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Prof. Dr. R. Nickolaus Institut für Erziehungswissenschaft und Psychologie 1 Organisatorisch-institutionelle Aspekte beruflicher Bildung BWP II

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Prof. Dr. R. Nickolaus

Institut für Erziehungswissenschaft

und Psychologie

1

Organisatorisch-institutionelle Aspekte beruflicher Bildung – BWP II

Prof. Dr. R. Nickolaus

Institut für Erziehungswissenschaft

und Psychologie

2

Programm

1. Einführung in das Berufsbildungssystem

2. Das System beruflicher Bildung in der BRD

2.1 Gesellschaftstheoretische Aspekte des Lehrens und Lernens

2.2 Organisationstheoretische Aspekte des Lehrens und Lernens

2.3 Die Struktur schulischer und betrieblicher Berufsausbildung

2.4 Steuerungsinstrumente schulischer und betrieblicher Berufsausbildung

2.5 Berufliche Weiterbildung

3. Das deutsche Berufsbildungssystem im internationalen Vergleich

4. Aktuelle Entwicklungstendenzen beruflicher Ausbildung (Perspektiven des dualen

Systems)

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3

1. Einführung in das Berufsbildungssystem

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4

Ziele der Veranstaltung

1. Überblick zum Aufbau und der neueren Entwicklung des Berufsbildungssystems

- grundlegende Orientierung zum künftigen Tätigkeitsfeld

- Relevanz des organisatorischen Rahmens für die Gestaltung von Lehr-

Lernprozessen

2. Überblick und punktuell vertiefte Einblicke in die Wechselwirkung zwischen

beruflichem Bildungssystem und anderen gesellschaftlichen Subsystemen

- gesellschaftliche Funktion des Bildungssystems

- Lehrende als Betroffene solcher Wechselwirkungen

- Relevanz der Wechselwirkungen für die Weiterentwicklung des

Berufsbildungssystems

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1.1 Begriffserklärung System

System : Bezeichnung für eine aus in gegenseitiger Beziehung stehenden

Elementen aufgebauten Einheit, die mit ihrem Umfeld in Austausch steht.

Fragen:

Was sind die Elemente des Berufsbildungssystems?

In welcher Beziehung stehen die Elemente zueinander?

In welchem Austauschverhältnis steht das Berufsbildungssystem zu seinem Umfeld?

Weshalb ist das Berufsbildungssystem so gestaltet, wie es ist?

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1.2 Elemente des Berufsbildungssystems

Personen

Akteure

Institutionen (i.e.S)

(Schulen, Schulformen, betr. Aus- u. Weiterbildungseinrichtungen; außerbetriebliche Einrichtungen)

Rechtliche

Steuerungsmittel

Handlungsprogramme

(Did.-meth. Ansätze; Auswahl-u. Bewertungsverfahren etc.)

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1.3 Das System beruflicher Bildung(1)

1. Subsysteme

a) Berufliche Ausbildungssysteme

- duales System

- schulische, nichtakademische Berufsausbildung (berufliche Vollzeitschulen)

- außerschulische Berufsausbildung

- berufliche Rehabilitation

- Umschulung

- akademische Berufsausbildung

b) Berufliche Weiterbildung (Strukturierungsmöglichkeiten)

- betriebliche Weiterbildung

- außerbetriebliche berufliche Weiterbildung (freie Träger/ Schulen)

- Aufstiegsfortbildung

- Anpassungsfortbildung

- Umschulung

- Führungskräfteweiterbildung

- Weiterbildung für…

- berufliche Erwachsenenbildung

- thematische Ausdifferenzierungen

---------

Personal- und Organisationsentwicklung

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2. Elemente der Subsysteme

- Lehrkräfte

- Akteure

- Lernende

- Steuerungselemente (z.B. Ziele, Inhalte, Organisation)

- personelle/sachliche Ressourcen

- Institutionen (z.B. spezielle Schulen, Module etc.)

- Handlungsprogramme

Austausch des Bildungssystems mit anderen gesellschaftlichen Subsystemen,

gesellschaftliche und pädagogische Funktionen?

1.3 Das System beruflicher Bildung(2)

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1.4 Beispiel für die Ergiebigkeit der Analysefragen(1)

In welcher Beziehung stehen die Elemente zueinander?

Beispiel duales System

Berufsschule Betrieb (Betriebliche Ausbildung)

Lehrende Lehrende

Lernende Lernende

formelle

informelle

formelle

informelleSteuerungselemente

Lehrende Lehrendeformelle - informelle

überbetriebliche Ausbildung

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Bezüge zwischen den Steuerungsinstrumenten

• Orientierung des LP an AO

• Organisation folgt z.T. betr. Bedürfnissen

• Diskrepanz a) Tüchtigkeit auf Betrieb bezogen

b) Tüchtigkeit und Mündigkeit auf Beruf bezogen

1.4 Beispiel für die Ergiebigkeit der Analysefragen(2)

Bezüge zwischen den Lehrenden (Lernortkooperation)

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1.5 Austauschbeziehungen des Berufsbildungssystems mit

angrenzenden Subsystemen

Input?

Output?

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2. Das System beruflicher Bildung in der BRD

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13

2.1 Gesellschaftstheoretische Aspekte des Lehrens und Lernens

2.2 Organisationstheoretische Aspekte des Lehrens und Lernens

2.3 Die Struktur schulischer und betrieblicher Ausbildung

2.4 Steuerungsinstrumente schulischer und betrieblicher Berufsausbildung

2.5 Berufliche Weiterbildung

2. Das System beruflicher Bildung in der BRD

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SCHULEXTERNE BEREICHE SOZIALISATIONSEFFEKT SCHULSYSTEM

Berufs- und

Beschäftigungssystem

(Produktionssektor)

Sozialstruktur

(z.B. Klassen-

antagonismus)

Politisches System

Gesellschaftl. Herrschafts-

verhältnisse

Allgemeine

Qualifikationen zur

gesell-

schaft-

lichen

Teilhabe

Berufliche

Qualifika-

tionen,

Arbeitsver-

mögen

Stellung im

Schulsystem

Schulabschluss

Politische

Orientierunge

n

System-

stabilisierende

Normen und

Werte

Interpretationssysteme

Lehre und Unterricht

Prüfungen

Berechtigungen

„Schulleben“

Rollenerwartung

Qualifikations

funktion

Selektions- und

Allokationsfunktion

Integrations-

funktion

Legitimations-

funktion

+

Quelle: Fend, H.(1974): Gesellschaftliche Bedingungen schulischer Sozialisation. Weinheim u. Basel. S.67

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Funktionen des Berufsbildungssystems (2/2)

Zu 1)

• Qualifikationsfunktion:= Vermittlung von Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnissen, die

zur Ausübung konkreter Arbeit und zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erforderlich

sind.

Zu 2)

• Allokationsfunktion:= Zuweisung bzw. Verteilung von Schülern (Arbeitskräften) mit

bestimmten Qualifikationen in (auf) bestimmte soziale (berufliche) Positionen in

Abhängigkeit von (vermeintlichen oder tatsächlichen) Funktionsnotwendigkeiten des

Arbeitsmarktes.

• Selektionsfunktion:= Auswahl der Schüler (Auszubildenden) zur Zuweisung in bestimmte

Positionen nach Merkmalen wie „Tüchtigkeit“, „Leistung“ und „Begabung“.

Zu 3)

• Integrationsfunktion:= Vorbereitung zur Aufnahme als vollwertiges (berechtigtes) Mitglied

in die Gesellschaft.

• Legitimationsfunktion:= Reproduktion von solchen Normen, Werten und

Interpretationsmustern, die zur Sicherung wünschenswerter Herrschaftsverhältnisse dienen.

In pädagogischer Perspektive käme die Bildungs- oder auch pädagogische Funktion hinzu! (in Anlehnung an Fend,H.: Gesellschaftliche Bedingungen schulischer Sozialisation, Weinheim u. Basel, 1974, S.65ff und

Lempert, W.:Franzke,R.: Die Berufserziehung, München 1976, S.141f.)

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Funktionen des Berufsbildungssystems (1/2)

Das Berufsbildungssystem erfüllt für das Beschäftigungssystem dieselben Funktionen

wie das Gesamtbildungssystem für die Gesamtgesellschaft:

1. Qualifikationsfunktion

2. Allokations- und Selektionsfunktion Reproduktionsfunktionen

3. Integrations- und Legitimationsfunktion

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Thesen zur Institutionalisierung der gewerblichen Berufsschule

1. Die gewerbliche Fortbildungs- bzw. Berufsschule wurde vor allem als Mittel der Gewerbeförderung eingerichtet.

2. Die Einrichtung der gewerblichen Fortbildungsschule ist in erster Linie als Antwort auf die Bedrohung des Handwerks durch Gewerbefreiheit und staatliche Industrialisierungspolitik zu interpretieren.

3. Es handelt sich bei der Einrichtung dieser Schulen um eine Reaktion auf veränderte Produktionsbedingungen und Abläufe und die daraus erwachsende Notwendigkeit, systematisches, methodisch-strenges Fachwissen außerhalb des Arbeitsprozesses zu vermitteln.

4. Die Einrichtung der Berufsschule und ihrer Vorläufer war die Konsequenz aus der Einsicht, dass 13 – 14 jährige Lehrlinge noch der pädagogischen Betreuung bedurften, wenn sie als Lehrlinge oder jugendliche Arbeiter tätig wurden und

5. sowohl die allgemeine wie auch die beruflich gegliederte Fortbildungsschule waren daraufhin angelegt, die kleinbürgerlichen und proletarischen Jugendlichen in die bürgerliche Gesellschaft und in ihr Wertesystem zu integrieren, sie wurden beide trotz unterschiedlicher didaktischer Struktur von den gesellschaftlichen Gruppierungen, die ihre Entwicklung beeinflussten und förderten, vor allem als Mittel der ideologischen Manipulation und sozialen Kontrolle verstanden. (Greinert 1975, S.101)

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Zur Legitimationsfunktion

„Die in den letzten Jahren hervortretenden Differenzen zwischen Arbeitgebern und

Arbeitnehmern haben der königlichen Kommission für die gewerblichen

Fortbildungsschulen den Gedanken nahe gelegt, schon beim Unterricht der gewerblichen

Jugend in den Fortbildungsschulen darauf hinzuwirken, dass sie einen „richtigen Einblick“

in das wirtschaftliche Leben bekommen und die Überzeugung gewinnen, dass die Arbeit

eines jeden, sei er reich oder arm, die Grundlage des allgemeinen Wohles bildet, dass

der Besitz der Reichen auch den Armen zugute kommt, dass endlich die richtige Leitung

und Entwicklung der Tätigkeit des Einzelnen die Ungleichheiten im Besitz der Menschen

ihren Leistungen für das Gemeinwohl entsprechend unaufhörlich ausgleicht.“

(Gewerbeblatt 1873, S. 74)

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Erlass Wilhelms II. zur Bekämpfung sozialistischer und

kommunistischer Ideen durch die Schule und

Ausführungsbestimmungen (1889)

Schon längere Zeit hat mich der Gedanke beschäftigt, die Schule in ihren einzelnen Abstufungen nutzbar

zu machen, um der Ausbreitung sozialistischer und kommunistischer Ideen entgegenzuwirken. In erster

Linie wird die Schule durch Pflege der Gottesfurcht und der Liebe zum Vaterlande die Grundlage für eine

gesunde Auffassung auch der staatlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse zu legen haben. Aber ich

kann mich der Erkenntnis nicht verschließen, dass in einer Zeit, in welcher die sozialdemokratischen

Irrtümer und Entstellungen mit vermehrtem Eifer verbreitet werden, die Schule zur Förderung der

Erkenntnis dessen, was wahr, was wirklich und was in der Welt möglich ist, erhöhte Anstrengungen zu

machen hat. Sie muss bestrebt sein, schon der Jugend die Überzeugung zu verschaffen, dass die Lehren

der Sozialdemokratie nicht nur den göttlichen Geboten und der christlichen Sittenlehre widersprechen,

sondern in Wirklichkeit unausführbar und in ihren Konsequenzen dem Einzelnen und dem Ganzen gleich

verderblich sind. Sie muss die neue und die neuste Zeitgeschichte mehr als bisher in den Kreis der

Unterrichtsgegenstände ziehen und nachweisen, dass die Staatsgewalt allein dem Einzelnen seine Familie,

seine Freiheit, seine Rechte schützen kann und der Jugend zum Bewusstsein bringen, wie Preußens

Könige bemüht gewesen sind, in fortschreitender Entwicklung die Lebensbedingungen der Arbeiter zu

heben, von den gesetzlichen Reformen Friedrichs des Großen und von Aufhebung der Leibeigenschaft an

bis heute. Sie muss ferner durch statistische Tatsachen nachweisen, wie wesentlich und wie konstant in

diesem Jahrhundert die Lohn- und Lebensverhältnisse der arbeitenden Klassen unter diesem

monarchischen Schutze sich verbessert haben.

Quelle: Schepp, H.H.; Michael, Berthold (Hrsg.): Politik und Schule von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart, Bd.

1. Frankfurt 1973, S. 409

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Ungleich ist der Mensch Los,

Der ist niedrig, der ist groß.

Murre deines Standes nicht,

Leist willig deine Pflicht.

Schullied Ende 19. Jh. Zit. nach Geissler 1996, ZBW 1/96, S.25

Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. Aug. 1919

(mit Änderungen bis zum 1. Aug. 1931)

Artikel 148

In allen Schulen ist sittliche Bildung, staatsbürgerliche Gesinnung, persönliche und berufliche Tüchtigkeit im Geiste des deutschen Volkstums und der Völkerversöhnung zu erstreben.

Beim Unterricht in öffentlichen Schulen ist Bedacht zu nehmen, dass die Empfindungen Andersdenkender nicht verletzt werden.

Staatsbürgerkunde und Arbeitsunterricht sind Lehrfächer der Schulen. Jeder Schüler erhält bei Beendigung der Schulpflicht einen Abdruck der Verfassung.

Das Volksbildungswesen, einschließlich der Volkshochschulen, soll vom Reich, Ländern und Gemeinden gefördert werden.

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Der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule ist in Art. 12 LV niedergelegt. Er lautet:

„Die Jugend ist in der Ehrfurcht vor Gott, im Geiste der christlichen Nächstenliebe, zur

Brüderlichkeit aller Menschen und zur Friedensliebe, in der Liebe zu Volk und Heimat, zu

sittlicher und politischer Verantwortlichkeit, zu beruflicher und sozialer Bewährung und zu

freiheitlicher demokratischer Gesinnung zu erziehen.“ In den Bildungsplänen für die

verschiedenen Schularten wird dieser allgemeine Auftrag vertieft und der individuellen

Aufgabe der einzelnen Schulart entsprechend entwickelt und ausgestaltet (vgl. u. a.

Bildungsplan für die Volksschulen vom 10.1.1958 – A. Bl. 58, S.140- , SchRBW III B I S.

101; Bildungspläne für Gymnasien vom 4.2.1957 – A. Bl. 57, S.163-, SchRBW

Quelle: Hochstetter, Herbert: Gesetz zur Vereinheitlichung und Ordnung des Schulwesens in Baden-Württemberg.

Stuttgart 1964, S.13

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Vorbemerkungen Die Bildungs- und Erziehungsziele des Faches Gemeinschaftskunde orientieren sich unabdingbar an den im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und in der Verfassung des Landes Baden-Württemberg niedergelegten Normen und Werten. Im Raum der Schule ergaben sich daraus für das Fach Gemeinschaftskunde folgende Postulate, wie sie in § 1, Abs.2 des Schulgesetzes für Baden-Württemberg festgelegt sind:

„… die Schüler in Verantwortung vor Gott, im Geiste christlicher Nächstenliebe, zur Menschlichkeit und Friedensliebe, in der Liebe zu Volk und Heimat, zur Achtung der Würde und der Überzeugung anderer, zu Leistungswillen und Eigenverantwortung sowie zu sozialer Bewährung zu erziehen und in der Entfaltung ihrer Persönlichkeit und Begabung zu fördern, zur Anerkennung der Wert- und Ordnungsvorstellungen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu erziehen, die im einzelnen eine Auseinandersetzung mit ihnen nicht ausschließt, wobei jedoch die freiheitlich-demokratische Grundordnung, wie im Grundgesetz und Landesverfassung verankert, nicht in Frage gestellt werden darf…“.

Ziel der politischen Bildung ist die freie Entscheidung des Schülers für die plurale, repräsentative, rechts- und sozialstaatliche Demokratie im Rahmen des grundgesetzlichen Wertesystems zu ermöglichen. Über die Vermittlung von Wissen und Kenntnissen hinaus soll die politische Bildung den Schüler befähigen, selbständig und kritisch zu urteilen, rational zu entscheiden und in sozialer Verantwortung zu handeln.

Quelle: Kultus und Unterricht. Lehrplanheft 22 / 1979, S. 123

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Erziehungs- und Bildungsziele im Schulgesetz Baden-Württemberg

• Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten

• Die Schule ist gehalten

in Verantwortung vor Gott, im Geiste christlicher Nächstenliebe und in Liebe zu Volk und

Heimat zu erziehen zu(r)

- Menschlichkeit, Friedensliebe

- Zur Achtung der Würde und Überzeugung anderer

- Zu Leistungswillen, Eigenverantwortung und sozialer Bewährung

- Förderung der Persönlichkeit und Begabung

- Anerkennung der Wert- und Ordnungsvorstellungen der freiheitlich-demokratischen

Grundordnung

- Vorbereitung auf die Wahrnehmung verfassungsmäßiger Rechte und Pflichten (inkl.

dazu notwendiger Urteils- und Entscheidungsfreiheit)

- Vorbereitung auf die Lebensaufgaben und die Anforderungen der Berufs- und

Arbeitswelt

§1 Schulgesetz für Baden-Württemberg (Holfelder/Bosse 1993, S.15)

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Im betrieblichen Feld häufig eingeforderte normative

Orientierungen

Zuverlässigkeit

Pünktlichkeit

Ehrlichkeit

Flexibilität

Teamfähigkeit

Identifikation mit dem Betrieb

Mechanismen zur Sicherung dieser Orientierungen

• Auswahl der Auszubildenden und des Personals

• Spezielle Veranstaltungen zur Bindung an das Unternehmen

• Ausbildungs- und Weiterbildungsveranstaltungen

• Einforderung im Arbeitsprozess

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Ausbildung: Was Lehrlinge können sollten

Personalverantwortliche erwarten von ihren Azubis

Grundlegende Beherrschung der deutschen

Sprache in Wort und Schrift

Lern- und Leistungsbereitschaft

Grundlegende Beherrschung einfacher

Rechentechniken

Grundlegende Beherrschung einfacher

Rechentechniken

Lern- und Leistungsbereitschaft Grundlegende Beherrschung der deutschen

Sprache in Wort und Schrift

Zuverlässigkeit, Qualitätsbewusstsein und

Verantwortungsbereitschaft

Zuverlässigkeit, Qualitätsbewusstsein und

Verantwortungsbereitschaft

Kooperationsbereitschaft und Teamfähigkeit Kooperationsbereitschaft und Teamfähigkeit

Selbständigkeit, Initiative und Kreativität Ausdauer, Durchhaltevermögen und

Belastbarkeit

Kunden- und Service- Orientierung Selbständigkeit, Initiative und Kreativität

Ausdauer, Durchhaltevermögen und

Belastbarkeit

Konflikt-, Kritikfähigkeit und

Selbstbewusstsein

Kaufmännische Berufe Industriell-technische Berufe

2

1

3

4

5

6

7

8

Rang

Quelle: IHK zu Köln 1999 Institut der deutschen Wirtschaft Köln

Aus: IWD.Jahrgang 26 vom 15.7.2000. S.8

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Schaubilder zur Selektions- und Allokationsfunktion des Bildungssystems

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Thesen zur Selektions- und Allokationsfunktion des Schulsystems

1. Die Schule dient als Vehikel zur Reproduktion der Sozialstruktur, wobei die

Dreigliedrigkeit des Schulwesens den ständischen Aufbau der Sozialstruktur

widerspiegelt.

2. Die Schule dient als Instanz der permanenten Umverteilung von Sozialchancen,

nicht Kriterien wie soziale Herkunft, Geschlecht, Religionszugehörigkeit u.a.

entscheiden über den zu erlangenden Status, sondern schulische Leistung.

Frage: Welche der Thesen ist zutreffend und wie könnten die Thesen überprüft

werden?

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28

Mobilität

t1, G1, S1

Stellung der Eltern in

der Sozialstruktur

t2, G2, S2

Stellung der Kinder in

der Sozialstruktur

Erreichte

Abschlüsse der

Kinder im

Schulsystem

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Abb. 11: Schichtungsmodelle der deutschen Gesellschaft nach 1945Janowitz (105) Selbsteinschätzung nach

Janowitz

Moore/ Kleining („SSE“,

155)

Scheuch („Kölner Index“,

195)

OM 4,6% Oberschicht 1,9% O 1% O 2,6%

OM 5%Mittelschicht 43,2% OM 9,9%

UM 38,6%MM 15%

MM 18,9%

UM 30%

UM 23,3%

Arbeiterschicht 48,5%

OU 13,3%

OU 28% OU 33,6%

UU 38,6%

MU 10,2%UU 17%

Unterschicht 5,3% UU 0,6%

Unbekannt 4,9% SV 4% Unbekannt 0,9%Keine Angaben 1,1%

O = Oberschicht, OM= Obere Mittelschicht, MM = Mittlere Mittelschicht, UM= Untere Mittelschicht, OU=

Obere Unterschicht usw. SV= Sozial Verachtete.

Quelle: Fend, Helmut: Gesellschaftliche Bedingungen schulischer Sozialisation, BeltzVerlag: Weinheim 1974

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Tabelle 6: Anteil der Berufskreise an der Sozialstruktur ( INFRA-Test 1968)

Bei Infratest untergliedert in die Kategorien größere und mittlere Selbständige bzw. größere, mittlere und kleinere

Landwirte

Quelle: Müller 1973, 68.

Anteil am

Gesamtsample

(1) Größere und Mittlere Selbständige (z.B. Fabrikbesitzer, Einzelhändler mit großem Geschäft,

Hauptvertreter)

2,4%

(2) Freie Berufe, Selbständige Akademiker 1,4%

(3) Höhere Beamte 1,7%

(4) Leitende Angestellte (z.B. Direktoren, Prokuristen, Abteilungsleiter, Ingenieure) 6,8%

(5) Gehobene Beamte 5,2%

(6) Qualifizierte Angestellte (z.B. Buchhalter, Kassierer) 11,1%

(7) Ausführende Angestellte (z.B. Kontorist, Verkäufer) 14,1%

(8) Untere Beamte 2,0%

(9) Hochqualifizierte Facharbeiter 6,8%

(10) Facharbeiter und unselbst. Handwerker 18,9%

(11) Angelernte Arbeiter 12,0%

(12) Ungelernte Arbeiter 6,7%

(13) Kleinere Selbständige (z.B. Einzelhändler mit kleinem Geschäft, Handwerker) 7,8%

(14) Landwirte 5,3%

Quelle: Fend, Helmut: Gesellschaftliche Bedingungen schulischer Sozialisation. Beltz Verlag: Weinheim u. Basel 1974

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Freie Berufe, leitende

Angestellte und höhere

Beamte

Größere und mittlere

Selbständige

Qualifizierte

Angestellte u.

gehobene

Beamte

Ausführende

Angestellte und

untere Beamte

Landwirte

Facharbeiter und

hochqualifizierte

Facharbeiter

Un- und angelernte

Arbeiter

Kleine Selbständige

Größe der Berufsgruppe in

der Vätergeneration

Größe der Berufsgruppe in der

Sohn-Generation (20%)

10% Zustrom oder Abstrom

10 % Berufsvererbung

Quelle: Müller 1973, 77

Fend, Helmut: Gesellschaftliche Bedingungen schulischer Sozialisation. Beltz

Verlag: Weinheim u. Basel, 1974

Berufsvererbung und Abstromsquoten bei 8

Berufskreisen

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Tabelle1

Verteilung der 13- bis 14jährigen Schüler in den einzelnen Schularten nach der beruflichen Stellung des Familienvorstandes 1972, 1976, 1979 1) (in v.H.)

1 Quelle Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden Daten des jeweiligen Mikrozensus

2 Abweichungen von Hundert durch Auf- und Abrunden

Daten aus den Mikrozensen von 1972, 1976 und

1979(1)

Schulart Berufliche Stellung des Familienvorstandes Schüler insgesamt (ohne Differenzierung nach sozialer Herkunft)

Selbständige und mithelfende Angehörige

Beamte Angestellte Arbeiter Nicht Erwerbstätige

a) Im Jahr 1972

Integrierte Gesamtschule - - - - - -

Hauptschule 49,2 28,7 36,0 73,0 66,0 57,5

Realschule 22,3 22,5 24,5 16,3 12,0 19,0

Gymnasium 24,6 45,7 36,1 6,3 16,0 19,2

Berufsfachschule / - - / - /

Übrige einschl. o. Angabe 3,8 3,1 3,3 4,5 6,5 4,2

Summe 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0

Schüler insgesamt (ohne Diff. nach Schulform)

15,5 8,1 20,5 47,0 8,5 100,0

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33

Tabelle1

Verteilung der 13- bis 14jährigen Schüler in den einzelnen Schularten nach der beruflichen Stellung des Familienvorstandes 1972, 1976, 1979 1) (in v.H.)

Daten aus dem Mikrozensus von 1976 (2)

Schulart Berufliche Stellung des Familienvorstandes Schüler insgesamt (ohne Differenzierung nach sozialer Herkunft)

Selbständige und mithelfende Angehörige

Beamte Angestellte Arbeiter Nicht Erwerbstätige

b) Im Jahr 1976

Integrierte Gesamtschule 2,0 2,9 3,0 3,8 4,3 3,4

Hauptschule 41,7 25,9 31,9 64,4 62,9 50,2

Realschule 25,1 22,4 25,0 19,6 13,2 21,2

Gymnasium 28,9 47,4 37,7 9,2 14,6 22,4

Berufsfachschule - - - - - -

Übrige einschl. o. Angabe 2,3 1,4 2,4 3,0 5,0 2,8

Summe 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0

Schüler insgesamt (ohne Diff. nach Schulform)

14,2 8,3 23,6 44,0 9,9 100,0

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34

Tabelle1

Verteilung der 13- bis 14jährigen Schüler in den einzelnen Schularten nach der beruflichen Stellung des Familienvorstandes 1972, 1976, 1979 1) (in v.H.)

Daten aus dem Mikrozensus von 1979

und (1987) (3)

Schulart Berufliche Stellung des Familienvorstandes Schüler insgesamt (ohne Differenzierung nach sozialer Herkunft)

Selbständige und mithelfende Angehörige

Beamte Angestellte Arbeiter Nicht Erwerbstätige

c) Im Jahr 1979

Integrierte Gesamtschule 2,8 (4,0) 3,7 (4,0) 4,0 (5,0) 4,3 (4,0) 3,4 3,9

Hauptschule 39,2 (36,0) 20,7 (17,0) 26,3 (23,0) 62,7 (57,0) 59,8 46,3

Realschule 26,7 (29,0) 24,2 (25,0) 29,0 (30,0) 20,5 (28,0) 17,3 23,5

Gymnasium 28,7 (35,0) 49,6 (54,0) 38,2 (42,0) 9,5 (11,0) 14,3 23,4

Berufsfachschule - - - - - -

Übrige einschl. o. Angabe 2,6 1,8 2,5 3,0 5,2 2,9

Summe 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0

Schüler insgesamt (ohne Diff. nach Schulform)

14,2 8,4 25,6 42,4 9,4 100,0

Lesehilfen: Von allen 13-bis 14jährigen Schülern besuchten 1972 (1976, 1979) etwa 58% (50%, 46%) die Hauptschule etwa 19% (21%,

24%) eine Realschule etwa 6% (9%, 10%) das Gymnasium, jeweils letzte Spalte der Tab. 1a)-c)

Von allen 13- bis 14jährigen Arbeiterkindern besuchten 1972 (1976, 1979) etwa 73% (64%, 65%) die Hauptschule,

etwa16% (22%,24%) die Realschule, etwa 6% (9%, 10%) das Gymnasium (Spalte Arbeiter der Tab. 1a)-c))

Von allen 13- bis 14jährigen Beamtenkindern besuchten 1972 (1976, 1979) etwa 29% (26%, 21%) die Hauptschule,

etwa23% (20%,21%) die Realschule, etwa 46% (47%, 50%) das Gymnasium (Spalte Beamte der Tab. 1a)-c)).

