offenlegung potenzieller interessenkonflikte in dermatologischen leitlinien in deutschland – eine...

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DOI: 10.1111/j.1610-0387.2011.07615.x Originalarbeit 297 © The Authors • Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG • 1610-0379/2011/0904 JDDG | 4 ˙ 2011 (Band 9) English online version on Wiley Online Library Schlüsselwörter klinische Leitlinien Interessenkonflikt Autorenschaft Querschnittsstudie Arzneimittelindustrie Finanzierung interprofessionelle Beziehung Keywords practice guidelines as topic conflict of interest authorship cross-sectional studies drug industry financial support interprofessional relations Zusammenfassung Hintergrund: Bei der Erstellung von Leitlinien ist es wichtig, auf den Umgang mit möglichen Interessenkonflikten zu achten. Die Glaubwürdigkeit der Leitlinien kann sonst nachhaltig beeinträchtigt sein. Methodik: Es erfolgte eine Erfassung aller aktuell gültigen dermatologischen Leitlinien, an denen die DDG bzw. der BVDD beteiligt waren. Die Angaben zur Finanzierung und Interessenkonflikten wurden unter Verwendung der Domäne 6 der Leitlinienevaluationsinstrumente AGREE und AGREE II durch zwei unabhängige Beurteiler bewertet. Ergebnisse: Es wurden 38 Leitlinien unter Beteiligung der Deutschen Dermato- logischen Gesellschaft (DDG) und dem Berufsverband der Deutschen Dermato- logen (BVDD) identifiziert. In lediglich 12 der 38 Leitlinien (32 %) finden sich An- gaben zur Finanzierung der Leitlinie. Interessenkonflikte werden sogar nur in 7 der 38 Leitlinien (18 %) thematisiert. Sind finanzielle Abhängigkeiten aufge- führt, dann gibt es in dem methodischen Vorgehen keinen Hinweis zu dem Umgang mit möglichen Konflikten. Schlussfolgerungen: In den aktuellen Leitlinien sind die Angaben zur Finanzie- rung sowie zu den Interessenkonflikten unzureichend. Hier ist eine Verbesse- rung dringend notwendig. Neben der besseren Dokumentation sollte auch der Umgang mit Interessenkonflikten optimiert werden. Dies kann z. B. durch eine Diskussion zu möglichen Interessenkonflikten zu Beginn und während des Pro- zesses der Leitlinienarbeit erfolgen. Auch sollten Lösungsmöglichkeiten bei sich abzeichnenden möglichen Interessenkonflikten gefunden werden. Beispielhaft sei hier die Stimmenthaltung bei bestimmten Fragestellungen genannt. Summary Background: In order to ensure the reliability of clinical practice guidelines it is essential to consider potential conflicts of interest with regard to its development. Methods: All valid dermatological practice guidelines, which were developed by the German Dermatologic Society (DDG) or the Professional Association of German Dermatologists (BVDD), were recorded. Details about financing and conflicts of interest were systematically evaluated by two independent apprais- ers according to Domain 6 of the guidelines evaluation instruments AGREE and AGREE II. Evidenzbasierte Dermatologie Offenlegung potenzieller Interessenkonflikte in dermatologischen Leitlinien in Deutschland – eine Analyse – Status Quo und Quo Vadis Disclosure of potential conflicts of interest in dermatological guidelines in Germany – an analysis – status quo and quo vadis Stefanie Rosumeck, Birte Sporbeck, Berthold Rzany, Alexander Nast Division of Evidence Based Medicine (dEBM), Klinik für Dermatologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin JDDG; 2011 9:297–304 Eingereicht: 11.11.2010 | Angenommen: 31.12.2010

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Page 1: Offenlegung potenzieller Interessenkonflikte in dermatologischen Leitlinien in Deutschland – eine Analyse – Status Quo und Quo Vadis

DOI: 10.1111/j.1610-0387.2011.07615.x Originalarbeit 297

© The Authors • Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG • 1610-0379/2011/0904 JDDG | 4˙2011 (Band 9)

English online version on Wiley Online Library

Schlüsselwörter• klinische Leitlinien• Interessenkonflikt• Autorenschaft• Querschnittsstudie• Arzneimittelindustrie• Finanzierung• interprofessionelle Beziehung

Keywords• practice guidelines as topic• conflict of interest• authorship• cross-sectional studies• drug industry• financial support• interprofessional relations

