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FROMMELT und RUBNER: Oxacycloalkane in der Polymcrchemie. I Acta Polymerica 30 (1979) Heft 2 103 Oxacycloalkane in der Polymerchemie. I H. FROMMELT und J. RUBNER Akademie der Wissenschaften der DDR, Zentralinstitut fur Organische Chemie, DDR - 1199 Berlin-Adlersbof Herrn Professor Dr. Vasilij VladimiroviE KorBak zur Vollendung des 70. Lebensjahres gewidmet. Oxacycloalkane (cyclische Acetale, Formale) erfahren wahrend der Lagerung eine Anderung ihrer Eigenschaften (Viskositat, IR-Absorption). Am Beispiel des 1,3,6-Trioxacyclooctans (Diethylenglykolformal) wird nachgewiesen, da13 diese Eigenschaftsveranderungen eine Verringerung der durchschnittlichen Monomerreaktivitat hervorrufen. Die Geschwindigkeit der kationisch initiierten Polymerisation und Oligomereigenschaf ten werden beeintrachtigt. Als Ursache dieser Anderungen wird eine Autopolymerisation erkannt, die bei Wasserstoffionenkonzentrationen > 10-5 g/l zu einem weiteren Anstieg des Polymerisationsgrades fuhrt. Die damit gegebene Instabilitat der cyclischen Acetale ist abhangig von der Lagerungsdauer, der bestehenden Wasserstoffionenkonzentration, der Lagerungstemperatur und der Struktur der entsprechenden Verbindungen. Oxcayuicnoanicawz e XUMUU nonu&epoe. I OKcaqmnoamaHbI (qHKmYecme aqeiam, QopMam) npeTepnesaIoT Bo-BpeMR xpaHeHm M ~ M ~ H ~ H H ~ CBOHX CBO~CTB (BHBKOCTH, I/IEC-a6copGq~n). Ha IIpHMepe I.3.6.-TpHOKCaqHKJIOOKTaHa (AHaTHJIeHr~HKOJIbQOPMaJIR) IIOKa3bI- BaeTCR, YTO I13MeHeHHFI CBOaCTB BbI3bIBaIoT YMeHbIIIeHlle CpenHea peaKqHO€IHOaCIIOCO6HOCTm MOHOMepOB. CKOpOCTb KaTHOHHO-HHHqHHpOBaHHOa IIOJIHMepHBaqHI4 H CBOaCTBa OJIHrOMepOB IIpeTepIIeBaIoT H3MeHeHHR. HaiQeHo, YTO IIpHqHHOa 3TmX H3MeHeHHa FIBJIFieTCFI aBTOIIOJIHMepHBaqHR, KOTOPaR IIpH HOHqeHTpaqHH HOHOB BOAOpOAa > r/JI BeA%T IE AaJIbHefiLUeMy YBeJIHqeHHIo CTeIIeHH IIOJIHMepH3aqHH. BbITeKaIolqaH OTCIoAa HeCTa6IIJIbHOCTb qHKJIHqeCHHX aqeTaneP 3aBHCHT OT IIpO~OJIXHTeJIbHOCTH XpaHeHHR, CylqeCTByIolqet KOHqeHTpaqHH HOHOB BOnOpOna, TeMIIepaTypbI XpaHeHHR H CTpYKTYpbI COOTBeTCTBYIolqllX COeAHHeHMfi. Oxacycloalkanes in polymer chemistry. I Oxacycloalkanes (cyclic acetals, formals) are subjected to changes of their properties (viscosity, IR absorption) during storage. With 1,3,6-trioxacyclooctane (diethyleneglycolformal) as an example the changes in properties are shown to result in a decrease of the average reactivity of monomers, the rate of cationic polymerization and the oligomer properties being affected. The cause of these changes was found to be an autopolymerization effect which leads to further increase of the degree of polymerization at hydrogen ion concentrations of more than g/l. The instability of the cyclic acetals depends on storage time and temperature, hydrogen ion concentration and chemical structure. 1. Einleitung Die Bildung von Oxacycloalkanen bzw. cyclischen Acetalen wurde bereits 1861 von WURTZ [l] am Beispiel des Ethandiol- 1,2 beschrieben. In der Folgezeit wurden zahlreiche Ver- bindungen dieser Stoffklasse bekannt. Sie sind von unter- schiedlichen aliphatischen Diolen und Aldehyden abgeleitet. Cyclische Acetale sind wasserklare, leiclit fluchtige und brennbare Flussigkeiten, die auch gegeniiber einigen Polymeren als Losungsmittel fungieren konnen. Sie lassen sich aber auch kationisch polymerisieren, was z. B. von THINIUS und KAM- PHENKEL bereits 1950 [2] fur das Diethylenglykolformal gezeigt werden konnte. FROMMELT berichtete 1958 uber vielfaltige Anwendungsmoglichkeiten der cyclischen Ace tale in der Polyurethanchemie [3]. Cyclische Acetale sind vom Standpunkt der Polymerchemie interessante Verbindungen, da bei zunehmender Kettenlange der Diole die Kondensation z. B. nicht zu monomeren Oxa- cycloalkanen, sondern sofort iiber eine Poly kondensations- reaktion zu linearen Polyacetalen weitergefuhrt wird. Bestimmend fur die Weiterentwicklung dieses Arbeits- gebietes waren sowohl grundlegende methodische Frage- stellungen zur Bildung und zum Polymerisationsverhalten cyclischer Acetale als auch deren Einsatzchancen in ver- schiedenen Zweigen der Volkswirtschaft. Daruber wird in weiteren Kapiteln berichtet werden. 2. Zur Bildung cyclischer Acetale, ihrer Reaktioitat und Stabilitat Ausgehend von einer kurzen Darstellung der Bildung cyclischer Acetale auf der Basis von Diolen mit Ketten- langen C,-C, sol1 im vorliegenden Kapitel bevorzugt auf einige spezifische Eigenschaften dieser Verbindungen ein- gegangen werden, die insbesondere in deren Bestreben zur Autopolymerisation zum Ausdruck kommen. 2.1. Acetalbildung Der Bildung cyclischer Acetale aus Diolen und Alde- hyden legten HILL und PIDGEON [4] den im Bild 1 dar- gestellten allgemeingiiltigen Reaktionsmechanismus zu- grunde. Die Reaktion erfolgt beim Erhitzen von Diol und Aldehyd in Gegenwart von Sauren (Salzsaure, Phosphor- saure, p-Toluolsulfonsaure, H-aktive Ionenaustauscher u. a.) sowie eines Schleppmittels (Toluol, Benzol u. a,) zum Austragen des freiwerdenden Wassers. Auf diese 7 8 R-C t HO-R"OH 1.3 Dioxacyclopentan A'thylenglykolformal O\!/O I \*A / oJ . 0 1.3.6 Trioxacyclooctan (Diathylenglykolforma~ DKGFI -0- I' 5.- \ / I Bild 1. Bildungsprinzip dcr Oxacycloalkane