Der Anteil der 13- bis 14jährigen Kinder aus Arbeiterfamilien an allen Schulen dieser Altersgruppe betrug 1972 (1976, 1979)

etwa 47% (44%, 42%) (jeweils letzte Spalte der Zeile Spalte Arbeiter der Tab. 1a)-c))

Quelle: Arbeiterkinder im Bildungssystem. Der Minister für Bildung u. Wissenschaft, Bad Honnef, 1981. S.11

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Schulbesuch von 15-jährigen in den Jahren 2000 und 2009 (in

Prozent)

() kleine Fallzahlen

Obere Dienstklasse: führende Angestellte, höhere Beamte, freie akademische Berufe, Selbstständig ab 10 Mitarbeiter

Untere Dienstklasse: mittlere und gehobene Angestellte und Beamte

Quelle: Hans-Peter Blossfeld, Wilfried Bos, Hans-Dieter Daniel, Bettina Hannover, Dieter Lenzen, Manfred Prenzel,

Ludger Wößmann: Bildungsreform 2000-2010-2020, 5. Jahresgutachten 2011, VS Verlag, S.102

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und Psychologie

36Quelle: Hans-Peter Blossfeld, Wilfried Bos, Hans-Dieter Daniel, Bettina Hannover, Dieter Lenzen, Manfred Prenzel,

Ludger Wößmann: Bildungsreform 2000-2010-2020, 5. Jahresgutachten 2011, VS Verlag, S.102

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37

Entwicklung der Schichtspezifischen Schulbesuchsquoten 1950-1989Relativer Schulbesuch von 14 bis 18 jährigen deutschen Jugendlichen in Realschulen und Gymnasien nach dem Beruf des

Familienvorstands (in Prozent)

65

42

38

23

15

25

11

60

37

35

21

12

23

13

10

53

30

25

14

8

13

8

5

40

18

14

8

3

5

2

1

38

12

13

5

1

5

2

13

1

0 20 40 60

Leitende

Angestellte,

Beamte

Selbstständige

(ohne Landwirte)

Qualifizierte

Angestellte,

Beamte

Einfache

Angestellte,

Beamte

Landwirte

Meister,

Vorarbeiter

Facharbeiter

Un-/angelernte

Arbeiter

34

38

37

35

36

30

20

24

30

35

29

32

34

30

23

13

18

23

14

20

27

24

23

6

10

17

7

18

26

20

24

3

5

9

3

10

19

15

22

29

02040

1950

1960

1970

1982

1989

Realschule Gymnasium

Quelle: Schimpel-Niemanns,

B.:Soziale Herkunft und

Bildungsbeteiligung.In: Kölner

Zeitschrift für Soziologie und

Sozialpsychologie, 52.Jg.(2000),

S.654

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38

Tabelle 1:Bildungsbeteiligung und Religionszugehörigkeit

Von der Bevölkerung Badens waren 1895: 37% Protestanten, 61,3% Katholiken, 1,5% Juden. Die

Konfessionalität der Schüler aber stellte sich 1885/91 auf den über die Volksschulen hinausgehenden

und nicht obligatorisch zu besuchenden Schulen wie folgt dar (nach Offenbacher a.a.O.S.16):

Potestanten Katholiken Juden

Gymnasien

Realgymnasien

Oberrealschulen

Realschulen

Höhere Bürgerschulen

43%

69%

52%

49%

51%

46%

31%

41%

40%

37%

9,5%

9%

7%

11%

12%

Durchschnitt 48% 42% 10%

Genau die gleichen Erscheinungen in Preußen, Bayern, Württemberg, den Reichslanden, Ungarn (s.

die Zahlen bei Offenbacher a.a.O. S.18f)

Quelle: M.Weber (1920), S.21

Quelle: Fend, Helmut: Bilanz der empirischen Bildungsforschung. In: Zeitschrift für Pädagogik; 36.Jg. (1990),

H.5, S.696

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39

Der Einfluss der Schulbildung auf ausgewählte Variablen

Schulbildung des Vaters

Schulbildung des Vaters

Schulbildung des Vaters

Schulbildung des Vaters

Schulbildung des Vaters

Berufliche Position des Vaters

Restriktivität der Tätigkeit (Vater)

x berufliche Position

x Restriktivität der Arbeitsbedingungen

x Restriktivität des elterlichen

Erziehungsverhaltens

x besuchter Schultyp des Kindes

x Schulbildung der Mutter

x berufliche Position der Mutter

x Restriktivität der Tätigkeit (Mutter)

r = 0,62

r = -0,69

r = 0,49

r = 0,46

r = 0,63

r = 0,70

r = 0,78

(J.Mansel: Zur Reproduktion sozialer Ungleichheit. In: ZSE 1/93, S.36ff)

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40

Schaubild 2 (1)

Bildungsbeteiligung von Kindern aus verschiedenen Sozialgruppen (Schüler der 9.

Klasse allgemeinbildender Schulen im Schuljahr 1976/77)1)

Merkmale der

sozialen

Gruppen

Arbeiter

Berufl. Stellung

des Vaters

Un-oder

angelernter

Arbeiter

Facharbeiter Facharb. oder

un-/angelernte

Arbeiter

Un- oder

angelernter

Arbeiter

Facharbeiter

Schulabschluss

des Vaters

2) 2) 2) 2) 2)

Schulabschluss

der Mutter

2) 2) 2) 2) 2)

Zahl der Kinder Mehr als 4 Mehr als 4 4 1-3 1-3

3 3 3 3 43 6 6 9

1213

1621

23

32

62

6463

59

50

1911

7 62

un-/angelernte Arbeiter Facharbeiter Facharb. Oder un-/angel. Arbeiter un-/angelernte Arbeiter Facharbeiter

Sonderschüler

Hauptschüler

Realschüler

Gymnasiasten

Gesamtschüler

*

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41

*

1) Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der BfA „Bericht über die Ergebnisse der

Basiserhebung einer Längsschnittuntersuchung Jugendlicher beim Übergang vom Bildungs- in

das Beschäftigungssystem“ (IAB Projekt Nr. 3-213 E) von H. Saterdag u. a. Nürnberg 1979

(Übertragung von Zahlenangaben aus dem Schaubild auf Seite 53 des Berichtes)

2) Nicht angegeben, da durch dieses Merkmal keine statistisch bedeutsamen Unterschiede für

die Bildungsbeteiligung der Kinder aus dieser Gruppe bewirkt werden (Erläuterungen im Text)

Quelle: Arbeiterkinder im Bildungssystem. Der Minister für Bildung u. Wissenschaft, Bad Honnef, 1981. S.22

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42

Merkmale

der sozialen

Struktur

Nicht - Arbeiter

Angest.

Beamter o.

Selbständ.

Angest.

Beamter o.

Selbständ.

Angest.

Beamter o.

Selbständ.

Angest.

Beamter o.

Selbständ.

Angest.

Beamter o.

Selbständ.

Angest.

Beamter o.

Selbständ.

Angest.

Beamter o.

Selbständ.

Vater Höchstens

Hauptschula

bschluss

Höchstens

Hauptschula

bschluss

Mittlere Reife Höchstens

Hauptschula

bschluss

Abitur Mittlere Reife Abitur

Mutter …²) Höchstens

Hauptschula

bschluss

Höchstens

Hauptschula

bschluss

Mittlere Reife

oder Abitur

Höchstens

Hauptschula

bschluss

Mittlere Reife

oder Abitur

Mittlere Reife

oder Abitur

Zahl der

Kinder

4 oder mehr 1 - 3 …²) 1-3 …²) …²) …²)

3 5 6 6 7 7 6

1621

3342

51 55

75

26

34

34

3225

27

14

53

3926

20 1611 52 1 1 1

Sonderschüler

Hauptschüler

Realschüler

Gymnasiasten

Gesamtschüler

Schaubild 2 (3)

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43

Tabelle 22 : Bedingte Chancengleichheit im Dreigliedrigen Schulsystem: Verteilung der Schüler aus

verschiedenen sozialen Schichten im oberen und im unteren Drittel der Intelligenzverteilung auf

Schulformen (NW und NI Erhebung 1978/79)

Prozentsätze

N HS RS GY

IQ unteres Drittel 1)

OS / MS

GRS

149

230

34,9

63,9

39,6

28,3

25,5

7,8

IQ oberes Drittel

OS / MS

GRS

202

141

14,4

35,5

38,1

46,1

47,5

18,4

1)Einteilung nach den Normen des CFT 2

Quelle: Fend, Helmut: Gesamtschule im Vergleich. Weinheim, Basel; Beltz Verlag (1982) S.152

GRS = Grundschicht

MS = Mittelschicht

OS = Oberschicht

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44

Tabelle 23: Bedingte Chancengleichheit im Gesamtschulsystem NW und NI (Erhebung 1978/79)

Prozentsätze

N Leistungsstatus (Kursindex)

niedrig mittel hoch

IQ unteres Drittel 1)

OS / MS

GRS

51

101

35,7

76,4

32,1

12,7

32,1

10,9

IQ oberes Drittel

OS / MS

GRS

76

116

14,0

24,7

18,0

26,0

68,0

49,3

1)Einteilung nach den Normen des CFT 2

Quelle: Fend, Helmut: Gesamtschule im Vergleich. Weinheim, Basel; Beltz Verlag (1982) S.153

GRS = Grundschicht

MS = Mittelschicht

OS = Oberschicht

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45

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Beamte

Angestellte

Selbständige

Arbeiter

Landwirte

Offen

Sonstige

Gesamtschule

Gymnasium

Realschule

Hauptschule

Abbildung 4: Schulwünsche für Kinder nach Berufsstatus der Väter

Quelle: Fend, Helmut: Bilanz der empirischen Bildungsforschung. In: Zeitschrift für Pädagogik; 36.Jg. (1990), H.5, S. 700

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46

Soziale Herkunft der StudentenStudierende an wissenschaftlichen

Hochschulen nach der beruflichen

Stellung des Vaters in %

27 2622 20

612

1614

32

34 3742

3527 25 25

1963 1973 1982 1991

Beamter

Angestellter

Arbeiter

Selbständiger,Freiberufler 12

6

44 59

34

33

102

9

23

64

4

1991

West Ost

Zum Vergleich:

Schichtung der

Erwerbstätigen

Quelle: Informationsdienst Schule – Wirtschaft Nr. 1/93 Juni 1993

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47

Soziale Herkunft der Studenten 2005 (1)

Quellen: StBA: Bevölkerungszahlen; StBA: Hochschulstatistik; StBA: Sonderauswertung des Mikrozensus 2000; HIS:

Studienanfängerbefragung WS 2005/06, S.10 ff

http://www.bmbf.de/pub/wsldsl_2006_kurzfassung.pdf (letzter Zugriff: 24.03.12, 19.10 Uhr)

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Die soziale Zusammensetzung aller Studienanfänger/innen ist im Wesentlichen das Ergebnis der sozialgruppenspezi-fischen

Bildungsbeteiligung und der sozialen Zusammensetzung der Bevölkerung. Wie groß die Anzahl der Kinder aus einer

bestimmten Sozialgruppe ist, die ein Studium aufnehmen, hängt nicht nur von ihrer Bildungsbeteiligungsquote ab, sondern

auch vom Umfang der jeweiligen sozialen Gruppe. Im Jahr 2005 gab es 349.000 Arbeiterkinder im Alter zwischen 19 und unter

25 Jahren. Von diesen Arbeiterkindern nahmen 17% (59.000 Studienanfänger/innen) ein Hochschulstudium auf. Die

geringfügig kleinere Gruppe der Kinder von Angestellten (314.000 insgesamt, darunter 85.000 mit Hochschul-abschluss) stellt

aufgrund ihrer insgesamt mehr als doppelt so hohen Bildungsbeteiligungsquote (40% insgesamt, 76% mit

Hochschulabschluss) mit einer Zahl von 125.000 mehr als doppelt so viele Studienanfänger/innen. Die relativ kleinen Gruppen

der Beamten- und Selbständigenkinder weisen noch deutlich höhere Bildungsbeteiligungsquoten (insgesamt: 65% bzw. 52%;

mit Hochschulabschluss: 95% bzw. 88%) auf und entsenden daher in etwa so viele Studierende ins Studium (insgesamt:

48.000 bzw. 59.000) wie die um ein Mehrfaches größere Gruppe der Arbeiter. Die insgesamt 290.000 deutschen

Studienanfänger/innen im Studienjahr 2005/2006 setzen sich demnach zu 17% aus Beamten-, zu 20% aus Selbständigen-, zu

43% aus Angestellten- und zu 20% aus Arbeiterkindern zusammen. Gemessen an ihrem Anteil in der altersspezifischen

Bevölkerung sind Beamtenkinder jedoch mit einem Faktor von 1,8 an den Hochschulen überrepräsentiert (9% in der

Bevölkerung vs. 17% unter den Studienanfängern/innen). Die Kinder von Selbständigen erzielen mit 20% einen Anteil unter

den Erstsemestern, der anderthalb mal so groß ist wie ihr Anteil in ihrer Alterskohorte (13%).

Angestelltenkinder sind mit einem Faktor von 1,2 ebenfalls noch leicht überrepräsentiert (43% zu 37%). Die einzige der hier

betrachteten Sozialgruppen, die im Studienanfängerjahrgang 2005 deutlich zu wenig vertreten ist, sind die Arbeiterkinder. Ihr

Anteil ist nur halb so groß wie in der altersgleichen Bevölkerung (20% zu 41%). .

48

Soziale Herkunft der Studenten 2005 (2)

Bildungsbeteiligung und soziale Zusammensetzung

Quellen: StBA: Bevölkerungszahlen; StBA: Hochschulstatistik; StBA: Sonderauswertung des Mikrozensus 2000; HIS:

Studienanfängerbefragung WS 2005/06, S.10 ff

http://www.bmbf.de/pub/wsldsl_2006_kurzfassung.pdf (letzter Zugriff: 24.03.12, 19.10 Uhr)

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49

Soziale Herkunft der Studenten 2005 (3)

Bildungsbeteiligung und soziale Zusammensetzung

Trotz Veränderungen beispielsweise in der Sozialstruktur Gleichaltriger, in der absoluten Größe der Sozialgruppen und in der

sozialgruppenspezifischen Bildungsbeteiligung, die sich in den letzten zwei Jahrzehnten vollzogen haben (siehe Langfassung

des Berichtes zur 18. Sozialerhebung), blieb die Sozialstruktur der Studienanfänger/innen davon nahezu unberührt:

Die Anteile beider Gruppen haben sich lediglich jeweils um einen Prozentpunkt erhöht. Der soziale Wandel, der außerhalb der

Hochschulen stattfindet, wirkt offenbar kaum in sie hinein. Primäre und sekundäre Effekte sozialer Ungleichheit, die der

Hochschule zeitlich vorgelagert sind, erweisen sich offenbar als sehr nachhaltig. Die soziale Binnenstruktur der Studierenden

war seit den 1980er Jahren vor weiteren größeren Veränderungen abgeschottet und blieb weitgehend unverändert.

Quellen: StBA: Bevölkerungszahlen; StBA: Hochschulstatistik; StBA: Sonderauswertung des Mikrozensus 2000; HIS:

Studienanfängerbefragung WS 2005/06, S.10 ff

http://www.bmbf.de/pub/wsldsl_2006_kurzfassung.pdf (letzter Zugriff: 24.03.12, 19.10 Uhr)

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50

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51

Tabelle 2: Veränderung des Zusammenhangs von Bildungsniveau und sozialer Herkunft

Land Veränderungen der herkunftsbezogenen Variablen

Bildung des Vaters Beruf des Vaters Zusätzliche Variablen

Westlich kapitalistisch:

USA

DeutschlandNiederlandeSchwedenGroßbritannienItalienSchweizIsrael

0

0--0-00

-

0--0+00

Bildung der Mutter (-)Landw. (-)-keine--keine-Gemeindegröße (-)-keine--keine--keine-Landw. (-)

Nicht – westlich kapitalistisch:

Taiwan

Japan

-

-

0

0

Bildung d. Mutter (0)Landw. (0)Enthnizität (-)Stadteinfluss (-)-keine-

Westlich sozialistisch:

TschechoslowakeiUngarnPolen

-/+00

000

-keine--keine--keine-

+ /- zunehmende/abnehmende Abhängigkeit von der sozialen Herkunft; Blossfeld 1993

0 keine Veränderung des Zusammenhangs mit der sozialen Herkunft;

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52

Qualifikationsfunktion

1 Abgrenzung Qualifikation / Bildung

2 Befunde / Tendenzen zur Entwicklung der Qualifikationsanforderungen

3 Ausgewählte Befunde zum Zusammenhang von Arbeitstätigkeiten und

Persönlichkeitsentwicklung

4 Berufliche Organisation gesellschaftlicher Arbeit

5 Modelle der Abstimmung von Bildungs- und Beschäftigungssystem

6 Reaktionen im Bildungssystem auf die Veränderungsprozesse

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53

1. Abgrenzung Qualifikation / Bildung

Hinweise: siehe Unterlagen der BP1

Aufgabe: Arbeiten sie die zentralen Unterschiede der Begrifflichkeiten heraus

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54

2. Befunde / Tendenzen zur Entwicklung der

Qualifikationsanforderungen

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55

Sigfrid Damm-Rüger (1985)

Betriebliche Qualifikationsanforderungen- determiniert durch die technische Entwicklung oder Produkt

vieler interdependenter Entwicklungen?

Deterministische Vorstellungen von „Qualifikationsentwicklung“ infolge neuer Technologien waren

- die Höherqualifizierungsthese

- die Polarisierungs- bzw. Dequalifizierungsthese

50er Jahre: Höherqualifizierung der Arbeitskräfte und Arbeitsplätze durch

wirtschaftliche, technische und arbeitsorganisatorische Veränderungen.Ende 50er/

Anfang 60er J.: Zunehmende Arbeitsteilung, Automatisierungen können nachteilige

Folgen für Qualifikation, Einkommen, Arbeitsplatzsicherung der

betroffenen Arbeitskräfte haben. -> Polarisierungs-/

Dequalifizierungsthese

Anfang 70er J.: Antideterministische Thesen- Burkart Lutz

Qualifikationsanforderungen werden durch eine Vielzahl wichtiger und sich

verändernder betrieblicher und gesellschaftlicher Faktoren beeinflusst.

Anfang 80er J.: Empirische Untersuchungen über die Anforderungsentwicklung in Branchen und

Betrieben.

Allgemein: - steigende Anforderungen an den Arbeitsplätzen(?)

- Eingeschränktes Untersuchungsfeld

- Bedingungen können sich ändern und zu neuen Entwicklungen führen.

(Untersuchung von U.Grünewald (1981)

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56

Erwerbstätige nach unterschiedlichen Anforderungsprofilen der Tätigkeiten 1985 und 2010

(ohne Auszubildende, Anteil in %)

2718

45

43

2839

0%

50%

100%

1985 2010

höherqualifizierteTätigkeiten

mittelqualifizierteTätigkeiten

einfacheTätigkeiten

Einfache Tätigkeiten = Hilfstätigkeiten in Produktion,

Reinigung, Bewirtung,

Lagerhaltung, Transport,

einfache Bürotätigkeiten,

Verkaufshilfen u. ä.

Mittelqualifizierte T. = Fachtätigkeiten in der Produktion,

Maschinen einrichten u. ä.,

Reparieren, Fachver(-ein)käufer,

Sachbearbeiter,

Assistententätigkeiten in

Forschung und Entwicklung,

nichtakademische Betreuung

Höherqualifizierte T. = Führungsaufgaben, Organisation

und Management, qualifizierte

Forschung und Entwicklung,

Betreuung, Beratung, Lehren u.

ä.

Quelle: Stooß, Friedmann/Weidig, Inge: Der Wandel der Tätigkeitsfelder und –profile bis zum Jahr 2010. In: Bolte u.a. (hrsg.):

Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. 23.Jg./1990, S.45

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57

Erwerbstätige nach Tätigkeitsgruppen 1985 und 2010

(ohne Auszubildende, Anteil in %; in () reale Ausprägungen 1995, Gesamtdeutschland, IAB Kurzbericht 10/99)

20,5

12,6

8,2

10,8

6,2

5

10,5

10,5

15,4

14,3

5,1

7,2

5,8

9,4

11,918

12,4

16,5

0%

50%

100%

1985 2010

Betreuen, Beraten,

Lehren, Publizieren

u.ä.(14,6)

Organisation, Management

(6,7)

Forschen, Entwickeln (5,1)

Allgemeine Dienste (Reinigen,

Bewirten, Lagern, Transportieren,

Sichern) (14,2)

Bürotätigkeiten (17,4)

Handelstätigkeiten (11,4)

Reparieren (6,6)

Maschinen einrichten / warten

(7,2)

Gewinnen / Herstellen (16,9)

III

Sekundäre

Dienstleistungen

II

Primäre

Dienstleistungen

I

Produktionsorientierte

Tätigkeiten

Quelle: Stooß, Friedmann/ Weidig, Inge: Der Wandel der Tätigkeitsfelder und –profile bis zum Jahr 2010. In: Bolte

u.a.(Hrsg.): Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. 23.Jg./1990, S.42

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58

Erwerbstätige nach Anforderungen und Tätigkeitsbereichen 1985 und Veränderungen 1985-

2010

(mittlere Projektionsvariante; ohne Auszubildende/ Personen in Ausbildung; in 1000)

Anforderungsprofil/Gruppe Bestand 1985

Veränderung(+/-)

1985-2010

1. Führungsfunktionen bei(m)…

- Gewinnen/ Herstellen

- „primären“ Dienstleistungen

- „sekundären“ Dienstleistungen

(Managementaufgaben…)

2. Qualifizierte Fachaufgaben bei sekundären

Dienstleistungen

3. Fachaufgaben der Tätigkeitsbereiche I und II bei(m)…

- Gewinnen/ Herstellen

- Maschinen einrichten/ einstellen/ warten/ reparieren

- „primären“ Dienstleistungen

4. Hilfsfunktionen bei(m)…

- Gewinnen/ Herstellen

- „primären“ Dienstleistungen

4238

1048

1748

1442

6218

9727

1693

3614

4420

6836

2394

4442

+ 1482 (+35%)

- 171 (-16%)

+ 578 (+33%)

+ 1075 (+75%)

+ 2466 (+40%)

- 274 (- 3%)

- 531 (-31%)

+ 593 (+16%)

- 336 (- 8%)

- 1999 (- 29%)

- 1070 (- 45%)

- 929 (- 21%)

Summe ohne Auszubildende/ Personen in Ausbildung 25 047 + 1675 (+ 7%)

Quelle: Stooß, Friedmann/ Weidig, Inge: Der Wandel der Tätigkeitsfelder und –profile bis zum Jahr 2010. In:Bolte u.a.(Hrsg.): Mitteilungen aus der

Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. 23.Jg./1990, S.45

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59

Arbeitskräftebedarf nach Berufshauptfeldern –- Anteile in Prozent -

Quelle: Helmrich, R./ Zika, G. (Hrsg.)(2010): Beruf und Qualifikation in der Zukunft. Bonn, BIBB, S. 93.

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60

Wirtschaftszweigstruktur- und Berufsfeldeffekt von 2010 bis 2025 in Prozent

Quelle: Helmrich, R./ Zika, G. (Hrsg.)(2010): Beruf und Qualifikation in der Zukunft. Bonn, BIBB, S. 94.

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Ergebnisse aus qualitativen Studien

Wandel der Erwerbsarbeit (Kern/Schuhmann 1985; Baethge/Overbeck 1986)

Halfpap 2000: Von der Fließbandfertigung zur integrierten Werkstattfertigung,

Im kaufmännischen und Verwaltungsbereich ebenfalls Komplexitätszuwächse:

Konsequenzen: Abbau von Arbeitsteiligkeit, mehr Flexibilität, Verlagerung der

Qualitätssicherung nach unten, z.T. mehr Handlungsspielräume.

Frackmann (2000): Entwicklungstendenzen:

• Automatisierung von Routinetätigkeit

• Zunehmende eigenständige Informationsbeschaffung und Verarbeitung

• Mitdenken in Zusammenhängen

• Analysefähigkeit

• Qualitätsbewusstsein

• Teamarbeit (bereichsspezifisch)

• Abnahme körperlicher und Zunahme psychischer Belastungen

• Zunahme der Autonomie (bei ca. 50%) (Dostal 2000)

• Zunahme von Lernchancen in der Arbeit

• Moderne Allgemeinbildung wird wichtiger (Sprachen, IT, Kommunikation)61

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Qualitative Veränderungen

• Starke Abhängigkeit der Q-Anforderungen von Entscheidungen zur

Gestaltung der Arbeitsorganisation (siehe folgendes Beispiel)

• Starke Unterschiede in den einzelnen Betrieben

• Gegenwärtig Industrie 4.0; Dazu noch kaum belastbare Aussagen zu den

Qualifikationsanforderungen

• Gängige Vermutungen: IT wird noch wichtiger; Einfache Tätigkeiten, aber

auch Tätigkeiten im mittleren Qualifikationssegment werden automatisiert,

Komplexität der Produktions- und Managementprozesse nimmt weiter zu

62

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Fallstudie zu Unterschieden der Anforderungen in

Abhängigkeit von betrieblichen Entscheidungen

zur Gestaltung der Arbeitsorganisation

63

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64

Traditionelles und neues Anforderungsprofil für den Produktionsfacharbeiter nach

Qualifikationsdimensionen (Vorgesetztenauskunft); 1=schwach ausgeprägt, 5=stark ausgeprägt

0

1

2

3

4

5Technisch-handwerkliche Fachkenntnisse

Informationstechnologische Kenntnisse

Betriebswirtschaftlich-kaufmännische

Kenntnisse

Kenntnisse betrieblicher Abläufe

Selbstorganisationskompetenz (Arbeiten und

Lernen)

Sozialkommunikative Kompetenz

Analyse- und Problemlösekompetenz

Handwerkliches Geschick

traditionellesAnforderungsprofil inBetrieben A+B

neues AnforderungsprofilBetrieb A

neues AnforderungsprofilBetrieb B

Baethge- Kinsky, V.; Tullius, K.: Produktionsarbeit und Kompetenzentwicklung in der Automobilindustrie- was geben flexibel standardisierte

Produktionssysteme für den Einsatz qualifizierter Fachkräfte her? In: SOFI- Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen: Mittelungen. Nr. 33/Dez

2005. S.44

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65

Intensität der Kompetenzanforderungen heutiger Produktions(fach-)arbeit in den Betrieben

A und B; Selbstauskunft Beschäftigte (N=118); 1=niedrige Intensität, 5=hohe Intensität

0

1

2

3

4

5

Technisch-handwerkliche Fachkenntnisse

Informationstechnologische Kenntnisse

Betriebswirtschaftlich-kaufmännische

Kenntnisse

Kenntnisse betrieblicher Abläufe

Selbstorganisationskompetenz (Arbeiten und

Lernen)

Sozialkommunikative Kompetenz

Analyse- und Problemlösekompetenz

Handwerkliches Geschick

Anforderungsprofil A

Anforderungsprofil B

Baethge- Kinsky, V.; Tullius, K.: Produktionsarbeit und Kompetenzentwicklung in der Automobilindustrie- was geben flexibel standardisierte

Produktionssysteme für den Einsatz qualifizierter Fachkräfte her? In: SOFI- Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen: Mittelungen. Nr. 33/Dez

2005. S.45

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und Psychologie

Repräsentative Studie zu

Partizipationsmöglichkeiten

66

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67

Überblick über die Dimensionen von kooperativen Arbeitsstrukturen

Dimension Item

Partizipation

1 Kollegenkreis hat Mitsprache bei der Einführung neuer technischer Arbeitsmittel

2 Kollegenkreis hat Mitsprache bei Veränderung der Arbeitsabläufe

3 Kollegenkreis hat Mitsprache bei der Veränderung von Verantwortung und Zuständigkeiten

4 Im Kollegenkreis besteht die Möglichkeit, neue Ideen zu Umgestaltung der Arbeit auszuprobieren

Kooperation

5 Besprechungen im Kollegenkreis über Arbeitsaufgaben

6 Besprechungen im Kollegenkreis über Arbeitsverbesserungen

7 Problemlösung im Kollegenkreis

8 Wechselnde Tätigkeitsverteilung im Kollegenkreis (job rotation)

9 Angewiesenheit auf enge Zusammenarbeit mit Kollegen

Autonomie

10 Arbeitsverteilung erfolgt im Kollegenkreis, nicht durch einen Vorgesetzten

11 Abstimmung über Abfolge der Arbeitsaufträge erfolgt im Kollegenkreis

12 Überprüfung der Arbeit (Qualitätskontrolle) durch einzelne Kollegen oder Vorgesetzte

Quelle: Kleinschmidt, Pekruhl: Kooperative Arbeitsstrukturen und Gruppenarbeit in Deutschland. Ergebnisse einer repräsentativen

Beschäftigungsbefragung – IAT Strukturberichterstattung 01 (Manuskript) Gelsenkirchen 1994

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68

CLU 8CLU 7CLU 6CLU 4CLU 1 CLU 5CLU 3CLU 2-1,5

-1

-0,5

0

0,5

1

1,5

Partizipation

Kooperation

Autonomie

Partizipation – Kooperation – AutonomieCharakterisierung der Cluster

15% 3,8% 9,2% 10,8% 13,6% 13,6% 8,6% 13%

Quelle: Kleinschmidt, Pekruhl: Kooperative Arbeitsstrukturen und Gruppenarbeit in Deutschland. Ergebnisse einer repräsentativen

Beschäftigungsbefragung – IAT Strukturberichterstattung 01 (Manuskript) Gelsenkirchen 1994

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69

Diffusion der IuK-Technologien nach Branchen

0

20

40

60

80

100

120

Verarbeitendes Gewerbe (ohne IKT)

Großhandel (ohne IKT)

Einzelhandel (ohne IKT)

Verkehr

Banken und Versicherungen IKT-Sektor

Technische Dienstleistungen

Unternehmensbezogene Dienstleistungen

Anteil der Beschäftigten mitComputernutzung, in Prozent

Computer pro 100 Beschäftigte

Anteil der Beschäftigten mitInternetzugang, in Prozent

Anteil der IKT-Fachkräfte, inProzent

Quelle: Falk, Martin: Diffusion der Informations- und Kommunikationstechnologien und die Qualifikationsstruktur der Arbeitskräfte.

In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt und Berufsforschung, 35.Jg.(2002), H3, S.403.

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70

Prognose zur zukünftigen Statuspyramide (Dostal 1997)

Erstqualifikation Fortbildung

Arbeitslose

Befristet Beschäftigte

(Randbelegschaften)

Kernbelegschaft

(Breitenqualifikation)

Frei-

berufler

Betriebliche

Ausbildung

Berufs-

schule

Hoch-

schule

Individuell/ Standesorg.

Betrieb/ Arbeitgeber

Arbeitsämter/ Kommunen

THESEN:

1. Es macht nur in einem mittleren Qualifikationsbereich Sinn Arbeitsinhalte persönlichkeitsförderlich

zu strukturieren (im niedrigen Bereich ist es nur Kosmetik; Positionsinhaber höherer Positionen

lehnen Gestaltung von außen ab).

2. Es kann kein geschlossenes Qualifikationsmodell für die Zukunft entwickelt werden.

3. Unternehmen sind nicht bereit in die Ausbildung von Randbelegschaften zu investieren. =>

Randbelegschaften benötigen institutionelle Hilfe (öffentliche Aufgabe)

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71

3. Ausgewählte Befunde zum Zusammenhang von

Arbeitstätigkeiten und Persönlichkeitsentwicklung

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72

Beruf:= Bezeichnung für die spezifische Bündelung von Tätigkeits- bzw.

Qualifikationsmustern zu einer Einheit

Funktionen/ Bedeutung

Identifikations-

möglichkeiten

(„Lebenssinn“)

Individuelle

Entwicklungspfade

Basis für die

Lebens-

sicherung

Gesellschaftliche

Verortung

Tauschmuster für

Arbeitskräfte

Muster

gesellschaftlicher

Arbeitsteilung

Vgl.: Nickolaus, R.: Beruf und Bildung (1997),S.185-190

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73

Nach Lempert kann als gesicherter Stand der Erkenntnis gelten, dass

• Komplexe und abwechslungsreiche Tätigkeiten,

• Experimentierchancen,

• Kollegiale Kommunikations- und Interaktionschancen,

• Demokratische Entscheidungsverfahren sowie

• Erfahrungen und realistische Erwartungen individuellen Weiterkommens und gesellschaftlichen Fortschritts

ein persönlichkeitsförderliches Arbeitsmilieu kennzeichnen, während

• Einfache und eintönige Tätigkeiten,

• Standardisierte Operationen,

• Autoritäre Sozialbeziehungen,

• Perspektivlosigkeit des individuellen Werdeganges und der gesellschaftlichen Entwicklung

die Persönlichkeitsentfaltung eher behindern.

