung

(1) Quantitative Entwicklung: Explosion der Studierendenzahlen?

(2) Institutionelle Differenzierung und Exzellenzdebatte

(3) Studienreform im Zeichen des Bologna-Prozesses

(4) Implementation des neuen Steuerungsmodells zur Stärkung der institutionellen Verantwortlichkeit

(5) Re-föderalisierung der staatlichen Hochschulpolitik

► Frage: Was bedeutet das für den Hochschulzugang?

Page 23: Prof. Dr. Andrä Wolter Der Übergang  Schule - Hochschule Einführungsreferat für die Tagung

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Mögliche Konsequenzen für den HochschulzugangMögliche Konsequenzen für den Hochschulzugang

Zu 1.) Offenes Hochschulsystem oder weitere Verschließung?

Zu 2.) Koexistenz eines offenen und geschlossenen Sektors? Profilbildung und Hochschulzulassung mit Auswahlverfahren? Mehr Konvergenz oder Divergenz?

Zu 3.) Direkt: Anerkennung von „prior learning“ (LLL); indirekt: veränderte Anforderungen an Studierfähigkeit

Zu 4.) Stärkung der Hochschulen als Auswahlinstanz im Zeichen der Autonomie? Ambivalente Wirkungen indikatororientierter Mittelverteilung (Studiengebühren)?

Zu 5.) Vergrößerung der Vielfalt oder latente Konvergenz?

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Hochschuleigene AuswahlverfahrenHochschuleigene Auswahlverfahren- Bildungspolitische Anlässe -- Bildungspolitische Anlässe -

(1) Zweifel an der Qualität des Abiturs infolge Oberstufenreform

(2) Klagen aus den Hochschulen über Studierfähigkeitsdefizite

(3) Unzufriedenheit mit ZVS und zentralen Auswahlverfahren

(4) Effektivitätsprobleme der Hochschulen: Verschärfung der „Hochschulmisere“ durch Fehlallokation

(5) Stärkung der institutionellen Verantwortung / Selbststeuerungsfähigkeit der Hochschule (NSM)

(6) Wechsel des hochschulpolitischen Leitbildes: Von der Chancengleichheit zum Wettbewerb (7) Vorbild privater Hochschulen

Page 25: Prof. Dr. Andrä Wolter Der Übergang  Schule - Hochschule Einführungsreferat für die Tagung

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Auswahlverfahren im deutschen Hochschulsystem

(1) Traditionell bestimmte Fächer / Hochschulen private Hochschulen Sonderzugangswege für Berufstätige

(2) Studiengänge im ZVS-Auswahlverfahren (bisher 24%)

(3) HRG (seit 2004): nach Sonderquoten 20 : 20 : 60-Quotenmodell

(4) Erweiterte Regelungen in einigen Bundesländern bei lokalem NC

(5) Zugang zum Masterstudium

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Funktionen hochschuleigener AuswahlverfahrenFunktionen hochschuleigener Auswahlverfahren

(1) Limitierung: quantitative Begrenzung

(2) Assessmentfunktion: „Besten“auswahl nach Qualitätskriterien mit eignungsdiagnostischen Verfahren, Studierfähigkeit verbessern

(3) Marktsteuerung: Stimulierung des Wettbewerbs zwischen Studierenden und Hochschulen

(4) Profilbildung: „Passfähigkeit“ zwischen Anforderungen und Voraussetzungen

(5) Allokationsfunktion: Optimierung der Entscheidung über Hochschultyp, Studienfach und Studienort

(6) „Institutional empowerment“: Stärkung des institutionellen Einflusses der Hochschule

Page 27: Prof. Dr. Andrä Wolter Der Übergang  Schule - Hochschule Einführungsreferat für die Tagung

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Auswahlverfahren – gegenwärtiger StandAuswahlverfahren – gegenwärtiger Stand(Anteil an allen Studiengängen mit Auswahlverfahren, n = 4213)

(1) Durchschnittsnote Abiturzeugnis 81,4%

(2) Wartezeit 37,1%

(3) Nachweis beruflicher Erfahrungen 21,1%

(4) Eignungsprüfungen 19,2%

(5) Fachnoten 17,7%

(6) Interviews, Auswahlgespräche 8,1%

(7) Begründungsschreiben 5,1%

(8) Studierfähigkeitstests 4,3%

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Auswahlverfahren – Auswahlverfahren – Was sagt die empirische Forschung?Was sagt die empirische Forschung?

(1) Abiturdurchschnittsnote: bester Einzelprädiktor

(2) Fachnoten: geringere Validität

(3) Studierfähigkeitstest: hohe prognostische Validität, in Kombination mit Abiturnote bester Prädiktor

(4) Bewerbungsschreiben: geringe Validität

(5) Auswahlgespräche: mäßige Validität, aber andere Vorteile

Bewertungskriterien:1. Prognostische Validität2. Aufwand und „Mehrwert“3. Strategische Eignung

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Individuelle Übergangsprobleme -> „gestörte“ Individuelle Übergangsprobleme -> „gestörte“ Allokationsfunktion des HochschulzugangsAllokationsfunktion des Hochschulzugangs

(1) Allokation: Studien- und Berufswahl, Studienentscheidung bzw. Studienverzicht, Hochschultyp, Studienfach, Hochschulort

(2) „Suboptimale“ Allokation?