ZusammenfassungHintergrund: Bei der Erstellung von Leitlinien ist es wichtig, auf den Umgang mitmöglichen Interessenkonflikten zu achten. Die Glaubwürdigkeit der Leitlinienkann sonst nachhaltig beeinträchtigt sein.Methodik: Es erfolgte eine Erfassung aller aktuell gültigen dermatologischenLeitlinien, an denen die DDG bzw. der BVDD beteiligt waren. Die Angaben zurFinanzierung und Interessenkonflikten wurden unter Verwendung derDomäne 6 der Leitlinienevaluationsinstrumente AGREE und AGREE II durchzwei unabhängige Beurteiler bewertet.Ergebnisse: Es wurden 38 Leitlinien unter Beteiligung der Deutschen Dermato-logischen Gesellschaft (DDG) und dem Berufsverband der Deutschen Dermato-logen (BVDD) identifiziert. In lediglich 12 der 38 Leitlinien (32 %) finden sich An-gaben zur Finanzierung der Leitlinie. Interessenkonflikte werden sogar nur in 7der 38 Leitlinien (18 %) thematisiert. Sind finanzielle Abhängigkeiten aufge-führt, dann gibt es in dem methodischen Vorgehen keinen Hinweis zu demUmgang mit möglichen Konflikten.Schlussfolgerungen: In den aktuellen Leitlinien sind die Angaben zur Finanzie-rung sowie zu den Interessenkonflikten unzureichend. Hier ist eine Verbesse-rung dringend notwendig. Neben der besseren Dokumentation sollte auch derUmgang mit Interessenkonflikten optimiert werden. Dies kann z. B. durch eineDiskussion zu möglichen Interessenkonflikten zu Beginn und während des Pro-zesses der Leitlinienarbeit erfolgen. Auch sollten Lösungsmöglichkeiten bei sichabzeichnenden möglichen Interessenkonflikten gefunden werden. Beispielhaftsei hier die Stimmenthaltung bei bestimmten Fragestellungen genannt.

SummaryBackground: In order to ensure the reliability of clinical practice guidelines it isessential to consider potential conflicts of interest with regard to its development.Methods: All valid dermatological practice guidelines, which were developed bythe German Dermatologic Society (DDG) or the Professional Association ofGerman Dermatologists (BVDD), were recorded. Details about financing andconflicts of interest were systematically evaluated by two independent apprais-ers according to Domain 6 of the guidelines evaluation instruments AGREE andAGREE II.

Evidenzbasierte Dermatologie

Offenlegung potenzieller Interessenkonflikte indermatologischen Leitlinien in Deutschland – eineAnalyse – Status Quo und Quo Vadis

Disclosure of potential conflicts of interest in dermatologicalguidelines in Germany – an analysis – status quo and quo vadis

Stefanie Rosumeck, Birte Sporbeck, Berthold Rzany, Alexander NastDivision of Evidence Based Medicine (dEBM), Klinik für Dermatologie, Charité – Universitätsmedizin Berlin

JDDG; 2011 • 9:297–304 Eingereicht: 11.11.2010 | Angenommen: 31.12.2010

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EinleitungLeitlinien sind systematisch entwickelteHilfen, die Ärzten in spezifischen Situa-tionen zur Entscheidungsfindung dienensollen. Sie beruhen auf aktuellen wissen-schaftlichen Erkenntnissen und in derPraxis bewährten Verfahren. Es werdenverschiedene Entwicklungsstufen vonLeitlinien unterschieden (Tabelle 1).Bei allen Entwicklungsstufen von Leitli-nien ist eine Expertengruppe erforderlich.In der Regel wird die Expertengruppedurch die jeweiligen Fachgesellschaftennominiert. Die Auswahl der Experten so-wie der gesamte Prozess der Erstellungund Finanzierung der Leitlinien gehenmit einer besonderen Herausforderung inHinblick auf den Umgang mit Interessen-konflikten einher. Leitlinien sollten mög-lichst frei sein von externen Einflüssen.Eine einheitliche Definition für Interes-senkonflikte zu finden, ist nicht einfach.Thompson [1] legte seine Definition imJahr 1993 im New England Journal ofMedicine dar: „Interessenkonflikt be-zeichnet eine Reihe von Zuständen, un-ter denen professionelles Urteil, das sichauf ein primäres Interesse bezieht (wie z. B. das Wohl des Patienten oder die Validität von Forschung) dazu tendiert,unangemessen beeinflusst zu werdendurch ein sekundäres Interesse (z. B. finanzieller Vorteil)“ (eigene Übersetzungdurch Klemperer [2]).Klemperer [2] führt eine weitere Defini-tion auf, die sich auf das biomedizinischePublikationswesen [3] bezieht: „Ein In-teressenkonflikt besteht, wenn ein Autor(oder die Institution des Autors), Revie-wer oder Herausgeber finanzielle oderpersönliche Beziehungen hat, die seineHandlungen unangemessen beeinflussen(verzerren, bias). Diese Beziehungen rei-chen von solchen mit vernachlässigba-