„Persönlichkeitsförderlich“ bezieht sich dabei je nach Untersuchung auf einen etwas

anderen Komplex von Eigenschaften, Kompetenzen etc. wie z.B. Entwicklung

selbstbestimmter Verhaltensweisen, Förderung von Selbstvertrauen intellektuelle

Flexibilität, kognitive Kompetenz, Motivation usw.(Hoff, Lappe, Lempert, 1982 bzw. Nickolaus 1997)

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4. Berufliche Organisation gesellschaftlicher Arbeit

Relevante Fragestellungen

• Zuschreibung von Vor- und Nachteilen?

• Alternativen?

• Gestaltungsprinzipien von Berufen?

• Gegenwärtige Präferenzen in Deutschland

74

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75

5. Modelle der Abstimmung von Bildungs- und

Beschäftigungssystem

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Zentrale Fragestellungen

• Wie werden die Systeme abgestimmt?

• Wie kann gewährleistet werden, dass die benötigten Qualifikationen

verfügbar sind?

• Wie kann den Individuen dazu verholfen werden, dass sie einen adäquaten

Arbeitsplatz finden?

• Was geschieht, wenn gesellschaftliche Bedarfe und individuelle Interessen

kollidieren? Wird dann das Bildungssystem primär an gesellschaftlichen

Bedürfnissen oder an den individuellen Präferenzen ausgerichtet?

76

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und Psychologie

Manpower Requirement Approach MRA

Proargumente (Klose 1987)

• Vermeidung von Ungleichgewichten am Arbeitsmarkt

• Optimaler Mitteleinsatz

• Rationale Verteilung der Arbeitskräfte nach Bedarf, sichert Wohlstand

• Vermeidung von „Schweinezyklen“

• Ausbildung ohne Bedarfsbezug führt zu akademischen Proletariat und

Unzufriedenheit

• Dem Einzelnen und den Akteuren können objektive Informationen für seine

Entscheidungsprozesse bereit gestellt werden

77

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und Psychologie

78

Manpower Requirement Approach

Nachfrageorientiertes Konzept

Beschäftigungs-

systemBildungssystem

Bedarf an bestimmten

Qualifikationen

Bereitstellung der geforderten

Qualifikationen

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und Psychologie

Verfahren

Bruttoinlandsprodukt (Zielprojektion)

Aufteilung des Globalprodukts in Wirtschaftszweige

Aufteilung in Sektoren

Vorausschätzung der Arbeitsproduktivität

Abschätzung des Arbeitskräftebedarfs in den Sektoren

Abschätzung der Berufsklassenstruktur (Facharbeiter, Ingenieure, etc.)

Bedarf an Arbeitskräften nach Berufen für die Sektoren

Erforderlicher Bestand an Arbeitskräften mit bestimmtem Bildungsniveau

und Abgleich mit Istbestand

Bildungsbedarf

(Klose, 1987)

Übertragung auf betriebliche Bildungsplanung?!

79

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und Psychologie

Kritik am MRA

• BSP: Schätzung ungenau, Folgefehler

• Keine eindeutige Zuordnung zwischen Ausbildungsberuf und Tätigkeit

• Keine hinreichende Berücksichtigung der Substituierbarkeit

• Schätzfehler bei Tätigkeiten

• Emp. Nachweis des Zusammenhangs Bildung und Wirtschaftswachstum

fällt schwer – Modell steht auf unsicherem Grund

• Fortschreibung defizitärere Strukturen (soziale Ungleichheit)

• Bedürfnisse des Einzelnen bleiben unberücksichtigt

• Keine Unterscheidung zwischen gesellschaftlichem Bedarf und

Beschäftigungssystem

• Vorspiegelung von Determinismus

• Absorptionsansatz (Angebot induziert Nachfrage)

• Qualifikationsanforderungen nur schwer prognostizierbar

80

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und Psychologie Alternative: Social Demand ApproachSDA

Grundannahmen (Klose 1987)

• Begabung ist erlernte Eigenschaft; Bildung soll möglichst gute

Entwicklungsbedingungen für alle bieten.

• Bildungssystem soll sich aus der unmittelbaren Abhängigkeit des

Beschäftigungssystems befreien

• Bildungsprozesse sollten nicht nur auf konkrete Beschäftigung hin orientiert

sein

Begründungen

• Bürgerrecht auf Bildung

• Abbau schichtspezifischer Unterschiede

• Verschiebung der Q-Anforderungen zugunsten höherer Anforderungen

• Elastizität des Beschäftigungssystems

81

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82

Social Demand Approach

Angebotsorientiertes Konzept

Bildungssystem Beschäftigungs-

system

Angebot an Qualifikationen

Abnahme der angebotenen

Qualifikationen

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Kritik am SDA

• Unterstellte Flexibilität des Beschäftigungssystems nicht haltbar

• Unterstellte Unabhängigkeit des Bildungssystems von

Beschäftigungssystem nicht haltbar

• Höherqualifizierung führt zu Verdrängungswettbewerb

• Bildungsexpansion muss volkswirtschaftlich nicht vorteilhaft sein

• Finanzierung problematisch

• Frustration von Erwartungen an der zweiten Schwelle

(Klose 1987)

83

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84

Interdependenzkonzept mit Zeitfaktor

Beschäftigungs-

systemBildungssystem

Bedarf an Qualifikationen t1

Bedarf an Qualifikationen t2

Bereitstellung der geforderten

Qualifikationen

Angebot weiterer Qualifikationen

wird aufgenommen

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85

6. Reaktionen im Bildungssystem auf die

Veränderungsprozesse

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86

1. Neuakzentuierung der Ausbildung (z.B. Schlüsselqualifikationen; breitere

Grundbildung; methodische Neuerungen)

2. Betriebliche Optionen im Bereich der Arbeitsorganisation (Managementmodelle)

3. Flexibilisierung und zügigere Überarbeitung von Ordnungsmitteln (mehr

Entscheidungsspielräume für die unteren Entscheidungsebenen)

4. Modularisierung

5. Ausbau der Weiterbildung

6. Aus- und Umbau des Hochschulsystems/Verschiebung der Qualifikationsanteile

7. Reaktionen der Individuen: Verstärkte Investitionen in Bildung

Reaktionen im Bildungssystem auf veränderte

Qualifikationsanforderungen (Auswahl)

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87

Schulung für eine Existenz in der modernen Gesellschaft hat drei Dimensionen: Schulung zur Bewältigung und Entfaltung der Persönlichkeit, Schulung zur Fundierung der beruflichen Existenz, Schulung zu gesellschaftlichem Verhalten.

Es ist verfehlt, Bildungsplanung nach diesen Dimensionen getrennt zu betreiben; denn Bildung ist in jeder Form und unter jedem Vorzeichen mehrwertig.

Die Fähigkeit der Wissenschaft, ihre eigene Entwicklung zu prognostizieren und damit hinsichtlich künftiger Schulungserfordernisse Hinweise zu geben, reicht als Orientierungshilfe für Bildungsplanung nicht aus.

Unter diesen Umständen bedarf Bildungsplanung weitestgehender Offenheit.

Das Tempo des Veraltens von Bildungsinhalten ist vermutlich um so größer, je enger sie an die Praxis von Arbeitsverrichtungen gebunden werden. Bildungsinhalte höheren Abstraktionsgrades veralten langsamer und sichern besser vor Fehlleitungen durch Fehlprognosen. Ihnen kommt deshalb in modernen Gesellschaften besondere Bedeutung zu.

Eine übliche Tendenz im Bildungswesen angesichts der Unsicherheit über die Entwicklung der speziellen Arbeitsanforderungen besteht in der Verbreiterung des Faktenwissens (Breitenbildung). Diese Tendenz bringt wegen der zunehmenden Unüberschaubarkeit von Fakten keinen Gewinn für eine Existenz in der Zukunft. Die Lösung liegt vielmehr eher bei der Suche nach „gemeinsamen Dritten" von Arbeits- und sonstigen Umweltanforderungen.

SchlüsselqualifikationenThesen zur Schulung für eine moderne GesellschaftDieter Mertens

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88

Solche gemeinsamen Dritten", also übergeordnete Bildungsziele und Bildungselemente,

nennen wir Schlüsselqualifikationen, weil sie den Schlüssel zur raschen und

reibungslosen Erschließung von wechselndem Spezialwissen bilden. Sie sind demnach

solche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, welche nicht unmittelbaren und

begrenzten Bezug zu bestimmten, disparaten praktischen Tätigkeiten erbringen, sondern

vielmehr

a) die Eignung für eine große Zahl von Positionen und Funktionen als

alternative Optionen zum gleichen Zeitpunkt, und

b) die Eignung für die Bewältigung einer Sequenz von (meist

unvorhersehbaren) Änderungen von Anforderungen im Laufe des

Lebens.

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89

Es werden vier Arten von Schlüsselqualifikationen unterschieden:

- Basisqualifikationen = Qualifikationen höherer Ordnung mit einem breiten Spektrum

vertikalen Transfers,

- Horizontalqualifikationen = Informationen über Informationen (horizonterweiternde

Qualifikationen),

- Breitenelemente = ubiquitäre Ausbildungselemente,

- Vintage-Faktoren = generationsbedingte Lehrstoffe und Begriffssysteme.

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90

Beispiele nach Mertens

Basisqualifikation

Logisches Denken

Analytisches Vorgehen

Horizontalqualifika-

tionen

Informiertheit über

Informationen

Konkret

Logisches Schließen

Analyt. Verfahrenstechn.

Konkret

Wesen von Informationen

Gewinnung von

Informationen

Lehrgegenstand

Formale Logik

Schaltalgebra

Linguistik

Analyt. Geometrie

Lehrgegenstand

Allg. Informationskunde allg.

Lehre der Zeichen

Bibliothekskunde

Medienkunde

Statistik

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91

Breitenelemente…

… sind solche speziellen Kenntnisse und Fähigkeiten, die über breite Felder der

Tätigkeitslandschaft nachweislich als praktische Anforderungen am Arbeitsplatz

auftreten.

(z.B. Kenntnisse in Messtechnik, in Arbeitsschutz, in Maschinenwartung)

Vintage- Faktoren…

… dienen der Aufhebung intergenerativer Bildungsdifferenzen, d.h. der Aufhebung

solcher Differenzen, welche im Bildungsstand zwischen Jüngeren und Älteren aus der

Weiterentwicklung der Lehrpläne entstehen.

(Mertens, Dieter: Schlüsselqualifikationen. Thesen zur Schulung für eine moderne Gesellschaft. In:

Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- u. Berufsforschung, Heft 1, 1974, S.36 ff.)

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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung

Zur Systematisierung von Schlüsselqualifikationen (1)

Materielle KENNTNISSE und FERTIGKEITEN

1. Berufsübergreifende, d.h. allgemeinbildende Kenntnisse

und Fertigkeiten: z.B. Kulturtechniken, Fremdsprachen,

technische und wirtschaftliche und soziale

Allgemeinbildung

2. Neuaufkommende Kenntnisse und Fertigkeiten: z.B. EDV,

Mikroelektronik, Pneumatik, neue Technologien

3. Vertiefte Kenntnisse und Fertigkeiten, d.h. Ausbau von

Grundlagen, die wenig veränderbar sind: z.B.

Fachfremdsprache

4. Berufsausweitende, d.h. über den Einzelberuf

hinausgehende Kenntnisse und Fertigkeiten: auf

Berufsfeldbreite, auf weitere inhaltlich und funktional

verwandte Gebiete

BREITENELEMENTE

(n. Mertens)

VINTAGE-FAKTOREN

(n. Mertens)

TIEFEN-ELEMENTE

(n. Bunk)

KONZENTRISCHE

ELEMENTE (n. Bunk)

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93

Formale

FÄHIGKEITEN

1. Selbständiges; logisches, kritisches,

kreatives Denken

2. Gewinnen und Verarbeiten von

Informationen, Informiertheit über

Informationen

3. Selbständiges Lernen, das Lernen

lernen, sich etwas erarbeiten können

4. Anwendungsbezogenes Denken und

Handeln, Einsatz der eigenen

Sensibilität und Intelligenz, z.B. bei

Umstellungen und Neuerungen, im

Vorschlags- und Erfindungswesen

5. Entscheidungsfähigkeit,

Führungsfähigkeit, Gestaltungsfähigkeit,

z.B. Selbständigkeit bei Planung,

Durchführung und Kontrolle

Basis- Qualifikationen

(n. Mertens)

Horizontalqualifika-tionen (n. Mertens)

Lernqualifikationen (n.

Bunk)

Transferqualifikationen

(n. Bunk)

Handlungsqualifika-

tionen (n.

Bunk)

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94

Personale

VERHALTENS

-WEISEN

1. Verhaltensqualifikationen mit

einzelpersönlicher Betonung: u.a.

Selbstvertrauen, Optimismus, Wendigkeit,

Anpassungsfähigkeit, Eigenständigkeit

2. Verhaltensqualifikationen mit

zwischenmenschlicher Betonung: u.a.

Kooperationsbereitschaft, Fairness,

Verbindlichkeit, Gerechtigkeit,

Aufrichtigkeit, Dienstbereitschaft,

Teamgeist, Solidarität

3. Verhaltensqualifikationen mit

gesellschaftlicher Betonung: u.a. Fähigkeit

und Bereitschaft zu wirtschaftlicher

Vernunft, technologischer Akzeptanz und

zum sozialen Konsens

4. Arbeitstugenden, u.a. Genauigkeit,

Sauberkeit, Zuverlässigkeit, Exaktheit,

Pünktlichkeit, Ehrlichkeit, Ordnungssinn,

Konzentration, Ausdauer,

Pflichtbewusstsein, Fleiß, Disziplin,

Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme

Werthaltungs-

qualifikationen (n.

Bunk)

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Gestaltbarkeit von Arbeitsmodellen

• Unterschiedliche Managmentmodelle

• Traditionelles Modell (Arbeitsteilung)

• Human Relation Modell

• Human Ressources Modell

95

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und Psychologie

96

Das Bild vom Menschen in drei Managementmodellen (1)

Traditionelles Modell Human Relations Modell Human Ressources Modell

Annahmen

Die meisten Menschen

empfinden Abscheu vor der

Arbeit.

Lohn ist wichtiger als die Arbeit

selbst.

Menschen wollen sich als

bedeutend und nützlich

empfinden.

Menschen brauchen Zuneigung

und Anerkennung, das ist für die

Arbeitsmotivation wichtiger als

Geld.

Menschen wollen zu sinnvollen

Zielen beitragen, bei deren

Formulierung sie mitgewirkt

haben.

Die meisten Menschen können

viel kreativere und

verantwortungsvollere Aufgaben

übernehmen, als es die

gegenwärtige Arbeit verlangt.

Prof. Dr. R. Nickolaus

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97

Das Bild vom Menschen in drei Managementmodellen (2)

Traditionelles Modell Human Relations Modell Human Ressources Modell

Empfehlungen

Manager hat seine

Untergebenen eng zu

überwachen und zu

kontrollieren.

Er soll Aufgaben in einfache,

repetitive Schritte aufteilen.

Er soll detaillierte

Arbeitsanweisungen entwickeln

und durchsetzen.

Manager gibt jedem Arbeiter ein

Gefühl der Nützlichkeit und

Wichtigkeit.

Er soll seine Mitarbeiter gut

informieren und auf ihre

Einwände hören.

Er soll den Mitarbeitern

Gelegenheit zur Selbstkontrolle

bieten.

Manager sollte verborgene

Anlagen und Qualitäten der

Mitarbeiter nutzen.

Er soll eine Atmosphäre

schaffen, in der die Mitarbeiter

sich voll entfalten können.

Er soll Mitbestimmung

praktizieren und dabei die

Fähigkeit zur Selbstkontrolle

entwickeln.

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98

Das Bild vom Menschen in drei Managementmodellen (3)

Traditionelles Modell Human Relations Modell Human Ressources Modell

Erwartungen

Menschen ertragen die Arbeit,

wenn der Lohn stimmt und der

Vorgesetzte fair ist.

Wenn die Aufgaben einfach

genug sind, und die Arbeiter eng

kontrolliert werden, erreichen

sie das Soll.

Informationen und Mitsprache

befriedigen die Bedürfnisse

nach Anerkennung und

Wertschätzung.

Die Bedürfnisbefriedigung führt

zur Zufriedenheit und baut

Widerstände gegen die formale

Autorität ab.

Mitbestimmung,

Selbstbestimmung und

Selbstkontrolle führen zu

Produktivitätssteigerungen.

Als Nebenprodukt kann auch

die Zufriedenheit steigen, da die

Mitarbeiter all ihre Fähigkeiten

nutzen können.

Aus: Reetz, Lothar: Überlegungen zu einer zukunftsgerichteten Rolle der Ausbilder in den Betrieben.

ZBW, 98.Bd.,Heft 1 (2002) Stuttgart: Franz Steiner Verlag, Seite 14.

Welches Modell würden Sie präferieren? Weshalb?

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99

Fragen zu Abschnitt 1 und 2.1 (1)

1. Welche Relevanz hat die Auseinandersetzung mit organisatorisch institutionellen

Aspekten beruflicher Bildung für Lehrende in der beruflichen Bildung bzw. Tätige im

Bildungsmanagement?

2. In welcher Beziehung steht das Berufsbildungssystem zu anderen Subsystemen?

Welche Funktionen werden ihm zugeschrieben?

Inwieweit bilden die Beziehungszuschreibungen auch die Realität ab?

3. Was ist ein System, welches sind die „Elemente" des Berufsbildungssystems, in

welcher Beziehung stehen diese und wie gestaltet sich die Austauschbeziehung des

Berufsbildungssystems mit anderen Subsystemen?

4. Zeigen Sie beispielhaft, wie die Funktionszuschreibungen zur Analyse des

Berufsbildungssystems genutzt werden können.

5. Veranschaulichen Sie an historischen Beispielen den Wandel von

Funktionszuweisungen an das berufliche Bildungssystem.

6. Erörtern Sie, inwieweit das Bildungssystem als Vehikel zur Reproduktion der

Sozialstruktur bzw. als Instanz der permanenten Umverteilung von Sozialchancen

fungiert. Begründen Sie dabei Ihre Aussagen soweit möglich mit empirischen

Befunden.

Prof. Dr. R. Nickolaus

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100

7. Welche Befunde liegen zur Veränderung der Qualifikationsanforderungen vor und

wie wird im Berufsbildungssystem darauf reagiert?

8. Welche Befunde liegen zum Zusammenhang von beruflicher Tätigkeit und

Persönlichkeitsentwicklung vor?

9. Erörtern Sie zentrale Managementmodelle in pädagogischer Perspektive.

10. Setzen Sie sich mit dem angebots- und nachfrageorientierten Modell der Beziehung

von Bildungs- und Beschäftigungssystem in pädagogischer Perspektive

auseinander.

Fragen zu Abschnitt 1 und 2.1 (2)

Prof. Dr. R. Nickolaus

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101

2.2 Organisationstheoretische Aspekte

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102

Zentrale Fragen

Zu was werden Organisationen/Institutionen benötigt?

Was sind besonders vorteilhafte Organisationsformen?

Welche Grundtypen von Organisationsformen lassen sich (im

Bildungswesen) unterscheiden und worauf sind Veränderungen in

den Organisationsformen zurückzuführen?

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Aufbau des Kapitels

• Begriffliche Orientierung

• Organisationsvarianten

• Forschungsergebnisse zur Funktionalität verschiedener Varianten in

ökonomischen Handlungskontexten

• Übertragung der Erkenntnisse auf den (Berufs)Bildungsbereich und

Entwicklungstendenzen in den Zuständigkeiten

• Einflussfaktoren für die Gestaltung von Organisationen im

Berufsbildungsbereich (Strukturdeterminanten der Schule)

• Steuerung von organisationalen Veränderungen

103

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104

2.21 Organisation

Definition:

Organisieren heißt, wenn man wirtschaftswissenschaftlichen Definitionen folgt, die

Herstellung einer optimalen Funktionsordnung oder anders, die planvolle Aufteilung der

anfallenden Aufgaben auf die einzelnen Funktionsträger personeller und sachlicher Art

mit dem Ziel der bestmöglichen Leistungserfüllung.

(Vgl. Erich Potthoff: Betriebsorganisation: In: Handbuch der Wirtschaftswissenschaften. Köln-Opladen

1958, S.51 ff.)

In der Organistationssoziologie bezeichnet der Begriff Organisation ein soziales Gebilde

nicht nur im Hinblick auf dessen organisierten Aspekt, sondern als Gesamtheit aller

geplanten, ungeplanten und unvorhergesehenen sozialen Prozesse, die darinnen oder in

Beziehung zu anderen, umgebenden Systemen ablaufen.

(Vgl. Günter Hartfiel: Wörterbuch der Soziologie. Stuttgart 1972, S. 488)

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105

Organisation im Bereich des

Lehrens und Lernens

Mikro-

Organisation

Meso-

Organisation

Makro-

Organisation

„Schul“organisation

Lehrplan, Ausbildungs-

ordnungen

Administration,

Verwaltung

Didaktisch-

methodische

Organisation

Curriculare

Organisation

Organisation der

Lehrbedingungen

Lernorganisation

Lehrorganisation

Binnen-

Struktur

Außen-

Struktur

„Innere“ Organisation „Äußere“ Organisation

Orgaisationsbereiche

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106

Kultusministerium, zugleich:

Politisch-parlamentarisch

verantwortlich und

Verwaltungsspitze

Mittlere Schulverwaltung

(strukturiert nach

Ländergesetzen,

Schulverwaltungsgesetzen

usw.)

Untere Schulverwaltung

Schulleiter (Direktor,

Rektor) Stellvertreter

Lehrer, Lehrerkonferenz

(Gesamt- und

Fachkonferenz)

Schüler, in

Jahrgangsklassen

organisiert

GESETZE

ANORDNUNGEN

DIENSTANWEISUNGEN

AUSFÜHRUNGS-

BESTIMMUNGEN

KONTROLLE DER

AUSFÜHRUNG

RÜCKMELDUNG ÜBER

ORDNUNGSGEMÄßE

AUSFÜHRUNG

Unterrichten nach Gesichtspunkten der

Verwaltungsgemäßheit

Typ1: Bürokratiemodell der SchuleQuelle: Jochen Gerstenmaier; Franz Hamburger: Erziehungssoziologie. Opladen 1978, S.29

Organisationsformen

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107

Typ 2: Dienstleistungsmodell der Schule

SCHULVERWALTUNG

DIREKTOR

LEHRER

SCHÜLER

Unterricht nach pädagogischen

Gesichtspunkten

Rückmeldung mit

Einflusschancen

Mitbestimmung

Wahlen

Setzen von

Rahmenbedingungen

Beratung

Beratung

Quelle: Gerstenmaier, Jochen: Erziehungssoziologie. Opladen 1978, S.31

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108

Merkmale der Bürokratien

• Regeln werden gesetzt und deren Einhaltung gesichert

• Auch Vorgesetzte unterliegen diesen Regeln

• Es gilt das Prinzip der Amtshierarchie

• die Amtsinhaber/Innen verfügen über Kompetenzen bezogen auf einen abgegrenzten

Bereich (= Leistungspflichten) mit zugeordneten Befehlsgewalten und Zwangsmitteln

Merkmale organischer Organisationsformen (Typ 3)

• Anpassung und fortgesetzte Neudefinition von Aufgaben in Kooperation mit anderen

(horizontale Bezüge)

• Die Kommunikation ist eher durch Information und Ratschläge als durch Anweisungen

bestimmt

• Führungskräften wird nicht Allwissenheit und höchste Kompetenz zugeschrieben (kann

an verschiedenen Stellen lokalisiert sein)

• Verantwortungsübernahme durch alle

• Identifikation mit der Aufgabe, weniger mit der Organisation

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109

Die formale Orgnianisation des Erziehungssystems als bürokratische Organisation und als Dienstleistungsorganisation

PARLAMENT

REGIERUNG

M

SD

SR

LLL

S S S S S S S S

PO

LIT

ISC

HE

S

SY

ST

EM

ER

ZIE

HU

NG

SS

YS

TE

M

Dienstleistungs-

organisation

bürokratische

Organisation

Ministerium „obere Schulaufsicht“

Bezirksregierung „mittlere Schulaufsicht“

Kommunalverwaltung „untere Schulaufsicht“

Kollegium

Unterricht

Schule

Erla

sse

, V

erf

ügunge

n

Be

rich

te, M

eld

un

gen

nach: Lange, E.: Soziologie des Erziehungswesens. Teubner Studienskripten, Stuttgart 1986, S.110

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110

Struktur und Umwelt von Organisationen: Ergebnisse emp. Forsch.

Definition der Situation

(unabhängige Variablen)

Organisationsstruktur

(abhängige Variablen)

Umwelt

dynamisch? komplex?

Technologie

bekannt? Routine?

jaja

ja

jaja ja

ja

ja

ja

ja

ja

nein

nein

nein

nein

nein

nein

nein

nein

nein

1. Idealtypische Bürokratie (Bundeswehr)

2. Handwerksorganisation (Meisterbetrieb)

3. Differenzierte Bürokratie

(Elektronikindustrie)

4. Matrix-/Projektorganisation

(Krankenhaus)

5. Differenzierung: innen bürokratische,

außen organische Organisation

(Krankenhaus)

6. Differenzierung: innen Projektorganisation, außen organisch

(Werbeagentur)

7. Organische Organisation

(Forschungsbetrieb)

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Zentrale Ergebnisse

• Die Effektivität von Organisationsformen ist abhängig von externen

Bedingungen der Organisationen und den eingesetzten Verfahren zur

Leistungserstellung

• Bei stabilen und wenig komplexen Umwelten sowie bekanntem und

routinisierbarem Technologieeinsatz erweisen sich bürokratische

Organisationsformen als vorteilhaft.

• Bei dynamischen und komplexen Umwelten sowie immer wieder neu zu

entwickelnden Verfahren der Leistungserstellung erweisen sich hingegen

organische Organisationsformen als vorteilhaft

• Ergebnisse beruhen auf Studien aus der Ökonomie

111

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Übertragung auf den Bildungsbereich

• Relevante Umwelten und deren Merkmale?

(Perspektivenabhängigkeit; Bereichsspezifik)

• Eingesetzte Technologien (Effektproblematik)

• Zielperspektive übertragbar?

• Einfluss unterschiedlicher Zielperspektiven auf die

Organisationsgestaltung; Was kennzeichnet eine optimale

Funktionsordnung schulischer und betrieblicher Ausbildung aus den

unterschiedlichen Perspektiven (Azubi, Ausbilder/Lehrer,

KM/Betriebsleitung)?

Entwicklungstendenzen

• Mikroebene: stärkerer Einfluss höherer Ebenen (z.B. Fachgruppen)

• Mesoebene: stärkerer Einfluss der unteren Ebenen (z.B. offene

Curricula)

• Makroebene: weitgehend stabil, partiell Verlagerungen auf

Schulebene in WB ohnehin Regelung durch Betriebe etc.

112

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113

Strukturdeterminanten der Schule

PRIMÄRE ORGANISATIONSNOTWENDIGKEITEN

Unterrichtsmittel

(Lehr- und

Lernmaterialien)

Rekrutierung von

Schülern, Lehrern und

Verwaltungspersonal

Realisierung

von Lehr-/

Lernprozessen

Zertifikate,

Schulabschlüsse

Umweltabsicherung,

Stabilisierung der

Innen-/ Außendifferenz

Allokation

Bürokratiekonstituier

ende Variablen

von außen auferlegte

Herrschaft

Größe

Komplexität

Zwang zur

Zielverwirklichung

affektiv-neutrale

Interaktionen

Umweltvariablen

individuelle Erbanlagen,

kognitive und affektive

Merkmale

erziehungswissenschaftliches

Wissen, Lehrerbildung

Lehrereinstellungen,

Lehrerkompetenz

Familiensysteme

Peer-Gruppen

Wirtschaftssystem

gesellschaftlich-

politisches System

Instand-

haltung

interne

Schulplanung

Koordination Leistungs-

kontrolle

Integration Legitimation

SEKUNDÄRE ORGANISATIONSNOTWENDIGKEITEN

STRUKTUR DER SCHULE

Quelle: Henecka, H.-P.;Wöhler, K.: Schulsoziologie. Stuttgart 1978, S.146

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114

Entscheidungsmodell für Veränderungen in Organisationen (1)

AusgangsproblemWahrgenommener Problemdruck

Hinreichend zur Erzeugung eines Veränderungsmotivs?

Kenntnis relevanter alternativer Handlungsmodelle

(erfolgreiche) Intervention von außen zur Verstärkung des Veränderungsmotivs

Positive Einschätzung einer Handlungsalternative für die eigenen Organisationsziele

Positive Einschätzung der Praktikabilität

Positive Einschätzung der Handlungsalternative für individuelle Bedürfnisse

Potentieller Rezipient von

relev. Informationen

Suche nach weiteren Handlungsalternativen

klein

großnein

ja

vorläufige Beibehaltung bestehender Praktiken

nein

ja

nein

?

Anreize ?

pos.

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115

Entscheidungsmodell (2)

Weitgehende Übernahme (von Teilen) möglich

Organisationsspezifische Adaption der Handlungsalternative erforderlich

Institutionelle Änderung erforderlich personell | organisatorisch | materiell

Positive Erfolgsaussichten

Angemessenes Aufwands- und Ertragsverhältnis

Akzeptables Maß an negativen Nebenwirkungen

nein

nein

nein

ja

ja

pos.

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116

Entscheidungsmodell(3)

Umsetzung

individuell möglich

Umsetzung setzt institutionelle Unterstützung und Einbindung voraus

Entwicklung einer Imlementationsstrategie, eines Implementationsverfahrens

• Einbezug von Machtpromotoren

• Vorbeugen von Innerorganisatorischen Interessekonflikten durch Informationsaustausch und Kommunikation

• Offene Informationspolitik

• Frühzeitiger Einbezug der Beteiligten

• Unterstützung von Selbstreflexion und kooperativen Qualitätsprozessen

• Angemessene Berücksichtigung von Anreizsystemen

• Bereitstellung erforderlicher Ressourcen

• Verständnis von Veränderung als offener Prozess

• Begrenzung der Umsetzung in einem Pilotbereich

Entscheidung für die

Umsetzung

Sicherung der

Voraussetzungen

personell organisatorisch materiell

Umsetzungsversuch

Beibehaltung/ Verbreitung

Revision der Entscheidung

ja

nein

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117

Fragen/Aufgaben zu Abschnitt 2.2

1. Erläutern Sie die Begrifflichkeiten Organisation, Mikroorganisation, Mesoorganisation,

Organische Organisation

2. Skizzieren Sie zentrale Ergebnisse der Organisationsforschung zur Angemessenheit

verschiedener Organisationstypen zur Erstellung von Leistung und beziehen Sie

diese Ergebnisse auf das berufliche Bildungssystem.

