otosklerose und knorpel der labyrinthkapsel

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358 ~.W~B~R: 42. M. WlEB]~R-Karlsruhe : 0tosklerose and Knorpel der Labyrinthkapsel In Erg~nzung zu meinem auf dem 7. interna~ionalen KongreB der Oto-, l~hino-, Laryngologie am 24. Juli 1961 in Paris zu erstattenden l~eferat fiber die Histopathologie der Otosklerose, in dem die Knoehen- ver~nderungen im Vordergrund stehen, habe ich eine besondere Arbeit fiber Otosklerose und Knorpel der Labyrinthkapsel verfal~t, die zum internationalen Kongrel] in Paris in der Zeitsehrift ffir Laryngologie, l~hinologie and Otologie erscheinen soll. Aus dieser Arbeit wird hier ein kurzer Auszug gegeben, der dutch neun Diapositive 1 erl~utert wird. Die Labyrinthkapsel ist bekanntlich knorplig vorgebildet, ebenso wie die langen RShrenknochen. Es is~ daher reizvoll, die enchondrale Ossi- fikation der langen RShrenknochen mit derjenigea der enchondralen Schicht der Labyrinthkapsel zu vergleichen. Bei den langen RShren- knochen entwickelt sich zuni~chst ein knorpliges Modell. Vom Periost aus dringen Gef/~13e -- etwa in der Mitre der Diaphyse -- ein. So kommt es im Knorpel zum primordialen Markraum. 1. Enchondrale Ossi/ikation eines langen RShrenknochens beim mensch- lichen Foet. -- Im obersten Teil des Brides lieg~ ruhender Knorpel. Die Knorpelzellen liegen unauff~llig neben- und durcheinander in der Knorpelgrundsubstanz. Dann ordnen sie sich zum S~ulenknorpel. Sie werden gro$ und blasenfSrmig. Es bildet sich der sogenannte Blasen- knorpel ; dazwischen liegt verkalkte Knorpelgrundsubstanz. Vom primor- dialen Markraum her werden die Zellen des Blasenknorpels erSffnet; und schliel~lich wird auf die Reste der verkalkten Knorpelgrundsubstanz Knochen abgelagert. Auch bei der Labyrinthkapsel dringen yore Perios~ her Gefal]e in das Knorpelmodell ein, und zwar an mehreren Stellen. So bilden sieh mehrere primordiale Markr~ume, d.h. mehrere Verkalkungspunkte, und als Folge davon aueh mehrere VerknSeherungspunkte. I~ach WILSO~ gibt es 14 solche VerknScherungspunkte in der Labyrinthkapsel. Zwischen die- sen VerknSchel~ngspunkten bleiben grSl]ere Knorpelreste liegen. 2. Liegengebliebener Knorpelrest in der Labyrinthkapsel beim neu- geborenen Menschen (Oberer Teil). -- Im oberen Tell des Brides liegt ruhender Knorpel. Dann verka]kt die Knorpelgrundsubstanz. Aber ein S/~ulenknorpel finde~ sich nicht, wohl weft sta~ische Druckkr~fte in der Labyrinthkapsel fehlen. Darin liegt der Unterschied zum langen RShren- knoehen. 3. Unterer Tell des zweiten Bildes nach dem primordialen Markraum zu. -- Deutlich siehtbar ist die verkalkte Knorpelgrundsubstanz, die den sehr ausgepr~gten Blasenknorpel umgibt. In der N/~he des primordialen 1 Die demonstrierten farbigen MJkrophotographien wurden mit dem vollauto- matischen Photomikroskop yon Carl Zeiss in Oberkochen/Wiirttemberg hergestellt.

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358 ~.W~B~R:

42. M. WlEB]~R-Karlsruhe : 0tosklerose and Knorpel der Labyrinthkapsel

In Erg~nzung zu meinem auf dem 7. interna~ionalen KongreB der Oto-, l~hino-, Laryngologie am 24. Juli 1961 in Paris zu erstattenden l~eferat fiber die Histopathologie der Otosklerose, in dem die Knoehen- ver~nderungen im Vordergrund stehen, habe ich eine besondere Arbeit fiber Otosklerose und Knorpel der Labyrinthkapsel verfal~t, die zum internationalen Kongrel] in Paris in der Zeitsehrift ffir Laryngologie, l~hinologie and Otologie erscheinen soll. Aus dieser Arbeit wird hier ein kurzer Auszug gegeben, der dutch neun Diapositive 1 erl~utert wird.

Die Labyrinthkapsel ist bekanntlich knorplig vorgebildet, ebenso wie die langen RShrenknochen. Es is~ daher reizvoll, die enchondrale Ossi- fikation der langen RShrenknochen mit derjenigea der enchondralen Schicht der Labyrinthkapsel zu vergleichen. Bei den langen RShren- knochen entwickelt sich zuni~chst ein knorpliges Modell. Vom Periost aus dringen Gef/~13e -- etwa in der Mitre der Diaphyse -- ein. So kommt es im Knorpel zum primordialen Markraum.