rem Potenzial bis zu solchen mit großemPotenzial, das Urteil zu beeinträchtigen,und nicht alle Beziehungen stellen echteInteressenkonflikte dar. Das Potenzialfür Interessenkonflikte kann unabhängigdavon bestehen, ob oder ob nicht ein Be-troffener meint, dass die Beziehung seinwissenschaftliches Urteil beeinträchtigt.Finanzielle Beziehungen (wie z. B. Ar-beitsverhältnis, Beratungstätigkeit, Akti-enbesitz, bezahlte Vortragstätigkeit, be-zahlte Sachverständigenaussagen) sinddie am leichtesten identifizierbaren In-teressenkonflikte und stellen am ehestendie Glaubwürdigkeit von Fachzeitschrif-ten, Autoren und der Wissenschaft selbst

in Frage. Konflikte können jedoch auchaus anderen Gründen entstehen, wie z. B. persönliche Beziehungen, akademi-sche Konkurrenz und intellektuelle Lei-denschaft” [3].In Deutschland hat die AWMF im April2010 Empfehlungen zum Umgang mitInteressenkonflikten bei der Leitliniener-stellung herausgegeben [4]. Hiernachsollen Interessenkonflikte nach vier Prin-zipien offengelegt werden: Trennungs-prinzip, Transparenzprinzip, Äquivalenz-prinzip und Dokumentationsprinzip(Abbildung 1). Die einzelnen Fachgesell-schaften sollen demnach Verfahren ent-wickeln, wie mit den Interessenkonflik-

298 Originalarbeit Interessenkonflikte in Leitlinien

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Results: 38 practice guidelines of the DDG/BVDD were identified. Data aboutfinancing of the guidelines are included in 12 of 38 guidelines (32 %) only.Conflicts of interest are stated in no more than 7 of the 38 guidelines (18 %).Wherever a connection with the pharmaceutical industry was stated, no furtherinformation on how possible conflicts of interests were dealt with was found.Conclusions: In current guidelines details on the financing as well as the disclo-sures of potential conflicts of interest are stated insufficiently. Here an opti-mization is necessary. Furthermore strategies for handling conflicts of interestneed to be developed. One possibility is a specific discussion on this issue atthe beginning and during the process of the guidelines work. Furthermore incase of potential conflicts of interest a solution as e. g. abstention from votingon specific questions needs to be developed.

Tabelle 1: Übersicht der Entwicklungsstufen und des Aufwandes vonLeitlinien.

Typ EntwicklungsmerkmaleErstellungsaufwand(Zeit/Kosten)

S1Expertengruppe

• repräsentatives Gremium• informeller Konsens• Verabschiedung durch den

Vorstand der Fachgesellschaft

gering

S2eFormale Evidenz-Recherche

• repräsentatives Gremium• selektives Gremium• systematische Evidenzbasierung• keine strukturierte Konsensfindung

mittel

S2kFormale Konsen-susfindung

• repräsentatives Gremium• keine systematische

Evidenzbasierung• formale Konsensusfindung

(nominaler Gruppenprozess, Kon-sensuskonferenz, Delphiverfahren)

hoch

S3EvidenzrechercheFormale Konsen-susfindung

• repräsentatives Gremium• systematische Evidenzbasierung• formale Konsensfindung

sehr hoch

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ten umgegangen werden soll, und wiedieses Vorgehen innerhalb der Leitlinien -entwicklung angewandt wird.Ziel dieser Arbeit ist eine systematischeEvaluation des Umgangs mit Interessen-konflikten in dermatologischen Leitli-nien. Hierzu wurde die entsprechendeDomäne der Leitlinienevaluationsin-strumente AGREE (Appraisal of Guide-lines for Research & Evaluation) undAGREE II verwendet.Die erste Version des AGREE-Instru-ments wurde 2001 von der AGREECollaboration entwickelt [5]. Es ist einakzeptiertes und validiertes Instrumentzur methodischen Beurteilung von Leitli-nien und wurde auch bereits im Bereichder Dermatologie zur Qualitätsbewertungmedizinischer Leitlinien eingesetzt [6, 7].AGREE umfasst in 6 Domänen 23 Krite-rien. Für diese Untersuchung wurden diefolgenden zwei Kriterien bzgl. der redak-tionellen Unabhängigkeit von Leitlinienund den Umgang mit Interessenkonflik-ten der Mitglieder der Leitliniengruppeisoliert untersucht (Domäne 6):

− AGREE-Kriterium 22: Die Leitlinie istredaktionell von der (den) finanzie-renden Organisation(en) unabhängig.

− AGREE-Kriterium 23: Interessenkon-flikte von Mitgliedern der Leitlinien-Entwicklungsgruppe wurden doku-mentiert.

AGREE wurde im Jahre 2009 modifi-ziert und die vormals vierstufige Ant-wortskala zur Bewertung eines Kriteri-ums, wurde zu einer siebenstufigenAntwortskala in AGREE II [8] erweitert(Abbildung 2). Zudem wurde bei Kriterium 23, die Forderung nach derThematisierung von potenziellen Inter-essenkonflikten ergänzt. Dies führt zuUnterschieden bei der Begutachtung vonLeitlinien mit AGREE bzw. AGREE II.Daher erfolgt die Evaluation der vorhan-denen dermatologischen Leitlinien mitbeiden Instrumenten.Das deutsche Leitlinienevaluationsins -trument DELBI aus dem Jahre 2002entspricht in dieser Domäne vollständigdem AGREE Instrument und wurde da-her nicht zusätzlich berücksichtigt [9].