3. Setzen Sie sich mit bürokratischen Organisationsformen in pädagogischer

Perspektive bezogen auf die verschieden Organisationsebenen auseinander.

4. Geben Sie einen Überblick zu Einflussgrößen, die für die Gestaltung/ Herausbildung

von Organisationsstrukturen im Bildungsbereich bedeutsam sein könnten. Versuchen

Sie dies ausdifferenziert für berufliche Schulen und betriebliche Ausbildung.

5. Veränderungen innerhalb und von Organisationen stellen an die Akteure hohe

Anforderungen. Skizzieren Sie ein Modell, das für die Gestaltung von

Veränderungsprozessen hilfreich sein könnte.

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118

2.3 Die Struktur schulischer und betrieblicher Berufsausbildung in der BRD

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119

Struktur(1)

Struktur: Bezeichnung für die Anordnung der Teile eines Ganzen zueinander.

Gefüge von Teilen, die zueinander in Beziehung stehen.

Übergeordnetes Strukturierungsprinzip der Berufsbildung in der BRD ist das

Berufsprinzip. D.h., dass Berufe (Qualifikationsbündel, die zu einer Einheit

zusammengefasst sind) als Leitprinzip für die Strukturierung des

Berufsbildungssystems dienen.

Die Struktur des beruflichen (Aus)Bildungssystems ist in Deutschland in hohem

Maße durch rechtliche Vorgaben bestimmt.

Das gilt für die inhaltliche Fixierung der Berufe selbst wie auch für die funktionale

Bestimmung der Lehr-Lernorte und eingeschränkt für die dafür geltenden

Vorgaben zu pädagogischen Handlungsprogrammen.

Prinzipiell kann auf der Makroebene zwischen betrieblicher, über- bzw.

außerbetrieblicher und schulischer Ausbildung unterschieden werden, die im

„dualen System“ mehr oder weniger kooperativ zusammenwirken.

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120

Grundstruktur des Bildungswesens in der Bundesrepublik Deutschland(1)

Kindergarten (freiwillig)SONDER-

KINDER-

GARTEN

SONDER-

SCHULE

SONDER-

SCHULE

10. Schuljahr

HAUPTSCHULE REALSCHULE GYMNASIUM Gesamt-

schule

ORIENTIERUNGS-STUFE (schulformabhängig oder schulformunabhängig)

Abschlüsse an Hauptschulen nach 9 oder 10 Jahren/Realschulabschluss

GRUNDSCHULE

Berufsgrundbildungsjahr schulisch oder kooperativ

Berufs-

aufbau-

schule

Berufsausbildung in BERUFSSCHULE und BETRIEB (Duales System)

BERUFS-

FACH-

SCHULE

FACH-

OBER-

SCHULE

GYMNASIALE OBERSTUFE

(Gymnasium, Berufliches

Gymnasium/Fachgymnasium,

Gesamtschule)

Allgemeine Hochschulreife

Fachhochschulreife

Berufsqualifizierender Abschluss

Mittlerer Bildungsabschluss

UNIVERSITÄT/TECHNISCHE

UNIVERSITÄT

PÄDAGOGISCHE HOCHSCHULE

FACHHOCHSCHULE

VERWALTUNGSFACHHOCHSCHULE

KUNSTHOCHSCHULE

GESAMTHOCHSCHULE

ABEND-GYMNASIUM/

KOLLEG

FACHSCHULE

Berufsqualifizierender Studienabschluss

Allgemeine Hochschulreife

Berufsqualifizierender Abschluss

Weiterbildung (allgemeine und

berufsbezogene Weiterbildung in

vielfältigen Formen)

Sch

ul-

jah

r

13

12

11

10

10

9

8

7

6

5 43 2 1

19

18

17

16

15

16

15

14

13

12

11

10

9

8

7

6

5

4

3

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121

Grundstruktur des Bildungswesens in der Bundesrepublik

Deutschland(2)

zur Abbildung: Schematische Darstellung. In einzelnen Ländern bestehen

Abweichungen. Durchlässigkeit zwischen den Schulformen ist bei der Erfüllung

bestimmter Voraussetzungen grundsätzlich gewährleistet. Vollzeitschulpflicht 9 Jahre (in

BE und NW 10 Jahre), Berufsschulpflicht besteht während der Lehrdauer

Quelle: Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft.

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122

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Zusammensetzung der Neuzugänge in berufliche Bildung 2010

Bildungsberichterstattung 2012, S. 103; Verteilung auf die Sektoren und

Zusammensetzung innerhalb der Sektoren

Verteilung (2011): Dual: 51%; Schulisch: 20,4%; Ü-System: 28,6%

Zusammensetzung in den Sektoren:

123

A-Form oHSch Hsch Mittl. A HZB

Dual 4.6 28.8 44.9 20.2

Schulisch 0.2 17,8 59.7 20.7

Ü-System 20.6 52.0 24.0 1.5

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124

Zahl der Einmünder, Ausbildungsanfänger und Ausbildungsanfängerinnen von 1992 bis 2008 in

Bildungsgängen, die zu einem Berufsabschluss führen, bzw. eine berufliche Grundbildung vermitteln(1)

Quelle: Stat. Bundesamt, Bundesagentur für Arbeit, Bundesinstitut für Berufsbildung: Datenreport zum

Berufsbildungsbericht 2010, S. 98

Neu abgeschlossene Ausbildungs-verträge zum 30.09. (BBiG/HwO) insgesamt

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125

Zahl der Einmünder, Ausbildungsanfänger und Ausbildungsanfängerinnen von 1992 bis 2008 in

Bildungsgängen, die zu einem Berufsabschluss führen, bzw. eine berufliche Grundbildung

vermitteln(2)

Quelle: Stat. Bundesamt, Bundesagentur für Arbeit, Bundesinstitut für Berufsbildung: Datenreport zum

Berufsbildungsbericht 2010, S. 98

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Anteile der Jugendlichen in den Sektorendes Ausbildungsgeschehens (2013)

• Berufsausbildung (35,5%) N=716.042 (Dual + Schulisch)

• Übergangsbereich (12,5%) N=252.623

• Erwerb der HZB (Sek II) (26,6%) N=537.740

• Studium (25,4%) N=511.843

• Bundesweites Ausbildungsplatzangebot zwischen 1992 und 2014 (ca.

725.000 – 560.000)

(Integrierte Ausbildungsberichterstattung 2014; Datenreport 2015)

126

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127

Institutioneller Rahmen der beruflichen Bildung(1)

Bund

Berufsbildungsgesetz (BBiG,

http://hjav.bmwi.bund.de/Rechte_Pflichten/gesetzestexte/bbig.pdf

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie oder sonstiges

zuständiges Fachministerium im Einvernehmen mit dem

Bundesministerium für Bildung und Forschung (§4 BBiG)

Bundesinstitut für

Berufsbildung (§90 BBiG)

Arbeitnehmer- und

Arbeitgebervertreter

Berufsbildungsausschuss

(§§77 ff. BBiG)

Lernort

Ausbildungsbetriebe 2006:

485.045*

Bundesagentur für Arbeit – Berufsberatung – Vermittlung von

Bewerbern und Ausbildungsstellen – Förderung der

Berufsausbildung

Lernort Berufsschulen des

dualen Systems 2006:

1662

Berufliche Schulen:

Berufsvorbereitung und –

grundbildung;

Berufsfachschulen

Sozialgesetzbuch III (SGB III)

Schulgesetze der Länder

Allgemeinbildende Schulen

Hauptausschuss

(§92 BBiG)

Zuständige Stellen

(Kammern)

Kultusministerkonferenz (KMK),

Unterausschuss berufliche Bildung

(Gemeinsames Ergebnisprotokoll vom

30.5.1972)

http://www.kmk.org/doc/beschl/GEP72-05-

30.pdf

Landesregierungen

Landesausschuss für

Berufsbildung

Zulassung zur Kammerprüfung

(§ 43 BBiG)

Rahmenlehrpläne

Erlass von

Ausbildungsordnungen 2006:

342 staatlich anerkannte

Ausbildungsberufe

Ggf. Prüfung

Prüfungen Eignung der

Ausbildungsstätte

*Berechnet auf Basis der Beschäftigtenstatistik der BA (Stichtag 31.12.2006)

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128

Institutioneller Rahmen der beruflichen Bildung(2)

Die berufliche Ausbildung im dualen System findet in Ausbildungsbetrieben und Berufsschulen statt. Die

betriebliche Berufsausbildung ist bundesweit durch das Berufsbildungsgesetz geregelt, die schulische

Berufsausbildung im wesentlichen durch die Schulgesetze der Länder. Als Grundlage für eine geordnete

Berufsausbildung kann das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie oder das sonst zuständige

Fachministerium im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung durch

Rechtsverordnung Ausbildungsberufe staatlich anerkennen und für die Ausbildungsberufe

Ausbildungsordnungen erlassen. Diese werden am Bundesinstitut für Berufsbildung vorbereitet. Das

Bundesinstitut führt zudem Forschungsprojekte durch und wirkt durch Entwicklung, Förderung und

Beratung an der Weiterentwicklung der außerschulischen beruflichen Bildung mit. Wichtige Aufgaben bei

der Durchführung

und Überwachung der Berufsausbildung nehmen die zuständigen Stellen (meist Kammern) wahr. Die KMK

erlässt Rahmenlehrpläne für den berufsbezogenen Unterricht an Berufsschulen, die mit den

Ausbildungsordnungen abgestimmt werden. Die Länder können den Rahmenlehrplan der KMK direkt

übernehmen oder in einen eigenen Lehrplan umsetzen. Lehrpläne für den allgemeinen Unterricht der

Berufsschule werden grundsätzlich von den einzelnen Ländern entwickelt. Die Landesregierungen

bestimmen durch Erlass im Benehmen mit dem Landesausschuss für Berufsbildung auch über die

Gleichwertigkeit einer vollzeitschulischen Berufsausbildung mit der Ausbildung in einem anerkannten

Ausbildungsberuf (Zulassung zur Abschlussprüfung bei den zuständigen Stellen). Der Bundesagentur für

Arbeit obliegt auf Basis des SGB III die Beratung, Vermittlung und Förderung der Berufsbildung für

Jugendliche und Betriebe.

Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung

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129

Institutioneller Rahmen der Berufsausbildung im dualen System

Länderebene:

Landesregierung

Kultusminister

Bundesebene: BM für Bildung und

Wissenschaft in Zusammen-arbeit

mit anderen betroffenen

Bundes- ministerienBundes-

institut für

Berufs-

bildung

Arbeitgeber-

verbände

Gewerk-

schaften

Kultusminister-

konferenz

Industrie- und

Handelskammern

Prüfungs-

aus-

schüsse

berufliche

Teilzeitschulen

betriebliche

Berufsausbildung

(Lehre)Betriebsrat

Jugend-

vertretung

Ausbild

ungsord

nungen, G

esetz

e

Lehrp

läne

Rahm

enle

hrp

läne

Quelle: Arbeitsgruppe am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung: Das Bildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland. Ein Überblick für Eltern, Lehrer, Schüler. Reinbeck bei Hamburg: 1994.

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130

Duales System der Berufsausbildung

POLITISCHE

EBENE

ADMINISTRATIVE EBENE

DIDAKTISCHE EBENE

Länder

KMK-Konferenz

Kultusministerien

Bund

Bildungs-/Fachministerien

BIBB

Schulverwaltung Zuständige Stellen

Sozialpartner Sozialpartner

Landes-institute Verbände

Schulleitung

Ausbildungsberufe

Klassen/Fächer*

Überbetriebliche

AusbildungBetriebsleitung

Ausbildungsabteilung

Abteilung/Arbeitsplatz*

Lernortbereich Betrieb

Lernortbereich Berufsschule

Quelle: Geschäftsstelle des Regierungspräsidenten Münster (Hrsg.): Kooperation der Lernorte im Bereich neuer Informationstechnologien (KOLORIT) –

Modellversuch der Bund-Länder-Kommission; 1. Bericht über den Versuchszeitraum 01.01.1992 – 31.12.1992. Gelsenkirchen: 1992, S. 28.

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131

Das „DUALE“ System der BRD; Rechtsstruktur

Berufsausbil-

dungsvertragAuszubildender Schüler Schulpflicht

Jugendlicher

Ausbilder

Betrieb

Quelle: Eigene Darstellung

privater Unternehmer öffentliche Einrichtungen

Berufschule

Lehrer

privatrechtliche Regelung

Berufsbildungsgesetz (Ausbildungsordnung)

Bundesministerium für Wirtschaft oder zuständiger Fachminister im Einvernehmen mit BM für Bildung, Wissenschaft, Forschung & Technologie

Bundeskompetenz

öffentlich-rechtliche Regelung

Schulgesetze (Schulpflicht u. Lehrpläne)

Kultusminister

Landskompetenz

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132

Ebenen der Manifestation curricularer Strukturen beruflicher

Bildung

Duales System

Gesetzliche Grundlagen BbiG § 25

HwO § 25

Schulgesetz der Länder

Entwicklungsebene BiBB; Verbände; zust. Minist.

Ausbildungsordnung

Ausbildungsrahmenplan

KMK/KM

Rahmenlehrplan; Verordnungen

Normative Ebene Fachlich zuständige

Bundesminister und BMBF

KMK, KM

Aufsichtsebene Zuständige

Stelle/Wirtschaftskammer (mit

Prüfungen)

Schul-/Kultusbehörde mit

Fachlehrplänen

Institutionelle Ebene Ausbildungsbetrieb mit

Ausbildungsplan,

Handreichungen

Berufsschule ggf. mit

Lehrplankonkretisierung

Lernortebene Arbeitsplatz; Ausbildungsplatz:

Unterweisungsentwurf

Unterricht: Stundenentwurf

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133

Grundtypen von Ausbildungsberufen

ohne

Spezialisierungen

mit

Schwerpunkten

mit

Fachrichtungen

in Stufenausbildungen

1. A

usbild

ungsja

hr

3. A

usbild

ungsja

hr

2. A

usbild

ungsja

hr

Grundbildung Grundbildung Grundbildung Grundbildung

1. Berufsqualifizierende Abschlüsse

2. Berufsqualifizierende Abschlüsse

Quelle: Benner, Hermann. Ordnung der staatlich anerkannten Ausbildungsberufe, Bielefeld 1996²

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134

Klassifikation von Berufskonstruktionen

1. Monoberufe (ohne Spezialisierung)

2. Differenzierungsmodelle

(mit fachl. Spez.; mit oder ohne

gestufte Abschlüsse)

3. Teilnormierte Modelle

(Satelitenmodell)

1 2 3 Aj.

KernqualifikationWahlpflicht

Wahl

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135

Sattelitenmodell (DIHT, Stiehl)(1)

Modell:

Wahlpflichtbausteine (spez.

Auswahl, zeitl. flex.)

Berufsprofilprägende

Grundqualifikation

Wahlbausteine (betriebs-

und personenspez.)

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136

Sattelitenmodell (DIHT, Stiehl)

Mit dem Modell verfolgte Ziele:

• mehr Betriebsnähe

• mehr Flexibilität (inhaltliche und nach individuellem Leistungsvermögen)

• mehr Qualifikationsprofile

• hervorragende Qualität bei vertretbarem Kostenaufwand (DIHT: Leitlinien

Ausbildungsreform. Wege zu einer modernen Beruflichkeit, Bonn o.J. (Mitte

90er))

Rolle der Berufsschulen

• Konzentration auf berufsprofilgebende Qualifikation

• im Wahlbereich und gegebenenfalls im Wahlpflichtbereich Angebote in

Konkurrenz mit privaten Einrichtungen

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137

Entwicklung der Anzahl der Ausbildungsberufe

Quelle: Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2011; Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn

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138

Berufsgrundbildung und Berufsfachbildung

Abschluss Sekundarstufe I

z.B. Hauptschulabschluss

Berufsfeldwahl

(Wahl aus 13 Berufsfeldern)

I

Wirtschaft und Verwaltung

II

Metall-technik

III

Elektro-technik

IV

Bau-technik

V

Holz-technik

VI

Textil-technik & Bekleidung

VII

Chemie, Physik, Biologie

VIII

Druck-technik

IX

Farbtechnik & Raum-gestaltung

XI

Körper-pflege

X

Gesund-heit

XII

Ernährung & Haus-wirtschaft

XIII

Agrar-wirtschaft

IBerufsfelder (gemäß der

Berufsgrundbildungsjahr-

Anrechnungsverordnung von

1978; revid. BBiG 2005)

I

Berufsgrundbildung in einem

Berufsfeld (z.T. unterteilt in

Schwerpunkte)

Berufswahl (Wahl eines dem gewählten

Berufsfeld zugehörigen Ausbildungsberufes)

II

Dachdecker Estrichleger

z.B. aus Berufsfeld IV

Entscheidung für einen

Ausbildungsberuf (mit

BGJ-Anrechnung)

II

Berufsausbildung (Wahl eines dem Berufsfeld

zugehörigen Ausbildungs- berufes)

II

I

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139

Struktur und Funktion der beruflichen Lernortkomplexe

BetriebÜberbetriebliche

Ausbildungsstätten (ÜA)Berufsschule

Lehrecke /

Lehrwerkstatt =

produktionsgelöste,

praktische (Grund-)

Ausbildung

Arbeitsplatz =

produktions-

verbundene

praktische

(Fach-) Ausbildung

Innerbetrieblicher

Unterricht =

betriebsspezifische

Kenntnisse und

Prüfungsvorbereitung

Unterstützung kleinerer und mittlerer

Betriebe, insbesondere bei der

Grund- und Fachausbildung durch

Unterweisung und Unterricht

Unterricht in

Fachtheorie und

allgemeinbilden-

den Fächern

Schulwerkstatt =

Demonstration

und Veran-

schaulichung

Partiell: Verbundausbildungen, z.B. zwischen Betrieben oder Betrieben und ÜA;

ca. 3-5%

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140

Probleme der Berufseinmündung an der ersten Schwelle

• Zugang in einzelne Berufe ist stark durch die Vorbildung bestimmt (Einschränkungen

bei Hauptschülern und Schülern ohne Hauptschulabschluss)

• geschlechtsspezifisches Wahlverhalten

• geschlechtsspezifische Ausbildungsbeteiligung

• Konzentration auf relativ kleine Berufsgruppen

• Mädchen in Männerberufe

• Ausbildungsbeteiligung ausländischer Jugendlicher

• Schulische Vorbildung

• Vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge

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141

Probleme des Berufszugangs und der Berufswahl

Übersichtsdarstellung)

Angebot und Nachfrage

Angebots-Nachfragerelation

Schwerpunkte des Ausbildungsplatzrückgangs in den 90ern

Ausbildungsanteile Ost und West

Verteilung auf die Bereiche (Industrie, Handel,… etc.)

Verteilung auf Groß- und Kleinbetriebe

Qualitative Aspekte der Verteilung

a) Fehlausbildung

b) Ausbildungsqualitäten

- unsystematische Ausbildung

- systematische Ausbildung

c) Diskrepanzen Angebot/Nachfrage berufsspezifisch

Stark besetzte Ausbildungsberufe

nach Vorbildung

nach Geschlecht höhere Konzentration

„Benachteiligte“

Frauen

Ausländer

Determinanten der Berufswahl/Einmündung

schulische Vorbildung

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142

587.879

587.052

597.736

612.785

634.938

648.204

660.380

645.335

634.698

595.706

592.649

617.064

590.684

625.640

658.545

630.857

575.607

655.857

622.234

616.988

609.274

613.381

635.933

654.454647.383

638.771

590.328

572.474

586.358

562.816

591.554

644.244

635.849

583.259

500.000

520.000

540.000

560.000

580.000

600.000

620.000

640.000

660.000

680.000

Angebot und Nachfrage nach Ausbildungsplätzen, Deutschland 1993 - 2009

Angebot

Nachfrage

Quelle: Berufsbildungsbericht 2010; Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn, S. 11 (eigene Darstellung)

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143

Angebot und Nachfrage nach Ausbildungsplätzen

Deutschland 1993 – 2009, Stichtag 30.09.(2)

Die Grafik stellt Angebot und Nachfrage am Ausbildungsstellenmarkt zum 30.09. des jeweiligen Jahres dar,

wobei als Angebot die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge sowie die bei der Bundesagentur für

Arbeit gemeldeten, noch nicht vermittelten Ausbildungsstellen erfasst sind und als Nachfrage neben den

abgeschlossenen Verträgen, die bei der BA gemeldeten, noch nicht vermittelten Bewerber und

Bewerberinnen. Im Jahre 2007 ist die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge (625.914) um

8,6% höher als im Vorjahr. Dies ist zwar der zweithöchste Wert seit der Wiedervereinigung, dennoch konnte

das Ungleichgewicht zwischen angebotenen und nachgefragten Ausbildungsstellen nicht grundlegend

beseitigt werden (siehe Ulrich, J.G. et al.: Deutliche Fortschritte in 2007 beim Abbau des

Ausbildungsplatzmangels. Bonn 2007; http://www.bibb.de/de/31319.htm). Zusammen mit den noch offenen

Ausbildungsstellen betrug am 30.09.2007 das Angebot am Ausbildungsstellenmarkt 644.057. Die Nachfrage

nach Ausbildungsplätzen beträgt 654.967. Da die Nachfrage - nach der eng begrenzten Definition - stärker

gestiegen ist als das Angebot, hat sich die Relation zwischen Angebot und Nachfrage im Vergleich zum

Vorjahr um 3,8% verbessert und liegt nun bei 98,3%. Allerdings werden solche Jugendliche, die wegen

fehlendem Bewerbungserfolgs in Alternativen ausgewichen sind, auch dann nicht zur Nachfrage gezählt,

wenn sie weiterhin in eine Lehrstelle vermittelt werden wollen. Der Zuwachs an Ausbildungsplätzen in 2007

wurde nahezu ausschließlich in den alten Ländern erzielt; im Vergleich zum Vorjahr beträgt der Zuwachs dort

10,7%. In den neuen Ländern ist die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge lediglich um 0,9%

gestiegen; dort war auch eine deutlichere regionale Varianz in den Entwicklungen zu beobachten, mit

deutlichen Rückgängen in einigen Arbeitsagenturen (siehe Ulrich et al. 2007).

Nach 2007 fällt die Nachfrage aus demographischen Gründen stark ab, ebenso das Angebot.

Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung

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144

Einflussgrößen auf die Chance, den Wunsch nach einer dualen Ausbildung realisieren zu können. Logistische Regressionen

Modell 1a Jahr 2004

Modell 1b Jahr 2005

Modell 2a Jugendliche ohne Migrations-hintergrund

Modell 2b Jugendliche mit Migrations-hintergrund

WohnregionWest Ost

10.57**

10,67*

10,61**

1(0,73)

GeschlechtMänner Frauen

10,66**

10,78

10,61**

11,32

Alter 0,91 0,88* 0,86** 1,00

Absolventen/-innenallg. bild./berufl. Schule Berufl.Vollzeitschule

11,16

11,07

11,13

11,23

AbschlussHauptschulabschlussMittlerer AbschlussHoch-/Fachhochschulreife

11,94**3,65**

11,48*2,62**

11,73**3,84**

11,52(1,10)

Schulnotebefriedigend/ausreichendsehr gut/gut

12,56**

11,45*

11,88**

11,94**

MigrationshintergrundNeinJa

10,55**

10,31**

11

Abgangsjahr20042005

10,83

10,41**

Erste Sprache im KindesalterDeutsch

- 1,94**

Konstanteberücksichtigte FällePseudo R²

5,427626,9%

9,337465,8%

14,6112134,5%

0,262957,0%

Quelle: Bundesinstitut für Berufsausbildung

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Variable Kategorie

Kompetenz Mathe** ** **

Kompetenz Lesen*

Grundintelligenz

Orientierungsfunktion des Praktikums

unterdurchschnittlich

überdurchschnittlich* *

Note Verhalten

schlechter als 2

2 oder besser* *

** *

Anzahl Übergangsmaßnahmen

2 oder mehr

eine*** ***

** **

Raumkategorie

Ländlicher Raum

Verdichtungsraum

Maßnahmeform

VAB/BVJ

BEJ

Geschlecht

weiblich

männlich

Migrationshintergrund

nein

ja*

** *** *** 145

Erklärungsmodelle zum Übergang in vollqualifizierende Ausbildung bzw. weiterführende Schule (IBIS Studie) unter Einbezug von Testdaten

• Die Güte des Praktikums, die

Verhaltensnoten, die Anzahl der

besuchten

Übergangsmaßnahme sowie

der Migrationshintergrund

beeinflussen die

Wahrscheinlichkeit in eine

vollqualifizierende Ausbildung

einzumünden signifikant, die

Fachleistungen (Testdaten)

erbringen keinen Beitrag zur

Varianzaufklärung

• Für den Übergang in

weiterführende Schulen ergibt

sich ein völlig anderes Bild!

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146

Direkteinstieg in Ausbildung B Exp (B)

Umwegeinstieg in Ausbildung über Schule B Exp (B)

Umwegeinstieg in Ausbildung über BV/Sonstiges B Exp (B)

Schulische Höherqualifizierung B Exp (B)

Mädchen (Ref. Jungen)

-,217 ,805 ,029 1,030 ,053 1,054 ,467 1,596*

Migrationshintergrund (Ref. Kein MH)

-1,003 ,367*** -,472 ,624** -,160 ,852 -,199 ,820

Höchster ISEI Vater/Mutter

-,004 ,996 ,002 1,002 -,006 ,994 ,023 1,024**

Arbeitslosigkeit der Eltern (Ref. Keine AL)

-,963 ,382** -,859 ,423* -,508 ,602 -,109 ,897

Mehr als 3 Probleme (Ref. max. 3 Probleme)

-,835 ,434** -,863 ,422** -,337 ,714 -,886 ,413**

gute Noten (Ref. schlechte Noten)

,289 1,335

,528 1,696** -,117 ,890 ,851 2,343**

Klassenwiederholung (Ref. keine KW)

-,213 ,808 -,732 ,481** -,186 ,830 -1,041 ,353**

Schulschwänzen (Ref. kein Schwänzen)

-1,195 ,303*** -,843 ,431** -,552 ,576** -,868 ,420**

kein Berufswunsch (Ref. BW vorhanden)

-1,543 ,214*** -,002 ,998 -,574 ,563* ,412 1,510

unklare berufl. Pläne (Ref. andere Pläne)

-,989 ,372** -,810 ,445** ,129 1,137 -,369 ,691

Konstante (b₀) 2,065 ,971 1,058 -1,329

n=n(Ausb.losigkeit)=164 Gesamt N=959

283 195 223 94

Nagelkerns Pseudo-R² = .213 *p≤ .10; ** p≤ .05; ***p≤ .01

Tab. 3: Multinominale logistische Regression zu den Verlaufstypen (Referenzkategorie: Wege in Ausbildungslosigkeit)

Quelle: Gaupp/Geier/Lex/Reißig (2011): Wege in Ausbildungslosigkeit. Determinanten misslingender Übergänge in Ausbildung von Jugendlichen mit

Hauptschulbildung. In: Zeitschrift für Pädagogik, Jahrgang 57,(2011), Heft 2, S.173-186.

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147

Ausbildungsbereitschaft von Betrieben(1)

Quelle: http://www.bibb.de/dokumente/pdf/ausbildungsquote_d_1999_2008.pdf (Letzter Zugriff: 24.03.2012, 20.22 Uhr)

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148

Ausbildungsbereitschaft von Betrieben

Übersicht: Beschäftigte und Auszubildende nach

Betriebsgrößenklassen in den alten Ländern 1999, 2007 und 2008

Quelle: eigene Darstellung nach Zahlen aus den Internettabellen zum Berufsbildungsbericht 2010

http://www.bibb.de/dokumente/pdf/ausbildungsquote_d_1999_2008.pdf (Letzter Zugriff: 24.03.2012, 20.22 Uhr)

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149

Verteilung der Auszubildenden auf die Betriebsgrößenklassen 2004 in

Prozent

Quelle: eigene Darstellung nach Zahlen aus den Internettabellen zum Berufsbildungsbericht 2010

http://www.bibb.de/dokumente/pdf/ausbildungsquote_d_1999_2008.pdf (Letzter Zugriff: 24.03.2012, 20.22 Uhr)

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Ausbildungsberechtigung, Ausbildungsbeteiligung und Übernahmeqouten der Betriebe

• 2010 waren ca. 56% aller Betriebe ausbildungsberechtigt, wobei die Anteile

in Abhängigkeit von der Betriebsgröße schwanken (Kleinstbetriebe 49%,

Großbetriebe 91%)

• Die Ausbildungsbeteiligung der ausbildungsberechtigten Betriebe variiert

ebenfalls nach Betriebsgröße (global 53%, Kleinstbetriebe 41%,

Großbetriebe 97%)

• Auch bei den Übernahmequoten ergibt sich dieses Bild: Sie ist in den

Großbetrieben am höchsten (75%) und in den Kleinstbetrieben am

geringsten (48%)

(Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2012)

150

Insgesamt bilden gegenwärtig ca. 20% aller Betriebe aus, Tendenz

fallend (Datenreport 2015)

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151

Gründe für Ausbildungsverzicht

• ca. 2/3 der lehrberechtigten Betriebe, die nicht ausbilden, sind der Meinung, die

Auszubildenden sind zu selten im Betrieb

• Über die Hälfte nennt als Hindernisse, dass keine qualifizierten Bewerber zu finden

seien, die Kosten zu hoch sind, zu viele Vorschriften zu beachten sind

• fehlende Zeit, sich um die Auszubildenden zu kümmern

• Betrieb zu spezialisiert

(Informationen zur beruflichen Bildung 31.7.02)

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152

AuszubildendeBeschäftigte Ausbildungsquote Auszubildende: Veränderung

2008 gegenüber 1999

Quelle: http://datenreport.bibb.de/media2010/tab_a5_10_1-19.pdf (Letzter Zugriff: 24.03.2012, 20.22 Uhr)

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Quelle der Zahlen von 1993-2006:

Internetversion des BIBB-Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2010 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der

beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2010).