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Page 1: Oxacycloalkane in der polymerchemie. I

FROMMELT und RUBNER: Oxacycloalkane in der Polymcrchemie. I

Acta Polymerica 30 (1979) H e f t 2

103

Oxacycloalkane in der Polymerchemie. I H. FROMMELT und J. RUBNER Akademie der Wissenschaften der DDR, Zentralinstitut fur Organische Chemie, DDR - 1199 Berlin-Adlersbof

Herrn Professor Dr. Vasilij VladimiroviE KorBak zur Vollendung des 70. Lebensjahres gewidmet.

Oxacycloalkane (cyclische Acetale, Formale) erfahren wahrend der Lagerung eine Anderung ihrer Eigenschaften (Viskositat, IR-Absorption). Am Beispiel des 1,3,6-Trioxacyclooctans (Diethylenglykolformal) wird nachgewiesen, da13 diese Eigenschaftsveranderungen eine Verringerung der durchschnittlichen Monomerreaktivitat hervorrufen. Die Geschwindigkeit der kationisch initiierten Polymerisation und Oligomereigenschaf ten werden beeintrachtigt. Als Ursache dieser Anderungen wird eine Autopolymerisation erkannt, die bei Wasserstoffionenkonzentrationen > 10-5 g/l zu einem weiteren Anstieg des Polymerisationsgrades fuhrt. Die damit gegebene Instabilitat der cyclischen Acetale ist abhangig von der Lagerungsdauer, der bestehenden Wasserstoffionenkonzentration, der Lagerungstemperatur und der Struktur der entsprechenden Verbindungen.