1. Enchondrale Ossi/ikation eines langen RShrenknochens beim mensch- lichen Foet. -- Im obersten Teil des Brides lieg~ ruhender Knorpel. Die Knorpelzellen liegen unauff~llig neben- und durcheinander in der Knorpelgrundsubstanz. Dann ordnen sie sich zum S~ulenknorpel. Sie werden gro$ und blasenfSrmig. Es bildet sich der sogenannte Blasen- knorpel ; dazwischen liegt verkalkte Knorpelgrundsubstanz. Vom primor- dialen Markraum her werden die Zellen des Blasenknorpels erSffnet; und schliel~lich wird auf die Reste der verkalkten Knorpelgrundsubstanz Knochen abgelagert.

Auch bei der Labyrinthkapsel dringen yore Perios~ her Gefal]e in das Knorpelmodell ein, und zwar an mehreren Stellen. So bilden sieh mehrere primordiale Markr~ume, d.h. mehrere Verkalkungspunkte, und als Folge davon aueh mehrere VerknSeherungspunkte. I~ach WILSO~ gibt es 14 solche VerknScherungspunkte in der Labyrinthkapsel. Zwischen die- sen VerknSchel~ngspunkten bleiben grSl]ere Knorpelreste liegen.

2. Liegengebliebener Knorpelrest in der Labyrinthkapsel beim neu- geborenen Menschen (Oberer Teil) . -- Im oberen Tell des Brides liegt ruhender Knorpel. Dann verka]kt die Knorpelgrundsubstanz. Aber ein S/~ulenknorpel finde~ sich nicht, wohl weft sta~ische Druckkr~fte in der Labyrinthkapsel fehlen. Darin liegt der Unterschied zum langen RShren- knoehen.

3. Unterer Tell des zweiten Bildes nach dem primordialen Markraum zu. -- Deutlich siehtbar ist die verkalkte Knorpelgrundsubstanz, die den sehr ausgepr~gten Blasenknorpel umgibt. In der N/~he des primordialen

1 Die demonstrierten farbigen MJkrophotographien wurden mit dem vollauto- matischen Photomikroskop yon Carl Zeiss in Oberkochen/Wiirttemberg hergestellt.

OtoskIerose und Knorpel der Labyrinthkapsel 359

Markraumes finder eine Er6ffnung der Blasenknorpelzellen durch ein- wachsende Gef~l]sprosse start.

4. Blasenknorpel der Labyrinthkapsel, umgeben yon verkal]cter Knorpel- grundsubstanz, bei 8tdrlcerer Vergr6flerung. -- Auffallend ist die bizarre Form der blasig aufgetriebenen Knorpelzellen. In den erweiterten Knorpelzell- h6hlen liegen mitunter mehrere Vacuolen, manchmal ~uch zwei grol3e Kerne. Sehliel31ieh werden diese blasig aufgetriebenen KnorpelzeIlh6hlen veto Markraum her durch Gef/~Bsprosse er6ffnet.

5. Anlagerung von Knochen au] die iibriggebliebene verkalkte Knorpel- grundsubstanz. -- Friiher daehte man, dab sich dutch einen metaplastischen Vorgang Knorpelzellen in Knochenzellen umwandeh. Das ist aber nicht der Fall. Die beim Blasenknorpel aufgebl~hten KnorpelzellhShlen wer- den vielmehr durch Gef~Be er6ffnet und aufgel6st. Und in die leeren KnorpelzellhShlen hinein wird Knoehen abgelager~. So ents~ehen die knorpligen Interglobularr~ume (M~Ass~) . Dadurch, da~ ausgehSMte Knorpelzellh6hlen mit Knochen geffillt werden, kann es im Schnitt so aussehen, als ob Knochenkugeln im Knorpel l~gen (Globuli ossei). In Wirklichkeit handelt es sich aber nicht um Knorpel, denn es fehlen die Knorpelzellen. Es liegt vielmehr der Knochen in und urn Reste verkalkter Knorpelgrundsubstanz. Die knorpligen Interglobularr~ume und die Globuli ossei charakterisieren die enchondrale Sehicht der Labyrinth- kapsel; sie bleiben deft zeitlebens liegen. Ffir die Entstehung der Oto- sklerose haben diese Gebilde aber keine besondere Bedeutnng.