Quelle der Zahlen von 2007-2009:

Statistisches Bundesamt (2011): Fachserie 11, Reihe 3. Wiesbaden, http://www.destatis.de

(letzter Zugriff: 6.3.2012, 14.00 Uhr)

Anzahl der Auszubildenden nach Ausbildungsbereichen 1993 bis 2009

153

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154

Auszubildende nach Bereichen, Deutschland 1993 – 2009

In Ausbildungsberufen des Zuständigkeitsbereichs Industrie und Handel ging die Zahl der Auszubildenden seit 1991 zunächst stark zurück, bedingt durch die Entwicklung in den alten Ländern. Dies ist vor allem durch ein geringeres Ausbildungsplatzangebot bedingt, zum Beispiel in industriellen Metall- und Elektroberufen. Nach 1996 hat ein Anstieg bis zum Jahre 2001 stattgefunden, in den alten wie in den neuen Ländern. Seit 2002 ist die Zahl der Auszubildenden aber auch in diesem Bereich gesunken. Seit 2005 steigt sie wieder an. Im Handwerk beruht die Zunahme seit 1991 größtenteils auf den Entwicklungen in den neuen Ländern. Durch den Aufbau handwerklicher Wirtschaftsstrukturen hat sich die Auszubildendenzahl dort mehr als verdoppelt. In den letzten Jahren ist jedoch ein erheblicher Einbruch festzustellen, bedingt durch die niedrigeren Zahlen vor allem im Baubereich. Mit den Privatisierungen im Post–und Bahnbereich wurden Ausbildungsberufe des öffentlichen Dienstes aufgehoben. Dies beeinflusste den Rückgang der Auszubildendenzahlen in diesem Bereich Mitte der 90er-Jahre. In den übrigen Bereichen ist die Entwicklung der Zahl der Auszubildenden unterschiedlich. In der Landwirtschaft steigt mit Ausnahme der Jahre 2000 bis 2003 die Zahl der Auszubildenden. In den Freien Berufen geht die Zahl der Auszubildenden seit 1997 (mit Ausnahme der Jahre 2001 und 2002) zurück. In den sonstigen Bereichen (Hauswirtschaft und Seeschifffahrt) sind insgesamt vergleichsweise wenige Jugendliche in Ausbildung, die Auszubildendenzahl schwankt zwischen 12 und 14 Tausend.

Quelle: Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Schaubilder zur Berufsbildung, Seite 27

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155

Sektorale Umverteilung von Facharbeitern (1992)¹

Kleinindustrie²

Ausbildung: 4,7 %

Verbleib: 1,5 %

Zugänge: 3,6 %

Abgänge: 3,2 %

Dienstleistungen/

übrige Bereiche

Ausbildung:18,4 %

Verbleib: 13,7 %

Zugänge: 20,8 %

Abgänge: 4,7 %

Handwerk

Ausbildung: 57,8 %

Verbleib: 27,4 %

Zugänge: 3,4 %

Abgänge: 30,4 %

Großindustrie³

Ausbildung: 19,1 %

Verbleib: 12,9 %

Zugänge: 16,7 %

Abgänge: 6,2 %

0,8 %

0,5 %

0,5 %

1,9 %

1,2 %1,9 %

16,5 %

1,4 %12,0 %

1,5 %

2,8 %

3,5 %

¹ Angaben in Prozent aller ausgebildeten und 1992 erwerbstätigen Facharbeiter

² Industriebetriebe mit 1-49 Beschäftigten

³ Industriebetriebe mit 50 und mehr Beschäftigten

Quelle: von Henninges, Hasso: Die berufliche, sektorale und statusmäßige Umverteilung von Facharbeitern. Institut für

Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit (Hrsg.), BeitrAB 182, Nürnberg 1994, S. 41

Quelle: BiBB/IAB-Befragung

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156

(1)

Quelle: www.bibb.de/dokumente/pdf/AB0408.pdf (letztes Zugriffsdatum: 02.08.12, 9.02 Uhr)

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157

Vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge 1979-2008(2)

Der Anteil der vorzeitig gelösten Ausbildungsverhältnisse schwankt im Zeitverlauf,

wobei sich ein längerfristiger Anstieg zeigt. Seit den 70er-Jahren war bis

Anfang/Mitte der 90er-Jahre ein Anstieg zu beobachten; es folgten mehrere Jahre des

Rückgangs und seit Ende der 90er-Jahre ein erneuter Anstieg. Seit 2003 sinken die

Lösungsquoten wieder. Besonders hoch sind die Lösungsquoten in Berufen des

Handwerks und (etwas geringer) auch im Zuständigkeitsbereich der Freien Berufe;

in den letzten Jahren auch in der Landwirtschaft. In vielen Berufen lösen bis zu

einem Drittel der Auszubildenden den Vertrag wieder. In kaufmännischen Berufen

sind die Lösungsquoten generell geringer. Im öffentlichen Dienst werden die

geringsten Quoten ermittelt. Die Vertragslösungen können vielfältige Ursachen haben

- wie z.B. Konkurs und Schließung des Betriebs oder Berufswechsel der

Auszubildenden; sie sind auch keinesfalls alle mit einem Ausbildungsabbruch

gleichzusetzen. Eine Studie des BIBB (siehe Schöngen, K.: Ausbildungsvertrag gelöst

= Ausbildung abgebrochen? Ergebnisse einer Befragung. In BWP, 5/2003, S. 35ff.)

hat ergeben, dass für viele die berufliche Umorientierung (anderer Beruf, anderer

Betrieb) der Hauptgrund für die Lösung eines Vertrages ist; auch die Wahl eines

ganz anderen Ausbildungswegs (z.B. Schule, Hochschule)

spielt eine Rolle. Mehr als ein Viertel der Vertragslösungen fällt bereits in die

Probezeit. Insgesamt dürften die Hälfte derer, die Verträge lösen, Umsteiger sein,

die ihre betriebliche Ausbildung in einem neuen Beruf und/oder Betrieb fortführen.

Quelle: Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Schaubilder zur Berufsbildung, Seite 38

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Einflüsse auf das Risiko, eine (erste) duale Ausbildung ohne

Abschluss zu beenden – Ergebnisse von binären logistischen

Regressionen (1)

Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BMBF) (Hrsg.)(2013): Report. Forschungs- und Arbeitsergebnisse aus

dem Bundesinstitut für Berufsbildung. 13. Jg., H. 21. S. 6

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Einflüsse auf das Risiko, eine (erste) duale Ausbildung ohne

Abschluss zu beenden – Ergebnisse von binären logistischen

Regressionen (2)

Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BMBF) (Hrsg.)(2013): Report. Forschungs- und Arbeitsergebnisse aus

dem Bundesinstitut für Berufsbildung. 13. Jg., H. 21. S. 6

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Bewertung des Berufs der (ersten) dualen Ausbildung (Anteile in Prozent)

Basis: Personen der Geburts-

jahrgänge 1987 bis 1993, die eine

(erste) duale Berufsausbildung mit

oder ohne Abschluss beendet haben

(gewichtete Ergebnisse;

ungewichtete Fallzahl: insgesamt: n

= 1.608,

mit Abschluss: n = 1.368, ohne

Abschluss: n = 240).

Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BMBF) (Hrsg.)(2013): Report. Forschungs- und Arbeitsergebnisse aus

dem Bundesinstitut für Berufsbildung. 13. Jg., H. 21. S. 7

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Von den Jugendlichen genannte Gründe für die Beendigung der

(ersten) dualen Berufsausbildung ohne Abschluss (Anteile in Prozent)*(1)

Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BMBF) (Hrsg.)(2013): Report. Forschungs- und Arbeitsergebnisse aus

dem Bundesinstitut für Berufsbildung. 13. Jg., H. 21. S. 9

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Von den Jugendlichen genannte Gründe für die Beendigung der

(ersten) dualen Berufsausbildung ohne Abschluss (Anteile in Prozent)*(2)

Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BMBF) (Hrsg.)(2013): Report. Forschungs- und Arbeitsergebnisse aus

dem Bundesinstitut für Berufsbildung. 13. Jg., H. 21. S. 9

Persönliche, finanzielle, gesundheitliche Gründe im Detail

* Es waren Mehrfachnennungen möglich

Basis: Personen der Geburtsjahrgänge 1987 bis 1993, die eine (erste) duale Berufsausbildung ohne Abschluss beendet

haben (gewichtete Ergebnisse; ungewichtete Fallzahl: n = 240).

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163Quelle: Statistisches Bundesamt. Fachserie 11, Reihe 3 (2010), http://www.destatis.de (letzter Zugriff: 6.3.2012, 14.00 Uhr)

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164

Die 20 am häufigsten gewählten Ausbildungsberufe(2)

Zur Spitzengruppe der am stärksten besetzten Ausbildungsberufe gehören, wie in den

Vorjahren, kaufmännische Berufe wie Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel oder

Bürokaufmann/Bürokauffrau; weitere kaufmännische Berufe gehören zu den Top 20. Auch

die Handwerksberufe Kraftfahrzeugmechatroniker/in sowie Friseur/in finden sich im

oberen Teil der Rangliste. Die Bau- und Ausbauberufe des Handwerks (Maler/in und

Lackierer/in, Tischler/in u.a.) sind jedoch nicht mehr auf den vorderen Plätzen zu finden.

Aus dem Bereich der Freien Berufe sind sowohl die Medizinischen als auch die

Zahnmedizinischen Fachangestellten zu nennen.

Insgesamt umfassen die 20 am häufigsten gewählten Berufe 55,7% aller

Neuabschlüsse.

Quelle: Vgl. Statistisches Bundesamt. Fachserie 11, Reihe 3 (2010), http://www.destatis.de (letzter Zugriff: 6.3.2012, 14.00 Uhr)

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165

Neuabschlüsse nach Rangfolge der 10 am stärksten besetzten Ausbildungsberufe, Deutschland 2006(2)

Quelle: Statistisches Bundesamt. Fachserie 11, Reihe 3 (2010), http://www.destatis.de (letzter Zugriff: 6.3.2012, 14.00 Uhr)

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166

Neuabschlüsse nach Rangfolge der 10 am stärksten besetzten Ausbildungsberufe, Deutschland 2010(1)

Quelle: Statistisches Bundesamt. Fachserie 11, Reihe 3 (2010), http://www.destatis.de (letzter Zugriff: 6.3.2012, 14.00 Uhr)

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167

Neuabschlüsse nach Rangfolge der 10 am stärksten besetzten Ausbildungsberufe, Deutschland 2010(3)

Auszubildende mit und ohne Hauptschulabschluss

Von Auszubildenden mit Hauptschulabschluss ist der/die Verkäufer/in am stärksten

besetzt. Ähnlich hoch ist auch die Zahl der Ausbildungsverträge als

Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel. Die nachfolgenden Berufe gehören meist dem

Handwerk an. Unter deren Top Ten Berufe findet man aus dem Bereich Industrie und

Handel neben den Verkäufer/innen noch den Beruf Koch/Köchin. Insgesamt

umfassen die zehn am häufigsten durch Auszubildende mit Hauptschulabschluss

besetzten Berufe 44% aller Auszubildenden mit diesem Abschluss. Ebenso findet man die

Auszubildenden ohne allgemeinbildenden Schulabschluss häufig in Berufen des

Handwerks, wie z.B. Maler/in und Lackierer/in oder Friseur/in. Durch die

konjunkturellen Schwierigkeiten im Baugewerbe sind ihre Anteile dort in den letzten

Jahren geringer geworden. Viele werden in Berufen nach § 66 BBiG bzw. § 42m HwO

(Regelungen für die Ausbildung von Menschen mit Behinderungen) ausgebildet.

Insgesamt machen die Auszubildenden in den 10 am häufigsten mit ihnen besetzten

Berufen 37,3% aller Auszubildenden ohne Abschluss aus.

Quelle: Vgl.:Statistisches Bundesamt. Fachserie 11, Reihe 3 (2010), http://www.destatis.de (letzter Zugriff: 6.3.2012, 14.00 Uhr)

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168

Anteile von jungen Frauen in sogenannten „Männerberufen

Alte Länder (inkl. Berlin) 1977 und 2008 (1)

Quelle: www.bibb.de/dokumente/pdf/Ab0408.pdf (letztes Zugriffsdatum: 18.06.12, 11.37 Uhr)

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169

Anteile von jungen Frauen in sogenannten „MännerberufenAlte Länder (inkl. Berlin) 1977 und 2008 (2)

In einigen „Männerberufen“ hat der Frauenanteil seit den 70er-Jahren erheblich

zugenommen. So gab es zum Beispiel 1977 bei den Maler/innen und

Lackierer/innen 343 weibliche Auszubildende, im Jahre 2008 waren es 2.538 . Ähnlich

liegen die Verhältnisse bei den Tischler/innen. Besonders ausgeprägt sind die

Entwicklungen im Druckbereich. Bei Schriftsetzer/in, Druckform-/Reprohersteller/innen

u.a. wurden früher nur wenige Frauen ausgebildet (Anfang der 70er unter 8%). In

den 80er-Jahren ist der Frauenanteil in diesen Berufen bereits auf über 50% gestiegen;

diesen Wert erreicht auch der neue Beruf Mediengestalter/in für Digital- und

Printmedien. Bei den Konditoren/innen waren auch früher um die 20% junge Frauen,

inzwischen liegt der Anteil aber bei 63,6%. Bei Bäcker/innen erreicht der Frauenanteil

einen Wert von 18,6%, ausgehend von 2,3% im Jahr 1977. Bei diesem stark

besetzten Beruf ist diese Steigerung auch quantitativ sehr bedeutsam; im Jahre

2006 erlernten 2.247 junge Frauen diesen Beruf (1977: 484). Auch in manchen

technischen Berufen wie Chemie- und Biologielaborant/in, Augenoptiker/in und

Zahntechniker/in bilden junge Frauen die Mehrheit; in diesen Berufen war ihr Anteil

aber bereits in den 70er-Jahren hoch. Insgesamt sind die Frauenanteile in

technischen Berufen gering und sie sinken zum Teil wieder. Insgesamt lässt sich

seit Anfang der 90er-Jahre eine weitgehende Konstanz der geschlechtsspezifischen

Segregation in der dualen Berufsausbildung feststellen.

Quelle: Vgl. http://www.bibb.de/dokumente/pdf/Ab0408.pdf (letzter Zugriff: 7.3.2012, 11.55 Uhr)

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170

Quelle: Datenquellen: Seit 1977: Datenbank Aus- und Weiterbildungsstatistik des Bundesinstituts für Berufsbildung

auf Basis der Daten der Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder

(Erhebung zum 31.12.)

http://www.bibb.de/dokumente/pdf/Ab0405.pdf (Letzter Zugriff: 18.06.12 11.40 Uhr)

(1)

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171

Auszubildende nach Geschlecht, Anteile in % alte Länder, (ab 1991 einschließlich Berlin-Ost) 1950 – 2008 (2)

Der Anteil der weiblichen Auszubildenden im dualen System der Berufsausbildung hat seit

den Fünfzigerjahren deutlich zugenommen. Damals waren ein Viertel der Auszubildenden

weiblichen Geschlechts, heute sind es rd. 40%. Bis 1990 ist der Frauenanteil an den

Auszubildenden nahezu kontinuierlich gestiegen. Zwischen den Jahren 1990 und 1996 ist

in den alten Ländern ein leichter Rückgang festzustellen. Dies dürfte mit der schwierigen

Ausbildungsplatzsituation für junge Frauen

zusammenhängen. Von 1997 bis 2002 hat der Frauenanteil bis auf 41,8% wieder leicht

zugenommen; im Jahr 2008 betrug er ca 40%. Die höchsten Anteile an weiblichen

Auszubildenden findet man in Ausbildungsberufen der Freien Berufe (z.B. Medizinische

Fachangestellte, Rechtsanwaltsfachangestellte) und in der Hauswirtschaft (ca. 95%

bzw. 94%). In Industrie und Handel (40%) und im öffentlichen Dienst (64%) liegen die

Werte im mittleren Bereich. Im Handwerk

hat der Frauenanteil in den letzten Jahren erheblich abgenommen und liegt jetzt bei rd.

23% (Ende der 80er-Jahre 28%). In den neuen Ländern schwankte der Frau-

enanteil bisher geringfügig zwischen 37% und 38%, seit 2005 sinkt er bis auf 36,4% in

2006.

Quelle: Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Schaubilder zur Berufsbildung, Seite 32

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172

Quelle: Datenbank Aus- und Weiterbildungsstatistik des Bundesinstituts für Berufsbildung auf Basis der Daten der

Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (Erhebung zum 31.12.); Berechnungen des

BIBB

http://www.bibb.de/dokumente/pdf/Ab0405.pdf (letzter Zugriff: 18.06.12 11.42 Uhr)

(1)

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173

Weibliche Auszubildende (2)in männlich und weiblich dominierten Berufen

Alte Länder (einschließlich Berlin) 1977 - 2008

Im Jahre 2006 wurden in den alten Ländern (inkl. Berlin-Ost) rd. 52.171 junge Frauen in männlich dominierten Berufen ausgebildet, das sind ca. 10% aller in einer betrieblichen Ausbildung stehenden Frauen. Mitte der 70er-Jahre wurden in diesen Berufen unter 3% der Frauen ausgebildet. In Handwerks-berufen sind Frauen insgesamt unterrepräsentiert; einige stärker besetzte Handwerksberufe mit einem zunächst sehr geringen, jedoch im langfristigen Zeitverlauf steigenden Frauenanteil sind Bäcker/in, Maler/in und Lackierer/in sowie Tischler/in. Im industriellen Bereich waren in den Druck- und Medien-berufen steigende Frauenanteile zu beobachten (vgl. Schaubild 4.11). Auch in geringer besetzten Berufen ist diese Entwicklung festzustellen. So gab es 184 Fluggerätemechanikerinnen im Jahre 2006 (8% aller Auszubildenden in die-sem Beruf). In diesen Berufen wurden früher kaum Frauen ausgebildet. Nach wie vor werden die meisten jungen Frauen in weiblich dominierten und überwiegend weiblich besetzten Berufen (Frauenanteil von knapp 60%) ausgebildet. Vor allem die Gruppe der typischen Frauenberufe (über 80% Anteil) ist noch sehr groß; im Jahre 2006 wurden 43% aller Frauen in solchen Berufen ausgebildet. Zur geringen Repräsentanz von Frauen in technischen Ausbildungsberufen und der geschlechtsspezifischen Segregation im dualen System siehe Uhly, A.: Strukturen und Entwicklungen im Bereich technischer Ausbildungsberufe des dualen Systems der Berufsausbildung. Empirische Analysen auf der Basis der Berufsbildungsstatistik (ISSN 1613-4338), Nr. 2-2007, Bonn 2007, http://technologische-leistungsfaehigkeit.de/pub/sdi-02-07.pdf.

Quelle: Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Schaubilder zur Berufsbildung, Seite 32

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174

Anmerkung zu AQ1 und AQ 2

Präzisere Berechnung der Ausbildungsbeteiligungsquote für Personengruppen seit 2007

Seit der Revision der Berufsbildungsstatistik und der Umstellung auf eine Individualdatenerfassung in 2007 liegen Altersangaben für

Neuabschlüsse je Personengruppe vor und so ist auch für einzelne Personengruppen die Berechnungsweise auf Basis von Neuabschlusszahlen

möglich. In den ersten Jahren der Umstellung werden beide Quotenberechnungen ausgewiesen.

Quelle: Gericke N./Uhly A. (2010): Neuberechnung der Ausbildungsbeteiligungsquoten. BIBB (Hrsg.) Bonn, S.5

69,6%

67,1%

66,0%

64,9%

65,1%

64,7%

64,7%

63,4%

63,0%

61,0%

60,0%

58,8%

57,5%

56,9%

57,6%

32,8%

33,9%

33,2%

32,7%

32,3%

31%

30,4%

30,0%

29,3%

28,0%

27,1%

25,2%

23,7%

23,0%

23,9%

0,0%

10,0%

20,0%

30,0%

40,0%

50,0%

60,0%

70,0%

80,0%

Ausbildungsbeteiligungsquote von Jugendlichen mit deutscher und ausländischer

Staatsangehörigkeit, Deutschland 1993-2008 (1)

Ausbildungsbeteiligungs-quote 1 in % Bundesgebiet, Jugendliche insgesamt

Ausbildungsbeteiligungs-quote 2 (1993-2007)und 1 (2007-2008), Bundesgebiet in % Deutsche insgesamt

Ausbildungsbeteiligungs-quote 2 (1993-2007)und 1 (2007-2008), Bundesgebiet in % Ausländer insgesamt

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175

Quelle: Quelle: Gericke N./Uhly A. (2010): Neuberechnung der Ausbildungsbeteiligungsquoten. BIBB (Hrsg.) Bonn, S.5

Ausbildungsbeteiligungsquote von Jugendlichen mit deutscher

und ausländischer Staatsangehörigkeit, Deutschland 1993 –

2007 (2)

0,0%

10,0%

20,0%

30,0%

40,0%

50,0%

60,0%

70,0%

1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007

Deutsche Frauen insgesamt Ausländische Frauen insgesamt

Ausbildungsbeteiligungsquote von Jugendlichen mit

deutscher und ausländischer Staatsangehörigkeit,

Deutschland 1993 – 2007 (2)

0,0%

10,0%

20,0%

30,0%

40,0%

50,0%

60,0%

70,0%

80,0%

90,0%

1993

1994

1995

1996

1997

1998

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

Deutsche Männer insgesamt Ausländische Männer insgesamt

Auszubildende mit ausländischer Staatszugehörigkeit

Deutschland (bis 1992 nur alte Länder) 1980 – 2007 (2)

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176

Ausbildungsbeteiligungsquote von Jugendlichen mit deutscher und ausländischer

Staatsangehörigkeit, Deutschland 1993 – 2007 (3)

Die hier berechnete Ausbildungsbeteiligungsquote gibt den Anteil der

Wohnbevölkerung im Alter von 18 bis unter 21, die einen Ausbildungs-vertrag

abgeschlossen haben, wieder. Sie ist bei Jugendlichen mit ausl-ändischer

Staatszugehörigkeit deutlich geringer als bei den deutschen Jugendlichen;

im Jahr 2007 ist sie weiterhin gesunken und liegt bei 23,9%. Der Rückgang

der Ausbildungsbeteiligungsquote fällt bei den ausländischen Männern

besonders stark aus; von 1994 bis zum Jahr 2008 ist deren Quote um gut 14%

zurückgegangen.

Bei den ausländischen Frauen schwankt die Quote zwischen 1993 und 2003

im gesamten Zeitraum leicht um 25%, seit 2004 ist sie auf ca. 21%

zurückgegangen.

In den neuen Ländern leben nur sehr wenige ausländische Jugendliche und

von diesen sind nur rd. 6% im dualen System der Berufsausbildung zu

finden.

Quelle: Datenbank Aus- und Weiterbildungsstatistik des Bundesinstituts für Berufsbildung auf Basis der Daten der Berufsbildungs-

statistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (Erhebung zum 31.12.) sowie Bevölkerungsfortschreibung

des Statistischen Bundesamtes; Berechnungen des BIBB

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177

Quelle: Datenbank Aus- und Weiterbildungsstatistik des Bundesinstituts für Berufsbildung auf Basis der Daten der Berufsbildungsstatistik der

statistischen Ämter des Bundes und der Länder (Erhebung zum 31.12.); Absolutwerte aus Datenschutzgründen auf ein Vielfaches

von 3 gerundet

http://www.bibb.de/dokumente/pdf/Ab0404.pdf (Letzter Zugriff: 18.06.12 12.08 Uhr)

Auszubildende mit ausländischer Staatszugehörigkeit

Deutschland (bis 1992 nur alte Länder) 1980 – 2008 (4)

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178

Auszubildende mit ausländischer Staatszugehörigkeit

Deutschland (bis 1992 nur alte Länder) 1980 – 2008 (5)

Quelle: Datenbank Aus- und Weiterbildungsstatistik des Bundesinstituts für Berufsbildung auf Basis der Daten der Berufsbildungs-

statistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (Erhebung zum 31.12.); Absolutwerte aus Datenschutzgründen

auf ein Vielfaches von 3 gerundet

http://www.bibb.de/dokumente/pdf/Ab0404.pdf (Letzter Zugriff: 18.06.12 12.08 Uhr)

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179

Auszubildende mit ausländischer Staatszugehörigkeit

Deutschland (bis 1992 nur alte Länder) 1980 – 2008 (6)

In den neuen Ländern leben nur wenige ausländische Jugendliche, die Entwicklung der Zahl ausländischer Auszubildenden ist deshalb nur für die alten Länder dargestellt. Im Jahre 1993 erhielten in den alten Ländern 126.072 ausländische Auszubildende eine Berufsausbildung im dualen System (Deutschland insgesamt 126.283). Seither ging die Zahl, bedingt durch die Engpässe auf dem Lehrstellenmarkt, stark zurück und beträgt im Jahre 2008 64.958 (D 65.701). Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der deutschen Auszubildenden erst seit 2000 zurückgegangen und ist in 2006 wieder gestiegen (insgesamt liegt die Zahl in 2008 leicht über der in 1993). Eine gewisse Rolle kann allerdings auch die zunehmende Zahl von Einbürgerungen spielen. Allerdings geht auch die Ausbildungsbeteiligungsquote der ausländischen Jugendlichen (der Anteil der ausländischen Jugendlichen, die einen Ausbildungsvertrag abschließen) zurück. Diese Quote berücksichtigt Größeneffekte der jeweiligen Wohnbevölkerung; zur Ausbildungsbeteiligungsquote siehe Schaubild 3.2. Die ausländischen Auszubildenden sind auf wenige Berufe konzentriert. Insbesondere in Berufen des Zuständigkeitsbereichs der Freien Berufe finden überproportional viele einen Ausbildungsplatz. Im Handwerk ist deren Anteil stark zurückgegangen (1993: 9,8%; 2006: 4,8%). In manchen Berufen erreichen sie Anteile von 10% und mehr (z.B. bei den Friseur/innen). Aber auch als Kaufleute im Einzelhandel und Bürokaufleute werden viele Jugendliche mit ausländischer Staatszugehörigkeit ausgebildet.

Quelle: Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Schaubilder zur Berufsbildung, Seite 36

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180

Die ausländischen Auszubildenden sind ungleich über die Berufe verteilt. In den meisten

Zuständigkeitsbereichen machen ausländische Auszubildende lediglich 4% bis 5% aus,

in den Berufen des öffentlichen Dienstes nur 1,5%. Insbesondere in Berufen des

Zuständigkeitsbereichs der freien Berufe finden überproportional viele einen

Ausbildungsplatz, insgesamt gut 8%, im Beruf Zahnmedizinische/r Fachangestellte/r

ca. 11%. Auch im Ausbildungsberuf Friseur/in findet man überproportional viele

ausländische Auszubildende (ca. 13%). In einigen kaufmännischen Berufen, wie

Kaufleute im Einzelhandel und Bürokaufleute, werden viele Jugendliche mit

ausländischer Staatsangehörigkeit ausgebildet; ihr Anteil liegt dort bei 7% bzw. 4%.

Generell scheint zu gelten, dass Auszubildende mit Migrationshintergrund größere

Probleme haben in die duale Ausbildung einzumünden und überproportional in weniger

attraktiven Berufen ausgebildet werden.

Auszubildende mit ausländischer Staatszugehörigkeit

Deutschland (bis 1992 nur alte Länder) 1980 – 2008 (7)

Quelle: Granato, M.; Uhly, A.: Werden ausländische Jugendliche aus dem dualen System der Berufsausbildung

verdrängt? In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis 35(2006) 3, S. 51-55.

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181

Ungelerntenquote nach Staatsangehörigkeit in Prozent

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182

Arbeitslose Jugendliche 1973 – 2007(2)

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183

Arbeitslose Jugendliche 1993 – 2007(1)

Ostdeutschland

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184

Arbeitslose Jugendliche 1973 – 2007(3)

Die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen unter 25 Jahren liegt seit einigen Jahren sehr

hoch und betrug im Jahre 2007 423.941, darunter 269.608 in Westdeutschland und

154.333 in Ostdeutschland. Das entspricht einer Quote

von 7,1 (West) beziehungsweise 15,6% (Ost). Nach der Lehre wird eine größere Anzahl

von Jugendlichen arbeitslos, wobei hier zu berücksichtigen ist, dass dazu auch

Abbrecher gehören und solche, die eine andere Ausbildung suchen und nur eine

gewisse Phase überbrücken wollen. Im Jahre 2005 haben sich 295.353 Personen nach

einer betrieblichen Ausbildung arbeitslos gemeldet. *Davon hatten 253.028 die

Ausbildung erfolgreich abgeschlossen. Diese Anzahl schließt auch Lehramtsanwärter,

Referendare, Volontäre und Praktikanten im Anerkennungsjahr ein. Die Anzahl der

erfolgreichen Absolventen und Absolventinnen einer dualen Ausbildung, die danach

arbeitslos sind, kann statistisch nicht eindeutig ermittelt werden, ca. 161.953 sind es im

Jahr 2005; dies entspricht rund 35,6% der erfolgreichen Prüfungsabsolventen einer

dualen Ausbildung im Jahr 2005. (Siehe auch: Berufsbildungsbericht 2007,

http://www.bmbf.de/de/berufs-bildungsbericht2007.php, „Übergänge von Ausbildung in

Beschäftigung“)

* Der vollständige Nachweis von Zu- und Abgängen in und aus Arbeitslosigkeit ist z. Z. nicht möglich, da hierzu nur wenige verwertbare Meldungen von zugelassenen kommunalen Trägern vorliegen. Deshalb beruhen die Daten auf Auswertungen der BA, die allein auf dem IT-Vermittlungssystem basieren und sich auf Kreise mit vollständigen Daten beschränken. Diese wurden auf Deutschland hochgerechnet. Für 2007 und 2006 ist eine entsprechende Schätzung derzeit nicht möglich.