Oxcayuicnoanicawz e X U M U U nonu&epoe. I OKcaqmnoamaHbI (qHKmYecme aqe iam, QopMam) npeTepnesaIoT Bo-BpeMR xpaHeHm M ~ M ~ H ~ H H ~ CBOHX C B O ~ C T B (BHBKOCTH, I/IEC-a6copGq~n). Ha IIpHMepe I.3.6.-TpHOKCaqHKJIOOKTaHa (AHaTHJIeHr~HKOJIbQOPMaJIR) IIOKa3bI- BaeTCR, YTO I13MeHeHHFI CBOaCTB BbI3bIBaIoT YMeHbIIIeHlle CpenHea peaKqHO€IHOa CIIOCO6HOCTm MOHOMepOB. CKOpOCTb KaTHOHHO-HHHqHHpOBaHHOa IIOJIHMepHBaqHI4 H CBOaCTBa OJIHrOMepOB IIpeTepIIeBaIoT H3MeHeHHR. HaiQeHo, YTO

IIpHqHHOa 3TmX H3MeHeHHa FIBJIFieTCFI aBTOIIOJIHMepHBaqHR, KOTOPaR IIpH HOHqeHTpaqHH HOHOB BOAOpOAa > r/JI BeA%T IE AaJIbHefiLUeMy YBeJIHqeHHIo CTeIIeHH IIOJIHMepH3aqHH. BbITeKaIolqaH OTCIoAa HeCTa6IIJIbHOCTb qHKJIHqeCHHX aqeTaneP 3aBHCHT OT IIpO~OJIXHTeJIbHOCTH XpaHeHHR, CylqeCTByIolqet KOHqeHTpaqHH HOHOB BOnOpOna, TeMIIepaTypbI XpaHeHHR H CTpYKTYpbI COOTBeTCTBYIolqllX COeAHHeHMfi.

Oxacycloalkanes in polymer chemistry. I Oxacycloalkanes (cyclic acetals, formals) are subjected to changes of their properties (viscosity, IR absorption) during storage. With 1,3,6-trioxacyclooctane (diethyleneglycolformal) as an example the changes in properties are shown to result in a decrease of the average reactivity of monomers, the rate of cationic polymerization and the oligomer properties being affected. The cause of these changes was found t o be an autopolymerization effect which leads t o further increase of the degree of polymerization a t hydrogen ion concentrations of more than g/l. The instability of the cyclic acetals depends on storage time and temperature, hydrogen ion concentration and chemical structure.

1. Einleitung

Die Bildung von Oxacycloalkanen bzw. cyclischen Acetalen wurde bereits 1861 von WURTZ [l] am Beispiel des Ethandiol- 1,2 beschrieben. In der Folgezeit wurden zahlreiche Ver- bindungen dieser Stoffklasse bekannt. Sie sind von unter- schiedlichen aliphatischen Diolen und Aldehyden abgeleitet.

Cyclische Acetale sind wasserklare, leiclit fluchtige und brennbare Flussigkeiten, die auch gegeniiber einigen Polymeren als Losungsmittel fungieren konnen. Sie lassen sich aber auch kationisch polymerisieren, was z. B. von THINIUS und KAM- PHENKEL bereits 1950 [2] fur das Diethylenglykolformal gezeigt werden konnte. FROMMELT berichtete 1958 uber vielfaltige Anwendungsmoglichkeiten der cyclischen Ace tale in der Polyurethanchemie [ 3 ] .

Cyclische Acetale sind vom Standpunkt der Polymerchemie interessante Verbindungen, da bei zunehmender Kettenlange der Diole die Kondensation z. B. nicht zu monomeren Oxa- cycloalkanen, sondern sofort iiber eine Poly kondensations- reaktion zu linearen Polyacetalen weitergefuhrt wird.