► Informations- und Orientierungsdefizite, Entscheidungsunsicherheit, Kriterienmangel: Nur 1/3 der Anfänger fühlt sich gut vorbereitet, 1/3 teils/teils, 1/3 unzureichend

► Langfristig rückläufige Entwicklung der Studierbereitschaft, prozyklische Studienentscheidungen

► Schwundquoten/Fluktuation im Studienverlauf: in hohem Maße durch unzureichende Allokation verursacht

► Geringe Akzeptanz der Beratungsangebote: Diskrepanz Nutzung und Nützlichkeit

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Anteil der Hochschulabsolventen an der Bevölkerung Anteil der Hochschulabsolventen an der Bevölkerung in ausgewählten OECD-Ländern (2003)in ausgewählten OECD-Ländern (2003)

25 - 34 35 - 44 45 - 54 55 - 64

Australien 25 21 20 14

Kanada 28 22 20 18

Finnland 23 17 14 12

Frankreich 22 13 11 10

Deutschland 14 15 15 12

Italien 12 11 10 7

Japan 26 25 20 12

Niederlande 25 23 21 17

Spanien 26 19 14 9

Schweden 24 17 17 16

Großbritannien 24 19 18 14

USA 30 29 30 27Quelle: OECD-Datenbank

Altersgruppe

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Entwicklung der Zahl der Studienanfänger/innen von 1950 bis 2005 in der Entwicklung der Zahl der Studienanfänger/innen von 1950 bis 2005 in der Bundesrepublik DeutschlandBundesrepublik Deutschland1)1) insgesamt und nach Hochschulart insgesamt und nach Hochschulart

1) bis 1992 nur alte Länder

0

50.000

100.000

150.000

200.000

250.000

300.000

350.000

400.000

1950 1954 1958 1962 1966 1970 1974 1978 1982 1986 1990 1994 1998 2002 2006

Studienanfänger/innen insgesamtStudienanfänger/innen an Universitäten und KunsthochschulenStudienanfänger/innen an Fachhochschulen

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KMK-Prognose der Studienanfängerzahlen bis KMK-Prognose der Studienanfängerzahlen bis 2020 nach Übergangsquoten2020 nach Übergangsquoten

Quelle: KMK-Prognose Nr. 176, Oktober 2005

200000

250000

300000

350000

400000

450000

19

92

19

93

19

94

19

95

19

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19

97

19

98

19

99

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10

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11

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12

20

13

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14

20

15

20

16

20

17

20

18

20

19

20

20

Ist-Werte bis 2005 75%-iger Übergang 85%-iger Übergang

unter Berücksichtigung der Schulzeitverkürzung in den Ländern

Ist-Werte Prognose-Werte

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PrognoserisikenPrognoserisiken

(1) Studierbereitschaft, Übergangsquote

(2) Ausweitung von Zulassungsbeschränkungen, Studienplatzvernichtung?

(3) Akzeptanz der neuen Studiengänge

(4) Konjunkturen des Arbeitsmarktes (Ingenieure!)

(5) Studienfinanzierung

(6) Wachsende Konkurrenz zwischen Berufsausbildung und Hochschule um Nachwuchs

Page 34: Prof. Dr. Andrä Wolter Der Übergang  Schule - Hochschule Einführungsreferat für die Tagung

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Übergangsquoten zur Hochschule insgesamt Übergangsquoten zur Hochschule insgesamt und nach Geschlechtund nach Geschlecht

50 %

55 %

60 %

65 %

70 %

75 %

80 %

85 %

90 %

95 %

100 %

1980 1985 1990 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2002 2004 2005

Insgesamt Männer Frauen

1980 bis 1999: Übergangsquoten nach StaBu

2002 bis 2005: Erwartete Übergangsquoten nach HIS (Bandbreiten)

// // //

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Schlussfolgerungen: Worin bestehen die wichtigsten Schlussfolgerungen: Worin bestehen die wichtigsten Aufgaben zur Realisierung einer höheren Absolventenquote?Aufgaben zur Realisierung einer höheren Absolventenquote?

(1) Höhere Studier-/Übergangsquote: mehr junge Leute zum Studium bringen

(2) Größere Durchlässigkeit zwischen beruflicher Bildung und Hochschule

(3) Mehr Studienanfänger/innen zum Studienerfolg führen

(4) Optimierung des Hochschulzugangs als Allokationsprozess („Passfähigkeit“)

(5) Bessere Studienvorbereitung vor allem im wissenschaftspropädeutischen Bereich

(6) Erweiterung der Studienplatzkapazitäten an den Hochschulen

(7) Hochschulzugang als gemeinsame Aufgabe von Schule und Hochschule begreifen und nicht als „Schuldzuweisungskette“