Quelle: Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Schaubilder zur Berufsbildung, Seite 59

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185

Determinanten der Berufswahl Jugendlicher

intrapersoneller Einfluss:

•Selbstbild

•Geschlecht

•Zukunftserwartungen

•Einstellungen zur Arbeitswelt

(z.B. Anspruch an Arbeit)

•Selbstbewusstsein

•Interessen

•Vorbildung

gesellschaftlicher Einfluss:

• Fernsehen und andere

Medien

• Rollenbild in der Gesellschaft

• ökonomisch-technisches

Niveau (Status)

• Ausbildungsplatzangebot

interpersoneller

Einfluss:

• Eltern

• Lehrer

• Freunde

• Arbeitsamt

Berufswahl /

Berufseinmündung

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186Quelle: Magazin Wirtschaft 1/94, S.9

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187

Schulische Vorbildung der Auszubildenden

Alte Länder (2006 inklusive Berlin-Ost), 1970 und 2010 (1)

Quelle: eigene Darstellung nach Angaben des Statistischen Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 2, 2010/2011

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188

Schulische Vorbildung der Auszubildenden

Alte Länder (20010 inklusive Berlin-Ost), 1970 und 2010 (2)

In früheren Jahren war das duale System im Wesentlichen ein Ausbildungssystem für

Hauptschüler. 1970 hatten 79% der Auszubildenden einen Hauptschulabschluss, die

übrigen einen Realschulabschluss. Studienberechtigte waren kaum vertreten. Im Jahr

2010 verfügen in den alten Ländern insgesamt ca. 38% der Jugendlichen mit neu

abgeschlossenem Ausbildungsvertrag über einen Hauptschulabschluss oder keinen

allgemeinbildenden Schulabschluss. Die Anteile von Auszubildenden mit

Realschulabschluss und vor allem auch Studienberechtigten haben sich beträchtlich

erhöht. Etwa die Hälfte der Studienberechtigten des dualen Systems besucht nach der

Ausbildung noch eine Hochschule. Der extreme Rückgang des Hauptschüleranteils

entspricht in großen Teilen der Entwicklung der Struktur der Schulabgänger, da auch hier

mit der Bildungsexpansion die Anteile derjenigen mit Hauptschulabschluss stark

zurückgingen. Allerdings sind auch deutliche Tendenzen der Verdrängung von

Hauptschülern zum einen in einer Situation des Lehrstellenmangels aber auch bedingt

durch steigende Anforderungen im Rahmen der Tertiarisierung und Modernisierung der

Berufsausbildung zu erkennen (siehe: Uhly, A.; Erbe, J. (2007): Auszubildende mit

Hauptschulabschluss: vom Normalfall zur Randgruppe? In: Berufsbildung in

Wissenschaft und Praxis 36(2007)4, S. 15-20).

Quelle: Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Schaubilder zur Berufsbildung, Seite 51

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189

Betriebliche Bildungsarbeit

1. Funktionen betrieblicher Bildungsarbeit

• Sicherung der Erträge/Konkurrenzfähigkeit

• Sicherung der notwendigen Qualifikationen

• Mittel der Personal- und Organisationsentwicklung (z.B. preisgünstige und zielsichere Personalrekrutierung, funktionsbezogene Qualifizierung, Flankierung von Veränderungsprozessen)

2. Inhaltliche Bestimmung

• Ausbildung im Rahmen des BBiG: Ausbildungsordnungen

• Weiterbildung: betrieblicher Bedarf

3. Prinzipielle Organisationsformen (auf der Mikroebene) betrieblicher Ausbildung

• Produktionsintegriert

• Produktionsisoliert

• Produktionsverbunden

4. Grundformen betrieblicher Ausbildung (Meso-/ Makroebene)

• betriebliche Vollausbildung (z.B. Abiturientenausbildung in Großbetrieben

• duale Formen (innerhalb des BBiG, außerhalb der BBiG (z.B. BA, FH))

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190

Ausbildung: Warum Betriebe sich engagieren (1)

* Mehrfachnennungen; Befragung von 1373 Unternehmen im Frühjahr 2001

Quelle: http://www.bibb.de/dokumente/pdf/BWP-2002-H6-32ff.pdf (Zugriffsdatum: 5.3.2012, 19.53 Uhr)

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191

Ausbildung: Warum Betriebe sich engagieren (2)

Quelle: http://www.bibb.de/dokumente/pdf/BWP-2002-H6-32ff.pdf (Zugriffsdatum: 5.3.2012, 19.53 Uhr)

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Warum sich Betriebe aus der Ausbildung zurückziehen

• Zwischen 2007 und 2013 ging der Anteil der ausbildenden Betriebe um ca.

12% zurück, im gleichen Zeitraum reduzierten sich die Neuverträge um ca.

15%

• Unterschieden werden drei Betriebstypen unter jenen, die sich (partiell)

zurückzogen: Beständige, Aussteiger, Kosten-Nutzen Kalkulierer

• Beständige: Rückgang ist primär auf wenige Bewerber und nicht

angetretene Ausbildung zurückzuführen

• Aussteiger: Fehlende Übernahmemöglichkeiten, Umstrukturierungen, kein

Bedarf sind zentrale Rückzugsgründe

• Kosten-Nutzen-Kalkulierer: vielfältige Gründe, keine dominierenden

Beweggründe (BIBB Report 4/2015)

192

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193

Qualitative Merkmale betrieblicher Ausbildung (1)

Betriebliche Aus-

bildungstypen

Empirische Befunde (E. Mayer u.a. 1981: Betriebliche Ausbildung

und gesellschaftliches Bewusstsein. Frankfurt a.M. 1981)

Handwerkliche

Ausbildung

• handwerkliche Ausbildung und Arbeit sind eng gekoppelt.

Auftragslage, Baustellenwechsel, Einsatz auf der Baustelle

bestimmen Lernmöglichkeiten

• z. T. umfassende Ausbildung gefährdet überbetriebliche

Einrichtungen

• Qualität stark von der Person des Ausbilders abhängig; zeitliche

Belastung der nebenamtlichen Ausbilder

industrielle

unsystematische

Maschinenschlosse

rausbildung

• im Vergleich zum Handwerk höheres Maß funktionaler

Differenzierung von Arbeit und Ausbildung

• Lehrecken (Erwerb manueller Grundfertigkeiten)

• Maschinenausbildung in der Produktion

• z. T. Einschränkung der Ausbildungsqualität in den Lehrecken

durch Produktionsaufträge

• Auftragslage, Kapazitätsauslastung bestimmt z. T. die

Qualifizierungsmöglichkeiten

• meist Verzicht auf theoretische Schulung im Betrieb

• wenn, dann nur wenige hauptamtliche Ausbilder

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194

Qualitative Merkmale betrieblicher Ausbildung (2)

industrielle

systematische

Maschinen-

schlosser-

ausbildung

• hohes Maß an funktionaler Differenzierung von Arbeit und

Ausbildung

• Ausgliederung aus der Produktion

• systematische praktisch-theoretische Unterweisung in relativ

hohem Umfang

• Ausbildung erfolgt nach detaillierten Plänen

• hauptamtliche Ausbilder

• Einbindung in den Arbeitsprozess primär zur Ermöglichung von

Erfahrung und Sicherung der gewünschten Schnelligkeit

In kaufmännischer

Ausbildung

weit höherer Anteil der Qualifikation im Leistungserstellungsprozess

z. T. Qualitäts-Probleme Juniorenfirmen

spezielle Kurse

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Neuere Studien zur betrieblichen Ausbildungsqualität

• Strukturell scheint sich wenig verändert zu haben

• Große Unterschiede in den Qualitätszuschreibungen in den verschiedenen

Berufen

• Positive Bewertungen erhalten vor allem die sogenannten strukturellen

Merkmale, wie Ausstattung (ca. 73% positive Bewertung)

• Besonders kritisch werden die Dispositionschancen bei der

Aufgabenbearbeitung eingeschätzt(ca. 41% positive Bewertung)

• Das Interaktionsklima und die Unterweisungsqualität liegen dazwischen (ca.

68 bzw. 63% positive Zuschreibungen)

• Günstigere Zuschreibungen werden in Großbetrieben vorgenommen

• Qualitätszuschreibungen werden vor allem für die Motivation, weniger für

die Kompetenzentwicklung bedeutsam (Baethge-Kinsky/Baethge,

Lischewski 2015; Beck, Landenberger, Oser 2015; Ebbinghaus u.a. 2010)

195

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und Psychologie

196

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197

Betriebliche Motivation Schulische Motivation Fachwissen

ZT AT ZT AT ZT AT

Betr

ieb

lich

e A

usb

ild

un

g

Arbeitsaufgaben .459** .423** .188** .148** .132** -.069

Bedeutsamkeit .330** .364** .144** .161** .050 .086*

Handlungsspielraum .285** .264** .140** .101* .071 -.058

Feedback .325** .269** .242** .168** .103* -.011

Fachkompetenz Ausbilder .460** .340** .212** .155** .105* .045

Fürsorglichkeit Ausbilder .464** .376** .244** .155** .054 .012

Kollegen .497** .441** .290** .204** .068 -.048

Zeitliche Überforderung -.338** -.242** -.163** -.085* -.181** -.127**

Sch

ulisch

e A

usb

ild

un

g

Instruktionsklarheit .200** .212** .393** .393** .078 .129**

Schulische Überforderung -.163** -.095* -.182** -.128** -.307** -.255**

Kompetenzunterstützung .182** .088* .338** .316** .007 .066

Autonomieunterstützung .166** .134** .383** .360** .042 .007

Relevanz der Inhalte .262** .282** .596** .650** .026 .061

Lehrerinteresse .148* .206** .331** .450** -.044 .027

Soziale Einbindung .280** .260** .454** .421** .151** .080

Korrelationen

zwischen Q-

Merkmalen,

Motivation und

FW (Maier u.a.

2014)

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198

Beispiel für die sukzessive Ausdifferenzierung der beruflichen Bildung im Rahmen von Großunternehmen (1)

Die Differenzierung der Lernorte zu Beginn des Entwicklungsprozesses

I.

II.

60er

70er

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199

Beispiel für die sukzessive Ausdifferenzierung der beruflichen Bildung im Rahmen von Großunternehmen (2)

Die Anwendungswerkstatt als Scharnier zwischen zentralen und dezentralen Lernorten

Quelle: Bittmann, A.; Erhard, H.; Novak, H.: Dezentrales Lernen in der Teamarbeit, Abschlussbericht der

Mercedes Benz AG, Gaggenau/Heidenheim 1996, S.133 ff.)

III.

IV.

80er

90er

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200

Lernortkooperation im dualen System (1)

In der Literatur finden sich unterschiedliche Strukturierungen der

Lernortkooperation

Buchfeld/Euler (1994, S.10) unterscheiden z.B.

• gegenseitiges Informieren

• gegenseitige Abstimmung und

• systematisches Zusammenwirken

Pätzold unterscheidet folgende Kooperationsvarianten

• formal veranlasst (z.B. Prüfung)

• pragmatisch-utilitaristisch (aktuelle Probleme gaben den Anlass)

• didaktisch-methodisch (gemeinsame Konzeptentwicklung etc.)

• bildungstheoretisch (Basis ist eine gemeinsame Bildungsarbeit)

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201

Lernortkooperation im dualen System (2)

Berger/Walden (Zur Praxis der Kooperation zwischen Schule und Betrieb. In: Zeitschrift für

BWP, 90. Bd., Heft 4/1994, S. 389 – 408) unterscheiden die Kooperationsvarianten

(nach Intensität)

• keine Kooperation (5-60%)

• sporadische Kooperation (8-55%)

• kontinuierliche-probleminduzierte Kooperation (0-26%)

• kontinuierlich-fortgeschrittene Kooperation (auf individueller Basis; vorrangig

organisatorisch) (5-35%)

• kontinuierlich-konstruktive Kooperation (regelmäßig didaktisch-methodische

gemeinsame Projekte) (0-38%)

Zusammenhänge zwischen Kooperationsqualität und Leistungsentwicklung r~0.2

(Knöll 2007)

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202

(Primäre) didaktische Funktionen der Lehr-Lernorte im dualen

System

• traditionell

Betrieb: primär praktische Qualifizierung

Berufsschule: primär theoretische und allgemein bildende Förderung

Diese traditionelle Funktionszuweisung wird zunehmend in Frage gestellt, wobei

das Verhältnis von betrieblicher und schulischer Ausbildung z.T. höchst

unterschiedlich bestimmt wird. Auf curricularer Ebene lassen sich vier

Grundvarianten des Verhältnisses ausmachen

• Gleichlaufcurriculum

• abgestimmte Curricula

• Differenzcurriculum

• Autonome Curricula

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203

Grundmodelle zur Curricularen Abstimmung von schulischer und

betrieblicher Ausbildung im dualen System (1)

Verhältnis betrieblicher und schulischer Ausbildung. Auf curricularer Ebene lassen sich dazu 4

Grundvarianten ausmachen.

a) Das sogenannte Gleichlaufcurriculum

Unterstellt wird in diesem Modell, dass die theoretischen Kenntnisse der Berufsschule und die

praktischen Fertigkeiten die im Betrieb erworben werden sollen, eindeutig zuordbar seien und

gleichlaufend in Einzelelemente aufgeteilt in Schule und Betrieb vermittelt werden können.

Dass das Modell der systematischen „didaktischen Parallelität“ zumindest mit Ausschnitten

der Realität wenig gemein hat, ist uns allen bekannt. Unreflektiert bleibt bei dieser Variante

häufig die Prämisse harmonischer Zielorientierung beider Lehrorte.

b) Das sogenannte abgestimmte Curriculum

Hier wird davon ausgegangen, dass die Inhalte nicht fein säuberlich zu trennen seien und

eine Mischzone existiert, die sowohl von Schule und Betrieb abgedeckt wird oder werden

kann. Entscheidend für die Zuordnung curricularer Inhalte zu den Lehrorten könnte das

Kriterium „optimale Vermittlungsmöglichkeit“ sein. Eine generelle Passung der Lehrinhalte

wird hier im Gegensatz zum Modell a) nicht mehr unterstellt. Der Umfang der curricularen

Mischzone ist zunächst unbestimmt. Eine Ausweitung dürfte er vor allem dann erfahren,

wenn handlungsorientierte Vermittlungsformen eingesetzt werden.

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204

Grundmodelle zur Curricularen Abstimmung von schulischer und

betrieblicher Ausbildung im dualen System (2)

c) Das sogenannte Differenzcurriculum

Diese Variante hat nach Einschätzung Lipsmeiers vor allem im Anschluss an die

Neuordnungsdiskussion faktisch an Bedeutung gewonnen. Ausgangsprämisse ist hier die

Annahme, die betriebliche Berufsausbildung sei dominant und für das Gesamtcurriculum

verantwortlich, wogegen der Berufsschule nur eine curriculare Restfunktion zukomme,

angereichert mit einigen allgemeinen Fächern.

d) Das sogenannte „autonome Curriculum“

Zentrales Merkmal ist hier eine gewisse Autonomie des betrieblichen und schulischen

Auftrags, was nicht ausschließt, dass von dieser Autonomie auch in der Art Gebrauch

gemacht wird, dass bewusste Bezüge zum jeweils anderen Lernbereich hergestellt werden.

Diskrepanzen im Ziel- und Inhaltsbereich sind jedoch nicht ausgeschlossen. Das denkbare

Spektrum zu realisierender Varianten ist hier m.E. groß und schließt Varianten innerhalb

dessen was wir duales System nennen, aber auch schulische Varianten mit betrieblichen

Praktika ein.

Die Entscheidung, welches der Modelle wir präferieren wollen setzt voraus, dass wir über ein

Referenzkriterium verfügen, das geeignet ist, eine Wertung der einzelnen Varianten

vorzunehmen.

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und Psychologie

Welchem Modell würden Sie den Vorzug geben?

205

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206

Berufliche Schulen

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207

Schule im juristischen Sinne

(Heckel/Seip (1976) Schulrechtskunde Neuwied)

„Schule ist eine organisierte, auf eine Minimaldauer angelegte Einrichtung,

in der unabhängig vom Wechsel der Lehrer und der Schüler durch

planmäßige, gemeinschaftliche Unterweisung in einer Mehrzahl von

Gegenständen bestimmte Lehr- und Erziehungsziele verfolgt werden.“

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208

Makro-Struktur des Bildungswesens in der BRD (Abweichung in einzelnen Bundesländern möglich)

Kindergarten (ggf. Vorstufe)

Grundschulen

Orientierungsstufe(schulformabhängig oder schulformunabhängig)

Hauptschulen

(integriert oder kooperativ)

Sonder-

schule

RealschuleGymnasium

10. Kl.

BFS

BGJ

BFS

BGJ

Duale Ausbildung

(Berufsschule/ Betrieb/ überbetriebliche

Ausbildungsstätte)

BGJ BVJ

Duale

Ausbildung

BGJ

Fachschule

BAS

FOS

Fach-

hoch-

schulen

neu-

gestaltete

gymnasiale

Oberstufe

Fach-

gymna

siumDuale

Ausbild-

ung

BGJ

FOS Klasse

11

FOS Klasse

12

FOS Klasse 12

BOS Klasse 13

HochschulenFachhoch-

schulen

Elementar-

bereich

Primar-

bereich

Sekundar-

bereich I

Sekundar-

bereich II

tertiärer

Bereich

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209

Rahmenvereinbarung über die Berufsschule (1)(Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 15.3.1991)

1. Aufgaben der Berufsschule

1.1 Die Berufsschule und die Ausbildungsbetriebe erfüllen in der dualen

Berufsausbildung einen gemeinsamen Bildungsauftrag.

Die Berufsschule ist dabei ein eigenständiger Lernort. Sie arbeitet als gleichberechtigter

Partner mit den anderen an der Berufsausbildung Beteiligten zusammen. Sie hat gemäß

der Vereinbarung der Kultusministerkonferenz über die "Bezeichnungen zur Gliederung

des beruflichen Schulwesens" (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 08.12.1975)

die Aufgabe, den Schülerinnen und Schülern allgemeine und berufliche Lerninhalte unter

besonderer Berücksichtigung der Anforderungen der Berufsausbildung zu vermitteln.

1.2 Die Berufsschule hat darüber hinaus die Aufgabe, ein die Berufsausbildung

vorbereitendes oder die Berufstätigkeit begleitendes Bildungsangebot zu machen. Nach

Maßgabe landesrechtlicher Regelungen kann sie zusätzlich bei Aufgaben der beruflichen

Fort- und Weiterbildung mitwirken.

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210

Rahmenvereinbarung über die Berufsschule (2)(Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 15.3.1991)

2. Ziele der Berufsschule

2.1 Die Berufsschule vermittelt eine berufliche Grund- und Fachbildung und erweitert die

vorher erworbene allgemeine Bildung. Damit will sie zur Erfüllung der Aufgaben im Beruf

sowie zur Mitgestaltung der Arbeitswelt und Gesellschaft in sozialer und ökologischer

Verantwortung befähigen.

2.2 Die Berufsschule hat zum Ziel,

- eine Berufsfähigkeit zu vermitteln, die Fachkompetenz mit allgemeinen Fähigkeiten

humaner und sozialer Art verbindet;

- berufliche Flexibilität zur Bewältigung der sich wandelnden Anforderungen in

Arbeitswelt und Gesellschaft auch im Hinblick auf das Zusammenwachsen Europas zu

entwickeln;

- die Bereitschaft zur beruflichen Fort- und Weiterbildung zu wecken;

- die Fähigkeit und Bereitschaft zu fördern, bei der individuellen Lebensgestaltung und

im öffentlichen Leben verantwortungsbewusst zu handeln.

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und Psychologie

211

2.3 Zur Erreichung dieser Ziele muss die Berufsschule

- den Unterricht an einer für ihre Aufgaben spezifischen Pädagogik ausrichten, die

Handlungsorientierung betont;

- unter Berücksichtigung notwendiger beruflicher Spezialisierung berufs- und

berufsfeldübergreifende Qualifikationen vermitteln;

- ein differenziertes und flexibles Bildungsangebot gewährleisten, um

unterschiedlichen Fähigkeiten und Begabungen sowie den jeweiligen Erfordernissen

der Arbeitswelt und Gesellschaft gerecht zu werden;

- im Rahmen ihrer Möglichkeiten Behinderte und Benachteiligte umfassend stützen

und fördern. Hierzu wird u. a. verwiesen auf die "Empfehlung zu Maßnahmen

beruflicher Schulen für Jugendliche, die aufgrund ihrer Lernbeeinträchtigung zum

Erwerb einer Berufsausbildung besonderer Hilfe bedürfen" (Beschluss der

Kultusministerkonferenz vom 29.10.1982).

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212

Rahmenvereinbarung über die Berufsschule (3)(Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 15.3.1991)

3. Gliederung und Organisation der Berufsschule

3.1 Die Berufsschule gliedert sich in der Regel in die Grundstufe und die darauf

aufbauende(n) Fachstufe(n).

3.2 Die Grundstufe ist das erste Jahr der Berufsschule. Sie kann in Ausbildungsberufen, die

einem Berufsfeld zugeordnet sind, als Berufsgrundbildungsjahr in vollzeitschulischer

Form oder als Berufsgrundbildungsjahr in kooperativer Form geführt werden. Die

berufliche Grundbildung kann aber auch in einer ein- oder mehrjährigen

Berufsfachschule vermittelt werden. Der Unterricht in vollzeitschulischer Form in der

Grundstufe umfasst auch die fachpraktische Ausbildung.

Das Berufsgrundbildungsjahr und die einjährige Berufsfachschule sind auf der

Grundlage der "Rahmenvereinbarung über das Berufsgrundbildungsjahr" (Beschluss der

Kultusministerkonferenz vom 19.05.1978) im Schulrecht der Länder geregelt. Zur

Grundstufe in mehrjährigen Berufsfachschulen wird auf die "Empfehlung zur

Ausgestaltung der beruflichen Grundbildung in Berufsfachschulen" (Beschluss der

Kultusministerkonferenz vom 14.10.1977) verwiesen.

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und Psychologie

213

3.3 Der Unterricht an der Berufsschule erfolgt in der Regel als Teilzeitunterricht, der auch

in Teilabschnitten zusammengefasst als Blockunterricht erteilt werden kann. Die

Festlegung der Unterrichtsorganisation für die einzelnen Fachklassen erfolgt nach

landesrechtlichen Regelungen.

3.4 Die Organisation von Bildungsgängen der Berufsschule außerhalb der dualen

Berufsausbildung regeln die Länder.

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214

Rahmenvereinbarung über die Berufsschule (4)(Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 15.3.1991)

4. Dauer der Berufsschule und der Schulpflicht

4.1 Die Dauer des Bildungsgangs der Berufsschule entspricht in der dualen

Berufsausbildung der Dauer des Berufsausbildungsverhältnisses.

Das Berufsgrundbildungsjahr dauert ein Schuljahr.

4.2 Die Dauer von Bildungsgängen der Berufsschule außerhalb der dualen

Berufsausbildung regeln die Länder.

4.3 Dauer und Umfang der (Berufs-)Schulpflicht werden auf der Grundlage der

"Empfehlung zu Einzelregelungen für die (Berufs-)Schulpflicht" (Beschluss der

Kultusministerkonferenz vom 30.01.1981) durch die Länder geregelt.

4.4 Bei der Beurlaubung vom Unterricht der Berufsschule ist ein strenger Maßstab

anzulegen. Einzelheiten regeln die Länder auf der Grundlage der "Empfehlung

zur Beurlaubung von Berufsschülern" (Beschluss der Kultusministerkonferenz

vom 30.05.1980).

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215

Deutsche und ausländische Schüler/innen nach Schularten und Ländern

(2010/2011)

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 2, 2010/2011 (eigene Darstellung)

Berufliche Schulen

davon

Berufs-schule im

dualen System

Berufsgrund-bildungsjahr(inkl. Berufs-

vorbereitungs-jahr)

Berufs-aufbau-schulen

Berufs-fach-

schulen

Fach-ober-

schulenFach-

gym-nasien

Berufs-obers./

Technische Oberschule

Fach-

schulen

Fach-

Berufs-

akademien

Land

BW 415.166 206.095 3.936 533 127.308 54.156 2.231 20.907

BY 389.577 275.146 9.960 24.341 41.597 14.794 15.929 7.810

BE 92.885 53.532 3.985 17.365 6.143 2.603 1.400 7.857

BB 55.831 39.983 4.778 2.708 2.438 5.924

HB 27.133 18.513 1.077 3.863 1.516 1.253 81 830

HH 60.302 39.013 3.684 8.893 1.406 2.928 4.378

HE 192.804 114.517 5.471 23.053 21.853 13.943 13.967

MV 44.454 29.006 2.608 7.417 609 2.295 2.519

NI 282.742 160.453 9.083 55.681 19.327 23.725 434 14.039

NW 613.260 371.161 27.927 109.080 25.018 30.733 49.339

RP 129.098 78.811 2.334 22.928 8.447 5.058 11.520

SL 37.441 21.128 1.935 3.785 6.964 1.384 2.245

SN 123.727 66.327 5.374 27.385 6.793 6.441 11.407

ST 60.355 38.939 2.150 11.936 2.344 1.519 3.467

SH 97.868 64.502 2.146 15.360 1.294 8.856 668 5.042

TH 65 331 36.453 2.617 15.253 2.236 2.573 6.199

Deutschland 2.622.643 1.613.579 84.287 533 478.426 139.808 163.294 24.666 175.569 7.810

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216

Berufsvorbereitung und berufliche Grundbildung an beruflichen

SchulenDie Zahl der Schüler an beruflichen Schulen ist in den letzten Jahren erheblich angestiegen.

Bedingt durch den Ausbildungsplatzmangel wählen viele Schulabgänger schulische

Qualifizierungsmaßnahmen zur Überbrückung von Wartezeiten (vgl. Ulrich,J.G. (2003):

Ergänzende Hinweise aus der Lehrstellenbewerberbefragung 2002 zur Interpretation der

Berufsbildungsstatistik, In: ibv, Nr. 13/03, S.1775ff.). So hat insbesondere der Besuch des

Berufsvorbereitungsjahres zugenommen; die Zahl der Absolventen des BVJ hat sich zwischen

1993 und 2006 mehr als verdoppelt. Seit 2006 ist diese von 72.260 auf nur noch 48.877 im Jahr

2010 gesunken. Im Berufsvorbereitungsjahr werden Jugendliche ohne Ausbildungsvertrag durch

Vollzeitunterricht auf eine berufliche Ausbildung oder Tätigkeit vorbereitet. Im Vergleich der

Jahre 1993 und 2006 ist auch für die Zahl der Absolventen des Berufsgrundbildungsjahres

(+79,2%) sowie der Berufsfachschulen (+111%) ein Anstieg zu beobachten. Die Zahl der

Ausbildungsanfänger im dualen System mit entsprechender schulischer Vorbildung (die

Berufsbildungsstatistik erfasst als die zuletzt besuchte Schule auch die beruflichen Schulen)

spiegelt die Entwicklungen bzw. die absolute Größe der Daten an Schulabsolventen der

beruflichen Schulen nicht wider. Die Zahl der Ausbildungsanfänger mit der Vorbildung BGJ oder

BVJ fällt deutlich geringer aus, die mit BGJ nimmt zudem im Zeitverlauf ab. Die mag teilweise

durch Vergleichbarkeitsprobleme der verschiedenen Statistiken bedingt sein; die Unterschiede

sind aber derart hoch, dass man annehmen kann, dass ein Großteil der Absolventen der

beruflichen Schultypen BGJ und BVJ nicht bzw. nicht unmittelbar nach Abschluss in eine

betriebliche Berufsausbildung einmündet.

Quelle: Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Schaubilder zur Berufsbildung, Seite 21

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und Psychologie

217Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 2, 2010/2011 (eigene Darstellung)

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218

Berufsausbildung an beruflichen Schulen,

Deutschland 2006

Teilweise stellen diese Schulen aber auch alternative Ausbildungsgänge zur

betrieblichen Berufsausbildung zur Verfügung. An Berufsfachschulen erwerben rd.

28% der Abgänger (2006: 80.883) einen beruflichen Abschluss in Berufen, die

keine Ausbildungsberufe (nach BBiG bzw. HwO) sind, viele davon als

Kinderpfleger/in, in einem Gesundheitsdienst- oder Sozialdienstberuf, aber auch

in den so genannten Assistentenberufen (Informatik, Wirtschaft, Medien).

Vergleichsweise wenige Schüler der Berufsfachschulen (rd. 12.826 bzw.4,4%

aller Absolventen) haben im Jahr 2006 einen beruflichen Abschluss in einem

anerkannten Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz bzw. der

Handwerksordnung erworben. Schulen des Gesundheitswesens vermitteln einen

Ausbildungsabschluss außerhalb des Berufsbildungsgesetzes. Insbesondere die

Krankenschwesternausbildung, aber auch Physiotherapeuten/innen,

Altenpfleger/innen, Rettungsassistenten/innen u.a. fallen darunter. Rund 40.526

Schülerinnen und Schüler bestanden im Jahre 2006 die Abschlussprüfung an

einer solchen Schule (davon 14.568 Gesundheits- und Krankenpfleger/innen).

Quelle: Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Schaubilder zur Berufsbildung, Seite 22

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219

Berufsausbildung an beruflichen Schulen, Deutschland 2010

Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 2, 2010/2011 (eigene Darstellung)

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220

Die Besonderheiten des beruflichen Schulwesens

• Heterogenität der Schülerschaft – auch innerhalb einzelner Schulklassen – in Bezug

auf Alter, Vorbildung und außerschulische Lebens- und Arbeitssituationen

• Vielfalt der Zielsetzungen, der Lerninhalte und der Abschlüsse

• Breite der institutionellen Differenzierung, die vom Berufsvorbereitungsjahr bis hin zum

beruflichen Gymnasium und der Fachschule reicht

• Starker Praxisbezug in berufsqualifizierenden Varianten und damit verbunden ständige

Veränderungen der Anforderungen entsprechend dem technisch-ökonomischen Wandel

• Notwendigkeit der Kooperation mit außerschulischen Institutionen

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221

Fragen / Aufgaben zu Abschnitt 2.3 (1)

1. Strukturieren Sie die beruflichen Schulen nach folgenden Kriterien:

Eingangsvoraussetzungen, Teilzeit/Vollzeit, primäre Funktion (allgemeinbildend,

berufsorientierend, berufsqualifizierend, Fortbildung), Berechtigungsarten.

2. Welche Merkmale haben Schulen im juristischen Sinne?

3. Welche Funktionen (ausdifferenziert) erfüllen die einzelnen beruflichen Schultypen?

4. Welche quantitative Bedeutung haben die einzelnen Schultypen?

5. Wo liegen die Ursachen für die starke Ausdifferenzierung der beruflichen Schulen?

6. Zeigen Sie an Beispielen, dass der Beruf ein zentrales Strukturierungsprinzip

beruflicher Ausbildung in der BRD ist.

7. Ist der Beruf auch ein ebenso bedeutsames Strukturierungskriterium „beruflicher“

Weiterbildung?

8. Geben Sie einen Überblick zum institutionellen Rahmen beruflicher Ausbildung in der

BRD.

9. Was versteht man unter dem Sattelitenmodell?

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und Psychologie

222

10. Skizzieren Sie das „duale System“ in rechtlicher und didaktisch-methodischer

Perspektive.