MethodikAm 27.10.2010 erfolgte der Zugriff aufdie Homepage www.awmf.de. Es wurdenalle 38 dermatologischen Leitlinien, diemit Beteiligung der Deutschen Derma-tologischen Gesellschaft und dem Be-rufsverband Deutscher Dermatologen e.V.erarbeitet wurden, identifiziert.Zur Bewertung der Angaben zur Finan-zierung der Leitlinie und zu den mögli-chen Interessenkonflikten der Autorenwurden das Kriterium 22 und 23 desAGREE-Instruments in der ersten Ver-sion aus dem Jahr 2002 [5] und die ak-tualisierte Fassung AGREE II aus demJahr 2009 [8] verwendet. Bei AGREEwird eine vierstufige Likert-Skala ver-wendet, bei AGREE II eine siebenstufigeLikert-Skala (Abbildung 2).Um die volle Punktzahl für Kriterium 22zu erreichen sollte neben der Nennungder Sponsoren auch eine explizite Er-klärung vorhanden sein, dass die endgül-tigen Empfehlungen der Leitlinie nichtdurch Ansichten oder Interessen derSponsoren beeinflusst wurden (Abbil-dung 3). Bei AGREE wird auf einerSkala von 1 bis 4 das Zutreffen dieserKriterien bewertet.Für die volle Punktzahl bei Kriterium 23sollte explizit dargelegt werden, dass alleMitglieder der Entwicklergruppe sich zumöglichen Interessenkonflikten geäußerthaben (Abbildung 4). AGREE II forderthier zudem neben der Offenlegung mög-licher Konflikte auch eine Diskussion zuderen Handhabung. Dies kann bei vollerPunktzahl in AGREE zu einer Reduk-tion des Punktwertes in AGREE IIführen, da bei AGREE II mehr Qua-litätskriterien abgefragt werden.Die Evaluation erfolgte unabhängigdurch zwei Beurteiler (Stefanie Rosu-meck, Birte Sporbeck). Zur Bestimmungdes standardisierten Domänenwerteswurde die im AGREE-Instrument ange-gebene Formel verwendet (Abbildung 5).Unterschiedliche Bewertungen wurdendurch Diskussion gelöst.Zur Bewertung wurden jeweils die Infor-mationen verwendet, die auf den Inter-netseiten der AWMF publiziert sind.Gab es einen Verweis zu einem öffentlichzugänglichen Methodenreport wurdenauch diese Daten in die Bewertung mitaufgenommen.Dies ist erwähnenswert, da die S3-Leit-linie „Impfprävention HPV-assoziierterNeoplasien“ zum Beispiel auf den Methodenreport verweist, dieser aber

Interessenkonflikte in Leitlinien Originalarbeit 299

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Abbildung 1: Die vier Prinzipien der Offenlegung von Interessenkonflikten nach Lo et al. [4, 17].

Abbildung 2: Antwortskala von AGREE und AGREE II.

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anscheinend nicht publiziert wurde.Bei den S1-Leitlinien „Anale intra -epitheliale Neoplasie (AIN) und peria-nale intraepitheliale Neoplasie(PAIN)“, „Skabies“ und „Anwendungvon hochdosierten intravenösen Im-munglobulinen in der Dermatologie“dagegen finden sich weiterführendeAngaben zum Beispiel in den jeweili-gen veröffentlichten PDF-Dateien aufder Internetseite http://www.derma.de(letzter Zugriff: 29.09.2010), bzw. ineiner publizierten Fassung der letztge-

nannten Leitlinie im European Journalof Dermatology [11].

ErgebnisseAuf der AWMF-Homepage fanden sichin der Kategorie Dermatologie am Stich-tag (27.10.2010) 67 gültige und/odersich in der Aktualisierung befindlicheLeitlinien.Die Deutsche Dermatologische Gesell-schaft hat zusammen mit dem Berufsver-band Deutscher Dermatologen e. V. vondiesen 67 Leitlinien 38 selbst bei der

AWMF eingereicht (Tabelle 2). Die übri-gen Leitlinien werden unter anderen Fach-gesellschaften jeweils unter Beteiligung derDDG bei der AWMF aufgelistet.Die 38 dermatologischen Leitlinien derDDG und des BVDD wurden systema-tisch nach den Angaben zur Finanzie-rung und zu Interessenkonflikten(Domäne 6 „Redaktionelle Unabhängig-keit“) nach AGREE [5] und AGREE II[8] gesichtet (Tabelle 3).