Bestimmend fur die Weiterentwicklung dieses Arbeits- gebietes waren sowohl grundlegende methodische Frage- stellungen zur Bildung und zum Polymerisationsverhalten cyclischer Acetale als auch deren Einsatzchancen in ver- schiedenen Zweigen der Volkswirtschaft. Daruber wird in weiteren Kapiteln berichtet werden.

2. Zur Bildung cyclischer Acetale, ihrer Reaktioitat und Stabilitat

Ausgehend von einer kurzen Darstellung der Bildung cyclischer Acetale auf der Basis von Diolen mit Ketten- langen C,-C, sol1 im vorliegenden Kapitel bevorzugt auf einige spezifische Eigenschaften dieser Verbindungen ein- gegangen werden, die insbesondere in deren Bestreben zur Autopolymerisation zum Ausdruck kommen.

2.1. Acetalbildung Der Bildung cyclischer Acetale aus Diolen und Alde-

hyden legten HILL und PIDGEON [4] den im Bild 1 dar- gestellten allgemeingiiltigen Reaktionsmechanismus zu- grunde. Die Reaktion erfolgt beim Erhitzen von Diol und Aldehyd in Gegenwart von Sauren (Salzsaure, Phosphor- saure, p-Toluolsulfonsaure, H-aktive Ionenaustauscher u. a.) sowie eines Schleppmittels (Toluol, Benzol u. a,) zum Austragen des freiwerdenden Wassers. Auf diese

7 8

R - C t HO-R"OH

1.3 Dioxacyclopentan A'thylenglykolformal

O\!/O I

\*A /

oJ.0

1.3.6 Trioxacyclooctan (Diathylenglykol forma~ DKGFI

-0- I' 5.- \ /

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Bild 1. Bildungsprinzip dcr Oxacycloalkane

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20 9 18

16

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210

-

-

-

-

- 0 - f

Zeit

Bild 2. Kondensationsgeschwindigkeit bei der Umsetzung von Diolen rnit Paraformaldehyd zu cyclischen Formalen in Abhiin-

gigkeit von der Art des Diols. 1 : Butandiol-1,4 - 0,015 mol p-Toluolsulfonsaure 2 : Butandiol-l,4 - 0,03 mol p-Toluolsulfonsiiurc 3 : Diethylcnglykol - 0,03 mol p-Toluolsulfonsaurc 4 : Hexandiol-l,6 - 0,015 mol p-Toluolsulfonsiiure

Polymerisationsbcdingungen : 1 mol Diol; 1,Ol rnol Para- formaldehyd; 180 ml Toluol; Tempcratur aufsteigcnd his 11 2°C

Weise wurden cyclische Acetale auf der Basis von Ethan- diol, Rutandiol-1,3, Butandiol-1,4, 2,2'-Dihydroxeythoxy- ethan und Hexandiol-1,6 sowie Paraformaldehyd in Aus- beuten zwischen 80 und 90% hergestellt. In Abhangigkeit von der Kettenlange der Diole werden Verbindungen mit den im Bild 1 dargestellten Ringstrulituren erhalten. Die Reaktion des Hexandiol-1,6 fuhrt nicht zum Cyclus mit einer 9-Ringstruktur, sondern entsprechend der An- nahme von HILL und HIBBERT [5] zu linearen Polykonden- sationsprodukten.

Die Bilder 2 und 3 zeigen die Kondensations- bzw. Polykondensationsgeschwindiglieiten einiger Diole bei der Synthese cyclischer Acetale bzw. oligomerer oder poly- merer linearer Acetale in Abhangigkeit von der Ketten- lange des Diols und der Katalysatorlionzentration.