11. Welche Funktionen haben die Lehrorte in der beruflichen Bildung?

12. Geben Sie einen Überblick zu Problemen beruflicher Ausbildung in der BRD

(Makroebene).

Fragen / Aufgaben zu Abschnitt 2.3 (2)

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223

2.4 Steuerungsinstrumente schulischer und

betrieblicher Berufsausbildung

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224

Steuerungsinstrumente: Alle Instrumente über die schulische und betriebliche

Ausbildung gelenkt und beeinflusst werden (z.B. Gesetze,

Verordnungen, Handreichungen, etc.)

Zweck der Steuerung

• Sicherung gesellschaftlicher Funktionen

• Ermöglichung pädagogischer Funktionen/Qualitätssicherung

(z.B. durch Begrenzung von Gruppengrößen; Gestaltung pädagogischer

Interaktion)

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225

Normhierarchie

Berufsbildungsgesetz

Berufsbildungsförderungsgesetz, Jugendarbeitsschutzgesetz

AEVO

Ausbildungsordnung

Bedarf der Unternehmen

Ausbildungsplan (Kammer)

Betrieblicher Ausbildungsplan

Vermittlungsprogramme (Großbetriebe; methodische Vorgaben)

Bewertungssysteme

(Prüfung als normierendes Element)

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226

Rechtsquellen des Berufsbildungsrechts

Vorgaben und Schranken für die Rechtssetzung ( Grundrechte sind unmittelbar

geltendes Recht)

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227

Beispiel:

Grundsatzurteil des

Bundesarbeits-

gerichts

Beispiel:

Berufsbildungs-

gesetz

Beispiel:

Ausbildungs-ordnung

Beispiel:

Prüfungsordnung

Beispiel:

Berufsausbildungs-

vertrag

B e r u f s b i l d u n g

Vom Bundestag

und e.F. Bundesrat

oder einem

Landtag

beschlossen

Von der

Bundesregierung,

Bundesministern

oder

Landesregierungen

erlassen

Von Körperschaften,

Anstalten,

Stiftungen des

öffentlichen Rechts

erlassen

Insbesondere

höchstrichterliche

Entscheidungen

Grundsatz:

Vertragsfreiheit

Vereinbarungen

zwischen

gleichgestellten

Partnern (Ausbilder/

Auszubildender

Rechtsver-ordnungen Satzungen

GesetzeRechtsprechung

Vereinbartes

Recht

(Verträge)

Nach Ermächtigung durch Gesetze

innerhalb eines festgelegten Rahmens

Grundrechte

Grundgesetze

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228

Rechtliche Grundlage für die betriebliche Ausbildung(1)

Berufsbildungsrecht Arbeitsrecht Tarifrecht

Gesetze

• Berufsbildungsgesetz

(BBIG):

regelt Ausbildung außerhalb

eines öffentlich-rechtlichen

Dienstverhältnisses

• Gesetz zur Ordnung des

Handwerks (HWO):

enthält u.a. Vorschriften über

Ausbildung im Handwerk

• Berufsbildungsförderungs-

gesetz (BerBIFG):

regelt jährliche Erstellung

des Berufsbildungsberichts

und Aufgaben des

Bundesinstitutes für

Berufsbildung

• Arbeitszeitordnung (AZO): regelt

Arbeitszeit für Auszubildende über 18

Jahre

• Betriebsverfassungsgesetz (BetrVerfG):

regelt Mitbestimmung in allen Betrieben

mit mehr als 5 Beschäftigten,

insbesondere Aufgaben und Rechte von

Betriebsräten und Jugend- sowie

Auszubildendenvertretung

• Mitbestimmungsgesetz (MitbestG):

regelt Mitbestimmung in Betrieben mit

mehr als 2000 Beschäftigten,

insbesondere Arbeitnehmerbeteiligung

im Aufsichtsrat

• Sozialgesetzbuch (SGB III) bzw.

Arbeitsförderungsgesetz(AFG): enthält

Bestimmungen über individuelle

Förderung der Berufsbildung,

insbesondere über die Berufsberatung

der Bundesanstalt für Arbeit,

Umschulung und Förderung

• Tarifgesetz (TVG):

regelt Rechte und

Pflichten der

Tarifvertragsparteien

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229

Rechtliche Grundlage für die betriebliche Ausbildung(2)

Berufsbildungsrecht Arbeitsrecht Tarifrecht

Gesetze

•Bundesurlaubsgesetz (BUrlG): enthält

zusätzliche Regelungen zum Urlaub

(z.B. Abgeltung nicht genommenen

Urlaubs)

•Jugendarbeitsschutzgesetz

(JArbSchG): enthält Schutzvorschriften

für Jugendliche unter 18 Jahren (z.B.

Pausenregelung, Arbeitszeit, Urlaub,

Mindestalter für Beschäftigung, etc.)

•Mutterschutzgesetz (MuSchG): regelt

Lohnfortzahlung etc. bei

Schwangerschaft, gilt auch für

Auszubildende

•Kündigungsschutzgesetz (KSchG):

regelt Zulässigkeit und Ablauf von

Kündigungen, besonderer Schutz von

Mitgliedern des Betriebsrates und der

JugendvertretungQuelle: Eigene Darstellung nach BMBW (BMB+ F)

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230

Sachlicher Geltungsbereich des Berufsbildungsgesetzes

Berufsbildung ist der Oberbegriff für die drei Formen beruflicher Bildung:

• Berufsausbildung

• berufliche Fortbildung

• berufliche Umschulung

Näheres vermittelt die folgende Übersicht.

Die Berufsbildung im öffentlichen Dienst ist Berufsbildung im Sinne des BBiG und zwar betriebliche

Berufsbildung, Ausbildung und Fortbildung sind hier aber auf die Wahrnehmung hoheitsrechtlicher

Angaben ausgerichtet und im Dienstrecht umfassend geregelt. Die besonderen Rechtsbeziehungen

zum öffentlichen Rechtsträger gewährleisten einen weitgehenden Schutz. (Herkert, Kommentar zum

BBiG).

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231

für

-die betriebliche Berufsbildung,

-die Personen, die im öffentlichen Dienst in einem

privatrechtlichen Dienstverhältnis ausgebildet werden, um

als Arbeiter oder Angestellte bei Bund, Ländern,

Gemeinden sowie Körperschaften, Anstalten und

Stiftungen öffentlichen Rechts beschäftigt zu werden.

nicht für

- Die Berufsbildung als Beamter, Beamtenanwärter,

Richter und Soldat in einem öffentlich-rechtlichen

Dienstverhältnis.

- die Berufsbildung auf Handelschiffen.

- die Berufsbildung in berufsbildenden Schulen.

Der Geltungsbereich des Berufsbildungsgesetzes ist enger. Es gilt

In Betrieben der

Wirtschaft,

Handwerk,

Handel,

Industrie usw.

In freien

Berufen,

Architekten,

Steuerberater,

Notare usw.

In Haushalten,

private HH,

landwirtschaft-

lichen HH usw.

Im öffentlichen

Dienst,

Behörden,

Körperschaften,

Stiftungen usw.

In beruflichen

Schulen,

Berufsschule,

Berufsgrundbild

ungsjahr usw

In sonstigen

Bildungseinrichtung-en,

Übungskantore,

überbetriebliche

Bildungszentren usw.

Bereiche, in denen Berufsbildung durchgeführt wird:

Berufsausbildung; Erstausbildung,

die in einem geordneten Ausbildungsgang

eine breit angelegte berufliche Grundbildung

und die fachlichen Fertigkeiten, Kenntnisse,

Verhaltensmuster, Fähigkeiten und

Haltungen für eine qualifizierte berufliche

Tätigkeit vermittelt.

Berufliche Fortbildung: Maßnahmen,

die das Ziel verfolgen, vorhandene

berufliche Qualifikationen zu erhalten,

zu erweitern und an die technische und

wirtschaftliche Entwicklung

anzupassen.

Berufliche Umschulung;

Maßnahmen, die

Fertigkeiten und

Kenntnisse vermitteln, die

zu anderen beruflichen

Tätigkeiten als den

bisherigen befähigen.

Berufsbildung

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232

Berufsbildungsgesetz – Regelungsbereiche (1)

Erster Teil

• Allgemeine Vorschriften

(Geltungsbereich; inhaltliche Fixierung des Regelungsbereichs „Berufsbildung“) (§1)

Zweiter Teil

• Berufsbildungsverhältnis (Rechte und Pflichten)

(Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, Vergütung, Beginn und Beendigung)

Dritter Teil

• Berechtigung zum Einstellen und Ausbilden

(persönliche und fachliche Eignung, Eignung der Ausbildungsstätte,

Eignungsfeststellung)

• Anerkennung von Ausbildungsberufen, Änderung der Ausbildungszeit

(Ausbildungsordnung, Stufenausbildung ...)

• Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse

• Prüfungswesen

(Zulassung, Prüfungsgegenstand, Ausschüsse, Anerkennungen)

• Regelung und Überwachung der Berufsausbildung

• Berufliche Fortbildung, berufliche Umschulung

• Berufliche Bildung Behinderter

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233

Vierter Teil

• Ausschüsse für Berufsbildung

(Bundes- und Landesebene, zuständige Stellen)

Fünfter Teil

• Vorschriften für einzelne Wirtschafts- und Berufszweige

(insbesondere Handwerk)

Berufsbildungsgesetz – Regelungsbereiche (2)

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234

Prüfen der Eignung

von

Ausbildungsstätten

und Ausbilder

Erlass von Rechtsvorschriften für die

Durchführung der Ausbildung, z.B.:

Prüfungsvorschriften, Ausbildungsvertrag

und Berichtsheft. Anrechnung von

Vorkenntnissen auf die Ausbildungszeit

Beraten von Betrieben und

Auszubildenden/ Lehrlingen, z.B.:

Einrichtung von Ausbildungsplätzen,

Streitigkeiten zwischen Betrieb und

Auszubildenden Berufswechsel von

Auszubildenden

Eintragen, ändern und

löschen von

Ausbildungsverträgen

Durchführen von

Zwischen- und

Abschlussprüfungen

Handwerkskammer

Industrie- und

Handelskammer

Landwirtschaftskammer

Anwaltskammer

Ärztekammer

Aufgaben der

zuständigen

Stellen

Wichtige Aufgaben bei der

Durchführung und

Überwachung der

Berufsausbildung nehmen

die „zuständigen Stellen“,

meist die Kammern, wahr:

1983 Bundesinstitut für Berufsbildung

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235

Privatrechtlicher Vertrag, der folgende

Elemente enthalten muss:

• Ausbildungsberuf

• Sachliche und zeitliche Gliederung der

Ausbildung

• Beginn und Dauer der Ausbildung

• Ergänzende Ausbildungsmaßnahmen

• Ausbildungszeit

• Dauer der Probezeit

• Höhe der Ausbildungsvergütung

• Dauer des Urlaubs

• Kündigung

(Unterschrift)

Ausbildender Auszubildender

Vertreter)

Der Ausbildungsvertrag

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236

A) Persönliche Eignung:

Persönlich geeignet ist grundsätzlich jeder, es sei denn, dass er...

- Kinder und Jugendliche nicht beschäftigen darf,

- oder wiederholt oder schwer gegen das Berufsbildungsgesetz oder

damit zusammenhängende Vorschriften und Bestimmungen verstoßen

hat.

B) Fachliche Eignung:

Nachweis durch ...

a) Die erforderlichen beruflichen Fertigkeiten und Kenntnisse:

- im Handwerk: Meisterprüfung

- in Industrie und Handel: Facharbeiter-/ Gesellen-/Gehilfenprüfung

b) Die erforderlichen berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse:

- im Handwerk: Meisterprüfung

- in Industrie und Handel: Ausbilder-Eignungsverordnung

Für alle nicht- handwerklichen Bereiche gilt zusätzlich: Mindestalter 24 Jahre (§76 BBIG)

Wer darf ausbilden?

Voraussetzungen für Ausbildertätigkeit (§ 20 BBiG)

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237

Bezeichnung §§ BBiG Zuordnung Aufgaben Zusammensetzung (Vertr.)

Berufsbildungsaussc

huss der

zuständigen Stelle

(i.d.R. Kammern)

§77ff Bei der

zuständigen

Stelle

(i.d.R.Kammer)

• 6 Arbeitgeber

• 6 Arbeitnehmer

• 6 Berufsschullehrer

(beratend)

Landesausschuss

für Berufsbildung

§82ff Bei der

Landesregierung

• berät die Landesregierung in

Fragen der Berufsbildung,

• fördert die Zusammenarbeit

zwischen schulischer und be-

trieblicher Ausbildung

• gleiche Anzahl von

Arbeitgebern, Arbeitnehmern

und Vertretern der obersten

Landesbehörde

Hauptausschuss

des Bundesinstituts

für Berufsbildung

§ 92ff Bundesinstitut für

Berufsbildung

(BiBB)

• berät die Bundesregierung in

grundsätzlichen Fragen der

Berufsbildung

• beschließt über Angelegenheiten

des Bundesinstitutes für

Berufsbildung

• 16 Arbeitgeber

• 16 Arbeitnehmer

• 16 Ländervertr.

• 5 Vertreter des Bundes

mit 16 Stimmen

Ständiger

Ausschuss

§92 Bundesinstitut für

Berufsbildung

(BiBB)

• nimmt zwischen den Sitzungen

des Hauptausschusses dessen

Aufgaben war.

• 8 Mitgliedern des

Haupfausschusses:

• 2 Arbeitgeber

• 2 Arbeitnehmer

• 2 Ländervertr.

• 2 Bundesvertr.

• Beschließt die von der

zuständigen Stelle zu

erlassenden

Rechtsverordnungen,

• Muss in allen wichtigen

Angelegenheiten der

beruflichen Bildung unterrichtet

und angehört werden.

Berufsbildungsausschüsse nach dem BBiG

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238

Steuerungsinstrumente schulischer Berufsausbildung

Makroebene: Verfassung/Landesverfassung

Schulgesetzte der Länder

Ausgewählte Regelbereiche des SG von BW

§ 1 Bildungsauftrag

§ 3 Gliederung des Schulwesens

§5-15 Aufgaben der Schulformen

§ 54 Recht auf Bildung

§ 61 Ordnungsmaßnahmen

§ 64 Schulpflicht

§71 Pflichten des Ausbildenden (Freistellung)

§ 112 ff. Kosten (u.a. Lernmittelfreiheit)

§139 ff. Ersatzschulen / freie Schulen

Mesoebene: Rahmenlehrpläne (KMK)

Lehrpläne (Land; verschiedene Typen)

Prüfungen

Stundentafeln

Meso-/Mikroebene: Schulbücher, Klassenbuch, Handreichungen

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239

Allg. Bereich:

Politik, Wirtschaft,

Deutsch, Sport,

Religion/ Ethik

4 h

Berufsbezogener

Bereich

7 h

Wahlpflichtbereich

2 h

Fremdsprachen

1 h

Verfassung § 1+2 SchulG

+ Wirtschaft bedeutet

Volkswirtschaftslehre und nicht

Betriebswirtschaftslehre.

+ Die Überschneidungen der Kreise

bedeuten, dass es inhaltliche

Gemeinsamkeiten

gibt, jedoch nicht, dass Stunden von

einem in den anderen Bereich

verschoben werden können.

Beschluss der GEW-Fachgruppe Berufliche Schulen

vom 19.10.2002 für eine neue Stundentafel in der

Berufsschul-Verordnung Quelle: GEW 1/2003, S.7

Stundentafel für die

Berufsschule - Entwurf

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240

Fragen/ Aufgaben zu Abschnitt 2.4

1. Welche Funktion haben Steuerungsinstrumente in der beruflichen Bildung?

2. Welche Steuerungsinstrumente lassen sich für die betriebliche und schulische

Berufsausbildung unterscheiden? Ordnen Sie die Instrumente hierarchisch.

3. Was sind und welche Aufgaben haben die „zuständigen Stellen“ nach BBiG?

4. Analysieren Sie einen selbst gewählten aktuellen Lehrplan und eine

Ausbildungsordnung im Hinblick auf die den Lehrenden verbleibenden Freiräume.

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241

2.5 Berufliche Weiterbildung

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242

Begriffliche Orientierung

Weiterbildung

keine einheitliche Verwendung

Deutscher Bildungsrat

Weiterbildung: = „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten

Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten

Ausbildungsphase..... Das Ende der ersten Bildungsphase und damit der

Beginn möglicher Weiterbildung ist in der Regel durch den Eintritt in das

volle Erwerbsleben gekennzeichnet (Deutscher Bildungsrat 1970, S. 197)

keine inhaltliche Bestimmung, es können gleiche Inhalte Gegenstand

von Aus- und Weiterbildung sein

Umschulung und Nachholen schulischer Abschlüsse sind Teil von

Weiterbildung

Problem: Ausgrenzung nicht-intentionalen Lernens und nicht-

organisierten Lernens (Behringer, 1999, S.23)

Behringer, F.: Beteiligung von beruflicher Weiterbildung. Opladen 1999

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243

Zum Stellenwert beruflicher Weiterbildung

• hohe Bedeutung ist unumstritten

• Arbeitsplatzanforderungen ändern sich infolge von technologischer und

arbeitsorganisatorischer Entwicklung

• EU-Kommission ging davon aus, dass 2005 ca. 80 % der im Arbeitsleben

eingesetzten Technologien jünger als 10 Jahre seien, während 80 % der Bevölkerung

über eine Bildung verfügten, die vor mehr als 10 Jahren erworben wurde (Behringer

1999, S. 15) (geprüft wurde das m.W. nicht)

• Weiterbildung wird im internationalen Wettbewerb als wichtig erachtet

• Erwerbstätige selbst artikulieren Bedarf

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244

Anlässe für Weiterbildung bzw. Investitionen in Weiterbildung (Datenreport zum

Berufsbildungsbericht 2015; Behringer 1999)

• betriebliche Perspektive

Weiterbildung als Investition in das Humankapital

Anpassung, Wettbewerbssicherung, strategischer Einsatz in

Innovationsprozessen, Ertragszuwachs

Probleme der Ertragserfassung; kurzfristige reaktive Ausrichtung

• individuelle Perspektive

Nachholen von Abschlüssen, Umschulung, Auffrischen von Kenntnissen, Anpassung an

Anforderungen, Aufstieg, Neues kennen lernen, monetäre Gründe; arbeitsinhaltliche

Motive

• staatliche Perspektiven

Wettbewerbsfähigkeit

Arbeitsmarktprobleme

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245

Teilnahme an beruflicher Weiterbildung

Die Teilnahmequote lag 90 - 92 bei ca. 30 % , 1997 bei 48%, 2006 bei 23% und 2014 bei 51%. Abhängig ist die Teilnahmequote z.B. von

• der beruflichen Position ungelernte Arbeiter 0,6 % Beamte im höheren Dienst ca.58% Einkommen/Bildungsabschluss

• der wöchentlichen Arbeitszeit

• der Betriebsgröße

• den Wirtschaftsbereichen (Baugewerbe 13,2 %, Banken 51,3%)

• den Berufen (Planungs- und Laborberufe 45 %; Gewinnung von Naturprodukten 6.4%)

• dem Alter

(Arnold, Nolda, Nuissl 2001,Datenreport 2015; S. 328; Behringer 1999)

Arten beruflicher Weiterbildung

1.Anpassungsfortbildung (Erwerb von Kenntnissen zur Bewältigung neuer Anforderungen)

2.Erhaltungsfortbildung (Aktualisierung von in Vergessenheit geratenem Wissen)

3.Aufstiegsfortbildung (Übergang in höhere Qualifikationsstufe)

(Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2015; Schanz, 2001, S. 179)

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• Pfeifer, Ch. et al. (2012): Training participation of a firm´s aging workforce. IN: Empirical

Research in Vocational Education and Training, Vol. 4(2), 2012. Sense Publishers: Rotterdam,

S.141 246

Teilnahme an beruflicher Weiterbildung

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• Pfeifer, Ch. et al. (2012): Training participation of a firm´s aging workforce. IN: Empirical

Research in Vocational Education and Training, Vol. 4(2), 2012. Sense Publishers: Rotterdam,

S.143 247

Teilnahme an beruflicher Weiterbildung

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248

Anbieter beruflicher Weiterbildung

Betriebe (insbesondere Großbetriebe)

Überbetriebliche Einrichtungen von Kammern und Verbänden

(insbesondere Angebote für klein- und mittelständische Unternehmen)

Berufliche Schulen (primär Fachschulen)

Private Anbieter (breites Spektrum)

Volkshochschulen (insbesondere Sprachen, EDV)

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249

Merkmale beruflicher Weiterbildung

Hervorstehendes Merkmal der beruflichen Weiterbildung in Deutschland ist die Vielfalt der Anbieter,

Angebote, Ziele und Methoden.

Weiterbildung ist ein wichtiges Instrument in zentralen Politikfeldern, z.B. in der Arbeitsmarktpolitik und

der betrieblichen Personalentwicklung.

Es lassen sich drei wesentliche Segmente der beruflichen Weiterbildung unterscheiden

a) Weiterbildung nach Arbeitsförderungsgesetz (AFG) (in älteren Fassungen des AFG auch

präventiver Ansatz, beschränkt auf das arbeitsmarktpolitisch Notwendige)

(Behringer, 1999, S. 26) (Jahresdurchschnitt 2013: 155.000 Teilnehmer Datenreport 2015)

Gesteuert wird die Weiterbildung in diesem Segment von den Arbeitsämtern und der

Bundesanstalt für Arbeit;

Sanktionsmöglichkeit: Entzug von Arbeitslosengeld bei Nichtteilnahme

unterschiedliche Träger (private Anbieter, Kammern etc.)

b) betriebliche Weiterbildung

(Angebot auf Beschäftigte beschränkt; Entscheidung über Zugang beim Betrieb; Betrieb

Nachfrager und Anbieter) z.T. in der Arbeitszeit, z.T. außerhalb

c) individuelle Weiterbildung

(Geringere institutionelle Abhängigkeiten; Nachfrage geht von Individuen aus, schwer

überschaubarer Markt von Angeboten; z.T. Fördermöglichkeiten, z.B. Meisterbafög) (Behringer

1999, S. 25 ff. Datenreport 2015)

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Aufwendungen für berufliche Weiterbildung (2014)

Öffentliche Aufwendungen (Ausschnitte)

• BMBF Fördergelder, z.B. für lebenslanges Lernen, Begabtenförderung etc:

insgesamt ca. 0.5 Mrd.

• Länder für Fachschulen, Bafög, Volkshochschulen etc. ca. 1.3 Mrd.

• BA für Zuschüsse zur WB, für Arbeitslose usw. ca. 2 Mrd.

• Tendenz seit Mitte der 90er eher fallend

Individuelle Aufwendungen und betriebliche Aufwendungen: keine genauen

Angaben verfügbar; Betriebliche Aufwendungen liegen deutlich über den

öffentlichen Aufwendungen

250

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251

Strukturierung der betrieblichen Weiterbildung am Beispiel eines

Großunternehmens (Daimler Benz Stuttgart 98)

Abteilung für Organisationsmanagement und Personalentwicklung

Leistungsbereiche:

- Betriebswirtschaftliche und technische Qualifizierung (Grundlagen- und Spezialangebote für

unterschiedliche Zielgruppen z.B. Controlling, Konstruktion, Messtechnik etc.)

- CA - Technologie Training (z.B. Auto CAD, Grundlagen, Netzwerke, Betriebssysteme)

- DV-Training (z.B. Windows, Office, Großrechnerkurse für Anwender, Netze, SAP)

- Führungskräfte Entwicklung (Management für Anfänger und Fortgeschrittene,

Führungsinstrumente, Vergütungssysteme, Leistungsbeurteilung, Verhaltensauffälligkeiten,

Arbeitsrecht) Mitarbeiterentwicklung

- Implementierung strategischer Projekte (z.B. Einführung von SAP)

- Kaufmännische Berufsausbildung (Weiterbildung des Bildungspersonals)

- Managementkonzepte (z.B. Veränderungsmanagement, Führung, Kulturveränderung durch

Fusionen)

- Organisationsentwicklung

Diagnose, Restrukturierung, Implementierung, Prozessberatung, Szenarien,

Strategieentwicklung

- Qualifizierungs- und Entwicklungsprogramme

(z.B. Projektmanagement, Arbeitstechnik (Moderation etc.)

Quelle: Daimler Benz: Fort- und Weiterbildung 98

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Rekrutierungskriterien von Betrieben für Weiterbildungspersonal (Datenreport Berufsbildungsbericht 2015)

• Sozialkompetenz

• Loyalität

• Identifikation mit betrieblichen Grundwerten

• Flexibilität

• Teampassung

• Formale fachliche Qualifikation

• Berufserfahrung

• Methodenkompetenz

• Formale pädagogische Qualifikation

• Erfahrungen mit der Zielgruppe

• Rhetorik

• Belastbarkeit

• Bestimmte päd. Grundüberzeugungen

• Pädagogische Weiterbildung; zertifizierte päd. Kompetenzen

• Lohnvorstellungen 252

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253

Rechtlicher Rahmen der Weiterbildung

Zuständigkeiten

Bund berufliche Weiterbildung (nach § 74 GG); macht von diesem Recht allerdings

kaum Gebrauch, kein berufliches Weiterbildungsgesetz existent

„Freiraum" (absichtliche Zurückhaltung!)

Bundesländer allgemeine und politische Weiterbildung

z.T. rechtliche Fixierungen in den Ländern z.B. zu Bildungsurlaub, u.a. in BW

Wittwer, Wolfgang: Berufliche Weiterbildung. In: Heinrich Schanz (Hrsg.): Berufs- und

wirtschaftspädagogische Grundprobleme. Berufsbildung konkret, Bd. 1. Schneider-Verlag

Hohengehren: Baltmannsweiler 2001, S. 229 -247

Regelungsbedarf

In der ordnungspolitischen Debatte herrscht Einigkeit, dass der äußerst heterogene Bereich neugeordnet werden muss.

Zwei Fraktionen

a) interventionistische Position (Staat übernimmt Regulierung, Gewerkschaften etc. erhalten

Mitsprachemöglichkeit)

b) wirtschaftsliberale Position (marktwirtschaftliche Orientierung; Staat auf übergreifende

Ordnung beschränkt bzw. auf Angebote für Schwache)

(implizit auch Kontroversen über Kostenübernahme, Zugänglichkeit, inhaltliche Ausrichtung)

(ebd., S. 248 ff.)

Gottesleben, V.: Weiterbildung als Gegenstand der Bildungspolitik (in: Mitteilung aus der

Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2/91, S. 243 ff.)

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Regelungen über Tarifverträge

• Meist zur Weiterbildungsfinanzierung

• Meist in kleinere Branchen (z.B. Sozialkasse des Gerüstbaugewerbes;

Bekleidungsindustrie)

• Typisch: Vereinbarungen zu betrieblichen Beiträgen in Weiterbildungsfonds

• Größenordnungen: ca. 2.5-3.4% der jährlichen Bruttolohnsumme

• Insgesamt nur wenig Beschäftigte betroffen

• Vorteile: Unabhängigkeit von konjunkturellen Schwankungen, kleine

Einheiten werden „Handlungsfähig“ bzw. können ebenfalls Weiterangebote

bereitstellen

254

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255

Problembereiche beruflicher Weiterbildung

• Unüberschaubarkeit

• Teilnahme/Zugänglichkeit

• Qualitätssicherung

• Effekte/Controlling

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Internationale Vergleiche (Grünewaldt, U./Moraal, D.: Betriebliche Weiterbildung in Deutschland - fit für

Europa? In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, 3/2002, S. 18 - 23

1999 - 75 % der Unternehmen bieten in Deutschland Weiterbildung an.

Vergleich: Dk 96, S 91, NL 88, Fin 82, Irl 79, Sp 36 (8. Rang von 22 Ländern; gilt auch

noch 2012)

1999 - Gesamtkursstunden je Teilnehmer;

D 27, 19. Rang von 21; E - 42, LT - 41 ...

• Kosten je Teilnehmer Nl - 1270 Euro, D 869 Euro (5. Rang)

• Professionalisierungsgrad

- Vorhandensein eines betrieblichen Weiterbildungsplanes

Irl 42, F 41, D 22% (rückläufig gegenüber 1993 33 %) 13. Rang

- Unternehmen mit einem internen Bildungszentrum S. 15 %, Irl 13 %, D 4 % (15. Rang)

- Unternehmen mit einem Aus- und Weiterbildungsbudget F 55 % (Rang 1), D 17 %

(Rang12)

- Unternehmen mit systematischer Bedarfsermittlung Fin 100%, N 67%, D 42% (12.