Kriterium 22In 12 der 38 Leitlinien (32 %) findensich Angaben zur Finanzierung, die übrigen 26 Leitlinien machen keinerleiAngaben hierzu. In den 12 angesproche-nen Leitlinien erfolgte in drei Fällen einzusätzlicher Hinweis, dass die Leitlinien-gruppe und die Inhalte der Leitlinie freivon Einflüssen durch den Sponsor sind(Tabelle 4).

300 Originalarbeit Interessenkonflikte in Leitlinien

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Tabelle 2: Anzahl der Leitlinien der DDG und des BVDD (gelistet auf denInternetseiten der AWMF).

S1-Leitlinien S2-Leitlinien S3-Leitlinien

28 6 4

Abbildung 3: AGREE-Empfehlungen für die Bewertung von Kriterium 22 [10].

Abbildung 4: AGREE-Empfehlungen für die Bewertung von Kriterium 23 [10].

Abbildung 5: Formel zur Berechnung des standardisierten Domänenwertes nach AGREE [5].

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Interessenkonflikte in Leitlinien Originalarbeit 301

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Tabelle 3: Bewertung der Leitlinien nach AGREE und AGREE II (Domäne 6); Es erfolgte eine Kategorisierung orientie-rend an der Einteilung bei der AWMF: 1) von DDG/BVDD eingereichte Leitlinien 2) von DDG/BVDD eingereichte Leitlinien, die federführend von anderen Organisationen erstellt wurden (ÄZQ/AWMF), mit * gekennzeichnet; die Aus-wahl und Evaluation der Leitlinien der DDG und des BVDD erfolgte vor der Neustrukturierung der Internetseiten derAWMF am 08.12.2010. Dies kann unter Umständen zu Unstimmigkeiten bei der Zahl der aufgelisteten Leitlinien führen.

Stufe LeitlinieAGREE AGREE II

Punkt 22 Punkt 23 Punkt 22 Punkt 233 AWMF-Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)* 4 4 7 4

3NVL Typ-2-Diabetes: Präventions- und Behandlungsstrategien fürFußkomplikationen*

4 4 7 3

3 Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien 4 4 7 23 Therapie der Psoriasis vulgaris 3 4 4 42 Chronischer Pruritus 4 4 7 32 Behandlung der Akne 3 4 4 32 Psychosomatische Dermatologie 1 1 1 12 Neurodermitis 1 1 1 12 Diagnostik und Therapie der Ichthyosen 1 1 1 12 Periorale Dermatitis 1 1 1 11 Kutane Manifestationen der Lyme-Borreliose 4 1 7 11 Immunologische Infertilität 4 1 7 11 Management von Handekzemen 4 1 7 11 Streptokokkeninfektionen der Haut und Schleimhäute 4 1 7 11 Kontaktekzem 4 1 7 11 Anwendung von porcinem Kollagen in der Ästhetischen Medizin 2 1 3 21 Skabies 1 1 1 11 Psoriasis des behaarten Kopfes 1 1 1 1

1Therapie der Psoriasis-Arthritis und der Psoriasis vulgaris mit Infliximab

1 1 1 1

1 Therapie mit Ciclosporin in der Dermatologie 1 1 1 11 Zoster und Zosterschmerzen 1 1 1 1

1Dermatologische stationäre Rehabilitation bei atopischer Dermatitis Erwachsener

1 1 1 1

1 Empfehlungen zur Phototherapie und Photochemotherapie 1 1 1 11 Aktinische Prurigo 1 1 1 11 Polymorphe Lichtdermatose 1 1 1 1

1Topische Dermatotherapie mit Glukokortikoiden –Therapeutischer Index

1 1 1 1

1 Phototoxische und photoallergische Reaktionen 1 1 1 11 Therapie des atopischen Ekzems mit Calcineurin-Inhibitoren 1 1 1 11 Staphylokokkeninfektionen der Haut 1 1 1 11 Berufliche Hautmittel 1 1 1 11 Mastozytose 1 1 1 11 Definition und Therapie der primären Hyperhidrose 1 1 1 11 Kutaner Lupus erythematodes 1 1 1 1

1Anale intraepitheliale Neoplasie (AIN) und perianaleintraepitheliale Neoplasie (PAIN)

1 1 1 1

1 Mikroskopisch kontrollierte Chirurgie 1 1 1 11 Rosazea 1 1 1 11 Diagnostik und Therapie der zirkumskripten Sklerodermie 1 1 1 1

1Anwendung von hochdosierten intravenösen Immunglobulinen inder Dermatologie

1 1 1 1

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Die höchsten Punktzahlen in diesemKriterium erzielten die AWMF-Leitlinie„Prophylaxe der venösen Thromboem-bolie (VTE)“, die Leitlinie zur „Impfprävention HPV-assoziierter Neo-plasien“ sowie die „Nationale Versor-gungsleitlinie Typ-2-Diabetes: Präventi-ons- und Behandlungsstrategien fürFußkomplikationen“. Hierbei ist zu erwähnen, dass lediglich die Leitlinie zur„Impfprävention HPV-assoziierter Neo-plasien“ von der DDG federführend entwickelt wurde. Die anderen Leitlinienentstammen dem Programm der Natio-nalen Versorgungsleitlinien bzw. derAWMF. Hervorzuheben ist, dass diese 3bestbewerteten Leitlinien zur Entwick-lungsstufe 3 gehören.