Tabelle 1. Kennwerte der cyclischen Acetale

~

Glykolformal, GF 1,3-Dioxacyclopentan

1,3-Butylenglykolformal 1,3-Dioxacyclohexan

1,4-Butylcnglykolformal, BGF 1,3-Dioxacycloheptan

Dictliylenglykolformal, DEGF 1,3,6-Trioxacyclooctan

- Kp750

"C

74

115

118

153

mPas rho I nD20

1,060

0,965 7

1,003

1,116

Tabelle 2. Eigenschaften oon Oligomeren nach Lagerung des Monomers

Lagerungszeit bci 22 "C: I I d I 7 d

I I rel. Molekiilmasse OH-Zahl Viskositiit in m P a . s kristallincr Anteil in yo (26OC)

1319 1044 92,8

56,8 0

20 40 60 8 0 m i n 100 0 Zei f

Bild 3. Kondensationsgeschwindigkeit bei der Umsetzung von Butandiol-1.4 mit Paraformaldehyd in Abhiingigkeit von der

Katalysatorkonzcntration. Polymerisationsbedingungen : 1 mol Butandiol; 1 , O l mol Para- formaldehyd; 180 ml Toluol; Tempcratur aufsleigend bis 112°C; p-Toluolsulfonsiiure: 1 - 0,03 mol, 2 - 0,02 mol, 3 - 0,005 mol,

4 - 0.0003 mol

Daraus wird deutlich, dalj die Kondensatiorisgeschwindig- keiten einen weitgehend gleichen Verlauf zeigen. In Ab- weichung davon wird fur die Polyliondensation des Hexandiols mit Formaldehyd in etwa einem Drittel dieser Zeit ein vergleichbarer Umsatz von annahernd 1 0 0 ~ o er- reicht. Weiterhin ist am Beispiel des 1,4-Butandiol zu erkennen, dalj eine Mindestkatalysatorlionzentration von 2,s . mol/l Diol als Voraussetzung fur eine voll- standige Umsetzung gewahrleistet sein muB. Fur die cyclischen Acetale wurden in Ubereinstimmung mit Daten aus der Literatur die in Tabelle 1 angefuhrten Kennwerte ermittelt.

2.2. Die Autopolymerisation cyclischer Forrnale Bei Versuchen zur Herstellung von Oligomeren aus

reinen cyclischen Formalen (98,s bis 99,9yo, Gaschromato- graphie) bei kationischer Initiierung wurden Ergebnisse gefunden, aus denen Hinweise auf eine Veranderung der Realitivitat der Monomere bei ihrer Lagerung abzuleiten waren. Erfolgten die Oligomerisierungen aus der gleichen Monomercharge unter identischen Bedingungen (Kataly- satorkonzentration, Losungsmittel, Temperaturfuhrung)

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V \

3500 3OGO 2500 2000 1503 1OOOcm-1 kWe,mht

Bild 5. IR-Spektren cyclischer Acetale (I, 2) und linearer Oligoacetale (3, 4 , 5) . Aufnahme in Kapillarschicht init Specord

75 IR des VEB Carl Zeiss Jcna

nur um wenige Tage zeitverzogert - bei Aufbewahrung des Monomers im Laboratorium (durchschnittlich 22 "C) - mul3ten hinsichtlich der angestrebten Eigenschaften der Oligomere merkliche Minderungen festgestellt werden (Polymerisationsgrad, kristalliner Anteil, s. Tabelle 2 und Bild 4 ) .

Diese Befunde waren AnlaB zu Untersuchungen uber die Lagerstabilitat cyclischer Formale. Hierbei wurden die Auswirkungen von Veranderungen auf das Polymeri- sationsverhalten speziell am Beispiel DEGF untersucht.

2.3. Die Verunderung physikalischer Eigenschaften cyclischer

Das Eigenschaftsbild cyclischer Formale (s. Tabelle 2) kann mittels Elementaranalyse und, wie aus Bild 5 er- sichtlich, durch IR-spektrosliopische Untersuchungen pra- zisiert werden.

Bei der Lagerung von BGF und DEGF verandern sich deren physikalische Konstanten (z. B. Brechungsindex) zunachst nicht merklich bzw. Anderungen liegen innerhalb der MeBfehlerbreite der angewandten Methoden. Im Gegen- satz zu diesen Befunden ergaben sich erste Anhaltspunkte uber Umwandlungen der Monomere nach der Beobach- tung von Viskositatsanderungen in Abhangiglieit von der Lagerzeit der Formale. Bereits nach einigen Tagen konnten meBbare Viskositatszunahmen registriert werden (Ta- belle 3).