Wichtiger sind dagegen die sogenannten Fissuren, die liegengeblie- benen grSfleren Knorpelreste und aueh der neugebildete neoplastische Knorpel. Diese Gebilde wurden znerst yon P~ozzI , OTTO MAY~, EOK]~RT-M6BI~S, KOSOKABE and anderen studiert und im letzten Dezennium erneut yon den beiden nordamerikanischen Anatomen BAST u. ANSON untersucht, die ihre jahrelangen sorgf/~ltigen Forsehungs- ergebnisse in dem 1949 (bei Charles C. Thomas in Springfield, Illinois) erschienenen Buch "The temporal bone and the ear" niedergelegt haben. Diese Ausfiihrungen sind auch heute noeh maBgebend.

6. Fissula ante/enestram. -- Vom Vestibulum her zieht ein bindegewe- biger Strang in den Knochen der Labyrinthkapsel hinein, and zwar vor dem ovalen Fenster. In der Konvexits dieses gebogenen Stranges finder sieh ein gr68erer Knorpelrest. Auch neuer Knorpel kann hier gebildet werden, aueh im UbersehuI~. Das ist vollkommen normal.

Abet BAST U. A~so~ haben an seehs Stellen im Bereich der Fissula ante fenestram abnormale Knorpelmassen gefunden. Und es hat sich herausgestell~, dal] die ganze Gegend der Fissula ante fenestram histo- logisch reeht unstabil ist. Dort im Bereieh der Fissnla ante fenestram finden sieh 800/0 aller Otoskleroseherde, was wohl kein Zufall ist, wenn man die Histologie und Pathologie dieser Gegend in Rechnung setzt.

360 K. FLnISC~nR:

BAST und A~so~ haben weiterhin die Entwicklung der Fossula post ]enestram studiert, die bereits 1890 yon SI]~B]~Ze~A~N besehrieben wurde, eine eigentiimliche blindsackartige Einstiilpung vom Periost her zuerst in den Knorpel und sp/~ter in den Knochen der Labyrinthkapsel. Weitere Knorpelregionen sind: die infracoehleare Region, der basale Teil des Proeessus styloides, die Gegend der Sutura petrosquamosa, der Bogen- gangsbereich, das runde Fenster, der Knorpel im Rahmen des ovalen Fensters, die knorplige Umrandung der StapesfuBplatte.

In den genannten Knorpelgebieten komrat es zu St6rungen, wenn der Xnorpel versp/~tet verkalkt bzw. verknSchert, wobei es nicht entsehei- dend ist, ob es sich am alten oder neugebildeten Knorpel handelt. Diese St6rungen im Knorpel k6nnen Veranlassung zur Entstehung der Oto- sklerose sein.

7. GrSfierer liegengebliebener Knorpelrest mit einem daran hgingenden Otoskleroseherd. -- An einen gr6Beren Knorpelrest sehlieBt sich ein Oto- skleroseherd unmittelbar an. Daraus ergibt sich, dab in unmittelbarem Zu- sammenhang mit einem Knorpelrest sich eine Otosklerose entwiekeln kann.

8. Wiedergabe der Photographie eines Wachsplattenmodelles mit Blick au] die Stapes/ufiplatte vom Vestibulum her (aus dem Buche yon BAST und A~so~, dort S. 361, Abb. 155). -- Der Knorpel ist dunkel getSnt. So sind die Knorpelreste im Bereich des ovalen Fensters und des Steig- biigels deutlich zu erkennen. Diese Knorpelgebiete k6nnen also Ausgangs- punkte yon Otoskleroseherden sein.

9. Otos/cleroseherd am Rande des ovalen Fensters. Keine Stapesan/cylose. EEin jugendlicher Otoskleroseherd am Rande des ovalen Fensters in der Gegend der Fissula ante fenestram. Das Ringband ist frei yon 0toskle- rosa. Aber in der Knorpelumrahmung der StapesfuBplatte findet sieh eine kleine Knorpelverkalkungszone. Die Knorpelzellen sind dort etwas vergr613ert, blasig, und die Knorpelgrundsubstanz dazwischen ist ver- kalkt. Derartige Knorpelverkalkungen sind als Vorl/iufer yon Ver- kn6cherung anzusehen. Daraus ist zu sehlieBen, dab dann, wenn der Prozel~ im Knorpelrand der SteigbiigelfuBplatte fortschreiten sollte, bier eine Stapesankylose entstehen k6nnte.

Die demonstrierten neun Bilder sollten nut knrz auf die Arbeit Otoskierose und Knorpel der Labyrinthkapsel hinweisen, die in der Juli-Nummer der Zeitschrift fiir Laryngologie, Rhinologie und 0tologie erscheinen soll und dort in extenso nachgelesen werden kann.

43. K. FL]~ISCUER-Berlin: Pneumatisation bei 0tosklerose (Mit 1 Text- abbildung)

Die Frage, ob es bei der Otosklerose eine typische bzw. iiberwiegend zu beobaehtende Pneumatisationsform gibt und wie diese beschaffen ist,