Kriterium 23In 7 von 38 Leitlinien (18 %) findensich Angaben der Autoren zu mögli-chen Interessenkonflikten. Meist erfolgt dies in Form einer Auflistung etwaiger Vorträge, Honorararbeiten u. ä.des jeweiligen Autors. Darauf folgt einezusammenfassende Standardformulie-rung aus Sicht des jeweiligen Autorswie „daraus ergeben sich keine Interes-senkonflikte“.Methoden zum Umgang mit potenziel-len Interessenkonflikten (z. B. Stimm-enthaltung bei bestimmten Fragestellun-

gen) wurden in keiner einzigen Leitlinieder DDG und des BVDD beschrieben.Deutliche Abstriche bei der Punktever-gabe erfolgten daher bei dem AspektUmgang mit etwaigen Interessenkonflik-ten. Dies wurde jedoch auch erst in AGREE II als Kriterium gefordert. DieS3-AWMF-Leitlinie „Prophylaxe dervenösen Thromboembolie (VTE)“ erhältdemnach bei AGREE für Punkt 23 die volle Anzahl der Punkte, 4 von 4.Unter Anwendung des AGREE-II-Ins -truments können hier jedoch nur 4 von7 möglichen Punkten vergeben werden.

Zusammenfassung Kriterium 22/23(Domäne 6)Bei Betrachtung aller 38 dermatologi-schen Leitlinien ergibt sich ein durch-schnittlicher Domänenwert von 21,93 %für AGREE bzw. lediglich 16,67 % dermöglichen Punkte für AGREE II. Diesresultiert u. a. aus der hohen Anzahl anS1-Leitlinien, die zumeist weniger struk-turiert erstellt werden. Im Vergleich dazuerreichen alle 4 S3-Leitlinien einenDomänenwert von mindestens 50 %.Die genaue Punktevergabe zu den Krite-rien 22 und 23 der Domäne 6 aller be-gutachteten Leitlinien sind in Tabelle 3aufgeführt.Bei Betrachtung nur jener Leitlinien, indenen zu Domäne 6 überhaupt Angaben

gemacht wurden, erreichen die 12 Leitli-nien im Durchschnitt einen Domänen-wert von 69,44 %, bei AGREE II sind esnur 52,78 %. Dieser Unterschied ergibtsich zum einen aus den härteren Krite-rien bei AGREE II, bei denen nicht nurauf die Darlegung der Interessenkon-flikte geachtet wird, sondern auch detail-lierte Informationen zum Umgang mitden bestehenden Konflikten gefordertwerden. Zum anderen ermöglicht diesiebenstufige Antwortskala eine feinereAbstufung der Einhaltung der einzelnenKriterien.

SchlussfolgerungenFür die Erstellung von Leitlinien ist dieBeteiligung von klinischen Experten un-abdingbar. Eine Gruppe von Expertenohne jegliche Interessenkonflikten zu-sammenzustellen, dürfte jedoch nahezuunmöglich sein und in einem solchenFall wäre die Expertise der Gruppe si-cherlich in Frage zu stellen. Neben denmöglichen rein finanziellen Interessen-konflikten wird ein Leitliniengruppen-mitglied immer weitere persönliche so-wie akademische Interessenkonflikteaufweisen.Da sich Interessenkonflikte nicht voll-ständig vermeiden lassen, sind die Of-fenlegung und der aktive Umgang mitden möglichen Interessenkonflikten

302 Originalarbeit Interessenkonflikte in Leitlinien

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Tabelle 4: Domänenwert der 12 Leitlinien mit Angaben zur redaktionellen Unabhängigkeit (Domäne 6); vonDDG/BVDD eingereichte Leitlinien, die federführend von anderen Organisationen erstellt wurden (ÄZQ/AWMF), mit * gekennzeichnet.