Tabelle 3. Anderung der Viskositut der Formale bei der Lagerung

Formale bei ihrer Lagerung

Lagerungszeit Viskositat in mPa . s

I BGF d I DEGF

I I

5 1 2 22 35

Tcmperatur: 22°C

3,102 I 3,128 3;202 3,206 1

1,368 1,382 1,500 1,582

Die Ursache dieser Anderungen wurde mittels IR- spelctroskopischer Aufnahmen gefunden. Die im Bild 5 gegenubergestellten IR-Spektren zeigen charakteristische Unterschiede fur frisch destilliertes, offenbar unver- andertes, und gelagertes (24 d, 30 "C), wahrscheinlich autopolymerisiertes, DEGF. Die Unterschiede zwischen den Spektren 1 und 2 bzw. 3, 4 und 5 : - Umkehr der Intensitatsverhaltnisse der beiden Banden

im C-H-Valenzschwingungsbereich, - Verschwinden der schwachen Banden bei 2800 und

2 700 cm-l, - Verschwinden der intensiven Bande bei 990 cm-l, - Veranderung der Bandenlage und der Intensitaten im

zeigen, daD diese Anderungen einer Umwandlung der cyclischen Verbindung in lineare Oligomere entsprechen.

Eine durch Spuren von Wasserstoffionen verursachte Ringoffnung bzw. ein der Oligomerisierung vorgelagertes Gleichgewicht (Schema 1) fuhren zum Verbrauch cyclischer Monomere und sind als Ursache fur die Minderung der Monomerrealctivitat bei dem Versuch, sie durch gezielte Ionenkettenpolymerisation in Oligomere mit bestimmtem Polymerisationsgrad umzuwandeln, anzusehen. Dieser Befund lconnte in Versuchen zum Polymerisationsver- halten von unter verschiedenen Bedingungen gelagerten bzw. vorbehandelten cyclischen Formalen bestatigt werden.

Bereich 500.. .700 cm-l,

2.4. Die Verunderung des Polymerisationsverhaltens von Di-

2.4.1. Einfliisse der Lagerungszeit Wird DEGF in Gegenwart von Diethylenglykol als

Promotor in Dichlorethan gelost und bei 50°C mit SbCl, versetzt, erfolgt eine kationisch initiierte Oligomerisierung, deren Verlauf von der Zeitdauer der vorangegangenen Lagerung des Monomers abhangig ist. Die aus kalori- metrischen Messungen erhaltenen hussagen zum Re- aktionsverlauf zeigen (Bilder 6 und 7), daD die Reaktivitat der eingesetzten Monomere mit zunehmender Lagerungs- zeit sinkt. Dabei sind Verzogerungen bis zum Eintritt des Temperaturmaximums (At,,,) starker ausgepragt als Abweichungen der Temperaturspitzen (AT,,,) vonein- ander. Es bestehen entsprechende Abhangiglceiten im Verhalten der A t und A T gegenuber den Lagerungs- zeiten bzw. den davon abhangigen, erhohten Ausgangs- viskositaten (qo) der Monomere.

2.4.2. Der Einflup der erhohten Wasserstoffionenkonzentration

Wie oben beschrieben, werden cyclische Formale in Gegenwart saurer Katalysatoren hergestellt. Konnte der nach dem Abtrennen des Schleppmittels im Produkt verbleibende Kondensationskatalysator im 2 . Reaktions- schritt fur die Oligomerisierung genutzt werden - wie von MANDASESCU u. Mitarb. [6] mitgeteilt - waren damit wichtige technologische Vorteile bei der Einfuhrung eines entsprechenden Verfahrens in die industrielle Nutzung (Einsparung von ProzeBstufen) verbunden. Den hier beschriebenen Untersuchungen zufolge sind derartige Uberlegungen jedoch nicht von Fragestellungen zur Stabilitat der monomeren Formale zu trennen.

ethylenglykolformal bei seiner Lagerung

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-

-

-

-

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800 mPo5

600

v1 R. e

400

200

80 O C

~ 70

3

J . 60

so

40 4 19d,ql0=3,17cP

2000

1500 3 z s 7 1000

* 2

500

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 1i rn in lZ Zeit

Bild 6. Polymerisationsverhalten des DEGF in Abhangigkeit von der Lagerungszeit bei 22 "C. Polymerisationsbedingungen : 40 g DEGF: 10 ml Dichlorethan; 320 mg DEG: 50°C; 1,6 ml