Rang)

- Unternehmen, die Analysen über den künftigen Personalbedarf erstellen Dk 73%, D

24% (Rang 21)

• deutliche Tendenz: Reduktion des Professionalisierungsgrades

256

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257

Berufliche Weiterbildung: Skandinavier auf Draht

Anteil der Unternehmen

mit Lehrveranstaltungen

in Prozent

Teilnehmer an

Lehrveranstaltungen je

100 Beschäftigte

Kursstunden je

Teilnehmer

Kosten je

Beschäftigten in

Euro

Dänemark

Schweden

Niederlande

Norwegen

Finnland

Österreich

Deutschland

Tschechien

Irland

Luxemburg

Belgien

Estland

Slowenien

Spanien

Polen

Litauen

Ungarn

Lettland

Bulgarien

Portugal

Rumänien

88

83

82

81

75

71

67

61

56

50

48

47

33

28

26

26

24

21

17

11

7

55

63

44

53

54

35

36

49

52

48

54

28

46

44

33

25

26

20

28

45

20

41

31

37

33

36

29

27

25

40

39

31

31

24

42

28

34

38

41

35

38

42

1,438

1,071

907

1.283

825

428

620

114

760

874

863

124

136

559

90

58

193

82

84

430

28

Stand:1999;Frankreich, Vereinigtes Königreich, Griechenland: nur Angaben von Kosten(F:881€; UK 690€; GR: 558€);

Ursprungsdaten: Eurostat; Institut der deutschen Wirtschaft Köln

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Abbildung 4: Soziokulturelle

Einflussgrößen auf die berufliche

Weiterbildungsbeteiligung von

Erwachsenen mit Migrationshintergrund

(logistische Regressionen,

Effektkoeffizienten)*

*Anmerkungen: R² (NK) = R² nach Nagelkerke; -

2LL=-2 log Likehood Koeffizient;

RK=Referenzkategorie; Sig.: p<0,10*;p<0,05**;

p<0,01***;p<0,001; einbezogene Fälle: 882

(96,3%); fehlend: 34 (3,7%) = Gesamt: 916

(Quelle: SOEP 2003-2004; eigene Berechnungen)

Öztürk, Halit (2012): Soziokulturelle Determinanten der beruflichen Weiterbildungsbeteiligung von Erwachsenen mit Migrationshintergrund in Deutschland – Eine empirische Analyse mit den Daten des SOEP. In: Deutsches Institut für Erwachsenenbildung (Hrsg.): REPORT. Zeitschrift für Weiterbildungsforschung 35. Jg., 4/2012, Bonn, S. 21-32.u

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Operationalisierung gesellschaftliches Engagement;

Mitgliedschaft

gesellschaftliches Engagement:

- Beteiligung in Parteien, Kommunalpolitik, Bürgerinitiativen

- Ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen, Verbänden

Mitgliedschaft:

- Mitglied in Gewerkschaft, Berufsverband und Betriebs-/ Personalrat

5-stufig skalierte Items: 1=gar nicht bis 5=voll und ganz/sehr stark

dichotomisiert zu: 1=kaum bis gar nicht; 2=in mancher Beziehung

bis voll und ganz/ sehr stark

Öztürk, Halit (2012): Soziokulturelle Determinanten der beruflichen Weiterbildungsbeteiligung von Erwachsenen mit Migrationshintergrund in

Deutschland – Eine empirische Analyse mit den Daten des SOEP. In: Deutsches Institut für Erwachsenenbildung (Hrsg.): REPORT. Zeitschrift

für Weiterbildungsforschung 35. Jg., 4/2012, Bonn, S. 21-32.u

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262

3. Das deutsche Berufsbildungssystem im

internationalen Vergleich

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263

Klassifikation nationaler Bildungssysteme

1. Liberalistisch-dezentrale Organisationsstrukturen; Marktorganisation (USA, Großbritannien)

2. Universalistisch-zentrale Organisationsstrukturen; Staatsmodelle

2.1 Differenzierungskonzepte (Frankreich)

2.2 Konvergenzkonzepte (Schweden)

2.3 Kontinuitätskonzepte (ehem. DDR, UdSSR)

3. Mischmodelle (BRD; Österreich)

gegenwärtige Tendenzen:

- zunehmende Formalisierung bei Typ 1

- abnehmende Formalisierung bei Typ 2

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264

Institutionelle

Grundformen der

Organisation

gesellschaftl. Arbeit

Aspekte der Erwerbsstrukturierung

Ausbildung/

Qualifizierung

Rekrutierung/

Jobsuche

Entlohnung/ vertikale

Mobilität

Arbeitszuweisung/

horizontale Mobilität

Marktorganisation Als Humankapital-

investition nach

individuellen Kosten

Nutzen Kalkülen

über anonyme

Medien, alle Akteure

haben umfassende

Information

nach Leistung und

permanenter

Konkurrenz

jeweils individuell

nach Fähigkeits- und

Ökonomieprinzip

Betriebliche

Organisation

als Anlernung nach

betrieblichen

Erfordernissen und

Interessen, nicht

transferierbar

Eintrittspforten nur

am unteren Ende der

Aufstiegsleiter nach

betrieblichen Kriterien

nach Betriebsnormen

wie Seniorität und

festen

Aufstiegsleitern

nach festgelegten

internen Ansprüchen

Berufliche

Organisation

gremial regulierte

Vermittlung spezif.

Tätigkeitsbündel und

sozialer Qualifikation

an Berufsoptionen

bzw.

Berufszertifikaten

orientiert,

Berufseingangs-

entlohnung,

Statuspassagen

Lehrling, Geselle, etc.

nach

Berufszertifikaten

Clanförmige

Organisation

netzwerkartige .

Erwerbs-

sozialisierung und

Aufbau von

Loyalitäten

Arbeitskräfte- bzw.

Informations-

beschaffung über

soziale Netze

nicht nur monetäre

Entlohnung, auch

soziale Belohnung

nach wechselseitig

ausgehandeltem

Bedarf

(in Anlehnung an Pries, L.: „Arbeitsmarkt" oder „erwerbsstrukturierende Institutionen"? In: Kölner Zeitschrift f. Soziologie u.

Sozialpsychologie, 50. Jg. (1998) 1, S. 165)

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Der Europäische und Deutsche Qualifikationsrahmen

265

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Gliederung

1. Einleitung

2. Was ist ein Qualifikationsrahmen?

3. Funktionen eines Qualifikationsrahmens

4. Europäische Entwicklung

Der EQF-LLL

Der EQF-EHEA

5. Nationale Qualifikationsrahmen

Der Irische Qualifikationsrahmen

Der Deutsche Qualifikationsrahmen – DQR

6. Quellen

266

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1. Einleitung

Ausgangspunkte für die Generierung eines Qualifikationsrahmens?

• Erhebliche Heterogenität der Abschlüsse

• Freizügigkeit der Arbeitsplatzwahl in der EU und die damit verbundene

Notwendigkeit Abschlüsse einzustufen

• Völlig unterschiedliche Bildungssysteme

• Outputorientierung

267

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„Ein Qualifikationsrahmen ist ein Instrument zur Entwicklung

und Klassifizierung von Qualifikationen entsprechend einem

Satz von Kriterien zur Bestimmung des jeweiligen Lernniveaus.“

(Hanf, G. 2008,S.2)

2. Was ist ein Qualifikationsrahmen?

268

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3. Funktionen eines Qualifikationsrahmens (Erwartungen)

• Förderung der Mobilität von Lernenden und Arbeitnehmern in

Europa und Deutschland

• Förderung der Vergleichbarkeit von Qualifikationen

• Einordnung und Übertragung von Qualifikationen

• Förderung des lebenslangen Lernens

269

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4. Europäische Entwicklung

• Berlin-Konferenz 2003 (Bologna-Prozess, 1999)

Arbeitsauftrag zur Schaffung eines einheitlichen europäischen

Hochschulraums

• am Ende stand 2005 der EQF-EHEA Framework for Qualifications of the

European Higher Education Area Kopenhagenerklärung der europäischen

Bildungsminister 2002

Verbesserung der Mobilität der Arbeitnehmer in Europa

aber keine Veränderung der nat. Bildungssysteme

Schaffung einer Vergleichsmöglichkeit von Bildungs- und

Ausbildungsabschlüssen

Zielsetzung: Europäischer Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen

EQF-LLL

270

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4. Europäische Entwicklung

• ab 2006 Arbeitsgruppe des Hauptausschusses des BIBB

Erarbeitung eines Deutschen Qualifikationsrahmens

geplanter Abschluss 2012, dann sollen alle neu ausgestellten

Zeugnisse einen Hinweis auf den EQF enthalten: inzwischen in Kraft

(März 2011)

271

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4.1 Der EQF-LLL

• Der EQF wurde als Metarahmen entwickelt, der durch eine Bündelung von

überprüfbaren Lernergebnissen eine Abbildung der nationalen

Qualifikationen ermöglicht.

• enthält selbst aber keine Qualifikationsangaben

• der EQF stellt eine standardisierte Beschreibung von Lernergebnissen auf

hohem Abstraktionsniveau dar

• beschreibt drei Kompetenzdimensionen

Knowledge

Skills

Competence

• der EQF hat acht Kompetenzniveaus

unabhängig vom Lernort

unabhängig von der Lernform

unabhängig von der Lernart

unabhängig von der Lerndauer und Intensität

272

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Land A

Land B

Q

Q

Q

Q

Q

Q

QNQF

NQF

NQF

NQF

NQF

NQF

NQF

EQF Niveau 8

EQF Niveau 1

EQF Niveau 2

EQF Niveau 4

EQF Niveau 5

EQF Niveau 6

EQF Niveau 3

EQF Niveau 7

Abb.1: Quelle: BMBF 2010, S.14

4.1 Der EQF-LLL

273

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• Die Qualifikationen werden über Lernergebnisse miteinander verglichen

outcome Orientierung.

• Die Einordnung in eine Stufe erfolgte auf der Basis eines

Aushandlungsprozesses und hat keine empirische Basis

• Einführung von Credits zur Darstellung des zeitlichen Aufwandes.

• Der EQF ist auf den Stufen 6 - 8 kompatibel mit dem EQF-EHEA.

Abb.1: Quelle: BMBF 2010, S.14

4.1 Der EQF-LLL

274

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4.2 Der EQF-EHEA

• beschreibt drei Kompetenzdimensionen

Knowledge

Skills

Competence

• Der EQF-EHEA hat drei Niveaustufen

Bachelor degree

Master degree

Doctoral degree

• Abschlüsse sind formal gleichwertig, unabhängig vom Lernort

• Ergänzung durch ECTS zur Darstellung des zeitlichen Aufwandes

Abb.1: Quelle: BMBF 2010, S.14275

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5. Nationale Qualifikationsrahmen

• NQR ermöglichen einen Vergleich von Qualifikationen auf nationaler

Ebene sowie die Zuordnung in den EQF.

• NQR kommen in einigen Ländern wie z.B. Irland, England,

Schottland, Wales, Australien und Nordirland erfolgreich seit

längerem zum Einsatz.

276

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5.1 Der Irische Qualifikationsrahmen

• umfasst den gesamten Bildungsbereich

• ist in 10 Niveaustufen (Level) eingeteilt

• beinhaltet 15 Qualifikationstypen

• jede Niveaustufe kann auf verschiedenen Lernwegen erreicht werden

277

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5.1 Deutscher Qualifikationsrahmen -Merkmale

• parallel zum Hochschulqualifikationsrahmen

• beschreibt auf 8 Niveaustufen personelle und fachliche Kompetenzen

• unterscheidet zwei Kompetenzkategorien

• Beschreibung der Niveaus nach einheitlicher Struktur

• Stufen 6 – 8 sind mit dem EQF-EHEA kompatibel

• DQR ersetzt keine bestehenden Systeme

• die Zuordnung in eine Stufe hat keine rechtliche Relevanz

278

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5.2 Deutscher Qualifikationsrahmen – Ausdifferenzierung

der beschriebenen Kompetenzen

Kompetenzdimensionen

Fachkompetenz Personale Kompetenz

Wissen Fertigkeiten Sozialkompetenz Selbständigkeit

z.B. breites

Theorie und

Faktenwissen

z.B. Probleme

erkennen und

bearbeiten

z.B.

Kommunikation

aktiv gestalten

z.B.

Selbstständige

Ausführung und

Kontrolle

Quelle: AK DQR 2011 S.5

279

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5.3 Niveaus des DQR

• Niveau 1: Kompetenzen zur Erfüllung einfacher Anforderungen in einem

überschaubar und stabil strukturierten Lern- oder Arbeitsbereich

verfügen. Die Erfüllung der Aufgaben erfolgt unter Anleitung. (z.B. BVJ)

• Niveau 2: Kompetenzen zur fachgerechten Erfüllung grundlegender

Anforderungen in einem überschaubar und stabil strukturierten Lern-

oder Arbeitsbereich verfügen. Die Erfüllung der Aufgaben erfolgt weitgehend

unter Anleitung. (z.B. Berufsgrundbildung)

• Niveau 3: Kompetenzen zur selbständigen Erfüllung fachlicher

Anforderungen in einem noch überschaubaren und zum Teil offen

strukturierten Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld. (z.B. 2j Ausb.)

• Niveau 4: Kompetenzen zur selbständigen Planung und Bearbeitung

fachlicher Aufgabenstellungen in einem umfassenden, sich

verändernden Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld. (z.B. 3/3.5j Ausb)

280

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• Niveau 5: Kompetenzen zur selbständigen Planung und Bearbeitung umfassender

fachlicher Aufgabenstellungen in einem komplexen, spezialisierten, sich verändernden

Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld. (z.B. Servicetechniker)

• Niveau 6: Kompetenzen zur Planung, Bearbeitung und Auswertung von umfassenden

fachlichen Aufgaben- und Problemstellungen sowie zur eigenverantwortlichen Steuerung

von Prozessen in Teilbereichen eines wissenschaftlichen Faches oder in einem

beruflichen Tätigkeitsfeld. Die Anforderungsstruktur ist durch Komplexität und häufige

Veränderungen gekennzeichnet. (z.B Meister, BA)

• Niveau 7: Kompetenzen zur Bearbeitung von neuen komplexen Aufgaben- und

Problemstellungen sowie zur eigenverantwortlichen Steuerung von Prozessen in einem

wissenschaftlichen Fach oder in einem strategieorientierten beruflichen Tätigkeitsfeld . Die

Anforderungsstruktur ist durch häufige und unvorhersehbare Veränderungen gekennzeichnet.

(Master)

• Niveau 8: Kompetenzen zur Gewinnung von Forschungserkenntnissen in einem

wissenschaftlichen Fach oder zur Entwicklung innovativer Lösungen und Verfahren in einem

beruflichen Tätigkeitsfeld. Die Anforderungsstruktur ist durch neuartige und unklare

Problemlagen gekennzeichnet. (Promotion)

5.3 Niveaus des DQR

281

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7. Quellen

• Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen (AKDQR) (Hrsg.)(2011): Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen. www.deutscherqualifikationsrahmen.de

• Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg.)(2010):Die Einführung eines Nationalen Qualifikationsrahmens in Deutschland (DQR)-Untersuchung der Möglichkeiten für den Bereich des formalen Lernens. Band 2 der Reihe Berufsbildungsforschung. Bonn, Berlin

• Hanf, Georg (2008):Nationale Qualifikationsrahmen in England, Schottland und Irland – Impulse für die deutsche Diskussion. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, 37.Jg. (2008). H.5/2008, S.20-24.

• Bayer, Gunnar, S.(2010): Auf dem Weg vom Europäischen zum Deutschen Qualifikationsrahmen. In: Wirtschaft und Berufserziehung, (2010). H. 11/2010, S.10-12

• http://www.fetac.ie/fetac/employers/nfq/nfq.htm (Zugriff am 24.06.2011)

• http://www.fetac.ie (Zugriff am 24.06.2011)

• Ireland Country Education Profile (October2009) http://www.qualificationsrecognition.ie/documents/IrishCEPOctober2009Final.pdf (Zugriff am 24.06.2011)

282

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283

4. Entwicklungstendenzen beruflicher

(Aus)Bildung in der BRD im Spiegel der

Reformdebatten

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und Psychologie

284

Ursachen für die Debatten um die Perspektiven des dualen Systems in

den 90er Jahren

- zu Beginn der 90er erstmals weniger Auszubildende als Studenten

- ab Mitte der 90er massiver Abbau von Ausbildungsstellen in Industrie und Handwerk/ Aufbau

überbetrieblicher Ausbildung primär in den neuen Bundesländern

- Entwicklungen im Beschäftigungssystem führen dazu, dass die berufliche Organisation

gesellschaftlicher Arbeit in Frage gestellt wird (Modularisierung/Trägheit)

- Probleme der Implementation des dualen Systems in den neuen Bundesländern

- europäische Dimension

- Handlungsorientierung -> Kollision mit klassischer Arbeitsteilung von schulischer und betrieblicher

Ausbildung

- Strukturwandel des Arbeitsmarktes

-> Dienstleistung als Gewinner; zugleich unterrepräsent bei Ausbildung nach BBiG

-> Produktionssektor als Verlierer; traditionelle Ausbildung nach BBiG

- Verhältnis Aus- und Weiterbildung verschiebt sich; Weiterbildung gewinnt an Bedeutung

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und Psychologie

285

Thesen aus der Debatte um die Entwicklung des beruflichen Bildungssystems (Ende der 90er)

1. Gravierende Umbrüche im Beschäftigungssystem machen das dem Dualen System

zugrundliegende Berufsprinzip fragwürdig oder gar überflüssig.

2. Das qualitative und quantitative Angebot dualer Ausbildungsberufe deckt sich nicht hinreichend mit dem Bedarf des Beschäftigungssystems.

3. Das Angebot an Ausbildungsstellen ist abhängig von konjunkturellen, regionalen und

strukturellen Entwicklungen und genügt aufgrund anhaltender Personalkostensenkungsstrategien

nicht der Nachfrage.

4. Bei den Schulabsolventen verliert das Duale System an Attraktivität, weil es nur begrenzte Karrierechancen bietet.

5. Das Duale System wird nur begrenzt den unterschiedlichen Voraussetzungen und Bedürfnissen

von Auszubildenden und Betrieben gerecht.

6. Die mit dem Begriff „Duales System" suggerierte Integration und Gleichartigkeit der Lernorte ist nicht gegeben. Dies erschwert das kooperative Zusammenwirken der Lernorte und bindet die Herstellung eines zusammenhängenden Ausbildungsganzen an das persönliche Engagement der Lehrenden.

7. Die Berufsschule nimmt eine weitgehende subsidiäre Rolle zur betrieblichen Ausbildung ein, bleibt in der Verfolgung eines eigenständigen Bildungsauftrages programmatisch und steht in ihrem organisatorischen und didaktischen Profil unter Legitimationsdruck.

(vergl. Euler 1998)

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286

Verschiebung der Debattenthemen zu Beginn des neuen Jahrtausends

und gegenwärtig (2013)

- zu Beginn des neuen Jahrtausends: Dominanz der Übergangsproblematik

- Ausbau des Übergangssystems und vielfältige Aktivitäten zur Ausweitung des

Ausbildungsplatzangebots

- Duale Ausbildung wird nicht mehr in Frage gestellt sondern als Königsweg auch für andere Länder

erachtet

- Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind sich weitgehend einig, dass eine Modularisierung der

Ausbildung nach englischem Vorbild nicht in Frage kommt

- europäische Dimension gewinnt an Bedeutung (EQR, DQR)

- Gegenwärtig: Ausgelöst durch demographische Entwicklung partiell Probleme Auszubildende zu

rekrutieren

- Debatte um Akademikeranteil: kontroverse Positionen: HWK/IHK warnen vor Überakademisierung,

Elektro- und Metallindustrie verweisen auf hohen Akademikerbedarf und dual Qualifizierte

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287

Modularisierung als Reformansatz?

Modularisierungstypen

• A) Das Differenzierungsprinzip

Merkmale: Beibehaltung der Ausbildungsberufe; modularisierte curriculare Einheiten;

Teilzertifizierungen

• B) Das Erweiterungskonzept

Merkmale: Module als Erweiterung bestehender Ausbildungsgänge, z.T. neue

Ausbalancierung von Aus- und Weiterbildung

• C) Das Singularisierungskonzept

Merkmale: Berufsbild wird aufgegeben;

eigenständige singuläre Module,

atomisiert zertifiziert; mehr oder weniger beliebig kombinierbar (GB)

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288

Bewertung der Modularisierungsvarianten (1)(in der Diskussion) (1)

C- negativ

a) und b) zunehmend positiv

I. zugeschriebene Vorteile (a + b)

1. Höhere Systemflexibilität und -ökonomie

- es müssen nicht immer ganze Berufsbilder geändert werden => weniger

schwierige Konsensfindungsprozesse

- Häufigkeit der Nachfrage nach Zusatzmodulen als Indikator für Reform des

Berufsbildes

- Mehrfachverwendbarkeit (in verschiedenen Berufen)

2. Bessere Verwertbarkeit von Teilkompetenzen, mehr Durchlässigkeit durch

Qualifizierungsspaß

- stärkere Normierung von Teilkompetenzen bietet Vorteil für Abbrecher/ Wechsler in

der weiteren Qualifizierung

- Nachqualifizierung kann besser erfolgen

- Verwertbarkeit am Arbeitsmarkt steigt

3. Beendigung der Diskussion um Schmalspurberufe

- es ist nicht mehr nötig um ein neues Ganzes unterhalb bisheriger Berufszuschnitte

zu debattieren

4. Mit Zusatzqualifizierungen kann Weiterbildung vorweggenommen werden

- auch mehr Transparenz von Zusatzqualifizierung

- bessere Verb. von Aus- und Weiterbildung

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289

Bewertung der Modularisierungsvarianten (2)

5. Gewinnung von brachliegenden Teilausbildungskapazitäten

- Erleichterung von Verbünden etc.

- neue Formen der Finanzierung

6. Effektivere Zielorientierung niederschwelliger Qualifizierungsangebote

- Berufsvorbereitung könnte auf Module abgestellt werden;

z.T. Zertifizierung erster Teile

=> Anrechnung (bessere Integration von Benachteiligten)

7. (primär) bessere Verteilung der Bildungskontingente auf die Biogr. und bessere

Berücksichtigung von Lerninteressen und Vorerfahrungen

Quellen zur Modularisierung:

Berufsausbildung in der Entwicklung - Positionen und Leitlinien : Duales System - Schulische Ausbildung – Übergangssystem

Modularisierung – Europäisierung.

Zimmer, Gerhard. - Bielefeld : Bertelsmann, 2009

Berufskonzept und Modularisierung : Leitideen beruflicher Bildung in Deutschland, den USA und Großbritannien.

Ziehm, Stefan. - Alsbach/Bergstraße : Leuchtturm-Verl., 1998

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290

Bewertung der Modularisierungsvarianten (in der Diskussion) (3)

II. zugeschriebene Nachteile / Gefahren (c, a + b)

• ausschließlich Qualifizierung nach aktuellem Bedarf c)

• Verlust des Verständnisses des Arbeitszusammenhangs (und einseitige

und unvollständige Qualifizierung) c)

• Zusammenhangswissen geht verloren

• höherer Abstimmungsbedarf

• fehlende Transparenz und Marktgängigkeit/ und Unübersichtlichkeit c)

• Aushöhlung des Berufskonzepts und der damit verbundenen Identität c)

• Deregulierung, durch die die Starken gestärkt und die Schwachen weiter

ausgegrenzt werden c)

• Aushöhlung von sozialer und tariflicher Absicherung c)

Fazit: Innerhalb des Berufskonzepts überwiegen vermutlich die Vorteile, wenngleich nicht

ausgeschlossen ist, dass eine Teilmodularisierung den Einstieg in die Totalmodularisierung

nach englischem Vorbild darstellt.

=>vorsichtige Annäherung

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291

Bildungssystem: Jede Menge Hausaufgaben*

Auf einer Skala von + 100 (Sehr notw endig) bis -100 (gar nicht notwendig) stuften die

befragten Unternehmen den Handlungsbedarf im Bildungsw esen so ein

Allgemein bildende Schulen -100 -50 + 50 + 100

intensivere Vermitt lung von Kulturtechniken 75

zentrale Leistungskontrollen 58

mehr mathematisch-naturw issenschaftlicher

Unterricht

54

Ausbau der Begabtenförderung 53

Wirtschaft als Schulfach 52

intensivere Förderung Benachteiligter 39

größeres Angebot von Ganztagsschulen 36

Hochschulen

Reform der Lehrerausbildung 68

mehr Fachhochschulkapazitäten 29

mehr Bachelor- und Master-Abschlüsse 24

Einführung von Studiengebühren -3

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292

-100 -50 + 50 + 100

Ausbildungsberufe für praktisch Begabte 30

neue Dienstleistungsberufe in dualer Ausbildung

2 7

Hochschulzugang für Lehrabsolventen 11

neue Dienstleistungsberufe an Vollzeitschulen

-1

Höherer Theorieanteil in der Berufsausbildung

-23

Weiterbildung

nachträgliche Berufsqualif izierung Erw achsener

35

modulares Gesamtsystem Aus- und Weiterbildung

33

Lebensbegleitendes Lernen mit Bildungskonten

31

Bildungssystem allgemein

mehr Wettbew erb im Bildungssystem 47

mehr öffentliche Bildungsinvestit ionen 42

Berufsausbildung

*Umfrage im Mai/Juni 2002 bei 633 Unternehmen

Quelle: In: iwd (Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft), (2002), H.39, S.5

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Institut für Erziehungswissenschaft

und Psychologie

Annahmen zu künftigen Entwicklungsprozessen und Herausforderungen (Nickolaus)

• Hohe Entwicklungsdynamik bleibt

• Dienstleistungsbereich wird weiter wachsen

• Demographisch bedingte Entspannung am Ausbildungsstellenmarkt

• Anteil akademischer Abschlüsse steigt weiter

• Schwächere erhalten mehr Aufmerksamkeit

• Strukturprobleme in der dualen Ausbildung bleiben erhalten

• Weiterbildungsbedarf bleibt auf hohem Niveau; Beteiligungsproblematik

bleibt erhalten

• Einsatz neuer Technologien in der Aus- und Weiterbildung erhält durch

neue Technologien weiteren Schub; zentrales Entscheidungskriterium:

ökonomische Bewertung

• Internationale Angleichungsprozesse?

Prof. Dr. R. Nickolaus

Institut für Erziehungswissenschaft

und Psychologie

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

Prof. Dr. R. Nickolaus

Institut für Erziehungswissenschaft

und Psychologie

295

B. Synopse Bildungs- und Erziehungsziele der Länderverfassungen

Län

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Ehrfurcht vor Gott * * * * *

Christl. Nächstenliebe, Sittengesetz * * * *

Brüderlichkeit, Hilfsbereitschaft, Menschlichkeit * * *

Religiöse Achtung *

Christliche/

weltanschauliche/

ethische Ziele

Menschenwürde * * *

Sittlichkeit, Charakterbildung * * * *

Duldsamkeit, Achtung * * * * *

Selbstbeherrschung *

Sachlichkeit *

Wahrheit, Wahrhaftigkeit * * *

Rechtlichkeit * *

Aufgeschlossenheit für Wahre, Gute und Schöne *

Eigenes Denken *

Individuelle

Tugenden + Werte

Wissen und Können *

Politische Verantwortung * * * *

Gemeinschaftsgesinnung *

Soziale(s) Handeln, Bewährung, Ethik * * *

Soziale Gerechtigkeit *

Berufliche Bewährung, Tüchtigkeit, Arbeitswille,

Vorbereitung auf Beruf

* * * *

Teilnahme am kulturellen Leben *

Freiheitliche, demokratische Gesinnung * * * * * *

Friedensliebe * * *

Liebe zu Volk und Heimat, Familie * * * * *

Allgemein-

polit./soziale

gemeinschaftliche

Ziele

Völkerversöhnung * * * *

Gemeinschaftskunde, Staatsbürgerkunde * *

Geschichtsunterricht *

Mädchenerziehung *

Fächer/ Fachgebiete/

Schulformen

Klassisch-humanistisches Gymnasium *

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und Psychologie

296

C. Synopse Bildungs- und Erziehungsziele der Schulgesetze (Teil 1)

Län

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B.-

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Verantwortung, Ehrfurcht, ‚Stelbstbest. v. Gott * * * *

Christliche Nächstenliebe * *

Relig. Werte, seel. Fähigkeiten, Christentum * * * * *

Christl./

weltanschaul.

/ element.

Ziele Menschlichkeit, Menschenwürde * *

Entfaltung d. Persönlichkeit (Fähigkeiten, Neig., Beg.) * * * * * * *

Eigenverantwortlichkeit, Selbständigkeit * * * * * * *

Sittlichkeit, Charakterbildung * * * *

Duldsamkeit, Achtung, Toleranz * * * * * * * * * *

Urteilsfähigkeit, eig. Denken, Überzeugung, Entscheidungsfähigkeit * * * * * *

Lern-, Leistungswillen, Weiterbildung * * * *

Vorbereitung auf Lebensaufg., Orientierung, kompl. Gesell. Zusammenhänge

beurteilen

* * *

Informationen beschaffen, ihr kritisch bedienen *

Wahrnehmungs-, Empfindungs-, Ausdrucksmöglichkeit *

Konflikte erkennen, ertragen, sich auseinandersetzen * *

Wissen, Können Fähigkeiten, Kenntnisse, Geistbildung * * * * * * *

Individuelle

Tugenden/

Werte/

Fähigkeiten

Körperbildung * * *

Soz., gesellschaftl. Verantwortung, Handeln, Gemeinschaftsdienst, Teiln. a. öffentl.

Leben

* * * * * * * * *

Pol., staatsbürgerl., demokr. Verantwortung, Handeln, Gestaltung, Rechte u. Pflichten * * * * * * *

Fortschrittliche Gestaltung *

Geschichtliches Bewusstsein *

Vorbereitung, Handeln, Behaupten i. d. Berufs- und Arbeitswelt * * * * * * * * * *

Soziale/

gemeinschaft

l./ Ziele u.

Aufgaben

Familie, Ehe, Freizeit * * * * *

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und Psychologie

297

C. Synopse Bildungs- und Erziehungsziele der Schulgesetze (Teil 2)

Län

der

B.-

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Bre

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Ham

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Hessen

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Sch

l.-H

ol.

Friedensliebe, -gesinnung * * * *

Liebe zu Volk, Heimat, dtsch. Volk, Vaterland * * * * *

Völkerversöhnung, -verständigung, -gemeinschaft * * * * * * *

Gerechtigkeit * * *

Solidarität * * *

Gleichberechtigung *

Allgemein

politische

Werte und

Ziele

Gegen nationale- sozialistische und andere Gewalt *

Freiheitliche, demokratische Gesinnung * * * *

Wertordnung v. Grundgesetz und Landesverfassung * * * *

Sozialer Rechtsstaat *

Demokratie * * *

Freiheit * * *

Demo-

kratische

Ziele

Grundrechte wirksam werden lassen * *

Ethische Werte * * * * Eth./ kult.

Werte Kulturelle Werte, Bildungsgüter * * * * * * *

Sexualerziehung * * * * *

Gesellschaftslehre, staatsbürgerliche Erziehung * *

Gymnasiale Oberstufe * * *

Fächer/

Fachgebiete/

Schulform

Ethikunterricht *

Quelle: REEB, Hans-Joachim: Bildungsauftrag der Schule: eine Analyse d. Erziehungsziele in d. Verfassungen und Schulgesetzen d.

Bundesrepublik Deutschland unter Einbeziehung d. Richtlinien im Lande Niedersachsen. Frankfurt/Main: R.G.Fischer, 1981,

S.212f.

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Institut für Erziehungswissenschaft

und Psychologie

Anteil der Neuzugänge in vollqualifizierende Ausbildung (Bertelsmann-Stiftung 2015, Ländermonitor Berufliche Bildung 2015)

298

50

55

60

65

70

75

80

85

DE BE HB HH BB MV SN ST TH BW BY HE NI NW RP SL SHAn

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2013 2005

Prof. Dr. R. Nickolaus

Institut für Erziehungswissenschaft

und Psychologie

Anteil an Neuzugängen in vollqualifizierende Ausbildung mit maximal Hauptschulabschluss (Bertelsmann-Stiftung (2015). Ländermonitor Berufliche Bildung 2015)

299

30

40

50

60

70

80

90

DE BE HB HH BB MV SN ST TH BW BY HE NI NW RP SL SH

An

teil

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2013 2005