Stufe Leitlinie

AGREE AGREE II

Domäne 6

Domänenwert Domänenwert

3

AWMF-Leitlinie Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)* 100,00 % 75,00 %

NVL Typ-2-Diabetes: Präventions- und Behandlungsstrategien für Fußkomplikationen*

100,00 % 66,67 %

Impfprävention HPV-assoziierter Neoplasien 100,00 % 58,33 %

Therapie der Psoriasis vulgaris 83,33 % 50,00 %

2Chronischer Pruritus 100,00 % 66,67 %

Behandlung der Akne 83,33 % 41,67 %

1

Kutane Manifestationen der Lyme-Borreliose 50,00 % 50,00 %

Kontaktekzem 50,00 % 50,00 %

Immunologische Infertilität 50,00 % 50,00 %

Management von Handekzemen 50,00 % 50,00 %

Streptokokkeninfektionen der Haut und Schleimhäute 50,00 % 50,00 %

Anwendung von porcinem Kollagen in der Ästhetischen Medizin 16,67 % 25,00 %

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umso wichtiger. Unsere Ergebnisse zei-gen, dass hier deutliches Verbesserungs-potenzial im Bereich der Dermatologiebesteht.Ähnliche Untersuchungen aus demdeutschsprachigen Raum zu diesemThema liegen nicht vor, insgesamt wirdsich das Ergebnis der dermatologischenLeitlinien von anderen Fachbereichenwohl wenig unterscheiden. Buchan et al.fanden vergleichbare Ergebnisse in einerStudie zu australischen Leitlinien. Vonden identifizierten 313 australischenLeitlinien, die zwischen 2003 und 2007erschienen oder aktualisiert wurden, ent-hielten 79 % (246 von 313) keine Anga-ben zu potenziellen Interessenkonfliktender Mitglieder der Leitliniengruppe [12].Das neue Standardformular der AWMF[13] bietet einen guten Ansatzpunkt zurVerbesserung. Wichtig ist jedoch, dassdie Interessenkonflikte bereits zu Beginnder Leitlinienarbeit berücksichtigt wer-den. Hierbei sollte der Ausschluss einzel-ner Mitglieder weniger das Ziel sein, alsdie gesunde Ausbalancierung und dasManagement der unterschiedlichen In-teressen durch eine möglichst heterogenzusammengesetzte Gruppe.Die Ansätze zum Umgang mit Interes-senkonflikten sind vielfältig. Rosenfeldet al. heben in ihrem Handbuch zur Leit-linienentwicklung der American Aca-demy of Otolaryngology-Head andNeck Surgery hervor, dass die Aufgabeder Leitlinienexperten darin besteht, po-tenzielle finanzielle und nichtfinanzielleAbhängigkeiten aufzuführen, unabhän-gig davon, ob sie persönlich darin einenInteressenkonflikt sehen. Deren Inter-pretation ist der Leitliniengruppe alsGanzes vorbehalten, diese muss im Ein-zelfall entscheiden, ob und inwieweiteine Beeinflussung vorliegt [14].Auch Qaseem et al. haben für das Ameri-can Collage of Physicians (ACP) Metho-den zur Erstellung von klinischen Leitli-nien definiert. Bei jedem Treffen müssendie Mitglieder und Mitarbeiter des ACPund des Leitlinienkomitees potenziellefinanzielle und nichtfinanzielle Interes-senkonflikte erneut angeben. Grundsätz-lich sieht die Methodik des ACP auchden Ausschluss eines Mitglieds wegenBefangenheit vor [15].Thompson schildert drei Vorgehenswei-sen zur Regelung von Interessenkonflik-ten in der Medizin: Darlegung, Manage-ment und Ausschluss [16]. Wie die

Auswertung der dermatologischen Leitli-nien ergab, wurde bisher nur die ersteMöglichkeit, die Darlegung der Konflikteangewandt. Wobei dies auch nur unzurei-chend erfolgte, da selten auf ein standardi-siertes Formular, wie das der AWMF [13],zurückgegriffen wurde. Das Managementvon Interessenkonflikten bietet einen adä-quaten Mittelweg zwischen dem einfa-chem Auflisten möglicher Konflikte unddem konsequentem Ausschluss von Ex-perten mit multiplen Interessenkonflik-ten. Hier wird eine individuelle Regelungangestrebt, zum Beispiel könnte die be-treffende Person bei der Diskussion einerTherapieempfehlung angehört werden,jedoch erfolgt bei der Abstimmung danneine Stimmenthaltung [16].Viele Fragen im Umgang mit den Inter-essenkonflikten bleiben ungeklärt undwerden auch in naher Zukunft nicht op-timal zu lösen sein. Es bleibt ein Di-lemma zwischen dem Streben nach ho-her Expertise und den damit oftmalsauch einhergehenden vermehrten Inter-essenkonflikten. Durch eine entspre-chende Anzahl an Teilnehmern solltensich die Interessenkonflikte untereinan-der zum Teil ausbalancieren.Neben den aktuellen Interessenkonflik-ten sind auch die zukünftigen von Be-deutung. Dies ist bisher in keiner dervorliegenden Darlegungen berücksich-tigt. Die Zugehörigkeit zu einer Leitlini-engruppe erhöht die Bedeutung des Mit-glieds und das Beschließen vonTherapieempfehlungen kann auf dieVergabe von Forschungsgeldern, Vor-tragseinladungen u. a. großen Einflusshaben. Das American College of ChestPhysicians (ACCP) verlangt von seinenLeitliniengruppenmitgliedern währenddes Prozesses der Leitlinienerstellung so-wie bis zwei Jahre danach den Verzichtauf jegliche durch pharmazeutische Un-ternehmen bezahlte Vorträge (Ouellette,Daniel R. ACCP Guideline Methodo-logy Course, G-I-N Conference 2010Preconference erhältlich bei [email protected]).Redaktionelle Unabhängigkeit ist einwichtiger Teil zur Sicherstellung derGlaubwürdigkeit von Leitlinien. EineExpertengruppe zusammenzustellen, diekomplett frei von Interessenkonfliktenist, erscheint kaum realisierbar. Selbstwenn keinerlei Verbindungen zu phar-mazeutischen Unternehmen bestehen,ergeben sich mögliche Interessenkon-flikte z. B. aus den eigenen Praxisgege-