Katalysatorlosung (SbCI,)

-

-

-

-

Ausgangsviskositat 2 i o 3,lO 3,11 3.12 3.13 3,14 3,L5 3,16mP(

I

?OO S

?OO

3 100

0 0 10 20 d

Zeit

Bild 7. Abhangigkeit des Polymerisationsverhaltens des DEGF von der Lagerungszeit bei 22 "C und der davon beeinflufiten Ausgangsviskositat. Polymerisationsbedingungen : 40 g DEGF ; 10 ml Dichlorethan; 320 mg DEG; 50°C; SbCl,. 1 - tmax = f (qo) ; 2 - Zmax = f ( t ) ; 3 - = f i t ) ; 4 - = f (qo)

401

m Pa

v, 3.5

301

700

1 1 1 , 1 1 1 1 1 , 1 1 1 1

I 10 20 d Zeit

Bild 8. Eigenschaften von Oligomeren aus nichtdestilliertem DEGF in Abhangigkeit von der Lagerungszeit des Monomers bei 22 O C in Gegenwart des Kondensationskatalysators (c,+ = 0,625 M01-y~). Polymerisationsbedingungen 3 h, 85°C.

1- rel. Molekulmasse; 2 - Viskositat; 3 - OH-Zahl

Wird DEGF in Gegenwart des bei seiner Bildung ver- wendeten Kondensationskatalysators bei 22 bis 25°C gelagert und dann einem Polymerisationstest unterzogen, ist erkennbar (Bild S), daS fur diese Oligomere schlechtere Produkteigenschaften als fur solche aus frischem Formal gefunden werden (vgl. Tabelle 2 ) . Rel. Molekul- masse und Viskositat sind niedrig. Die OH-Zahl der Produkte steigt an.

Bei einer Lagerung des DEGF bei Wasserstoffionen- konzentrationen > g/l setzt bereits bei niedrigen Temperaturen eine langsame Oligomerisierung ein. Der damit verbundene teilweise Verbrauch an cyclischen Monomeren fuhrt zu einer Beeintrachtigung der mittleren Monomerreaktivitat.

2.4.3. Einfliisse der Temperatur Die bisher beschriebenen Effekte treten bei erhohter

Temperatur starker in Erscheinung. So konnte gezeigt werden, dalj sowohl die Autopolymerisation (siehe Ab- schnitt 2.3.) als auch die langsame Oligomerisierung bei erhohter Wasserstoffionenlronzentration verstarkt auf- treten. Bei Lagerungstemperaturen um 30°C konnte fur DEGF nach 4 h ein Anstieg der rel. Molekulmasse auf 320 nachgewiesen werden (CH+ = g/l), d. h. im Mittel war mindestens eine Dimerisierung eingetreten (Poly- merisationsgrad 2,7). Wird die Vorbehandlung ( 4 h Ruhren) bei 150 "C durchgefuhrt, werden dabei Polymeri- sationsgrade (18 bis 20) erreicht, die beispielsweise eine direkte Verwendung derartiger Produkte als Ausgangs- produkte fur Polyurethane ermoglichen wurden. Cyclische Monomere sind nicht mehr nachweisbar. Ein weiterer Polymerisationsstart durch kationische Initiierung gelingt nicht.

Die Diskussion der Verlaufe von rel. Molekulmasse und Viskositat im Bild 9 fuhrt zur Unterscheidung von zwei voneinander verschiedenen Phasen der Oligomerisierung:

unterhalb 30 "C : langsame Oligomerisierung ; in Gegen- wart von Hf-Spuren Autopolymeri- sation;

0 50 100 150 o c

Temperotur

Bild 9. Eigenschaften von Oligomeren aus DEGF in Abhangig- keit von der Temperatur bei 3 bis 4 h Riihren des Monomers

in Gegenwart von p-Toluolsulfonsaure. - x - Viskositat; - o - rel. Molekulmasse

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oberhalb 40 "C : schnelle Oligomerisierung; bei Wasser- stoffionenkonzentrationen > lk5 g/l Bildung von Polyacetalen, die bei ge- eignetem Kettenabbruch in Diole um- gewandelt werden konnen.