benheiten (z. B. erfolgte Investitionen inbestimmte Geräte) oder auch berufspoli-tische Konflikte, z. B. Abgrenzung zu an-deren Fachrichtungen oder Verteilungs-interessen zwischen dem ambulantenund stationären Sektor.Als erste Schritte zur Verbesserung derLage im Bereich der Dermatologie wäreeine vollständige, konkrete Angabe undPublikation der Interessenkonflikte zuverlangen. Der Aspekt der möglichen In-teressenkonflikte sollte bereits bei derNominierung der Experten sowie beiVeränderungen auch im Verlauf wieder-holt Berücksichtigung finden. Die Be-denken sollten innerhalb der Leitlinien-gruppe diskutiert und entsprechendeMaßnahmen erarbeitet werden. Diesemüssen im weiteren Prozess der Leitlini-enerstellung Berücksichtigung finden.

FinanzierungDie Finanzierung dieses Beitrags erfolgteausschließlich durch die division of Evi-dence Based Medicine (dEBM) der Kli-nik für Dermatologie, Charité – Univer-sitätsmedizin Berlin.

InteressenkonflikteAllgemein: Eine Analyse sowie Kritik desUmgangs mit Interessenkonflikten er-höht auch die Ansprüche an die eigeneTransparenz. Je mehr Unabhängigkeitvon den Leitlinienautoren verlangt wird,desto mehr schränken sich die Autorenselbst ein. Wir sind uns dieser Konfliktsi-tuation bewusst, sehen unsere Arbeit alsAnstoß zum Nachdenken und als Dis-kussionsgrundlage.Etwaige Interessenkonflikte der Autorensind nachfolgen dargelegt, wurden in derAutorengruppe diskutiert und derenUmgang geklärt. AN und BR wurdendaher von der Bewertung der Leitlinienausgeschlossen.SR: Stefanie Rosumeck ist wissenschaft-liche Angestellte der dEBM und Mitau-torin der Leitlinie „Therapie der Psoria-sis vulgaris“. Um einen intrapersonellenBias bei der Begutachtung der Leitlinienzu vermeiden hat die Autorengruppe be-schlossen, dass auch diese Leitlinie vonSR begutachtet wird. Zudem sei daraufhingewiesen, dass hierfür ebenfalls einezweite, unabhängige Bewertung durchBegutachterin BS vorliegt. BS: Birte Sporbeck ist wissenschaftlicheMitarbeiterin der dEBM. BS war bisheran keiner Leitlinienentwicklung aktivbeteiligt.

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BR: Professor Dr. med. Berthold RzanyScM ist Leiter der division of EvidenceBased Medicine. Er ist Dermatologe undklinischer Epidemiologe. Er ist Mitautorder Leitlinien zur „Therapie der Psoria-sis“, „Therapie der Akne“, „Impfpräven-tion HPV-assoziierter Neoplasien“ sowie„Anwendung von porcinem Kollagen inder Ästhetischen Medizin“. Er ist Leitli-nienberater der AWMF und Mitgliedder AWMF-Leitlinienkommission.AN: Dr. med. Alexander Nast ist Arzt ander Klinik für Dermatologie, an derCharité – Universitätsmedizin Berlinund Mitautor der Leitlinien „Therapieder Psoriasis vulgaris“ und „Behandlungder Akne“. <<<

Stefanie Rosumeck

KorrespondenzanschriftDr. med. Alexander NastDivision of Evidence Based Medicine(dEBM)Klinik für DermatologieCharité – Universitätsmedizin BerlinCampus Charité MitteCharitéplatz 1D-10117 BerlinTel.: +49-30-450-518-283E-Mail: [email protected]

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15 Qaseem A, Snow V, Owens DK, She-kelle P. The development of clinicalpractice guidelines and guidance state-ments of the American College of Phy-sicians: summary of methods. Ann In-tern Med 2010; 153: 194–9.

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