2.4.4. Zum Einflup der Diolstruktur Aus den bisher dargestellten Zusammenhangen zwischen

Monomereigenschaften und Lagerungsbedingungen kann abgeleitet werden, daB die Instabilitat der cyclischen Formale, insbesondere des DEGF, auf einer Umwandlung der Ringstruktur i n lineare Oligomere beruht. Der unter- schiedliche Viskositatsanstieg fur DEGF und BGF (siehe Tabelle 3) nach gleicher Lagerzeit um 3,35% bzw. 15,6% deutet an, daB diese Umwandlung auch von der Struktur der Diole (durch Heteroatome bedingte Polaritat der Kette, zu bildende RinggroBe) abhangig ist. Diese Aussage, die den Erkenntnissen von HILL [5] uber die Grenzen der Bildung cyclischer Acetale entspricht, konnte bei Ver- suchen zur Synthese des Dioxacyclononans bestatigt werden.

Wahrend aus Butandiol-1,4 und Diethylenglyltol mit Paraformaldehyd problemlos cyclische Formale erhalten werden, gelingt dies unter den gleichen Bedingungen (1 mol Diol: 1,01 mol Paraformaldehyd; 0,015 mol Kata- lysator; Toluol; Temperatur von 80°C bis 122°C auf- steigend) aus Hexandiol nicht. Bereits die Beobachtung der Kondensationsgeschwindigkeiten (Abschnitt 2.1., Bild 2) erlaubt die Annahme verschiedener Reaktionsablaufe im Falle der Butandiol- und Diethylenglykol- bzw. Hexandiol-Reaktion mit Paraformaldehyd.

Mit Hilfe von Viskositatsmessungen wurde bestatigt, daB beim Hexandiol die kondensierende Cyclisierung so- fort in eine Oligomerisierung ubergeht (Bild 10). Bereits unter den Bedingungen der Kondensationsrealttion werden Oligomere mit folgenden Eigenschaften erhalten :

rel. Molekulmasse (osmotisch) 2 370 OH-Zahl 61,4 Viskositat (30°C) 17800 mPa s Saurezahl 0,82

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daB die Untersuchungen zur Lagerstabilitat cyclischer Formale folgende Erkenntnisse erbrachten :

1. Dioxacycloallcane unterliegen einer Autopolymerisation ; bei hoherer Wasserstoffionenkonzentration wird ein wei- terer Anstieg des Polymerisationsgrades festgestellt.

2. Die damit gegebene Instabilitat wird bestimmt von der Moglichkeit einer Ringspaltung. Dieser ProzeB ist abhangig von

- der Lagerungsdauer, - der bestehenden Wasserstoffionenkonzentration

- der Lagerungstemperatur und - der Struktur des cyclischen Formals bzw. der ent-

Wassergehalt O , W O

(Spuren) im Monomer,

sprechenden Diole.

I .

3000 i mpal 2000

i"

:;./ -,-- *- - * - - 1 , 0 10 20 30 40 50 60min 70

Zeit

Bild 10. Bnderung der Viskositat des reagierenden Systems bei der Kondensationsreaktion zwischen Paraformaldehyd und Diolen. 2 mol Diol, 2,Ol mol Paraformaldehyd, 0,015 mol p- Toluolsulfonsaure, 180 ml Toluol. 1 - Diethylenglykol,

2 - Hexandiol

Diese Zusammenhange fugen sich in die von verschiedenen Autoren [7-121 formulierten Auffassungen zur kationi- schen Polymerisation von Verbindungen vom Typ der cyclischen Formale, Oxirane, Oxetane, Thiirane, Aziridine und beispielsweise speziell des 1,3-Dioxacycloundecans, 1,3,6,9-Tetraoxacycloundecans usw. iiber cyclische Zwi- schenstufen bzw. zu quasi-alternierenden Copolymeren von Formaldehyd und den entsprechenden Diolen ein.

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Eingegangen am 28. August 1978